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Ein Standpunkt

Eine kurze Geschichte der putinistischen Besatzungsoblaste Deutschland Nord, Süd und Mitte

05.03.2022

| Lesedauer: 13 Minuten
Angenommen, russische Truppen würden an den Rhein vorstoßen: Wer würde sich bei ihnen als Hilfskraft melden? Hier wird schon mal das Statut für eine gelungene Besatzung skizziert. Und es sieht anders aus, als viele denken.

Ich gehöre zu denjenigen, für die der Anblick russischer Besatzungstruppen im Alltag nichts Besonderes war. Ein Verwandter aus unserer Familie leitete eine LPG (Jüngere können bei Luisa Neubauer nachschlagen, sie empfiehlt die Wiedereinführung der kollektiven Lebensmittelerzeugung in Kapitel eins ihres Buches); der LPG-Onkel betankte sein Auto mit Sprit, den er der nahgelegenen russischen Garnison abkaufte, natürlich schwarz.

Manchmal, wenn ich im Zug der Reichsbahn saß, stieg auch eine Abteilung feldmarschmäßig ausgerüsteter Sowjetsoldaten zu. Die pushka setzten die Soldaten zwischen den Knien ab, der eine oder andere auch eine RPG 7, die olivgrüne sowjetische Standardpanzerfaust mit dem keulenartigen Geschossteil. Dann wurde es ein bisschen eng. Wenn die Feldmarscheinheit im Zug mitfuhr, überlegte ich immer, ob ihr Kommandeur seine kompletten Spritvorräte an Leute wie Onkel Klaus verscherbelt hatte, und was dieser Offizier dann eigentlich mit seinem Ostmarkbündel anfing.

Sie sehen, ich interessierte mich schon damals für Dinge, die mich nichts angingen. Die Laufbahn des Journalisten deutete sich zart an.

Obwohl ihre Gegenwart dazugehörte, kam es nur sehr selten zu Unterhaltungen mit den Soldaten. Das lag auch an unserem Russisch-Unterricht, der darauf zielte, die Kommunikation mit russischen Muttersprachlern zu unterbinden, indem er uns dazu anhielt, Sätze auswendig zu lernen wie: „Lieber Igor, heute möchte ich dir einige Fakten über das Chemiekombinat in unserer Heimat berichten.“

Das traf weder unseren Geschmack noch den der Streckenposten, den einzigen sowjetischen Uniformierten, mit denen wir ab und zu sprachen. Diese Posten standen meist unter einer Brücke oder an einem anderen halbwegs geschützten Platz, wenn Militärkolonnen zu einem Manöver fuhren. Sie hatten darauf zu achten, dass die Fahrzeuge an der richtigen Stelle abbogen. Manchmal mussten sie zehn Stunden oder länger an der gleichen Stelle bleiben. Sie fragten uns auf Russisch nach Zigaretten. Angeblich wussten viele sowjetische Soldaten nicht einmal genau, in welchem Land sie sich befanden.

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„Tichys Einblick“ – so kommt das gedruckte Magazin zu Ihnen
An diese Begegnungen, bei denen Zigaretten gegen spasibo getauscht wurden, erinnerte ich mich, als es in den Nachrichten hieß, der Bürgermeister der von russischen Truppen besetzten Stadt Cherson in der Ukraine hätte den Einwohnern mitgeteilt, die Stadt beherberge jetzt bewaffnete Gäste, deren Anweisungen besser befolgt werden sollten. Daran, dass er die Anwesenheit dieser Gäste nicht wünschte, ließ er keinen Zweifel. Angeblich – man kann es ja schlecht überprüfen – soll er den Einwohnern gesagt haben, sie sollten nicht auf die Gäste schießen, und den Gästen, er werde ihnen keine Versprechungen machen.

Natürlich unterscheidet sich die Besetzung in Cherson von der Anwesenheit der Sowjetarmee in der Leipziger Tieflandsbucht. Dort lag der Krieg fast zwei Generationen zurück, es war ein Krieg unter ganz anderen Vorzeichen. Trotzdem gab es weder Hass noch Verachtung von Seiten der Besatzungssoldaten. Umkehrt auch nicht. Wer das politische System ablehnte und 1989 in der Leipziger Tieflandsbucht dagegen demonstrierte, sah einen sowjetischen Rekruten nicht als Feind. Die Demonstrationen richteten sich sowieso gegen inländische Satrapen.

Als ich die Nachricht von Cherson und dem Bürgermeister hörte, dachte ich einen Moment darüber nach, wie es in Deutschland aussähe, wenn Wladimir Putins Truppen als bewaffnete Gäste hereinschneien würden. (Den einen oder anderen Äußerungen in sozialen Medien entnehme ich, dass manche sich diesen Einmarsch wünschen und sogar ausmalen; bei dieser Gelegenheit frage ich mich, was sie davon abhält, einfach ostwärts zu reisen. In dieser Richtung sind die Straßen gerade weitgehend frei).

Aber zurück zu einem Deutschland, in dem wieder russische Soldaten mit pushka an der Straßenecke stehen, dieses Mal auch in Schwabing und Köln-Bocklemünd. Da ich den Anblick prinzipiell schon kenne, wäre für mich die Frage interessant, wer sich bei ihnen als Hilfstrupp melden würde. Denn ohne einheimische Funktionselite mit intimer Kenntnis von Land und Leuten kommt nun mal keine ungebetene bewaffnete Gästeschar aus, falls sie länger bleiben will.

Ich habe sogar eine Vorstellung davon, wer sich in dieser Funktion extrem effizient bewähren würde. Wie auf jedem Gebiet gäbe es auch hier Idealtypen, an denen sich alle anderen orientieren könnten. Einer dieser Idealtypen – wenn nicht der Idealtyp überhaupt – wäre ein Journalist und Filmemacher, der unter anderem für den Zwangsgebührensender ZDF arbeitet. Bei Mario Sixtus handelt es sich um einen mit öffentlich-rechtlichen Mitteln und Geldern der Film- und Medienstiftung NRW gut versorgten Kulturschaffenden, dessen Namen wir uns auch für die hypothetischen Besatzungszeiten merken sollten.

Und auch sonst. Sixtus sinnierte kürzlich zusammen mit einem Gesinnungsalliierten darüber, wie es wäre, „wenn man jede Person, die aus der russischen Botschaft tritt, mit Hundescheiße bewirft“. Sein Anteil an der Überlegung besteht darin, dass er um juristische Einschätzungen bittet, ob das Kotwerfen straffrei bleiben würde.

In Deutschland leben etwa 260.000 Russen; wie andere Nichtdeutsche, die dauerhaft hier wohnen, müssen sie sich in der Botschaft regelmäßig ihren Pass verlängern lassen, was wiederum nötig ist, wenn sie zu Familienangehörigen reisen wollen. Um diesen Gang zur Botschaft kommen auch diejenigen nicht herum, die Putins Politik ablehnen und seinen Krieg für eine Katastrophe halten. Dass die Nationalität noch keinen Aufschluss über die politischen Ansichten des Betreffenden gibt, gehört eigentlich zum ganz kleinen Einmaleins.

Bei Sixtus kommt wirklich alles zusammen: der Wunsch, Leute, die er nicht kennt, nur wegen deren Gruppenzugehörigkeit öffentlich zu erniedrigen beziehungsweise diese Erniedrigungsarbeit von anderen erledigen zu lassen, und gleichzeitig das Bedürfnis nach Rückversicherung. Das Bewerfen anderer mit Kot sollte für den Freund, für den er fragt, auch garantiert risikofrei sein.

Nun möchte vielleicht der eine oder andere wissen: Warum sollte sich gerade Sixtus als Hilfswilliger für putinistische Truppen eignen? Eben deshalb: Seine praktisch unbegrenzte Bereitschaft, heute diese und morgen jene Gruppe zu markieren und zu ihrer Demütigung und Verfolgung aufzurufen, verbunden mit der schlauen Wendung, für die eigentliche Schmutzarbeit andere vorzuschicken, diese Eigenschaften qualifizieren ihn zu allen Zeiten für den Posten eines Politruks. Und in Besatzungszeiten würden sie richtig wertvoll, erst Recht, wenn es sich um Besatzer handelt, die wissen, was ein Politruk ist. Wegen seiner Hetze gegen Zivilisten mit russischem Pass hätte Sixtus einiges abzubüßen. Und jemand wie er wäre selbstredend zu jeder Kompensationsleistung bereit, die es ihm erlaubt, auch unter einer neuen Herrschaft gut von zwangsweise eingetriebenen Geldern zu leben, andere zu denunzieren und sich mit beidem auf der richtigen Seite zu fühlen.

Im Februar 2020 hatte Sixtus übrigens getwittert: „Was für Flüssigkeiten muss man eigentlich konsumiert haben, um auf die Idee zu kommen, dass in gnadenlos überfüllten ICEs die zusätzliche Anwesenheit von Soldaten mit Feldgepäck für eine höhere Akzeptanz des Soldatenberufs führt und nicht etwa zu kaltem Hass auf alle Tarnanzüge?“

Und: „Tarnanzüge sind die Berufsbekleidung von Menschen, die Menschen töten. Wir haben Frieden und sind von befreundeten Ländern umgeben. Was haben also Soldaten in Uniformen in zivilen Zügen zu suchen?“
— Mario Sixtus (@sixtus) February 2, 2020

Daran könnte der Kulturschaffende anknüpfen, wenn er auf der Kommandantur nach seinem bisherigen Treiben gefragt würde. Obwohl man dort wahrscheinlich schon gut darüber Bescheid wüsste. Auch bei seinen Tweets gegen Bundeswehrsoldaten lebte er ein gruppenbezogenes Ressentiment aus. Auch damals suchte er übrigens eine Rückversicherung, indem er später schrieb, er habe ja gar nicht seinen eigenen kalten Hass gemeint, sondern den seiner Mitreisenden. Jedenfalls wusste er, was in seinen Kreisen Mehrheitsmeinung war: dass eine gründlich postmodernisierte und dekonstruierte Gesellschaft eigentlich keine Soldaten benötigt, und sie, wenn es sie schon gibt, kulturell verachten darf.

Wie gesagt: Kalter Hass und das Bedürfnis, immer auf der mit Ressourcen fett geschmierten Seite zu stehen, dazu ein gewisser tschekistischer Blick auf andere, das würde ihn in Besatzungszeiten unbedingt für einen höheren Posten empfehlen.

Dort würde er sich ungefähr auf einer Ebene mit einem anderen Zuarbeiter des ZDF treffen, der ebenfalls über ein politisch geschultes Auge verfügt, über Geltungsdrang und eine feine Witterung dafür, wie sich Belobigungen einheimsen lassen. Jan Böhmermann fordert nicht direkt den Rauswurf und Auftrittsverbot für die Sängerin Anna Netrebko mit dem Hinweis, sie habe ihren 50. Geburtstag im Kreml gefeiert. Aber er deutet es zwischen den Zeilen an.

https://twitter.com/janboehm/status/1498609740015935492

Vor ein paar Monaten schlug Böhmermann öffentlich vor, in der Corona-Debatte keine Leute mehr in die Medien zu lassen, die Ansichten vertreten, die ihm nicht passen: “Ich finde es schwierig, wenn man Leuten eine Bühne gibt, die eine Meinung vertreten, die man nur deswegen veröffentlicht, weil man sagt, man muss auch die andere Seite sehen – und es gibt Meinungen, die sind so durchtränkt von Menschenfeindlichkeit.“

Er erweiterte diesen Gedanken noch etwas: “Meinungen im öffentlichen Raum sollten einer strengen, umfassenden medialen und gesellschaftlichen Qualitätskontrolle standhalten.“

Solche Fachleute bräuchte auch jedes Besatzungsregime, das natürlich Funk und Fernsehen nicht abschaffen, aber auch nicht zur Schwatzarena ausarten lassen will, in der Leute einfach sagen können, was sie denken. Leute, die Meinungen im öffentlichen Raum kontrollieren wollen, Demonstrationen eigentlich nur dann legitim finden, wenn sie die Zustimmung zu den Herrschenden ausdrücken, und allzeit bereitstehen, um Verdächtigungen vorzutragen, hätten ja generell die geringsten Umstellungsprobleme, wenn Putin seinen Herrschaftsbereich bis zum Rhein und ein Stückchen weiter ausdehnen würde. Auf die Liberalität empfinden sie den gleichen kalten Hass wie Sixtus auf Tarnfleckträger.

Mit diesem Kadermaterial, würde sich der gebildete Kulturoffizier in der Kommandantur sagen, können wir arbeiten. Diese Leute mögen persönlich sehr unangenehm und auch etwas schmierig sein. Aber sie sollen schließlich auch ihre eigenen Landsleute schikanieren und überwachen, nicht uns. Überhaupt kommt es auf die Bereitschaft zum Schikanieren an. Auch und gerade in den unteren Chargen, denn ein Sixtussowitsch und ein Böhmermannski möchten sich ja nicht unmittelbar die Hände beschmuddeln, sondern fragen nur für einen Freund.

Für die mühevolle Kleinarbeit weit unten in der Hilfswilligenabteilung braucht es beispielsweise Leute wie den Betreiber eines süddeutschen Restaurants, der auf einem Schild mitteilte, Gäste mit russischem Pass kämen ihm nicht ins Haus.

Mittlerweile soll er die Verbannung wieder zurückgenommen haben, weil er die öffentliche Unterstützung für seine Courage doch etwas überschätzt hätte. Aber sollte diese Unterstützung zunehmen, würde dieser Typus das Schildchen auch wieder hinstellen. Und wenn es irgendeine Autorität verlangt, würde der Wirt sein wachsames Auge auch auf jede beliebige andere Gruppe werfen, um eine strikte Unwillkommenskultur durchzusetzen. Diese Bereitschaft zählt. Die jeweils zu überwachende und zu triezende Gruppe ist austauschbar. Das können Ungeimpfte sein, russische Passinhaber und übermorgen die Verrückten, die sich abfällig über die Maßnahmen der Besatzungsbehörde äußern.

Auch derjenige, der per Rundschreiben festlegte, Russischer Zupfkuchen dürfe in Zukunft und als Zeichen für Zeichensetzung nur noch Zupfkuchen heißen, würde jedes beliebige andere Rundschreiben aufsetzen, von dem er sich offizielle Anerkennung verspricht.

Solche Leute treten meist bescheidener als ein Böhmermannski auf, sie erwarten gar nicht die große Bühne und eine umfangreiche Beteiligung an eingetriebenen Geldern. Das wärmende Gefühl, zusammen mit anderen das Richtige zu tun, reicht in aller Regel schon aus, verbunden natürlich mit der Furcht, mit den Falschen gesehen zu werden.

Wer in diesen Tagen neben der Opernsänger- und Dirigentenbekämpfung und dem Aufruf, reiche Russen in Deutschland aufzuspüren, auch die Hinweise in den Supermärkten registriert, russische Produkte würden demnächst nicht mehr verkauft – wobei mit den vorhandenen schnell noch eine Rabattaktion veranstaltet wird, es muss ja alles raus –

und Meldungen von der Kündigung eines russischstämmigen Sportlers bei der Formel 1 liest, der meint möglicherweise, solche Szenen wären nicht ganz neu, und findet sie tatsächlich in Karl Kraus’ „Die letzten Tage der Menschheit“ von 1915 bis 1922 taufrisch beschrieben:

„Der Fahrgast: Können Sie wechseln? (Reicht ihm ein Zehnkronenstück in Gold)
Der Fiaker: Wechseln, wos? Dös nehm i net als ganzer, dös könnt franzeisches Geld sein!
Ein Hausmeister (nähert sich) Wos? A Franzos? Ahdaschaurija. Am End gar a Spion, dem wer mrs zagn! Von woher kummt er denn?
Fiaker: Von der Ostbahn!
Hausmeister: Aha, aus Petersburg!“

Es soll hier festgehalten werden – gerade deshalb, weil es die üblichen Verdächtigen sofort bestreiten –, wie viele von den wohlmeinenden Weltoffenen, die dumpfen Ansichten immer nur bei den anderen riechen, sich in diesen Kriegstagen kaum anders verhalten als ihre Vorvorfahren 1914, als jeder Propagandaschuss und -stoß auch einem zivilen Ruß’ oder Franzos galt.

Diejenigen, denen Karl Kraus damals die Worte abgelauscht hatte („die grellsten Erfindungen sind Zitate“), existieren als Typus unkaputtbar fort, bewegen sich grundsätzlich im Kollektiv und folgen jeder beliebigen Parole, Hauptsache, sie richtet sich im weitesten Sinn gegen Intelligenz und Freiheit. Für diese Leute findet sich naturgemäß auch in einer Besatzungsordnung ein warmes Plätzchen. Weit unter der Sixtussowitsch-Ebene, aber immer noch hoch genug, dass sie auf andere spucken können, die ihnen ein leitender Haltungsschaffender als Feind zuweist.

Überhaupt, die gesamte deutsche Schnatterkaste aus Qualitätsmedienmitarbeitern, Haltungspolitikern, Rechtfertigungsgelehrten, FFF-Quälgeistern und hauptamtlichen Mitarbeitern der Amadeu-Dzierżyński-Stiftung müssten eigentlich überhaupt nichts ändern. Sie würden von den klugen Kommissaren der Oblaste Deutschland Nord, Mitte und Süd komplett übernommen. Denn erstens besitzen die oben genannten einheimischen Spezialisten eine unbestreitbare Kompetenz im Überwachen und Schurigeln der eigenen Landsleute. Und zweitens gäbe es für sie gar keine berufliche Alternative, da ihnen jede andere nützliche Fähigkeit abgeht. Diese Konstellation bindet solche Leute unfehlbar an jeden Geldgeber.

Vor einigen Tagen wurde der Journalist Harald Martenstein aus dem Tagesspiegel gedrängt, nachdem eine ZDF-Journalistin und zwei andere vorbildliche öffentliche Persönlichkeiten der Sixtus-Klasse gegen ihn eine Kampagne gestartet hatten, vor der die Tagesspiegel-Chefredaktion halb einknickte und halb hinsank. Diese und andere Redaktionen würden sich auch schneller von jedem Kollegen distanzieren, der nicht ganz auf Linie der Besatzungsbehörden schriebe, als dort überhaupt jemand ‚dawai‘ sagen könnten. Die klugen Kulturoffiziere würden staunen, wie selten sie selbst eingreifen müssten.

Etliche der oben schon erwähnten deutschen Putinfreunde, die schreiben, sie hätten ihn liebend gern als Kanzler, wünschen sich übrigens ja gar nicht Putin selbst, von dessen Methoden und Ansichten sie vermutlich wenig wissen. Sie erhoffen sich nach dem tribalistischen Motto „der Feind meines Feindes ist mein Freund“ jemanden, der im Westen aufräumen soll mit Genderstern, Verächtern alter weißer Männer, Pattexkindern und anderen Heimsuchungen im Zeichen des rosafarbenen Einhorns.

Ich bekomme jedenfalls ab und an Zuschriften, die eine entsprechende Hoffnung ausdrücken. Allerdings, diejenigen, die so etwas glauben, würden im Fall des Falles bitter enttäuscht. Wahrscheinlich ginge das neue Management des Landes mit Klebkindern tatsächlich weniger nachsichtig um, zumindest dann, wenn sie sich auf strategisch wichtigen Pisten festmachen. Aber der Genderstern würde selbstverständlich bleiben. Er wäre ein integraler Bestandteil der neuen Ordnung mit den Politruks Sixtussowitsch, Böhmermannski, Tagesspiegel-Redakteuren und der Amadeu-Dzierżyński-Stiftung. Was glauben Sie denn? Wer dieses nützliche Milieu weiterbeschäftigt, der weiß auch über das Zubehör Bescheid. Alle Kolonialverwaltungen und Besatzungen, die lange andauerten, dauerten deshalb so lange, weil die Verantwortlichen ein gutes Auge für lokale Eigenheiten besaßen, die ihnen zwar fremdartig vorkamen, von denen sie aber begriffen, dass sie der reibungsarmen Herrschaftsausübung dienten.

An dieser Stelle will ich auch auf die aktuelle Propagandalage östlich von uns hinweisen. Bekanntlich erklärt Putin, er führe diesen Krieg, um die Ukraine zu entnazifizieren. Natürlich ist die Behauptung absurd; seine Entnazifizierung besteht darin, Wohnsiedlungen in einem Land zu bombardieren, in dem ein jüdischer Präsident regiert. Wie jede Propaganda gibt es aber auch in Putins Argumentation sogenannte Anknüpfungstatsachen. In der Ukraine beziehen sich viele positiv auf Stepan Bandera, einen Anführer der ukrainischen Nationalistenbewegung OUN, die zweifellos antisemitisch war, und zeitweise die deutschen Besatzungstruppen in der Ukraine unterstützte. Allerdings passten seine Vorstellungen von einer unabhängigen Ukraine nicht zu denen der Nationalsozialisten; Bandera landete zeitweilig im KZ Sachsenhausen, wobei er dort den Status eines Häftlings mit Vorzugsbehandlung besaß. Nach dem Krieg wohnte er in der Kreittmayrstraße 7 in München, bis ihn 1959 ein KGB-Agent erschoss.

Geschichte ist kompliziert, selten gibt es die säuberliche Trennung oder das Jenseits von Gut und Böse. Jedenfalls, wer Material für seinen Propagandakrieg braucht, kann sich auch aus diesem historischen Graufeld bedienen, obwohl es natürlich nicht das Geringste daran ändert, dass Putin mit äußerster Rücksichtslosigkeit über das Nachbarvolk herfällt.

Aber glauben Sie, seine Statthalter, wenn es sie in Deutschland gäbe, würden ausgerechnet auf diesen beliebig gedehnten Faschismusbegriff als allzeit einsetzbaren Knüppel verzichten, vor allem dann, wenn sie aus praktischen Gründen mit Leuten zusammenarbeiten, die diesen Schlagbegriff schon jetzt völlig entgrenzt verwenden?
Dochdoch, das kann man vergleichen. Man sollte es sogar. Vergleichen bedeutet, Unterschiede festzustellen, aber auch ähnliche Muster.

Auch deshalb würden hypothetische Statthalter mit zwar nicht sowjetischer, aber putinistischer Ausrichtung in Deutschland ein ganz anderes Regime errichten, als es sich manche ausmalen. Vor allem – und darauf wette ich alle AK47-Patronenhülsen, die ich als Kind eingesammelt hatte – würde es aus den oben aufgezählten Gründen tadellos funktionieren. Vielleicht glauben einige Leser nicht, dass eine derart große Zahl von Politikern und Journalisten einfach die Ansichten wechseln würde, wenn plötzlich eine Besatzungsbehörde von ihnen eine Anpassungsleistung verlangt.

Mittlerweile gibt es im Netz etliche Videos, in denen Politiker fast aller Parteien versicherten, es werde keine Impfpflicht geben, auch nicht indirekt, es gebe dazu nicht die geringsten Pläne, bei anderslautenden Behauptungen handle es sich um Falschmeldungen und Verschwörungstheorien. Viele begründeten ihre Beteuerung sogar inhaltlich. In dem gleichen Video sind dann die gleichen Politiker mit der Feststellung zu sehen, natürlich brauche das Land eine Impfpflicht, sie sei völlig alternativlos und werde kommen.

Es handelt sich ja nicht einfach um einen Kurswechsel. Den kann es in der Politik immer geben. Das Grauenerregende liegt darin, dass keiner von ihnen erwähnt, noch vor ein paar Wochen das exakte Gegenteil verkündet zu haben, keiner seinen Meinungswechsel begründet, und viele sogar behaupten, sie hätten noch etwas anderes gesagt.

Ihre Meinung – erst die eine, dann die andere – tragen sie mit starrem Blick und uniformem Vokabular vor; es fällt schwer, bei diesem Anblick nicht an die gekaperten Menschenkörper in „Invasion of The Body Snatchers“ zu denken, die Pod People. Wer bei einem zentralen politischen Thema derart roboterhaft umschwenkt und es noch nicht einmal für nötig befindet, den Schwenk zu erklären, der vollzieht noch ganz andere Meinungswechsel von heute auf morgen. Erst recht, wenn sie durch etwas mehr Druck als sonst befördert werden.

Wenn immer jemand die Stützen der bundesdeutschen Gesellschaft mit der DDR oder den wichtigen Kreisen in Putins Staat vergleicht oder die Dystopie einer russischen Besetzung mit Böhmermannski und anderen fluiden deutschen Helfern entwirft, dann stampft das gute wohlmeinende Deutschland mit dem Fuß auf. Ehrlich gesagt: Gehörte ich dazu, würde ich das auch tun. Es lässt sich ja kein größerer und beschämender Kontrast vorstellen als der zwischen den russischen Historikern, sich gerade unter Inkaufnahme aller möglichen Schikanen gegen Putins Krieg aussprechen, den Künstlern am Meyerhold-Theaterinstitut in Moskau, die für ihren Protest die Anstellung riskieren, und den deutschen Haltungswissenschaftlern an Universitäten, den Haltungskünstlern und Haltungsmedienheuchlern, die sich noch an dem absurdesten Kesseltreiben gegen Abweichler beteiligen, mitunter noch nicht einmal aus Überzeugung, sondern aus bloßer Angst, anderenfalls selbst zum Ziel einer Kampagne zu werden.

Leider tut sich der Boden nicht auf, um diese Überzeugungsopportunisten verschwinden zu lassen. Eigentlich tat sich der Boden für diese Leute im Lauf der Geschichte noch nie auf. Daher die Zuversicht in diesen Kreisen. Es gehört zur naturtrüben Wahrheit, dass in dem Westen, auf den viele, die jetzt in der Ukraine in Kellern hocken, dringend hoffen, hemmungslose Selbstoptimierer den Ton angeben, die heute das eine meinen, morgen das andere, die Individualität und freies Denken verdächtigen, wo sie nur können, die heute kollektiv das eine und morgen ebenso kollektiv das Gegenteil als alternativlos herauströten, die heute dazu auffordern, diese Gruppe mit Hundekot zu bewerfen, und morgen dafür eine andere ins Auge fassen. Vermutlich ekeln sie sich manchmal ein bisschen vor sich selbst. Aber auch nicht übertrieben oft. Ich wünschte, es wäre anders.

Zu den nicht ganz so naturtrüben Erkenntnissen gehört es aber auch, dass sich freiheitliches Denken nur entweder nach allen Seiten oder gar nicht verteidigen lässt. Aus Sicht eines Libertären, eines Freiheitsbedürftigen, einer Person, der es egal ist, ob sie zur Mehrheit gehört oder nicht – wie immer man es also definieren möchte –, aus Sicht einer solchen Person jedenfalls ist der Gegner seines Gegners eben nicht zwingend ein Freund. Er kann auch schlimmer, weit schlimmer als die Illiberalen vor der eigenen Haustür sein. Es ist wichtig, die unterschiedlichen Grade der Illiberalität in ihren Unterschieden wahrzunehmen. So, wie es auf der anderen Seite wichtig ist, sich gegen beide zu wehren.

Ein letztes Ereignis mit einem sowjetischen Soldaten, das ich 1990 gesehen hatte, trug sich folgendermaßen zu: In der Halle des Leipziger Hauptbahnhofs traf ein nicht mehr nüchterner Punk auf einen ebenfalls angeheiterten Armisten. Der Punk konnte auf Russisch entweder auch nur die Fakten über das heimische Chemiekombinat aufsagen oder noch nicht einmal das, jedenfalls kürzte er die Konversation ab, indem er einen Fünf-Ostmark-Schein zog und auf das Koppel des Gegenüber mit dem Stern auf der Schnalle zeigte. Der kapierte sofort, kanjeschno, zog seinen Gürtel aus den Schlaufen, beide tauschten und zogen weiter. Die Fraternisierung dauerte keine 30 Sekunden. In diesem sehr speziellen Fall löste sich zwar nicht die ganze Geschichte, aber ein Stück Geschichte in Wohlgefallen auf.

Es wäre schön, wenn ich aus dieser Szene etwas Allgemeines für das Frühjahr 2022 destillieren könnte. Irgendeine Hoffnung auf einen guten Ausgang. Eine allgemeine Sinnstiftung. Das kann ich nicht. Ich kann nur meinen Standpunkt beschreiben, der nicht viel weiter reicht als 70 Quadratmeter um meinen Schreibtisch.

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61 Kommentare

  1. Sehr zutreffend beschrieben, ich befürchte genauso wäre es wenn.
    Zum Aktuellen noch eine Ergänzung:
    Bitte mal googeln „Russische Juden in Deutschland“Wenn ich jetzt die Augrenzung von Russen, gar die Attacke auf russische Geschäfte sehe, dann könnte es sehr gut bedeuten, dass hier ein ehemals im Osten diskriminierter Jude nun hier als Russe bedrängt wird.
    In der Logik unser Staatsministerin für Kultur und Blumenkleidung wird er ja auch nicht als Jude verfolgt. Jude geht gar nicht, aber Russe ist ok.

  2. Ja, im besten Deutschland aller Zeiten, dem Land der selbsternannten Blockwarte, der Spitzel, Denunzianten und Wendehälse, sind diejenigen Gastwirtschaft-und Handelstreibende, die jetzt den Russen als Feindbild auserkoren haben genau diejenigen, die bis eben noch die Ungeimpften ausgeschossen und diskreditiert haben. Spätestens ab Herbst, wenn der böse Russe wieder vergessen ist, dann werden diese Leute wieder ihre Schildchen und Ständer gegen und zur Ausgrenzung 20 Millionen Mitbürger aufstellen. Dasselbe gilt natürlich auch für die Zunft der Lohnschreiber, die ja ständig auf der Suche nach neuen oder alten Feindbildern sind. Es ist ein elendes Land, in dem man an seinen Bürgern nur noch verzweifeln und der Masse gegenüber tiefste Verachtung für ihr widerliches Gebahren empfinden kann, ein Land, in dem so viele Menschen, trotz ständiger Maskierung, ihre charakterliche Maske längst fallengelassen haben.

  3. Der süddeutsche Wirt, da gehe ich jede Wette ein, hätte noch am Tag der Besetzung Kaliningrader Klopse auf der Speisekarte. Ich habe Anfang der 70-er Jahre erlebt, wie in der Schulküche der EOS (für alle die es nicht wissen, das war das DDR-Gymnasium und wir haben nach dem Unterricht dort auch das Mittagessen eingenommenen) aus Königsbergern Kaliningrader wurden.

  4. Es gab mal eine Zeit, da nannte man Zeitgenossen, die sich dem jeweiligen Regime andienten einfach „Wendehälse“ – ist bei uns im Land noch nicht so lange her. Umgangssprachlich sind diese inzwischen vom Begriff „Opportunist“ zum „Schmierlappen“ degeneriert! Denn genau so verhalten diese sich!

  5. Gut gedacht und geschrieben, Herr Wendt! Hoffen wir, dass bei uns, im „besten Deutschland, dass es jemals gab“, keine Besatzung oder Krieg mehr kommt. Wir haben eben eine Gesellschaft voll gut konditionierter und dressierter Charaktere, die sich gegenseitig jederzeit für entweder den nächst Mächtigeren oder aber eine noch „einleuchtendere“ Ideologie in die Pfanne hauen, weil Rückgrat, Integrität, Moral und Anstand scheinbar völlig ausgemerzt wurden. Ich hab meinen Kindern, die sich gerade mit dem heiklen Thema WW2 in der Schule beschäftigen, ein ähnliches Bild malen können mit realen und nachvollziehbaren Parallelen in die aktuelle Zeit. Die Lehrer kommen ja immer mit dem Warmduschgesülze von „man hätte da nicht mitmachen dürfen…“, weder daheim noch bis hin an „die Rampe“ und so ist quasi jeder Vorfahre, der zu der Zeit nicht im Widerstand (und ein Verbrecher!) war, ein Nazi und man so bis heute der Nachkomme eines Nazi. Ich hab den Kindern dann am aktuellen Thema Corona-Impfung gezeigt, wie schnell dich staatliche Willkür überfährt und du ratzfatz Teil dieser tragischen Geschichte bist. Heute geht es eben um den ImpfZWANG. Der Staat mit seiner bornierten Parodie einer Regierung erläßt widerrechtlich das Gesetz und wenn du nicht spurst, dann wirst du – dank deutscher Gründlichkeit – mit drakonischen Strafen als systemrelevante Gefahr bestraft. Ohne Rücksicht auf Rechte, Freiheiten oder das Grundgesetz zwingt der Staat dich, etwas zu tun, was du eigentlich gar nicht möchtest. Früher kamen Rebellen ins KZ oder wurden direkt standrechtlich erschossen, heute plant man dir mit enormen Geldstrafen und Sanktionen die Existenz zu rauben. Was tust du also? Mit diesem Gleichnis konfrontieren die Kinder nächste Woche die Lehrer und ich bin gespannt. Insgesamt ist unsere gesellschaftliche Situation aber so verfahren, dass es für eeinen Aggressor sehr leicht wäre, dieses Deutschland heute zu kapern und auf viele Gefolgsleute zu treffen, die nur zu gerne eine neue Agenda oder Transformation durchsetzen…

  6. Es gibt so einen alten Spruch: „Erst kommt das Fressen und dann die Moral“. So richtig weit weg, ist Deutschland vom oben beschriebenen Zustand bereits jetzt nicht mehr. Hieraus ergeben sich einige Fragen.

    • Wer füllt mit seiner Abhängigkeit von russischer Energie die Kriegskassen?
    • Wem haben wir den Zustand zu verdanken?
    • Wird der Zustand durch Windräder besser?
    • Wird der Zustand durch Sonnenpanelen und Wärmepumpen besser?
    • Wie soll man diese Mengen an Ausrüstung, Material und Manpower beschaffen?
    • Wer kann das bezahlen?

    Die Zeiten sind vorbei, in denen Deutschland die Fehler des politischen Personals seit 1998 verkraften kann.

  7. Sehr geehrter Herr Wendt, Sie sind 1966 in Leipzig geboren, ich 1964 im Westen nahe Wolfsburg. Es liegt nicht (nur) an Ihrer Sozialisation in der DDR mit Erfahrungswerten durch das dortige System, dass Sie so unglaublich feinfühlig und ohne Schminke die Menschen einschätzen können. Ich bin weitestgehend absolut frei aufgewachsen und auf unserem Gymnasium haben junge Lehrer dafür gesorgt, dass uns die Schrecken des zweiten Weltkriegs, die Unterdrückung und Beherrschung von Menschen, genauso gegen den Strich geht wie Ihnen. Den Unrechtsstaat DDR haben wir nach all der Geschichte und den damaligen Gegebenheiten sehr genau betrachtet und in der zehnten Klasse einen Tag lang Ostberlin besucht. Nun mag jemand sagen, ein Tag. Was ist schon ein Tag. Aber es hat gereicht zu erkennen, wie schlecht es den Menschen ging und was Diktaturen anrichten. Das war sozusagen die nachträgliche Bestätigung aller Ermahnungen, aufzupassen und so etwas nie wieder zuzulassen. Das kennzeichnet meine Generation.
    Leider hat uns niemand dafür einen Leitfaden gegeben, wie man das macht, so etwas nie wieder zuzulassen. Wir erkennen und sehen und fühlen uns doch relativ hilflos dieser skrupellosen Bande gegenüber ausgeliefert. Täglich werden die Schrauben fester angezogen und die Menschen weiter entzweit, aufeinander aufgehetzt. Das ist ein gutes Mittel, um Widerspruch gegen die Politik im Keim unschädlich zu machen. Ebensolche wie böhmermann und Konsorten sind die Handlanger des Systems. böhmermann ist die moderne Art von Schnitzlers. Ich kann das beurteilen, DDR 1 und DDR 2 konnten wir empfangen. „Der schwarze Kanal“ war eine Propagandasendung der DDR, falls es einige Leute hier nicht wissen sollten. Für meine Generation hatte diese Sendung einen noch größeren Gruselfaktor als Hitchcock-Filme.
    Heute ist die Menge an dummgläubigen Schafen, die überhaupt nichts mehr merken, und zusätzlich opportunistischen Gefolgsleuten so dermaßen groß geworden, dass es einen fröstelt. Relevante Stellen sind unterwandert und mehrheitllich an die Demokratie- und Freiheitsverächter gegangen, die von sich selbst genau das Gegenteil behaupten.
    Es hilft nichts mehr, sie zu ignorieren. Nun geht es hart auf hart, wir werden sie tatsächlich von Angesicht zu Angesicht bekämpfen müssen, wenn wir unsere Freiheit und unseren Frieden wiederhaben wollen. Und da habe ich noch nicht einmal an mögliche ausländische Besatzer gedacht. Die kämen noch on Top obendrauf.

    • „Leider hat uns niemand dafür einen Leitfaden gegeben, wie man das macht, so etwas nie wieder zuzulassen.“ genau das unterschied den Geschichtsunterricht von Westdeutschland und Ostdeutschland. Im Westen wurden vorrangig Emotionen wie Bilder aus KZs und dem Krieg bemüht. Was Hitler an die Macht verholfen hat, wie Imperialismus und verführtes Bürgertum, war dagegen Teil des Gründungsmythos der DDR und wurde dementsprechend in der Schule zelebriert.

  8. Warum soll es den Russen besser gehen, als allen Deutschen nach dem Krieg? Beiden ist doch gemeinsam, das die Vernünftigen es nicht geschafft haben, das sie einen Despoten und Menschenverächter und seine Anhänger nicht davon abhalten konnten, alle anderen Weltsichten als minderwertig und und daher nicht lebenswert einzustufen. Entweder umerziehen oder wo das Aussichtslos vernichten scheint immer noch in Mode. Kollektivschuld ist doch gerade das einfachste Mittel aller angeblichen Antifaschisten, ganze Völker damit sogar schon wieder erfolgreich im Griff zu behalten oder ihnen sogar ihre eigene Weltsicht mit militärischer Gewalt auf zu bürden.

  9. Putin will also die Ukraine entnazifizieren, unsere Innenministerin Nancy Faeser fantasiert von ihrem Kampf gegen rechts und ignoriert die islamistische Gefahr.
    Frau Faeser hat noch ihre ganze Amtszeit vor sich – wer weiß, was da noch alles auf dem Gebiet der Cancel Culture oder auch Zensurdiktatur passieren kann. Ich denke da auch an einen politisch korrekten Polizeistaat.
    Putin galt jedenfalls in westlichen Augen auch lange Zeit nicht als Bösewicht -allerdings zu Unrecht- jetzt erst endlich ist er ein Paria geworden !

  10. Was für ein schöner, trauriger, treffender Text, Herr Wendt. Genau so ist es.

  11. Ein sehr bemerkenswerter Artikel. Macht wirklich sehr, sehr nachdenklich. Gut gemacht. Hat gutgetan. Danke.

  12. Witz und Ironie brauchen wir in diesen Zeiten mehr denn je. Gut zu lesen, dieser Aufsatz.
    Wenn ich ein Resumée des Aufsatzes ziehen sollte, dann wäre es dies: Egal welche Ideologie, die Ideologen machen sich die Welt immer einfach. Vielleicht sind Ideologen von links und rechts tatsächlich austauschbar. Und vielleicht sollte man nicht von Ideologie sprechen, sondern von Idiotie. Politiker sind auch meist oberflächliche Schnellentscheider. Vermutlich sind sind sie auch programmgetrieben. Einfache schablonenhafte Lösungen und Entscheidungen sind meist nicht die guten Lösungen. Selbst eine Medaille hat schon zwei Seiten.

  13. Um ihre Frage am Anfang des Artikels zu beantworten, weshalb sich manche den Einmarsch der Russen ausmalen: Ich denke, niemand wünscht sich diesen Einmarsch. Die Leute wünschen sich ein Ende des Systems ‚linkes, wokes, werteloses Deutschland‘. Und dafür sind sie bereit, einiges zu ertragen, mancher vielleicht sogar die Besatzung.

    Die Verachtung für das aktuelle Lebensmodell sitzt tief. Und wen wundert es: Minderjährige, denen man die eigenverantwortliche Geschlechtsumwandlung anbietet. Feminismus als Lebensmodell für devote Männer. Homosexuelle Pärchen als Vorbilder für Familienmodelle und Kindererziehung. Mentale Störungen als erstrebenswerte Charaktereigenschaften. An Fanatismus grenzende, jeglicher Grundlage entbehrende Klimapolitik. Politiker, die sich von Kindern an der Nase herumführen lassen. Ein Gesellschaftsklima des Hasses und der Angst. Konformität als Leitwert.

    Ich glaube, ich könnte noch hundert solcher Punkte einfach so aus dem Ärmel schütteln. Beantwortet das ihre Frage oder finden sie, dass es so schlimm doch gar nicht ist? Ich bin nämlich meiner Zeit meist ein paar Jahre vorraus, und mein Bild von Deutschland ist düster. Düsterer, als es russische Soldaten an deutschen Weggabelungen für manche Menschen sind.

  14. Wolodymyr Selenskyider der Mann jüdischen Glaubens befehligt in seinen Reihen auch ausgerechnet ein ansehnliches Potential an echten Neonazis: das Regiment Asow. Das Regiment Asow, so kann man bei Wikipedia nachlesen, ist eines von mehreren paramilitärischen Freiwilligenbataillonen, die im Ukraine-Konflikt kämpfen und dabei dem Innenministerium der Ukraine unterstehen. Der von Neo-Nationalsozialistischen Politikern gegründete Verband gilt als Neo-Nationalsozalistisch und ist wegen der teilweise offen rechtsextremen politischen Positionen vieler seiner Anführer und Angehöriger sowie der Verwendung entsprechender Symbole, sowie in Deutschland durch Verbindungen und Austausch mit dem ebenso rechtsextremen III. Weg stark umstritten. Das wird in den Medien, weitestgehend nicht erwähnt. Na dann, wohlan…

  15. Mit der Erwartung eines Besuch von Putins Truppen ist wohl die Hoffnung verbunden dieses Land wieder auf die Füsse zu stellen und den ganzen Ballast wie Gendergeschwurbel, Corona, 97 Geschlechter, Klimaphantasten, Ökospinnereien, und die Traumtänzer dieser unsrigen Politik los zu werden.

    Das kleiner Übel und so.

  16. In Deutschland gibt es keine Funktionseliten mehr. Es gibt nur noch Eliten, die nicht funktionieren und überhaupt nichts elitäres mehr besitzen, sondern genau an Ort und Stelle sind, weil sie eben nichts können. Nichts, außer eben Dreck über anderen ausschütten. Politiker, Medienschaffende, Künstler… Mein Respekt für diese Gruppen hält sich in wirklich SEHR eng gesteckten Grenzen. Noch weit hinter Immobilienmaklern und anderen gesellschaftlich größtenteils zurecht geächteten Randgruppen.

  17. Die Ausgrenzung von Menschen nur auf Grund ihrer Zugehörigheit zu einer Gruppe schein in Deutschland Tradition zu sein. Leider nach wie vor ein Land der Mitläufer, Untertanen, Anbiederer und Opportunisten.

  18. Ein erheiternder, ernüchternder und später frustrierender Text, der keine derzeit vorherrschende Besonderheit der Menschen auslässt. Traurig, aber wahr. Welchem Volk gehöre ich an!

  19. Ihrem Text ist nichts hinzuzufügen. Aber war es jemals anders? Die Dummheit der Menschen ist unendlich. Es braucht aber immer wieder Welche, die sie benennen.

  20. Auf der einen Seite bewundere ich die Ukrainer für ihren Patriotismus und ihren heldenhaften Widerstand…
    …auf der anderen Seite hat noch kein Russe mich als „alten weissen Mann“ beschimpft.

  21. „…ist der Gegner seines Gegners eben nicht zwingend ein Freund. Er kann auch schlimmer, weit schlimmer als die Illiberalen vor der eigenen Haustür sein.“ – Das sehe ich ganz genauso.
    „Es ist wichtig, die unterschiedlichen Grade der Illiberalität in ihren Unterschieden wahrzunehmen.“ – Wir leben in einer Gesellschaft, die damit komplett überfordert ist.

  22. Alexander Wendt tut „Tichy“ und mir gut!
    Herzlichen Dank, lieber Herr Wendt, für Ihren wiederum herausragenden Beitrag.

  23. Adenauer hatte seinen Globke, die Amis nutzten Wernher von Braun…….., es gibt nichts Neues. Doch halt: noch nie war die widerliche Wendehalsigkeit so kompakt und dauerhaft dokumentiert wie jetzt unter den neuen Medien. Diese YouTube Einblendungen haben mich tatsächlich doch noch mal sprachlos gemacht.

  24. Wunderschön geschrieben. Ich bin überzeugt 99% der BRD „Eliten“ würden sich auch einem DDR Regime andienen. Die sagenhaften Mitglieder der Parteien haben nur ein Program: ICH. Eines ist mir leider unklar. Wer ist Böhmermann?

  25. Was sagt mir das jetzt, Herr Wendt? Anything goes? Oder, riens ne vas plus? Nicht alles was hinkt ist ein Vergleich. Ich könnte jetzt eine ähnliche Geschichte schreiben über die französischen Besatzungssoldaten in unserer süddeutschen Kleinstadt, die dort bis 1957 (?) wirkten. Sie hatten denselben Einfluss auf die Bevölkerung, unter der natürlich kein einziger Nazi mehr war, wie die russischen Soldaten im Osten. Man passte sich an. Mein Opa, der 1952 aus einem russischen Kriegsgefangenelager zurückkam, bewachte nun die Garnison der Franzosen. Schöne Pointe. Seine Tochter wurde von einem französischen Soldaten schwanger. Wir jungs rauchten als erste Cigarette Gauloises und hörten Salut Les Copain auf Europe Numero Un. Einem Hippiesender, der aus der Nordseee sendete, weil er in Frankreich verboten war. Offensichtlich fürchtete man den Umsturzversuch der langhaarigen Gammler. Da unsere erste Fremdsprache Französisch war, das Elsass hatte schließlich dreimal in einhundert Jahren seine Staatszugehörigkeit gewechselt, konnten wir allerdings mehr sagen als: Je t’aime. Nur hatten wir keine Gelegenheit, weil Fraternisierung den Franzosen verboten war. Wer einen neuen Schuppen bauen wollte. musste übrigens erst zum Amt und dann in die Garnison. Nicht gewusst? Dass die Freiheit nach 1945 auch im Westen eine zarte Pflanze war? Wie eigentlich immer. Und nun, was sagt die Geschichte? Dass sich nichts wiederholt. Und nichts daraus abzuleiten ist. Außer dass die Freiheit immer und überall bedroht ist. P.S. Ich möchte nicht nach Russland auswandern, auch nicht nach China. Danke für die Einladung. (Das war übrigens im Westen die Standardredensart, um alle „Gammler“ zurechtzuweissen: Dann geh doch rüber!) Aber ich behalte mir vor, die Dinge differenziert zu betrachten.

  26. Exzellenter Artikel Herr Wendt! Vielen Dank dafür.

  27. Die Journalistenpreise gehen in diesem Land immer an die Falschen.

  28. Bei uns bekommt jeder, der im Abverkauf eine Buddel russischen Wodka erwerben will, einen Euro Gutschrift.
    Aber bitte nicht weitersagen, die Schlangen vor dem Geschäft sind bereits auf Satellitenbildern erkennbar.
    Hitler-, pardon, Scholzjungen verdienen sich da gern was hinzu, bekommen sie doch für Einkauf was von Omi Irianka nebenan zugesteckt, denn die geht sicherheitshalber nicht so gern aus dem Haus derzeit.
    Aber die ist nett, der hilft man ja gern, Opi Iriank von nebenan ist da sicher grimmig und schießt gleich, nur weil man Klassenkameraden aus Ukraine hat, der Iwan tickt so.
    Oder so ähnlich, aber es ist wirklich angenehm derzeit, wie man seinen Hass auf Ausländer ausleben kann, ohne gleich als Rassist oder Nazi zu gelten.
    ;.-)

  29. Es gab viele Onkels, die mit den Russen gehandelt haben. Meiner war aufgrund einer Kriegsverwundung Invalidenrentner und konnte so schon in den Westen fahren. Von dort hatte er Pornohefte mitgebracht und ein Heft bei den Russen für ein 100 Liter Fass Flugbenzin eingetauscht, welches seinen Trabi zwar nicht fliegen ließ, aber 10 km/h schneller machte. Ich habe als kleines Kind oft die Russen gesehen die zu ihm kamen. Die Offiziere waren noch adrett gekleidet, aber die Soldaten hatten verlumpte Uniformen an und wirkten auf mich unheimlich. Später erfuhr ich unter welchen Bedingungen sie in den Kasernen lebten. Auf der Fahrt zu Manövern sind auch zweimal Panzer in das Haus meines Onkels gefahren, was sie dann aber wieder relativ schnell reparierten.

    Gysi sprach ja in einem Interview neulich davon, dass die Ostdeutschen eine tiefe Verbundenheit zu den Menschen in der Sowjetunion gehabt hätten. Dass kann ich für mich ausschließen und ich kenne auch niemanden, der die hatte. Ich habe aber keine Russophobie, wie sie gerade um sich greift. Viele, die in einer Diktatur leben mussten, haben sich anscheinend einen klaren Blick bewahrt. Man muss nicht den Typus Ideologe wie Böhmermann heranziehen, sondern kann das auch auf einen einfachen Reporter wie Patrick Wasserziehr projizieren. Leute die immer zu alles die richtige Haltung haben, egal wer oder was gerade am Ruder ist.

  30. Ja, und es sind gerade die angepassten Hetzer, die – und das ist wirklich eine hübsche Pointe – garantieren, dass die Welt nie ein guter Ort sein kann und wird (obwohl das ein fester Bestandteil ihres Narrativs ist). Sie sind das Rückgrat aller autoritären Regime. Ihr Hass auf die Freiheit ist übrigens leicht zu erklären: Sie bedroht ihre wirtschaftliche Existenz. Sie sind auf Strukturen angewiesen, die Mitläufer suchen und brauchen; berechenbar sind und von oben gesteuert werden. Das bietet eine freie Gesellschaft nicht. Ihre Mischung aus Inkompetenz und Unterwürfigkeit macht sie in solchen Systemen überflüssig: Sie haben nichts zu bieten, das für andere wirklich nützlich wäre oder wenigstens hoch angesehen ist. Sie schaffen das Biotop, in dem sie selbst gedeihen können. Für andere bedeutet das Schikane, Terror und Gewalt. Sie sind die Fortsetzer der Biedermänner, der Gartenzwerge, der Spießer, die in der Vergangenheit für Verwüstung und menschliches Leid gesorgt haben. Sie zeigen stets auf andere, doch der Nazi, der Stalinist, der Inquisitor, der streckt in ihnen, weil sie keine Überzeugungen haben, die vor den Abgründen bewahrt, zu denen die meisten Menschen nun mal fähig sind. Rote Linien kennen sie nicht. Es könnte nicht schlimmer sein. Wenn sie Putin sehen, schauen sie sich selbst bei der Arbeit zu – allerdings auf einer anderen Etage der Hierarchie: Das haben Sie, wie ich finde, sehr gut dargestellt. Hetze ist immer arbeitsteilig. Das funktioniert im aktuellen Deutschland viel zu gut, schon automatisch und gerade das zeigt, wie gefährlich das Land derzeit (schon wieder) ist. Es enden die falschen Karrieren.

  31. Eine ganze Schar derer, die Freiheit und Menschenrechte für ihre Zwecke missbrauchen und vom Machtrausch geblendet, im Kollektiv ihre unstillbare Profitgier vor unseren Augen zur Schau tragen, beschwören genau das herauf, was man schlechthin Krieg nennt.
    Mit Nachdruck wächst und gedeiht die Tyrannei des Kapitals vor unseren Augen zu einem gigantischen Konstrukt der Kriegsführung gegen die Menschlichkeit. Die „westliche Wertegemeinschaft“ muss auch zur Kenntnis nehmen, dass das, was in der Ukraine passiert, auch ein Resultat des eigenen Handelns ist. Es gibt immer zwei Seiten der Medaille.
    Traurig ist nur, dass unschuldige Menschen mit ihrem Leben bezahlen müssen, bevor dieser ganze Wahnsinn gezwungenermaßen ein Ende findet.

  32. Und wenn man den Zwangsgebührenschaffenden Widerstand leistet, weil sie schamlos stundenlang Sahra Wagenknecht, Dietmar Bartsch (Schatzmeister der PDS/SED), Gesine Lötsch (seit 1984 SED Mitglied) Janine Wissler (Trotzkistin) und Susanne Henning Wellso (Kommunistin) Sendeminuten gewähren, während die zweitgrößte Oppositionspartei, die im Gegensatz zur Linken in den Bundestag gewählt wurde und nicht an der Fünf-Prozent-Hürde scheiterte, in den öffentlich-rechtlichen überhaupt nicht präsent ist, ja dann wird man mit Zwangsvollstreckung wegen Rückstandes von 230 € bedroht, was nun?

  33. Lieber Herr Wendt, danke für den besinnlichen Text. Ich meine, viele sind politisch von der herrschenden „Elite“ so frustriert, daß sie den Treufel mit dem Belzebub austreiben möchten. Was solche Leute wie Sixtus angeht, fällt mir Friedrich Schiller ein:
    „Der Pöbel wird immer Pöbel bleiben, und wenn sich auch Sonne und Mond verändern.“

    • Ich kann mich Ihnen nur anschließen.Beim Schillerzitat kommt bei mir der Gedanke an eine Ochlokratie auf.

  34. Es ist einfach Evolution: Wenn eine Tierart sich nicht anpassen kann, stirbt sie aus und eine andere übernimmt deren Lebensraum.
    Wenn die Besatzer erstmal mit den bisherigen Leuten weiter arbeiten (was immer das einfachste ist), fliegen die Leute, die nicht funktionieren, raus und werden durch andere ersetzt.
    D.h. was der Einzelne macht, spielt keine Rolle. Die Evolution geht ihren Weg.

  35. Diese moralischen Schmierlappen, die ihr Fähnchen in den aktuellen Wind hängen, verachte ich zutiefst. Menschlich, wie moralisch. Sie würden nicht zögern, ihre engste Freunde zu verraten, nur um am fetten Trog bleiben zu können.
    Dann gibt es noch die „Dummen“, die alles glauben, was ihnen erzählt wird. Diese werden aber nicht nachsichtiger sein, mit dem „neuen Feind“, als die anderen Verräter.
    Hauptsache das gute Gefühl und vor allem, der Gelbeutel stimmen! Widerlich!

  36. Endlich wieder ein guter Artikel auf Tichy!

    Schon kurz nach der Wiedervereinigung verließ ich aus beruflichen und später aus familiären Gründen meine geliebte mecklenburgische Heimat. Seither lebe ich fast ununterbrochen im Westen der Republik und habe viele regionale Wesensarten kennengelernt. Ich war in Flensburg, in Böblingen, München, Donaueschingen und seit einer gefühlten Ewigkeit in Hamburg.

    Was mir aber überall begegnete war der von Herrn Wendt beschriebene Typ des Politruk. Als gelernter Ossi habe ich instinktiv immerwieder gedanklich abgeglichen, wie wohl der eine oder andere in der DDR so gewesen wäre.

    Herrn Wendt hat mit jeder Zeile seines Artikels Recht und spricht mir aus der Seele.

    Allerdings wäre zu befürchten, daß unter Besatzungsstatut und Kriegsrecht der Haß eines Bömermannski für die Zielperson tödliche Konsequenzen hätte.

    Es begann mit der unkontrollierten illegalen Masseneinwanderung 2015 und steigerte sich ins Unermessliche mit der Coronakrise. Der gemeine Westdeutsche ließ endgültig die freiheitliche Maske fallen und zeigt seither sein wahres häßliches totalitärisches Gesicht, das er mit moralischer Selbstüberhöhung stolz der ganzen Welt darbietet.

  37. Meine küchenpsychologische Deutung: Man hat von Mami und Papi nicht genügend Liebe bekommen. Vielleicht wurde man sogar abgelehnt. In der Schule wurde man verprügelt. Die anderen Kinder haben nicht mit einem gespielt. …
    Man hat als Erwachsener sehr viel Wut in sich. Natürlich ist es temporär erleichternd, wenn man diese an irgendwas oder irgendwen abreagieren kann. Eine Möglichkeit ist eine Organisation mit strenger Hierarchie, wo man die Untergebenen fertig machen kann. Eine andere Möglichkeit ist, dass man sich irgendeiner Sache anschließt. Dann kann man andere fertig machen, weil es „ja immer nur um die Sache geht“. Und wenn man das Glück hat, dass die herrschende Sache die Macht hat, ist es natürlich super.

  38. Sinngemäß: wir werden den russischen Lieferanten nicht mehr beliefern. So schnell kanns gehen, dann gilt der Satz: ich muss leider draußen bleiben.
    Mal darüber nachgedacht, was passieren würde, wenn wir morgen z.B. mit der demokratischen Türkei in Zwist geraten würden?
    Und – bitte nur darüber nachdenken – ohne Schaum vor den Mund…
    War nur hypothetisch gestellt, kann natürlich nicht passieren, denn wir sind ja alle in der Nato.
    Und es werden immer mehr. Je größer umso sicherer. Kann man sich das so vorstellen?
    Was passiert eigentlich, wenn zwei Natoländer sich gegenseitig auf die Mütze hauen?
    Je größter ein Gebilde wird um so stärker werden die Zentrifugalkräfte.

  39. Unser Volk wurde spätestens seit 2015 von einer kleinen Politkaste gedemütigt, bevormundet und in kleinste Einheiten gespalten!
    Es sollte sich also jetzt niemand darüber wundern, daß es nun genug Leute gibt, die mit dem Teufel selbst paktieren würden, um einen Rest der deutschen Würde zu retten und diese Entwicklung zu stoppen oder sogar zurück zu drehen.
    Diese Denke ist in meinen Augen hochgradig naiv, da dies im Endeffekt kontraproduktiv und jenseits aller moralischen Maßstäbe ist, aber es zeigt überdeutlich in was für eine Verzweiflung die Politik große Teile dieses Volkes gestürzt hat, ohne jegliche Skrupel!

  40. Danke für diesen genauso wahren wie erschreckenden Beitrag. Geschichte ist kein Prozess, auch wenn das viele nach 89 gedacht haben. Geschichte ist die Sphäre der zweiten Chance. Sowohl im positiven als auch im negativen Sinne. 
    Es gibt wieder nur schwarz oder weiß. Wer sich um Differenzierung bemüht, wird sofort in eine Ecke gestellt.
    Das Besondere an der Einengung der Meinungsvielfalt, wie sie in den letzten zwei Jahren stattfand, ist die Selbstzensur. Es genügte eine kleine, meinungsstarke Minderheit, um dies in Gang zu setzen. Es gibt keine ernste Gefahr von rechts oder links. Die Gefahr kommt aus der Mitte der Gesellschaft, die zu schwach oder zu dumm ist, um sich gegen den Blödsinn der Böhmermänner zu wehren. 
    Nach der Logik eines Böhmermanns, siehe gestern ZDF-Royal, dürfen wir uns keinen Millimeter mehr bewegen oder unsere Wohnung heizen, denn wer tankt oder Gas verbraucht, ist ein Unterstützer Putins.
    Dass wir hier wieder vor dem Scherbenhaufen einer langjährigen Fehlentwicklung stehen, mit diesen Gedanken kann man einen ZDF-Zuschauer nicht konfrontieren.

  41. Es bleibt mir leider angesichts Ihres hervorragenden Textes kaum mehr zu sagen als: Hervorragender Text! Und: Sie haben sich – ob im Russischunterricht oder sonstwo – offensichtlich viel russische Literatur einverleibt. Neidvoll blicke ich auf Ihre Begabung. Danke für diese intellektuelle und lebensweise Aufmunterung, Herr Wendt!

  42. Diese beschriebenen Diffamierer und Ausgrenzer, diese Hasser und Hetzer finden jedoch ihren Nährboden in der praktizierten Politik und Rechtsprechung.
    Von dieser Seite wird ihnen keinerlei Einhalt geboten. Sie sind die 5. Kolonne der Politik.

  43. Sehr geehrter Herr Wendt, Ihre Erlebnisse in der Leipziger Tieflandsbucht kann ich bestätigen, allerdings roch man sofort, wer „Russensprit“ im Tank hatte. Es ging den „Freunden “ um Geld für Schnaps. Auch an dem Abend, als ich vom Rad absteigen musste und für 2 Mark eine Schachtel „Armia“ bekam, mit der ich meine 30jährige Raucherkarriere startete. Die heutige Zeit ist die Stunde der Untertanen, der Diederich Heßlings, der Kreaturen vom Typ Böhmermann, die man gezwungenermaßen nähren muß. Im Rudel fühlen sie sich stark und sicher. Zu denen, die immer noch den KGB-Offizier anhimmeln, sage ich, dann habt ihr doch sicher nichts gegen eine Anetta Kahane aufzubringen. Beide sind Feinde der Demokratie. Ihr seid die gleiche Feiglinge wie die DKP-Genossen damals, die den Sozialismus klasse fanden, aber lieber aus sicherer Entfernung.

  44. Ich vermag kaum auszudrücken, gutester Wendt, wie sehr ich Ihre Schreibe wertschätze. Immer wieder der Balanceakt auf der Rasierklinge (weil es so oft stimmt, was Sie da erstklassig recherchiert auf’s Korn nehmen), oder ich kann nicht mehr vor lauter Lachen ob Ihrer fabelhaften Gedankengänge a la Böhmermannski & Co.
    Merci bien!

  45. Lieber Herr Wendt,
    ein grandioser Aufsatz, der die Absurdität und Verlogenheit der westlichen Gesellschaftswiderspiegelsurrogate a la Sixtus, Böhmermann et al treffend beschreibt. Die Tragödie ist offensichtlich: die vergesellschafteten Hominiden sind nicht in der Lage, sich so zu organisieren, dass eine dauerhaft friedliche Koexistenz absicherbar ist. Die situationsabhängigen, jederzeit möglichen 180-Grad-Wenden der – leider in der ganzen Welt offensichtlich die weit überwiegende Mehrheit darstellende – „Sixtus-Klasse“ müssen genetisch engrammiert sein und erlauben kein konsistentes gesellschaftliches Fortentwickeln. Der regelmäßige „Reset“ menschlicher Gesellschaften ist ganz offensichtlich zwangsläufig. Allein an Ihrem Beispiel der mit brutalen Lügen, Verdrehungen und Überwältigungen wohl bald durchgesetzten „Impfpflicht“ in Deutschland kann abgelesen werden, dass unsere westlichen politmedialen „Vordenker“ auch gerne putin’sche Mittel hätten, um ihren Untertanen das richtige Verhalten aufzuzwingen. Noch sind wir nicht am Punkt eines Putin’schen Totalitarismus angelangt, daher unterstütze ich noch immer die Ideale des Westens, dabei wohlwissend, dass sie inzwischen von Protagonisten vertreten werden, die praktisch allesamt der „Sixtus-Klasse“ zugeordnet werden können.

  46. Denn ohne einheimische Funktionselite mit intimer Kenntnis von Land und Leuten

    Ich unterstelle jetzt einfach mal pauschal, daß sich auf dem Gebiet der ehem. SBZ, welches von Osten her als erstes erreicht werden würde, noch genügend Leute mit ausreichend Russischkenntnissen und intimer Kenntnis von Land und Leuten, dafür aber ohne andere Charaktereigenschaften, finden ließen, die auf diesem Weg ihre Blockwart- und Stasi-Mentalitäten und Erhöhung über das dreckige Volk ausleben können würden. Entweder zum ersten Mal, oder in Anknüpfung an ihr Leben pre-89/90. Vielleicht sähen wir sogar die Uckermerkel in leitender Position wieder, wer weiß das schon?

    Man beweise mir das Gegenteil.

    (Die ironische Traumwelt wäre natürlich, daß Unpersonen wie Sixtus oder das Böhmermännchen in so einer Welt NICHT zum Kapo werden, sondern endlich mal körperliche Arbeit leisten müssen, entweder im Steinbruch oder auf den dann wieder notwendigen Rieselfeldern, oder die Neubauerin putzen gehen muß. Dann hätte ich gar kein so großes Problem damit, auch wenn ich als Intellektueller wahrscheinlich schon unter die Räder gekommen oder an die Wand gestellt worden wäre.)

    • „……….auch wenn ich als Intellektueller wahrscheinlich schon unter die Räder gekommen oder an die Wand gestellt worden wäre.)
      Selbstredend sind Sie natürlich Westdeutscher, steter Bewahrer der Demokratie und aller ihrer Werte. Der Grund dafür, daß ich mir wünsche, daß russische Soldaten, nach getaner Arbeit, den ehem. Westwall, was davon übrig ist, besichtigen könnten.

  47. Herr Wendt, niemand mit Verstand will den Werte-Westen haben, außer Gendersternchen, Haltung und „Werten“ ist hier nichts zu holen.

  48. Jedes Mal wieder eine Sternstunde nicht nur des Journalismus, sondern ganz grundsätzlich des gekonnten Umgangs mit der deutschen Sprache, die Artikel von Alexander Wendt. Danke TE!

  49. Ein großartiger Text, vielen Dank!

    An einer Stelle möchte ich widersprechen:
    »Leider tut sich der Boden nicht auf, um diese Überzeugungsopportunisten verschwinden zu lassen. Eigentlich tat sich der Boden für diese Leute im Lauf der Geschichte noch nie auf.[…]«

    Doch, es gibt diese Öffnungen des Bodens, meistens (und durchaus gottseidank!) recht kurz. Sie entstehen in diesen kurzen, nebligen, tumultartigen und anarchischen Phasen des Übergangs zwischen den Zeiten. So zwischen Ancien Régime und Republik, zwischen Zarenreich und Sowjetzeit, zwischen 2. Reich und Weimarer Republik und sicher an vielen anderen Übergangen auch.

  50. Böhmermann, Sixtus et altera: Archetypen der neudeutsche Zivilcourage, des „… Gratismutes für Meutenfeiglinge…“, wie es der geschätzte Michael Klonovsky so treffend formuliert.

  51. Es gehört zur naturtrüben Wahrheit, dass in dem Westen, auf den viele, die jetzt in der Ukraine in Kellern hocken, dringend hoffen, hemmungslose Selbstoptimierer den Ton angeben, die heute das eine meinen, morgen das andere, die Individualität und freies Denken verdächtigen, wo sie nur können, die heute kollektiv das eine und morgen ebenso kollektiv das Gegenteil als alternativlos herauströten, die heute dazu auffordern, diese Gruppe mit Hundekot zu bewerfen, und morgen dafür eine andere ins Auge fassen.“
    Dem ist an sich nichts hinzufügen. Außer das mich in letzter Zeit zunehmend der Verdacht beschleicht, das es auf die Frage warum man irgendwas überhaupt „retten“ sollte schlicht keine vernünftige Antwort gibt.
    So wie es auf das Geschreie der „letzten Generation“ nur eine sinnvolle Antwort gibt: „Na hoffentlich“.

  52. Sehr guter Artikel. Man bewahre den eigenen nüchternen Blick. Und hüte sich vor den 100%igen, den Heuchlern also. Vor den Haltungsträgern, die stets bereit sind, sich das aktuell angesagte Brett an den Kopf zu nageln, wenn es nur breit genug ist. Leider haben wir in DTL einen viel zu großen Anteil an solchen Leuten.

  53. Den Deutschen genügt es, Feindbilder zu haben und die haben sie jetzt reichlich. Immer schon waren Landsleute Feinde, aber nun differenzieren sie, gezwungenermaßen. Die Alten, die man hierzulande so hasst, die Autofahrer, die dem narzisstischen Wohlstandsschrott schadet, die Raucher, die Islamophoben, die Massenmigrationsfeinde, die EU-feindlich Gesinnten, die absolute Steigerung des Hasses verursachen die Ungeimpften, oder wie die Österreicher sagen, die Ungedupften, und nun die Russen. Sie können in ihrem Hass von Gruppen, von Minderheiten schwelgen, die zwangsgebührenfinanzierten sog. Kulturschaffenden, was dies dieser Tage auch immer heissen mag. Es ist zum Fremdschämen, einfach nur zum Fremdschämen.

  54. „hemmungslose Selbstoptimierer […], die heute das eine meinen, morgen das andere, die Individualität und freies Denken verdächtigen, wo sie nur können, die heute kollektiv das eine und morgen ebenso kollektiv das Gegenteil als alternativlos herauströten, die heute dazu auffordern, diese Gruppe mit Hundekot zu bewerfen, und morgen dafür eine andere ins Auge fassen.“ Wer erinnert sich nicht an „Freedom Fries“ und „Freedom Toast“ aus der Zeit, als die USA mit Frankreich im Clinch lag (es ging um den 2. Golfkrieg) und Camenbert und Beaujolais boykottiert wurden? Das Phänomen der „Selbstoptimierer“ ist kein typisch deutsches. Jetzt also Wodka, Zupfkuchen und Dirigenten und Sängerinnen. Es ist erbärmlich. Gestern erzählte mir ein Buchhändler, dass ihm schon freundlich mitgeteilt wurde, er könne gerne seine Regale von russischer Weltliteratur befreien. Er weigert sich standhaft. Wie lange noch?

  55. Ausgezeichnet. Ich melde allerdings ebenso wie der Autor Zweifel an, was die Wirkung des Artikels betrifft. Zum einen fehlt es an den kognitiven Voraussetzungen, zum andern an der entsprechenden, persönlichen Verfassung des( postmodernen) Menschen. Er kann (und will) nicht anders, als in den skizzierten Schemata zu denken und zu agieren. Sie boten ihn Kompensation und Halt, egal von welcher Seite, ein gewisses Wohlempfinden, wenn seine Frustrationen durch die Machthaber gerecht werden und sein Hirn liefert ihm zuverlässig die dazu passende Rationalisierung. Das mit Demokratie, Freiheit und Recht hat sich fuer’s Erste erledigt, offen ist lediglich noch von welcher Seite die Ablösung erfolgt. Neben diversen“ Ausseneunfluessen“ duerften Aufbau und Funktionsweise bzw Begrenzheit des „menschlichen“ ZNS, die Wirkmaechrigkeit archaischer Elemente, zu finden auch in Schimpansenhorden, das eigentliche Problem darstellen. Offen und vordergründig unterschiedlich ist lediglich das jeweilige Verwirklichungsobjekt oder Narrativ. Das“ krumme Holz“ ist nicht „gerader“ geworden, worüber manche Entwicklungen auf manchen Feldern leicht taeuschen koennten. Eine Art „unabhängige“ Kontrollinstanz gibt es leider immer noch nicht.

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