Die deutschen Autohersteller erleben zurzeit ein Wechselbad der Gefühle: kaum haben sich, Hersteller wie Zulieferer, in der gesamten Breite vom Corona-Einbruch des Vorjahres erholt – und feiern dieses Ereignis im ersten Halbjahr 2021 mit Rekordergebnissen und Nachfragespitzen teils über den Vor-Corona Bestmarken, schon droht neues Ungemach. Der Mangel an Halbleiter-Chips frisst sich langsam aber sicher durch die gesamte Wertschöpfungs-und Absatzkette, füllt Halden mit unfertigen Autos oder legt Fabriken still.
Experten rechnen für 2021 in der deutschen Autoindustrie mit Produktionseinbußen von bis zu 20 Prozent. Bezogen auf das deutsche Bruttoinlandsprodukt könnte laut Banken-Berechnungen durch die Produktionsausfälle ein Verlust von 35 Milliarden Euro oder einem Prozentpunkt Wachstumsverlust entstehen.
In der Weltautomobilindustrie wird 2021 aufgrund des Halbleitermangels mit einem Produktionsausfall in Höhe von über 5 Millionen PKWs gerechnet, könnten nur 75 Millionen statt 80 Millionen Autos verkauft werden.
Völlig ungewohnt müssen die Kunden in Deutschland teilweise über ein halbes Jahr auf ihr Wunschauto warten. Wobei die margenreichsten Fahrzeuge in den höheren Segmenten natürlich vorrangig produziert werden und die Zulassungsstatistiken schmücken. Und das Schlimme ist, dass auch noch bis Anfang 2023 Produktionsausfälle auftreten, Lieferfristen also noch länger werden können. Das ist eine völlig neue Erfahrung für die jetzige Generation, die bislang in ihrem Autoleben nur Rabattschlachten, keine Zuteilungsaufpreise kennen gelernt hat.
Automobilmarkt Juli 2021: Vorkrisenniveau weiter unerreicht
Trotz der Aufhebung der meisten Beschränkungen zur Pandemiebekämpfung brachen die Neuzulassungen im Juli mit rd 237.000 Pkw (-25 Prozent gegenüber Juli 2020) unerwartet stark ein. Dies ist der erste monatliche Rückgang nach vier Wachstumsmonaten in Folge und war der niedrigste Zulassungswert in einem Juli seit der Wiedervereinigung In den ersten sieben Monaten wurden 1,6 Mio. Pkw neu zugelassen. Damit wurde der Vorjahreswert zwar noch immer um 7 Prozent überschritten, das Vorkrisenniveau auf dem deutschen Pkw-Markt ist aber weiterhin nicht in Sicht. Gegenüber einem mittleren Juli der fünf Jahre vor der Pandemie beträgt das Minus in Deutschland 18,5 Prozent.
Dieser Rückgang um ein Viertel ist allerdings nicht konjunkturell bedingt, sondern resultiert zum einen als negativer Basiseffekt aus den hohen Zulassungszahlen des Vorjahres, als es nach dem harten Lockdown zu ersten Lockerungsmaßnahmen gekommen war. Der Hauptgrund liegt aber in der mangelnden Verfügbarkeit vieler Modelle aufgrund fehlender Halbleiter. Dies machte sich auch im Export bemerkbar: Die Lieferengpässe führten auch in vielen anderen europäischen Ländern zu unerwartet niedrigen Neuzulassungen.
Laut KBA verzeichnet unter den deutschen Marken einzig Opel (+16,0 Prozent) ein Absatzplus in der Zulassungsstatitik. Bei allen weiteren deutschen Marken zeigten sich Rückgänge, die bei Ford (-47,8 Prozent), Mercedes (- 37,6 Prozent) und Smart (-30,1 Prozent) am stärksten ausfielen. Trotz Einbußen von -16,6 Prozent wies VW mit 21,1 vH weiterhin den größten Anteil an den Neuzulassungen aus.
Die Beliebtheit von SUV & Co bleibt hoch. Mit 24,6 vH waren die meisten Neuwagen den SUVs zuzuordnen (-15,5 %). Die Kompaktklasse erreichte trotz eines Rückgangs von -35,8 Prozent einen Anteil von 18,0 vH und war damit das zweitstärkste Segment vor den Kleinwagen (14,5 Prozent/-27,0 vH) und den Geländewagen (10,6 Prozent /-18,9 vH).
Bei den Importmarken übertrafen einzig Tesla (+140,9 Prozent) und Land Rover (+2,6 Prozent) ihr Zulassungsergebnis des Vorjahresmonats. Mit einem Neuzulassungsanteil von 5,5 vH blieb die VW-Tochter Skoda die anteilsstärkste Importmarke in der Monatsbilanz.
Die Zulassungen von Diesel-Pkw kamen nur noch auf 46.660 Neuzulassungen (- 48 Prozent gegenüber Vorjahr). Ihr Marktanteil fiel auf 19,7 vH (Juli 2020 28,4 vH). Es ist nach dem Vormonat das zweite Mal seit März 1999, dass der Dieselanteil unter die 20 Prozent-Marke fällt.
Die Elektro-Neuzulassungen stiegen im Juli gegenüber dem Vorjahresmonat um 55 Prozent auf 55.650 Einheiten. Der Anteil von E-Pkw an den gesamten Neuzulassungen betrug somit 23,5 vH. Die Neuzulassungen von rein batterieelektrischen Pkw (BEV) legten um 52 Prozent zu, die von Plug-In-Hybriden (PHEV) um 58 Prozent.
Lage Automobilindustrie
Schreckensmeldungen von der Klimafront und die schlimmen Folgen diverser Unwetter nebst Schäden zeigten Wirkung: Die Kundschaft hielt sich zurück. Die neuen Aufträge aus dem Inland blieben im Juli 21 Prozent unter dem Vorjahresniveau. Seit Jahresbeginn beträgt das Plus knapp 7 Prozent. Das Auslandsgeschäft präsentiert sich aktuell nur etwas besser: Hier verbuchten die deutschen Hersteller im Juli einen Rückgang der Order von 14 Prozent. Seit Januar gingen jedoch 24 Prozent mehr Aufträge aus dem Ausland ein.
Die Pkw-Produktion in den deutschen Automobilwerken ging im Juli erneut zurück. Insgesamt wurden 246.600 Pkw gefertigt (-25 Prozent). In den ersten sieben Monaten belief sich die Inlandsproduktion auf knapp 2,0 Mio. Pkw (+9 Prozent). Nach wie vor bleiben die Lieferengpässe bei Halbleitern ein Hindernis für die Produktion.
Als Folge der Produktionsausfälle fiel auch der Export im Juli deutlich. Lediglich n 172.200 Pkw (-27 Prozent) wurden exportiert. Im bisherigen Jahresverlauf wurden 1,5 Mio. Pkw (+11 Prozent) an Kunden aus aller Welt ausgeliefert.
Quelle: VDA
Prognose 2021
Die Prognose für die nächsten zwölf Monate ist durchwachsen. Die schlechte Verfügbarkeit von Halbleitern ebenso wie rapide steigende Preise für Frachten, Vormaterialien und importierte Rohstoffe trüben den Ausblick.
Der Lagebewertung der Automobilwoche ist voll zu zustimmen:
- Dabei sind die allgemeinen Rahmenbedingungen speziell in Deutschland sehr gut.
- Der Auftragsbestand ist hoch und das Vertrauen der Industrie und der Verbraucher ist weiter gestiegen. Das Verbrauchervertrauen hat das Vorkrisenniveau wieder erreicht und der Vertrauensindex der Industrie ist auf dem höchsten Stand seit Beginn der Erhebung im Jahr 1985. Der Ifo-Geschäftsklimaindex hat sich ebenfalls wieder über das Niveau von Anfang 2020 hinaus erholt.
- Damit ist bezüglich dieser Frühindikatoren diese Krise schneller überwunden worden als die Wirtschafts-und Finanzkrise Ende 2008 beziehungsweise Anfang 2009.
Alles dieses zusammengenommen hätte – eine weitere Beherrschung der Covid-19-Pandemie in Deutschland vorausgesetzt – für eine Fortsetzung der kräftigen Erholung der Autoindustrie in den kommenden Monaten gesprochen. Allerdings ist bereits abzusehen, dass die mangelnde Verfügbarkeit von Halbleitern diese Erholung stark dämpfen wird.
Die Prognose 2021 wird von der Frage der Lieferfähigkeit bestimmt. Die ursprünglich hier geäußerte Prognose von 3,1 Millionen Neuzulassungen wäre unter günstigen Voraussetzungen sogar überschritten worden.
Aufgrund der aktuellen wie anhaltenden Halbleiterproblematik werden sich die bereits angekündigten Produktionsausfälle bei allen Herstellern bis Jahresende nicht mehr kompensieren lassen. Für das Gesamtjahr 2021 scheint daher eine Prognose von 2,9 Millionen Neuzulassungen realistisch (- 0,6 Prozent gegenüber 2020). Das mittlere Ergebnis der Jahre 2015 bis 2019 würde damit laut Automobilwoche um fast 15 Prozent verfehlt. Es wäre das niedrigste Jahresergebnis seit der Wiedervereinigung.
Aufgeschoben ist nicht aufgehoben! Der in 2021 nicht gedeckte Bedarf verschiebt sich nach 2022 ff!
***Neuen E-Autos Schrott kauft nur wer Subventionen mitnehmen will wie Pflegedienste.****
Pflegedienste haben längst erkannt dass diese Fahrzeuge auch ohne Subvention günstiger im Unterhalt sind da die Wartungskosten deutlich niedriger sind
****Gebrauchter E-Autoschrott ist unverkäuflich.****
das ist aber kein Problem der Technologie sondern der Tatsache geschuldet dass jedes Fahrzeug 9000€ Förderung erhält. Warum sollte man sich also einen jungen Gebrauchten holen. Und ALTE Gebrauchte gibt es schlichtweg noch nicht.
Erinnern sie sich noch an die jungen Gebrauchtfahrzeuge zur Zeiten der Abwrackprämie?
****Kein Händler kann das Garantierisiko für die Batterie übernehmen.****
Muss er auch nicht, die Hersteller selber geben in der Regel 4 bis 8 Jahre Garantie auf die Akkupacks. Und selbst wenn sie es nicht täten, die Batterie-Degradation lässt sich bei den allermeisten Fahrzeugen innerhalb von Sekunden per OBD Diagnose auslesen. Dort sieht man dann schwarz auf weiss wie es sich mit den Akkus verhält. Können sie das beim Verbrenner auch? Können sie sofort erkennen ob der Vorbesitzer den Wagen kalt getreten hat oder wie hoch der Ölverbrauch ist?
*****Die EU Irrsinnsvorgaben für elektronisches Spielzeug in Neufahrzeugen schreckt immer mehr Käufer ab.***
Ich glaube sie leben in einer anderen Welt. Das elektronische Spielzeug ist derzeit so gefragt dass nahezu kein Hersteller mit der Auslieferung hinterherkommt.
Mir scheint dieses ganze Gerangel um die Halbleiter ein vorgeschobenes Argument zu sein. Vor Corona war die Nachfrage nach Halbleitern wohl deutlich höher und wurde anstandslos gedeckt. Und jetzt, wo die Nachfrage noch immer nicht die Höhe vor Corona erreicht hat, soll das nicht mehr möglich sein??
Es gibt einen Handelskrieg zwischen China,Rußland und dem sogenannten „freien Westen“. Das wird jetzt als Lieferschwierigkeiten gebucht. Ach ja,ganze Hafenanlagen in China sind ja wegen dem „Virus“ stillgelegt.Container finden den Weg nicht mehr,von China nach dem Westen? HANDELSKRIEG HEISST DAS ZAUBERWORT!!!
Tja, schon witzig: Früher hat man sich ja köstlich über die DDR und deren Mangelwirtschaft lustig gemacht und jetzt erlebt man dasselbe im Kapitalismus.
Amüsant und es lässt mich fragen: Welche Vorteile hat denn der Kapitalismus gegenüber linken Systemen, wenn auch jetzt hier im Kapitalismus eine Mangelwirtschaft entsteht? – die 40h Woche kann es nicht sein.
Hallo poctichy, falls Sie es noch nicht gemerkt haben. Wir erleben keine Mangelwirtschaft im Kapitalismus sondern eine fröhliche Wiederauferstehung der DDR. Ist ja auch kein Wunder, wer eine Kommunistin als Vortänzerin engagiert bekommt das was die Dame kann, nämlich Sozialismus… Schönen Tag noch und frohes aufwachen
Globalisierung ist ja per se nicht böse. Sofern die Gesetze des Freien Marktes und auch die Verantwortung nicht durch die Politik selektiv ad absurdum geführt werden.
Das Problem der Völker dieser Erde sind Elitedarsteller mit Hang zu Gier. Diese Darsteller würden unter normalen Voraussetzungen in einem freien Markt kaum eine Chance haben soviel Geld und Macht für Schlechtleistung zu bekommen.
Mein alter Golf 1 aus 1978 braucht keine Halbleiter. Okay. Mit Ausnahme des Radios.
Ich genieße das, was hier abläuft. Alles mit Ansage.
Die deutschen Autohersteller erleben zurzeit ein Wechselbad der Gefühle und sind an ihrem Debakel maßgeblich selbst schuld. Es ga in Deutshcland mal eine Halbleiterindustrie. Mit ihrem massiven Druck auf die Zulieferfirmen, sorgte die deutsche Automobilindustrie für die Auslagerung ins billigere Ausland, also China.
Bis heute ist mir absolut schleierhaft, wie die deutsche Automobilindustrie so schnell, so stark an Einflussmacht in der Politik, der EU verlieren konnten.
Kein Mitleid.
Mittlerweile ist man versucht, sich über alles zu freuen, was dem politischen Personal weniger Mittel in die Kassen spült, um ihre sinnlosen Vorhaben umzusetzen. Dann muss halt der Michel stärker direkt abkassiert werden, das merkt er wenigstens.
„Great Reset“, wie ihn sich Schwab und Merkel mit ihrer „Großen Transformation “, dem radikalen Umbau der Weltwirtschaft vorstellen, wirken bereits an allen Ecken und Enden, demzufolge auch im Automobilbau. Jeder sollte sich mit dem Thema beschäftigen und am Besten Schwabs aktuelles Buch, erschienen im letzten Jahr, lesen.
Halbleitermangel? Oft gelesen, aber nie auch nur halbwegs plausibel begründet. Sind Produktionsstätten zerstört? Produzieren die für besser zahlende Kunden, und wenn ja, für wen? Welche Markt boomt so dermaßen, dass alle Halbleiterproduzenzten an der Kapazitätsgrenze arbeiten?
Oder…, geht es um künstliche Verknappung, lässt China die Muskeln spielen? Europa ist in Punkto Halbleiterfertigung auf Gedeih und Verderb dem Reich der Mitte ausgeliefert.
Mußte ja hier alles weg, zu teuer, Outsourcing.
Was die Halbleiter betrifft, von Konsumprodukten gar nicht erst zu reden, sind wir bereits vollständig von Asien abhängig, und eine weitere, noch viel bedeutsamere Abhängigkeit wird bald folgen, die Aufrechterhaltung unserer Energieversorgung durch Kohle- und Kernkraftwerke der europäischen Nachbarländer.
Verstehe ich auch nicht, dass da ein Mangel sein soll. Die asiatischen Länder hatten weitaus weniger Lockdowns oder gar keine, schon gar nicht in der Produktion. Ich vermute, dass die Chinesen alles aufkaufen.
Und weil bei uns die Automobilindustrie eh keinen Bock mehr hat, kümmert man sich einfach nicht mehr.
Das wesentliche Manko ist aber, dass man Schlüsselindustrien wie die Halbleiterproduktion bei uns nicht aufgebaut hat, nicht mal irgendwo in Europa. Wir haben uns sehenden Auges von Asien abhängig gemacht.
Wie immer kann man nur bemerken, daß es falsch ist – und für die Autoindustrie, aber auch die gesamte Wirtschaft – den Mangel an Halbleitern Corona oder den Lockdowns der Regierung in die Schuhe zu schieben. Nicht zu vergessen, einer Regierung, deren sie Agenda sie regelmäßig abzufeiern belieben.
Das Konstrukt der „internationalen Arbeitsteilung“ (üblicher Euphemismus) oder, noch verschleiernder „gestörter Lieferketten“ ist ganz einfach der Eintritt des Scheiterns von etwas, was immer eine reine Schönwetterveranstaltung gewesen war, angewiesen auf die windarmen Zeiten zwischen dem Ende des kalten Krieges und dem Ende dieser Hippiewelt in den späten 2010ern.
Der Kollateralschaden ist ja nicht nur der grassierende Mangel an Prozessoren oder Halbleiterelementen. Das ist nur das oberflächliche Symptom, aber nicht die Krankheit. Sie hat noch weitere, viel gravierendere Symptome, die von den Entscheidern in Wirtschaft und Politik aber über die Jahre billigend oder ignorierend imkaufgenommen wurden – weil sie den eigenen Gewinn zu maximieren halfen und die gesellschaftlichen Kosten und Schäden scheinbar folgenlos sozialisiert werden konnten. Seit den 1970ern sind große Teile der schweren und fast die gesamte feinmechanische und elektronische Industrie aus Deutschland, Europa und Nordamerika nach Asien verlagert worden. Millionen von vor allem Männern ohne Regenbogenstudienabschluss verloren ihren Arbeitsplatz, oft ihre Existenz und fast immer ihre Würde. An ihre Stelle trat eine akademisierte Gesellschaft von Frauen und ihren femininen, leistungsarmen Männern, mit einer aus der 3. Welt und dem Balkan importierten Handlangerschicht – eben das, was wir heute haben. Für den Rest gab es RTL2 und Zeitarbeit.
Es ist aus meiner Sicht völlig sinnlos, die jetzige Krise zu diskutieren, wenn man nur den aktuellen Mangel beklagt und ansonsten eine hurtige Rückkehr zum Zustand ante bellum erhofft. Die Karawanen ziehen ohnehin weiter. Europa ist als Absatzmarkt nicht wichtig – auch das wurde von den Outsourcern und Verlagerern immer verdrängt. In China weiß man sehr wohl, daß man den deutschen Maschinenbau lahmlegen kann wie jetzt die GdL die Bundesbahn, wenn man sie nicht mehr mit Gütern beliefert, die die einheimischen Hersteller auch benötigen. Wenn der Hersteller von Halbleitern in Shenzhen entscheiden muß, ob er seine Bausteine dem Hersteller Cherry oder Polestar in China liefert – also zu Hause und oft um die Ecke – oder nach Deutschland an Mercedes, dann weiß er, was die Partei erwartet. Von daher: Das wird nie wieder wie früher. Früher aber, Herr Dr. Becker, wurden für einen VW oder Opel mindestens 95 Prozent aller Teile in Deutschland gefertigt. (oder für Waschmaschinen, Telefone oder Rasenmäher) Das ist noch keine Jahrzehnte her. Heute? Nicht mal das Blech kommt noch von hier, sondern aus Indien, seit Thyssen seine Stahlwerke dichtgemacht hat.
Die wirtschaftlichen Eliten, und Herr Dr. Becker, der, soweit ich weiß, früher Chefvolkswirt bei BMW war, gehört dazu, werden sich von der Globalisierung verabschieden müssen. Sie werden es nicht wollen, weil sie eingestehen müßten, sich geirrt zu haben, das hat nicht nur eine Angela Merkel drauf. Ich habe mich oft gefragt, warum sie in den Vorstandsetagen so fiebrig alles in den fernen Osten geschafft haben. Natürlich, das Geld. Ihre Boni. Aber es ist mehr. Es ist das gleiche wie in der Politik. Unsere Politiker, der Wahlkampf, das Auftreten der Funktionäre, die wir wählen sollen, beweist es erneut, leben in ihrer eigenen parallelen Welt. Ein Finanzminister, der nicht weiß, was der Liter Benzin kostet, nicht mal näherungsweise. Dito die Manager. Ja, da flogen sie nach China, nach Thailand, nach Mexiko und eröffneten die neue Fabrik. Im Firmen-Learjet nonstop, dann in die üblichen Fünfsternehotels, die weltweit gleich aussehen, so wie Golfplätze oder Nobelrestaurants. Oder Jachten.
Sie wissen nichts von dem, was sie hier hinterlassen haben. Die Schäden verbergen sich unter der Firniß des Sozialstaates und dem stillen Elend der Plattenbauviertel. Dort, wo aus einst stolzen Facharbeitern Callcenter-Agenten (über die Zeitarbeit) oder befristete Paketfahrer wurden. Und nein: VWs Ableger in China (der nicht mal wirklich VW ist), das BMW-Werk in Spartanburg North Carolina bezahlt eben nichts hierzulande. Es bezahlt nicht die 1500 Euro Betriebsrente, die der Arbeiter von BMW Dingolfing 2036 erwarten wird.
Jetzt, liebe Volkswirte, liebe Manager, wenn ihr stirnrunzelnd die Absagen der Lieferanten zur Kenntnis nehmt, eure Bänder stillstehen, erlebt ihr ZUM ERSTEN MAL nur ein bißchen, was Ihr hier für Millionen angerichtet hattet.
Und zum Schluss noch das: In der Lausitz lebt man nicht nur, aber doch hauptsächlich von der Braunkohle und den Kraftwerken, sicher auch ein paar von der Sauergemüseproduktion, ich mag die Spreewälder Gurken auch am liebsten. Die Grünen, die SPD und die CDU werden Euch nun in ein paar Jahren diese Arbeitsplätze wegnehmen. Ich meine, Ihr habt das doch alles schon mal durch, 1990, als sie die ganzen Kombinate einfach dichtgemacht haben. Oder die kleinen VEBs, deren Namen lange vergessen sind und die den „Plattenbaubewohner mit Fensterkissen“ produzierten, wie ich damals höhnisch in der FAZ las (es ging glaube ich, um das Wahlergebnis der NPD in Forst an der Oder oder so). Jetzt geht das also wieder los. Und wie wird wohl das Wahlergebnis im südlichen Brandenburg bei der kommenden Wahl lauten? Richtig: SPD 35%! Linkspartei 25%, Grüne 10 %. Woidke und Scholz, die schaukeln das. Also fragt mal Eure 70-jährigen, das sind die, denen sie 1991 oder 1993 den Arbeitsplatz weggehauen haben. Wie das so war mit „Umschulungen“ oder Fernpendeln nach Schwäbisch Gmünd, also Sonntags um 18 Uhr ins Auto und dann mit Vollgas runter ins Schwabenland. Ich erinnere mich noch immer an diese Ralley auf der A4 zwischen Eisenach und Bad Hersfeld, die Mazda 323 oder Hyundai Lantras, die mit Kennzeichen wie SFB oder OSL an mir auf letzter Rille vorbeikachelten.
Laßt Sie Euch wegnehmen, Eure Jobs im Tagebau oder der Kraftwerkstechniker, der die Dampfturbinen wartet. Wählt Scholz, Laschet und Lindner, oder Baerbock. Sie werden Euch das zweite Gleis nach Berlin bauen, dann kommt irgendein „Bundesamt für …“ nach Cottbus (was ist mit Lübbenau oder Schwarzheide oder Lauchhammer?) und – es werden junge studierte Frauen aus Berlin-Friedrichshain zu Euch pendeln, zweimal die Woche (der Rest Homeoffice in der Berliner Altbauetage) und wenn ihr Glück habt, werdet Ihr dort Pförtner oder Gärtner oder serviert ihnen Kaffee Latte im Bahnhof von Cottbus. Dessau hat das mit dem Umweltbundesamt schon durch, ich schätze da pendelt die Hälfte aus Berlin, die andere aus Leipzig-Connewitz?
Noch habt Ihr die Wahl. Die Manager auch. Aber ich kenne meine Pappenheimer. Die Manager haben jetzt ihre „Lieferkette“, Ihr habt bald nichts mehr.
Danke für diesen Beitrag
Weitgehendst realistisch und gut getroffen
Vielen Dank Herr Hellerberger! Gute Analyse. Ich habe viele Freunde in
Sachsen, die Meisten wursteln sich so durch, irgendwie. Einige haben
es nach der Wende nicht geschafft und sind erkrankt und ohne Hilfe aus
dem Loch nicht wieder heraus gekommen. Und ähnliche Erfahrungen
wird es in den nächsten Jahren jetzt auch in den sogen. alten Bundes-
ländern geben. Geliefert wie gewählt.
Genau so ist es bzw. wird es sein.
Die Blaupausen für die künftige Entwicklung liegen vor. Erinnert sich noch jemand an den Untergang der maritimen Wirtschaft in MV (Werften, Reedereien, Fischfang, Fischverarbeitung, Zulieferer, …). Mittlerweile wird schon gefeiert, wenn sich „Klein“-Unternehmen vom Land mit Unsummen angelockt ansiedeln (und nach der Förderdauer wieder die Tore schließen).
Was die Automobiler angeht, die Situation ähnelt 2008/2009. Man nutzt die vermeintliche Krise, um sich zu „verschlanken“, schickt die Mitarbeiter in Kurzarbeit (auf Kosten der Allgemeinheit) und schüttet dennoch kräftige Dividenden aus. Moral … so was von „altmodisch“ …
Immer dieser Defätismus! Haben Sie die Wahlplakate denn noch nicht gesehen?
Uns erwarten Millionen gut bezahlter Jobs durch die gewendete Energie und bei den Grenztruppen des Klimas. So viele, dass „wir“ zusätzlich jährlich 400.000 hochqualifizierte Zuwanderer aus den High-Tech Nationen Afrikas und Arabiens benötigen.
Zynismus AUS!
Super Kommentar Herr Hellerberger! Jedoch werden die meisten diese Zusammenhänge erst auf die harte Tour erlernen.
Eigentlich kann man Autos ganz ohne Halbleiter bauen, eien Diesel sogar ohne Elektrik. Mit km,er höheren Anforderungen hat man den Autobau auf die Klippe getrieben.
man kann auch sein Haus ohne Elektrizität beleuchten und sich statt Wasser aus der Leitung zu holen einen Brunnen graben. Aber ich glaube dass die westliche Welt wohl keine Lust mehr darauf hat aus irgendeinem Grund ins Mittelalter zurückzukehren.