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Offener Brief an Leser von Tichys Einblick

Der „bescheuerte“ Wahlkreis Nr. 229 Passau

15.04.2024

| Lesedauer: 3 Minuten
Am 1. April erfuhren die verdutzten Bürger von Passau, sie würden ihrer Erststimme beraubt. Denn ihr Wahlkreis werde bis zum Ende der Legislaturperiode unbesetzt bleiben. Überall auf der Welt wird ein leerstehender Wahlkreis durch Nachwahl neu besetzt, nur in Passau nicht?

Just am 1. April machte die Nachricht die Runde, Andreas Scheuer (CSU) habe genau zu diesem Datum sein Mandat im Deutschen Bundestag niedergelegt. Er war bei der Bundestagswahl v. 26. September 2021 im Wahlkreis Nr. 229/Passau mit 30,7 % der Erststimmen direkt in den Bundestag gewählt worden, kein „rosiges“ Wahlergebnis. Damit nicht genug, erfuhren die verdutzten Bürger von Passau, sie würden ihrer Erststimme beraubt. Denn ihr Wahlkreis werde bis zum Ende der Legislaturperiode unbesetzt bleiben. Überall auf der Welt wird ein leerstehender Wahlkreis durch Nachwahl neu besetzt, nur in Passau nicht?

„Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung gebunden.“ Aus dieser Vorschrift im Grundgesetz leitet sich das staatliche Willkürverbot ab. Am 26. Dezember 2023 ist Wolfgang Schäuble verstorben. Er hatte bei der Bundestagswahl 2021 im Wahlkreis Nr. 284/Offenburg das Direktmandat errungen. Dieser Stimmkreis liegt in Baden-Württemberg. Für Schäuble rückte der Listen-Anwärter aus Baden-Württemberg, Stefan Kaufmann, nach, der noch nicht zum Zuge kam. Vier Monate später ist am 1. April 2024 Andreas Scheuer aus dem Bundestag ausgeschieden. Scheuer hatte das Direktmandat im Wahlkreis Nr. 229/Passau bekleidet. Der Stimmkreis liegt in Bayern. Für Schäuble rückte Kaufmann nach. Für Scheuer rückt jedoch niemand nach. Viel willkürlicher kann man es nicht machen.

Gleiches darf grundsätzlich nicht ungleich behandelt werden. „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.“ Auch das steht so im Grundgesetz. Außerdem wird in der Verfassung eigens betont: „Die Abgeordneten … werden in … gleicher Wahl … gewählt.“ Die Wähler im Stimmkreis 284/Offenburg werden anders behandelt als die Wähler im Stimmkreis 229/Passau, das kann niemand übersehen. Und wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt. Die Wahlprüfungs-Beschwerde nach Art. 41 Grundgesetz folgt den Leerstand in Passau daher auf dem Fuße.

Die Wähler aus Passau haben ja keinen Anspruch auf einen leeren Wahlkreis. Im Gegenteil, haben sie sogar ein Grundrecht darauf, einen Mitbürger aus ihrem Heimat-Stimmkreis, Passau in den Deutschen Bundestag zu wählen, und das kann ihnen niemand wegnehmen. Schon im geltenden Bundeswahlgesetz heißt es gleich am Anfang: „Von den Abgeordneten werden 299 … in den Wahlkreisen … gewählt“. Weiter heißt es im einfachen Gesetz: „Jeder Wähler hat … eine Erststimme für die Wahl eines Wahlkreisabgeordneten …“. Beide Vorschriften werden schwer verletzt: Denn in Passau fehlt eines der 299 Direktmandate. Und die Wähler in Passau werden an der Ausübung der Erststimme gehindert.

Die Volksherrschaft ist der Kern der Demokratie. Die Urheber der Verfassung haben 1949 in das Grundgesetz geschrieben: „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus und wird vom Volke in Wahlen … ausgeübt.“ Wer in den Bundestag einzieht, das entscheidet allein das Volk, und zwar in den Wahlkabinen, auf amtlichen Stimmzetteln. Das Volk stimmt ohne Ausnahme über alle Männer und Frauen ab, die es bei der parlamentarischen Willensfindung im Bundestag vertreten sollen. Die Wähler in Passau werden jedoch an der Ausübung der Staatsgewalt durch Abstimmung über den Abgeordneten ihrer freien Wahl gehindert. Sie können den Leerstand nicht durch eine zügige Nachwahl im Stimmkreis 229/Passau beenden. Der direkt gewählte Volksvertreter, der den Stimmbürgern in Passau zusteht, der fehlt. Ganz Passau bleibt für den Rest der Legislaturperiode von der Ausübung der Erststimme ausgesperrt. Das Grundgesetz bleibt auf der Strecke.

Der Freistaat Bayern hat ohne Wenn und Aber Anspruch auf 46 der insgesamt 299 Direktmandate. Denn „Deutschland ist ein … Bundesstaat.“ Die sehr verschiedenen Bundesländer nehmen im Verhältnis ihrer Bevölkerungsanteile an der Besetzung des gemeinsamen Parlaments teil. Dem kleinen Saarland stehen demnach vier Direktmandate zu. Aus Bayern kommen 46 und aus NRW 64 direkt gewählte Volksvertreter. Usw. Wenn jetzt in Bayern der Stimmkreis 229/Passau unbesetzt bleibt, verschiebt sich der Länderproporz bei den Direktmandaten im Bundestag. In Berlin ist bei der Wahlwiederholung am Faschings-Sonntag, den 11. Februar 2024, bereits ein Mandat verschwunden. Am 1. April 2024 hat Bayern einen Sitz im Bundestag verloren. In beiden Fällen wird der Länderproporz verletzt, der mit der Bundesstaatlichkeit untrennbar verbunden ist.

Nirgendwo im Grundgesetz findet sich eine Vorschrift, dass Wahlkreise nicht nachbesetzt werden dürfen. Ein dauerhafter Leerstand ist eine besonders bescheuerte Rechtsidee. Das Schöne an der Demokratie ist, dass niemand weiß, wer die Nachwahl gewinnt. Das weiß auch in Passau niemand, selbst die CSU weiß das nicht. Aber sie weiß irgendwie schon, dass sie im Bundestag einen Sitz verloren hat. Doch weiß sie das wirklich?

Der am 1. April 2024 im Wahlkreis 229/Passau entstandene Leerstand ist unverzüglich durch Nachwahl bei den Erststimmen zu beenden. Das ergibt sich aus den Grundrechten der Volkssouveränität, der Bundesstaatlichkeit, des Willkürverbots und folgt außerdem aus dem Grundsatz der gleichen Wahl. Alles verbindliche Rechtsnormen, die im Grundgesetz fest verankert sind. Eines müssen alle Passauer wissen: Die Nachwahl fliegt ihnen nicht wie eine „gebratene Taube“ in den Mund. – Wo kein Kläger, da kein Richter.


*) Der Autor lebt in München und hat als freier Publizist und Blogger in namhaften Fachzeitschriften zahlreiche Beiträge und mehrere Bücher zum Wahlrecht veröffentlicht. Zu den Fundstellen vgl.: https://www.manfredhettlage.de/kleine-beitraege-zum-wahlrecht-seit-11-2017/; zur Vita des Autors vgl. https://www.manfredhettlage.de/about/ .

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34 Kommentare

  1. Endlich mal ein Artikel von Herrn Hettlage, dem man zustimmen kann. In der Tat muß der Wahlkreis im Bundestag vertreten sein, und wenn der bisherige Mandatsträger ausscheidet, kann die Folge nur eine Neuwahl sein.

  2. In der Tat ist es erstaunlich, dass die CSU den Sitz nicht nachbesetzt. Bis zum regulären Ende der laufenden Legislaturperiode im September 2025 sind es noch 18 Monate, das bedeutet eine Diätenzahlung von 180.000 € – selbst wenn es danach nicht für eine Pension reicht, dazu muss man eine volle Legislaturperiode durchgestanden haben. Vermutlich eine parteiinterne Intrige der CSU. Leider scheint niemand auch aus der alterativen Presse recherchieren zu wollen, was den plötzlichen Angang Scheuers verursacht hat. Wird gegen Scheuer ermittelt, hat er potente Feinde in der OK, eine 19jährige neue Gespielin, ist er überhaupt noch in Deutschland oder schon bei den Guttenbergs in Florida?

  3. Nein.
    Nur die Hälfte der Abgeordneten wird gemäß Art. 38 GG gewählt. Die andere Hälfte bzw. noch viel mehr (Ausgleichsmandate) werden über Listen eingesetzt. Über die Zusammensetzung der Listen entscheidet nicht der Bürger, sondern eine Partei.

    Art 38 (1) Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.

    Listenwahlen sind nur mittelbar, somit also grundgesetzwidrig.

  4. Für Andreas Scheuer scheint nun der Tag gekommen, nachdem er 22 Jahre als BT-Abgeordneter und Minister dem Steuerzahler auf der Tasche lag, seine in der Politik gesammelten „wertvollen Erfahrungen“ zu vergolden. Sorgen muss man sich vorerst keine machen, denn schließlich kassiert Andreas Scheuer für max. 18 Monate das sogenannte Übergangsgeld in Höhe von ~10.600€.

  5. Der „ Andi“ macht das was man ihm sagt, aber nicht das, was der Wähler will.
    Von daher kein Verlust. Er war nur teuer.

  6. Richtig lustig würde es erst, wenn bei der nächsten Bundestagswahl die CSU unter fünf Prozent fiele und alle ihre Direktmandate verlieren dürfte.

  7. Sehr schlecht formulierter Beitrag, den zu lesen qualvoll ist. Der Autor mag zwar in der Sache Recht haben, ich hätte mir aber eine deutlich flüssiger formulierte Darstellung der Situation und vor allem ihrer Hintergründe gewünscht, statt ständiger, hölzern formulierter Hinweise auf das Wahlrecht.

  8. Selbst wenn jemand klagt, wird das BVerfG bestenfalls in drei Jahren erklären, dass jemand nachrücken hätte müssen. Zugunsten einer Nachwahl gar würde das BVerfG niemals entscheiden, da es das noch niemals entschieden hat und es könnte ja den Souverän stärken und die Macht der Parteien schwächen und das wird sicher nicht entschieden.

  9. Das sogenannte Bürgerliche ist in Dt. auch immer das Dumme und Lächerliche.
    Und schaut man sich das Wahlergebnis im beschriebenen Wahlkreis an, ist es vermutl. auch richtig so, dass Wählers Stimme nicht mehr beachtet wird.

  10. Ob einer nachrückt oder nicht ändert gar nichts für die „Wähler“. Wird höchstens billiger wenn der Platz unbesetzt bleibt. Wer den Scheuer gewählt hat sollte sowieso nicht nochmal wählen dürfen. Ist schon gut so. Warum der Autor sich aufregt erschließt sich mir nicht. Als ob Wahlen irgendwas ändern oder irgendwas bewirken würden. Traumtänzerei daran zu glauben.

  11. Ich bin enttäuscht, dass der Autor sich darauf beschränkt, den gegenwärtigen Zustand zu beklagen, anstatt die gesetzlichen Grundlagen darzustellen. Liegt es daran, dass ein Überhangmandatsinhaber nach Ausscheiden nicht ersetzt wird? Das wäre immerhin eine Erklärung für die Ungleichbehandlung mit Schäubles Ableben.

    • Es gibt keine Überhangmandatsinhaber. Überhangmandate sind eine theoretische Größe, der mathematische Unterschied zwischen dem durch die Zweitstimme erworbenen Anteil einer Partei an allen Bundestagsabgeordneten und den tatsächlich gewonnenen Direktmandaten.
      Jedes Direktmandat ist demokratisch redlich erworben. Dabei ist es unerheblich, wie die Partei abschneidet, deren Mitglied der Direktkandidat ist. Genau deshalb ist das neue Wahlrecht, das die Direktmandate vom Zweitstimmenanteil der Partei abhängig macht, grundgesetzwidrig.

  12. Es ist gut wenn Scheuer nicht mehr kandidiert. CSU-Scheuer hat den Steuerzahler 243 Millionen Euro gekostet. Das ist zwar Pinanz gegenüber dem Schaden den die Grünen, vor allem ihr Wirtschaftsvernichtungsminister, in unserem Land anrichten. Trotzdem gehört Scheuer zu Schadensersatz verurteilt. Der soll zahlen was er kann und den Rest kann er absitzen.   

  13. Was für ein unterirdischer Beitrag! Da kann man mehrmal lesen, daß das Mandat nicht mehr besetzt wird. Nach dem ersten Mal hat es jeder Leser gewußt, warum also diese elliptischen Wiederholungen? Redigiert hier kein Redakteur solche Fremdbeiträge? Und vielleicht hätte der Autor auch schreiben sollen, warum dieser Sitz nicht besetzt wird und was die eigentliche Sauerei dabei ist. Das ist nämlich nicht der eine bayerische Sitz im Parlament, der jetzt wegfällt, sondern, daß, weil die Bayern mehrheitlich der CSU die Stimme gegeben haben, die CSU mehr Direktmandate im Bundesparlament hat, als ihr laut Zweitstimme zustehen. Und deshalb hat man dann mit Überhang- und Ausgleichmandaten die Stimmen der nicht gewählten anderen Parteisoldaten hochgerechnet.
    Damit, daß der Herr Scheuer jetzt nicht mehr im Parlament ist, müßte nach der Logik bei den Ausgleichsmandaten ebenfalls geschraubt werden und damit mindestens ein anderer Sesselkleber ebenfalls nach Hause gehen. Und der eigentliche Skandal bei dieser Sache ist, daß das eben nicht geschieht. Bei der Ausarbeitung dieser Tatsache hat der Autor kläglich versagt. Woanders habe ich das sehr viel kompetenter beschrieben gefunden.

  14. Auf die Gefahr der Zensur sei eine zynische, doch empirisch belastbare Abwandlung gewagt:
    Das Schöne an der [westlichen] Demokratie ist, daß unabhängig davon, wer gewählt wird, gegen die Interessen des Volkes regiert wird.

    • „Die Volksherrschaft ist der Kern der Demokratie. Die Urheber der Verfassung haben 1949 in das Grundgesetz geschrieben: „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus und wird vom Volke in Wahlen … ausgeübt.“
      Gilt dies auch für alles, was uns an Gesetzen und sonstigem aus den Parlamenten serviert wird? Stichwort – Interessen des Volkes.

  15. Be-Scheuerter geht es wohl nicht mehr in Bayern und in der Union. Diese Stimme kann ausschlaggebend bei Abstimmungen im Bundestag sein. Wenn alle bescheuerten Unionsabgeordnete auf ihr Direktmandat verzichteten, dann wäre das schön für den Steuerzahler, der weniger für Bescheuerte ausgeben müsste, aber möglicherweise das Ende der Demokratie. Dann hätte die Ampel wohl die absolute Mehrheit im Bundestag.
    Da kann man dann nur noch hoffen, dass alle Hampelangehörigen auch das Mandat an den Nagel hängen. Das wäre dann bahn frei für die Alternative

  16. Sorry, aber hier wird ein Skandal konstruiert, der keiner ist. Die Nicht-Neubesetzung folgt der Logik des „personalisierten Verhältniswahlrechts“ und der darauf aufbauenden Systematik von Überhangs- und Ausgleichsmandaten. Entscheidend für die Zusammensetzung des Bundestags sind die den Parteien gegebenen Zweitstimmen. Die Zweitstimmen der Passauer gehen jetzt nicht verloren. Wenn sie einen lokalen Ansprechpartner vor 2025 brauchen: ich bin sicher, ein Nachbar-CSU-Abgeordneter wird gern einspringen.

    Das personalisierte Verhältniswahlrecht hat lange gut funktioniert, aber tut es seit einiger Zeit nicht mehr. Es gibt Reformbedarf, aber eine Reform ist aus objektiven Gründen schwierig. Das hier diskutierte Passauer Problem ist im Verhältnis eine Nichtigkeit.

    • Was soll daran bitte logisch sein, wenn nach dem Ausscheiden eines direkt gewählten Abgeordneten dessen Platz nicht nachbesetzt wird?! Dann hätte vor dem Ausscheiden die CSU ja quasi ein Mandat zu viel gehabt oder nicht?! Wenn vor dem Ausscheiden von H. Scheuer alles korrekt war, dann muss dieses Mandat nachbesetzt werden und wenn nicht, dann war ja schon vorher etwas nicht korrekt.
      Dass der politische Abgang von Leuten wie H. Scheuer wohl keinerlei Verlust für die Bevölkerung darstellt, steht sowieso auf einem ganz anderen Blatt.

      • „Dann hätte vor dem Ausscheiden die CSU ja quasi ein Mandat zu viel gehabt oder nicht?!“

        IN DER TAT. Die CSU hatte in der Wahl 2021 viele Überhangsmandate (zu viele Sitze im Verhältnis zur Stimmenzahl), von denen einige (drei?) gemäß dem damaligen Wahlrecht NICHT durch Ausgleichsmandate ausgeglichen wurden. Das Ausscheiden von Herrn Scheuer macht also die Stimmenverteilung des Bundestags gerechter, wenn der Sitz nicht neuvergeben wird.

        Im neuen Wahlrecht (ab 2025) werden vermutlich nicht unerheblich viele Wahlkreise keinen direkt gewählten Abgeordneten mehr haben.

      • Na ja die CSU gewinnt in Bayern nahezu alle Direktmandate und der Fehler im System ist doch dann beim System der Ausgleichsmandate zu suchen. Wenn dieser Fehler jetzt dazu führt, dass quasi ein Direktmandat nichts mehr wert ist, dann ist das alles andere als logisch.

      • Logisch ist das schon – passt bestens zu dem System. Ob das mit der Demokratie etwas zu tun hat? Wohl nichts. Das war aber schon früher so. Man merkte es vlt nicht aber das System war nie demokratisch. Die Kohle hat aber die Differenzen ausradiert. Jetzt merken manche, dass es da etwas nicht stimmt. Ob das dieser ein Mandat ist, der ein Problem ist oder vlt gibt es andere grundsätzliche Probleme mit dem System – der Mensch wird schnell verwirrt. So oder so ist es nichts was man mit einem Mandat reparieren kann. Man will hier so oder so keine echte Demokratie – die kann ja so gefährlich sein und man trägt dann selbst die Verantwortung. Wenn die Leute es anders wollten, würden sie schon längst mit den Mistgabeln vor dem Rathaus stehen.

      • „…der Mensch wird schnell verwirrt.“ Ich glaube, die Mehrheit versteht unser Wahlsystem nicht. Das liegt nicht am Wahlsystem, das liegt an den Schulen, die es nicht richtig erklären.

        Die Demokratie im Westen insgesamt ist in einer Krise, und zwar in Ländern mit ganz verschiedenen Wahlsystemen. An den Wahlsystemen allein kann das also nicht liegen. Aber woran liegt es? Ein Rezept gegen die Demokratiekrise hat wohl noch kein Land gefunden.

      • Ich gebe Ihnen Recht, ein Wahlsystem selber kann nicht der Grund sein, dass die ganze Gesellschaft und alle Strukturen, auf denen sie sich verlässt, aus der Fugen gerät. Nun manche solche Systeme sind anfälliger als die andere. Ohne freie Medien funktioniert auch das beste Wahlsystem nicht und das deutsche ist da nicht das beste. Ich denke ein demokratisches System muss auch die Abgesandte zu Verantwortung ziehen können und ich kenne keins, das es tut.

      • …was haben die Wähler im Wahlkreis Passau davon, wenn anstelle von Herrn Scheuer, den sie mehrheitlich mit ihrer Erststimme in den Bundestag gewählt haben, irgendein CDU-Listenkandidat aus Würzburg, Augsburg oder München in den Bundestag nachrückt, den sie vielleicht gar nicht gewählt hätten? Ich finde die Nichtbesetzung immer noch besser als das Nachrücken von irgendwelchen, nicht direkt gewählten Listenkandidaten wie im Falle von Herrn Schäuble oder Herrn Trittin.

      • Ja ok, aber ein Direktmandat bleibt ein Direktmandat und im Gegensatz zu einem List- oder Überhangsmandat wurde hier zumindest eine Person direkt gewählt und nicht irgendein Parteisoldat, der nicht einmal weiß wie die läute außerhalb der Berliner Blase leben und ticken.

      • Was ist denn bitte logisch daran, dass Herr Scheuer das Mandat eingestandenermaßen mit 30 %, also einer relativen Mehrheit erlangte? Gäbe es Stichwahlen, dann hätte die CSU mit Sicherheit nicht alle bayerischen Direktmandate (bis auf München-Nord) errungen. Sie ist also auch in Hinblick auf die Repräsentanzdorm, die der Autor und alle anderen Anhänger eines Mehrheitswahlsystems präferieren, überproportional vertreten.

      • Nö warum, es reicht die relative Mehrheit im Wahlkreis und die ist gegeben.
        Ich für meinen Teil wäre für eine einzige Stimme mit der ein Direktkandidat gewählt wird und der Bundestag hätte dann genauso viele Mitglieder wie es Wahlkreise gibt. Die größte Fraktion stellt automatisch den Bundeskanzler und ansonsten wird mit einer Art Minderheitsregierung gearbeitet. Schlechter/Schlimmer als es im Moment läuft kann es eh nicht werden.

    • „Entscheidend für die Zusammensetzung des Bundestags sind die den Parteien gegebenen Zweitstimmen.“ Und genau das macht die Fragwürdigkeit unseres Wahlsystems für Alle deutlich. Auf die Besetzung der Listen hat nämlich der Souverän keinen Einfluss, da diese alleine in Parteigremien besetzt werden. Dieses widerspricht eklatant dem Grundgesetz, dass alle Abgeordneten in freien und geheimen Wahlen direkt vom Volk gewählt werden. Das ! ist die Grundlage unseres Parteienstaats.

      • Korrekt. Die Alternative wäre es, alle Abgeordnete nur als in Wahlkreisen direkt gewählt zu bestimmen, wie es in England und den USA der Fall ist. Wir würden wohl längerfristig ein Zweiparteiensystem bekommen, weil kleine Parteien keine Chance hätten. Es gibt Leute, die das nicht gut fänden…

      • Art 38 (1) Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.
        Alles klar? Das Grundgesetz ist hier eindeutig!

  17. Richtig so. Unterwürfige Blockwähler sollten auch kein Recht auf Neubesetzung des Direktmandates haben. Die Passauer haben mit staatsbürgerlichen Pflichten wie Regierungsaufmärschen, Lichterketten und Klimademos schon genug zu tun. Da lenkt die erneute Wahl eines Blockparteibonzen nur ab.

  18. Wahlen braucht es nicht .. so scheint man in der Politik bereits an vielen Stellen zu denken; Wahlversprechen halten und die Rechtsstaatlichkeit garantieren wohl auch überflüssig; Gewaltenteilung war gestern … etc pp
    WO bitte soll das noch enden ?
    Sind die gewählten Volksvertreter überhaupt noch die Menschen, die das SAGEN in diesem Lande haben, oder haben die Medien, oder Großbonzen bereits vollständig übernommen ?

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