Der französische Ökonom Thomas Piketty hat mit seinem Team eine neue Studie vorgestellt. Die FAZ resümiert dazu: „Dass die Ungleichheit in vielen Ländern der Welt wächst, das stellt er in seinem Bericht ganz nach vorne. Dass die weltweite Ungleichheit schrumpft, steht irgendwo in der Mitte des Berichts, wo die meisten Leser schon mit ihrer Aufmerksamkeit kämpfen.“ Piketty gehört zu den ideologisch voreingenommenen Ökonomen – seine zentrale Mission ist es, die Ungleichheit anzuprangern. Er beriet den französischen Ex-Präsidenten Hollande bei der Einführung der (inzwischen wieder abgeschafften) Reichensteuer von 75 Prozent, die ganz nach Pikettys Geschmack war.
Pikettys neue Zahlen widerlegen jedoch in Teilen den Tenor seines vor einigen Jahren erschienenen Bestsellers über „Das Kapital im 21. Jahrhundert“. Laut der aktuellen Studie hatte die ärmste Hälfte der Weltbevölkerung im Jahr 1980 rund acht Prozent des weltweiten Einkommens, im Jahr 2013 waren es fast zehn Prozent. Und der Anteil des reichsten einen Prozents geht seit rund zehn Jahren zurück.
Nirgendwo so wenig Ungleichheit wie in Europa
Und wie sieht es mit der viel beklagten Ungleichheit im weltweiten Vergleich auf? Am lautesten wird dort über Ungleichheit geklagt, wo sie im weltweiten Vergleich am geringsten ist. Der Anteil der obersten zehn Prozent der Bevölkerung am Gesamteinkommen ist laut der aktuellen Piketty-Studie nirgendwo so gering wie in Europa, wo er 37 Prozent beträgt. Zum Vergleich: In den USA und Kanada sind es 47 Prozent, in Russland 46 und in China 41 Prozent. In Brasilien und Indien liegt der Anteil sogar bei jeweils 55 Prozent und im Nahen Osten bei 61 Prozent. Pikettys Studie enthält auch zu Deutschland interessante Zahlen: Vor 100 Jahren vereinigte das reichste Prozent der Deutschen noch 18 Prozent der Einkommen auf sich, heute sind es nur noch 13 Prozent. Relativ gesehen sind die Reichen also ärmer als vor 100 Jahren. Aber ist das überhaupt so wichtig?
Ist die „Schere“ überhaupt so entscheidend?
Piketty ist ganz und gar auf die Frage der „Schere zwischen Arm und Reich“ bzw. auf die „Ungleichverteilung“ fixiert. Schon in seinem „Kapital im 21. Jahrhundert“ mahnte er an, es sei „höchste Zeit die Frage der Ungleichheit wieder in den Fokus der Wirtschaftsanalyse zu stellen“ und „die Verteilungsfrage wieder in den Mittelpunkt der Analyse zu rücken“. Einerseits argumentierte er dort, die Schere zwischen Reich und Arm sei zu Beginn des 21. Jahrhunderts weiter auseinander gegangen, andererseits räumt er ein, es sei „nicht ausgemacht, dass die Vermögensungleichheiten insgesamt auf globaler Ebene wirklich zunehmen“. Die Datenbasis seines Buches und haarsträubende methodische Fehler seiner Vorgehensweise wurden inzwischen von zahlreichen Wissenschaftlern kritisiert – ich empfehle hierzu jedem Leser dieses ausgezeichnete Buch.
Club of Rome 1: Oh Herr, lass Hirn regnen!
Das Beispiel China
Ist es für diese Hunderten Millionen Menschen entscheidend, dass sie nicht mehr hungern und der Armut entronnen sind oder dass sich – möglicherweise – im gleichen Zeitraum das Vermögen von Multimillionären und Milliardären noch stärker vermehrt hat als ihr Lebensstandard? Die Entwicklung Chinas zeigt, dass steigendes Wirtschaftswachstum – auch bei gleichzeitig steigender Ungleichheit – den meisten Menschen zugute kommt. Hunderten Millionen Menschen in China geht es heute sehr viel besser, und zwar nicht obwohl es so viele Millionäre und Milliardäre gibt, sondern gerade deshalb, weil Deng Xiaoping die Parole ausgegeben hatte: „Lasst einige erst reich werden.“ Deng hatte Recht damit, dass der wirtschaftlichen Entwicklung die Hauptpriorität eingeräumt werden müsse, was sich an folgenden Tatsachen zeigt: Untersucht man, in welchen Provinzen die Armut in China in den vergangenen Jahrzehnten am meisten zurückgegangen ist, dann sind es die mit dem höchsten Wirtschaftswachstum. Und noch etwas anderes ist bemerkenswert: Die Chancen für sozialen Aufstieg sind laut den Untersuchungen des renommierten Ökonomen Zhang Weiying in den vergangenen Jahrzehnten in China ganz erheblich gestiegen. Zugleich hat die Ungleichheit zwischen Arm und Reich in China in diesen Jahren stark zugenommen. 2012 lag der Gini-Index, der die Einkommensungleichheit misst, bei 0,47 für China, wobei er in den Städten niedriger ist als in den ländlichen Gebieten.
Dass in den vergangenen Jahrzehnten in China die Zahl der Millionäre und Milliardäre stark gestiegen ist und sich für Hunderte Millionen der Lebensstandard so sehr verbessert hat, sind nur zwei Seiten einer Medaille und die Folgen des gleichen Prozesses, nämlich der Entwicklung vom Sozialismus zum Kapitalismus, von der Plan- zur Marktwirtschaft.
Daran, dass die Armut weltweit durch die kapitalistische Globalisierung zurückgegangen ist, kann es keinen Zweifel geben. Kontrovers diskutiert wird, ob der steigende Wohlstand in ehemals unterentwickelten Ländern zugleich in den westlichen Industrienationen, also namentlich in Europa und den USA, bei den unteren Einkommensgruppen zu Wohlstandseinbußen geführt habe. Zunächst: Wenn dies so wäre, weil die Niedriglohnbezieher in entwickelten Ländern heute im direkten Wettbewerb mit den Arbeitern in aufstrebenden Ländern stehen, dann wären die antikapitalistischen Globalisierungskritiker im Westen vor allem Verteidiger einer privilegierten Situation der Menschen in Europa und den USA – obwohl sie sich doch eigentlich vor allem als Anwälte der Armen in den Ländern Afrikas, Asiens und Lateinamerikas verstehen. Die These von den „Globalisierungsverlierern“ in Europa und den USA ist jedoch darüber hinaus umstritten, denn laut einer OECD-Untersuchung aus dem Jahr 2011 gab es nur zwei OECD-Länder, in denen die ärmsten zehn Prozent der Bevölkerung geringere Realeinkommen zu verzeichnen hatten als Mitte der 80er-Jahre, nämlich Japan und Israel.
„Relative Armut“
Wenn man in den Medien immer wieder lesen kann, die Zahl der Armen in den entwickelten westlichen Industrieländern sei gestiegen, dann liegt das oft einfach daran, dass Armut in den zugrunde liegenden Studien relativ gemessen wird. Arm ist beispielsweise im offiziellen Armuts- und Reichtumsbericht der deutschen Bundesregierung, wer weniger als 60 Prozent des sogenannten Medianeinkommens verdient. Wie fragwürdig diese Definition ist, sieht man an einem Gedankenexperiment: Angenommen, bei gleichem Geldwert stiegen alle Einkommen um das 10-fache. Untere Einkommensbezieher, die beispielsweise bisher 1.000 Euro im Monat hatten, bekämen nunmehr 10.000 Euro. Keiner müsste sich mehr sorgen. Das Leben wäre schön. Jedoch – nach der herrschenden Armutsdefinition gemäß der 60-Prozent-Formel hätte sich nichts geändert. Immer noch läge die Armut auf dem gleich hohen Niveau.
Starökonomen und die europäischen Linkspopulisten
Im zweiten Fall nehmen wir die 115.000 Euro und verteilen sie auf alle 1.003 Inselbewohner gleichmäßig, so dass jeder 114,65 Euro besitzt. Würden Sie es als Armer mit einem Ausgangsvermögen von 100 Euro vorziehen, in der Wachstums- oder in der Gleichheitsgesellschaft zu leben? Und was wäre, wenn durch eine Wirtschaftsreform, die zur Gleichheit führen soll, das Gesamtvermögen auf nur noch 80.000 Euro schrumpft, von denen dann jeder nur noch knapp 79,80 Euro erhält?
Natürlich kann man einwenden, das Beste sei, wenn sowohl die Wirtschaft und der allgemeine Lebensstandard wüchsen und gleichzeitig auch die Gleichheit zunehme. Tatsächlich hat der Kapitalismus genau dies – sogar nach den Berechnungen von Piketty ! – im 20. Jahrhundert geleistet.
Dennoch ist das Gedankenexperiment sinnvoll, weil in der Antwort die unterschiedlichen Wertpräferenzen deutlich werden: Wem die Erhöhung der Gleichheit der Menschen untereinander bzw. der Abbau von Ungleichheit wichtiger ist als die Erhöhung des Lebensstandards für eine Mehrheit, wird sie anders beantworten als derjenige, der die Prioritäten umgekehrt setzt. Noam Chomsky, einer der führenden amerikanischen Linksintellektuellen, vertritt einen solchen Standpunkt, wenn er in seinem 2017 erschienenen Buch „Requiem für den amerikanischen Traum“ schreibt, „dass es um die Gesundheit einer Gesellschaft umso schlechter bestellt ist, je mehr sie von Ungleichheit geprägt ist, egal ob diese Gesellschaft arm oder reich ist“. Ungleichheit an sich sei bereits zerstörerisch, so seine These, die mit Pikettys Sichtweise korrespondiert.
Kapitalismus ist sozialer als Sozialismus
Ich finde hingegen, die Frage, durch welches Wirtschaftssystem weltweit die Zahl der Armen reduziert wird, viel interessanter als die, ob eine Schere zwischen Arm und Reich aufgeht. Der Kapitalismus ist weltweit und in der Geschichte das sozialste Wirtschaftssystem, weil er am meisten zur Beseitigung der Armut beigetragen hat. Dagegen gehen die meisten Toten bei großen Hungersnöten im 20. Jahrhundert auf sozialistische Experimente zurück. Was man in Pikettys Studie nicht lesen kann: Seit 1920 starben mehr als 70 Millionen Menschen durch Hungersnöte, wobei fast die Hälfte davon auf Maos sozialistisches Experiment des ‚Großen Sprungs nach vorne’ Ende der 1950er Jahre entfällt, ein weiteres Viertel auf Stalins sozialistische Zwangskollektivierung. Das Ende des Kommunismus und der weltweite Siegeszug des Kapitalismus haben dazu geführt, dass in den 2000er-Jahren nur noch drei von 100.000 Menschen durch Hungersnöte starben. Zwischen 1920 und 1970 starben dagegen global im Schnitt 529 von 100.000 Menschen pro Dekade in Hungersnöten. Mehr als drei Viertel davon gingen auf das Konto der Kommunisten.
Teile dieses Beitrages stammen aus dem im Februar erscheinenden Buch, das jetzt vorbestellt werden kann.
Auf Kapitalismus folgt früher oder später Sozialismus. Es muss einen Grund dafür geben, von dem die Kapitalisten nichts wissen wollen.
Ich habe Pikettys Buch mal angefangen, musste aber nach knapp 300 Seiten aufhören zu lesen und bin zum letzten Kapitel gesprungen. Das ganze Buch kann man sich sparen. Pikettys einzige Aussage ist, dass es zu viel Ungleichheit gibt und man sie mit hoher Besteuerung der Reichen beseitigen muss. Er geht davon aus, dass es einen fixen Kuchen gibt und wenn die einen immer mehr haben, dann müssen zwangsläufig die anderen weniger haben. Im Endeffekt ist es nur Marx neu aufgewärmt, nur dass es diesmal seriöser aussieht, weil Piketty ein Top-Ökonom ist.
Dass die Ungleichheit steigt mag vielleicht sein, aber der wichtigste Punkt, den Sie auch ansprechen, Herr Zitelmann, ist die Tatsache, dass der Lebensstandard aller Schichten stetig gestiegen ist und es auch weiterhin tut. Wer hätte vor 30 Jahren daran gedacht, dass sich auch Afrikaner eines Tages Internet und Smartphones leisten könnten? Wer hätte noch vor 20 Jahren daran gedacht, dass wir trotz einer stark gestiegenen Bevölkerung heute mehr Menschen ernähren können als jemals zuvor? Wer heute „arm“ ist, lebt verglichen mit seinen armen Vorfahren vor 150 Jahren ein absolutes Luxusleben.
Die gesamte öffentliche Debatte über dieses Thema ist völlig von linkspopulistischen Parolen und Thesen vereinnahmt worden. Eigentlich geht es nur darum, Reiche zu beschimpfen. George Orwell war davon überzeugt, dass Arme den Sozialisten und Kommunisten völlig egal sind, sondern dass sie einfach nur grenzenlosen Hass auf Reiche haben. Dem ist wohl nichts hinzuzufügen.
Dass sich Reichtum unterschiedlich verteilt, hat sehr viele Gründe: Unser Geldsystem und die Politik der Zentralbanken fördern Ungleichheit, weil hier der Cantillon-Effekt greift. Der wird aber nie irgendwo angesprochen. Diejenigen, die schon viel haben, bekommen auch immer schneller noch mehr dazu. Das ist das Matthäus-Prinzip, das schon in der Bibel erwähnt wird. Wird ebenfalls nie erwähnt. Reichtum verteilt sich genauso wie kreative Wertschöpfung nach dem Pareto-Prinzip. Das ist eine sehr unbequeme Erkenntnis, die dem linken Gleichheitsdogma komplett widerspricht. Findet ebenfalls nie irgendwo Erwähnung.
Wahrscheinlich gibt es noch viel mehr Gründe dafür. Bei Piketty und Konsorten findet man aber dazu sicher keine Antworten.
Der Neid, eine – richtigerweise – Todsünde.
Immer wieder wird das Thema der Ungleichheit nur bruchstückhaft beschrieben, leider auch hier bei TE. Und immer wieder werden nur diejenigen Zahlen präsentiert, die in die eigene Argumentation passen. Dann wird auch gerne zwischen Ungleichheit im Einkommen und im Vermögen unterschiedslos hin und her gewechselt, wie es gerade passt. Im Übrigen zeigt das „Framing“ des Themas durch den Kontext des Wirtschaftssystems vor allem, wer hier gerade spricht oder schreibt. Solange Globalisierung und Kapitalismus die „Schlacht am kalten Buffet“ fördern, werden die Verwerfungen innerhalb und zwischen den Gesellschaften zunehmen und die Kritik lauter. Eine Lösung in Bezug auf die Ungleichheit wird wohl über sowohl Sozialismus als auch Kapitalismus hinausgehen müssen.
Jedenfalls darf die wachsende soziale Ungleichheit – und zwar nicht nur in ihrem ökonomischen Aspekt – nicht übersehen werden. Denn sie führt dazu, dass die Möglichkeit zur Teilhabe an der Gesellschaft für viele Menschen zunehmend zurückgeht. Damit besteht die Gefahr der Instabilität unserer Gesellschaft. Außerdem stellt eine hohe soziale Ungleichheit ein Risiko für die Demokratie dar. Die bereits jetzt sichtbaren Verwerfungen, die oft einseitig der „Flüchtlingskrise“ und einem „Fremdenhass“ zugeschrieben werden, sind ein erster Ausdruck der bereits vorhandenen hohen sozialen Ungleichheit und der beginnenden sozialen Spaltung in Deutschland. Genau hier sollten alle politischen, wirtschaftlichen und sozialen Maßnahmen ansetzen. Alles andere schiebt die Probleme lediglich hinaus, macht sie auf diese Weise nur noch größer, als sie jetzt bereits sind, und damit immer noch schwieriger zu lösen.
Ab einem gewissen Wohlstandsniveau einer Gesellschaft ist die Verteilung der Ein¬kommen und des Vermögens für die durchschnittliche Zufriedenheit der Bevölkerung wichtiger als de¬ren absolute Höhe. Bleibt diese Statusdimension der Ungleichheit unbeachtet, kann die Stabilität der Gesellschaft bedroht sein, wenn die Schere zwischen Arm und Reich als zu groß empfunden wird. Ungleichheit im Einkommen und/oder im Ver¬mö¬gen hat auch eine ungleiche politische Einflussnahme zu Lasten der unteren sozialen Schichten zur Folge. Im Extremfall ist damit das demokratische Prinzip poli¬ti¬scher Gleich¬heit bedroht.
Als zunehmend problematisch ist anzusehen, dass persönliche Leistung auch in demokratischen Gesellschaften nur mit bedeutenden Einschränkungen zur „Positionierung eines Menschen in Beruf und Gesellschaft“ beiträgt. Auch in den westlichen Industrienationen beruhen heutzutage noch die Lebens¬be¬din¬gun¬gen und verfügbaren Ressourcen eines Menschen nicht auf seiner individuellen Be¬gabung oder Leistung, sondern werden über Geburt, soziale Herkunft, Status und Ver¬mögen der Eltern von Generation zu Generation weitergegeben. Soziale Un¬gleich¬heit kann daher nicht durch individuelle Begabung und Leistung ausgeglichen wer¬den, sondern nur durch geeignete wirtschaftliche und soziale Strukturen.
Es ist bedauerlich, dass diese Erkenntnisse nicht ausreichend bekannt sind und verbreitet werden.
Piketty hat sich als Wissenschaftler diskreditiert – so what?
Bin froh, sein voriges Buch nicht gekauft zu haben, und an weitere werde ich nicht einmal denken – finis.
Schon komisch, das bestimmte „Eliten“ eine Mischung aus Wahabismus, Calvinismus und Kommunismus herbeiwünschen.
Insbesondere letzterer soll sich ja durch eine enorme Scheere hervortun.
Ursache-Wirkungs-Problem: Die gestiegene Geburtenrate in Schleswig-Holstein liegt nicht am Zuzug der Störche! Hungersnöte wurden seit Beginn der Agrikultur durch ständig größer gewordenes Knowhow reduziert. Insofern wäre zu fragen, wer für Bildung sorgt. Der Kapitalismus will nur auf fertige Bildung zugreifen können.
Hungersnöte sind heutzutage fast alle politisch bedingt. Hier ist zu fragen, inwieweit dieses Problem durch internationale Einflüsse entsteht oder vergrößert wird. Kapitalistische Länder sind dabei keine Klosterbrüderschaft.
Selbstverständlich ist das Aufgehen von Scheren ein wichtiger Punkt. Denn es ist ein Trend, der in die Frage mündet, wo das (nicht) endet. Anfangs- und dem entgegengesetzte Langfristeffekte des Kapitalismus wären ein eigenes Buch wert. Das müsst mal jemand unvoreingenommen mit Weitblick schreiben.
Wenn ein Land reicher wird, vergrößern sich die Lebenshaltungskosten auch. Was bedeutet dies für das untere Ende der Bevölkerung, dessen Einkommen nicht mit den gestiegenen Lebenhaltungskosten mitkommt? Die sind schlechter dran, obwohl ihr Einkommen nominell sogar etwas steigt.
Methodische Probleme also auch bei Herrn Zitelmann. Wenn es nicht so nach Gesundbeterei riechen würde! Eine seriöse Gegenüberstellung ist es nicht.
Warum müssen wir bei uns überhaupt über zunehmend prekäre Einkommensverhältnisse mit Staatsbezuschussung unterhalten, wo wird doch schon so lange den guten Kapitalismus haben? Kapitalismus ein Strohfeuer? Warum nicht soziale Marktwirtschaft? Auch dieser Begriff fehlt bei Herrn Zitelmann völlig. Er vergleicht gerne mit den schlimmsten Abschreckungsbeispielen aber nie mit einer gesunden, ausgewogenen Normalität, wo auch mal der Begriff Verantwortung (der Eliten) eine Rolle spielt. Politik hat die Aufgabe, ganzheitlich zu denken. Der Kapitalismus tut es nicht.
Ich empfehle Ihnen mal Bücher zu dem Thema zu lesen, z.B. von Dikötter über die Ursachen der Hungersnöte in China. Ursache waren die sozialistischen Experimente, ebenso wie die Zwangskollektivierung zu Stalins Zeiten Ursachen der Hungersnöte in der Ukraine waren. Kann man alles nachlesen. Mit Agrikultur-Fortschritten hat das nichts zu tun. Die Hungersnöte gibt es in China nicht mehr, seit dem Markt mehr Raum gegeben wird.
@Dr.Dr.Zitelmann. Dass Sie immer in populistischer Manier zu den krassesten Beispielen greifen müssen, sagt doch nur, wie enorm schwach Gegner sein müssen, damit Sie doch noch recht behalten.
Ungleichheit beseitigen, das bedeutet für Linken (wozu natürlich auch die SPD gehört) und GRÜNE den Bessergestellten etwas wegnehmen, um damit die Ungleichheit zu beseitigen. Deshalb geht es den Schlechtergestellten natürlich keinen Deut besser. Gleichheit heißt hier: Alle gleich arm. Leider kapieren das sehr viele Menschen nicht und lassen sich so von diesem Vorhaben begeistern.
In der Praxis würde es deshalb genügen, wenn man den Reichen einen großen Teil ihres Geldes wegnehmen würde, um es anschließend auf einem Großen Haufen zu verbrennen. Die Massen würden jubeln, obwohl sie hiervon in keiner Weise profitieren würden.
In Deutschland sind wir dem linken Ideal einer einkommensegalen Gesellschaft doch schon recht nahe gekommen. Die Bereitwilligkeit unserer Landsleute zu teilen war nach der Wende enorm. Die 17 Millionen Bewohner eines gescheiterten sozialistischen Experiments erhielten auskömmliche Renten in DM ausgezahlt und mussten nicht wie ihre im selben Experiment untergegangenen polnischen Nachbarn jahrzehntelang am Existenzminimum darben. Zuwanderer aus der untergegangenen Sowjetunion erhielten über das Fremdrentengesetz Auszahlungen, als hätten sie ihr ganzes Leben in Deutschland gearbeitet. Verdi im Verein mit linken Landesregierungen hat für eine vor 50 Jahren unvorstellbare Angleichung der Gehälter unserer Staatsbediensteten gesorgt. Wie ragte einst ein Spitzenforscher als C4-Professor heraus. Heute muss man zugestehen, dass der Umgang mit den wenigen Geistesriesen, die zu international konkurrenzfähiger Forschung in der Lage sind, in ganz Deutschland ein Trauerspiel ist. Einsteiger erhalten als Juniorprofessor in der Vergütungsgruppe W1 eine Grundvergütung von 3.405 € – 3.650 € brutto pro Monat (je nach Bundesland). Die weitere Gehaltsentwicklung führt über die Besoldungsgruppe W2 (West: brutto 3.890 €, Ost: 3.598 €) in die Gruppe W3 (bis zu brutto 5.064 €). Die erste Daueranstellung W2 erreichen Ausnahmewissenschaftler selten vor dem 40. Lebensjahr. Dieses Schließen aller Einkommensscheren kommt die Gesellschaft auf Dauer durch demotivierende Wirkung wahrscheinlich noch teuer zu stehen.
Allerdings hat die Zahl der C4-er u.ä. exorbitant im Vergleich zu „Geistesriesen“ und „Ausnahmeforschern“ zugenommen – geradezu inflationär.
Und es werden immer mehr.
Hierbei muss es sich vermutlich um Genderwissenschaftler handeln…
Die Zahl der Leute, die bei uns mit ihrem Arbeitslohn/Gehalt kaum noch ihren Lebensunterhalt bestreiten können, nimmt stetig zu. Um das zu erkennen braucht man keine großen Studien. Die Ursache hierfür liegt nicht an dem hohen Lebensstandard dieser Menschen, sondern an den niedrigen Löhnen,die sie erhalten.
Während Unternehmen von Jahr zu neue Gewinnrekorde vermelden und dadurch das Vermögen der Unternehmer und Anteilseigner stetig steigt, stagnieren die Nettolöhne der Arbeitnehmer. Logischerweise geht dadurch die Schere zwischen arm und reich immer weitet auseinander. Der Anteil Kapital verdient zunehmend Geld während der Anteil Arbeit der Verlierer unseres Wirtschaftssystems ist. Gut, das ist so gewollt,
Sicher ist es Ansichtssache, wann man jemand als arm bezeichnen kann. Die Mehrheit der Arbeitnehmer bei uns bekommt am Monatsende nicht mehr als 1.000 bis 1.800 EUR von ihrem Arbeitgeber aufs Lohnkonto überwiesen, diese Leute kann man ohne Zweifel als arm bezeichnen.
Wenn man Arbeitnehmer bei uns mit Arbeitnehmer in China vergleicht, muss man auch die Kaufkraft berücksichtigen. Beispiel: In China kostet das Frühstücken gehen nur wenige Cent, deshalb machen sich hier die meisten Leute garnicht selber ihr Frühstück, sondern kaufen sich ihr fertiges Frühstück bevor sie arbeiten gehen. Bei uns kann sich so etwas ein normaler Arbeitnehmer nicht leisten.
Ein Alleinstehender mit einem Bruttogehalt unter 4.500 EUR ist in unserm Land ganz klar ein armer Teufel. Ein Alleinstehender mit Bruttogehalt unter 8.000 bis 10.000 EUR ist dann spätestens als Rentner ein armer Teufel, weil er nicht genug verdient, um ausreichend fürs Alter vorsorgen zu können.
Es ist unfair, Armut bei uns runterzuspielen.
Ich vergleiche nicht China und Deutschland. Ich vergleiche, wie es den Menschen in China zu sozialistischen Zeiten ging und wie es ihnen heute geht, nachdem dort Stück für Stück mehr Marktwirtschaft, also mehr Kapitalismus eingeführt wurde. Im weltweiten Maßstab hat der Kapitalismus mehr zum Kampf gegen die Armut beigetragen als jedes andere System. Vergleichen Sie mal das sozialistische Nord- und das kapitalistische Südkorea oder das sozialistische Venezuela und das kapitalistische Chile.
Der Kapitalismus hat in der Breite nur etwas gebracht, wenn er z.B. durch Staat oder Gewerkschaften geregelt wurde. Brasilien war nie ein kommunistisches Land aber eines mit Superreichen einerseits und massenhaft Bitterarmen andererseits bei fehlender Mittelschicht.
Aha, die Menschen in Singapur oder der Schweiz haben ihren Lebensstandard dem Staat oder den Gewerkschaften zu verdanken. Und in China geht es den Menschen besser, seit dort mehr Marktwirtschaft herrscht, weil Staat und Gewerkschaften das richten. Das Gegenteil stimmt: Den Menschen geht es dort besser, weil der Staat zurückgedrängt wurde und dem Markt mehr Raum gegeben wurde, also mehr Kapitalismus gewagt wurde.
@Dr.Dr.Zitelmann. Klingt schon mal besser als die reine Lobhudelei über den Kapitalismus. Wenn Sie noch dazu kämen, es nicht als extreme Gegenüberstellung zu sehen sondern als geregelte Symbiose, könnte man es ernster nehmen.
Dabei ist Deutschland selber das Beispiel, wie in den 60-er Jahren durch Lohnkämpfe (Gewerkschaften) eine Mittelschicht und breiterer Wohlstand entstand. Der Kapitalismus hätte freiwillig nichts hergegeben.
Heute wäre das nicht wiederholbar, weil der sogenannte Sachzwang globaler Konkurrenz keine Maßnahmen vergleichbarer Stärke mehr zulässt. Unser mittlerweile ausgedehnter Niedriglohnsektor (Wohlstandsreduktion in dieser gewachsenen Schicht) ist nicht zuletzt die Schande des Kapitalismus und der Grund für einen fast paritätischen, linken Sektor in den Parlamenten.
Die Mittelschicht entstand doch nicht durch die Gewerkschaften, sondern durch Produktivitätszuwächse. Und die Löhne steigen IMMER – egal ob mit oder ohne Gewerkschaft – wenn die Nachfrage nach Arbeitskräften das Angebot übersteigt.
@Dr.Dr.Zitelmann. Dass Sie immer nur halbe Sachen sehen! Die Mittelschicht gibt es nicht, wenn sie kein Geld bekommt. Sie hätte nichts von der Produktivität. Warum mussten die Gewerkschaften erst streiken lassen, wenn sich die Einkommen quasi automatisch nach oben geregelt hätten?
Ganz ehrlich: So plump ausblendend wie Sie herangehen, provozieren Sie mich fast schon dazu, ein Buch aus einer breiten Sicht zu schreiben, die Wirtschaft als Kreislauf und Symbiose sowie Verantwortungsgefüge zwischen Unternehmer- und Arbeitnehmerschaft begreift. Und das, bitteschön, muss noch lange kein Sozialismus sein.
Außerdem frage ich mich (ganz unaufgeregt), welche Klientel ein Buch Ihres Stils kaufen würde. Die wirklich Reichen schon mal nicht, denn sie wissen, was sie tun aber auch, was sie sollten aber der Marktzwänge wegen nicht tun können. Sie würden über Ihr Buch milde lächeln. Die Armen haben wiederum andere Probleme, als dem vorhandenen Kapitalismus hinterherzuschauen und sich in der demütigenden Situation zu befinden, trotz Fulltime-Job auf Staatszuschüsse angewiesen zu sein – aber dann an die Wohltaten des Kapitalismus glauben zu sollen. Bleiben als Käufer die Möchtegernreichen, die sich gern mit Reichtum identifizieren, aber es nicht schaffen, reich zu werden.
OK. Noch mal zu China: Es ist sicher schwer zu definieren, ob China in erster Linie ein kommunistisches Land ist oder ein kapitalistisches. Auf jeden Fall bin ich immer begeistert davon, wenn ich sehe wie aktiv junge Leute in China sind. Man hat den Eindruck jeder von denen will etwas machen, will etwas bewegen, und wenn man geschäftlich dort unterwegs ist, hat man fast nur mit jungen Leuten zu tun. Ich frage mich dann immer: Wo sind die Älteren, außer in der Staatsführung und bei der Militärführung. Wenn man aber von China nach Deutschland zurückkommt, hat man das Gefühl man kommt aus einer Welt, in der alle aktiv sind in eine Welt, die stillsteht.
Rechner wir doch mal die wahren Bruttolöhne mit den verschleierten Arbeitgeberabgaben der von Ihnen genannten Löhne aus:
Brutto 4500; wahres Brutto 5361; Netto 2594 (52% Belastung)
Brutto 2840; wahres Brutto 3391; Netto 1800 (47% Belastung)
Es ist der Staat der alles tut um Wohlstand zu verhindern durch eine exorbitante Steuer und Abgabenlast. Wenn man dann noch alle anderen Steuern nimmt ist man schnell bei 70 bis 75 % Belastung. Müsste man diese Belastung direkt in einem Schlag abführen wäre wahrscheinlich überall außer in Deutschland Revolution. Deshalb gibt es die unzähligen Abgaben und Steuern. Man muss die Gans so rupfen, dass sie nicht schreit.
Die Krux bei der Sache ist, dass es eben nicht um den einzelnen Bürger geht. Sondern den Linken geht es in ihrer Borniertheit um unverselle Gleichheit.
Sie behaupten, wenn diese erreicht ist sind alle glücklich und es geht allen gut. Das ist das Axiom , dass immer als absoluter Wert mitschwingt, selten ganau benannt aber oft als Regel im Hintergrund wirkend.
Daraus leiten diese auch ihren Vorstellung von Ungerechtigkeit ab.
Aber ist Gleichheit wirklich ein im humanen Sinne ein sinnvolles Ziel? Ich schließe mich hier dem Autor an.
Wer wirklich sozial ist also die Hebung des Lebenstandards der unterern und untersten Schichten als Ziel hat, der kann nicht gleichzeitig Gleichheit für alle fordern, denn erst die freie Marktwirtschft und umfassende Eigentumsgarantien also der Kapitalismus war in der Lage diesen deutlich zu erhöhen. Wirtschaft ist eben kein Nullsummenspiel.
Sie haben es auf den Punkt gebracht: Alle Linken halten Wirtschaft für ein Nullsummenspiel, so wie im Gedicht vom Brecht über den armen und den reichen Mann.
Der war zumindest so ehrlich am Ende des Guten Mannes die Götter auf die Bühne rufen zu müssen.
Wirtschaft *ist* ein Nullsummenspiel – bei Wachstum 0.
Wachstum ist ein Ergebnis von Raum und Zeit: Logistik lehrt die Überbrückung von Raum und Zeit – womit Sie eine Wissenschaftstheorie hätten, ökonomische Pfadabhängigkeiten einzuordnen.
Wie wächst der Raum? Nehmen Sie einen Luftballon, markieren Sie zwei Stellen auf der Hülle und blasen Sie ihn auf. Die zwei Markierungen entfernen sich voneinander.
So wächst das Universum: die Markierungen sind Sonnensysteme! Unser Sonnensystem ist ausgewachsen – was die chemisch-physikalische Wirklichkeit betrifft.
Betrachten wir die Erde: dort wächst die biologische und kulturelle Evolution räuml.! Bis Sie auf chemisch-physikalische räuml. Grenzen stösst; – und biologische Rückkopplung auslöst. Denkbar sind drei Szenarien:
1) Der Mensch löst das interevolutionäre Raumproblem mit geistigen Mitteln.
2) Der Mensch reduziert seine Art, um das interevolutionäre Raumproblem zu senken.
3) Der Mensch stirbt aus, da er seine Existenzgrundlagen vernichtet.
Da der Tauschwert eher eine Abstraktion zeitliches Wachstum ist, deutet die Spaltung von Arm und Reich auf ein räumliches Dichteproblem hin. Die wachsende Spaltung von Arm und Reich ist sogesehen ein Frühindikator auf ein Wachstumsproblem im Güterkreislauf!
Zynisch. A-historisch. Parteiisch. traurig.
Zynisch finde ich die Sozialisten, die den Kapitalismus anklagen, obwohl die Sozialisten im 20. Jahrhundert überall Wirtschaften heruntergewirtschaftet haben. Fragen Sie mal Menschen, ob sie lieber in Nord- oder Südkorea leben wollen. Oder lieber im sozialistischen Venezuela oder im kapitalistischen Chile. Wo gibt es mehr Menschen, die in Armut leben? In China verhungerten Dutzende Millionen unter Mao. Seit dort mehr auf Marktwirtschaft gesetzt wird, haben sich die Lebensbedingungen im Vergleich zu früher verbessert, gerade für die Armen. Was ist daran ahistorisch. PARTEIISCH? Wenn Sie parteiisch für die Armen sind, können Sie den Kapitalismus nicht verdammen.
Abgesehen von einigen, wenigen wirklich tüchtigen Unternehmern, Industrielle, Kaufleute und Freiberufler, die ihren erworbenen Reichtum redlich verdient haben, sind mir in 50 Jahren hauptsächlich Wohlhabende begegnet, die wesentlich durch passive Rendite, d.h. durch Wertsteigerung von Vermögenswerten ohne nennenswerte eigene Leistung reich geworden sind. Ein nicht unwesentlicher Teil ihrer ‚Eigenleistung‘ war über Jahrzehnte, nationale und internationale Strukturierungen zu wählen, die ihre Steuerpflicht auf laufendes Einkommen minimiert, die Steuerfreiheit von Wertsteigerungen aber maximiert haben. Subjektiv sind sie bestenfalls clever gewesen, vielleicht sogar umtriebig. Die Wertentwicklungen von Immobilienvermögen und Aktien über Jahrzehnte sind belegt. Die Versäumnisse der Vergangenheit können wir nicht ändern. Wir können nur daran denken, die nächsten 50 Jahre anders zu gestalten. Piketty ist da wenig hilfreich, aber vielleicht die Bayerische Verfassung, Art. 161/2.
Gute Replik!
Der Grundsatzfehler der ganzen Betrachtung (Hr. Zitelmann) liegt darin, alles dem Kapital zuzuordnen, nicht aber auf individuelle Leistungen für individuell Begünstigte.
Die ganzen Statistiken verschleiern im Grunde die treibenden Ursachen, die in Engagement bestehen mit der Absicht, Menschen zu bereichern. „Der“ Kapitalismus hat diese Absicht nämlich gar nicht. Am Ende soll er aber der Gute gewesen sein. Man sollte den Ansatz unformulieren: Wem haben wir es zu verdanken, dass wir in der Breite trotz Kapitalismus reicher geworden sind?
Meinen Sie, die Menschen in sozialistischen Staaten seien fauler als in kapitalistischen? Meinen Sie, den Nordkoreanern gehe es schlechter als den Südkoreanern, weil die weniger Leistung brächten? Meinen Sie, in der DDR sei der Lebensstandard so viel niedriger gewesen als im Westen, weil die Menschen dort nichts geleistet hätten? Ich finde das abwegig. Das Beispiel Chinas zeigt doch, dass die Leistung der Menschen erst zur Geltung kommt, wenn dem Markt mehr Raum geschaffen und der Staat zurückgedrängt wird.
Einzelbeispiele sagen erst mal gar nichts. Das ist Populismus, im Falle Koreas wie er krasser nicht ginge. Es gibt für alles auch Einzel-Gegenbeispiele, die kaum mehr sagen: Warum hat Venezuela vom Kapitalismus (1974–1979 das wohlhabendste Land Lateinamerikas) zum Sozialismus gewechselt? Weil der Kapitalismus für das Gros der Bevölkerung zufriedenstellend war? Immerhin freie Wahlen!
Warum werden sozialistische Länder (Kuba, Venezuela) von den USA sanktioniert? Weil sie sonst besser dastehen würden und der Sozialismus vielleicht sogar in den USA Anhänger findet?
Außerdem gibt es Anfangseffekte, die sich nicht langfristig fortsetzen. Südkorea ist noch zu jung für eine abschließende Wertung. Es kommt auch darauf an, ob die Sünden des Kap. jetzt schon oder irgendwann geregelt werden. Es gab schon Musterbeispiele, die längst vergessen sind. Japan war mal ganz berühmtes Vorbild. Es lief 20 Jahre, anschließend bis heute sehen wir dort 20 Jahre Rezession. Auch bei uns dehnt sich der Niedriglohnsektor aus.
Einen puren Kap. gibt es wahrscheinlich nirgends. Insofern bezieht sich die Beurteilung immer auf das System MIT Regelung und WEGEN der Regelung. Ohne eine solche wäre der Kap. warscheinlich schnell unerträglich.
Das errfolgreiche China ist noch nicht einmal eine Marktwirtschaft und auch sonst restiktiv: Unternehmen in China müssen eine chinesische Besitzmehrheit haben. Bei Importen von Produktionsanlagen muss alles, was im Lande selber produziert werden kann, aus eigener Produktion stammen. China ist heute so stark, dass es im Ausland Unternehmen aufkaufen kann. Hinter allem steckt mehr oder weniger der Staat.
Was schließen wir daraus? Es kommt nicht darauf an, wer entscheidet, ob Staat oder Unternehmen – sondern ob klug entschieden wird.
Sie sagen es doch selbst: Venzuela war eines der wohlhabenden Länder, solange es kapitalistisch war, aber die Sozialisten haben verstanden, es zu ruinieren. Und warum soll ich nicht Bundesrepublik-DDR und Nord- und Südkorea vergleichen? Beide hatten nach dem 2. Weltkrieg vergleichbare Ausgangsbedingungen. Bevor die DDR zusammenbrach, hatten 17% der Menschen einen Telefonanschluss, in der Bundesrepublik fast jeder. In der DDR konnten Sie zwischen Trabi und Wartburg wählen, bei uns haben Sie eine Riesenauswahl. Warum soll man das nicht vergleichen können? Und was hat sich in China in den letzten 30 Jahren geändert? Ganz einfach: Mehr Markt, weniger Staat. Deshalb geht es den Chinesen heute besser. Und es wird ihnen noch besser gehen, wenn sie diesen Weg weitergehen und den Staat zurückdrängen. Ich empfehle die ausgezeichneten Bücher des chinesischen Ökonomen Zhang Weiying zu diesem Thema.
@Dr.Dr.Zitelmann. Sie sollten wenigstens einen GANZEN Absatz lesen, um behaupten zu können, was ich „selber sage“. Den Widerspruch zwischen öffentlich ausgewiesenem, (angeblich) vorhandenem Wohlstand in Venezuela und der Abwahl dieses „wohlbingenden“ Kapitalismus ist Ihnen offenbar nicht in die Gedanken gekommen.
Dass an dieser Wohlstandsdefintion etwas faul sein muss, würde ein Blinder mit dem Krückstock sehen. Und genaso kritisch muss man die zahlreichen Wohlstandshinweise ihn Ihren Texten beleuchten.
Tja Herr Zitelmann, da hat der Herr Wolkenspalter einen ziemlich guten Punkt getroffen. Gehen wir mal davon aus, dass ein Chavez die falsche Antwort auf die Probleme Venezuelas war. Kein Problem.
Aber wenn vorher alles so prima lief, warum wurde der dann überhaupt gewählt? Die Frage stellt sich übrigens auch im verschärften Maße im gesamten Westen, auch bei uns.
Mal ein ganz grundsätzliches Beispiel: das reale BIP pro Kopf, vom Rentner bis zum Säugling, hat sich bei uns zwischen 1975 und 2015 mehr als verdoppelt. Und, Ergebnis? Verkommene öffentliche Infrastruktur, Straßen, Schwimmbäder und Schulen sind in einem erbärmlichen Zustand. Wie können wir bitte sehr angeblich so reich sein wie nie zuvor und zugleich Schulgebäude in einem oftmals erheblich schlimmeren Zustand als vor 40 Jahren haben? Oder Brücken, die wegen des erheblichen Sanierungsbedarfs gesperrt werden müssen? Den Zustand der Justiz möchte ich gar nicht erst thematisieren.
Das sind im Vergleich zu 1975 zum Teil klar nachweisbare, deutliche Verschlechterungen. Wie kann das bitte sehr sein? Lief doch laut der Zahlen alles super. Und die heutige Staatsquote ist angeblich auch nicht wesentlich geringer. Im privaten Bereich gibt es übrigens bei der schlechter verdienenden Hälfte der Lohnbezieher ähnliche Verschlechterungen. Etliche Arbeitnehmer müssen für ihre Wohnung über 50% ihres Nettoeinkommens berappen. Für den zugegebenermaßen ungeheuerlich dekadenten, geradezu sozialistischen Luxus, NICHT unter einer Brücke schlafen zu müssen. Aber dafür bekommen sie ja auch später eine Rente, deren Höhe weniger als 50% ihres Einkommens beträgt. Eine weitere drastische Verschlechterung im Vergleich zur Situation vor 40 Jahren.
Mit Verlaub, aber ich hoffe sehr, das da ein bisschen mehr kommt, als all dies mit einem angeblich immer sozialistischer werdenden Staat zu erklären. Also, wenn die Medien und Öffentlichkeit 1975 die heute weitgehend als normal geltende Einstellung zum Kapitalismus gehabt hätten, hätte ein Graf Lambsdorff doch nur noch permanent vor Freude geweint
Dazu ein passender Artikel „In Hongkong gibt es keine Armut“ auf http://www.misesde.org/?p=17371
„Die internationale Definition von Armut lautet, weniger als 1,90 USD pro Tag zur Verfügung zu haben. Das trifft auf niemanden in Hongkong zu, also gibt es dort auch keine Armut. Es gibt in Hongkong allerdings Menschen, die sehr viel weniger besitzen als andere. Und es ist vollkommen richtig, dass in Hongkong die Ungleichheit sehr viel größer ist als in den meisten Teilen der entwickelten Welt. Aber trotzdem sind relative Armut und Armut nicht dasselbe. […] Mit anderen Worten, es ist gerade das Wirtschaftswachstum, welches auch die Ärmsten am wirtschaftlichen Fortschritt teilhaben lässt. Wenn wir nämlich dafür sorgen, dass es der gesamten Wirtschaft gut geht, wird es auch jedem Einzelnen innerhalb dieser Wirtschaft, gemessen am weltweiten Durchschnitt, gut gehen.“
Sehr gut. Ganz genau. Nicht zufällig steht Hongkong mit an der Spitze im Index der wirtschaftlich freiesten Länder der Heritage-Foundation. Als die VR China noch sozialistisch war flohen die Menschen unter Einsatz ihres Lebens von dort nach Hongkong, so wie auch von der DDR in die Bundesrepublik oder von Nord- nach Südkorea. Dass Menschen aus einem kapitalistischen Land massenweise fliehen in sozialistische Länder habe ich noch nie gehört. Mein Buch „Kapitalismus ist nicht das Problem, sondern die Lösung“ wird Ihnen gefallen. 🙂
Der Staat ist das Problem! So lange es einen Staat gibt, gibt es nach meinem dafürhalten auch keinen Kapitalismus. Die Unternehmer fürchten nichst so sehr wie den Wettbewerb, deswegen betreiben sie mit dem Kooperatismus einen „Sozialismus der Eigentümer“ Deswegen brauchen wir immer kleinere Staaten, die mit anderen Staaten im Wettbewerb stehen, nur so können wir mehr wirtschaftliche Freiheit erlagen. „Small is beautiful – und friedlicher“
https://www.youtube.com/watch?v=24M5Hxcvzlk
Am schnellsten wächst die Bevölkerung in den ärmsten Ländern, so dass das Wenige durch immer mehr geteilt wird. In der alten Welt schrumpfen die Bevölkerungen, und viele werden durch Erbschaften wohlhabender.
Erbschaften spielen eine viel geringere Rolle als früher. Nehmen Sie die kürzlich veröffentlichte Bloomberg-Liste der 10 reichsten Menschen der Welt – kein einziger davon ist durch Erbschaft reich geworden. Vor 30 Jahren war der Anteil der Erben viel höher als heute.
Seit wann sind 10(!) Menschen signifikant für so eine Aussage?
Die heutigen „flächendeckenden“ Erbschaften in D beruhen auf dem Vermögensaufbau der in den 50-er/60-er-Jahren jungen Generation, die beginnend vor etwa 15-20 Jahren nunmehr älter gewordenen Kinder Häuser und Geldvermögen vererben. Damals gab es wirksame Wohnungsbauprogramme. Die untere Mittelschicht konnte privat Häuser bauen, typischerweise Zweifamilienhäuser. Heute nicht wiederholbar, weil die Einkommenssicherheit für die lange Zeit der Kreditrückzahlungen nicht mehr gegeben ist.
Anfangs- von Langfristfolgen des Kapitalismus unterscheiden und Regelungen der Sozialen Marktwirtschaft sowie staatliche Programme berücksichtigen! Damals waren unsere Politiker offenbar noch klüger als heute. Heute klappt noch nicht einmal der Bau eines Flughafens, sowie die Pflege der Infrastuktur trotz gigantischem Haushalt. In China – ein Kand mit viel staatlichem Einfluss – steht ein Flughafen wie geplant in 5 Jahren, in der Schweiz ist ein Tunnel früher fertig als vorgesehen. Es liegt nicht am Kapitalismus. Es liegt an der Kompetenz der Entscheider.
Der heutige Kapitalismus ist Sozialismus. Das hat selbst die Welt in einem lichten Moment erkannt, https://www.welt.de/debatte/kommentare/article127643658/Unser-Geldsystem-ist-Sozialismus-fuer-Reiche.html
Rainer Zitelmann schreibt: „Ein anderes Gedankenexperiment: Wenn das obere Drittel der Haushalte mehr und alle anderen unverändert verdienen würden, hätte dies nach der relativen Armutsdefinition automatisch zur Folge, dass die Zahl der Armen stiege.“
Das ist leider falsch, denn das Medianeinkommen ist nicht das Durchnittseinkommen sondern das sogenannte mittlere Einkommen, welches dadurch definiert ist, dass derjenige es verdient, der ein einer Reihe verschiedener Einkommen genau is der Mitte steht, so dass eine gleich hohe Anzahl von Verdienern weniger verdient wie die, die mehr verdienen. Ein Beispiel: Verdienen 11 Leute jeweils 1000. 2000, 3000 und so weiter bis 11000, so ist das Medianeinkommen genau 6000. 5 Leute verdienen weniger und 5 Leute verdienen mehr. Im gewählten Beispiel ist das Medianeinkommen zufällig auch das Durchschnittseinkommen, denn die Summe der Einkommen ist 66000, der Durchschnitt 6000.
Wenn jetzt die bestverdienende Person ihr Einkommen verzehnfachen könnte, also künftig 110000 verdient, bleibt das Medianeinkommen gleichwohl unverändert, denn es verdienen weiterhin 5 Personen mehr als der „Median“ und 5 Personen weniger. Das ist auch so beabsichtigt, den „Ausreißereinkommen“ im oberen Bereich sollen den Median nicht beeinflussen. Das Durchschnittseinkommen würde aber exorbitant steigen, nämlich die Summe stiege auf 165000 (66000-11000+110000), so dass das Durchschnittseinkommen auf 15000 (165000:11) stiege, so dass nur noch einer von den 11 Leuten überhaupt den Durchschnitt überstiege. Dieser hier vorgekommene Denkfehler wird immer wieder gemacht.
Die Einkommensdefinition über das Medianeinkommen halte ich auch für einen ziemlichen Mist. Man löst das Problem aber nicht mit Scheinargumenten, die an der Sache vorbeigehen.
Danke für den Hinweis. Dieser Satz ist in der Tat falsch und Ihre Kritik ist berechtigt. Ich lasse den Satz streichen. Ärgerlich: Denn ich hatte den Fehler schon entdeckt und für die Buchfassung beseitigt, aber in dieser Version war er noch drin. Umso besser, dass Sie ihn gefunden haben. Die anderen Beispiele zeigen aber genau das, was gemeint ist und sind auch korrekt. Danke für den Hinweis. Lg zt
Das ist Korinthenkackerei:
es gibt bekanntlich zwei übliche Ansätze, der eine ist 60% des Medianeinkommens, der andere ist 50% des Durchschnittseinkommens. Nehmen Sie die Variante 2 und das Gedankenexperiment von Hr. Zittelmann passt wieder. Aber ich stimme Ihnen trotzdem zu: beide Definition sind sozialistischer Schwachsinn oder eben linke Boshaftigkeit. Es macht durchaus Sinn ,die Ungleichheit zu messen , z.B. über das bekannte Gini-Maß; die Existenz von Armut aber daran zu koppeln, läuft darauf hinaus, dass für jede nicht entartete Einkommensverteilung Armut existiert-unabhängig davon wie es absolut um den Wohlstand steht.D.h es wird per definition solange Armiut existieren, solange nicht alle gleich viel verdienen ( degenerierte Einkommensverteilung)
Ungleichheit und Ungerechtigkeit ist nicht eingebildet.
Gleichheit muss nicht sein, aber Gerechtigkeit.
Ist es gerecht, dass eine Frau nach 40Jahren Arbeit weniger Rente erhaelt als ein unbekannter Fremder, der auf Jahre nichts arbeiten kann oder will?
Ich sage mal Nein.
Etwas Gerechtigkeit taete dem Land gut.
Richtig!
Ich verstehe nicht, was Ihr Punkt mit den in dem Beitrag diskutierten Themen zu tun hat.
Sind sie so limitiert in ihrem Geiste oder tun sie nur so?
Wer hier als „Flüchtling“ankommt wird fast genauso alimentiert wie jemand der 40 Jahre gearbeitet hat!
@Prissianer
Warum gleich so unwirsch und im Grunde beleidigend?
Habe ich verstanden. Aber nochmal: Was hat das bitte mit den im Artikel angesprochenen Themen zu tun. Oder schreiben Sie einfach zu jedem Kommentar einen Brief, der sich auf das Thema Flüchtlinge bezieht, egal, worum es in dem Artikel eigentlich geht?
ab Seite 313 im Buch „Das Kapital im 21. Jahrhudnert“ von Piketty wird es interessant. Die Struktur der Ungleichheit zeigt sehr deutlich wo der Hase im Pfeffer liegt. Diese dort aufgezeigten Zahlen sind schon erschreckend.