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ÖPNV

Neun-Euro-Ticket für umme und ewig! 

21.07.2022

| Lesedauer: 4 Minuten
Die Entfristung des Neun-Euro-Tickets ist eine vernünftige Idee. Ganz umsonst, wie manche fordern, sollte die Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs allerdings nicht sein.

Das Neun-Euro-Ticket, das zum 1. Juni eingeführt wurde und bis zum 31. August angeboten wird, ist Teil des Paketes, mit dem die Bundesregierung angesichts der stark gestiegenen Energiepreise die Verbraucher entlasten will. Es ist jeweils einen Monat lang gültig und gilt deutschlandweit im Nah- und Regionalverkehr.

Man kann damit für in Summe 27 Euro drei Monate lang quer durch die Republik den Öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV) stark verbilligt und zum Fixpreis nutzen, so alle Linienbusse, U-Bahnen, S-Bahnen und Straßenbahnen, außerdem Nah- und Regionalverkehrszüge der 2. Klasse. Nicht gültig ist es in Fernverkehrs-Zügen wie ICE oder IC oder auf Fähren zu den schleswig-holsteinischen Nordsee-Inseln.

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Und wie bei allem, was Regierungen ihren Bürgern an Gutem zukommen lassen wollen, gibt es Haare, die Nörglern vom Kopf direkt in die politische Suppe fallen. Diesmal aber nicht von der Opposition, die hat die Entlastungsvorschläge mitgetragen, wenn auch nicht im Einzelnen, wie zum Beispiel die Benzinsubvention, vorgeschlagen. Und es gibt durchaus auch kluge Vorschläge, wie der ÖPNV in diesem Land künftig gestaltet werden sollte.

Die Ökonomen unter den Kritikern der Entlastungsmaßnahmen im Verkehr bemängeln eine gewisse Inkonsistenz in den Zielen: Man könne durch Verbilligung der öffentlichen Verkehrsmittel nicht die Menschen mit dem Neun-Euro-Ticket aus dem Auto in den ÖPNV locken wollen, und gleichzeitig den Schmerz der automobilen Zielgruppe beim Tanken von teuren umweltschädlichen Kraftstoffen durch subventionierte Benzin- und Dieselpreise wieder lindern. 

Des Weiteren wird vorgebracht, dass durch das Neun-Euro-Ticket voraussichtlich deutlich mehr Menschen den öffentlichen Nah- und Regionalverkehr nutzten als üblich. Auch wenn die Deutsche Bahn ihr Angebot im Regionalverkehr auf beliebten Strecken ausgebaut hat, rechnet zum Beispiel der Fahrgastverband Pro Bahn mit Engpässen, überfüllten Zügen und Bahnsteigen und schlicht überfordertem Bahnpersonal. Vom Anstieg der Corona-Infektionsgefahr im zu erwartenden Gedränge ganz zu schweigen.

All das ist an Pfingsten auch eingetreten, das erwartete Chaos blieb indessen aus. Auch stellte sich heraus, dass die politisch gewollten Tankrabatte nicht wie erhofft bei den Kunden, sondern – ebenfalls erwartungsgemäß – überwiegend in den Kassen der Mineralölgesellschaften landeten. Der Tankstellen-Interessenverband (TIV) warf den Mineralölkonzernen vor, die aktuelle Situation auszunutzen, um die Gewinne hochzutreiben. Die Mineralölgesellschaften nutzten das Klima im Markt aus, das einen relativ hohen Benzinpreis ermöglicht. 

Der von der Bundesregierung beschlossene Tankrabatt von 35 Cent bei Benzin und 17 Cent bei Diesel ist damit, wie von Ökonomen erwartet, angesichts der Angebotsknappheit an den Brennstoff-Märkten über Preisanhebungen weitgehend schon im Vorfeld „kapitalisiert“ worden. Laut TIV sind weiter Anhebungen zu erwarten. Bald werde der Durchschnittspreis für den Liter Super wieder über zwei Euro liegen „und im August werden wir bei 2,10 oder 2,20 Euro landen“. Mit Ende des Tankrabatts in drei Monaten folge dann „das böse Erwachen“, sagte ein TIV-Sprecher weiter. „Dann stehen wir nach unserer Einschätzung mit Preisen zwischen 2,30 und 2,60 Euro da.“

Die Wirkung der Steuerentlastung auf Sprit schmilzt also derzeit zusehends dahin, bei Diesel wurde inzwischen die Schwelle von zwei Euro überschritten. Politik und Öffentlichkeit diskutieren über Gründe und Gegenmaßnahmen. Eine Anleihe von Bill Clinton im Präsidentschaftswahlkampf 1992 könnte weiterhelfen: „It´s the economy, stupid!“ Oder anders ausgedrückt: Gegen Marktkräfte ist kein Kraut gewachsen, auch kein politisches.

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Vor diesem Hintergrund gewinnen Vorschläge an Gewicht, die auf eine dauerhafte Subventionierung bis hin zu einer völlig kostenlosen Nutzung des ÖPNV in Deutschland hinauslaufen. Aus der Wissenschaft hat dazu Verkehrspsychologe Wolfgang Fastenmeier (Psychologische Hochschule Berlin, Präsident der deutschen Gesellschaft für Verkehrspsychologie) einen erwägenswerten Vorschlag gemacht. 

Für Fastenmeier ist die zeitliche Limitierung der Ticketverbilligung auf drei Monate für die Nutzer nur ein „Strohfeuer“, dass sie nicht langfristig zu einem dauerhaften Umstieg vom Auto in den ÖPNV motivieren könnte. 

Fastenmeier hebt in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung dazu hervor, dass

  • der Mensch, anders als in den Modellen der Wirtschaftstheorie unterstellt, eben kein reiner Homo oeconomicus ist, der nur nach wirtschaftlichen Kosten-/Nutzen-Gesichtspunkten, sondern nach vielfältigen persönlichen Präferenzen handelt. „Verhalten lässt sich nicht beeinflussen, nur indem man an der Preisschraube dreht. Und nur, weil das Ticket weniger kostete, wird der öffentliche Nahverkehr ja auch nicht attraktiver.“
  • der ÖPNV nicht überwindbare Nachteile hat. Unabhängig von den gegenwärtigen negativen Begleiterscheinungen der temporären Neun-Euro-Ticket-Überbeanspruchung der Bahn „…hat der ÖPNV weitere grundsätzliche Nachteile … zum Beispiel Witterungsbedingungen. Je schlechter das Wetter, desto weniger gerne ist man mit dem ÖPNV unterwegs. Man hat mit Belästigungen zu rechnen, zum Beispiel ist es voll und eng, man trifft auf unangenehme Gerüche und möglicherweise unangenehme Menschen. Man steht vielleicht auf zugigen (!) Bahnsteigen, hat aber (trotzdem) mit Verspätungen zu rechnen und verpasst einen Anschluss.“ 
  • die Nutzung des ÖPNV stark abhängig ist von der Wohnortlage. „Nur wer in der Nähe einer U-Bahn wohnt, für den ist sie unschlagbar.“ Wer jedoch ungünstig, zum Beispiel auf dem Land oder in Stadtrandlage wohnt, oder kein Olympionike ist, sondern zur Gruppe alternder, evtentuell sogar gehbehinderter silver-ager gehört, für den sind die sich kumulierenden Beförderungshindernisse bis zum jeweiligen Beförderungsziel K.-o.-Kriterien für die Nutzung des ÖPNV.
  • Fazit Fastenmeier: „Das alles schmälert die Attraktivität des ÖPNV deutlich.“  

Im Gegensatz zum ÖPNV hat im Vergleich das Automobil nach Erkenntnissen von Fastenmeier eine Reihe tatsächlicher oder vermeintlicher Vorteile. „Es ist gewohnheitsmäßiges Universalverkehrsmittel, egal zu welchem Zweck. Abgesehen von der Mobilitäts- und Transportfunktion kann ich auch zusätzlich persönliche Motive und Emotionen bedienen … Ich bin ein sportlicher Typ, ich bin ein regeltreuer oder ein defensiver Typ, entsprechend fahre ich auch. Dann ist das Auto individuell und flexibel. Ich habe Privatheit im Auto …“

Was im Klartext so viel heißt wie: Anders als mit dem ÖPNV kann man mit dem Auto fahren, wann ich will, wohin ich will, wie oft ich will, wie ich will, und mit wem ich will! Das kann kein öffentliches Verkehrsmittel bieten, und mag es noch so billig sein.

Unbestritten ist trotz allem, dass eine stärkere Nutzung des ÖPNV gegenüber dem Verbrennerauto verkehrspolitische wie vor allem umweltpolitische Vorteile hat. Vor dem Hintergrund seiner „Strohfeuer-Bewertung“ des Neun-Euro-Tickets wirft Fastenmeier folgende Fragen auf:

  1. Warum neun Euro und nicht gleich umsonst?
  2. Warum kostet der ÖPNV überhaupt etwas? Er wird ja bereits mit Steuergeldern finanziert. Die Politik möchte ihn attraktiver machen, aber gleichzeitig wird er immer teurer. „Eigentlich sollte er eine staatliche Hoheitsaufgabe sein im Sinne von Bereitstellung von Infrastruktur.“

Diese Vorschläge erscheinen insgesamt sehr erwägenswert. Angesichts der Vielzahl an öffentlichen Subventionen in allen öffentlichen Haushalten sämtlicher Gebietskörperschaften, erscheint aus buchhalterischer Sicht eine Finanzierung aus öffentlichen Kassen nicht unmöglich.

In einem Punkt sollte es allerdings eine andere Regelung als von Fastenmeier vorgeschlagen geben: Der ÖPNV muss den Nutzer etwas kosten, die Nutzung darf nicht völlig umsonst sein. Nach der Überzeugung der Volksmeinung, wonach nichts taugt, was auch nichts kostet, sollte die Nutzung des ÖPNV in der vorliegenden Neun-Euro-Ticket-Struktur an eine bestimmte Monats- oder Jahresgebühr gebunden bleiben. Über die Höhe entscheidet die Politik.

Völlig umsonst sollte ein ÖPNV-Ticket nicht abgegeben werden.

Mit einem solchen Schritt würde sich die Bundesregierung international eine Fast-pool-position erarbeiten. Direkt hinter Luxemburg …

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40 Kommentare

  1. Das ist die Zerstörung der Bahn. Wie kommt jemand auf die Idee, dass man mit einem Verkehrsmittel in die Arbeit fahren soll, indem man eingepfercht ist wie eine Sardine und bei dem man aufgrund der maroden Infrastruktur permanent Angst haben muss, unter 100 Toten Sardinen zu liegen oder eine davon zu sein?
    Ein Lokführer sagte zu der Strecke, als der Unfall mit den fünf Toten passierte:
    „ab XXX ist die Strecke völlig im Arsch“.
    Bis auf eine Brücke waren ja auch alle Brücken der A 45 völlig in Ordnung laut Pressesprecherin. Vier Wochen später waren plötzlich alle Brücken kaputt gegangen – wie schnell so etwas aber auch gehen kann!
    übrigens wurde vor ca. einem Jahr eine Brücke an der A 45 saniert. Da fliegt man ab 170 km/h ab- das ist eine völlige Wellblechpiste. Normalerweise könnte man da bis zu geschätzt 230 km/h fahren. Korruption wo man hinschaut. Denn welchen anderen Grund sollte es geben, Autobahnen in dieser Weise zu „reparieren“? (das ist die A 45 Richtung Norden Höhe Wetzlar Süd).

  2. Ich halte es für eine Illusion kostenfrei den ÖPNV nutzen zu können. Viele Menschen zahlen dann mit ihren Steuern für etwas was sie überhaupt nicht nutzen. Nein der ÖPNV muss zuerst quantitativ und vor allem qualitativ auf Vordermann gebracht werden! Dazu gehören moderne Züge, deren Toiletten zum Beispiel auch funktionieren , aber vor allem Pünktlichkeit! Solange das nicht gegeben ist sollte man nicht über eine kostenlose Nutzung nachdenken!

  3. Das „Flatrate“-ÖPNV-Ticket verfehlt sein Ziel vollständig. Eine urbane Klientel, die für die Beförderung bisher nicht tiefer in die Tasche greifen musste (es gab im ÖPNV keine Preiserhöhung wg. Spritkosten!) kann jetzt nach einmaliger Bonus-Zahlung kostenlos mit fast allen öffentl. Verkehrsmitteln überall hinfahren. Dadurch werden diese Verkehrsmittel viel stärker genutzt, Nutzer machen Fahrten, nur weil es nichts kostet, der ÖPNV muss sogar Sonderfahrten durchführen. Das ist alles andere als umweltfreundlich.
    Derweil werden, wie hier aufgezeigt, Menschen auf dem Lande oder in Randgebieten mit den höheren Spritpreisen belastet, die durch die Maßnahmen der Bundesregierung (Verzicht auf billiges russisches Öl und Kauf teuren Öls vom Spotmarkt) und den €-Verfall noch angeheizt werden. Die Pendler, die sich in der Vergangenheit aufgrund größerer Entfernungen einen Diesel kauften, sind doppelt „beschissen“: Zum einen zahlten sie schon vor dem Tankrabatt deutlich stärker gestiegene Preise (Dieselpreis überholte den Benzinpreis!), zum anderen bekommen sie nur die Mehrwertsteuermehreinnahmen durch die gestiegenen Preise (19% von ca. 60 ct.) als Rabatt.
    Die Landbevölkerung finanziert also erneut die urbane Elite, die Spaltung geht weiter. Hoffentlich bekommen die Grünen bei der Ltw. in Nds. ihre Quittung dafür. Schließlich ist dieses Bundesland ein Flächenland.

    • Die Grünen in Niedersachsen werden in den Städten gewählt – alle angefüllt mit Studenten. In den ländlichen Gebieten außerhalb des Wendlandes haben sie keinen Rückhalt.

  4. Erschwinglicher öffentlicher Nahverkehr ist prinzipiell zu begrüßen. Auch wegen der besseren Auslastung. Und subventioniert wird ja ohnehin schon seit Jahrzehnten, daß er überhaupt in diesem Umfang noch existieren konnte. Nur haben die Verantwortlichen nicht im Blick gehabt, daß die Infratstruktur und die Personaldecke dieses plötzliche Preisdumping nicht mehr hergibt. Hinzu kommt – die jungen neubürger-Männergruppen werden damit auch mobiler, was sich z.B. bei uns in Sachsen in quer über die Sitzbänke ausgestreckten nordafrikanisch-vorder-zentralasiatischen Jünglingsgrüppchen selbst im tiefsten Erzgebirge bemerkmar macht. Die stehen auch für Senioren nicht auf. Und für das alles werden auch meine Steuermittel verwendet, obwohl es mir infrastrukturell nicht/sehr schwer möglich ist, den ÖPNV sinnvoll für den Arbeitsweg zu nutzen. Vom weitergeführten Maskenschwachsinn rede ich da noch nichtmal, der mich schon alleine von der Benutzungung von Bus und Bahn aktuell abhalten würde.

  5. Das 9 Euro Ticket ist doch nur folgerichtig. Den Individualverkehr unbezahlbar machen, dann muss natürlich ein Ersatz her. Und man gewöhnt den normalen Bürger schon einmal an die für ihn vorgesehene Holzklasse.

  6. Wer am Wochenende oder zu den „Stoßzeiten“ in Rhein-Ruhrstadt mit dem ÖVNP unterwegs ist, muss schon zur Gemeinschaft der Freunde und Förderer des Viehtransportes gehören; dort ist allerdings das Personal weniger gereizt. Ein Passagier, der sich ein Erster -Klasse-Ticket leistet, wird erstaunt feststellen, dass er in die 1.Klasse gar nicht erst reinkommt, geschweige denn dort einen Sitzplatz findet. Des weiteren sollte er kleine Kinder -besonders ununterbrochen blökende und plärrende- sehr lieb haben. Die Möglichkeit, einen Anschlusszug zu erreichen, bedarf von vornherein keiner Erwägung. Außerdem fallen derzeit sehr viele Züge aus, entweder weil das Personal vom Virus befallen ist oder mit der Bahn zur Arbeit kommt. Aber wie ich hörte, ist das Ticket die Idee der Grünen. Deshalb werden wir weiter in den Medien die Botschaft hören oder lesen, dass dieses Projekt ganz, ganz toll ist. Übrigens: Die Spritprämie hat, nach Anlaufschwierigkeiten, Treibstoff billiger gemacht…

  7. Das 9-Euro-Ticket ist doch sinnlos, wenn die genau ausgetüftelte Fahrverbindung wegen Zugausfall, Gleisreparatur oder Personalmangel nicht klappt. Am besten noch auf Hin- und Rückweg. Dazu noch der Maskenterror, entweder sind es alte Damen und launige Zugbegleiter und Busfahrer, die einen anschauzen, wenn einem die Maske mal unter die Nase rutscht. Dreckige, abgerockte Züge, die aussehen, als wären sie seit Jahren nicht gereinigt worden, hässliche Bahnhöfe und natürlich Menschenmassen, die sich in die Züge quetschen, die demnächst dann als Superspreader gebrandmarkt werden. Das ist kein Erfolgsmodell. Es waren vor allem die Grünen, die am Ausbau des Öffentlichen Nahverkehrs die letzten Jahre über null interessiert waren. Stattdessen haben sie ihr dämliches Lastenfahrrad propagiert.

  8. Bei uns im Großraum Stuttgart ist das Verkehrsnetz, egal ob Bus, Bahn oder PKW, eine einzige Tortur. Dauernd und seit Jahren gibt es viele Ausfälle, Verspätungen und Straßensperren weil so viel umgebaut wird. Für den bescheidenen Service sind 9 € im Monat angemessen.

  9. Meine Bekannte ist gestern von Berlin mit dem Regio an die Ostsee gefahren. Der Zug war hoffnungslos überfüllt, sie hatte noch Glück einen Sitzplatz zu ergattern. An jedem Bahnhof kam die Durchsage, solange der Türbereich nicht durch Fahrräder oder Menschen frei gemacht wird, wird der Zug nicht weiterfahren. Dadurch natürlich Verspätungen. Überwiegend wurde sich in russischer Sprache unterhalten, Deutsche scheinen sich das immer weniger antun zu wollen.
    Fazit: Nie wieder und für die Rückfahrt wurde ein IC Ticket gekauft.

  10. Damit lassen sich auch alle Schwachstellen bzgl. Zuverlässigkeit und Pünktlich keit von Bahn und ÖPNV problemlos vom Tisch wischen: Für 9 EUR im Monat darf man keine Ansprüche mehr erheben ob die geplante 30min-Fahrt nun 60min oder noch länger dauert oder Ankunfts- und Abfahrtszeit pünktlich sind.
    Koscht‘ ja nix. Dann darf man sich auch nicht beschweren.

  11. Für mich als Rentner lohnt sich das Neuneuroticket. Allein für den Bus in der Stadt bezahle ich sonst verbilligt 9,60 € im Monat. Bei 4,20 € in der Stadt für hin uns zurück überlege ich schon ob ich da unbedingt hin muß. Oder es gibt irgendwo in der Stadt ein Sonderangebot da ist es Quatsch 4,20 € auszugeben. Ich war letzten Monat auch auf einigen längeren Strecken mit EC, IC und Regio unterwegs. Das war nicht immer schön. Was mich aufregte ist die Unvernunft der Leute. Sich in schon volle Züge reinzuquetschen, weil man ja unbedingt diesen Zug zur Ostsee nehmen muß und nicht einen anderen, ist unvernüftig. Auch die Radfahrer mit ihren vollgepackten Rädern. Vorne zwei Taschen, eine Tasche am Lenker, hinten zwei Taschen, einen großen Rucksack auf dem Gepäckträger und einen großen auf dem Rücken. Da ist das Fahrradabteil mit vier Rädern schon voll, vom Geschubse und Gedränge ganz abgesehen und dann wird sich über die Bahn aufgeregt, die nicht genügend Kapazitäten zur Verfügung stellt. Ich würde auch mehr bezahlen aber nur wenn ich das von Monat zu Monat selbst entscheiden kann ob ich es kaufe oder nicht.

  12. Das ist der größte Schwachsinn (warum kommt mir das bei allem,was von dieser Regierung und ihren Vorgängern von den Lippen?) und wird von mir definitiv, allein aus Protest, nicht benutzt. Es handelt sich um ein Instrument einer Umverteilungsmaschinerie an deren Ende das bedingungslose Grundeinkommen steht. Staat regelt alles, ist die Botschaft. Nur sind irgendwann die arbeitenden Dummköpfe nicht mehr da, weil sie vertrieben oder pleite sind.

  13. „Vor diesem Hintergrund gewinnen Vorschläge an Gewicht, die auf eine dauerhafte Subventionierung bis hin zu einer völlig kostenlosen Nutzung des ÖPNV in Deutschland hinauslaufen.“ So wird es bald kommen, vermute ich. Man wird keine Fahrscheine mehr brauchen, nirgendwo. Aber: bitte nicht von kostenlos reden. Bezahlen muss den Spaß die Gemeinschaft der Steuerzahler inklusive Leute, die nie einen Bus oder eine Bahn nutzen. Es handelt sich also um schlichte Umverteilung.

  14. Mit dem 9 Euro Ticket haben sich alle die auf den Weg gemacht, die es sich sonst nicht leisten konnten. Wollte die Regierung nicht die Autofahrer auf die Schiene bekommen?
    In Bremen gibt es eine Fahrradautobahn, am Wall, da sind Richtungspfeile auf der Strasse, scheinen die Radfahrer nicht zu kennen, wen wunderst.

  15. Es gibt kein „kostenlos“. Kostenlos bedeutet immer, daß andere zahlen müssen, im Normalfall völlig unbeteiligte.
    Die ÖPNV-Tickets sollten kostendeckend verkauft werden, dann hat sich das gesamte Thema in kürzester Zeit erledigt.

    Übrigens, Pool-Position ist das, wo sich Lindner befand. Was hier gemeint war, nennt sich Pole-Position.

    • „Kostenlos bedeutet immer, daß andere zahlen müssen, im Normalfall völlig unbeteiligte.“
      TANSTAAFL – there ain’t no such thing as a free lunch

      Strom- oder Diesel-Lieferant, Zugführer, Busfahrer, Schaffner, Reinigungskraft, Wartungstrechniker usw. wollen weiterhin spätestens am Ende des Monats Geld auf dem Konto haben. Und wenn Geld hier verbraten wird, muss es an anderer Stelle eingespart werden.

  16. 9 Euro Ticket – ein Pilotprojekt! Wärme tanken in den überfüllten Zügen und Bussen der Zukunft. Passt doch.
    Es fehlen dann nur noch die Pedale unter dem Sitz des Vordermannes um den Bus vorwärts zu bewegen. So wie man sich früher die Mangelwirtschaften der kommunistischen Staaten vorgestellt hat. Jetzt bald life bei uns.

  17. Ich höre und lese immer „kostenlos“. Selbst der dümmste sollte doch mittlerweile wissen, dass nichts kostenlos (wohl aber vieles umsonst) ist.
    Irgendwer muss den ÖPNV ja finanzieren. Und ich sehe es ums Verrecken nicht ein, anderen den Freifahrtschein zu finanzieren, selbst das Ganze aber nicht zu nutzen, entweder, weil ich in Fußnähe arbeite oder weil dort, wo mein Arbeitsplatz ist, der ÖPNV nicht oder nur unzureichend (morgens ein Bus hin, abends einer zurück) angebunden ist. Der Gedanke, mein Berufs- und Arbeitsleben an der „Pünktlichkeit“ des ÖPNV auszurichten, lässt mich frühzeitig ergrauen. Und anderen die Mobilität zu finanzieren, mithin Nassauertum zu fördern, hat mit Solidarität nichts mehr zu tun. Den Bürger damit dauerhaft zu belasten, ist dreist.

  18. Das Transformerprogramm läuft wie am Schnürchen. Das 9 Euro Ticket soll die Bevölkerung schon mal auf die Viehtransportbedingungen gewöhnen wenn der Individualtransport nur noch für Reiche möglich ist.
    Wer den Begriff „Viehtransportbedingungen“ für übertrieben hält sollte sich einmal in Hamburg zu den Stoßzeiten in den chronisch überfüllten Bus in Richtung Altona quetschen.

  19. Wenn eine Stadt kostenlosen oder subventionierten ÖPNV anbieten möchte, kann sie das ja machen und über höhere Grundsteuern von den Nutzern wieder kassieren. Dann würden die dafür bezahlen, die auch die Möglichkeit haben das Angebot zu nutzen.
    Auf dem Land wäre der Aufschlag auf die Grundsteuer dann eben geringer, da die Kosten und das Angebot deutlich kleiner ausfallen.

  20. Ich habe mir auch das 9€ Ticket gekauft. Damit bin ich die letzten zwei Monate ca. 6-7 Mal gefahren. Dabei fiel einmal an meiner Haltestelle für den Rest des Tages der komplette Regionalverkehr wegen Stellwerksproblemen aus. Zweimal habe ich den Ausfall von einzelnen Zügen erlebt und ansonsten war es ziemlich voll, was bei den Temperaturen und mit Maske kein Vergnügen war. Bei Fahrten mit unverhältnismäßigen langen Fahrtzeiten oder wenn etwas zu transportieren war, habe ich weiterhin mein Auto genutzt.
    Das was ich mit Bussen und Bahnen erlebt habe, war nicht überzeugend. Das gilt auf für die ICE und IC Verbindungen. Deshalb werde ich weiterhin bei meinem Mix von Auto und öffentlichen Verkehrsmitteln bleiben. Wenn die Parksituation schwierig und die Anfahrt nervig bei gleichzeitig guter Anbindung der öffentlichen Verkehrsmittel, werde ich diese auch nutzen. Ansonsten kann die Regierung mir damit gestohlen bleiben, denn wer weiß wen der Lauterbach und die Länderchefs diesen Winter nur mit Test oder gar nicht in die Bahnen und Busse lassen. Als jemand die nicht geimpft war, war ich durchaus letzten Winter sehr froh, dass ich ein Auto hatte.

  21. Nix für umme und ewig. Hat der Autor eine Ahnung, wie teuer das wäre? Wohl eher weniger. Ich als seltener Nutzer des ÖPNV sehe jedenfalls nicht ein, dafür mit meinen Steuergeldern auch noch zahlen zu müssen.

  22. Populistische Geschenke.
    Wenn sich etwas nicht rechnet wird der Steuerzahler zur Kasse gebeten, der ist bis an die Grenze belastet.
    Das Angebot fordert eine gut vorbereitete Infrastruktur, die wurde in den vergangen Jahren vernachlässigt. Indische Verhältnisse bei (regionalen) Zügen sind im Anmarsch.
    Darüber ist es für freie Menschen völlig unakzeptabel sich einer sektiereischen nötigenden Gesichtsverhüllung zu unterwerfen.
    Darüber hinaus fällt mit der Nichtgültigkeit „auf Fähren zu den schleswig-holsteinischen Nordsee-Inseln“ auf, dass eine Exklave für Reiche geschaffen wird.

  23. Ich bin der Auffassung, grundsätzlich sollte sich dieses Verkehrsmittel selbst über die Fahrpreise tragen. Wir haben bereits ein Übermaß an Subventionen. Die Attraktivität kann nicht über den subventionierten Fahrpreis gesteigert werden, sondern nur über den Komfort und besonders über die Sicherheit, die Pünktlichkeit und die Verlässlichkeit im Betrieb. Wer weiter über den Staat subventionieren möchte kann aufgrund leerer Kassen, der größte Haushalt im Land ist der Etat Arbeit und Soziales, dass Dilemma nur weiter verwalten.

  24. Der ÖPNV kann noch so viel trommeln – solange es die Maskenpflicht gibt, sieht mich kein öffentliches Verkehrsmittel mehr. Und die Bahn hat bei mir jeglichen Zuspruch verloren: volle verdreckte Züge und die Garantie, nicht pünktlich dort anzukommen, wo man hin will. Never! Solange es mir nicht verboten wird, werde ich auf das Auto zurückgreifen. Die Flexibilität bietet mir kein anderes Verkehrsmittel. Die Privatsphäre sowieso nicht!

  25. Richtig, der Casus Knacksus ist, daß der ÖPNV ja bereits mit Steuergeldern finanziert wird.

    Also, bitte das 99 Euro Jahresticket , da sind unsere Steuergelder ausnahmsweise mal gut angelegt. Und für den Erwerb sollte ein deutsche Wohnsitz Voraussetzung sein, denn die Bahn soll ja auch was verdienen.

  26. Ein dauerhaftes 9Euro Ticket führt genau dahin wo alle sozialistischen Projekte früher oder später landen: auf dem Scheiterhaufen.
    Eine DB die ausschließlich über Steuern finanziert (9€ sind „Nichts“) wird die Quallität aller Sozialistischen Produkte annehmen… sie wird bis zur unbrauchbarkeit sozialisiert.
    Private können nicht mithalten und verschwinden vom Markt.
    Der Kunde, der es sich leisten kann, sucht eine Alternative ggf. auf dem grauen Markt.

  27. In Ungarn….fahren alle Senioren über 65 kostenfrei mit dem ÖPNV….unabhängig von der Nationalität, Einkommensprüfung oder ähnlicher Scherze….einfach Ausweis (kein Fahrschein nötig) vorzeigen….und man fährt gratis. Es geht also….

  28. Das 9-Euro-Ticket ist Bockmist!
    Solange das Zugangebot nicht ausreicht, darf so was nicht eingeführt werden. Punkt.
    Kürzlich in Oberbayern mit Erster-Klasse-Ticket unterwegs gewesen, um es komfortabel und ruhig zu haben: das war zum Fenster rausgeworfenes Geld.
    Die Erster-Klasse-Abteile und -Bereiche werden gestürmt. Man quetscht sich mit 9-Euro-Ticket-Fahrern auf engsten Raum zusammen. Dafür zahle ich nicht die teuren Tickets!
    Von den Verspätungen, Zugausfällen und Planungsunsicherheiten dadurch ganz zu schweigen!
    BTW: Und wenn ich immer wieder mal auf der Autobahn von zwei sargschwarzen 8-Zylindern-Limousinen (7er-BMW, Audi A8 oder Mercedes-S-Klasse) überholt werde, davon eine mit „Kojak-Blaulicht“, die mindestens 200 km/h draufhaben, dann kommt mir das große Kotzen.

  29. „Mit einem solchen Schritt würde sich die Bundesregierung international eine Fast-pool-position erarbeiten.“ Pole Position heißt das Ding. Ansonsten schauen mer mal. Z.B. wer bietet zu welchem Preis den Kommunen was an? Oder den ÖPNV gleich verstaatlichen? Welche Ansprüche habe ich als Provinzler? Wird daraus ein (evtl. teurer) Rechtsabspruch? Manche Kommunen bezuschussen den ÖPNV, zahlen aber nicht alles. Zahlt der Staat oder die Kommunen den ÖPNV? Gibt es dann neue Pöstchen in zu schaffenden Aufsichts- und Verwaltungsanstalten/Ämtern? Wer sorgt für Qualität oder sehen die Regionalzüge dann aus wie in Indien? Undundund

  30. Was sagen denn eigentlich die privaten Wettbewerber dazu? Ich würde als Flixbus/train oder sonst ein privates Unternehmen jedenfalls auch verlangen dieselben Zuschüsse zu bekommen. Mit welchem Recht soll das miese Angebot der DB noch gefördert werden, wo man für gering mehr bisher besser bei privaten fuhr. Wenn sie das alles Kostenlos machen, würde das die Rückabwicklung der Marköffnung bedeuten.

    • Die Regierung will doch sowieso alles auf Planwirtschaft umstellen. Gemäß den den Ideen der geistigen „Riesen“, die uns anführen. z.B Energiewende oder der Verneinung des ausgetüftelten Verbrennermotors.

  31. Es gibt noch zwei weitere gewichtige Gründe gegen die öffentlichen Verkehrsmittel: Zum einen benötigt man sehr viel mehr Zeit, um von A nach B zu kommen. Zum anderen die Maskenpflicht.

    • Und die körpernahe kulturelle Bereicherung …

    • Schon die Maskenpflicht ist für mich persönlich ein KO-Kriterium.

  32. Das Problem am Nahverkehr ist nicht (nur) der Preis sondern vor allem die anderen Fahrgäste.

    • Dazu kommt die Pünktlichkeit (auch Zugausfälle gibt es) und die Sauberkeit der Plätze.
      Im eigenen Auto fühlt man sich „zuhause“ – im ÖPNV wie auf dem „Amt“. Besonders in den Bussen in Berlin …

  33. Ich fahre eine Stunde mit dem Regionalzug, um nach Hamburg zu kommen. Das ist selten schön gewesen, aber seit Einführung des 9-Euro-Tickets ist das für mich nicht mehr erträglich. Es ist ein Orient-Express geworden, babylonisches Stimmengewirr, Musik und Gebrabbel laut aus den Handylautsprechern, ekelhafte Gerüche, schmutzige Sitze, vermüllter Boden, beschmierte Wände, Zigarettenrauch und so weiter. Mein Highlight: Eine Neubürgerin wechselte die Windeln ihres Kindes und lies diese natürlich auf dem Tisch liegen. Wie in einem Shithole. Die Schaffner gehen schon gar nicht mehr durch.

    • Das ist das täglich ausgehandelte Zusammensein. Freuen Sie sich an der Buntheit.

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