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Wacklige EZB

Christine Lagarde, die Vorleserin

18.07.2020

| Lesedauer: 2 Minuten
Es ist ein Symptom des Verfalls der EZB, dass an ihrer Spitze eine Dame steht, die offenbar alles ablesen muss, was sie der Öffentlichkeit zu sagen hat.

Auf der Pressekonferenz des 16.07.2020, die dem EZB-Rat folgte, hatte die Präsidentin der EZB wenig zu verkünden und noch weniger zu erzählen. So berichtete sie den digital anwesenden Journalisten, die allesamt durch höchst zahme Fragen auffielen, dass der EZB-Rat die gegenwärtige Zins- und Aufkaufpolitik fortsetze. Dabei war nicht nur das neue rosafarbene Kostüm auffällig, sondern die Ängstlichkeit der französischen Präsidentin, mit der sie sich an den vorgelegten Text des Einführungsreferates hielt. Diesmal wollte sie spontanen Äußerungen und ihrer Kontrolle durch ein kritisches Publikum offenbar nicht auf den Leim gehen. 

Also hielt sie sich in peinlicher Abhängigkeit an das, was der EZB-Apparat ihr aufgeschrieben hatte. So entstand wirklich der Eindruck, dass sie nichts weiter tat, als den vorgefertigten Text den versammelten Journalisten vorzulesen. Welch ein Unterschied zu dem souveränen, unerschütterlichen Draghi!

Einzig in der Frage nach der Beachtung des Kapitalschlüssels bei der Durchführung der Aufkaufprogramme, der sich nach Wirtschaftskraft und Bevölkerungsgröße der Euro-Länder richtet, legte sie Wert auf die Feststellung, dass Flexibilität ein Kennzeichen des PEP-Programms sei und dies vom PSPP unterscheide. Ob und wann die Abweichungen vom Kapitalschlüssel wieder kompensiert werden könnten und sollten, ließ sie bewusst offen. Alles schien bestens vorbereitet. Dazu gehörte auch, dass nicht nur Anleihen von Italien sondern auch von Deutschland überproportional erworben wurden.

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Wie eine gute Fee schien Lagarde alles geregelt zu haben. Der Hinweis darauf, dass die Abweichung vom Kapitalschlüssel nicht nur Italien, sondern auch Deutschland im vergangenen Monat begünstigt habe, war nicht nur politisch zielgerichtet – Seht doch, selbst Deutschland mit seinen sperrigen Widerständlern profitiert übermäßig vom PEPP. Dieser Hinweis fiel auch nicht vom Himmel. Warum achtet selbst die Bundesbank unter Weidmann nicht auf die strikte Beachtung der Kapitalschlüssel, um dem Verbot der monetären Staatsfinanzierung gem. Art.123 AEUV zu entgehen? Ganz einfach: Um bei zukünftigen Rechtsstreitigkeiten den aus Deutschland kommenden Vorwurf, das PEPP verletze das Verbot der monetären Staatsfinanzierung, weil es entgegen der Postulate des Europäischen Gerichtshofs  in seinen Urteilen zu OMT und PSPP den Kapitalschlüssel nicht beachte, mit dem Hinweis auf die fiskalischen Vorteile auch für Deutschland kontern zu können! Was treibt Herrn Weidmann bei seiner Aufkaufpolitik dazu, in einem Zuge mit Italien genannt zu werden ?

Die Begründung der anhaltenden Aufkaufpolitik mit einem Volumen, das alle bisherigen Rekorde sprengt, fiel im Übrigen sehr dürftig aus. Lagarde repetierte das, was sie in den vorangegangenen Konferenzen bereits heruntergespult hatte. Es ginge um die Belebung der völlig unangemessenen Inflation sowie um die Entstörung der Transmissionskanäle der Geldpolitik. Wer vermag solchen Allgemeinplätze, die seit Jahren aus dem Munde der EZB-Oberen zu hören sind, ohne dass sich die Inflation signifikant ändert, noch Glauben zu schenken? 

Es ist ein Symptom des Verfalls der EZB, dass an ihrer Spitze eine Dame steht, die außer wechselnden Aufmachungen nichts zu bieten hat. Sie ist eigentlich noch weniger als eine Vorleserin. Bestenfalls eine Märchentante. Denn von Ökonomie im allgemeinen und Geldpolitik hat Madame Lagarde offenbar keinen Schimmer. 


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13 Kommentare

  1. „Von Ökonomie im allgemeinen und Geldpolitik hat Madame Lagarde offenbar keinen Schimmer.“ Peng, das sitzt! Aber bitte nicht aufregen. Dafür haben wir eine Kanzlerin, die sich in Wirtschaft und Finanzwesen bestens auskennt und konsequent deutsche Interessen wahrt. Eine Kommissionspräsidentin, welche die klügsten und teuersten Berater um sich schart, eine Verteidigungsministerin mit Kampferfahrung im Parlament … Ganz zu schweigen von unseren zahllosen Quotenfrauen, die vielleicht keinen Schimmer haben, aber dafür die richtige Gesinnung – und nur darauf kommt es an …

  2. Dass sie keinen Schimmer von Ökonomie und Geldpolitik hat, wusste man, deshalb wurde sie an die Spitze der EZB gehievt und ist so eine zuverlässige Helferin des „Kaisers“ in Frankreich.

  3. Sie hätte ja auch folgendes vorlesen können: „Seit September 2019 brennt unser Kartenhaus, und die Situation hat sich durch den Lockdown weiter verschlechtert. Wir müssen inzwischen nicht nur Banken retten, sondern auch ganze Eurostaaten, Großunternehmen, Kleinunternehmen, Privatpersonen, Gemeinden und Städte. Das System platz förmlich aus allen Nähten. Zum Glück verfügen wir über eine Druckerpresse, die uns hilft, immer neues Geld zu schaffen, und das System am Laufen zu halten. Leider ist das geschaffene Geld im Grunde wertlos, und wir befürchten, dass das der Markt eines Tages erkennt. Dann implodiert das System innerhalb weniger Tage, und wir können nichts mehr tun.“ Hat Madame Lagarde zwar nicht vorgelesen, entspricht aber wohl eher der Realität.

  4. Das macht gar nichts, das Frau Lagarde alles abliest. Honnecker hat auch komplett alles abgelesen. Da geht zusammen, was zusammengehört.

  5. Es ist ein allgemeines Symptom und nicht nur in der EZB zu finden. Alles wird heute politisiert. Stadtwerke, der Kindergarten, an den weiterführenden Schulen finden sich nur noch Lehrer mit missionarischem Eifer für Politik, und umso weniger Eifer für die Wissensvermittlung. Überall, egal wo man hinguckt, nur noch in der Sache unfähige und hochgradig politisierte Jakobiner. Es ist diese allgemeine Politisierung, wo es Gegenstand von Politik sein soll, ob und wieviel Fleisch ich esse, ob ich rauche, trinke, ob meine Frau den Abwasch macht oder ich oder ob wir uns abwechseln und ob meine Frau für die Kinder zuhause bleibt oder nicht. Jeder Mist ist heute von der Politik durchdrungen. Und genau deswegen funktioniert hier auch wirklich gar nichts mehr.

  6. Frau Lagarde ist ein Zeichen des Verfalls der EU, in der nach Proporz und politischen Korrektheit (EZB: Frau, französisch; Kommission: Frau, deutsch) entschieden wird anstatt nach Fachkenntnis und nach dem Nutzen für die Regierten.

    Das ist typisch für die Planwirtschaft und in einem hierarchisch angeordneten Rätesystem. Planwirtschaft und Rätesystem liegen voll im Trend; die Jugend will das. Wir werden daher noch viel mehr von dieser hochwohlgeborenen Unfähigkeit kriegen.

  7. Die EU wird von einer Frau geleitet, die EZB auch, die (macht hinter der EU namens) BRD auch, die deutschen Streitkräfte auch. Kakophonien über die gläserne Decke sind immer noch nicht verstummt. Und schlechter und gefährlicher sind EU und BRD noch nicht nach 1945 geführt worden.

  8. Nicht nur Lagarde hat keinen Schimmer, unsere gesamte aktuelle Regierungsmannschaft, einschließlich unser Finanzminister, hat keinen Schimmer von Volks- und Finanzwirtschaft.

  9. Die EZB braucht auch keine selbstständig denkende Person mehr an der Spitze, denn nach der Einführung der eigentlich verbotenen Staatsfinanzierung geben die wichtigsten Regierungschefs inzwischen die Geldpolitik gleich indirekt vor. Insofern ist ihre geistige Windstille konsequent und folgenlos. Ein Staatssekretär im Finanzministerium muss auch kein begnadeter Redner sein.

  10. Nicht die „Vorleserin“, die rechtskräftig verurteilte Betrügerin an der Spitze der EZB.
    Einer solchen Institution soll man als EU-Bürger vertrauen ?
    Wie der Herr, so’s Gescherr sagt der Volksmund (der meist recht hat).

  11. Frau Lagarde ist eben Juristin und keine studierte Ökonomin oder jemand, der sich jahrelang intensiv mit Geldpolitik beschäftigt hat , wie der Noten-und Spitzenbanker Draghi.
    Insofern passt sie hervorragend in die Reihe etwa einer von der Leyen, die von millitärischen Dingen keine Ahnung hatte, als sie Verteidigungsministerin wurde, ebenso wie später ihre Nachfolgerin im Amt AKK.
    Kungeleien und Geschacher, wenn es um Spitznämter geht, ohne auf wirkliche Befähigungen und dazu gehörige Ausbildung zu achten, gehört zu den Kennzeichen einer politischen Periode im Raum der EU , die man auch als Spätzeit mit dazugehöriger politischer Dekadenz bezeichnen kann.

  12. Die EZB Präsidentin Christine Lagarde – als IWF-Chefin wurde diese Dame im Prozess um eine umstrittene Millionenzahlung der Fahrlässigkeit schuldig gesprochen worden. Eine Strafe gegen die frühere französische Finanzministerin verhängte der Gerichtshof komischerweise nicht.
    Warum auch, es ging ja schließlich nur um 400 Millionen Euro veruntreute Gelder.
    Als EZB Präsidentin deshalb persönlich völlig ungeeignet wie auch die neue Eu-Kommisionspräsidentin Ursula Von Der Leyen.
    Deutschland ist gut beraten, aus Verantwortung für das deutsche Volk, aus dieser EU unverzüglich auszutreten.

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