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Zum 80. Todestag von Dietrich Bonhoeffer

Wann lohnt es sich, gegen das Böse zu kämpfen?

05.04.2025

| Lesedauer: 3 Minuten
Dietrich Bonhoeffer gehört weltweit zu den meistzitierten Theologen. Der intellektuelle Überflieger war bereits mit 25 Jahren Professor. Statt 1939 in New York Karriere zu machen, entschied er sich, nach Deutschland in den Widerstand gegen Adolf Hitler zurückzukehren.

Ostpreußen 1940, ein schöner Sommertag. Bonhoeffer sitzt nach einem Vortrag in Memel entspannt mit einem Freund in einem Kaffeegarten. Plötzlich dröhnt aus den Lautsprechern des Lokals das Fanfarensignal für eine Eilmeldung. Frankreich hat kapituliert, hieß die triumphale Botschaft.

Die Leute an den Tischen konnten es kaum fassen. Alle, die das Steckenbleiben der deutschen Offensive von 1914 nicht vergessen hatten, waren überwältigt von diesem grandiosen Blitzsieg. Die Besucher des Lokals sprangen auf, einige stiegen sogar auf die Stühle. Mit ausgestrecktem Arm riefen sie „Heil Hitler“ und sangen „Deutschland, Deutschland über alles“.

Auch Bonhoeffer war aufgestanden, hob den Arm zum Hitlergruß. Als sein Freund erstarrt sitzenblieb, raunte Bonhoeffer ihn an: „Steh auf! Nimm den Arm hoch! Mach mit!“ Hinterher erklärte er dem Freund, dass er für solche Peanuts wie den Hitlergruß nicht sein Leben riskieren wolle. „In diesen Dingen müssen wir uns ergeben. Wir müssen unsere Kräfte für den echten Widerstand bewahren.“

  • Widerstand und Ergebung – wo lohnt es sich zu kämpfen und wo sollte man sein Pulver besser für andere Gelegenheiten trocken halten?
  • Widerstand und Ergebung – das setzt voraus, dass man nicht gleich seinen spontanen Impulsen nachgeht; dann hätte Bonhoeffer niemals den Hitlergruß machen können, denn er hatte bereits 1932 eindringlich vor Hitler gewarnt.
  • Widerstand und Ergebung – das fordert die Charakterstärke, erst einmal einen Schritt zurückzutreten, um in distanzierter Abwägung von Gefühlen und Gedanken den mittelfristig aussichtsreicheren Weg wählen zu können.

Die Psychologie spricht von der „selektiven Authenzität“; damit weist sie darauf hin, dass man sich und seiner Sache erheblich schaden kann, wenn man sein Innerstes in bestimmten Situationen unüberlegt nach außen kehrt.

In ganz unterschiedlichen privaten, beruflichen oder politischen Kontexten hat mich Bonhoeffers Polarität von Widerstand und Ergebung inspiriert:

1988 habe ich als Student in der DDR ein Praktikum in der Kirche machen dürfen. Die dortige überregionale Kirchenzeitung wurde über Jahrzehnte vom SED-Staat vor Abdruck inhaltlich „gereinigt“. Die Zeitung musste sich das gefallen lassen. Doch 1988 wechselte die Kirche von dem Modus der Ergebung in den Modus des Widerstands: Die Kirchenzeitung ließ im Abdruck alle zensierten Wörter, Satzteile und Abschnitte einfach weiß. Das schlug ein wie eine Bombe. Die Leser kapierten schnell, dass dies kein Druckfehler war. Das bisher unsichtbare Tabu der Zensur wurde für alle sichtbar. Im Nachhinein betrachtet war 1988 ein optimales Timing für diesen gelungenen Akt des Protestes.

Februar 2022 in Mülheim an der Ruhr auf den Montagsdemonstrationen gegen die Impfpflicht. Die Regierung machte plötzlich die Auflage, dass alle Demonstranten eine Maske tragen müssten. Polizei und Ordnungsamt ahndeten rigide alle Verstöße. Das zu einer Zeit, wo Besucher im Universitätsklinikum Leiden/Niederlande bereits ohne Maske ihre Angehörigen besuchen durften. Unter uns Demonstranten brachen heftige Diskussionen aus. Sollte man die Masken tragen, obwohl den meisten klar war, dass die Maske unter freiem Himmel nur reine Schikane war? Selbst der Hardliner Karl Lauterbach hat später bei Lanz gesagt, dass das Maskentragen draußen „Schwachsinn“ (!) gewesen sei.

Hätten alle Demonstranten in den Widerstand gehen und die Maske verweigern sollen? Der gärige Haufen der Demonstranten konnte sich in der Spannung von Widerstand und Ergebung nicht auf eine gemeinsame Linie einigen. Viele plädierten dafür, weiterhin rein auf die Frage der Impfpflicht konzentriert zu bleiben und sich nicht mit der Polizei anzulegen. Die Montagsdemonstrationen verloren an dieser Frage an Zusammenhalt und Stärke. Vielleicht war genau das von der Regierung beabsichtigt.

Dietrich Bonhoeffer konnte auf dem Kontinuum von Widerstand und Ergebung sogar folgende Gedanken äußern: Nicht nur „Parteiabzeichen und Hitlergruß“ könnten notwendig werden, sondern auch das „Verbleiben in belasteten Kommandostellen, in der Abwehr, im Auswärtigen Amt, ja sogar in der SS“. Der umstürzlerische Widerstand sei ja auf solche Leute im System angewiesen. Dieser Preis müsse bezahlt werden. „Man muss bleiben, um Schlimmeres zu verhüten.“ Man müsse bereit sein, Schuld auf sich zu nehmen. Unser Blut, das wir im Märtyrertod bereit sind, auf uns zu nehmen, „wird nicht so unschuldig und leuchtend sein wie jenes der ersten Zeugen der Christenheit“. Dietrich Bonhoeffer hatte den Widerstand gegen das NS-Regime psychologisch und theologisch konsequent und ohne Beschönigungen durchdacht.

Am 8. April 1945 wurde Bonhoeffer im Konzentrationslager Flossenbürg standrechtlich verurteilt zum Tod durch Erhängen. Der Verurteilte musste sich entkleiden und nackt seinen letzten irdischen Weg gehen. Der SS-Lagerarzt Hermann Fischer erinnerte sich an seine Hinrichtung:

„Durch die halbgeöffnete Tür eines Zimmers im Barackenanbau sah ich vor der Ablegung der Häftlingskleidung Pastor Bonhoeffer in innigem Gebet mit seinem Herrgott knien. Die hingebungsvolle und erhörungsgewisse Art des Gebets dieses außerordentlich sympathischen Mannes hat mich auf das Tiefste erschüttert. Auch an der Richtstätte selbst verrichtete er noch ein kurzes Gebet und bestieg dann mutig und gefasst die Treppe zum Galgen.“

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50 Kommentare

  1. Herr Zorn hätte möglicherweise diesen inhaltsschweren Text nicht so geschrieben ohne persönliches Involviertsein in die Problematik als Pfarrer in einer Kirche, die von allen guten Geistern verlassen ist, speziell was die Kirchenoberen angeht aber auch weit bis in den Mittelbau und die Gemeinden.
    Mir ist ein Kirchenmusiker bekannt, langjähriges CDU Mitglied und als Organist sehr engagiert, der die Politik seiner alten Partei nicht mehr ertragen konnte,die CDU verließ und Mitglied der Alternativen wurde. Hierauf wurde er in seiner Gemeinde massiv gemobbt und musste seine Arbeit als Organist beenden und aufgeben. Der Mann hat seine Lektion gründlich gelernt,was aus dieser seiner Kirche geworden ist. auch eine Lektion in Sachen Widerstand und Anpassung.

    • Falls Sie noch Kontakt zum dem Organisten haben und der Organist Interesse hat, würde ich mich sehr über einen persönlichen Kontakt freuen; Sie dürfen ihm gerne mein Interesse und meine Email weitergeben: ed.nroz-a@ofni

  2. Dietrich Bonhoeffer hat die Hölle auf Erden erlebt und wurde dort ermordet. Sein Gedicht „Von guten Mächten treu und still umgeben“ hat mir in den dunklen Corona-Jahren Trost und Zuversicht gespendet. Dann konnte ich die vielen Befürworter harter Maßnahmen gegen Ungeimpfte und Querdenker besser ertragen.

  3. Ein ähnliches Schicksal wie Bonhoeffer erlitt vor kurzem https://de.wikipedia.org/wiki/Giftanschlag_auf_Alexei_Nawalny#:~:text=Alexei%20Nawalny%20(vollständig%20Alexei%20Anatoljewitsch,das%20Flugzeug%20in%20Omsk%20notlandete. Nachdem er am 17. Januar 2021 nach Russland zurückkehrte, wurde er umgehend festgenommen und war dort bis zu seinem Tod im Februar 2024 in verschiedenen Straflagern inhaftiert. Die Staatsmacht und ihre Schergen sind immer stärker als jegliches Wort. Denn sobald ihnen nichts mehr einfällt, machen sie dich kalt. Garantiert. Das dürfen alle Widerständigen nicht vergessen. Waren es die Groß-Russen wert? Jetzt schlachten sie die Kleinrussen – mit großer mehrheitlicher Zustimmung für Putin, den Friedensherrscher. Schlachten macht eben Spaß. Ganz orthodox, also rechtgläubig. https://www.deutschlandfunkkultur.de/srdja-popovics-buch-protest-widerstand-durch-humor-100.html. Dem Verständigen bleibt eigentlich nur: Nicht mitmachen, sich fernhalten. Und sehr genau beobachten, Blödsichtigkeit ist haram.

  4. Wir befinden uns in einer Zeit, in der diese Worte wieder sehr aktuell sind. Danke dafür.

  5. Das ist ja letztlich der Konflikt zwischen Gesinnungsethik und Verantwortungsethik, wie Max Weber ihn für komplexe Gesellschaften beschrieben hat. Das Problem ist nur, dass das Konzept der Verantwortungsethik nur zu leicht zur Rechtfertigung von nichts anderem als Opportunismus misbraucht werden kann. Ähnlich ist es mit Bonhoeffers Text über die Dummheit. Jeder kann ihn zur eigen Rechtfertigung nutzen. Dumm sind immer die anderen. Die FDP beispielsweise ist ja angeblich in die Ampel gegangen, um schlimmeres zu vermeiden. Und die CDU-mitglieder bleiben in dieser verrotteten Partei, um sie nicht vollkommen den Merkelianern zu überlassen. Fazit: ohne den ultimativen Akt der widerständigen Tat st alles nur übertünschter Opportunismus. Bonhoeffers Konsequenz findet sich nur bei ganz wenigen Menschen, die Zahl derer,die sich auf ihn berufen, ist dagegen geradezu astronomisch.

    • Bonhoeffers Rolle für den Widerstand wird überschätzt. Er war eher ein bilateraler Mitläufer, der sich hier wie dort anpasste. Georg Elser war da schon ein anderes Kaliber.

      • In München-Schwabing gibt es einen „Georg-Elser-Platz“, schräg gegenüber vom „Alten Simpl“ (https://www.alter-simpl.de). Fragt man die Leute, wer das war: Dummes Glotzen. Nur sehr wenige wissen es. Elser hatte extremes Pech, seine Bombe mit Zeitzünder hatte hervorragend funktioniert, nur war Hitler etwas früher gegangen. Welch Prüfung des Schicksals, der „Vorsehung“!

    • Es gibt keinen alternativlosen Königsweg in den Polaritäten von „Widerstand und Ergebung“ oder „Gesinnungsethik und Verantwortungsethik“. Bei beiden kann man entweder von der einen Seite oder von der anderen Seite vom Pferd fallen.

      • Matthäus 5,39 „Rechte Wange, linke Wange“ Oder mutig die Peitsche ergriffen und die Händler aus dem Tempel gejagt. Beides ist biblisch. „Coincidentia Oppositorum“ Einheit der Gegensätze. In Gott gibt es keine Gegensätze sondern nur die Einheit allen Seins.

  6. Bonhoeffer war eine Ausnahme innerhalb der protestantischen Kirche, indem er sich gegen das Nazitum stellte, bis zur letzten Konsequenz und deshalb wird er auch hochgehalten um von der Führung der Amtskirche von damals abzulenken.

    Die Protestanten waren schon über ihren Gründer vom Antisemitismus über Jahrhunderte befallen und kollaborierten von höchster Stelle aus mit dem Führer, was man heute gerne unter den Teppich kehren will und dann ihre Widerstandskämpfer in den Vordergrund stellt, die ihr damaliges Wirken nicht so offensichtlich erscheinen lassen soll um die Sinne zu verwirren, wie sie seinerzeit wirklich agiert haben.

    Nach dem Krieg wurden alle Nazisymbole zu recht entfernt und merkwürdigerweise ist das Bildnis der sogenannten „Judensau“, eine Originalbezeichnung, in der Wittenberger Kirche an der Außenmauer dort verblieben ist, was im direkten Zusammenhang mit dem Antisemitisimus schon im 13. Jahrhundert zu sehen war und dieses Schandmal hätte auch verschwinden müssen, denn es ist der Vorläufer aller Antisemitischen Strömungen, die latent vorhanden waren und ihren Höhepunkt unter den braunen Sozialisten erreicht haben.

    Somit hat sich die protestantische Kirche auch mit ihrer Verhaltensweise im 3. Reich nicht mit Ruhm bekleckert und sogar der Vatikan trotz Reichskonkordat leicht den Zeigefinger des Unmutes bewegt hat, was nicht gerade für beide Kirchen spricht, als es um die Verteidigung einer Glaubensminderheit ging und das falsche Getue bis heute ist immer noch ein Schandmal und sie können es nicht lassen und importieren sogar noch die größten Feinde der Juden ins alte Europa und auch daran sind beide Kirchen eifrig beteiligt, weil man abzocken kann und damit der Glaubensbruder ins Hintertreffen gerät, was ihnen schon früher egal war und warum soll es heute anders sein.

    • Welch Philippika! Und Sie haben so recht, leider. Göring wurde vor Gericht in Nürnberg mal gefragt: Wie war es möglich, dass so viele Deutsche mitgemacht haben, bei all dem? Und der blaffte zurück: ANGST! Und heute, beim Einbruch des Islam/Daesh ins Land? Sie wollen sogar einen „Tag gegen Islamfeindlichkeit“ installieren! Was sagen die Kirchen dazu, andere Verbände? Die einzige Partei, die DAS sicher nicht will ist – horribile dictu – die AfD. Wer jetzt noch Fa und Anti ist, das mag der Teufel wissen. Haben wir es da mit einer Prüfung Gottes, des Herrn Zebaoth zu tun, der uns gerne mal den Teufel als „Diabolos“, als „Durcheinanderwerfer“ schickt? Zur Verwirrung der Sinne? Oder vielleicht eher zur Klarstellung?? Zur Offenbarung des nationalen Deppentums? Der Boshaftigkeit? Jesus Christus – bald ist Ostern zu Seinem Gedächtnis – sagt: „In der Welt habt ihr Angst, ich aber habe die Welt überwunden“. Na ja, immerhin der … . Einen guten Hinweis, wie sie ticken, liefert dieses Urteil: AG München, Urteil vom 04.09.2018 – 824 Cs 112 Js 101229/18 – openJur. So werden auch die minderjährigen, muslimischen Mädchen ihrem schlimmsten Feind, dem Islam und seinen Männern ausgeliefert, keine Chance, dem zu entrinnen. Beispiel hier in DE, mittenmang: Prozess: Migrant zahlte 6500 Euro für Braut – sie ist erst 13! | Exxpress. Wann kommt der Messias auch zu den Mädchen? Porca miseria. Kyrie eleison.

  7. Alles, was in der Welt passiert, in der Vergangenheit und heute, zeigt doch ganz klar:
    Es gibt keinen (lieben) Gott.
    Allerdings gibt es hier und da gute Menschen. Aber die sind weit in der Minderheit.

    • Gott hat dem Menschen den freien Willen gegeben.

  8. Als Leitschnur können auch die folgenden fünf Punkte von Hans-Joachim Maaz aus Halle dienen:
    – Widerstand, wo möglich
    – Anpassung, wo nötig
    – subversiv sein
    – Rückzug
    – Gemeinschaft

    Es geht darum, auf sich und seine momentanen Fähigkeiten zu hören und intelligent bzw. clever mit Situationen umzugehen.

    Wichtig ist, sich klar zu machen, dass es im falschen Leben, wie es derzeit herrscht, kein richtiges Leben gibt, das heißt, man wird immer schuldig, erkennt aber erst viel später, an welchen Stellen.

    Den eigentlichen Kampf gegen das Böse führt Gott. Wir setzen uns für die Wahrheit ein und legen Zeugnis ab.

    „Dummheit ist ein gefährlicherer Feind des Guten als Bosheit. (…) Gegen die Dummheit sind wir wehrlos. (…) Daher ist dem Dummen gegenüber mehr Vorsicht geboten als gegenüber dem Bösen. (…) Bei genauerem Zusehen zeigt sich, daß jede starke äußere Machtentfaltung, sei sie politischer oder religiöser Art einen großen Teil der Menschen mit Dummheit schlägt.“
    Dietrich Bonhoeffer

  9. „…….Verbleiben in belasteten Kommandostellen, in der Abwehr, im Auswärtigen Amt, ja sogar in der SS“ diesen Satz von Dietrich Bonhoeffer kannte ich noch nicht, vielen Dank dafür, beinhaltet er doch bedeutende Implikationen. Es sei in diesem Zusammenhang an die ausgewogene Antwort von Maximilian Krah erinnert und an die pharisäerhafte und selbstgerechte Verurteilung durch die Gutmenschen, die glaubten hieraus eine Relativierung und Rechtfertigung der Verbrechen der SS und damit auch eine moralische Verurteilung von Maximilian Krah ableiten zu können.

    • Krah taugt für den Stammtisch in Pirna. Für die Arbeit in Europa taugt er nicht. Er ist in der Lage, Wähler zu binden, ja.
      Wer bei Kriegsende in der Waffen SS war ist derzeit mindestens 97 Jahre alt. Die Ehrenrettung für die Waffen SS bringt also inhaltlich rein gar nichts. Das einzige, was passiert, ist, antideutsche Ressentiments in Italien und Frankreich wurden wieder hochgekocht. Nicht mal Meloni und Le Pen wollten mit der AfD zu tun haben. Was für ein Riesenerfolg.

  10. Die Psychologie spricht von der „selektiven Authenzität“; damit weist sie darauf hin, dass man sich und seiner Sache erheblich schaden kann, wenn man sein Innerstes in bestimmten Situationen unüberlegt nach außen kehrt.

    Schon.

    Auf der anderen Seite klopft Matthäus 5,37 an und fordert sein „Eure Rede sei Ja, Ja; Nein, Nein.“ An diesem Zwiespalt knabbere ich inzwischen sehr.

    • Warum Zwiespalt? Ich würde es fruchtbare Polarität nennen. Beides kann eichtig sein.

      • Oder, wie Luisa N. es sagen würde: „Besser Doppelmoral als gar keine Moral“, nicht wahr, Herr Pfarrer Zorn?

  11. Klasse Artikel! Liest sich wie ein Krimi und regt zum Nachdenken an. Nämlich wie nun heute richtig handeln? Oder gibt es gar kein richtig und falsch? Vielleicht tatsächlich das Individuelle zulassen, das was wir in der Politik vermissen: das Hören und Akzeptieren von allen Stimmen. Möge jeder den Weg finden, auf dem er mit sich, den anderen und Gott in Frieden leben kann! Eine Demo-Teilnehmerin aus Mülheim an der Ruhr

  12. Es lohnt sich nicht, die Deutschen (und alle anderen genauso) sind es nicht wert. Lieber verrecken die als ich, versteht ihr das? Hitler: Ich weine dem deutschen Volk keine Träne nach – na ja, wenn das der Führer sagt … . Die bewegenden Worte des „Der SS-Lagerarzt Hermann Fischer erinnerte sich an seine Hinrichtung“: … sprechen Bände. Der Mensch an sich ist eine recht verkommene Kreatur, nichts Göttliches, regelmäßig, juristisch gesprochen, d.h.: Es gibt Ausnahmen, eben. Das Ebenbild Gottes? Man halte sich fern von den Regelmäßigen. Genau beobachten, seine Schlüsse ziehen, Konsequenzen erarbeiten. Jahreslosungen seit 1930, insbesondere für 1933, 1949 und 1984. „Gott hat uns nicht einen Geist der Verzagtheit gegeben, sondern den Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit“.
    2. Timotheus 1,7 (E). Mein Konfesspruch übrigens. Recht lutherisch: Aus einem verzagten Arsch …. . Noch heute bin ich dem Pfarrer Gerhard B. dankbar; er hat mir auch gesagt: Für dich haben ich einen besonders schwierigen Spruch herausgesucht. Damals, mit 14 , konnte ich das noch nicht verstehen. Heute schon. Und ich erinnere mich! Die Wege des Herrn … .

    • Wohl eher aus einer Art Instinkt heraus hatte ich mir meinen Konfessionsspruch ausgewählt, denn verstanden hatte ich diesen Spruch mit 14 auch nicht so richtig 😉 Die einzelnen Sprüche wurden uns damals übrigens zur Auswahl vorgelegt.
      Und so jemand auch kämpft, wird er doch nicht gekrönt, er kämpfe denn recht.“
      Hat sich in meinem bisherigen Leben irgendwie bewährt.

      • Ist Ihr Spruch auch in den „Jahreslosungen“ zu finden?

      • Es war meine damalige Losung.
        Mein Pastor war nämlich auch sehr lutherisch 😉

  13. Wann lohnt es sich, gegen das Böse zu kämpfen?
    Es lohnt sich immer.
    „Man muss bleiben, um Schlimmeres zu verhüten.“ Man müsse bereit sein, Schuld auf sich zu nehmen.
    So wie unsere „Volksvertreter“?
    Sie bleiben, nur müßten sie den Weg für Neuwahlen freimachen.
    Widerstand und Ergebung – das setzt voraus, dass man nicht gleich seinen spontanen Impulsen nachgeht?
    Das wurde alles beachtet und es war und ist zwecklos.
    Wir, unsere Kinder und Enkel haben keine Zukunft.
    Das tägliche Brot ist vergiftet von einer Industrie, deren Produkte als Lebensmittel nicht taugen (Zucker für Kleinsten, u.a.).
    Die Umwelt wird zerstört.
    Wir werden mit Kriegstüchtigkeit, Politgeschwafel u.a. eingeschüchtert
    <man kann gar nicht alles aufzählen>
    Die Hölle ist leer und alle Teufel sind hier.
    (Shakespeare)

    Dietrich Bonhoeffer hätte heute die Frage gestellt, wo denn der echte Widerstand bleibt, wenn nicht jetzt.

    • Was bedeutet denn ‚echter‘ Widerstand?
      Ich würde sagen, wenn ein Widerstand effektiv sein soll, dann muss er weise sein. Gemäß Jesu Worte in Matthäus 10,16 »Siehe, ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe. Darum seid klug wie die Schlangen und ohne Falsch wie die Tauben!«
      Genau das findet sich m.E. in dem Spannungsfeld zwischen ‚Widerstand & Ergebung‘, so wie es hier im Artikel ausgeführt wurde.
      Übrigens, vielen Dank für den wegweisenden Artikel, Herr Zorn!

    • Denken Sie etwa, Widerständler sind damals offen und für alle sichtbar aufgetreten?
      Natürlich gibt es Kreise, die die Nachreichsordnung schon lange ausgearbeitet haben. So nicht demnächst tatsächlich die grüne Flagge des Propheten vom Reichstag wehen wird – aber auch dann!
      .
      „Ich bin in der Tat heute der Meinung, daß das Böse immer nur extrem ist, aber niemals radikal, es hat keine Tiefe, auch keine Dämonie. Es kann die ganze Welt verwüsten, gerade weil es wie ein Pilz an der Oberfläche weiterwuchert. Tief aber und radikal ist immer nur das Gute.“ (Scholem, Briefe 2, S.101-102)
      .
      Beginnen Sie halt das zu finden, was noch intakt ist. Über das, was schief geht, wissen wir eh alle Bescheid – oder?

  14. Ich kann mir nur schwer vorstellen, welchen Repressalien sich Dietrich Bonhoeffer vor seiner Verurteilung selber aussetzte. Aber ich bin mir sehr sicher, daß ich niemals jemanden mit erhobenen Arm grüßen werde, nur weil das von mir verlangt wird. Und tatsächlich fühle ich mich trotz aller heutigen Analogien zur damaligen Zeit noch nicht so bedrängt, Widerstand zu leisten. Und ehrlicherweise gebe ich zu, daß ich gar nicht weiß, wie dieser Widerstand von mir geführt werden sollte. Spaziergänge? Nein, Herr Zorn, ich bin nunmal nicht für “halbe Sachen” zu haben. Ich habe nämlich gelernt, daß man dann sehr häufig gar keinen, oder sogar einen negativen Erfolg erntet, wozu es nichtmal irgendwelcher Häscher bedarf. Nein, ich halte es wie meine Mutter, die mich hier und da damit „bestrafte“, indem sie mir sagte, daß ich schon noch an “den Richtigen” geraten werde und das hat mich unglaublich diszipliniert. Ob ich heute “dieser Richtige” für all die parasitären Pharisäer wäre? Ich selber möchte das gar nicht heraus finden!
    Noch etwas: Bonhoeffer wurde nicht hingerichtet, sondern brutal ermordet. Da bin ich in der Beurteilung solcher Sachverhalte sehr penibel.
    Jetzt möchte ich aber keinem dieser trüben Gedanken mehr folgen, sondern nur noch ein schönes Restwochenende wünschen.

    • Selbst Petrus hat Jesus 3 Mal verleugnet, bevor der Hahn krähte. Und wir alle wissen noch gar nicht, welche Herausforderungen weiter folgen – und wie wir uns in solchen Situationen dann tatsächlich verhalten werden, wenn das Messer schon am Hals ansetzt.
      Und diesmal verlangen sie eh nicht solchen Firlefanz wie mit dem Arm – sondern Unterwerfung ganz und gar.

  15. Danke Bruder Zorn für die Erinnerung an Dietrich Bonhoeffer. Er ist aktueller denn und die heute die Stimme erheben werden zum Bischof nach Dresden gebeten.
    Einen gesegneten Sonntag für Sie und Ihre Familie.
    Bleiben Sie behütet von unserem großen Gott!
    Liebe Grüße aus der Kulturhauptstadt Chemnitz!

  16. Es gibt kein „Flossenbrück“ in Deutschland oder sonst wo. Näheres hier: Gedenktafel an Dietrich Bonhoeffer neben dem Eingang der Berliner Zionskirche (Der Ort des Todes müsste korrekterweise Flossenbürg lauten), https://de.wikipedia.org/wiki/Dietrich_Bonhoeffer. Soll die falsche Gedenktafel an der Zionskirche in Berlin andeuten, dass Dietrich Bonhoeffer gar nicht ermordet wurde? Hat ihn die Bekennende Kirche gar gerettet?

    • Die Gedenktafel ist ein Hinweis darauf, dass irren menschlich ist. Natürlich hätte es „Flossenbürg“ heißen müssen. Ähnliche Dummheit passierte in Mülheim bei SPD-Trauerflor zum Volkstrauertag: „Nie wieder Verschissmus“.

      • Na ja, lieber Achijah, wenn Sie die EKD und die SPD auf gleicher Ebene sehen wollen … . Ein schönes Beispiel für „whataboutism“. Ich musste Jahre darum kämpfen, dass das Zusatzschild angebracht wurde. Ein Neuguss der Tafel war denen zu teuer. Die alte hätte man in einer Krypta ausstellen können, als Nachweis eines jahrzehntelangen menschlichen Irrens. Das war mein Vorschlag. So viel zur Wertschätzung eines Dietrich Bonhoeffer in der EKD. Wollen wir uns gemeinsam um eine richtige Tafel bemühen? Bezahlt von der EKD?

      • Hierbei dürfte es weniger um Dummheit, sondern um reales Schriftsprachniveau im „besten Deutschland aller Zeiten“ handeln.

      • Die Tafel wurde in den 50er Jahren aufgestellt, noch vor dem Bau der Mauer. Ich denke, hier haben die das KZ Ravensbrück mit dem KZ Flossenbürg vermengt; das Frauen-KZ Ravensbrück liegt nordöstlich von Berlin an der Havel, während das KZ Flossenbürg bei Weiden in der bayerischen Oberpfalz liegt, nahe der tschechischen Grenze. Dort wurden der Granit und die Häftlinge gebrochen für Nürnberg. Mal sehen, ob und wann die EKD bereit ist, das richtigzustellen am Eingang der Zionskirche zu Berlin-Mitte. Bisher habe ich vergeblich darum gekämpft bei dem Verein. Ich bin dort vor 45 Jahren ausgetreten. Ohne Bedauern. Amen.

  17. Ein Vorbild für alle, die sich im Widerstand zum jetzigen faschistischen Regime befinden.

  18. Ich möchte ehrlich sein, zu solch einem Weg bin ich nicht bereit.
    Ich habe mein Leben mit viel Arbeit verbracht, meine Eltern waren selbständig, da war es selbstverständlich, dass wir bereits früh mit anfassten. Mit 9 Jahren konnte ich bereits alleine das Mittagessen kochen, die Rezepte konnte ich auswendig. Auch im elterlichen Geschäft gab es bald fast nichts, dass ich nicht konnte. Zwei Kinder hab ich groß gezogen und mich trotzdem weiter gebildet um etwas im Leben zu erreichen. Nun bin ich Rentnerin, werde aber noch ein paar Jahre dran hängen, weil ich noch ein paar neue Fenster für’s Häuschen brauche und andere „Kleinigkeiten“. Und ja, endlich bin ich soweit, dass ich mir auch mal qualitativ gute Kleidung leisten kann – Schuhe die länger als ein Jahr halten …
    Das alles möchte ich nicht riskieren. Nicht für eine Jugend die in großen Teilen nicht mehr zur Leistung bereit ist, die als Influenzer oder Tv-Sternchen, oder aber als Genderist etc. ihr Leben finanzieren wollen. Nein!
    Sollte die Jugend selbst endlich aufwachen und sich für Freiheit statt für Anti-CO2 endscheiden, dann vielleicht.

    • Ich gebe Ihnen vollkommen recht. Für das, was Sie und auch ich (in aller Bescheidenheit) einfordern, haben wir Jahrzehnte lang gearbeitet.
      Aber für das Erreichen dessen, was „die Jugend“ allein in den vergangenen Jahren so alles einfordert fehlt schlicht schon deren Bereitschaft, dafür überhaupt etwas leisten zu wollen.
      Ich schäme mich jedenfalls in voller Überzeugung nicht dafür zu sagen, daß jetzt meine Work-Life-Balance anfängt!
      Also, liebe Jugend. Ohne Kampf kein Mampf! Das war nämlich eigentlich schon immer so, auch wenn ihr den Spruch schon anders herum gehört habt!

    • Man hätte Bonhoeffer keinen Vorwurf machen können, wenn er in den USA geblieben wäre.

      • Oder in Bournemouth/Südengland.

      • Nein, daß hätte man nicht. Er gehörte aber zu den besonderen Menschen, an denen ich mir gerne eine Beispiel nehmen möchte. Aber muß ich gestehen, daß ich nicht weiß ob ich den Mut aufbringen würde, in gleicher Weise zu handeln. Wahrscheinlich eher nicht.

      • Der Mut wächst mit der Herausforderung. Ich bin ein ganz großer Angsthase – und wundere mich, wie ich manchmal in Situationen ganz spontan agiere – auch, wenn mir dann 2 Stunden später noch das Herz wild schlägt.

      • Ich mache niemandem einen Vorwurf. Jeder ist für sein Leben selbst verantwortlich. Nicht als Kinder, aber spätestens mit gut 20 Jahren entscheidet man selbst über das was man macht oder nicht macht.
        Mein Großvater, Landwirt, hatte einige verhaftete Kriegsdienstarbeiter zugeteilt bekommen, die saßen, für ihn selbstverständlich, mit am Tisch und aßen ganz normal mit. Das war aber damals nicht erlaubt, der Gauleiter maulte und mein Großvater sagte ihm seine Meinung. Da er genug gute Freunde hatte, kam er damit durch. Nur, auf den Markt in die nächte Stadt durfte er nicht mehr, denn dort waren andere „Gauleiter“ zuständig. Also musste seine Frau den Part übernehmen.
        Diese Geschichte habe ich schon recht früh gehört und daraus gelernt, dass man im Leben das machen sollte was man selbst für richtig hält, dabei aber auch immer die Konsequenzen mit bedenken sollte.
        Für einen blöden Hitlergruß riskiert man nicht seine Freiheit, für Menschlichkeit, die einem gleichzeitig Arbeiter bescherrt, die gerne bei einem arbeiten, schon.

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