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Ukraine-Krise

China gibt sich neutral: Der Drache lauert um die Ecke

22.02.2022

| Lesedauer: 4 Minuten
Während Moskau die Welt in Atem hält, beobachtet Peking die Schritte des Westens im Ukraine-Konflikt. Ein Telefongespräch zwischen Außenminister Wang und Außenminister Blinken zeigt, dass China die Situation vorsichtig beobachtet, jedoch keinen Zweifel an eigenen Hegemonieansprüchen lässt.

Der Westen nimmt Russland und China als Tandem wahr. Wie komplex die Angelegenheit tatsächlich ist, zeigt das Beispiel der Ukraine-Krise. Bis heute hat Peking die Annexion der Krim nicht anerkannt. Ebenso zurückhaltend beobachtet die Volksrepublik die Anerkennung der Separatistengebiete Luhansk und Donezk in der Ostukraine als unabhängige Staaten durch den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Russlands Außenpolitik setzt damit eine Linie fort, die es auch in Abchasien, Südossetien, Transnistrien und mit Abstrichen in Arzach (bis 2017 Republik Bergkarabach genannt) gefahren hat: die Zerfaserung ehemaliger Sowjetrepubliken, teilweise mit offizieller, teilweise mit inoffizieller Anerkennung der Teilgebiete. Und gegen westliche Proteste führt Moskau den Sündenfall der einseitigen Anerkennung der kosovarischen Unabhängigkeit von Serbien an.

China ist kein Freund separatistischer Teilrepubliken russischen Stils

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Dass das Selbstbestimmungsrecht der Völker auf diese Art und Weise als Instrument Moskauer Machtpolitik gehandhabt wird, um Einflusszonen in Staaten zu gewinnen, die an der Grenze der Definition zum „failed state“ kratzen, ist Peking jedoch ein Graus. Das gilt nicht nur für Hong Kong, Tibet oder die Uiguren-Provinz Xinjiang, die nach völkerrechtlichen Maßstäben zu Konfliktzonen erklärt werden könnten; Peking vereinnahmt für sich das Recht der staatlichen Selbstbestimmung und die Unantastbarkeit interner Angelegenheiten. Kritisch wäre eine solche außenpolitische Devise hinsichtlich der Taiwan-Frage. Würde Peking ähnlich wie Moskau agieren, müsste es Taiwan seine Unabhängigkeit einräumen.

Dass China die taiwanesische Angelegenheit als die seine betrachtet, funktioniert dank der ideologischen Prämisse, dass Taiwan sowieso Teil der Volksrepublik sei, allerdings eben eine „abtrünnige“ Provinz. Die kommunistische Propaganda spricht nie von einer Eroberung der Insel. Stattdessen gehört es zum Ritual, die „Separatisten“ auf Taiwan davor zu warnen, sich unabhängig machen zu wollen, obwohl dies de facto schon seit dem Ende des Chinesischen Bürgerkrieges 1949 der Fall ist. Erst eine solche Provokation hätte Konsequenzen in Form einer wie auch immer gearteten Vergeltung.

Was Russland und China eint, ist das historische Schicksal zweier Imperien, die in der Vergangenheit Teile ihres Territoriums eingebüßt haben und sich wieder auf ihre von ihnen selbst gesteckten historischen Grenzen ausdehnen wollen. Im Fall Chinas sind dies weniger territoriale Ansprüche als die Wiederherstellung machtpolitischen Einflusses. Ostasien war jahrhundertelang durch Tribut an den Kaiserhof der Verbotenen Stadt gebunden. Insbesondere die USA haben seit dem Zweiten Weltkrieg eine Stellung in der Region gewonnen, die ihnen nach chinesischer Maßgabe historisch nicht zusteht. Die Schwäche der USA bleibt den roten Mandarinen nicht verborgen – und gerade die Ukraine-Krise erweist sich nach Afghanistan als zweite Nagelprobe, bei der die Chinesen aus sicherer Entfernung studieren können, wie wehrhaft die einstige Weltmacht noch ist.

China zeigt sich in der Ukraine-Krise neutral

Aus diesen Faktoren ergibt sich eine interessante Melange, wenn man sich die Global Times als zentrales Propagandaorgan der Kommunistischen Partei Chinas durchliest. Denn der Ton bleibt im Zuge der jüngsten Entwicklungen in Osteuropa betont nüchtern, fast distanziert. Die Sachlage wird zusammengefasst, Putin anerkennt Luhansk und Donezk als unabhängige Staaten, wobei auch die Global Times dem westlichen Deutungsmuster folgt, diese als „Volksrepublik Luhansk“ und „Volksrepublik Donezk“ in Anführungszeichen zu setzen und diese auch im Folgenden als „Republiken“ zu bezeichnen.

AUF BIDEN & CO. IST KEIN VERLASS
Gestern Kabul, heute Donezk: Der Westen kapituliert nur noch
Weder der chinesische Außenminister noch der chinesische Gesandte bei den Vereinten Nationen verurteilt die russische Aktion in scharfen Worten, wie es westliche Vertreter tun. Dennoch bleibt Peking höchst diplomatisch und gibt zu verstehen, dass die Intervention nicht den Gepflogenheiten chinesischer Façon entsprechen. So gibt der UN-Botschafter Zhang Jun zu verstehen, dass man weiter nach Dialog und einvernehmlichen Lösungen suchen sollte und die Konflikte gemäß UN-Charta friedlich zu lösen seien. Anders als die anderen beiden Großmächte ist China kein Konfliktpartner und kann hier die Rolle des Maklers übernehmen und sich damit als Friedensmacht gerieren.

Ambivalent wie vielsagend fiel das Telefongespräch zwischen Außenminister Wang Yi und seinem US-Kollegen Anthony Blinken aus. Es erfolgte nur wenige Stunden nach Putins Rede und Ankündigung, Truppen in den östlichen Teil der Ukraine zu entsenden. Eigentlicher Anlass war die diplomatische Annäherung der USA an China vor 50 Jahren unter Präsident Richard Nixon. Yi zeigte sich über die Entwicklung der Situation „besorgt“. Die legitimen Sicherheitsbedenken eines jeden Landes sollten respektiert und die Ziele und Grundsätze der UN-Charta gewahrt werden, sagte Wang. Er fordert „alle Parteien“ dazu auf, die Situation zu entspannen und „Differenzen durch Dialog und Verhandlungen“ beizulegen.

Wang erinnert die USA freundlich an „Zusagen“

UKRAINE
Was tut Putin nach der Anerkennung von Donezk und Luhansk?
Das könnte man als Allgemeinplatz verbuchen. Spannend war jedoch das, was Wang anschließend hinzufügte. Er bestand gegenüber Blinken darauf, dass US-Präsident Joseph Biden eine „Serie von Versprechen“ einzuhalten habe, die er gegenüber China gemacht hätte. Er warnte zudem davor, dass die USA „falsche Signale“ gegenüber der Volksrepublik sendeten. Dazu gehörten insbesondere Einhegungspläne im indo-pazifischen Raum und „Provokationen“ in der Taiwan-Frage. Wang bezog sich auf ein US-Strategiepapier, das eine Eindämmung Chinas durch eine Einbindung Taiwans in die regionale US-Strategie vorsieht. Das Papier bezeichnete zudem die Region als jenen Erdteil, der die „meisten Herausforderungen“ mit sich bringe. „China fordert die USA erneut nachdrücklich dazu auf, konkrete Maßnahmen zu ergreifen, um über die von Präsident Biden gemachten Zusagen nachzudenken“, betonte Wang.

Nach Darstellung des chinesischen Außenministeriums habe Blinken unterstrichen, dass der US-Präsident mehrfach betont habe, keinen Kalten Krieg mit China anzetteln zu wollen, und auch nicht an einer Änderung des politischen Systems in China interessiert sei. Zudem unterstützen die USA eine „Unabhängigkeit Taiwans“ nicht. Das US-Außenministerium beließ es nur bei einem sehr kurzen Statement hinsichtlich der Ukraine-Krise: Man bekräftigte die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine.

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Doch zumindest aus chinesischer Sicht hat man den USA deutlich zu verstehen gegeben, dass die einstige Weltmacht vom Koch zum Kellner degradiert wird. Die freundliche Erinnerung der Chinesen, dass man sich aus ihrem Raum herauszuhalten hat, könnte deutlicher nicht sein, auch, wenn es dabei nicht an asiatischer Höflichkeit mangelt. Sie kommt zu einem Zeitpunkt, in dem die Vereinigten Staaten an einem anderen Brennpunkt gebunden sind. Und zugleich ist es ein Zeitpunkt, zu dem auch das Verhältnis zwischen Peking und Washington wieder angespannt ist.

Waffendeal mit Taiwan sorgte am Montag für Ärger mit China

BILLIGE BEDROHUNGEN
Der Westen ist nicht wehrlos, aber willenlos
Denn erst kürzlich sorgten die US-Rüstungskonzerne Raytheon und Lockheed Martin für Ärger, weil sie mit Taiwan Verträge über Waffenlieferungen abschlossen. Derselbe Wang, der mit Blinken die Lage in der Ukraine erörterte, kündigte nur wenige Stunden vorher an, dass dieses Vorgehen nicht ohne Konsequenzen bliebe. China verurteile dieses Vorgehen der USA aufs Schärfste. Die USA konterkarierten mit diesem Deal die Ein-China-Politik und mischten sich in die internen Belange der Volksrepublik ein. „China wird weiterhin alle erforderlichen Maßnahmen entsprechend der Entwicklung der Lage ergreifen und Chinas Souveränität und Sicherheitsinteressen entschlossen wahren“, erklärte Wang ebenfalls am Montag. Die Gegenmaßnahmen können auf der Basis eines Gesetzes von Einreise- und Visaverweigerung bis hin zur Beschlagnahmung von Eigentum in China und Transaktionsverboten reichen.

Russland hat die Schwäche des Westens in Afghanistan zum Anlass genommen, seine Ziele in Osteuropa aggressiver durchzusetzen. Womöglich könnte China die Schwäche des Westens in der Ukraine zum Anlass nehmen, seine Ziele im Pazifik energischer zu verfolgen.

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23 Kommentare

  1. Russland und China – so geht halt strategische Partnerschaft, wobei der Begriff Partnerschaft wortwörtlich gemeint ist! Und dass beide Länder mit dem Westen Rechnungen offen haben, dürfte jedem bekannt sein, der die letzten Jahrzehnte die politische Entwicklung beobachtet hat! China z.B. hat Taiwan nicht aufgegeben…..

  2. Hat eigentlich schon mal jemand ausgesprochen, dass Russland ein geliebtes Brudervolk angreift? Da wird es nicht bei Umarmungen bleiben, bzw. die Brüder und Schestern werden totgedrückt . . .

    • Ein Brudervolk, das sich vom Westen hat korrumpieren lassen und sich letztlich gegen den eigenen Bruder stellen wollte!

  3. Das Verhältnis China – Russland ist noch viel interessanter. Denn wenn sich irgendwo ein nachbarschaftliches Kräfteverhältnis in den letzten 50 oder 100 Jahren wirklich gravierend verschoben hat, dann zwischen Russland/ Sowjetunion und China. Nicht nur, dass die Wirtschaftskraft und die Bevölkerungszahl der Chinesen die der Russen weit in den Schatten stellt; auch das chinesische Militär spielt immer mehr auf Augenhöhe mit den Russen und fängt an, sie an manchen Stellen zu überholen.

  4. China hat auch gegenüber Russland territoriale Ansprüche;
    Gebiete die noch vom Zaren den Chinesen abgepresst worden sind. Allerdings ist die Zeit für diese Rechnung noch nicht reif.

  5. Wer die Chinesen aus dem täglichen Berufsalltag über viele Jahrzehnte kennt, der kennt auch viele ihrer Mentalitäten und marktschreierisch waren die noch nie, neidisch sind sie aber schon, wenn es um den gelungenen Coup von Putin geht, in Anbetracht ihrer eigenen Begierde Richtung Taiwan.

    Dafür sind sie aber bekannt im Untergrund zu wühlen und mit dieser Taktik sind sie ja auch in den letzten 40 Jahren groß geworden und wer nicht den Neid der anderen erweckt und sogar noch als Problemlöser im eigenen Interesse auftritt, der hat doch schon gewonnen und jetzt wo der Westen seine eigenen Fehler bemerkt ist es zu spät, diese beiden Mächte wie Rußland und China sind nicht mehr weg zu diskutieren, geschweige denn zu reglementieren, das geht nur noch über Hochrisiko und könnte dann verheerend auf einen selbst niederprasseln.

    Das dann der Westen auch noch so naiv ist und seine Schwächen weltweit präsentiert, z.Bsp. in der Afghanistan-Frage und in Mali zeigt doch schon ihren Niedergang auf und wer mit solchen Schurkenstaaten nicht einmal fertig wird, sollte erst garnicht darüber nachdenken, was er mit Rußland oder China anstellen wird, das ist total kontraproduktiv und sie machen sich nur noch mehr zum Gespött und so sehen heutzutage Sieger in der westlichen Hemmisspähre aus, als erste Vorzeichen des Verfalls, weil ihre Zeit einfach abgelaufen ist und die Zukunft im Osten steckt, ob mit oder ohne uns.

    • Diese ganze Sache mit Richtung Osten läuft doch schon seit Jahrzehnten bei den Rohstoffen. In Verkaufssitzungen wurde immer gewarnt, dass die Preise regelmässig hoch gehen, da viele neue Produktionsanlagen eben nicht in Europa sondern in Asien gebaut werden! Aber die Zertifizierung für Auslandskenntnisse holt sich der Politiker in Magic Kingdom und im Urlaub in Südtirol oder Malle!!

  6. Ein Tandem Russland – China überhaupt zu denken, zeigt in meinen Augen von mangelndem Realitätssinn. Das Tandem gibt es nur, wenn das Ziel passt.

    Das Selbstbestimmungrecht der Völker kommt nur zum Tragen, wenn es Russland und China aussenpolitisch passt. Und die Betonung liegt auf der Aussenpolitik.

    Im Innern sind beide Staaten Vielvölkerstaaten, die niemals zulassen können, dass das Selbstbestimmungsrecht ihrer Völker wachgerufen wird.

    Im Grunde arbeitet die EU doch auch daran, ein Vielvölkerstaat zu werden. Und es arbeitet an der Unterdrückung der Selbstbestimmung. Zerstört sie gnadenlos bei den Polen und Ungarn. Verfolgt die Schweiz und Grossbritannien.

    In D wurde und wird das GrundG ausgehebelt, indem staatliche Massnahmen über das Privatrecht durchgedrückt werden.

    Die EU sollte aufpassen, dass sie nicht zu China oder Russland wird.

  7. Die USA treiben einen Keil zwischen Europa und Russland. Insbesondere das Verhindern einer Kooperation Russland /Deutschland hatte für die USA seit WW1 Priorität.

    Für China ist das super, da sie so die russischen Ressourcen fast für sich allein haben. Also wozu sich exponieren? Läuft doch auch so!

    • Das war schon immer die Urangst bestimmter Kreise aus dem Westen, nämlich das deutsche Know How und der Fleiß, gepaart mit den Resourcen von Rußlands Weiten und deshalb hat man ja auch anfangs Hitler gesponsert um mit seiner Hilfe das zu erreichen, was dann allerdings daneben ging und die Russen sich umgedreht Richtung Westen bewegt haben und bis 1990 mitten in Deutschland standen und es besetzt hatten, was so ja überhaupt nicht geplant war, aber über viele Jahrzehnte dadurch zum europäischen Problem wurde.

      Die Bemühungen, die auch heute wieder auf eigene Rechnung stattfinden, das russische Riesenreich einzunehmen werden nicht gelingen, denn da hätten sie früher anfangen müssen und den Vorschlag von General Patton von 1945, gleich weiter Richtung Rußland zu marschieren haben sie seinerzeit ignoriert, was sich als erneuter Fehler herausgestellt hat, denn heute ist Rußland als zweitgrößte Atommacht der Welt nicht mehr zu bezwingen, es sei denn um den Preis der eigenen Vernichtung und was uns heute so präsentiert wird ist nichts anderes als das eigene Versagen in der Gegenwart und aus der Vergangenheit heraus und wird sich auch nicht mehr ändern lassen und wenn, dann werden wir Federn lassen ohne Ende und das wissen diese Typen sehr genau und blustern sich nur der Form halber auf um nach innen die großen Macker zu spielen. was sie aber schon längst nicht mehr sind.

    • Tja, manchmal braucht man halt nur zur warten, bis andere die „Drecksarbeit“ für einen erledigen! China profitiert seit Jahrzehnten von den pazifistischen Träumereien vor allem Europas und hat gelernt, für sich den maximalen Profit daraus zu ziehen. Das reicht von vielen bilatteralen und multilatteralen Vereinbarungen hin bis zu Corona!

  8. China hat sich noch nie für den Westen interessiert. Das Land ist groß, hat fast eine Milliarde Einwohner, eine Kultur, die seit Jahrtausenden in sich ruht und schon allein daher eine gewisse Überheblichkeit gegenüber anderen entwickelte. Ähnliches könnte man auch über die USA sagen, die ebenso groß ist und auch einwohnerstark, so dass sie es nicht wirklich nötig hat, wesentlich Bezug zum Äußeren zu nehmen. Und doch liegen die Dinge anders. Denn die USA sind ein von Europäern gegründetes Land, und die Masse der Einwohner hat unverändert einen kulturellen Herkunftsbezugspunkt nach Europa, letztlich sogar die Latinos mit Spanien. Genau das haben die Chinesen nicht. Das aus dem Christentum und seinem Missionierungsauftrag stammende Bedürfnis der Amerikaner, universalistsch die Welt zu formen nach ihrem Bild. Daher ist es den Chinesen auch egal, wie brutal ein Diktator in Afrika ist, der ihnen seltene Erden liefert, oder wie es um die Pressefreitheit bei ihren Geschäftspartner aussieht.
    Gleichzeitig war China über Jahrhunderte demütigenden Besatzungen ausgesetzt, die das Selbstbild der Chinesen tief beschädigt haben – zuerst die Mongolen, dann die Mandschus, dann die Briten. Ich bin in dieser Sache kein Spezialist, aber ein chinesischer Gastautor hat vor zwei Jahren hier auf TE eine interesante Reihe zu China veröffentlicht.
    Ich denke, dass man das in Hinblick auf China immer berücksichtigen muss. China führt keine militärischen Eroberungskriege. Dafür haben die Chinesen ihre Arbeiter uind Kaufleute, und der moralisch verblendete Westen hat nie erkennen wollen, dass die Globalisierung am Ende nichts als ein Raub ihrer Arbeitsplätze und ihres Wohlstandes zugunsten der Chinesen war. Die Japaner lieferten ihnen die Blaupause, die Koreaner haben sich rangehängt.
    Für China ist ein Krieg in Europa, selbst wenn es zu einer echten großen Auseinandersetzung zwischen Russen und Westeuropäern käme,.so belanglos wie für uns ein Krieg zwischen den Phillipinen und Nauru. Man liest davon in der Zeitung und geht zur Tagesodnung über. Man dürfte in Peking damit rechnen, dass Moskau und Washington schon wissen, mit welchem Feuer sie im Falle des Falles mit ihren Atomkoffern spielen würden. Und unterhalb dieser Schwelle wären auch wieder sehr hart geführte Krieg, wie der in Vietnam denkbar. Aber wenn wir uns hier die Buden zusammenschießen, werden und die Chinesen schon die benötigten Werkzeuge und Güter zum Wiederaufbau liefern.

    • Nur so nebenbei. China hat derzeit 1,45 Milliarden Einwohner und Indien 1,40 Milliarden Einwohner, soweit sich das überhaupt genau beziffern läßt und zusammen stellen sie fast ein Drittel der Weltbevölkerung und da kann man sich doch ausmalen wo die Musik in Zukunft spielen wird, zumal es beide gute Player sind und die werden nicht zu uns kommen, dafür aber Afrika mit seinen Unterprivilegierten und das gibt uns den Rest und die USA sind doch das beste Beispiel, wie ein Import dieser Art langfristig zum Nachteil gereicht, während die anderen unter sich bleiben und weiter prosperieren werden.

  9. Immer diese billige Propaganda.
    Wann kommt mal ein Artikel über die NATO, die geführt von den USA die Wurzel dieses und so ziemlich jedes Konfliktes auf unserem Erdteil verantwortlich ist? Maidan hat man wohl längst vergessen, man fängt einfach irgendwo in der Mitte der Story an und Verträge und Abkommen die einseitig von Europa und USA gebrochen und gekündigt wurden sind maßgeblich Schuld an der heutigen SItuation.
    Wir haben die Ukraine seit 2014 im Stich gelassen, die Ukrainer fliehen NACH Russland, nicht nach Westen. Allein darüber sollte man sich mal Gedanken machen.
    Und was haben wir schon von China zu befürchten? Die bauen Straßen und wollen mit uns handeln und wir sollten diese Chance nutzen und nicht wie bei Russland so lange Unsinn daherreden bis die nix mehr von uns wissen wollen.

  10. China ist also neutral?
    Wang Yi, der während der Münchner Sicherheitskonferenz per Video zugeschaltet war, sagte: „Souveränität, Unabhängigkeit und territoriale Integrität eines jeden Landes sollten geschützt und respektiert werden. Denn das ist eine der Grundnormen der internationalen Beziehungen.“ Die Ukraine mache hier keine Ausnahme, betonte er. Er wandte sich dabei aber erneut gegen eine Osterweiterung der Nato. „Der Kalte Krieg ist lang vorbei, die Nato war ein Produkt der Zeit des Kalten Krieges“, sagte er und machte deutlich, dass eine Ausweitung nach Osten aus Sicht Chinas kaum dauerhaft Frieden und Sicherheit in Europa garantieren könne.
    Wang Yi hat auf der Münchner Sicherheitskonferenz zu einer friedlichen Lösung des Ukraine-Konflikts und einer Rückkehr zum Minsker Abkommen aufgerufen. „Warum können sich nicht alle Seiten zusammensetzen und detailliert Gespräche führen und einen Zeitplan erarbeiten, wie dieses Abkommen umgesetzt werden kann“, sagte Wang Yi am Samstag laut Übersetzung.
    „Das ist das, was alle Parteien tun sollten, worauf sie sich konzentrieren sollen – anstatt die Spannungen zu erhöhen, Panik zu schüren und vielleicht sogar noch das Risiko eines Krieges zu sensationalisieren.“ Wang Yi forderte: „Jetzt sollten alle Länder Verantwortung übernehmen und für eine friedliche Lösung eintreten.“
    So neutral hört sich das nicht an.
    Seit sieben Jahren pocht der Westen medienwirksam auf die Umsetzung des Minsker Abkommens. Nun haben Berlin und Paris das Abkommen endgültig beerdigt, aber die Medien berichten kein Wort.
    Kiew, Berlin und Paris wollten ein neues Treffen der Außenminister Russlands, der Ukraine, Deutschlands und Frankreichs im Normandie-Format erreichen. Die Schuld dafür, dass das Treffen nun nicht zustande kommen wird, wollten sie Russland in die Schuhe schieben. Daraufhin hat der russische Außenminister Lawrow zu einer unkonventionellen Maßnahme gegriffen und den Briefwechsel zwischen Moskau einerseits und Berlin und Paris andererseits veröffentlicht. Damit sind Berlin und Paris blamiert, denn aus dem Briefwechsel geht eindeutig hervor, dass Deutschland und Frankreich das Minsker Abkommen de facto beerdigen wollten, was das Ende des Versuches einer friedlichen Lösung für den Donbass bedeutet hätte. Daran wollte Russland sich allerdings nicht beteiligen.
    Die Lügner, Hetzer, Kriegstreiber und Vertragsbrecher sitzen also in Paris, Washington und Berlin, und nicht in Moskau.

  11. Was jetzt passiert ist das absolute Versagen des Westens. Von wegen einig oder gar stark. Deutschland, so eierlos wie noch nie in der Geschichte, hat schon seit Jahren keine vernüftige Aussenpolitik noch eine Strategie. Corona war da nur der Testballon, zum Beobachten wie der westliche Zoo mit dem kleinen Virus umgeht.
    China und Russland müssen und können nur zum Schluss kommen, die können keine „Krise“ oder gar strategisch gemeinsam Handeln. Die USA ist sich selbst bewusst, das sie seit 45 keinen Krieg mehr gewonne haben und ohne Hilfe anderer auch keinen gewinnen werden. Nicht ohne Grund, drückt Biden in Europa kräftig auf die Finger.Auch mit dem Wissen, dass ein Konflikt in Europa, nicht auf US Boden stattfinden wird. Auch lach ich mich schlapp, wenn ich Sanktionen höre. Wenn nicht wir liefern, dann tun es die unzähligen anderen, die Russland wohlgesonnen sind. China hilft da gewiss gerne, während Deutschland friert.

  12. Ich sehe da wesentlich mehr informelle, aber abgesprochene Kooperation China—Russland. „Flieg mit Deinen modernsten Kampfjets öfters mal über Deine abtrünnige Provinz, dann kann ich mal ein paar Truppen für meine Volksrepubliken bereitstellen und den Luka tatkräftig einbinden — schließlich weiß der Ami dann nicht mehr, wohin er Truppen zuerst hinverlegen soll . . . Das ist abgesprochen: Wir zeigen mal allen, die von „Die USA sind die einzige verbliebene Supermacht“ faseln, was es bedeutet, wenn wir uns einig sind!

  13. China agiert hinsichtlich seiner Interessen mit dieser Zurückhaltung sehr klug. Es kommt seinem Interesse entgegen, wenn zwischen Russland und Europa ein Keil ist, und Russland und Nato sich gegenseitig beschäftigen, somit es selbst aus dem Fokus rückt. Gleichzeitig wird China es begrüßen, wenn Nord Stream 2 nicht zustande käme und Russland etwas mehr auf den Export nach China fokussiert. Es kann Russland aber auch nicht offen unterstützen, da China keinen Präzendenzfall bzw. Keine Begründung für eigene Unabhängigkeitstendenzen liefern möchte. Genau deshalb ist Zurückhaltung und Genießen der Vorteile für China nachvollziehbar und Klug.

  14. Ja, der Westen ist schwach und vor allem zum Teil überaltert während die Jugend oft dekadent ist.

    Die Macht verschiebt sich und diese Verschiebung ist gerade erst angefangen …

  15. Bleiben die USA bei ihrer Strategie nur der amerikanische „way of life“ ist der richtige, dann reiben sie sich zwischen den beiden anderen Mächten auf.

  16. Warum sollte sich China eimischen? Zwei seiner Rivalen bekämpfen sich gegenseitig. Das ist doch gut für China da beide geschwächt werden ohne das China einen Aufwand dafür hat. Wenn sich zwei streiten, dann……..

  17. Wenn der Westen mit Russland beschäftigt ist und umgekehrt, dann kann das nur gut für China sein, in jeder Beziehung.
    „Würde Peking ähnlich wie Moskau agieren, müsste es Taiwan seine Unabhängigkeit einräumen.“
    Warum? Die Abspaltung war ein völlig anderer Prozess und wenn man da überhaupt was vergleichen will, dann müssten wir doch über eine „rote Enklave“ auf Taiwan reden, die vom Festland anzuerkennen wäre.
    Die Gleichsetzung der Situationen im Artikel ist reichlich ahistorisch. Rotchina (VR China) hat seit Gründung Taiwan (Republik China) NIE besessen. Taiwan ist Nachfolger der Republik China, die VR ist die (übergroße) Abspaltung. Das war bis 1971 klar und wurde danach durch die Realpolitik verzerrt.

  18. Ich dachte, China könnte es wie Russland machen, und Taiwan einfach besetzen. Wird die USA wegen Taiwan einen Weltkrieg führen? Aktuell scheint mir aber, dass China vorsichtiger agiert wie Putin.
    Die Frage ist: Gibt sich China mit Taiwan zufrieden? China hatte unter den Mandschu eine viel größere Ausdehnung als heute. Allerdings waren die Mandschu keine Chinesen, sondern Fremdvölker aus dem Norden. Aber das wird China sicherlich „vergessen“.
    Machtverhältnisse bewegen sich gerade. Und die Schwerpunkte der Welt verschieben sich von Europa weg nach Asien.

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