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Sendung am 28.04.2022

Tichys Ausblick Talk: Was ist bloß aus der SPD geworden?

von Redaktion

28.04.2022

| Lesedauer: 2 Minuten
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Bei „Tichys Ausblick“ diskutieren Roland Tichy und Frank Henkel mit dem ehemaligen SPD-Politiker Thilo Sarrazin, dem Kommunikationswissenschaftler Norbert Bolz sowie dem Publizisten und Buchautor Holger Fuß.

Die SPD-Politik im Umgang mit Russland sorgt für Fassungslosigkeit. Solange wie es nur irgendwie ging, blockierten und verzögerten Bundeskanzler Scholz und Genossen die Waffenlieferungen an die Ukraine, nachdem man zuvor an Nord Stream 2 bis zum Schluss festgehalten hat. Viele fragen sich: Was treibt diese Partei an? Ist es eine überpazifistische Grundeinstellung? Oder stecken doch dichte Verstrickungen mit Moskau dahinter?

Diesen Fragen gehen Roland Tichy und Co-Moderator Frank Henkel in der aktuellen Sendung von Tichys Ausblick mit den Studiogästen auf den Grund.

Thilo Sarrazin war fast 50 Jahre Mitglied der SPD und lange Jahre in verschiedenen politischen Ämtern. Er hält die aktuelle SPD-Russlandpolitik für „gehobenen Slapstick“. Sarrazin erzählt aus dem Nähkästchen – etwa davon, wie absurd ihm der „Olaf“ seinen Parteiausschluss ankündigte. Sarrazin meint, große Teile der SPD hätten eine marxistische Grundsehnsucht niemals abgelegt. Man idealisiere die eigenen Russland-Verbindungen mit einer überhöhten pazifistischen Idee – dies habe dazu geführt, dass man nun als „Vereinigung von Putin-Verstehern“ ende.

Der emeritierte Professor und Medienwissenschaftler Norbert Bolz sieht die SPD ebenfalls „nostalgisch Richtung links“ orientiert. Ein alter „Pazifismus um jeden Preis“-Gedanke sei weiterhin stark verbreitet. Insofern finde Scholz mit seinem Zaudern auch viel Zustimmung. Seine Äußerungen, dass Deutschland durch Waffenlieferungen einen Atomkrieg auslösen könnte, hält er für absurd. Bolz fordert: Scholz müsse endlich Verantwortung übernehmen. Er sieht in seiner permanenten Warnung vor dem Atomkrieg ein „Kontinuum der Politik der Angst“ nach Corona und Klima.

Publizist und Autor Holger Fuß hat jahrelang im Inneren der SPD recherchiert und ein Buch darüber geschrieben (mit dem Titel: „Vielleicht will die SPD gar nicht, dass es sie gibt“). Er vermutet, Scholz müsse nach seinen ständigen 180-Grad-Wenden längst ein Schleudertrauma haben. Er sieht beim Bundeskanzler dennoch ein gewisses undurchsichtiges Kalkül; die Sorge vor der Atombombe hält Holger Fuß für vorgeschoben. In bestimmten SPD-Kreisen sei bis heute eine „unterschwellige Verwandschaftsmentalität Russland gegenüber“ vorherrschend.

Wer oder was steuert die SPD Richtung Eisberg – und Deutschland gleich mit? Was treibt die Riege Steinmeier, Scholz & Co.? Und ist das Ende der SPD als Volkspartei durch Scholz’ Wahlsieg nur hinausgezögert worden? Über diese und weitere Fragen wird gemeinsam diskutiert. 


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19 Kommentare

  1. Scholz ist mit seiner Politik nicht gescheitert. In einem Kommentar habe ich gehört, daß die Gepard-Panzer die maximal untauglichen Waffen sind, die man der Ukraine liefern kann. Die Ausbildung soll , da es das komplizierteste Waffensystem der Bundeswehr sein soll, mehrere Wochen dauern, da spezielle Computer zu bedienen sind. Das wird Putin sicher zu schätzen wissen.

  2. Die Frage, woher kommt die besondere Begeisterung für die ehemalige Sovietunion, könnte auch ebenso lauten, woher die momentane besondere Begeisterung für die Ukraine kommt. Beide Nationen liefern sich ein Kopf an Kopf Rennen um die oberen Tabellenplätze der Korruptionsliga und sind somit eigentlich keine zuverlässigen Handelspartner oder aufstrebende Wirtschaftsnationen.
    Meine Freiheit wird auch nicht in einem Land verteidigt, dessen Präsident angeblich 11 Parteien verboten und zudem die Medien gleich geschaltet hat.
    Die Aufgabe von einer Außenministerin aus Deutschland wäre eigentlich ein diplomatisches Zirkeltraining um eine diplomatische Lösung zu erreichen.
    Das tut Sie aber nicht, weil Ihr dafür anscheinend die Fähigkeiten fehlen. Ebenso wie Herrn Sarrazin die Fähigkeiten fehlten, sensibel und achtsam mit Menschen umzugehen, die am unteren Ende der Gesellschaft stehen.
    Da hat er dann einen Monat Harz 4 simuliert, währenddessen mindestens ca. 10.000 Euro auf sein Konto geflossen sind.

    Dieser Talk gleicht dem Hintergrund der Bühne.
    Ein trister lebloser schwarzer Vorhang.

  3. Die Trauer und die Wohlstandsverluste und (für viele) die Armut durch jegliche Art von Krieg sind nach meiner Meinung größer und unangenehmer als eine eingeschränkte Freiheit und Meinungsterror. Der Spruch: Lieber rot als tot soll diese Abwägung lächerlich machen.

    • Sie haben noch nie in Unfreiheit gelebt, stimmt`s?
      And by the way: Freiheit und Demokratie bedingen Wohlstand, der Gegenbeweis wurde noch nie erbracht. Und sagen Sie jetzt bitte nicht China, deren Erfolg im Wesentlichen auf dem Kapitalismus beruht und erst eintrat, nachdem sich die Chinesen von diversen kommunistischen Narrativen verabschiedet haben.

  4. Kein Wort zu den Gründen, die Russland zu dem Angriff veranlasst haben. Wer nicht über die Ursachen des Ukraine-Krieges spricht, kann auch zu seiner Beendigung nichts beitragen. Auch bei TE leider nur einseitige USA-/Nato-Kriegspropaganda. Nicht die SPD ist derzeit das Hauptproblem, sondern die Kriegstreiber bei Grünen, FDP und CDU/CSU. Unsere Väter und Großväter haben 27 Mio. Russen getötet – das bleibt trotz Nichterwähnung bei TE eine Tatsache. Daraus ergibt sich eine besondere Verantwortung Deutschlands gegenüber dem russischen Volk, die deutsche Waffenlieferungen verbietet. Russland hat nicht Deutschland angegriffen! Jetzt werden wieder Russen mit deutschen Waffen getötet. Und abschließend noch zur Info: Russland ist Atommacht. Wenn Russland in der Ukraine eine Niederlage droht, wird es Atomwaffen einsetzten – vielleicht auch gegen deutsche Städte. Noch ein Hinweis: Vieles wird verständlicher, wenn man realisiert, dass in Bonn oder Berlin seit ’45 immer nur Vasallen der USA die Politik bestimmen. Eine gruselige Diskussion!

    • Ihre Geschichtskenntnisse bezüglich Russland und der Ukraine sind etwas dürftig. Fragen Sie doch mal die Ukrainer nach dem Hungerkrieg ( Holodomor ?) Stalins gegen die Ukraine. Momentan hat Russland die Ukraine überfallen und zerstört das Land und ermordet die Bevölkerung.

  5. Die Energieabhängigkeit von Russland ist doch der Politik seit 1998 anzukreiden. SPD und auch CDU sind den Grünen hinterhergelaufen, um die Macht zu erhalten! Am Anfang wollte man die AKWs abschalten. Was nimmt man dann als Alternative? Russisches Gas war am günstigsten und Russland hatte Bedarf an Devisen. Dann kam die Klimahysterie mit ihren sogenannten Alternativen: Wind- und Solarenergie! Gaskraftwerke sind halt am besten die Nacht oder Windstille zu managen. Fracking wollte man nicht, also blieb das russische Gas. LNG hat fast die gleichen CO2-Werte wie unsere böse Braunkohle. Also blieb doch nur russisches Gas oder wir werden Albanien! Ohne AKWs braucht man halt jede Menge Gaskraftwerke! Man kann versuchen den schwarzen Peter der SPD oder auch Frau Merkel zuzuschieben, jedoch ist unser Problem der hohe Energiebedarf. Und Grün kann nur abschalten! Es wurden bis jetzt Milliarden an Subventionen für nutzlose Dinge im Energiesektor ausgegeben anstatt Gelder in die Entwicklung von Systemen zu stecken, die unseren Energiesektor positiv zu gestalten. Das Elektroauto ist ja auch nur eine Subventionsleiche! Was ist mit CO2-Filter für Kohlekraftwerke? Nur ein Beispiel! Wasserstoff für PKW wurde schon vor 20 Jahren entwickelt und jetzt wo man merkt, dass Elektro nicht so toll ist kommt das wieder auf! Und Russland wird mittelfristig seinen „Kundenstamm“ halt erweitern, wenn wir mit Gewalt Albanien werden wollen!

  6. In dieser Diskussion hat m. E. Herr Sarrazin die überzeugendsten Aussagen getan. Jedenfalls kann ich dem am meisten zustimmen, was er sagt.
    Was die deutsche Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine anbetrifft, so hätte ich mir gewünscht, daß Scholz mit seiner Verweigerung standhaft bleibt, um sich stattdessen als Vermittler im Krieg Rußlands gegen die Ukraine anzubieten. Wenn es jemals eine Gelegenheit gab, sich auf die besondere Verantwortung Deutschlands wegen der Kriegsverbrechen an Russen u n d Ukrainern zu berufen, dann war sie jetzt da! B e i d e n Ländern gegenüber haben wir allen Grund, uns aus ihren Auseinandersetzungen herauszuhalten. Aber dafür hat Scholz nicht die „Eier“! Stattdessen läßt er sich von den Grünen und den Medien zur Umkehr um 180Grad bewegen. Jämmerlich. Von Führung keine Spur!

    • Es ist eine Auseinandersetzung zwischen Russland und den USA, bzw. dem Westen (Die Ukraine liefert nur das Schlachtfeld und seine Männer.) und da sind wir leider Partei, deshalb kann Scholz nicht machen, was er will oder mancher Meinung machen sollte. Leider.

  7. Eine sehr informative Perspektive in die SPD durch Sarazzin und Fuß. Die These, dass SPD und Kommunisten “ Familie “ waren, teile ich so nicht. Die SPD war seit Ferdinand Lasalle für eine Arbeiterpartei in einem demokratischen Staat, und nie für eine radikale Revolution und einer Diktatur des Proletariats. Lenin war nie ein “ Verwandter “ der Sozialdemokraten, und die führenden Köpfe und Funktionäre der Sozialdemokraten waren nie entfernte Verwandte von Lenin/Stalin. Die besprochene Russland-Affinität der heutigen Sozialdemokraten hat viel mehr damit zu tun, dass man schon früh, 1960er, eine Alternative zur Konfrontation des Kalten Krieges suchte. Die Konfrontation wurde nämlich von den USA angeführt, die weit weg sind, während Russland unzweifelhaft in der geografischen Nachbarschaft ist und bleibt. Mit der deutschen Wiedervereinigung kam dann eine Gruppe von SPD-Politikern dazu, die in ihrer DDR-Zeit mehr oder weniger intensive Kontakte mit Russland hatten, Russisch sprachen bzw. sprechen, und damit scheinbar eine Affinität vergrößern, die wahrscheinlich nicht existiert. Ein Platzeck war, wie viele andere, einfach blauäugig, eine Schwesig ( ca. 47 Jahre alt ) war bestenfalls im Landesinteresse opportunistisch, aber im Kreis von Kreml-Gazprom / Berlin-Großindustrie nur ein sehr kleines Licht. Seit 2008 waren die Großindustrie mit der Bundesregierung ( mit der auf ihre Weise russlandaffinen Merkel) die Hauptverantwortlichen für das mangelnde Risikobewußtsein betreffend Putin und sein Regime. Erst diese Versagen in der Risikoeinschätzung Russlands seit 2008 hat zur einseitigen Abhägigkeit von russischem Gas und Öl geführt. Selbst bei Öl hätte man die Raffinerien in Schwedt und Bitterfeld schon längst an alternative Pipelinestränge anbinden können, um eben nicht ausschließlich von Druschba abhängig zu sein. Auch der Verkauf von Schwedt an Rosneft, zusammen mit der Pipline, waren ein Fehler. Es war auch ein großer Fehler, nicht mehr und jeden November randvolle Gasspeicher in Deutschland und Westeuropa zu erzwingen. Die Idee von “ Wandel durch Handel “ ist aber nicht grundsätzlich falsch, auch wenn sie aktuell mit Russland gescheitert ist. Sie ist nur nicht so einfach wie man gemeint hat, weil man die wirtschaftliche und soziale, und damit die machtpolitische Entwicklung auf einer längeren Zeitachse und auf beiden Seiten im Blick behalten muß. Auch betreffend China und Kapitalismus ist es nicht so einfach wie Bolz es anführt. Vor ca. 40 Jahren ( ich durfte damals meinen Chef für einen Antrittsbesuch nach Peking begleiten) meinte man, dass eine kapitalistische Wirtschaftsentwicklung zwangsläufig zu einem Verlangen der waschsenden Mittelschicht nach Freiheit führen müßte. Es ist aber noch lange nicht so weit, dass annähernd die Hälfte der ca. 1.3 Mrd. Chinesen politisch selbstbewußte Mittelschicht wären, die in Städten und Regionen eine Selbstverwaltung durchsetzen könnten, wie es in unserem Kulturkreis die englischen Landbarone gegen den König in 1215 durchgesetzt haben, und wie seit dem späten Mittelalter städtische Bürgereliten in Amsterdam oder in den Hansestädten und Freien Reichsstädten die Grundlagen für die Entwicklung zu neuen Machtverhältnisse legten. Deshalb wird die Kommunistische Partei in China wahrscheinlich noch lange die Macht behalten können. Aber, über mehrere Generationen dürfte “ Wandel durch Handel „, der tatsächlich einfach Wandel durch wirtschaftliche Entwicklung ist, doch funktionieren.

  8. Meiner Meinung nach ist die wichtigste Frage in Sachen Ukrainekrieg doch: können wir mit massiver Unterstützung der Ukraine (Lieferung schwerer Waffen, Wirtschaftsembargo) die vielen gewaltigen Fehler der Vergangenheit nun auf einen Schlag kompensieren, ohne eine echte Eskalation des Konfliktes zu betreiben? Ich denke eindeutig nein!
    Mich beschleicht allerdings immer mehr der Eindruck, dass Grüne und CDU nun in einer Art kompensierender Übersprungshandlung besonders hart mit der Faust auf den Tisch schlagen wollen. Nicht zuletzt kann man auf diese Weise von der eigenen großen Verantwortung und den massiven Fehlern der Vergangenheit ablenken: Also von der sträflichen Vernachlässigung der eigenen Interessen zugunsten eines utopischen Globalismus, von der Vernachlässigung und Verächtlichmachung der Bundeswehr und des Wehrgedankens zugunsten eines utopischen Pazifismus sowie von der Schaffung einer fatalen Energieabhängigkeit von Russland zugunsten eines utopischen Klima-Universalismus.

  9. Interessante Runde und viele interessante Gedanken. Meinen Dank an alle Teilnehmer. Aber dass Bärbock eine gute Figur macht möchte ich vehement bestreiten. Sie wurde als globalistische „young global leader“ Marionette eingesetzt und exekutiert das was die Puppenspieler vorgeben. Diese sitzen halt im Falle Bärbock nicht in Moskau sondern in den USA. Genauso sinnfrei wäre die Behauptung Schröder mache eine gute Figur, weil er nach Putins Takt tanzt. Einem scharfsinnigen Denker wie Bolz dürften diese Zusammenhänge durchaus bekannt sein.
    Und weil sich über die Atomkriegsgefahr bzw die Furcht davor lustig gemacht wurde- und warum dies nur für D gelte, aber nicht für GB, oder die USA. Ich unterstelle allen Teilnehmern der Runde dass ihnen die Unterschiede zu den genannten Ländern bekannt sind. Deutschland verfügt über keine eigenen Atomwaffen. Also sind sie leichter anzugreifen. Zudem sind die USA und GB schon geographisch sicherer als Festlandseuropa. EIn US Neocon Kriegsfalke hat daher leicht reden, wenn die Atompilze über Berlin Rostock und Düsseldorf stehen, dann werden die Amis ganz sicherlich nicht ihre eigenen Großstädte riskieren und gegenschlagen. Bei diesen Gedankenspielen sollte man sich schon „ehrlich machen“!

    • (1) Sollte Putin seine atomare Bedrohung ausbauen, wird D nicht betroffen sein. Vermutet er doch wohl zurecht eine gewisse emotionale Nähe und Gutgläubigkeit bei seinen handzahmen Partnern in D, die er sich wohl insgesamt als Herde von Milchkühen vorstellt.
      Plausibler erschiene mir die nukleare Bedrohung der Bewohner von Paris oder Warschau, deren Weltoffenheit, einen Spießer wie Putin, irritieren muss. Dass er aktuell zunächst Polen, Bulgarien und Rumänien gegenüber seine „Gas-Pipeline-Muskelchen“ spielen lässt, kann auch nicht überraschen, sind die wirtschaftlichen Auswirkungen hier besonders „effektiv“ und die russischen Einnahmeverluste eher überschaubar.
      (2) Die Einschätzung „sich besser schlagen als erwartet“ dürfte sich hinsichtlich Annalena Baerbock wohl voll und ganz bewahrheiten. Sie verfügt offensichtlich über ein natürliches un-befangenes Auftreten, das ich mir bei der zweifelhaften historischen („Kollektiv-„) Schuld der Nachkriegs-Deutschen auch bei anderen Politikern im Ausland wünschen würde.
      Wer seine „kollektive“ Schuld wie eine Monstranz vor sich herträgt, wie dies wohl für Steinmeier und Konsorten zutrifft, will damit nur die eigene Bedeutungslosigkeit unterstreichen, was nicht all zu schwer fällt. Von dieser Gattung Mea-culpa-Deutscher haben wir aber bereits zu viele, als dass das für uns „zielführend“ sein kann, zumindest seit der neue Kalte Krieg mehr als die „richtige“ Anti-Trump-Anti-USA-Gesinnung in SPD-nahen-Kreisen verlangt (Merkel!).
      Baerbock neigt bekannterweise wohl zu einer gewissen Fahrlässigkeit im Umgang mit Absichtserklärungen, die sie nicht selbst wird einlösen können, und deren Natur und Qualität z.T. ihren Bildungshorizont eher zu überschreiten drohen, wobei dies auch für eine große Zahl anderer Politiker zutreffen dürfte, die aber nicht vom Autor als globalistische „young global leader“ Marionetten eingeschätzt werden.
      Leader mit gleichem europäischem „Stallgeruch“, z.B. einen Emmanuel Macron, wird man im Moment auch eher nicht missen wollen. Baerbock kann momentan als natürliches Talent dieser Species gelten, auch ohne EMA, so sehr ich das auch vor einem halben Jahr bestritten hätte. (Halbwegs solide Berater vorausgesetzt!)
      PS: Für v.d.L. scheint das mittlerweile auch zu gelten, trotz aller bekannter Unzulänglichkeiten, „Dämlichkeiten“. Für das „Hascherl“ Lagarde trifft dies explizit nicht zu. Die scheint bestenfalls ein Scholzomat zu sein, ohne jedes Charisma und ohne erkennbaren Sachverstand.

  10. (1) Wenn man der Diskussion folgt, könnte man meinen, die SPD hätte die letzten 16 Jahre die Kanzlerin gestellt. Und weiter, das Schicksal von Sarazzin müssen auch Max Otte und Boris Palmer teilen. So sind sie halt unsere Parteien. Diversität ist nicht ihre Stärke.
    (2) Außenpolitik der SPD kann man nicht beurteilen ohne mindestens am Rande auf Egon Bahr, dem letzten großen Außenpolitiker dieser Republik, einzugehen. Leseempfehlung:
    https://www.deutsch-russisches-forum.de/portal/wp-content/uploads/2020/03/Rede-E-Bahr-Veranstwortungspartnerschaft-260315.pdf
    Ich wage mal die Behauptung, ohne diese Politik wäre die deutsche Wiedervereinigung unmöglich gewesen. Kohl hat hier am Sterbebett von Willy Brandt Größe bewiesen.
    (3) North Stream 2 war keine Erfindung von Gerhard Schröder oder von Frau Schwesig. North Stream 2 war eine Folge der Politik der Ukraine, rechtswidrig Gas aus der durch ihr Territorium verlaufenden Pipeline abzuzweigen.
    (4) Wenn man die Forderungen des Mainstreams zusammenfasst dann kommt folgendes heraus:

    • Sofortiger Stopp aller Importe, insbesondere Gas und Öl aus Russland,
    • Lieferung von allen verfügbaren schweren Waffen an die Ukraine,
    • Sofortige Aufnahme der Ukraine in die EU.

    Na dann mal los.

  11. Tichy‘s Ausblick hat mich dieses Mal nachdenklich und sehr betroffen zurückgelassen. Die von mir sehr geschätzten Diskutanten Bolz und Sarrazin, schlagen sich nun also auch auf die Seite der moralisierenden Kriegsbefürworter, denn die Forderung nach Lieferung von schwerem Kriegsgerät ist nichts anderes, als ein indirektes Bekenntnis, die Fortsetzung des Krieges zuzulassen und somit zur Kriegspartei zu werden. Trotz der absoluten Verabscheuungswürdigkeit des russischen Angriffskrieges, hat Putin weder die NATO noch die EU oder Deutschland angegriffen, also handelt es sich zunächst um einen Lokalkonflikt.. Mich wundert, dass die eingeladenen Diskutanten nicht sehen, dass alles darauf hindeutet, dass es sich bei diesem Konflikt um einen Stellvertreterkrieg der beiden Großmächte USA und Russland handelt und Deutschland, somit auch die NATO, Gefahr laufen, direkt in mögliche Kriegshandlungen hineingezogen zu werden. Für die Staatengemeinschaft kann das der 3. Weltkrieg bedeuten und für Deutschland nicht nur ein „bisschen frieren“ sondern der wirtschaftliche Totalschaden. Beides kann doch nicht im Ernst in Kauf genommen werden. Mäßigung, Besonnenheit und diplomatisches Geschick sind hier angesagt, um eine Beendigung des Krieges und des Leidens der Zivilbevölkerung in der Ukraine zu erreichen. Woher Herr Fuß seine Erkenntnis ableitet, dass Russland niemals einen Atomkrieg beginnen würde, erschließt sich mir nicht. Die Äußerungen von Herrn Lawrow klingen für mich anders.

    • Ich stimme Ihnen zu. Extrem befremdlich was die Diskutanten von sich geben. Sind sie noch ganz bei Verstand, ist hier überhaupt noch jemand bei Verstand. Wie war das von Steimle. Früher wurde das Volk wenigstens noch gefragt ob sie den totalen Krieg wollen. Einfach nur noch Irre das ganze. Frage nebenbei, wer ausser Deutschland wird noch genötigt und erpresst Kriegsteilnehmer zu werden? Frankreich? Holland? Italien und andere? Tichy enttäuscht auf der ganzen Linie. Auf der anderen Seite des Atlantiks werden die Hände gerieben. Ohne Kriege gibt es doch keine US Wirtschaft, alle blind und taub geworden?

  12. Ich verstehe nicht, wieso wir den Krieg in der Ukraine zu unserem Herzensanliegen machen. Die Position „Frieden schaffen ohne Waffen“ ist durchaus nicht meine. Aber Rußland hat eben nicht uns angegriffen. (Da wäre es durchaus ratsam, mal zu schauen, wie es denn mit unserer Verteidigungsfähigkeit steht.) Damit will ich die Opfer und die Toten in der Ukraine nicht kleinreden. Aber der Patriotismus, der für die Grünen im Hinblick auf das eigene Land sowas von verwerflich, verabscheuungswürdig und noch viel mehr war – und wohl auch noch ist – ist jetzt als psychologische Ersatzhandlung als Ersatzpatriotismus voll erblüht. Sehr befremdlich. Ich kann dem von mir immer sehr geschätzten Norbert Bolz keineswegs zustimmen, daß die „Völkerrechtlerin“ Baerbock jetzt eine gute Figur macht. Nein, das ist jetzt kein Hurra-Patriotismus, wie er (unter anderem) zum Ersten Weltkrieg führte, sondern ein Hurra-Ukrainismus, der Rußland besiegen will. Aber wir sind mit dabei! Endlich!

  13. Dieser Talk setzt für ein informelles politisches Gespräch Maßstäbe, die man sich auch in den ÖR-Medien wünschte. Es wurden mehr als nur Facetten des allgemeinen Verstehens skizziert. Die vorgetragenen Thesen verdienten einer breiteren Öffentlichleit zugänglich gemacht zu werden.
    Herr Bolz hat die Zusammenhänge des grünen apokalyptischen, quasi ersatzreligiösen Konzepts sehr plausibel beschrieben. Ich frage mich aber, warum er nicht die Quellen genannt hat, die die Grünen angebohrt, angezapft haben. Der große Führer „Mao“ hat mit seinem gescheiterten bäuerlichen Minimalismus und seinen bizarren Visionen von Herrschaft vielen sog. Intellektuellen in den 60-/70-ger Jahren den Gedanken eines vermeintlich mäßigen und nachhaltigen Lebens implantiert (Kretschmann, Trittin, et al). Seine „Lehre“ erwies als Desaster für China und fand nur Widerhall bei politischen Dilettanten.
    Verallgemeinerung lokaler Wahrheiten ist prinzipiell mindestens ebenso zweifelhaft, wie die Verallgemeinerung eines globalen Ordnungsrahmens (mMn). Problembewältigung sollte kein soziales Experiment darstellen und bedarf der jeweiligen fallbezogenen Analyse und einer ordnungspolitischen Abstimmung der vorzunehmenden Maßnahmen. Allgemeingültige Binsenwahrheiten reichen nicht. Intellektuelle Seilschaften verkennen durchgehend die Komplexität und Abhängigkeiten der verschiedenen gesellschaftlichen Sektoren.
    Das Innenleben der SPD erfuhr durch Herrrn Sarrazin bisher wenig bekannter Aspekte eine weitere Ausleuchtung und seine persönliche Schilderung, die im Rotfunk naheliegenderweise so nicht zur Sprache käme, erleichterte das Verständnis. Mit der Deutung des Ukraine-Kriegs liegt Sarrazin offensichtlich auch richtig, wenn ich die Strategie Bidens richtig verstanden habe, die er in seiner letzten Pressekonferenz umrissen hat. Jedenfalls ist dieser zwar ein Demokrat, aber kein Weichei, der dem scheußlichen Regime Putins gewillt ist, tatenlos zuzusehen, und dem es auch mit oder ohne Nato nicht an Munition fehlen wird. Ob er „Blut geleckt hat“, sei einmal dahin gestellt.
    Das Phänomen des Herumscholzens wurde auch hinreichend dargestellt.
    Man kann nur hoffen, dass die emotionale Affinität zu Russland und einer gerechten „sozialistischen“ Staatsherrlichkeit, die Putin für viele Sozialdemokraten zu repräsentieren scheint, auch in der SPD Risse bekommt und die gewohnten Proletarier-Floskeln des marxistischen „Denkens“ allmählich als strukturelle Unfähigkeit zur Analyse und Problembewältigung gegenwärtiger Themen wahrgenommen werden.
    Die Vermutung des Herrns Fuß betreffs der Affinität der SPD zu Russland stellt als gedankliches Modell mehr als eine allgemeine journalistische Untermalung dar, das den üblichen Rahmen des journalistischen Denkens durchaus positiv erweitert.
    Vielen Dank den Veranstaltern und Teilnehmern für diese gelungene Sendung.

  14. Alle wollen „Gerechtigkeit“ schaffen- dass 135 oder zumindes die Hälfte noch leben könnte – EGAL. Normalerweise sind das bis zu 5 Jahre Knast („Unterlassung mit Todesfolge“), aber Wir sind „DIE GERECHTEN“. Und wenn 1 Million dabei draufgehn- EGAL. OK- Das CO2 ist minimiert!
    Nur ein Verrückter glaubt, das „irgendwie“ (Das ist der Kern – „irgendwie“ ist Unsinn – das ist naiv) erreichen zu können: Ganz vorne die Grünen, dann die Sozis und die Konservativen haben mittlerweile auch am Kelch des Schierlings genippt (Gifte wirken in geringen Mengen aphrodisierend. Weswegen die Japaner Haifischflossen essen, denn der Hai frisst wiederum den Fugu.)
    Das nächste Problem: Atomkrieg?. Putin lässt uns ausbluten- da braucht er keine Atomwaffen. Langsam muss ich vor Schadenfreude lachen. Anders kann man das nicht verarbeiten. Europa und insbesondere Deutschland springt in jedes aufgepflanzte Bajonett geradezu hinein! Suizidal. Gasembargo/Ölembargo. Eieiei. D hat eine AbnahmeGARANTIE für Gas bis 2030 geliefert. Und Nu?
    Welche Optionen gibt es? Nato- Osterweiterung? Oder Vertragsverhandlungen – die Putin nicht eingehen wird, da ihn die NATO mehrfach belogen hat (da die u.A.auch Angriffskriege gegen Serbien fuhr).
    Laut Russischer Presse mehrere tausend Tote Russen in der Ukraine. Kastrierte Russische Kriegsgefangene in der Ukraine- Uuups- Genfer Konvention- EGAL- „DIE GERECHTEN“. Meine Info.
    Was ist Ihre Info? Die Inder sollen übrigens relativ neutral berichten. Leider kann ich kein indisch.

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