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Genau hingeschaut

EU-Europas ungarischer Reibebaum

von Gastautor

26.12.2018

| Lesedauer: 8 Minuten
Erst seit 2010 ist die „wahre Wende“ in Ungarn im Gange, nämlich die zielgerichtete und mitunter skrupellose Ablösung des postkommunistischen Systems mit all den Erscheinungsformen des ihm eigenen Eliten-Klientelismus.

Für Politik sowie Medien in Westeuropa, vornehmlich für die veröffentlichte Meinung in Deutschland und Österreich, gilt der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán seit Jahren als der Reibebaum schlechthin. Was wirft man ihm nicht alles vor: Er schränke Menschen- und Freiheitsrechte ein; er gängele missliebige Medien; er erweitere die Macht der Exekutive, knebele die Justiz und unterminiere die Gewaltenteilung; er nehme die Wirtschaft an die Kandare und beschneide die Rechte der Gewerkschaften; er kujoniere Andersdenkende und gesellschaftliche Gruppierungen; er lasse Antisemiten und Rassisten unbehelligt und fördere die Fremdenfeindlichkeit – kurzum er überziehe Ungarn mit einer autoritären Ordnung und schaffe die Demokratie allmählich ab. So der Tenor nahezu aller Erörterungen in der Ungarn (und Polen) gewidmeten jüngsten Ausgabe der (wissenschaftlichen) Zeitschrift „Osteuropa“. Der redaktionelle Gesamtbefund lautet, im Falle Ungarns handele es sich schon nicht mehr um einen Zustand, den Orbán selbst als „illiberale Demokratie“ bezeichnet hatte, sondern vielmehr um eine „liberale Autokratie“, mithin um „eine Autokratie, in der noch die Bürgerrechte gelten“.

ENTSCHEIDUNG FüR NATIONALE SELBSTBESTIMMUNG
Fidesz 49 Prozent: Die Opposition verwechselt ihre Kreise in Budapest mit Ungarn
All das grenzt für langjährige, unvoreingenommene Beobachter und Kenner des Landes ans Absurde. Richtig ist vielmehr, dass Orbán Ungarn einer grundstürzenden Reform auf allen gesellschaftlichen Feldern unterzieht, die westliche Denkvorstellungen herkömmlicher Art übersteigt. Dass er allem misstraut, was in Politik wie Medien politisch korrekt als „Hauptströmung“ nicht nur propagiert und vorgegeben wird, sondern auch, wie weithin in der EU, „politisch korrekt“ befolgt werden soll. Dass er eine Politik betreibt, in deren Mittelpunkt die Nation und also die Interessen des ungarischen Volkes stehen. Was sich vornehmlich daran zeigt(e), dass er, um mit seiner rigorosen Ablehnung der „Flüchtlingspolitik“ seit 2015 und des aktuell anstehenden „Migrationspakts“ nur zwei Beispiele zu nennen, sowohl wider den EU-europäischen, als auch wider den UN-Stachel löckt. Und dass ihm die Magyaren daheim und dort, wo sie seit dem unsäglichen Vertrag von Trianon (Juni 1920) als Minderheit zu leben gezwungen sind, aber (seit 1. Januar 2011) die Doppelstaatsbürgerschaft innehaben und damit an Urnengängen in Ungarn teilnehmen können, ausweislich aller in Wahlen und demoskopischen Erhebungen gemessenen Zustimmungswerte mit überwältigender Mehrheit folgen.

Systemwechsel und „wahre Wende“

Wenn ermessen werden soll, welches Veränderungspotential der ohne Unterbrechung seit 2010 mit außergewöhnlich hoher Unterstützung des Wahlvolks regierende Viktor Orbán in Ungarn freisetzte, muss auf die politische Entwicklung seit der System-„Wende“ 1989/1990 zurückgeblickt werden. Mit der Ablösung der kommunistischen Einparteiherrschaft kamen damals zwar demokratische Ordnung, Rechtsstaat und Mehrparteiensystem zustande. Doch anstatt eine völlig neue Verfassungsordnung zu schaffen, blieb es beim faktischen Erhalt der 1949 im finstersten Stalinismus dem Land übergestülpten kommunistischen Verfassung, welcher man allerdings mithilfe von Anleihen aus westlichen Verfassungen, insbesondere tragenden Elementen des deutschen Grundgesetzes, einen „freiheitlich-demokratischen“ Anstrich verpasste. Was sich für die künftige politische und ökonomisch-soziale Entwicklung des Landes als Hemmschuh erweisen sollte, war der Umstand, dass die postkommunistische Elite nicht nur nicht verschwand – man konnte ihre Repräsentanten ja nicht festsetzen oder des Landes verweisen – , sondern im Grunde über zwei Jahrzehnte hin auf allen Feldern von Staat und Gesellschaft dominant blieb.

AKADEMISCHE ARROGANZ
Ungarn – Die abgewählte Opposition
Weder unter der ersten aus freien Wahlen hervorgegangenen Mitte-rechts-Regierung des József Antall (1990-1993) respektive nach dessen Tod (1993) unter Nachfolger Péter Boross (1993–1994), noch unter der ersten Koalitionsregierung des Viktor Orbán (1998-2002) änderte sich Grundlegendes an diesem Umstand. Im Gegenteil: Die Rückkehr der (seit der „Wende“ als Sozialisten firmierenden) Postkommunisten an die Macht (1994-1998) unter (dem einst die Aufständischen verfolgenden 1956er „Steppjackenbrigadisten“) Gyula Horn sowie – nach Orbáns zwischenspielerischem Debüt 1998-2002 – unter dem einstigen kommunistischen StaSi-Offizier Péter Médgyessi (2002-2004), dem diesem nachfolgenden vormaligen Sekretär des kommunistischen Jugendverbands KISZ Ferenc Gyurcsány (2004-2009) und dem ebenfalls vormals dem KISZ angehörenden Übergangspremier Gordon Bajnai (2009-2010) sollte die postkommunistische Elitokratie nur noch weiter festigen.

Im Zuge der Privatisierung, die zu einem erheblichen Teil eine Veräußerung der kommunistischen Staatsbetriebe an ausländische Investoren und andernteils Umwandlung in Beteiligungscoupons war, die oft von im alten System geschulten „Durchblickern“ aufgekauft/erworben wurden, konnten viele derjenigen, die schon im Kommunismus das Sagen hatten, wirtschaftliche und gesellschaftliche Macht oder Einfluss über den Systemwechsel hinaus wahren. Der Staat nahm – insbesondere während der Phase der Regierung Horn – im Privatisierungsverlauf meist direkt Einfluss. Angehörige der Elite wurden Privatbesitzer / Eigentümer von Latifundien oder gelangten aus ehedem staatlichen Führungspositionen an die Spitze von in (Aktien-)Gesellschaften umgewandelten Betrieben, insbesondere dort, wo der ausländische Investor an der Expertise einheimischer Kennerschaft interessiert war.

Ablösung des Eliten-Klientelismus

Ein symptomatisches Beispiel für den geschmeidigen Übergang aus der kommunistischen Funktionärsschicht in die kapitalistische Klasse lieferte besagter Ferenc Gyúrcsany. Der vormalige KISZ-Obere erwarb in der Zeit der „ungestümen Privatisierung“ unter Gyula Horn – dessen Kabinettschefin Piroska Apró, Tochter des Kádár-Vertrauten Antal Apró, Gyúrcsánys Schwiergermutter ist – einen ansehnlichen Besitz. Nach der Wende arbeitete er zunächst als Angestellter in verschiedenen Investmentunternehmen und gründete 1992 die Altus AG, die sich zu einer der größten Investmentfirmen Ungarns entwickelte. Zudem erwarb er die ehemalige Ferienanlage der kommunistischen Regierung in Balatonőszöd am Plattensee sowie weitere Immobilien, darunter die Gebäude, in denen die Parlamentsabgeordneten ihre Budapester Arbeits- und mitunter auch Wohnräume haben. Darüber hinaus betreibt er ein Bauxit-Aufbereitungswerk dort, wo es im Komitat Veszprém 2010 zur verheerenden Rotschlamm-Katastrophe kam. Der Erwerb dieser ursprünglich staatlichen Immobilien war und ist wegen der verhältnismäßig niedrigen, teilweise in langfristigen Raten gezahlten Kaufpreise stark umstritten, was Gyúrcsany indes ebenso wenig wie die Sozialisten anficht, die er als „einer der hundert reichsten Ungarn“ von 2007 bis 2099 als Parteichef führte.

Eliten-Kontinuität über die Zeitenwende hinweg machte sich auch in den ungarischen Medien sowie in Wissenschaft und Kunst, Kultur und Justiz bemerkbar, wo ein hoher Anteil alter Kader überdauerte, die sich in rascher Metamorphose zu „Link(sliberal)en“ wendeten. Wer nicht ins „konservative“ Lager überlief oder sich an den äußersten rechten Rand begab, ficht bis heute – unter internationaler Hilfe, wobei der ungarnstämmige amerikanische Mehrfachmilliardär George Soros als „Open-Society“-Stifter die Fäden zieht – seine Kämpfe wider den „Orbánismus“ .

DIE EUROPäISCHEN KULTURKRIEGE
Ein britischer Soziologe verteidigt Viktor Orban
Zwischen der unerwarteten Wahlniederlage 2002 sowie der weiteren Verbannung in die Opposition 2006 und seinem triumphalen Wahlerfolg 2010 nutzte Orbán die Zeit, um seine Fidesz-Partei programmatisch und organisatorisch schlagkräftiger zu machen und sie in breiten Bevölkerungsschichten als einzig aussichtsreiche Alternative wider die Herrschaft aus Sozialisten und „Liberalen“ erscheinen zu lassen. Mit dem Ziel, so stark zu werden, um diese dauerhaft und eben nicht nur für eine Legislaturperiode von der Macht fernzuhalten, gründete er überall im Lande sogenannte „Bürger-Kreise“, schuf ein landesweites Netzwerk aus Wissenschaftlern, Erziehern, Ökonomen sowie willigen Kulturschaffenden und organisierte den Auf- und Ausbau von Unternehmens- und Medienkontakten, welche nach der Regierungsübernahme 2010 systematisch bis hin zur Beteiligung daran oder sogar Übernahme fortgesetzt wurden.

Seit 2010 ist also die „wahre Wende“ in Ungarn im Gange, nämlich die zielgerichtete und mitunter skrupellose Ablösung des postkommunistischen Systems mit all den Erscheinungsformen des ihm eigenen Eliten-Klientelismus. Bestärkt darin, ein „Bürgertum in Ungarn“ ebenso wie ein „bürgerliches Ungarn“ überhaupt zu schaffen und fest zu verzurren, sodass dies irreversibel ist, sah und sieht sich Orbán durch die „Revolution an den Wahlurnen“ bestätigt, die sich seit 2010 noch zweimal, 2014 und 2018, wiederholte.

Politische und gesellschaftliche Umgestaltung

Im April 2011 war das neue Grundgesetz vom Parlament verabschiedet worden, worin Orbáns Partei Fidesz-MPSz („Bund Junger Demokraten – Ungarischer Bürgerbund“) mitsamt festem Bündnispartner KDNP („Christlich-Demokratische Volkspartei“) seit 2010 über eine Zweidrittelmehrheit der Sitze verfügt. Die neue Verfassung sowie diverse sogenannte „Kardinalgesetze“ (oder „Schwerpunktgesetze“), in denen aufeinander abgestimmte Gesetzesmaterien neu geregelt wurden, bereiteten zusammen mit der Verdrängung der postkommunistischen polit-ökonomischen Netzwerke in der Legislaturperiode 2010 bis 2014 den Boden für die politische Umgestaltung.

Keine Verschämtheit mehr im Osten
Exkurs: Die ungarischen Schwerpunktgesetze sind unter demokratiepolitischem Aspekt diskussionswürdig. Gesetze, die nur mit einer Zweidrittelmehrheit im Parlament geändert werden können. In freiheitlich-rechtsstaatlichen Demokratien kann die Verfassung in der Regel nur mit qualifizierter Mehrheit, also mit Zweidrittel- oder Dreiviertelmehrheit geändert werden. Für das Erlassen normaler Gesetze genügt jedoch die einfache Mehrheit. Wenn für eine Reihe von gesellschaftlichen Regelungsfeldern wie in Ungarn künftig eine Zweidrittelmehrheit notwendig ist, so ist dies durchaus problematisch. Dass die derzeitige Opposition in Ungarn irgendwann einmal eine Zweidrittelmehrheit erzielt, ist eher unwahrscheinlich. Sollte sie aber die derzeitige Regierung aufgrund einfacher Mehrheit irgendwann ablösen, was vorerst aufgrund ihrer Fragmentierung unmöglich ist, so ist ihr die Möglichkeit genommen, auf gewisse politische und wirtschaftliche Entwicklungen mit der Änderung einfacher Gesetze zu reagieren. Denn dass die abgewählte alte Regierungspartei ihr beispringt, um die Zweidrittelmehrheit zu erreichen, ist kaum anzunehmen.

Die wirtschaftliche Neugestaltung ging indes nicht so einfach vor sich, denn die zweite Orbán-Regierung hatte von den sozialistisch-liberalen Vorgängerregierungen unter Médgyessi, Gyúrcsany und Bajnaj einen wirtschaftlichen und finanziellen Bankrott geerbt. Zuerst waren im Krisenmanagement harte Maßnahmen zu ergreifen, um die IWF-Kredite (und damit die ökonomisch-finanzielle Fremdbestimmung) loszuwerden und den Staatshaushalt zu sanieren. In der Legislaturperiode 2010 bis 2014 gelang die wirtschaftliche Konsolidierung, und von 2014 bis 2018 erholte sich auch die wirtschaftliche Entwicklung des Landes insgesamt; der Lebensstandard der Ungarn wuchs, die wirtschaftlichen Wachstumsraten zeig(t)en einen stabilen Aufwärtstrend.

Reizformel „illiberale Demokratie“

Orbáns strikte Grenzschutzmaßnahmen, die im Übrigen sowohl den Schengen-, als auch den Dublin-Vorschriften der EU entsprechen, und seine Weigerung, sich an der (hauptsächlich von der deutschen Kanzlerin Merkel gewollten) Flüchtlingsverteilung „solidarisch“ zu beteiligen, die von der EU(-Kommission) ins Werk gesetzt werden sollte, hat Orbán, der in dieser Angelegenheit die gesamte „Visegrad-Gruppe“ (außer Ungarn Polen, Slowakei, Tschechien) auf seine Seite zog, politisch-medial zum EU-europäischen „Paria“ werden lassen, was er indes gewiss nicht ist. Massive Kritik zog er sich zudem wegen des von ihm geprägten Begriffs „illiberale Demokratie“ (s.o.) zu, den er zur Beschreibung eines von ihm für unzeitgemäß, aber für zwingend notwendig und daher für Ungarn erstrebenwert gehaltenen gesellschaftlichen Zustands prägte.

BINNEN-EXIT?
Die Auflösung der EU könnte schon im Gange sein
Orbán bringt damit zum Ausdruck, dass die Liberalität in vielen westlichen Staaten zu weit gegangen sei, dass sie nämlich den Feinden der Demokratie gestatte, die Institutionen auszuhöhlen und von innen heraus zu zerstören. Damit hat er, wie nicht wenige Beispiele im Weltenrund zeigen, gewiss nicht unrecht. Falsch verstandene Toleranz wirkt letztlich zerstörerisch. Ursache dafür ist nach Orbán die „political correctness“, eine Erscheinung, die von den USA nach Westeuropa überschwappte und längst Politik- wie Medienbetrieb zu beherrschen scheint. Es sind zwei Gedanken, die ihn offenkundig dabei leiten: Er und seine Regierung sind durch die Wahlen in überzeugender Weise vom ungarischen Volke, dem Souverän, legitimiert. Warum also sollte es andere Institutionen geben, die diese Legitimation fallweise einschränken? Wenn überhaupt, dann sollten sich diese Institutionen, beispielsweise das Verfassungsgericht, auf die Korrektur formaler Mängel im Gesetzgebungsprozess beschränken. Und wieso sollte er sich, da ihm doch die überwiegende Mehrheit der Magyaren in drei Wahlen jeweils eine so überwältigende Legitimation gegeben hat, von der Opposition oder gar von „der/den Zivilgesellschaft/en“ in seine Politik hineinreden lassen. Derartige Kernüberlegungen stellt nicht nur Orbán an; nur verbergen andere Politiker in anderen Ländern geschickter derartige Gedanken und/oder versuchen deren Durchsetzung mit anderen Mitteln.

Wie ist es um die Demokratie in Ungarn bestellt? Kritisiert wird stets das Wahlrecht, welches Orbán und seinem Parteienbündnis Fidesz-MPSz/KDNP die Zweidrittelmehrheit ermöglich(t)e. Nun hat aber selbst die durchaus als „Ungarn-kritisch“ einzustufende „Venedig-Kommission“, immerhin eine Einrichtung des Europarats, festgestellt, Wahlrecht und -system entsprächen demokratischen Grundsätzen. Es ist ja – auch aus deutschen und österreichischen Erfahrungen heraus – durchaus nachzuvollziehen, dass im Interesse der Stabilität Vorkehrungen zu treffen sind, um parlamentarische Zersplitterung oder gar Regierungsunfähigkeit zu vermeiden. Es genügt, auf die Wahlsystem-Beispiele Großbritanniens, Griechenlands und der USA hinzuweisen, die bekanntermaßen nicht als „kompliziert“ oder gar als „undemokratisch“ eingestuft werden. Insofern ist es schon eigenartig, dass es im Anschluss an die Parlamentswahl vom April 2018 in Budapest Demonstrationen gab. Denn vor der Wahl haben sich die Oppositionsparteien ja nicht über den angeblich „ungerechten Wahlkampf“ respektive das Wahlrecht beschwert, sondern erst nach ihrem (von ihnen und westlichen Medien unerwarteten) abermaligen katastrophalen Abschneiden.

Die „funktionsunfähige“ Opposition

Im Gegensatz zu den Oppositionsparteien ist Orbáns Fidesz-MPSz sozusagen „flächendeckend“ zwischen dem Komitat Vas (Eisenburg) und dem Komitat Szabolcs-Szatmár-Bereg präsent ist. Selbst in kleinen Ortschaften haben die Bürger eine Anlaufstelle, um ihre Sorgen vorzutragen, während sich die Oppositionsparteien hauptsächlich auf Budapest konzentrier(t)en, was, um „das System Orbán“ abzuwählen/abzulösen, allein nicht zielführend ist. Hinzu kommt, dass sich die Oppositionsparteien, selbst wenn sie ähnliche programmatische Inhalte haben, nicht in gemeinsamen Wahllisten zusammenfinden. Es kann doch Orbáns Partei wirklich nicht angelastet werden, dass die gesamte Opposition in ihrem derzeitigen Zustand schlichtweg „funktionsunfähig“ ist. Darüber hinaus ist sowohl für die Ungarn, als auch für unvoreingenommene Beobachter evident, dass es, seit Orbán daranging, nach ersten drastischen wirtschaftlich-sozialen Notmaßnahmen zur Verhinderung des Staatsbankrotts (2010-2012) die „wahre Wende“ herbeizuführen, dem größten Teil der Bevölkerung objektiv bessergeht: Die Löhne steigen, die Wirtschaftsleistung nimmt zu und die Inflation hält sich in Grenzen. Die Staatsverschuldung wurde erheblich vermindert und ist – im Vergleich mit Ländern der EU-„Südschiene“ – moderat. Kurzum ist erkennbar, dass es den Bürgern des Landes unter der Regierung Orbán erheblich besser geht als je zuvor seit dem Systemwechsel 1989/90. Und schließlich ist resümierend festzuhalten: Kritik an „Orbáns Ungarn“ ist zwar wohlfeil; aber zu behaupten, es gehe nicht demokratisch zu in Ungarn – gar: Orbán ersetze die Demokratie durch „Demokratur“ – zeigt damit, dass er dem (ideologisch motivierten) Hass seiner zahllosen Gegner auf den Leim gegangen ist.


Reinhard Olt

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43 Kommentare

  1. Endlich einmal ein objektives Bericht über Ungarn! Die FAKENEWS gehen aber munter weiter! Es stimmt, dass die „Kanzleramt“ Ungarns ab heute aus dem Parlamentsgebäude auszieht. Es heißt dort Ministerpräsident Amt. IN DEUTSCHLAND hockt Merkel auch nicht in dem REICHSTAG! Und in den anderen Ländern auch nicht. Trump Kennedy hatten ihr Amtssitz in dem WEISSEN HAUS!
    Wenn jemand noch nicht in Budapest war: BURG ist auf der budauer Seite ein ganzes Areal!
    https://www.t-online.de/nachrichten/ausland/eu/id_85017084/ungarn-viktor-orbans-neue-pracht-residenz-auf-der-burg-von-buda.html
    Wenn jemand ungarisch spricht, kann er selbst lesen. Sonst die Bilder anschauen, gar nicht protzig!
    http://www.origo.hu/itthon/20181223-orban-viktor-karmelita-kolostor-budai-var.html

  2. Endlich einmal ein objektives Bericht über Ungarn! Die FAKENEWS gehen aber munter weiter! Es stimmt, dass die „Kanzleramt“ Ungarns ab heute aus dem Parlamentsgebäude auszieht. Es heißt dort Ministerpräsident Amt. IN DEUTSCHLAND hockt Merkel auch nicht in dem REICHSTAG! Und in den anderen Ländern auch nicht. Trump Kennedy hatten ihr Amtssitz in dem WEISSEN HAUS!
    Wenn jemand noch nicht in Budapest war: BURG ist auf der budauer Seite ein ganzes Areal! Häuser, Kirchen, Hotels, Institutionen, Museen gibt es dort. UND auch der abgebildete Burg mit Museen, Nationalbibliothek, und so weiter. In der kommunistischer Zeit hat sein Büro des Staatspräsident, Ministerpräsident in dem Parlament – auch die PARTEI, die so wie so alles zu bestimmen hat. NACH DER WENDE erstmal blieb alles, so, gegen RECHT. Parlament, Ministerpräsident, Staatspräsident und Verfassungsgericht wir aus dem Parlament verbannt. Dort haben sie nichts zu suchen!
    Also, der Staatspräsident ist „in den Burg“ umgezogen, und jetzt auch der Ministerpräsident auch. Der Ministerpräsident kommt mit seinen Mitarbeiter in ein Kloster! Karmeliten Kloster – ziemlich PURITAN eingerichtet. Aber weder Orban, noch der Staatspräsident sind in DEN BURGPALLAST eingezogen. Die demokratische Macht Verteilung wurde hier in das ORIGINALE widerhergestellt. Verfassungsgericht kommt in sein ursprünglichen Sitz, gegenüber dem Parlament, wo früher die Völkerkundemuseum war. Dieses wiederum kommt in die neue Museumareal in Varosliget.
    Was hier suggeriert wird ist einfach UNWAHR – besser: LÜGE!
    https://www.t-online.de/nachrichten/ausland/eu/id_85017084/ungarn-viktor-orbans-neue-pracht-residenz-auf-der-burg-von-buda.html

  3. Danke, Herr Olt, für diesen Einblick in die Haltung der Magyaren. Ein wichtiger Beitrag für alle (insbesondere auch die Brüsseler Intelligenzia), die noch immer nicht durchblicken, warum die Regierung Ungarn’s (nach der unsäglichen Landnahme Trianon 1920!) und anderen „Wegelagerern“ den verbliebenen Rest verteidigen muss, weil das der Wille des Volkes ist.

  4. Früher galt die “ deutsche Eiche “ als Synonym für Kraft und Unbeugsamkeit. An die Stelle der morschen und von Schädlingen befallenen deutsche Eiche ist die “ Ungarische Eiche “ getreten.

  5. Habe nach der Wende 89 die ehemalige DDR, Ungarn, sowie die Tschechoslowakei geschäftlich kennengelernt. Die in Mitteldeutschland eingefallenen, westdeutschen Glücksritter, waren Chorknaben gegen den aus aller Welt in Ungarn und der Tschechoslowakei eingeflogenen „Dollar“ Business-Man“. Der hat sich zusammen mit der alten korrupten, kommunistischen Garde die besten Filetstücke heraus gepickt. Von daher auch der bis heute weiterbestehende Unmut des normalen Bürgers. Wir werden in dieser Angelegenheit zukünftig noch einige unliebsame Überraschungen erleben.Außer UNGARN und der Slowakei müssen alle Länder „künstlich „ ernährt werden. Von uns durch die EU. Und EU sucht ja noch weitere Kandidaten!

  6. In den ungarischen Medien nimmt man sehr genau zur Kenntnis ,dass im Hintergrund der unfreundlichen, oftmals boshaft und falschen Berichterstattung über Ungarn in Deutschland ,das Berliner Kanzleramt agiert.
    Es ist ein Treppenwitz der Geschichte, dass die, die dafür maßgeblich Verantwortliche, ihre Kanzlerschaft allein gerade den Ungarn zu verdanken hat.
    Ohne das mutige Vorgehen der Ungarn ’89 bei der Grenzöffnung, gerade auch damals gegen den erbitterten Widerstand aus Berlin, würde diese Frau vermutlich noch immer als FDF-Sekretärin für Agitation und Propaganda umherlichten.
    Während sich ein Orbàn schon damals an die Spitze der friedlichen Umwälzung in seinem Land gestellt hat, was damals noch mit persönlichem Risiko verbunden war, sass eine Merkel am 9.November ’89 , nur mit einem Handtuch bedeckt und völlig unbedarft in einer Sauna…..
    Ich habe das Vergnügen aus familiären Gründen, das Ungarische zu sprechen und so einen direkten Zugang zu den ungarischen Medien zu haben.
    Der Unterschied zum medialen Einheitsbrei in Deutschland ist mithin so gravierend, dass ich ,wie ca.250 Millionen andere Europäer auch, auf den Konsum deutscher Medien verzichten kann. Das was wirklich relevant ist, entnehm ich den ungarischen Medien . Ich fühl mich gut informiert, sowohl bei den Regierungsnahen als auch bei den Oppositionsmedien, die ihre Rolle ernst nehmen.

    • Vielen Dank für den Link.
      Interessantes und aufschlußreiches Interview.

  7. Herr Olt , ich weiß nicht ob Sie ungarisch sprechen und wieweit Sie dort leben, gelebt haben und auch die dortigen Medien verfolgen. Nun ich bin quasi in beiden Ländern daheim , spreche ungarisch, da ich 2 sprachig mit deutsch/ ungarisch aufgewachsen bin. Meine Mutter ist gebürtige Ungarin, mein Vater Bayer ?. Meine Großeltern leben noch in Budapest, ebenso wie einige andere Verwandte.
    Viktor Orbán ist seit seiner ersten Regierung , wo er noch recht liberale Ansichten hatte ( im Übrigen ist er auf Grund eines Soros Stipendiums nach Oxford) eine entscheidende Wandlung durchlaufen. Heute ist er neben vielen Dingen auch ein Opportunist – kuschelt mit Putin ( in heftigem Gegensatz zu Polen) , ebenso mit Erdogan. Orban redet ständig von christentum und ungarntum, hat sich völkisch – national entwickelt . Dies können Sie in jedem Fernseh Programm mitverfolgen. Es strotzt nur so von „ ungarntum“.Die ÖR Sender dort sind nicht einen Hauch anders als hier, voll auf Linie. Orban erinnert an die Unfreiheit der Ungarn unter Türken und Russen. Er weiht gleichzeitig das Grab von Gül Baba mit Erdogan ein und preist die Errungenschaften unter der türkischen Herrschaft.
    Mehr als 500,000 hoch qualifizierte Menschen haben das Land verlassen und es herrscht extrem Knappheit an Arbeitskräften – daher auch sein kritisiertes Gesetz bzgl mehr als 400 Stunden. Wobei hier der casus knacksus eher bei der Bezahlung nach max. 3 Jahren liegt. Kritik an ihm und seiner Politik grenzt an „ Hochverrat“ ( hazaárulàs) – dies fällt schon ab und an auch in den ÖR Medien.
    Sein Erfolg und darauf basiert auch seine letzte Wiederwahl , ist die Migrationspolitik. Viele können Orbáns Politik nicht wirklich leiden, aber das ist sein stärkstes Argument – er ist der garant für Sicherheit. Einige seiner Freunde sind während der Regierungszeit sehr reich geworden – Vetternwirtschaft liegt mehr als nur nahe.
    Die Opposition lag und liegt zum Teil darnieder jedoch dies Überstunden Gesetz hat es geschafft viele Teile der Gesellschaft in widerstand zu einen. Neue Medien entstehen wo kritische Stimmen zu hören sind. Orbán begeht vielleicht den Fehler aller autoritären Politiker und meint er steht über alles und jeden. Irgendwann wird diese eindimensionale Politik nicht mehr reichen, ebenso wenig wie das Mantra vom „ Magyarság“ ( ungarntum)
    Antisemitismus ( zumindest kein offener) ist allerdings aus meiner Sicht nicht so ein Problem. Netanyahu war fast eine Woche in Ungarn und hat sich lobend zur Situation der Juden in Ungarn geäußert, Orbán geht auch ziemlich strikt gegen offenen Antisemitismus vor. Er ist von einer großen Mehrheit der Wähler in einer demokratischen, geheimen Wahl wiedergewählt worden. Man wird in der Europa Wahl nächstes Jahr sehen wie die Zustimmung ist und dann schließlich in 2021 bei der nächsten nationalwahl in Ungarn.
    .

    • „Sein Erfolg und darauf basiert auch seine letzte Wiederwahl , ist die Migrationspolitik.“ Die richtige Migrationspolitik ist allerdings auch der Dreh- und Angelpunkt für das Überleben von uns allen in Europa. Insofern liegt Herr Orban da sehr richtig. Er hat erkannt das all diejenigen, die Ihre eigene Identität verleugnen und sich dem Islam unterwerfen, letztlich den zukünftigen Verlierern gehören.
      Kohls Vision war ein Europa der „nationalen Identitäten“. Ein freies, nicht zentral gestaltetes Europa in dem die Menschen sicher Leben und Handeln betreiben sollten. Dazu gehören auch die jeweiligen Werte und ja, auch das Christentum. Diese Einstellung passt den postkommunistischen Kräften jedoch keineswegs, sie wollen ein zentral verwaltetes sozialistisches Europa, mit oder ohne Islam. Der mit der Migration importierte Scharia-Islam ist jedoch ein willkommenes Hilfsmittel des postkommunistischen Establishments um die jeweiligen Bevölkerungen zu spalten, Tod und Verderben in die Länder zu tragen, und damit die eigenen Ziele besser voranbringen zu können.
      Und ja, ich stimme Ihnen zu, der Antisemitismus scheint kein akutes Problem in Ungarn zu sein. Aber nur deshalb weil keine islamischen Judenhasser Millionenfach importiert werden.

  8. Die Situation nach der Wende in Ungarn war ähnlich wie in Rumänien im Falle zweitens, immer noch ohne positiven Ende. Die Ablösung des postkommunistischen Systems hat dort immer noch nicht begonnen. Ganz schlimm traf hier die deutschen Minderheiten deren Aufnahme als Aussiedler und somit Gleisstellung als Deutsche seit 1998 abgelehnt wird. Es wird vermehrt auf die Freizügigkeit hingewiesen, die für deutsche Volkszugehörige aus dem Banat und Siebenbürgen die 10 Jahre in Aussiedlerverfahren, die anschließend abgelehnt wurden hängten, keine Wirkung entfalten kann. Die Freizügigkeit erteilt diesen Deutschen die deutsche Staatsangehörigkeit nicht, so wie es durch den Aussiedlersatus der Fall ist. Auch mittlerweile alte, kranke Deutsche können damit nichts anfangen. So beinahe für die Rechte alle Minderheiten dieser Welt ist die Bundesrepublik in die Pflicht getreten, nur die eigenen Minderheit hat man 1998 entsorgt, während alle andere Minderheiten in den Nachbarstaaten Ungarn, Rumänien, Kroatien, Moldawien die Staatszugehörigkeit erhalten.

  9. In welchen Land/System geht es den Menschen wohl besser…im links-sozialistischen Venezuela oder im rechts-konservativen Ungarn….im Planwirtschaftlichen/Staatsbürokratischen Venezuela oder im marktwirtschaftlichen Ungarn….wo geht es den Menschen besser…welche Gesellschaft ist Freier…die links-sozialistische oder die rechts-konservative?!
    Und auf welchen Weg befinden wir uns in EU-Deutschland…einen links-sozialistischen Weg im Grünen Tarnkleid….in eine neue Diktatur auf europäischen Boden!

  10. Aufgrund der widersprüchlichen Aussagen über Ungarn befindet man sich ständig im Widerstreit der Gefühle. Wem kann geglaubt werden? Ist der ungarische Ministerpräsident nun der Bösewicht als der er von der EU gläubigen und den deutschen Mainstreammedien beschrieben wird, oder will er die gewonnene Unabhängigkeit dazu nutzen, ein Land in Freiheit und Eigenverantwortlichkeit aufzubauen. Es mag sein, dass der eine oder andere politische Schachzug dem westlichen Demokratieverständnis zuwiderläuft. Auf der anderen Seite ist auch klar, wo gehobelt wird, da fallen Späne. Und wenn ich mir sein Agieren in der Migrationspolitik ansehe, dann kann man den Ungarn zu ihrem Ministerpräsidenten nur gratulieren. Der Knackpunkt für einen wahrhaften Regierungschef ist: Stützt sein Volk seine Regierung (Nicht zu verwechseln mit der Stützung durch ein lausiges Parteienbündnis!).
    Er versucht sein Land zu schützen und es in eine hoffentlich glückliche und prosperierende Zukunft zu führen. Die zeitgenössische deutsche Politik dagegen wird uns weder Glück bescheren noch in eine prosperierende Zukunft führen.

    • „Wem kann geglaubt werden? Ist der ungarische Ministerpräsident nun der Bösewicht als der er von der EU gläubigen und den deutschen Mainstreammedien beschrieben wird, oder will er die gewonnene Unabhängigkeit dazu nutzen, ein Land in Freiheit und Eigenverantwortlichkeit aufzubauen.“
      Nun ist die Wahrheit nicht eindeutig schwarz oder weiß. Dass er von der Mehrheit der Magyaren unterstützt wird, ist zweifellos. Dass er für die Ex-Kommunisten nur Verachtung übrig hat, ist auch offensichtlich. Gleichzeitg ist er bzw. seine Familie und Seilschaft der Korruption zugeneigt, das läßt sich nicht verneinen. Aber… liegt das nicht in der Tradition dieser Gegend? Balkan, Rumänien, Greichenland, Bulgarien… und dazu Ungarn. Jahrhundertalte Bakschisch-Sitte. Die Kommunisten waren korrupt, die Postkommunisten waren ebenfalls korrupt. Wer ist in Ungarn noch nicht korrupt gewesen? Jobbik, weil er nicht an der Macht gewesen ist. Wenn ich mit den Menschen hier auf dem Lande rede, dann höre ich manchmal die Vorbehalte gegen Orbán. Nur wenn ich frage, wen haben sie den das letzte Mal gewählt, dann kriege ich als Antwort: Jobbik. Wäre das besser für Ungarn? Wer weiß, für die EU wäre das aber Albtraum.
      Übrigens, die Deutschen, Holländer, Österreicher und Schweizer fühlen sich hier, in Westungarn oder Budapest pudelwohl. Das einzige Problem (außer der Sprache, die angeblich vom Teufel erfunden wurde) ist die mangelnde ärztliche Versorgung. Die Ärzte gehen nämlich dort, wo sie besser verdienen. Und das ist Deutschland, Österreich, Schweiz. Nur die Zahnärzte harren hier aus. Die haben die gutzahlenden deutschsprachige Kundschaft.
      Viele Grüße aus Veszprém

      • Danke für die Ergänzung.

  11. Zunächst vielen Dank, dass ein deutsches Medium eine Analyse abseits von die Ungarn im Allgemeinen und Orbán im Speziellen sind böse bringt. Die Aufarbeitung des Sozialismus ist ein großes Problem nicht nur in Ungarn oder Polen sondern auch in Deutschland. Maßgebliche Personen haben sich nach der Wende in einflußreiche Positionen gehievt. Deswegen ist die Aufarbeitung dieser Zeit und seiner handelnden Personen absolut notwendig! Das Spielen der Nazikarte kommt gerade auch aus dieser Ecke.

    Ein paar Anmerkungen zum besseren Verständnis der ungarischen Situation. Die sozialistische Vorgängerregierung hatte maximal abgewirtschaftet. Die Wahlen 2006 gewannen sie, weil sie die Situation des Landes massiv falsch darstellten. Dies wurde der Bevölkerung im Zuge der Őszeder Rede klar. Es kam zu massiven Protesten, die teilweise mit unverhältnismäßiger Härte niedergeschlagen wurden. Dann wurde Ungarn im Strudel der Lehman-Pleite fortgerissen. Viele Menschen verloren massiv durch Euro/Franken-Kredite und Arbeitslosigkeit. Die Regierung musste den IWF ins Land holen und sich seinem Diktat unterwerfen. Etwa zeitgleich wurde bekannt, wie hemmungslos sich die sozialistischen Kader bereicherten. Noch vor der Wiederwahl Orbáns wurden etliche MSZP-Funktionäre wegen Korruption verurteilt. Dass Orbán 2010 erdrutschartig gewann, wundert da wenig.

    Auch nicht, dass es die sozialistische Opposition es nicht schaffte, sich als Alternative aufzustellen. Es ist bezeichnend, dass eine von den deutschen Medien als rechtsextrem bezeichnete Partei die größte Oppositionspartei ist. Die sozialistischen Korrupties wollen die wenigsten Ungarn wiederhaben.

    Ferenc Gyurcsány selbst trug und trägt auch seinen Teil zur Schwächung der Opposition bei. Erstens gründete er eine eigene Partei, was den Sozialisten richtig weh tat. Und dann kocht er bei Wahlen immer noch sein eigenes Süppchen, so dass die vielbeschworene Einheit der Opposition nichts weiter als Mundkarate ist. Auch steht sein Ego einer erfolgreichen sozialistischen Opposition im Weg. Er sollte sich aus der Politik zurückziehen. Deswegen ist für Orbán nicht die sozialistische Opposition der schärfste Gegner, sondern der Jobbik. Der kann dann auch genüßlich auf Orbáns Mauscheleien verweisen, was von sozialistischer Seite eher unglaubwürdig ist.

    Noch ein Wort zur illiberalen Demokratie. Damit ist mitnichten die Einschränkung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung in Ungarn gemeint. Sondern ein Gegenentwurf zur neoliberalen Ideologie, die in Ungarn unter den Sozialisten verheerend wirkte. Orbán hat Grundversorger und die wichtigsten Banken verstaatlicht, die Verursacher der Krise in Form von Steuern an der Bewältigung der Krise beteiligt und allzuheftige Unternehmensfreiheiten per Gesetz beschnitten. Bislang gibt der Aufschwung Orbán recht. Jedoch muss man konstatieren, dass der Aufschwung bei vielen nicht angekommen ist. Das Lohnniveau stagniert und wie unter den Sozialisten sind zwei Jobs durchaus üblich. Die Preise haben sich dagegen dem Aufschwung angepasst.

    Wenn Orbán es mit der Korruption nicht übertreibt und der Aufschwung sich stärker im Portmonee der Ungarn bemerkbar macht, könnte Orbán die nächste Wahl wieder gewinnen. Er sollte jedoch aufpassen, dass die Menschen seiner nicht überdrüssig werden und rechtzeitig die Nachfolge regeln.

  12. Der Feind meines Freundes ist auch mein Feind, heißt es in einem Sprichwort.

    Herr Olt, herzlichen Dank für diese Beschreibung und Analyse der wirklichen Verhältnisse in Ungarn unter der Führung von Viktor Orbán. Die MSM scheuen sich wie so oft die Wirklichkeit abzubilden und ersetzen diese durch genehme Narrative.

    Aus Ihrem Beitrag ist deutlich erkennbar, dass Viktor Orbán der Feind der ungarischen postkommunistischen Eliten ist. Aus der jüngsten Vergangenheit wissen wir auch, dass Viktor Orbán der Feind der linken und marxistischen Eliten in der EU ist. Konkludent bedeutet das, dass linken und marxistischen Eliten in der EU die Freunde der ungarischen postkommunistischen Eliten sind. Damit erklärt sich nicht nur die Haltung der Kanzlerin und in ihrem Gefolge der GrünInnen, das zeigt auch deutlich, wer die Kanzlerin und die GrünInnen wirklich sind und warum sie so vehement gegen Viktor Orbán vorgehen…

    • Ich maße mir an, die gesellschaftspolitische Situation in Ungarn recht gut beurteilen zu können und stimme Ihnen zu. Es sind auch bei uns die Postkommunisten, Marxisten, SozialistInnen in grüner Maskarade und sonstige „arbeitsscheue, Neidhammel „, die als „neureiche Elite“ sich gar nicht vorstellen können, dass man auch mit Fleiß, Selbstverantwortung, Respekt vor Kollegen und Vorgesetzten einen Staat wieder aufbauen kann.

      • „….Postkommunisten, Marxisten, SozialistInnen in grüner Maskerade….“
        Treffende Aufzählung.

  13. Es ist ein Kennzeichen der Neuen Linken, gerade in Europa, besondere Formen des nationalen Selbstverständnisses, das sich aus der Geschichte der einzelnen Völker ergibt, durch ein neues, politisch korrektes Selbstbild ersetzen zu wollen. Dazu gehören Ökologismus, Gender-Ideologie, einseitige links-grün interpretierte politische Korrektheit an sich und vor allem eine internationalistische, also links motivierte Ablehnung der Nationalstaatlichkeit, wie sie von sehr vielen Grünen, weiten Teilen der Linken (leider z. T. auch in der SPD und in der CDU) offen oder indirekt propagiert werden! Dazu gehören natürlich auch die erwünschten „offenen Grenzen“…! Dass gerade europäische Länder (Ungarn, Polen u. a.), die z. T. seit Jahrhunderten immer wieder aufgrund von Kriegen, Teilungen, Besatzungen, Fremdsteuerung enorm zu leiden hatten ( bis Ende der achtziger Jahre des letzten Jahrhunderts durch den roten Terror), sich heute auf ein nationales Erbe besinnen wollen, ist mehr als verständlich. Daher rühren die oft rigide Ablehnung versuchter europäisch-internationalistisch motivierter Einflussnahmen, die die speziellen kulturellen Identitäten zugunsten eines doch sehr abstrakten Verfassungspatriotismus auflösen wollen, der selbst natürlich wiederum vor allem „links-progressiv“ und anti-national gedeutet wird, der die Begriffe „national“ und „nationalistisch“ immer gezielt und unlauter gleichsetzt. Statt den oben genannten Ländern mit historischem Verständnis zu begegnen, will man sie nun politisch korrekt unter dem Dach des europäischen Hauses mit seinem abstrakten Verfassungspatriotismus „versammeln“. Das zieht Widerstand der besagten Länder nach sich, gerade den Ungarns und Polens. Was oft vergessen wird: Die Gedanken der Aufklärung gingen einher mit dem Wunsch nach autonomer Nationalstaatlichkeit -auch und vor allem in Deutschland- als Voraussetzung der Umsetzung aufgeklärter, demokratischer Gesellschaftsformen. Gerade einem“grenzenlose Internationalismus“, und sei es heutzutage „nur“ einem europäischen, misstraute man vielerorts gerade aufgrund der europäischen Geschichte und tut es unter Geschichtsbewussten bis heute.

    • Brüssel kann oder will nicht zwischen „größenwahnsinnigem“ Nationalismus und gesundem Patriotismus unterscheiden.

  14. Ausgerechnet Deutschland sollte sich mit moralischen Entrüstungen zur angeblichen Demontage des Rechtsstaats an die Adresse der Visegrád-Staaten zurückhalten, wo es doch selbst eine seit mehr als drei Jahren permanent rechtsbrüchige Regierungschefin, nicht nur unwidersprochen gewähren lässt, sondern vasallenhaft, über alle Altparteien hinweg, deren staatszersetzenden Kurs sogar noch stützt.

  15. Ungarn wird zur Zeit zum europäischen Exilland Nummer Eins für demokratische Flüchtlinge aus Deutschland und Österreich, Holland und Dänemark, Luxemburg und Belgien, die dem Strom der barbarischen Invasion besonders nach Deutschland ausweichen, für alte weiße Männer und junge weiße Frauen.

    Das Immobiliengeschäft besonders rund um den Balaton blüht. Nicht nur hier lassen sich in Ungarn EU-Bürger nieder, die finanziell unabhängig sind oder in weiser Vorausschau des EU- und Euro-Zusammenbruchs sich eine Bleibe in Frieden und Freiheit sichern. Die Autokennzeichen und besseren Mittel-und Oberklassemodelle auf den Parkplätzen der großen Einkaufszentren mit den auch in Deutschland bekannten Großmarken wie Lidl oder Obi sprechen eine deutliche Sprache.

    Handwerker sind knapp. Die Löhne steigen. Das Land ist gerade im Vergleich zu Deutschland sicher und kriminalitätsfrei. Hier kann man abends auch als Frau oder Rentner unbehelligt von Bereicherern das Haus verlassen und spazieren gehen. Kopftücher sind im Straßenbild nicht zu entdecken. Kippas dürfen getragen werden.

    Grüße aus dem westtransdanubischen Exil.

    • Also in Ungarn sind die Preise für Immobilien niedriger als in Österreich. Natürlich steigen die Kosten dort auch eben wegen der vielen Westeuropäer die sich da niederlassen. Doch es fahren viele dahin um sich da günstigen Zahnersatz einsetzen zu lassen. Die meisten Deutschen wandern aber immer noch nach Spanien aus, denke das wird auch so bleiben. Was wird nach Orban da kommen, Ungarn ist politisch auch ein geteiltes Land. Arme Leute will kein Land der Welt, egal ob Ungarn oder Kanada.

      • „Die meisten Deutschen wandern aber immer noch nach Spanien aus, denke das wird auch so bleiben.“

        Wer bis Drei zählen kann, verläßt die nördlichen Mittelmeerküsten. Es gibt sogar Deutsche, die bis Vier zählen können. Spanien ist schon längst keine Option mehr.

    • Hallo, WolfgangZ,

      ich kann Ihre Einschätzung nach einem dreitägigen Budapestaufenthalt 2018 eindeutig bestätigen, vor allem in Bezug auf das jüdische Leben dort, das hier in Deutschland durch Rechtsextremismus, Islamofaschismus und linken Antisemitismus, mühsam, aber erfolglos, als „Antizionismus“ getarnt, eingeschränkt ist! Leider würde mir das Erlernen der ungarischen Muttersprache, die nicht zu den indoeuropäischen Sprachen zählt, äußerst schwerfallen, so dass ich mich scheute, nach Ungarn auszuwandern, wenn ich nicht dessen Sprache spräche, was zur Integration einfach dazu gehört!
      Ihnen alle Gute und viel Glück in der neuen Heimat!!

      • @ Thomas Jacobs

        Wer wie Sie in der deutschen Sprache derart zuhause ist, daß er den Konjunktiv Präsens lässig dahinschreibt, der wird auch mit dem ungarischen Dampfschiffahrtskapitänsversicherungsvizepräsidenten einer wie das Deutsche agglutinierenden Sprache zurechtkommen. Gewiß will (fast) jede Vokabel ohne Verbindung zu Bekanntem gepaukt sein, jedoch wirkt auch hier der Wiederholungszwang durch das Alltagsleben. Nur Mut. Die Ungarn haben Verständnis für die Indogermanen, weil sie um ihre eigene Besonderheit – mit einem verständlichen Stolz – wissen. Und in der jungen Generation ist das Englische durchaus verbreitet, im Westen Deutsch für den Übergang eine Stütze.

        Szeretettel üdvözöljük és boldog új évet kívánok!
        (Wörterbuch Online laden, und schon geht’s los!)

      • Ich danke Ihnen für Ihre Mut machende Einschätzung meiner sprachlichen Fähigkeiten!
        Bis zur Pensionierung meine Frau habe ich noch genug Zeit, mich in das Ungarische einzuarbeiten!

        Ihnen alles Gute,

        Th. Jacobs

  16. Ein wichtiger Punkt, warum Ungarn keine Flüchtlinge, vornehmlich islamische, aufnehmen will, liegt in seiner langjährigen Geschichte. Die Magyaren waren von Mitte des 16. Jhd 145 Jahre lang von den türkischen Osmanen besetzt. Danach kamen die Habsburger, dann die Faschisten und dann über lange Zeit die Kommunisten.
    Während das historische Bewußtsein unserer politisch-medialen Kaste erst ab 1933 beginnt, fällt es ihnen daher schwer, sich in die Gefühle eines kleinen und freiheitsliebenden Volkes hineinzuversetzen. Vor allem dann nicht, wenn es nicht von rot-grünen Politikern regiert und regiert werden will.

    • Zustimmung. Ich spreche der o. g. Kaste jegliches historisches Interesse ab. Von Empathie ganz zu schweigen.

  17. Wir in Deutschland sind Ungarn und Polen nicht voraus, sondern wir hinken ihnen 10-20 Jahre hinterher. Wir werden im kommenden Jahrzehnt ebenso eine Volkstribun-artige Führungsfigur benötigen, mit deren Hilfe die links-grüne Machtelite im gesamten Staatsapparat inkl. der Medien entmachtet wird. Österreich, Dänemark, Italien und Frankreich sind auf diesem Weg bereits viel weiter vorangeschritten als wir. Deutschland ist politisch mal wieder Schlusslicht, Nachzügler und Bremsklotz in Europa. Das wird uns wie immer teuer zu stehen kommen. Wenn wir zu lange warten, droht uns wie in jedem sozialistischen System ein massiver wirtschaftlicher Niedergang begleitet von staatlichem Totalversagen, Währungsverfall, Massenarbeitslosigkeit, Kapitalflucht und Auswanderung aller Hochqualifizierten.

    • „…..Niedergang begleitet von staatlichem Totalversagen, Währungsverfall, Massenarbeitslosigkeit, Kapitalflucht und Auswanderung aller Hochqualifizierten.“
      Das ist alles bereits voll im Gange, wird allerdings durch die MSM gedeckelt.

  18. ….von postkommunistischem Klientelismus geprägt.

  19. Was veranlasst den Autor zu dem Urteil, Orbans System sei eine Abkehr vom postkommunistischen Eliten-Klientelismus? Es ist doch vielmehr einfach nur ein anderes Eliten-Klientel, welches nunmehr die Pfründe unter Missbrauch staatlicher Macht untereinander verteilt.
    Auch wenn Orban auf einigen Politikfeldern erfolgreiche Politik betreibt: sein Machtsystem ist durch und durch von postlp

  20. Und Orban gilt bei einem Großteil der ungarischen Bevölkerung als sehr glaubwürdig und beliebt. Die Menschen registrieren, dass er das Land voranbringt und sie vor Schaden beschützen will.
    Eigentlich sollte das überall so sein. Sich dafür als verkappter Diktator beschimpfen zu lassen, ist der glatte Hohn.

    • MP Orban ist bei allen Bevölkerungsschichten beliebt. Selbst einst dem „Schlendrian“ verfallene Sozis genießen den freien Markt. Gleichwohl ob in Fabriken, in Weinbergen oder bei Puszta-Bauern.

  21. Die westliche Gesellschaftsform, gemeinhin als westliche Demokratie verstanden, ist an seine Grenzen gestoßen. Im Grunde ist diese Gesellschaftsform sogar gefährlich für das Überleben eines Volkes. Westliche Demokratien können nur funktionieren, wenn man es Global betrachtet und so auch anwendet. Vor allem muss die Religion aus dieser Betrachtung völlig herausgehalten werden. Religion ist ein rein persönliches Hobby. Religionen dürfen nicht mehr staatlich finanziert werden und es darf kein Studium daraus hergeleitet werden. Schließlich kann ich auch das Felsklettern, Bodybuilding, Murmelwerfen nicht an einer Universität lehren oder erlernen.
    Demokratien funktionieren nur, wenn es alle 184 Saaten ? praktizieren und die Religionen aus dem Alltag der Menschen verschwindet. Zurecht sagen jetzt alle, eine Utopie. Völker müssen zusammenhalten und sich also schützen. Die beste Form dieses zu schaffen sind diktatorische Systeme (Diktaturdemokratien). Putin, Erdogan, Kim, Abdullah bin Salam und vor allem Xi Jinping demonstrieren das eindrücklich. Orban und Jaroslaw Kaczynski sind dieses System in Europa am etablieren, mit Erfolg. Man hält sich diese zerstörerische Menscheninvasion aus Afrika/Süd-Ost-Asien vom Hals. Australien, Neuseeland und Canada verdienen eine genauere Betrachtung. Diese sind besonders beliebte Einwanderungsländer und verstehen es trotz Demokratie diese unheilvolle Masseneinwanderung Afrikanisch-Moslemischer Gruppen aufzuhalten. Wie machen die das? Gibt es da keine Linken, Roten, Grünen Gutmenschen in der Gesellschaft? Sind dort Männer in der Wählermehrheit?
    Hier sollte man näher hinschauen.

    • Kanada ist gerade dabei, mit dem Gutmenschen Trudeau an der Spitze seine Vorteile zu verspielen.

  22. Ein schöner Text, der die „gefühlte“ Wahrheit bestätigt. Ungarn hält sich an geltendes Recht und bemüht sich, eine funktionierende Marktwirtschaft aufzubauen. Die Diffamierungen aus anderen EU-Kreisen, insbesondere aus Deutschland zeigen, in welche Richtung es bei uns gehen soll.

      • Sollten sie recht haben, kleiner Till, wäre das mein schönstes Weihnachtsgeschenk. Apropos: Frohe Weihnachten!

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