<
>
Wird geladen...
Gegen die Mehrheit

Warum argumentieren CDU und SPD so oft und so vehement gegen ihre eigenen Wähler?

07.08.2018

| Lesedauer: 7 Minuten
Marken sind deshalb stark, weil viele Menschen „gleiches“ mit einem Namen verbinden – auf diese Weise strukturieren sie die komplexe Wirklichkeit.

Für jeden halbwegs politisch Denkenden gibt es immer noch diesen kurzen Moment des Innehaltens, dieser Augenblick, wenn Politik von sich selbst behauptet ein „Produkt“ zu sein, das genauso „vermarktet“ werden sollte wie ein Auto, eine Banane oder ein Grillanzünder. Man merkt das dann am plötzlichen Räuspern der Zuhörer, einer hektischen Bewegung im Sitzungsstuhl oder (so sind die Zeiten) einem Aufblicken vom Smartphone. Es ist durchaus ein gutes Signal, dass uns die Logik Partei = Produkt noch nicht vollständig banal vorkommt. Wahrscheinlich liegt eine Ursache des diffusen Unwohlseins bei Formulierung dieser Gleichung in der Zuschreibung unterschiedlicher Qualitäten von Politik und Produkt.

Der gute Mythos Politik

Während das Produkt ein (mehr oder weniger) reales Bedürfnis befriedigt und ökonomisch sinnvolle Wertschöpfungs- und Profitinteressen verfolgt, wird der Politik (zum Glück) weiterhin ein übergreifendes, gesellschaftliches Interesse zugebilligt – im legitimen Widerstreit der parteilichen Partialinteressen. Hinzukommt sicherlich auch der gutmütige Wunsch, dass Produkte „verführen“, Politik aber „überzeugen“ will.

Vor diesem Hintergrund sollte eine Analyse der parteipolitischen Überzeugungsstrategien mit großer Sensibilität die Erkenntnisse der Markenartikelindustrie auf das „Produkt Politik“ anwenden. Den super-coolen Werber mit ihren Skateboards im Konferenzsaal sowie die Einstecktuchtragenden Kommunikations- und Markenberater mit ihren Montblanc-Kugelschreibern täte etwas Demut im Bereich der politische Kommunikation manchmal gut. Trotz aller (erhofften) Differenz von Politik und Produkt besteht allerdings eine fundamentale Parallele: Beide versuchen, Menschen an eine Leistungsidee zu binden. Dabei geht es manchmal um eine spezifische Maschine, oder die Art ein Restaurant zu betreiben oder Gesellschaften zu interpretieren und zu gestalten.

Die Welt an einem kleinen Punkt „typisch“ machen

Mögen auch die Ausprägungen und Auswirkungen unterschiedlich sein, so ist Produkt und Politik gemeinsam, dass ein bestimmter Leistungserbringer, die Welt an einem Punkt gestaltet. Wenn er dies nicht nur einmal in einer bestimmten Form unternimmt, sondern über die Zeit „typisch“, dann entstehen Erwartungshaltungen – Marken. Marken sind also nicht nur ein Leuchtschild auf dem Dach, sondern Vorausurteile, die unter einem bestimmten Namen gespeichert sind. Ihre soziale Relevanz erhalten sie dadurch, dass der gespeicherte Inhalt nicht individuell definiert ist, sondern kollektiv geteilt wird. Marken sind deshalb stark, weil viele Menschen „gleiches“ mit einem Namen verbinden – auf diese Weise strukturieren sie die komplexe Wirklichkeit. Diese strukturgebende Funktion erleichtert Orientierung in einer unübersichtlichen Welt und dem Leistungserbringer die Reduktion von Aufwendungen und Energie, um zu überzeugen. Ganz simpel: Marke senkt Transaktionskosten.

Das Wechselspiel von Beständigkeit und Anpassung

Marken kennzeichnet ein übergreifender Zielkonflikt: Zum einen müssen sie klar für etwas stehen, um erkennbar zu sein. Die Zusageverlässlichkeit ist die Grundlage für Markenkraft, zum anderen aber muss sie sich veränderten Lebensumständen, Erfindungen und Gegebenheiten anpassen. Diese Anpassungsfähigkeit kennzeichnet alle „lebenden Systeme“, egal ob Baum, Mensch oder Idee: Ein BMW aus dem Jahr 1974 würde heute keinen Käufer mehr finden. Stattdessen hat sich die Marke über die Jahre den veränderten Gegebenheiten angepasst und steht auch in der Version 2018 in ihren Kernleistungen immer noch für bestimmte Werte. Diese Anpassungsfähigkeit bezeichnet die Markensoziologie als „selbstähnliche Evolution“ einer Marke. Das ständige Tarieren von Beständigkeit und Anpassung ist die entscheidende Dynamik in der Markenführung. Zuviel Beständigkeit lässt eine Marke sterben, aus der Zeit fallen – zuviel Anpassung macht sie beliebig, löst ihre Orientierungsfunktion auf. Was in der Markenartikelindustrie bereits ein immerwährender Abwägungsprozess ist und von den wenigsten Top-Managern verstanden wird (es gilt nämlich der Typik einer Marke zu dienen – diesem Verständnis nach gehört die Marke nicht dem Management, sondern der Kundschaft …) stellt in der Politik eine noch weitaus komplexere Aufgabe dar: Aufgrund ihrer demokratischen Verfasstheit gilt es auf Basis eines definierten Weltbildes (Parteiprogramm) dem Willen vieler Mitglieder zu entsprechen, aber dabei „sich selbst“ treu zu sein. Die Aufgabe einer Parteiführung ist es, eben diesen Willensbildungsprozess in ihrem Sinne – auf demokratischer Basis – zu steuern. Ein Indikator für die Beobachtung von gesellschaftlichen Wandlungsprozessen ist neben politischer Intuition (die Vorstellung vom „political animal“) auch die kontinuierliche Analyse durch Meinungsbefragungen. Auch hier gilt: In einem ständigen Abwägungsprozess gilt es Signale nicht 1:1 aufzugreifen, sondern im Sinne der kollektiven Erwartungshaltung „selbstähnlich zu interpretieren“. Die politische Kreativität bedeutet also nicht das Sprengen, sondern das Ausfüllen von Grenzen.

Konsequent am Wählerinteresse vorbei

Vor dem Hintergrund von Intuition und Meinungsbefragung stellt sich eine Kernfrage: Wenn Politik strukturell betrachtet ein Produkt ist, das vermarktet gehört, warum argumentieren die jeweiligen Parteiführungen der großen Parteien vornehmlich auf Bundesebene seit Jahren derartig eklatant am „Kundeninteresse“ vorbei – die erodierenden Stimmenanteile sind dafür klare Indikatoren? Vor allem die SPD und auch die CDU kämpfen seit ca. 20 Jahren mit einer immer schneller werdenden Reduktion ihrer Wählerschaft. Wären SPD und CDU Produkte der freien Warenmärkte, so wären diese Unternehmen bankrott, weil ihre Leistungsbereitschaft auf einer großen Zielgruppe beruht, die in den Kostenstellen kontinuierlich finanziert werden müssten – aber es de facto nicht werden. Die Fragen lautet daher:
Basiert diese Entwicklung auf Überzeugung oder Verdrängung?

Markensoziologisch lassen sich stets zwei Ursachen für erodierendes Vertrauen und schwindende Markentreue benennen:

  1. Die Marke hält ihre Zusageverlässlichkeit nicht mehr ein. Die Kundschaft wird irritiert, verunsichert und erkennt ihre Marke nicht mehr. Schließlich ist sie bereit für einen Wechsel. Dieser Vorgang wird als Markenuntreue bezeichnet, obwohl der initiale Impuls nicht vom Kunden, sondern von der Marke ausgeht – sie ist ihrer Leistungsgenetik untreu geworden.
  2. Die Marke will durch die Orientierung an neuen bzw. fremden Zielgruppen wachsen. Jeder Inhaber eines Mobilfunkvertrages weiß, dass die besten Angebote nicht die Stammkunden, sondern immer die Neukunden erhalten. Das ist nicht nur ärgerlich, sondern langfristig zerstörerisch. Die Logik der Mobilfunkanbieter ist, dass die Trägheit der Stammkunden einen Wechsel lähme und eine aufmerksamkeitsorientierte Werbekampagne mitsamt Preisaktion unmittelbar zum Verkauf führe – im Ergebnis wächst das Unternehmen. Kurzfristig gedacht, ist dieser Zusammenhang richtig, aber ob die Marke dadurch wirtschaftlich erfolgreich ist, wird durch eine derartige Konzeption nicht beantwortet. Im Gegenteil: Ein altes hanseatisches Kaumannssprichwort besagt „Billig kann jeder.“ Natürlich führt ein gutes Angebot zu Aktion, aber Marken haben keinen Wert an sich; sie sind Mittel zum Zweck, nämlich zum Geldverdienen. Ob also zahlreiche „erkaufte“ Kunden wirtschaftlich gewinnbringend sind, beantworten die meisten Kennziffern nicht. Das Gegenteil gilt: Der preiswerteste Kunde ist der, den ich nicht kostspielig finanziere, sondern der unnachdenklich eine Leistung konsumiert: Die Stammkundschaft. Sie ist gleichzeitig auch die wirkungsvollste und preiswerteste Werbekampagne, denn sie kündet (=Kundschaft kündet!) kostenlos von einer guten Leistung.

Wenn also SPD und CDU nunmehr massiv an Wählern verloren haben, so liegen die Gründe strukturell an einer fremdähnlichen Neu-Positionierung der Leistungsinhalte in der Vergangenheit durch die Orientierung an neuen, d.h. erhofften Zielgruppen, die aufmerksamkeitsstark angezogen wurden – hier würde es gelten eine strikt leistungsanalystische Dokumentation vorzunehmen, ob die Kernaussagen von SPD und CDU sich in den letzten 20 Jahren faktisch verändert haben. Wäre dies der Fall, dann tritt ein sich doppelt hochschaukelnder Effekt ein: Zum einen wird die „Stammwählerschaft“ inhaltlich verprellt, zum anderen müssen die neuen Zielgruppen erst mühsam überzeugt werden, dass die Partei „ganz anders ist, als gedacht“ … wenn diese Überzeugung oberflächlich gelungen sein sollte, dann führt die Konfrontation mit der traditionellen Stammwählerschaft, die die „alte Positionierung“ verkörpert (und konservieren möchte) unmittelbar zu Irritation. Ein Beispiel aus der Markenwelt: Seit nunmehr 10 Jahren versucht die Marke McDonalds für „gesundes Essen“ zu stehen und investiert immense Marketingbudgets und preist „ vegetarische Burger“ an. Das Problem: Die das Unternehmen finanzierenden Stammkunden mögen die klassischen (ungesunden) Produkte und werden durch den neuen Auftritt irritiert, während „eingefleischte“ Vegetarier der Marke nie ihr neues Image abnehmen werden. Zum Schluss wird die Markenkraft komplett zerlegt. Übrigens hat McDonalds vor kurzem eine Rückbesinnung auf das alte („ungesunde“) Markenbild bekanntgegeben.

Empfänger oder Sender?

Jede starke Partei ist Sender und nicht Empfänger. Dabei ist die Parteispitze vor allem der Zuspitzer bereits vorliegender Inhalte und Positionen. Ihre Aufgabe ist es nicht, die Marke neu zu erdenken, sondern sie vor allem so zu führen, dass Aussagen und Erwartungshaltung möglichst irritationsfrei ablaufen. Diesem Verständnis nach dient die Führung einer Partei den in der Vergangenheit gesetzten Grundlagen in selbstähnlicher Weise. „Dienen“ als Begrifflichkeit kommt aber in der parteipolitischen Kommunikation nicht mehr vor. Stattdessen treten Parteispitzen als „unbedingte Gestalter“ an und sind bereit die „alten Zöpfe“ zugunsten einer vermeintlichen modernen Positionierung aufzugeben. Einem falschen Verständnis nach wird zwar von der „Personalisierung der politischen Kommunikation“ gesprochen, aber de facto zeigen die parteipolitischen Entwicklungen außerhalb von Deutschland auf, dass die (Volks-)Parteien stark geblieben sind, die Spitzen hatten, die ihr Charisma nutzten, um die ursprünglichen Kerninhalte der jeweiligen Partei wieder zu betonen: Sebastian Kurz in Österreich oder Jeremy Corbyn in Großbritannien sind die offensichtlichsten Beispiele. Anbiederungsstrategien dagegen führten – über kurz oder lang – nahezu zur Auflösung ehemals stolzer Volksparteien, beispielsweise der Parti Socialiste in Frankreich oder der Partito Democratico (von der PCI ganz zu schweigen) in Italien – da konnten selbst einigermaßen junge Spitzenkandidaten keine Wende herbeiführen. Denn Niemanden interessiert über die lange Frist die Marke an sich, sondern letztlich immer die damit verbundenen Leistungen.

Modern heißt nicht automatisch erfolgreich

„Modernisierung“ ist der entscheidende Mythos in der heutigen Kommunikationspolitik: Der Wunsch, „sich zu verjüngen“ aus Angst „mit seiner Kundschaft zu sterben“, ist der strategische Imperativ innerhalb der zeitgenössischen Markenführung. Diese Prämisse vorausgesetzt, lässt neuerdings Mercedes-Benz mit ehemaligen Crack-Dealern werben, VW Darth Vader zum Protagonisten seiner Werbespots machen oder die gute alte Diätmarke „du darfst“ den Slogan „Fuck the diet“ postulieren … in einer denkwürdigen Logik meint man damit eine Marke zukunftsfähig gemacht zu haben. In der Parteienkommunikation übernehmen plötzlich die Modernisten aus den Metropolen die kommunikative Richtungskompetenz – ihre Interpretation der Welt wird medial nur zu gern aufgegriffen, weil sie sich mit der Lebenswirklichkeit der Medienmacher deckt und (was wichtiger ist) berichtenswerter ist, als die typischen Inhalte, die man ohnehin bei einer Partei vermutet. Medien berichten über Neues, nicht Bekanntes … Auf diese Weise ergibt sich eine Scheinrelevanz, die die eigentlichen Kernwerte der Marke („Das weiß doch jeder …“) ins Abseits rückt. Letztlich laufen diese Strategien ins Leere. Die Konsequenz ist jedoch nicht, sich stärker zu fokussieren und innerhalb der Grenzen der Marke Lösungen zu entwickeln, sondern die umso stärkere Betonung fremdähnlicher Inhalte nach dem Motto: Wir müssen uns noch mehr verändern, noch mehr dem ominösen „Zeitgeist“ anpassen … bis schließlich nichts mehr da ist, was die Ursache für Parteientreue sein könnte.

Wie kommt man aus diesem Dilemma der Selbstüberschätzung wieder heraus?

Letztlich behelfen sich krisengeschüttelte Unternehmen meist dadurch, dass sie sich ihrer Kernleistungen bewusst werden und diese dementsprechend wieder in den Fokus rücken (müssen). Für die deutschen (Volks-)parteien würde dies bedeuten, sich wieder darüber bewusst zu werden, welche Kernleistungen in der Vergangenheit ihre „Markierung“ bedeuteten. Dieses Vorgehen heißt aber nicht, ein zurück zu den Ursprüngen, sondern vielmehr ein hochkomplizierter Prozess der selbstähnlichen Bestimmung der entscheidenden Kernmerkmale einer Partei, vor dem Hintergrund folgender beispielhafter Fragen:

  • Was bedeutet soziale Gerechtigkeit im 21. Jahrhundert?
  • Was bedeutet Heimat in unserer Zeit?
  • Was ist Familie?

… um nur einige Kernfragen der Moderne zu nennen …

Diese Fragen gälte es zu beantworten, nicht beliebig im Sinne „Was will die Allgemeinheit?“, sondern vor dem klaren Richtmesser: „Was kann unsere Wählerschaft als Antwort in Hinblick auf unsere Geschichte von uns erwarten?“. Damit entzieht sich eine Partei der Beliebig- und Austauschbarkeit und entwickelt Resonanz. Denn darum geht es: Parteien bündeln nicht Lifestyle, sondern Erwartungshaltungen. Den Lohn dafür nennt man Vertrauen. Vertrauen ist übrigens keine Beschlussfindung, sondern Resultat eines Prozesses, der darauf beruht, dass man zunächst sich selbst treu ist.

Unterstuetzen-Formular

WENN IHNEN DIESER ARTIKEL GEFALLEN HAT, UNTERSTÜTZEN SIE TICHYS EINBLICK. SO MACHEN SIE UNABHÄNGIGEN JOURNALISMUS MÖGLICH.

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

47 Kommentare

  1. Wenn die Kilowattstunde einen Euro kostet und trotzdem dauernd Stromausfall ist, wird auch der letzte Depp in Schland merken, dass er von der Regierung jahrelang verarscht wurde. Da wird dann auch Muttis Förderung der Elektromobilität kaum noch helfen.

  2. Schöner Artikel. Parteien mal als Marken zu betrachten, hat was. Bei der CDU hatte ich bisher den Eindruck, dass Merkel zunächst eigentlich nur das Markenportfolio erweitert wollte. Das ist schief gegangen, wobei der ursprüngliche Markenkern der CDU irreversibel beschädigt wurde. Ähnliches hat mal Pepsico versucht. Das ging auch schief. Da das Management von Pepsico jedoch deutlich cleverer als das der CDU ist, wurde rechtzeitig umgesteuert und das bisherige Markenportfolio von Pepsico nicht beschädigt.

  3. Wer heute noch glaubt, unsere Politiker hätten ausser ihrer eigenen Vollversorgung irgend ein Interesse an den „Menschen draussen im Lande“ dem ist einfach nicht mehr zu helfen. Sehen wir uns die Truppe doch einmal an und stellen uns vor Claudia Roth, Andrea Nahles, Ralf Stegner, Hofreiter und KGE, Merkel und Maas müssten in der freien Wirtschaft ihre Gehälter erarbeiten. Richtig, sie wären bestenfalls mit Minimalstundenlohn zu beschäftigen….

  4. Einfaches Beispiel: ich kenne einen SPD-Wähler. Der findet alles falsch, was die SPD aufenblicklich plant und macht. Alles. Aber er hat schon immer SPD gewählt und wird das auch weiterhin machen.

  5. Ein Produkt gibt es in unterschiedlichen und gleichen Qualitäten zu unterschiedlichen Preisen. Produkte gibt es (zumindest hier bei uns) im Überfluss, deshalb müssen Produkte beworben werden, weil jedes einzelne möglichst den größten Marktanteil haben möchte.

    Politik sollte es nicht zu unterschiedlichen Preisen geben. Die gleiche Politik sollte nicht in verschiedenen Farben so dargestellt werden, als gäbe es doch Unterschiede. Politik sollte ein tatsächliches Alleinstellungsmerkmal besitzen.

    Kein Produkt der Welt würde damit werben, dass es gekauft werden möchte, damit der Käufer dann die Vrepackung erhält, das Produkt aber an Nichtkäufer verschenkt wird. In der Politik funktioniert aber genau das wunderbar – derzeit.

  6. Die haben sich ihre Begrifflichkeiten solange selbst zusammengeschustert, bis sie einfach nicht mehr zum Volk gepasst Haben, sondern nur noch zu einer kleinen Minderheit. Nehmen wir doch nur mal den Begriff soziale Gerechtigkeit. Den gibt es nicht. Entweder ist etwas gerecht oder es ist sozial. Dann haben sie wie Prokrustes gemeint alle auf das gleiche Mass bringen zu können. Was haben wir? Den Dilettantenstadel. Früher war die SPD eine technikaffine Partei, Die sich um die Facharbeiterschaft gekümmert hat, heute ist sie ne graue Maus, die bestenfalls noch fuer Trabi steht. Dann sind sie alle dem Wahn des Genderismus aufgegessen. Einer zutiefst links marxistischen Idee, Die den Realitätscheck nicht überstehen kann. Von der CDU unter Merkel will ich gar nicht mal Reden.

  7. Dies trifft den Nagel auf den Kopf. Ich verstehe es überhaupt nicht, warum viele Wähler nicht bereit sind, dass „Produkt Partei“ zu wechseln. Solche Totalausfälle wie Rente mit 67, ESM, Target-2 oder Flüchtlingskrise würde man keinesfalls seiner Hausbank oder seiner Hausbank verzeihen und empört kündigen.

    Ich kenne einige, die wählen die SPD nur „weil ich sie schon immer gewählt habe“. Auf mein Argument, dass die schlechte Politik macht, wurde mit einem gequälten Lächeln geantwortet. Es ist wohl wie mit dem Wetter: vieles wird einfach als „alternativlos“ hingenommen…

  8. Warum kommt mir die „Modernisierung“ wie eine Rückkehr ins Mittelalter vor? Ich denke, es liegt daran, das die CDU und die SPD, seit 200 Jahren überwundene Probleme neu erschaffen. Zum Beispiel das massenhafte Analphabetentum.

  9. Wenn ein Mensch plötzlich zu einem parteipolitischen Wesen, gar durch hochdemokratische Wahl ins Rampenlicht der Medien geadelt wird, geschieht eine atemberaubende Metamorphose. Er weiß hinfort nicht mehr, wo er hergekommen ist. Er ist ein buntschillernder Falter geworden, fähig sich in luftigen Höhen zu tummeln, überall Honig zu saugen, besieht sich bewundernd im Spiegel der Gewässer und gebärdet sich überaus entzückt über seine neue ungeahnte Fähigkeit aus dem absoluten Nichts seines Gehirns endlose reihen von Sprechlauten hervorzubringen, deren Bedeutung er selbst nicht versteht und die er deshalb für erhabene, überirdische wirklichkeitserschaffende Sphärenklänge hält, nicht ahnend, wie diese Klänge beim Raupengeschmeiß interpretiert werden, also bei denen, die ungeflügelt zwangsläufig Bodenkontakt halten müssen, weil sie im Dreck Nahrung zu finden hoffen. Die halten das für Mist.
    Dass er selber dort entsprungen ist, hat er vergessen. Es gibt keinen gemeinsamen Nenner mehr.
    Ich fange mit diesen Wichtigtuern nichts an.

  10. Die Merkel hat in Deutschland alles unordentlich gemacht. “ Ein deutscher Weg ist immer ein falscher Weg „, sagte es ja – und ist so auch gefahren

  11. „Warum argumentieren CDU und SPD so oft und so vehement gegen ihre eigenen Wähler?“

    Weil sie diese nicht mehr vertreten, aber weiterhin von ihnen gewählt werden wollen.

  12. Mit viel Aufwand klargestellt: Die Parteien treiben die Wähler in Scharen entweder zur AfD oder zu den Nicht-Wählern, basta. Der gesunde Menschenverstand ist dem Unsinn sein Tod. Also: In the long(er) run, common sense beats non-sense. Das alles geht so lange, bis der Nonsense durch innere oder äußere Einflüsse in sich zusammen sackt. Träume sind Schäume, Realität schafft Räume. Wo neues Leben erblüht … .

  13. Selber bin ich eher nicht besonders markentreu. Vermutlich kommt das daher, dass sich doch die meisten Marken nicht schnell genug an die sich heute schnell ändernden Wünsche ihrer Zielgruppe anpassen (können).

    Genauso ist es auch mit politischen Parteien, die man ja, vergleicht man sie mit üblichen Marken, in den Bereich „Dienstleistermarke“ einordnen muss. Parteien sind viel zu schwerfällig, um ihre Dienstleistung zeitgemäß an ihre Zielgruppe anpassen zu können.
    Das ist mit ein Grund, weshalb ein Markenkonzept bei politischen Parteien nicht funktionieren kann.

    • Eine „Marke“ sollten sie NICHT NUR als buntes Schild ansehen, sondern als Versprechen „das ist das teure Premium-Produkt auf das sie sich verlassen können“. (und deswegen getrost der exorbitant hohen Preis akzeptabel ist). Mir fallen asl echte Marken Apple, Sony, BMW und Audi ein.

  14. Sehr schön!
    Der Autor hat weit besser als ich das könnte den Begriff „Beliebigkeit“ den ich für das Hauptproblem heutiger Politik (nicht nur von M.) halte herausgearbeitet. –
    Modern-modische Beliebigkeit statt Werteorientierung hat nicht nur in der Politik ihren „Ausfluss“ sondern selbst in solchen Nebensächlichkeiten wie der Kleidung die bei großen Teilen der Bevölkerung so „billig-hässlich“ wie wetterwendig geworden ist. Wie groß dagegen die Attraktivität von Qualität ist zeigt eindrucksvoll z.B. Apple die weltweit so sehr als als Must verstanden wird wie von Neid begleitet. Weniger Modelle als Andere, kostenlose updates, weit längere Gerätelaufzeit, kein Kompatibilitätswirrwarr, kein Virenärger. NICHT NUR das Design auf das so oft abgehoben wird. Dabei ist Apple mit dem was es an neuen Funktionalitäten und neuesten Technik bietet selten nur der erste Anbieter. –

    Kurzfassung in Abwandlung eines in der Werbung erfolgreich verwendeten Satzes:
    „Tradition, man könnte auch sagen „Marke“, bedeutet nicht das Alte zu bewahren,
    sondern die Glut unter der Asche um glühen zu halten.“ –

  15. Weil in diesem Land die Medien eindeutig mächtiger sind als die Wähler!

    • Stimmt nicht, die Wähler wissen es eben nur nicht.

    • Quatsch – die Wähler sind nur zu satt, faul und desinteressiert. Offensichtlich muss es noch schlimmer werden!!!

  16. Bei der SPD zumindest ist doch klar warum die gegen ihre eigene Waehler arbeiten.
    Die SPD gibt einen Sch@#$ auf Minderheiten.

    • Ganz im Gegenteil: Die SPD vernachlässigt die Mehrheit ihrer (früheren) Wählerklientel zugunsten von Minderheiten. Die liegen dann bei unter 20%, in Bayern nahe 10%.

    • Die SPD pampert die Minderheiten, so dass sich die Mehrheit ihrer Wähler „diskriminiert“ fühlen. zB das Ministerium „Für alles ausser Männer“

  17. „Warum muss man diese Selbstverständlichkeiten nach 100 Jahren kommunistischen Massenmordes an 200 Millionen Menschen immer noch ausdiskutieren? “

    Weil sie sich wieder einmal für unsere Erziehungsberechtigten halten.

  18. „Warum argumentieren CDU und SPD so oft und so vehement gegen ihre eigenen Wähler?“

    Antwort: Weil sie es sich leisten können. Die Wähler bleiben ihnen erhalten, egal, was sie tun. Das trifft zumindest auf die CDU zu. Deren Mitglieder und Fans ballen zwar die Faust in der Tasche (wenn überhaupt), wählen aber weiterhin ihre Partei. Selber schuld, wenn die dann nicht auf Kritik reagiert.

  19. Ein großartiger und lesenswerter Artikel, der mir wirklich Erkenntnisse und damit einen Mehrwert gebracht hat. Vielen Dank dafür.

  20. Will es mal so sagen…Politik ist ein Volkswirtschaftliches Produkt. Eine volkswirtschaftliche Sicht ermöglich erst einen die Politik…die Programme der Parteien…richtig einzuordnen.
    Das Zusammenspiel von Staat (Politik/Gesetzgebung/Infrastruktur/Innere-Äußere Sicherheit)-Markt (Bürger/Unternehmer/das Recht und die Pflicht)-Sozialer Frieden (Solidarität/Unterstützung/Hilfe).
    Dieses Zusammenspiel kann nur in einen begrenzten Raum/Ort funktionieren. Somit sind grenzenlose Gesellschaft/Völker dem Untergang geweiht. In einer alternativ-grenzenlosen Gesellschaft wird man eines erreich…die Abschaffung des Recht und der Ordnung, die Verarmung der Gesellschaft und die Zerstörung der Infrastruktur. Keiner fühlt sich für irgendwas verantwortlich…alles wird akzeptiert und der Verschleiß ist der neue Mehrwert.

    Der Deutsche Wähler hat ein ganz großes Problem…ihm fehlt das Volkswirtschaftliche Verständnis…der Deutsche mag ein fleißiger Arbeiter und Malocher sein….aber das reicht nicht um die Politik richtig einschätzen zu können. Welche Auswirkungen und Folgen die Parteiprogramme/Politikeraussagen für eine Volkswirtschaft und zum Schluss für einen selbst haben.

  21. Ihre Mühen in aller Ehre, aber die Korrelation Partei-Produkt endete mit der Alternativlosigkeit einer vagen Moraldemokratie. Schwächelnde Marken machen es vor: Man bildet ein Konglomerat, einen Mischkonzern. Egal zu welchem konkreten Produkt die Käufer greifen – das Geld kommt rein. Konsequenztes Konkurrenzdenken lässt sich ersetzen durch Konzerntaktik. Und so ist es auch in der Bundespolitik. Es gibt keinen Mechanismus mehr, der die Parteien dazu zwingt, um den Wähler zu buhlen, solange man sich intern einig ist und sich gegenseitig die Stange hält.

    • Mischkonzern – das ist ein gutes Stichwort! Ich erinnere mich an den Begriff USP in der Werbung (unique selling proposition), also das einzigartige Produktversprechen. Was ist das heute bei CDU und SPD? Egal, was gewählt wird, es kommt mehr oder weniger der gleiche Einheitsbrei. Grün und Blau dagegen sind klar konturiert und haben Erfolg. Es geht also m. E. nicht so sehr darum, ob die Kernaussagen der „Volksparteien“ sich verändert haben, sondern darum, ob überhaupt noch welche da sind.

  22. Kein Grund zur Umkehr! Zwar haben die großen ehemaligen Volksparteien viele Stimmen verloren, insbesondere die CDU ist aber immer noch in der Lage, die meisten Wähler auf sich zu vereinen. Bevor sich dies nicht ändert, wird sich an der Politik auch nichts ändern. Bei der SPD hat man sich, so glaube ich, damit abgefunden, der Juniorpartner der CDU zu sein und entgegen des eigenen politischen Gewichts zahlreiche eigene Forderungen in die Regierungsprogramme der letzten Jahre hinein zu erpressen. Das Ziel der Politik ist schon lange nicht mehr – oder war es nie – die Interessen der Bürger zu vertreten oder zu wahren, sondern Macht auszuüben, Kontrolle über den Staat und seine Bürger auszuüben und vor allem, persönliche Vorteile aus den Mandaten zu ziehen. Rückbesinnung ist wie wenn der Wolf Kreide frisst. Hoffentlich kommen sie niemals auf diese Idee, um die dummen unter den Wählern wieder einzufangen. Das ganze System ist verlottert und korrupt.

  23. Ein exzellenter Beitrag auf TE, den man mit zustimmenden Nicken liest – Dinge, die man immer schon ahnte, so aber nicht formulieren konnte. Eine Gegenfrage an Herrn Errichiello sei dennoch gestattet: Aus der Wirtschaft, aus der der Autor ja kommt, kennen wir auch die „feindliche Übernahme“. Dabei versucht ein Marktteilnehmer einen Konkurrenten so auszuschalten, indem er zumindest die wirtschaftliche Kontrolle übernimmt, und/oder ihn danach vom Markt nimmt. Manchmal wird auch so versucht, den anstrengenden Versuch der „selbstähnlichen“ Veränderung abzukürzen, weil man ihn verschlafen hat oder verkannte und der Übernahmekandidat genau das getan hat.
    Doch die selbst die meisten feindlichen Übernahmen, die keine Eliminierung des Übernommenen bezwecken wollen, scheitern dennoch, aus vielfältigen Gründen, sei es zu diverse Unternehmenskulturen, Eitelkeiten oder Rivalitäten der Führungsebene oder eine unzureichende Vorabanalyse des Übernommenen. Oder weil der feindliche Übernehmer sich selbst überschätzt und an der Aufgabe scheitert.
    Ich stelle diese Ausführungen meiner Frage voran, weil ich eine These einwerfen will: Was ist, wenn die Transformation der Volksparteien gar keine fehlgeleitete „Modernisierung“ war, kein Fehldeuten neuer Wählerzielgruppen? Sondern eine feindliche Übernahme?
    Erinnern wir uns einmal: Die SPD startete nach dem 2. Weltkrieg in einer ähnlichen Anlage wie vor dem Krieg: Als Partei von Arbeitern, die nicht die Diktatur der Arbeiterklasse anstrebte, sondern den Aufstieg des einfachen Arbeiters durch Selbstertüchtigung über Fleiß und Ehrgeiz, verbunden mit Solidarität als Gegenmacht zur Macht der Kapitalseite. Dazu kam eine gesunde Portion von Patriotismus, wie ihn Kurt Schumacher verkörperte, frei vom Rassenwahn der Nazis aber ohne devote Anbiederung an die Alliierten. Getragen wurde sie von Funktionären, die allesamt aus kleinen Verhältnissen aufgestiegen waren, und sich über zweite Bildungswege hochgearbeitet hatten. Garniert wurde das ganze mit Widerstandskämpfern gegen die Nazis, wie Willy Brandt, die eine Abgrenzung von diesem Regime glaubwürdig machte und manch alten Nazi in den eigenen Reihen ausglich. Die auch damals als Neuauflage des „Zentrums“ grundsätzlich sozialdemokratisch ausgerichtete CDU ging einen anderen Weg als Honoratiorenpartei (was sie vom Zentrum erbte) und schaffte es, trotz ihre im Kern antinationalen und rheinisch-separatistischen Ausrichtung, nicht nur das konservative Bürgertum in den neuen Staat zu integrieren, sondern auch sich soweit als „national“ zu camouflieren, daß sie die Epigonen der Nazi an den Rand drücken konnte, die wohl wichtigste Voraussetzung für die „Westintegration“, für die die Idee einer souveränen deutschen Nation aufgegeben werden mußte.

    Die SPD erlebt die erste feindliche Übernahme, wobei ich mir nicht sicher bin, ob sie von innen kam oder von außen. Denn die Bildungsoffensiven der 1960er Jahre, der rasche Ausbau des Hochschulwesens führte, neben anderen Gründen, zu einer Akademisierung der Linken, und als Folge zu einem völligen Umdefinieren, was „links“ oder „sozialdemokratisch“ bedeuten soll – mithin also den Markenkern von „links“. Zahlreiche dieser von ihrer Herkunft bürgerlichen, akademischen Linken drängten in die SPD, verdrängten die „alten“ Sozialdemokraten in die Gewerkschaften als letzten Refugium (bis sie sich auch dort breitmachten, zuerst, natürlich im öffentlichen Dienst, also GEW).

    Nun kann der Markenkern einer Marke erodieren, unglaubwürdig werden – es geht solange gut, solange der Kunde nicht auf ein Konkurrenzprodukt ausweichen kann. Doch der Druck der Marktkräfte wird zu groß, irgendein Entrepeneur taucht auf und bietet ein passenderes Produkt. Im Falle der SPD waren das die Grünen, die bürgerlichen, hedonistischen, die Arbeiterklasse im Grunde verachtenden Linken das bessere Angebot machten – und weiterhin machen. Die Übernehmer der SPD allerdings zogen aus dem Aufstieg der Grünen nicht den Schluß, die Partei zu verkaufen und sich anderen Abenteuern zuzuwenden, noch sie zu sanieren, also sich wieder ihrer angestammten Klientel zuzuwenden, sondern versuchten zäh, die Grünen als vermeintlich zeitgemäße Marke aufzukaufen, indem sie grüner wurden als die selbst. Der Höhepunkt dieser Welle war wohl die rotgrüne Koalition ab 1998 – die die SPD teuer bezahlt hat, während es den Grünen besser geht denn je. Hätte die SPD dagegen nach 2005 jemanden wie Thilo Sarrazin oder Karl-Heinz Buschkowsky zum Parteichef gemacht, stünde sie heute möglicherweise bei 35 % und stellte den Kanzler. Vermutlich gäbe es dann auch keine AfD, denn aus meiner Sicht begünstigte nicht Angela Merkel den Aufstieg der AfD, sondern das Totalversagen der SPD, wieder das zu sein, was immer ihre Aufgabe war: Anwalt der kleinen Leute. Und zwar der Braven, Tüchtigen, unhippen aber nicht so erfolgreichen. Und nicht der Faulpelze, Kosmopoliten und Lehrer. Es sind aber genau die, die die SPD übernommen haben: Siegmar Gabriel (Lehrer), Schulz (Berufspolitiker), Bsirske (Öffentlicher Dienst), Özuguz (Einwanderin) – usw.

  24. Erst mal einen Gruß an den Marketing-Kollegen! Höchste Zeit, das Thema mal aus dieser Perspektive zu beleuchten!

    Einer meiner Professoren hat das mal so zusammengefasst: Eine Marke ist das Bauchgefühl, das sie auslöst. Das führt mich zu zwei Feststellungen, erstens: Wenn ich über Marken rede, muss ich über das Empfinden von Menschen reden. Zweitens: Dieses Bauchgefühl ist alles, was zählt. Wenn ich das Bauchgefühl unter Kontrolle habe, kann ich machen, was ich will. Denn – jetzt kommt der Knackpunkt – der Bauch entscheidet nicht rational, was der Manipulation Tür und Tor öffnet.

    Wenn man die neuen Erkenntnisse der Hirnforschung ernst nimmt, erwächst die schockierende Einsicht, dass das heilige Selbst und damit die Entscheidungsfindung lediglich ein nachgeschaltetes System ist, das nur noch Rechtfertigungen für Entscheidungen liefert, die das Unterbewusstsein bereits getroffen hat. Neuromarketing und identitätsbasierte Zielgruppensegmentierung heißen die Zauberworte, wenn man wenigstens bescheid wissen will, auf welche Weisen man manipuliert wird. Denn dass im engsten Stab der Bundeskanzlerin drei Verhaltenspsychologen arbeiten, ist wohl kein Zufall …

    Die Einschätzung des Autors, dass die großen Parteien Misserfolge einfahren, teile ich übrigens nicht. Knapp 30% bzw. 20% für Union und SPD sind immer noch absolute Spitzenwerte für den Bockmist, den diese Parteien verzapfen.

    • Wenn wir bei einer ökonomistischen Betrachtung bleiben, könnte man auch sagen: Entweder sind die „Kunden“ der Union zufrieden (was man als Unzufriedener Ex-Kunde meist nicht nachvollziehen kann, letztlich aber zur Kenntnis nehmen muß) oder sie haben auf dem Markt noch keine überzeugende Alternative gefunden.
      Weithin wird vermutet, die CDU-Wähler suchten nach einer brauchbaren und mainstreamtauglichen Alternative rechts der Union, die ihnen „zu links“ geworden sei. Könnte es nicht auch sein, daß es genau umgekehrt sind, daß sie so grün oder linksliberal sind, wie die Unionsführung unterstellt, ihnen nur wählbaren Alternativen links der Mitte fehlen? Daß sie zwar Merkels überdrüssig sind, nicht aber grünlinksliberaler Politik?
      Schauen Sie sich einmal genauer die Gründung von Wagenknechts Bewegung an. Da wiederholt sich gerade links das, was 2013 rechts der Mitte begann und letztlich zur AfD führte. Auch diese „Bewegung“ wird noch ihre Macht- und Richtungskämpfe erleben, und Okkupationsversuche anderswo Gescheiterter. Aber ich sage, da entsteht eine neue linke Partei, die sich irgendwo zwischen Linkspartei und AfD einsortieren wird. Warten wir mal ab, wie anziehend (oder abstoßend) sie auf bürgerliche Wähler wirkt. Möglicherweise entscheidet sie das Schicksal der Union, indem sie die SPD überflüssig macht. Die Union könnte dort leicht ausgleichen, was ihr rechts und künftig auch konservativ-liberal verloren geht. Es mehren sich die Stimmen linksliberaler Publizisten, die ihr genau das anempfehlen – ihren Markenkern nicht wieder nach rechts zu verschieben, sondern noch weiter nach links.

  25. „so liegen die Gründe strukturell an einer fremdähnlichen Neu-Positionierung der Leistungsinhalte in der Vergangenheit durch die Orientierung an neuen, d.h. erhofften Zielgruppen, die aufmerksamkeitsstark angezogen wurden “

    Im Grunde sagen Sie, die Politik agiert nicht mehr auf der Sachebene, was ist sinnvoll, was ist bezahlbar, was sagt das Recht, sondern Sie versucht ein Klientel, dessen Stärke auch nicht gerade die Rationalität ist, zu bedienen. Wohin das führt, damit wird man fassungslos täglich konfrontiert.

  26. Eine gleichermaßen wichtige wie banale Erkenntnis, die allerdings für die SPD nicht banal genug ist, um sie von vornherein zu kennen! Die CDU ist okkupiert worden von der SED/FDJ-Funktionärin, der ich niemals zutraute, gegen das System der SED gewesen zu sein, sonst wäre sie keine Funktionärin geworden! Es ist ohnehin unbegreiflich, wie Leute von dieser politischen Seite überhaupt, und dann so schnell, auf hohe Posten kommen konnten. Hier fing die Naivität durch Saturiertheit an! Den CDU-Abgeordneten kann es sich, bei Licht betrachtet, nur um ihr eigenes Wohlergehen drehen, denn die haben unter Merkel und ihren Ex-DDR-Mitkämpfern ihre Marke willig entsorgt. Offenbar war die Partei von dem machtvollen Auftritt der Ex-DDR-Phallanx, wozu auch die „Entsorgung“ guter Politiker der Widerworte gehört, schlicht überfahren worden.
    Demokratie lebt von der Diskussion, vom Streit um den besten Weg. Merkel diskutiert nicht, sie schweigt, wartet auf ein Ende eines jeden Streits ihrer Nachgeordneten, setzt sich dann an die Spitze des kleinsten Nenners, der ihren Weg in die sozialistische Weltenrettung erlaubt, reißt Dinge kurz an, gibt mit restringiertem Sprachcode Lapidares von sich, mit dem man kein Unterseminar für Erstsemester abhalten kann, schweigt und weist an! So funktioniert Macht, und das hat sie, zuständig gewesen für Propaganda, gut gelernt.
    Die einzigen, die ihrer Marke treu geblieben sind und sie lautstark und aggressiv ausbauen, sind die Grünen, daher erstarken sie. Und da nach einer Untersuchung mindestens 2/3 der Journalisten, ohnehin abhängig, auf der grün-linken Seite zu verorten sind, findet die neue konservative Partei nur dann Erwähnung, wenn man etwas Negatives daraus stricken kann, und so ist sie nicht existent und für die meisten Leute und dazuhin negativ besetzt.
    Ach ja, die FDP, die ist allerdings auch ihrer wackeligen Ich-steh‘-für-Nichts-Politik treu geblieben. Offenkundig blieb das Einzige neben dem Geld, eine undurchdachte Rechtsstaatsidee als Kampfgebiet übrig, aber halt nur bez. dem engen Vertrauten des Massenmörders Bin Laden. Den Rechtsstaat gegenüber Merkel/Rot-Grün zu verteidigen, fiel ihr nicht ein.
    Solange Merkel die Macht besitzt, geht die Zerstörung der Nation auf allen Gebieten weiter. Erst wenn sie weg ist, kann die Diskussion/der Kampf um die Wege in die Zukunft beginnen.

  27. Wie es kommt, dass die Verhältnisse so sind, liegt vor allem an einer überwiegend inkompetenten und schwachen Mehrheit von Abgeordneten. Denken sie doch nur mal daran, welchen Schwachsinn Grüne und Linke im Bundestag daherreden. Oder das Paradebeispiel Frau Roth, die keinerlei Scham für ihre Antideutsche Haltung empfindet, und damit noch Präsidentin wird. Hätte man starke Volksparteien, also o.g., so dürften diese Leute kaum über die 5% kommen, und nicht im BT. Doch statt dessen hofiert man sie, lädt zu Koalitionsgesprächen ein, und muss sich nicht mehr wundern, wenn der Schwachsinn abfärbt. Leider ist die Masse der Wohstandsverblödeten noch groß, der Einfluß der MSM groß genug, und geht mit einer gut laufenden Wirtschaft einher, um sich noch immer seine Mehrheiten zu sichern. Es muss wohl leider erst so kommen wie in Detroit, dass Leute im Dreck leben müssen, und einen wir TRump ins Amt wählen.

  28. Weil sie ihre Untertanen umerziehen wollen und wie man an den letzten Wahlen gesehn hatte, ist es gelungen, sie haben einbischen weniger bekommen, aber immerhin regieren sie weiter mit freundliche Hilfe der Medien und ÖR.

  29. Dazu gesellen sich allerdings einige ( Vor) fragen wie : Kann man bei den genannten Parteien ( gerade auch bei der CDU ) von Parteien i.e.S. sprechen ? Den Boden des GG haben sie schon lange bewusst verlassen und eine Ansammlung von inhalts – und wertelosen Opportunisten, die sich bedingungslos ihrer Führerin ( mit erkennbar anderen Vorstellungen ) unterwirft, würde ich nicht mehr als ( politische ) Partei bezeichnen. Da fehlt es an Politik und Struktur, d.h. an Allem außer der Königin. Natürlich richten sich diese „ Parteien“ praktisch allein auf eine bestimmte urbane Schicht, die hedonistisch/ gelangweilten, gesättigten Hipster, aus, die weder zahlenmäßig, noch substantiell für das Funktionieren dieser Republik eine tragende Rolle spielen. Für diese Gruppierung spielen die im Beitrag genannten Faktoren keine wirklich relevante Rolle. Da sind Beliebigkeit, Unverbindlichkeit, konsumistische Austauschbarkeit, sich selbst optimierende Oberflächlichkeit und etwas Pseudogewissensberuhigung „ schick „ und sozusagen Marke oder Erwartung. Bei der CDU hat das Hinterherlaufen hinter dieser ( Narzissten )Clique mit der – interessanterweise persönlich hier schwer einzuordnenden – Frau Merkel zu tun, bei der SPD vielleicht mit der Sehnsucht einiger, auch so sein zu wollen. Gewinnen können hier natürlich nur die Grünen, denn ( nur )sie „ bedienen“ dieses Clientel bzw. seine Psyche perfekt und glaubwürdig. Generell sehe ich die Aufgabe der Parteien im Unterschied zu Produkt- oder Dienstleistungsanbietern nicht nur im Bedienen von ( für andere kostenpflichtige )Erwartungen mit der Folge einer Ochlokratie, sondern durchaus auch im kritischen Spiegeln dieser Entwicklungen und sandkastenähnlichen Erwartungen und ihrer (Erfüllungs) folgen und im ernstgemeinten aktiven gemeinsamen Diskurs allerdings nur auf der Basis von Fakten und Argumenten und nicht von Ideologien und Glaubenssätzen. Etwas mehr als Befindlichkeitspflege und Ruhigstellung sollte Politik schon sein, ist sie aber nicht. Da es bei CDU und SPD keine (politischen )Inhalte gibt, kann es auch keine „ Marke“ geben, aber die Autokratin selbst hat sich von alldem offiziell verabschiedet ( für was steht sie selbst ? )und der Protest hält sich in Grenzen.

  30. Sie liefern in Ihrem Text ein Paar interessante Aspekte.

    Allerdings keine Marke, auch wenn sie mit den anderen Marken ein gleichgeschaltetes Kartell bildet, stellt sich vor seine Stammkunden, belügt, betrügt und beschimpft diese und darf im Ernst erwarten den „Kunden“ weiterhin sein Geld abzunehmen während sie in Ihrer Hybris das Land zerstören.
    Das wäre und ist eher ein Fall für den Staatsanwalt.

    Ein wesentliches Merkmal einer funktionierenden Demokratie sind unterschiedliche Ansichten, die debattiert werden und zu gut durchdachten Entscheidungen führen. Da eine fast frühkindlich zu nennende, vorgegebene Einheitsmeinung herrscht und eine Ächtung anderer Ansichten (Frechheit) stattfindet, ist die Qualität erbärmlich. Eine Firma hätte hier schon längst Bankrott anmelden müssen.

  31. Die Wähler sind keineswegs die Kunden der Parteien. Dies würde bedeuten, dass die Wähler im ständigen Austausch mit den Parteien sind (Leistung vs. Gegenleistung). Das ist nicht der Fall.

    Vielmehr werden die Wähler nur 1x in der Wahlperiode gebraucht und entsprechend mit Wahlversprechen berauscht. Nach ist alles egal. Die notwendige Rückkopplung existiert generell nicht. Oder haben Sie es schon gehört, dass wenigstens ein Abgeordneter von seinen Wählern zurückgezogen wurde?

    Die Parteien wissen um die Wählerträgheit Bescheid. Ihnen mit ihren mächtigen Netzwerken wird schon nichts passieren.

    Die wirklichen Parteieninteressen liegen vielmehr in der Machtausübung (Gelderverteilung). Auch die EU-Ebene ist ein wichtiger Interessenknoten.

    Den Wähler kriegt man schon weichgekocht. Dafür sind schon die Rundfunk-, Sozialverbände- und Kirchen-Armeen da.

    • So ist es: allein in der vergangenen Woche habe ich von drei verschiedenen Politikern gehört, dass man „die Politik“ den Wählern besser erklären und vermitteln müsse.
      Vielleicht wäre es aber doch besser, wenn die Politiker sich von den Bürgern mal besser erklären und vermitteln lassen, was die Mehrheit der Bürger will.

      • Das geht gar nicht. Hinter jedem zweiten Baum lauert ein Rassist, weil hinter jedem ersten Baum schon ein Nazi sitzt.

  32. Meiner Meinung nach:
    Die Unzufriedenheit mit den alten Marken („Altparteien“) ist noch viel größer als es sich bei den Wahlen abzeichnet.
    Was bisher am erfolgreichsten im Bezug auf Marktanteile war: Den bekannten Konkurrenten und Alternativ-Anbieter (AfD) den Kunden absolut madig machen („Schmeckt nicht; führt zu Krankheit oder Tod; wird mit bösen Tierversuchen herstellt;…).
    Und was auch noch wirkt: Dass die Kunden hoffen, der vorherige „ideale“ Zustand bei den alten Marken kehrt bald wieder zurück.

  33. „Warum argumentieren CDU und SPD so oft und so vehement gegen ihre eigenen Wähler?“
    Nur eine Gegenfrage. Warum wählen soviele trotzdem diese Parteien. Ein völlig unver-
    ständliches Verhalten.

    • „Warum wählen soviele trotzdem diese Parteien?“

      Einfache Sache: Solange die Spaßgesellschaft noch funktioniert, sind die Menschen zufrieden und stellen keine Forderungen an die Politiker.

      Mehr wollen diese Menschen doch gar nicht. Sie denken und kümmern sich ebenso wenig um ihre Zukunft, wie es die Politiker mit der Zukunftsgestaltung für das Land tun. Insoweit sind die Politiker doch das Spiegelbild unserer Gesellschaft.

  34. Die Nagelprobe wird ja gemacht: Sahra Wagenknechts „Sammlungsbewegung“ wird nur dann erfolgreich sein, wenn sie eine linke Alternative zur grenzenlosen Aufnahme von Flüchtlingen ist und sich gegen den Islam und der Islamisierung stellt.
    Allerdings befürchte ich, dass dies nicht der Fall sein wird. Jetzt zur Markenstrategie: Wenn alle das gleiche Produkt anbieten gibt es keinen Wettbewerb, sondern ein HO-Feeling: Nur noch eine Sorte Dosen im Regal. Da geht man nicht mehr gerne einkaufen (oder im übertragenem Sinne: wählen).

    • So ist es. Wenn viele Jahre lang überall der gleiche unappetitliche Fraß angeboten wird, kann man schon mal für eine Alternative dankbar werden.

  35. Ein entscheidender Unterschied zu der üblichen Marke ist, bei der „Markenpolitik“ einer politischen Partei konzipieren die „Markenmacher“
    Politiker ihre Marke Partei nicht für die Empfänger, sondern für den Absender. Den Absendern/Markenmacher sind die Interesse/Bedürfnisse der Markenzielgruppe (Bürger/Wähler) total egal. Deshalb kommt ihnen gar nicht der Gedanke in den Sinn, ihr Markenkonzept/ihre Markenpolitik auf die Empfängergruppe abzustimmen.

Einen Kommentar abschicken