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Wenn der Staat übernimmt...

Meyer-Werft erstmals ohne AIDA-Aufträge

10.04.2025

| Lesedauer: 3 Minuten
Politik und Gewerkschaften machten im vergangenen Jahr aus der Meyer-Werft einen Staatskonzern. Jetzt ist die Werft raus bei AIDA: Die Reederei bestellt neue Schiffe bei der Konkurrenz. Nicht bekannt ist, warum die langjährige Partnerschaft endet. Oder kann es der SPD-Staatskonzern einfach nur nicht?

Die Meyer-Werft in Papenburg wird nicht mehr die nächsten Kreuzfahrtschiffe für die Reederei AIDA Cruises bauen. Die Reederei hat zwei Neubauten einer neuen Baureihe bei der Fincantieri-Werft in Italien bestellt. Das wurde gerade auf der weltweit größten Kreuzfahrtmesse in Miami bekannt. Danach sollen die beiden Schiffe mit jeweils 1200 Kabinen für 4200 Passagiere im Frühjahr 2030 und im Winter 2031/2032 ausgeliefert werden.

Damit sollen zum ersten Mal Schiffe einer neuen Klasse entstehen; die werden bei der halbstaatlichen Fincantieri-Werft und nicht mehr bei Meyer-Werft gebaut. So erklärt Pierroberto Folgiero, CEO von Fincantieri, stolz in einer Mitteilung:

„Wir fühlen uns geehrt, dass unser langjähriger Partner Carnival Corporation Fincantieri zum ersten Mal in unserer Geschichte mit dem Bau von Schiffen für AIDA Cruises beauftragt hat. Dieser Meilenstein bestätigt unsere Fähigkeit, das gesamte Portfolio der Carnival Corporation zu bedienen und gleichzeitig die langfristige Sichtbarkeit unserer Werften zu gewährleisten. Diese neuen Schiffe werden die fortschrittlichsten Technologien für Nachhaltigkeit und Effizienz verkörpern und die führende Rolle von Fincantieri und der Carnival Corporation als Innovationsführer in der Kreuzfahrtindustrie weiter stärken.“

Die Antriebe sollen für unterschiedliche Treibstoffe ausgelegt werden, darunter auch für verflüssigtes Erdgas LNG. Auch die Meyer-Werft wirbt mit anderen Antrieben für ihre Schiffe wie etwa LNG.

Noch nicht bekannt ist, warum die langjährige Partnerschaft nicht weitergeführt wird; immerhin ist der AIDA-Mutterkonzern, die Carnival Corporation in Miami, das größte Kreuzfahrtunternehmen der Welt.
In Papenburg hatten es SPD-Politik und Gewerkschaften im vergangenen Jahr geschafft, dass die Meyer-Werft in Papenburg ein Staatskonzern wurde.

Politik und Gewerkschaften benutzten eine der schwersten Krisen der Meyer-Werft. Das wichtigste Geschäft des fast 230 Jahre alten Unternehmens ist der Bau von Kreuzfahrtschiffen. Bis Ende 2019 lief das sehr gut, teilweise mussten Aufträge sogar aus Kapazitätsgründen abgelehnt werden. Doch während der Corona-Pandemie lag die Kreuzschifffahrt darnieder, schon gleich gar nicht wurden neue bestellt.

Im Auftragsbuch der Meyer-Werft stehen zehn Kreuzfahrtschiffe, ein Forschungsschiff sowie der Stahlbau von vier Offshore-Konverterplattformen; das seien Aufträge in Höhe von mehr als elf Milliarden Euro, so die Werft. Allerdings: Der volle Kaufpreis wird erst zu 80 Prozent bei Übergabe eines Schiffes beglichen. Zur Vorfinanzierung bereits bestehender Aufträge müssen jetzt 2,7 Milliarden Euro aufgebracht werden. Kredite wurden abgelehnt.

Bund und Land Niedersachsen forderten für eine Bürgschaft auch eine Beteiligung am Unternehmen. Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) nutzte den politisch geschaffenen Druck brutal aus und verlangte, dass sich die Werft angeblich „neu aufstellen“müsse. Ihm und dem rot-grünen Spektrum mitsamt Gewerkschaften in Niedersachsen war schon lange ein Dorn im Auge, dass Seniorchef Bernard Meyer in Luxemburg 2015 eine Holding gegründet hat, die über die Geschicke der Werft bestimmt, und er sich so Aufsichtsrat und Mitbestimmung vom Hals halten konnte.

Meyer konnte so selbst flexibel und schnell nach Marktlage entscheiden. Das war das Erfolgsrezept einer Reihe erfolgreicher mittelständischer Unternehmen wie etwa die Landmaschinenhersteller Krone oder Grimme. Sie alle sind meist aus kleinen Dorfschmieden hervorgegangen und konnten sich nur mit dem vollen Einsatz der Eigentümer Weltgeltung verschaffen.

Jetzt freuen sich SPD, Grüne und Gewerkschaftsfunktionäre über gut dotierte Aufsichtsratsposten, die sie unter sich aufteilen können. Das Grundproblem wollen sie allerdings nicht lösen: exorbitant hohe Kosten für Energie und Stahl sowie die überbordende Bürokratie Deutschlands. So konnte es dem derzeitigen Wirtschaftsminister Lies früher als Umweltminister nicht schnell genug gehen, die Energiequelle der Meyer-Werft, das Kernkraftwerk Grohnde abzuschalten. Als früherer Umweltminister peitschte er das Aus durch, lehnte Laufzeitverlängerungen ab.

Aus der Meyer-Werft wurde also eine Art VEB Meyer-Werft.

Dafür stellte die Meyer-Werft auf der Messe ein neues Konzept für die nächsten Kreuzfahrtschiffe vor: Schiffe für über 80-Jährige. Kennzeichen seien unter anderem breitere Korridore und altersgemäße Orientierungsmöglichkeiten an Bord. Tim Krug von der Meyer Werft Concept Development Group: „Wir haben daraus eine völlig neue Zielgruppe abgeleitet, welche wir ‚80+‘ genannt haben und uns einmal angeschaut, welche Bedürfnisse und Anforderungen eine solche Zielgruppe hätte.“

„Einfach formuliert gibt es heute Schiffe für jung, mittel und alt und in Zukunft wird es den Bedarf für eine unterteilte ältere Zielgruppe geben“, so Krug. Ihm ist allerdings wichtig, „dass wir hier nicht von einem Pflegeheim sprechen“.

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26 Kommentare

  1. Nun ja, liebe Papenburger, freut Euch schon mal auf einen Schrecken ohne Ende, Steuer-Euronen ohne Ende und dann auf ein (nicht überraschendes) Ende mit Schrecken.
    Die einzigen, die das freut, sind ahnungs- und befähigungslose Parteifunktionäre, die sich dadurch wieder viele, fette Pöstchen sichern.
    Geliefert, wie bestellt bzw. gewählt.

  2. Die Regierung von der Giorgia Meloni treibt die Reindustrialisierung in Italien voran. Die selbst ernannten Weltretter in Deutschland betreiben das Gegenteil.

  3. Wenn der Staat sowas als „Retter“ übernimmt, kann man sicher sein, dass dies der tatsächliche Anfang vom Ende ist.

    Vor ein paar Jahren war es die „Wunderwaffe“ Hartmut Mehdorn. Unter seiner „Führung“ war die Pleite sicher.

  4. egal, was passiert, eins ist sicher : es wird viel steuergeld verbrannt, und spd / grüne politiker machen sich die taschen voll.

  5. Es ging doch nur darum neue Planstellen für verdiente Genossen zu schaffen … Millionengehälter fürs rumsitzen und Maul aufreißen … wie bei VW und anderswo auch … so ist Rote und Grüne Politik = Opium für das Volk …

  6. Alles was die heutige Politik angreift, geht den Bach runter. In 10 Jahren gibt es die Meyerwerft nicht mehr.

  7. Produkte aus volkseigenen Betrieben verkaufen sich auf dem Weltmarkt eben nur über den Preis. Da passt wohl was nicht zusammen.

  8. Unbestätigten Berichten zufolge soll in Papenburg
    demnächst mit dem Bau des ersten Zerstörers der
    Merkel-Klasse begonnen werden.

  9. Das Kapital bewegt sich immer in Richtung Stabiliät und Vertrauen. Italien und Ungarn sind 2 EU-Länder, die beides vorweisen können. Die Wirtschaft in beiden Ländern befinden sich im Aufstieg.

  10. Bei Meyer werden demnächst Marine-Kreuzer statt Kreuzfahrtschiffe gebaut. 🙃

  11. AIDA ist die deutsche Betriebsstätte der italienischen Costa Crociere (das sind die mit dem gekenterten Schiff, abgesehen von dem wohl eher windigen Kapitän ansonsten sehr seriös, die Italiener sind eine alte Seefahrernation). Vielleicht hat sich die Geschäftsführung einfach für Buy Italian entschieden?

    • Vielleicht passen die neuen Schiffe auch nicht mehr durch die Ems.

  12. Im allgemeinen ist es guter Brauch, daß der Käufer eine rechtssichere Zahlungsgarantie abgeben muß, bevor sich der Hersteller aufmacht, das gewünschte Objekt zu produzieren und wer ins Obligo geht haftet dann für seine Zusagen und wird als Finanzier zur Zahlung verpflichtet und das ganze Prozedere ist jedem bekannt, der mit großen Summen hantiert und genau weiß worin die Tücken liegen könnten.

    Wenn nun die finanzierende Hausbank des Käufers eine Garantie ablehnt kommt somit ein Vertrag nicht zustande und das ist dann dessen Problem, denn Ansprüche auf nicht gezeichnete Verträge kann man nicht erheben und somit hat der Auftrag keine Gültigkeit und ist für den Hersteller ohne Belang und und nur Phantasterei um vielleicht noch die eigene Bank zu bewegen mit in die Finanzierung einzusteigen, was niemand macht, wenn er noch normal ist, es sei denn er quillt über durch Rendite, wo sich dann die Situation anders darstellen könnte.

    Unter dieser Voraussetzung könnte man vermuten, daß entweder der Käufer oder der Hersteller nur begrenzte Bonität besitzt und dann treten solche Zustände auf, wenn man glaubt den Fisch an der Angel zu haben und die Schnur reißt und der Mittagstisch damit zur Farce wird.

  13. Sind „hohe Energie- und Stahlpreise sowie die überbordende Bürokratie Deutschlands“ tatsächlich so neu, daß sich Carnival Corporation nun abrupt und umfänglich von seinem langjährigen Schiffbauer abwendet?
    Oder sind schlechte Erfahrungen mit Staatsfirmen der Grund? Daß Fincantieri halbstaatlich sei wie die finanziellen Konditionen (80%-Leistung erst bei Schiffübergabe) sollte eher dagegen sprechen.
    Carnival Corporation Entscheidung nährt den Verdacht, der langjährige „Werfteigentümer“ Bernard Meyer, der im Zuge der staatlichen Übernahme das Unternehmen unter „unharmarmonischen“ Umständen verließ, könnte „politisch“ gewirkt haben. Was man ihm angesichts der Unfairness von Bund und Land Niedersachsen moralisch kaum vorwerfen kann.

    • „schlechte Erfahrungen mit deutschen Staatsfirmen“ dürfte des Rätsels lösung sein.

  14. Na da haben die rotgrünen in Hannover doch ihr Ziel erreicht. Es ging ja von Anfang an um die Zerschlagung der Meyer Werft.

  15. Da ist AIDA also von der Meyer-Werft mit jetzt Staatsbeteiligung zu einer italienischen Werft mit schon deutlich längerer Staatsbeteiligung gewechselt und die je etwa ähnlich große Staatsbeteiligung (70 bzw. 80%) soll die Ursache sein?
    Bisschen einfach gedacht, oder?

    • Fincantieri hat keine Staatsbeteiligung, sondern wurde vom italienischen Staat gegründet, um deren Kriegsschiffe und Kriegswaffen zu bauen. Da man aber nicht dauernd neue Kriegsschiffe und Waffen braucht, haben die angefangen, auch andere Schiffe zu bauen.
      Dann haben sie ein US-Werftunternehmen aufgekauft und anschließend ein norwegisches mit 10 Werften. Auch bei den französischen Staatswerften haben die einen fetten Anteil gekauft.
      Staatsbeteiligung heißt eben in vielen Ländern genau das. In D heißt es, dass der Staat mit hunderten Beamtenwürstchen in alles reinredet, von dem diese Beamten keine Ahnung haben. Vor allem heißt es, dass der Aufsichtsrat mit Politikern geflutet wird, die von allem keine Ahnung haben aber trotzdem überall mitreden.

  16. Ich finde das ganz in Ordnung. Weniger Schiffsbau bedeutet auch weniger CO2-Ausstoß, weniger Schadstoffbelastung durch Schiffsmotore und vor allem auch weniger Belastung der Ems. Meyer sollte sich mehr auf kleine Schiffe beschränken, die auch ohne Emsvertiefung ausgeliefert werden können. Arbeiter, die nicht mehr benötigt werden, können in der ökologischen Landwirtschaft eingesetzt werden. Vorbilder haben wir doch genug in Rumänien, Bulgarien, Nordkorea,… .

  17. Die Meyerwerft hatte das Problem, über 2 mrd Bürgschaften zu bekommen, da die Bezahlung eines georderten Schiffs erst gegen Ende des Bauprozesses erfolgt. Offensichtlich war keine Bank bereit, diese Bürgschaft zu geben.

    Was dann folgt, ist mehr als seltsam: für 400 Mio übernimmt der Staat 80% und auch die Bürgschaft, die EU-Kommission prüft dies allerdings unter der Fusionskontrolle – und nicht bzgl staatlicher Beihilfen. Dabei ist es vollkommen klar, dass wir es hier mit Beihilfen zu tun haben, denn offensichtlich war niemand bereit, die Meyerwerft zu diesen Bedingungen zu kaufen. Hätte da jemand in Brüssel Deutschland einen Gefallen getan?

    Wenn nun die Aufträge für AIDA nicht nach Deutschland, sondern nach Italien gehen, könnte dies auch ein politisches Signal beinhalten, schliesslich ist die Mutter Carnival Cruise amerikanisch.

  18. Wer macht schon gerne mit unzuverlässigen rot-grünen Sozialisten, die unter dem „da muss ich scholzen“ Syndrom leiden, Geschäfte?

  19. „Nicht bekannt ist, warum die langjährige Partnerschaft endet.“

    Das ist schnell erklärt: die Meyer-Werft ist jetzt ein deutscher Staatskonzern. Und das bedeutet heutzutage Bürokratie, Irrationalität, Unzuverlässigkeit, Klimawahn, groteske Vorschriften und absolute Ineffizienz. Interessant als Partner ist der deutsche Staat nur für Betrüger und/oder Pleitefirmen wie Northvolt, die Subventionen abstauben wollen, aber doch nicht für ein langfristig planendes und seriöses Unternehmen. Gedankenspiel: wenn morgen der lokale AStA Ihre bisher bevorzugte Autowerkstatt übernehmen würde, würden Sie dann noch da hinfahren?

    • Sie haben noch absolute Inkompetenz vergessen in Ihrer Aufzählung.

    • Nicht nur, dass der AStA keine Autos reparieren könnte (können die überhaupt was?), die würden mir meine Karre gleich konfiszieren, weil böööses Auto! Ähnlich dürften internationale Reeder über die deutsche Bürokratie denken…

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