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Der Marktausblick

Neue Zoll-Drohungen – Verschnaufpause nach Rekordniveaus – Millionäre wandern aus

von Redaktion

14.07.2025

| Lesedauer: 5 Minuten
Nach den jüngsten Rekorden an den US-Börsen hat sich die Stimmung unter den Anlegern am Freitag eingetrübt. Die Zollsorgen sind zurückgekehrt, denn US-Präsident Donald Trump will pauschale Tarife für etliche Länder auf 15 bis 20 Prozent anheben. Gegen Kanada verhängte er sogar Zölle in Höhe von 35 Prozent.

Der Dow Jones Industrial sank um 0,6 Prozent auf 44.372 Punkte und büßte im Wochenverlauf ein Prozent ein. Der S&P 500 gab um 0,3 Prozent auf 6.260 Zähler nach. Der technologielastige Nasdaq 100 verlor 0,2 Prozent auf 22.781 Punkte. Auch diese beiden Indizes schwächelten damit auf Wochensicht, hatten allerdings – anders als der Dow – in den vergangenen Tagen Rekordhöhen erklommen.

Marktexperten hatten angesichts der jüngsten Zoll-Beschlüsse Trumps auf dem aktuell hohen Bewertungsniveau der Märkte Gewinnmitnahmen erwartet. Die neue Breitseite gegen US-Handelspartner habe wieder etwas mehr Angst ausgelöst, schrieb Rajeev De Mello, Portfoliomanager beim Vermögensverwalter Gama Asset Management in Genf. Zugleich richte sich der Blick bereits auf die in Kürze startende Berichtssaison, sagte ein weiterer Experte. Was die Unternehmen angehe, blieben die Anleger optimistisch und das halte sie bei der Stange. Des Zollthemas seien viele inzwischen müde angesichts der ständig neuen Ankündigungen.

Unter den „Magnificent 7“ (Alphabet, Amazon, Apples, Meta, Microsoft, Nvidia, Tesla) setzten Nvidia ihren Rekordlauf fort und kletterten bis knapp unter 168 US-Dollar. Der KI-Chipvorreiter hatte bereits am Mittwoch als weltweit erstes Unternehmen einen Börsenwert von vier Billionen US-Dollar erreicht. Mit einem Plus von 0,5 Prozent gingen Nvidia-Aktien aus dem Handel. Amazon gewannen 1,2 Prozent. Die Aktie des US-Handelsgiganten profitierte von einem Analystenkommentar. Brian Nowak von Morgan Stanley hob das Kursziel von 250 auf 300 US-Dollar an und traut der Aktie im Idealfall sogar einen Kurs von 350 Dollar zu. Er hält die Zollbelastungen für Amazon inzwischen für gut stemmbar, sieht Gründe für ein noch dynamischeres Cloud-Geschäft und bekräftigte, dass das Papier einer seiner „Top-Favoriten“ sei. Schlusslicht unter den „glorreichen Sieben“ waren die Papiere von Meta mit minus 1,3 Prozent.

Gerüchte über neue Gebühren von JPMorgan brachten im Handelsverlauf Aktien von Kreditkartenanbietern und Finanztech-Unternehmen wie Visa, Mastercard und Paypal mit Verlusten zwischen 2,2 und 5,7 Prozent unter Druck. Wie die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Verweis auf mit der Angelegenheit vertraute Personen berichtete, wolle die US-Bank für den Zugang zu den Kontodaten ihrer Kunden Gebühren in einer Gesamthöhe erheben, die in die Hunderte von Millionen Dollar gingen. Die Gebühren würden entsprechend der Nutzung der Daten variieren, hieß es. Sie sollen im Jahresverlauf in Kraft treten und stünden noch nicht endgültig fest.

Im Lebensmittelbereich standen Übernahmen und Ausgliederungsspekulationen im Fokus. Dass der Lebensmittel-Großhändler US Foods Kreisen zufolge seinen Konkurrenten Performance Food schlucken will, sorgte für eine Fortsetzung des Rekordlaufs dieser Aktie. Sie legte um 4,8 Prozent zu. Die ebenfalls gut gelaufenen Titel von US Foods hatten zum Handelsauftakt ein Rekordhoch erreicht, stiegen letztlich dann aber nur um 0,4 Prozent. Für die Kraft-Heinz-Aktie ging es um 2,5 Prozent nach oben. Hier berichtete das „Wall Street Journal“, dass der Lebensmittelkonzern erwäge, einen großen Teil seines Lebensmittelgeschäfts auszugliedern.

Zuvor hatten bereits in Frankfurt die neuen Zolldrohungen von Donald Trump die Rekordjagd des Dax vorerst beendet. Der US-Präsident erwägt pauschale Strafzölle von 15 oder 20 Prozent auf Importe aus der Europäischen Union. „Die Investoren stecken in einer Art Schockstarre fest, da das weitere unkonventionelle diplomatische Vorgehen der USA ein unschönes Gefühl in der Magengrube hinterlässt“, kommentierte Marktbeobachter Andreas Lipkow. Vor dem Wochenende steige die Nervosität besonders, da die Anleger am Montag nicht auf dem falschen Fuß erwischt werden wollten.

Der Dax schloss gut 0,8 Prozent im Minus bei 24.255 Punkten. Am Donnerstag hatte der deutsche Leitindex noch einen Höchststand bei 24.639 Zählern erreicht. Nach rund 24 Prozent Plus im laufenden Jahr fehlten dann jedoch die Anschlusskäufe. Auf Wochensicht hat der Dax trotzdem immer noch um zwei Prozent zugelegt. Der MDax der mittelgroßen Börsenunternehmen gab um 0,9 Prozent auf 31.354 Punkte nach.

Neben der Drohung in Richtung EU hatte Trump außerdem neue Zölle gegen Kanada in Höhe von 35 Prozent verhängt – trotz Verhandlungen mit dem Nachbarland. Es sei besorgniserregend, dass die Gespräche im Ergebnis weitestgehend zwecklos gewesen seien, stellte Marktanalyst Jochen Stanzl vom Broker CMC Markets fest. Dieses Schicksal drohe auch Europa. „Im schlimmsten Fall entpuppen sich sämtliche Verhandlungen als bloße Show, um am Ende doch die hohen Zölle erheben zu können.“

Unternehmensseitig schauen die Anleger zunehmend auf die kommende Woche startende Berichtssaison. Jefferies-Analystin Chloe Lemarie erwartet eine gute Halbjahresperformance des Triebwerksbauers Rolls-Royce. Möglicherweise könnten die Briten sogar ihre Jahresziele nach oben präzisieren. Das schob die Aktien von Konkurrent MTU um gut ein Prozent an, womit sie zu den wenigen Gewinnern im Dax gehörten.
Der frühere Dax-Konzern Covestro, der mittlerweile mehrheitlich dem Ölkonzern Adnoc aus den Vereinigten Arabischen Emiraten gehört, senkte seine Prognose für das laufende Jahr. Der Kunststoffkonzern verwies auf die anhaltend schwache Konjunkturlage und sieht keine Anzeichen für eine kurzfristige Erholung. Die Aktien des Chemiekonzerns BASF büßten daraufhin ebenfalls fast zwei Prozent ein. Mehrere Analysten hatten befürchtet, dass auch dieser demnächst eine Gewinnwarnung herausgeben könnte. Nach Börsenschluss kappten die Ludwigshafener tatsächlich ihre Jahresprognose für das operative Ergebnis.

Schlusslicht im SDax waren Stabilus mit Kursverlusten von mehr als neun Prozent auf 25,35 Euro. Warburg-Analyst Marc-Rene Tonn hatte zwar sein Votum für den Autozulieferer auf „Buy“ belassen, aber das Kursziel von 54 auf 44 Euro gesenkt. Das zweite Quartal dürfte eher schwach gewesen sein, das untere Ende der Jahresziele jedoch bleibe erreichbar.

Für Friedrich Vorwerk ging es als Spitzenreiter im Nebenwerteindex um gut neun Prozent nach oben. Analyst Nikolas Demeter vom Bankhaus Metzler erwartet, dass der Pipeline- und Anlagenbauer für Erdgas-, Strom- und Wasserstoffanwendungen seine Jahresziele anheben wird. Bereits mit den Zahlen zum Jahresauftakt habe Friedrich Vorwerk die Umsatz-Zielspanne nach oben hin eingeengt, was Demeter im derzeit günstigen Geschäftsumfeld aber für konservativ hält.

Derweil nimmt die Migration des Kapitals Tempo auf: Laut dem Henley Private Wealth Migration Report 2025 werden in diesem Jahr weltweit 142.000 Millionäre ihren Wohnsitz in ein anderes Land verlegen – ein Allzeithoch. Besonders betroffen: Großbritannien, Deutschland, Frankreich und Spanien. Großbritannien wird mit einem prognostizierten Nettoverlust von 16.500 High-Net-Worth Individuals (HNWIs) zum traurigen Spitzenreiter – mehr als doppelt so viele wie in China, das in den vergangenen zehn Jahren stets das Land mit den höchsten Abwanderungszahlen war. Auch Deutschland verliert laut der Studie netto 400 Millionäre – ein bislang einmaliger Wert für Europas größte Volkswirtschaft. Deutschland galt lange als stabiler Hort für Wohlstand und Investitionen. Doch nun scheint das Vertrauen der Reichen zu schwinden. Gründe sind unter anderem steuerliche Belastungen, wachsende Bürokratie sowie politische Unsicherheiten. Die steuerpolitische Debatte um Vermögensabgaben, das Auslaufen einiger Steuervergünstigungen und zunehmende Regulierungen im Immobiliensektor wirken abschreckend – besonders auf vermögende Familienunternehmer und internationale Investoren, fasst der Report zusammen. Auch Frankreich (–800), Spanien (–500), Schweden (–50), Irland (–100) und Norwegen (–150) werden in diesem Jahr voraussichtlich mehr Millionäre verlieren als gewinnen. Damit geraten die klassischen Wohlstandszentren Europas zunehmend unter Druck.

Bei den Zielländern liegen die Vereinigten Arabischen Emirate, allen voran Dubai, mit einem erwarteten Zuzug von 9.800 Millionären vorne. In Europa verzeichnen insbesondere die Schweiz (+3.000), Italien (+3.600), Portugal (+1.400) und Griechenland (+1.200) starke Nettozuwächse. Die Zuwanderung werde getragen von attraktiven Steuerregimen, hoher Lebensqualität und gezielten Programmen zur Förderung von Investorenansiedlung, schreiben die Autoren. Die Entwicklung stelle tradierte Muster auf den Kopf: Die neue Achse des Reichtums verlaufe durch den Süden Europas: Städte wie Lissabon, Athen, Mailand und Zug würden zu bevorzugten Wohnsitzen für Wohlhabende. Auch kleinere Länder holten auf: Malta (+500) und Montenegro (+150) gehören laut Henley-Report zu den am schnellsten wachsenden Millionärsmärkten der letzten zehn Jahre.

Besonders dramatisch sei die Entwicklung im Vereinigten Königreich. Höhere Erbschafts- und Kapitalertragsteuern sowie eine Aufweichung der früher sehr vorteilhaften Regeln für sogenannte „Non-Doms“, hätten zu einem Exodus geführt. In der Tat sprechen manche in Anlehnung an den „Brexit“ (den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU) schon vom „Wexit“ (Wealth Exit).

Der britische Fall sollte als Warnsignal auch für Deutschland dienen. Der internationale Steuerwettbewerb verschärft sich, ebenso wie der Wettbewerb um Talente, Investitionen und Innovationskraft. Eine moderate Besteuerung, Rechtssicherheit und unternehmerfreundliche Politik sind die Stellschrauben, an denen die Regierung drehen könnte. Bislang sieht es allerdings nicht danach aus, als wolle sie da etwas unternehmen. Statt Standortsicherung steht immer noch Umverteilung ganz oben auf der politischen Agenda.

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6 Kommentare

  1. Die Leistungsträger beginnen zu fliehen.
    „Gründe sind unter anderem steuerliche Belastungen, wachsende Bürokratie sowie politische Unsicherheiten.“
    Irgendwie ist es immer das Gleiche mit dem Sozialismus, am Anfang finden es viele gut, es muss nur „demokratischer und freier“ gemacht werden und am Ende steht immer eine Mauer mit Stacheldraht, um die Arbeitspferde im Land zu halten.

  2. Doch nun scheint das Vertrauen der Reichen zu schwinden.

    Entschuldigung! Aber wer jetzt noch nicht rennt, dem ist einfach nicht mehr zu helfen! Das Land verfasst gerade neue Reichsfluchtsteuern und Erben wird man bald auch nichts mehr dürfen wenn diese Wahnsinnigen so weiter machen!
    Nein umgekehrt wird ein Schuh draus! Wer jetzt nicht rennt der verliert bald ALLES!
    So wie 33! Da gab es auch viele die meinten es wird schon nicht so schlimm werden! Und wieder die gleiche Laier… doch es wird schlimm! Diesmal wird es noch zum Bürgerkrieg mit den „Neubürgern“ kommen!
    Darum RETTE SICH WER KANN! SO LANGE ER NOCH KANN!

    • Es wird keinen Bürgerkrieg mit den „Neubürgern“ geben. Wenn, dann hätten wir ihn schon. Wir werden unsere Kinder freiwillig zum Abstechen und Vergewaltigen zur Verfügung stellen. Wenn es Bürgerkrieg geben sollte, dann zwischen den „Gastarbeitern“ und deren Nachwuchs und den hier Reinwollenden. Was ich noch nicht abschätzen kann, ist der Emigrationseffekt hervorgerufen durch Seife, Bett, Brot und ASS. Und wohin die dann migrieren?

  3. Ich frage mich, welche Anteil an der finanziellen Problemen von GB haben folgenden Kosten:

    • Corona – Hysterie ist zwar vorbei (mit Russophobia ersetzt) aber die Kosten von damals sind die Schulden von heute und die sind nicht klein
    • CO2 Politik – das kostet sehr viel und GB hat die meiste noch vor sich
    • der Krieg gegen Russland, das kostet mehr als das Werfen der Bomben auf die braunen Menschen in Sandalen. Selbst die geklauten Milliarden werden hier nicht helfen auch wenn die Welt über den Diebstahl vergessen sollte.
    • die ungezügelte Migration wie in dem Globaler Pakt für eine sichere, geordnete und reguläre Migration wie in dem Globalen Pakt für eine sichere, geordnete und reguläre Migration – das kostet auch Milliarden.

    Brexit ist hier immaterial obwohl die verlogene und korrupte Elite des Landes sabotiert diese so wie sie kann. Alle diese Elemente alleine würden vlt das Land immer noch wachsen lassen aber zusammen, formen sie ein dickes Problem, das die Regierung nicht lösen kann, weil sie keine der 4 Elemente aufgeben will. In USA hat die Regierung CO2 und die offene Grenzen aufgegeben, sie hat aber mehr Kriege zu kämpfen, weil die böse Länder ihre Grenze gefährlich nah an den US Stützpunkte geschoben haben. Wir haben das gleiche Problem wie die Briten.

  4. „Neben der Drohung in Richtung EU hatte Trump außerdem neue Zölle gegen…“
    Man sollte auch schreiben, was u.a. die Kanadier für Zölle gegen die USA verhängten. Die verlangen nämlich seit ein paar Wochen für verschiedene Waren „Zusatzzölle“: https://www.gtai.de/de/trade/kanada/zoll/kanada-gegenmassnahmen-us-zoelle-1865038
    .
    Wie ist das in der EU? Wie hoch sind die Zölle, die momentan für US-Produkte gezahlt werden müssen – und ist uns hier eigentlich klar, dass wir als Konsumenten durch die Zölle, von der EU wie D auf Waren aus dem Ausland aufgeschlagen, viel mehr Geld ausgeben müssen, als vom Produzenten, egal wo auf der Welt, veranschlagt? https://x.com/WallStreetMav/status/1916698409827807580
    Und auf die verzollte Ware samt verzollte Transportkosten schlägt „unser Staat“ dann zudem noch die Mehrwertsteuer drauf?
    .
    Wenn Trump für die Abschaffung von Zöllen eintritt – tut er dann nicht auch uns Gutes?

    • Mich interessiert wie das alles sich auf den Kauf von US Militaria auswirken wird. Wenn die EU Zölle von ca. 20% auf diese Importe draufschlägt, dann kaufen wir entsprechend 20% weniger? Wir könnten auch auf alle US Waffen verzichten, weil zu teuer und zu schlecht und bei Chinesen, Koreanern, Inder oder Juden einkaufen. Das hätte doch was, wenn wir als Großabnehmer erst mal die F35 streichen würden. Dieses Zeug lässt sich bei der russischen Kriegsführung eh nicht einsetzen. Drohnen bei Amazon oder Ali Baba sind angesagt und wirksamer. Die Leos könnten wir dann auch stark reduzieren, weil nicht drohnensicher.
      Da kommen irre Zeiten und ich freu mich drauf.

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