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Verfassungsschutz versus Regierungsschutz

Wenn die selbstreferenzierende Bürokratie die Macht übernimmt – Teil 1

05.02.2022

| Lesedauer: 6 Minuten
Sah das Amt für Verfassungsschutz seine Aufgabe darin, die freiheitlich-demokratische Grundordnung auch gegen die Übergriffigkeit des Staates zu schützen, kehrte sich das unter Thomas Haldenwang um. Es galt nicht länger, eine politische Idee gegen den Staat, sondern den Staat vor der politischen Idee zu schützen.

Beginnen wir mit etwas scheinbar Simplen: mit einem Lebenslauf. Wobei hier unmittelbar bereits das erste Problem auftaucht. Denn die Person, die im Mittelpunkt dieses Artikels stehen soll, verhält sich diesbezüglich eher zurückhaltend. Egal, ob in der unternehmenseigenen Vita oder bei dem dort offenbar abgekupferten Wikipedia-Eintrag – das Leben unseres mit Abitur veredeltem Helden beginnt so richtig erst nach dem Ende des Wehrdienstes, welcher bei der Marine abgeleistet wurde. Was davor geschah, hüllt sich in Nebel und Tarnmantel. Außer vielleicht diese eine einzige Feststellung: Geboren wurde er am 21. Mai 1960 im rheinischen Wuppertal.

Irgendwann also, vermutlich in seinen früheren Zwanzigern, lässt sich unser Abiturient an der Philipps-Universität in Marburg an der Lahn zum Handwerker des Rechts, gemeinhin auch als Rechtswissenschaft bezeichnet, ausbilden. In den Jahren 1991 bis 2000 folgt der offenbar erste Job als Referent für Dienstrecht und Personalwesen im Bundeministerium des Inneren (BMI). Leider erfahren wir nicht, in welchem Monat die Anstellung im BMI erfolgte. Das wäre zumindest insofern interessant, weil anzunehmen ist, dass der zuständige Minister mit der Einstellung einverstanden gewesen sein muss. Das war bis zum 26. November 1991 Wolfgang Schäuble und anschließend dann Rudolph Seiters.

Diese Mitteilung selbst lässt vermuten, dass unser Mann sein Studium mit dem Zweiten Staatsexamen abgeschlossen haben wird, womit sich ihm als Beamten die Laufbahn im Höheren Dienst öffnete. Wir dürfen insofern unterstellen, dass er Gymnasialbesuch, Wehrdienst und Studium mit der notwendigen Konsequenz und Eile durchgezogen hat.

Klassische Bürokratie im Innendienst

Dienstrecht und Personalwesen sind eher dröge Aufgabenfelder. Klassische Bürokratentätigkeit ohne viel geistigen Input und ohne Anspruch auf Kreativität. Ganz im Gegenteil: Kreativität ist hier eher schädlich, geht es doch darum, mögliche Verfehlungen von Mitarbeitern juristisch und dienstrechtlich abzuklopfen und Stellungnahmen für Personalentscheidungen des Hauses zu verfassen. Hier sitzen nicht selten die klassischen Bürokraten, wie sie sich der einfache Bürger vorstellt als Aktendeckelbeweger und Ablagejongleure.

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Nunmehr also Bürokrat in Perfektion, geht es für unseren Mann vorübergehend in das Bundesverwaltungsamt (BVA). Dort, so erfahren wir, war er „für Fachaufgaben verschiedener Bundesministerien“ zuständig. Was diese „Fachaufgaben“ gewesen sind, erfahren wir nicht – jedoch bleibt sich unser Held treu als dienendes Rädchen eines komplexen Staatsbürokratismus. Glauben wir der Website dieses Amtes, können diese Aufgaben überaus vielfältig gewesen sein: „Heute ist das BVA der zentrale Dienstleister des Bundes mit Hauptsitz in Köln und erfüllt mehr als 150 verschiedene Aufgaben.“

Der Schwerpunkt allerdings ist das Handling der Bundesbediensteten: Gehalts- und Beihilfezahlung, Anstellung und Laufbahnkontrolle – kurz: alles, was mit dem Personal der Behörden und der technischen Organisation der Arbeitsabläufe in Zusammenhang steht. Die Anzahl dieser zu verwaltenden Bundesbediensteten liegt aktuell bei rund einer halben Million Menschen – also viel zu verwalten, um den bürokratischen Apparat am Laufen zu halten.

Doch schon 2006 zieht es ihn zurück in das Bundesministerium des Innern. Dort wird er Leiter des Referats „Laufbahnrecht“ und führt die Geschäfte des Bundespersonalausschusses. Ein Schwerpunkt dieser Arbeit liegt darauf, Staatsbedienstete auf ihre Laufbahnbefähigung zu prüfen. Unser Mann wird so zum Herrn über Beamtenkarrieren. Der Bundespersonalausschuss tagt nicht öffentlich: Zwar werden seine Entscheidungen im Ministerialblatt veröffentlicht – doch der Weg dorthin bleibt unter Verschluss.

So bereits in der geheimen Durchleuchtung von Menschen und dem daraus abgeleiteten Recht, über das Leben anderer zu urteilen und zu entscheiden, bestens vertraut, wechselt der Held unserer Geschichte im Jahr 2009 in das Bundesamt für Verfassungsschutz. Dort leitet er zum Einstieg bis 2012 die Zentralabteilung und steigt kein Jahr später zum Vizepräsidenten des Amtes auf.

Die Homepage des Bundesamts für Verfassungsschutz beschreibt die Aufgaben der Zentralabteilung wie folgt: „Die „Abteilung Z (‚Zentrale Dienste‘) umfasst die klassischen Querschnittsaufgaben Personal, Organisation, Haushalt und Innerer Dienst. Zu ihrem breiten Aufgabenspektrum gehören u.a. Personalentwicklung, Personalgewinnung, Personalbetreuung, Aus- und Fortbildung, Justiziariat, Geschäftsprozessuntersuchungen, Haushaltsaufstellung, Liegenschaftsmanagement und Arbeitsschutz.“

Niemals die Welt „da draußen“ mit eigenen Verwaltungsaugen gesehen

Unser Held bleibt sich auch in seiner neuen Aufgabe im Bundesamt für Verfassungsschutz treu. Thomas Haldenwang, der diese exemplarische Karriere eines Berufsbürokraten der inneren Verwaltung durchlaufen hat, ist seit dem Studium fast ausschließlich mit Laufbahnfragen und Personal innerhalb des bürokratischen Apparats beschäftigt. Er trägt die Verantwortung dafür, dass die „richtigen“ Leute an die richtigen Stellen kommen; dass Beförderungen jene betreffen, die in der Kombination aus Dienstrecht, von ihm zu beurteilender, dienstlicher Eignung und Funktionserfüllung innerhalb des Apparats eine jeweils optimale Lösung darstellen.

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Männer an solchen Positionen sind in der Lage, sich ihre Verwaltung auf den Leib zu schneidern. Sie entscheiden, wer wo in welcher Weise tätig wird – und so entscheiden sie auch darüber, wohin die Verwaltung die Schwerpunkte ihrer Tätigkeit lenkt. Sie sind die eigentlichen Herren des Hauses, in dem sie als Beamte an der Spitze der Binnenorganisation stehen und über die von ihnen gelenkten Personalentscheidungen ihre Tentakeln in jeden Flur, jedes Büro gelenkt haben. Sie sind jene, denen es getreu dem klassischen Bürokratenmotto des „Politiker kommen und gehen – Verwaltung bleibt bestehen“ gänzlich gleich ist, unter welchen politischen Aspekten die befristet tätigen Minister die politischen Chefposten besetzen.

Als Haldenwang am 15. November 2018 den wegen seiner fachlichen Expertise aus dem Amt gejagten Hans-Georg Maaßen ablöste, hatte er eine 27-jährige, lupenreine bürokratische Karriere hinter sich, die nur über einen entscheidenden Mangel verfügt: Der Innendienstorganisator hatte nie in seinem Leben irgendetwas mit Terrorabwehr oder verfassungsfeindlichen Bestrebungen zu tun. Die Welt „da draußen“ war ihm dienstlich fremd. Seine Aufgabe war es, den inneren Verwaltungsapparat zu optimieren und die Bewerber auf ihre entsprechende Tauglichkeit zu prüfen und auszusortieren.

Ganz anders sein Vorgänger, der – ebenfalls Jurist – als Leiter der „Projektgruppe Zuwanderung“ und Ministerialdirigent in der Terrorismusbekämpfung sehr genau wusste, woher die tatsächlichen Bedrohungen für die bundesdeutsche Verfassung kommen. Sah Maaßen seine Aufgabe im Amt für Verfassungsschutz noch darin, die freiheitlich-demokratische Grundordnung im Zweifel auch gegen die Übergriffigkeit des Staates zu schützen, so kehrte sich die Aufgabenstellung unter Haldenwang faktisch um. Es galt nicht länger, eine politische Idee im Ernstfall auch gegen den Staat, sondern den Staat vor der politischen Idee zu schützen.

Die Verselbständigung der Bürokratie

Berufsbürokraten wie Haldenwang entwickeln die Neigung, das System, in dem sie sich bewegen, mit dem Objekt ihres Aufgabengebiets zu verwechseln. Die Mechanisierung des Verwaltungsapparats, den sie als Räderwerk des Staates begreifen, dem sie dienen, prägt ihr ausschließliches Denken. Für Haldenwang, der von Binnenorganisationsaufgabe zu Binnenorganisationsaufgabe wechselte und dabei gemäß der Aussage von Max Weber, wonach „alle politischen Gebilde Gewaltgebilde sind“, Gewalt über Menschen ausübte, definiert der Staat die Auslegung des Grundgesetzes und nicht das Grundgesetz das Verständnis vom Staat.

SELBSTANZEIGE
An den Präsidenten des Bundesamts für Verfassungsschutz, Herrn Thomas Haldenwang
Ingo Müller bezeichnet in seinem Buch die Handwerker des Rechts, die die jeweils staatlich gewünschte Rechtsdefinition der Herrschenden zu ihrer eigenen machen und über das geschriebene Gesetz stellen, als „Furchtbare Juristen“. Es scheint nur eine Frage der Zeit zu sein, bis eines Tages auch ein Buch über „Furchtbare Bürokraten“ verfasst werden wird, in dem der Staatsbedienstete beschrieben wird, dem sein Apparat der einzig zulässige Mittelpunkt des bürokratischen Universums ist. Es geht ihnen um die Macht der Struktur, des Systems. Nicht um die Macht der Vernunft und des Rechts geht es – und vor allem und keinesfalls um die Macht des Bürgers, den sie ein Leben lang nur als abzuwehrendes, fehlerhaftes Objekt betrachtet haben, welches der Bürokratie Hindernisse in den Weg legt.

Max Weber beschrieb diese Entwicklung mit diesen Worten: „Moderne Amtsbürokratien sind die naturgemäßen primären Träger dieses rein an der Macht des eigenen politischen Gebildes als solcher orientierten ‚Prestige‘-Strebens. Denn Macht des eigenen politischen Gebildes bedeutet für sie eigene Macht und eigenes machtbedingtes Prestigegefühl, Expansion der Macht nach außen aber außerdem noch für die Beamten Vermehrung der Amtsstellen und Pfründen.“

Als wollte Haldenwang den Beweis für Richtigkeit der Weber’schen Feststellung liefern, verkündete er, kaum im Amt des Behördenleiters, am 21. Dezember 2018 an, allein im kommenden Jahr erst einmal einhundert neue Stellen zu schaffen. Das mag von außen nach wenig klingen, ist jedoch in einem Verwaltungsapparat, der auf Bundes-, Länder- und Kommunalebene um jede Viertelstelle kämpft, ungeheuerlich und belegt in exemplarischer Weise die Feststellung des Soziologen und Nationalökonomen.

Unvereinbares verschwimmt zur Einheit

In dieser in das eigene System gekehrten Sicht des Thomas Haldenwang verschwimmen nicht nur die Grenzen zwischen Verfassungs- und Staatsschutz, sondern Staatsschutz wird zum gefühlten Verfassungsschutz. Artikel 1 Bundesverfassungsschutzgesetz (BVerfSchG) schreibt fest:

„Der Verfassungsschutz dient dem Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes und der Sicherheit des Bundes und der Länder.“

INTERVIEW DES VERFASSUNGSSCHUTZPRäSIDENTEN
Wie Haldenwang den Verfassungsschutz zum Staats- und Politikerschutz umdeutet
Die daraus abzuleitende Aufgabe ist simpel zu formulieren: Oberste Priorität hat die freiheitliche demokratische Grundordnung. Eine solche aber fällt nicht vom Himmel und liegt auch nicht im Ermessenspielraum von Politik und Verwaltung, sondern definiert sich in der Bundesrepublik Deutschland über das Grundgesetz. Dort wiederum sind es die Artikel 1 bis 19, die als unveräußerliche „Grundrechte“ den Anspruch des Bürgers gegen den Staat definieren. Somit ist es oberste und unanfechtbare Aufgabe eines Bundesamtes für Verfassungsschutz, die Rechte des Bürgers zu schützen – und dieses auch gegen den Staat und seine Institutionen, so dort Bestrebungen zu erkennen sind, welche mittel- oder unmittelbar gegen eben jenen Bürgerrechtsanspruch gerichtet sind.

Dazu gehört maßgeblich das Recht, seine Auffassung – auch seine politische und auch eine, die im Zweifel die Überwindung des bestehenden Herrschaftssystems anstrebt – zu formulieren. Es ist das unmittelbare Recht des Bürgers, diese seine Auffassung in Wort, Bild und Ton zu publizieren und sogar dafür zu demonstrieren. Dieses Recht endet erst dort, wo der Bürger zur Erreichung seiner Bestrebungen zur Gewaltanwendung oder zum gewaltsamen Umsturz aufruft. Solange dieses nicht der Fall ist, hat der Grundgesetzstaat Bundesrepublik Deutschland es auch zu erdulden, dass es Bürger gibt, die ein anderes als das verfasste, parlamentarisch-republikanische System präferieren.

Lesen Sie in Teil 2, wie die selbstreferenzierende Bürokratie das Gemeinwesen übernimmt.

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25 Kommentare

  1. Fürchterlich solche Karrieren. Wie ein verstaubter Buchdeckel.

    • Nehmen solche Menschen überhaupt am wirklichen Leben teil?
      Aber es muss sie ja wohl geben, wie die riesige Verwaltung anzeigt.

  2. Unfassbar euere Photo-Headhunter, unschlagbar gut, immer wieder! – Man sieht’s ihm an. Die Säure kommt immer wieder hoch, bis in’s Hirn. Er braucht ein Abo für Alka Selzer. Er ist unglücklich, er weiß nicht warum er da sitzt, wo er sitzt. Er kann nur verwalten, vor allen Dingen sich selbst. Er hat sich bisher durch sein ganzes Leben verwaltet. Wo die Restzeit geblieben ist, vergessen, im Nebel verschwunden. (So stelle ich mir Meister Tod vor. Der Tod ist ein Verwaltungsakt). – Solche Leute weg zu bekommen ist unfassbar schwer, fasst unmöglich. Sie sind der “menschgewordene“ Verwaltungsakt. Solche Leute haben vor über 80 Jahren mittels Stempel und Paraphe Millionen Menschen “entsorgt“. – Dieses spezielle Wesen ist nur mittels eines Gesundheitsereignisses oder bisher nicht vorstellbaren Rechtsverfahren zu entfernen. … Ich glaube, er wird uns noch lange schützen.

  3. Es gibt zwei Arten und Weisen, wie man einen solchen Job, wie z.B. den Chef des Inlandsgeheimdienstes, ausführen kann:

    • Man hält seinen Geheimdienst für einen schnöden Arbeitgeber, für ein Rädchen im bürokratischen System und versucht dieses Rädchen im System am Laufen zu halten.
    • Man konzentriert sein Schaffen auf die eigentliche Ursache für die Existenz dieses Geheimdienstes und konzentriert seine Arbeit nicht auf das Rädchen im System selbst, sondern auf die Feinde des Systems. Und zwar auf alle. Also auch auf die, die sich bereits im System befinden.

    Bei Haldenwang ist es Punkt 1, bei Maaßen war es Punkt 2.
    Kein Wunder, dass Maaßen herausgekegelt worden ist. Er ist so manchem im System zu gefährlich geworden. Haldenwang ist da offenkundig viel pflegeleichter.
    Die Tatsache, dass bereits im System befindliche Feinde die Überwachung der reibungslosen Funktion des Systems selbst besetzen können, ist ein Grundfehler unserer Verwaltungsarchitektur. Das gehört abgestellt. Und zwar schnell.

  4. Die Überschrift „Verfassungsschutz versus Regierungsschutz“ könnte, nein müsste aktuell eigentlich sogar lauten „Verfassungsschutz gleich Regierungsschutz„.

    Weder der Verfassungsschutz noch das Bundesverfassungsgericht schützen aktuell die Verfassung, das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland;
    beide Institutionen sind momentan nur intensiv damit beschäftigt, die jeweilige Regierung vor der Verfassung zu schützen !

    Das heißt jetzt in Deutschland „neue Normalität“ , oder „Große Transformation„. oder „Great Reset„, oder so ….

  5. Mir scheint aber, dass der autoritäre Etatismus auch schon vor ca. 50 Jahren strukturell ähnlich war. Schließlich war es den Alliierten nicht gelungen, die besondere Version des deutschen Berufsbeamtentums zu brechen. Adenauers gefühlte Notwendigkeit, auch mit schmutzigem Wasser arbeiten zu müssen, solange er nicht genug sauberes hat, tat ihr übriges, um in Verwaltung, Justiz, in Bund, Ländern und Gemeinden, den autoritären Geist als strukturell und konstitutiv für den Staatsapparat zu etablieren und etabliert zu halten. Auch wenn sich über die Jahrzehnte viel verändert hat, vieles, das einem autoritären Obrigkeitsstaat ähnlicher ist als einer liberalen Demokratie ist geblieben. Dementsprechend mangelnde Transparenz, Amtsgeheimnisse ohne nachvollziehbare Begründungen, amputierte Rolle von Rechnungshöfen und sonstigen systemischen Kontrollinstanzen. Auf die “ Furchtbaren Juristen – die unbewältigte Vergangenheit der Justiz “ von 1987, wird kein Buch über “ Furchtbare Bürokraten “ folgen, weil der Haken fehlt, an dem man das aufhängen könnte. Der Filz ist dicht, und undurchdringlich. Wir haben keinen Rechtsanspruch auf einen funktionierenden Staat.

  6. Zitat: „sind eher dröge Aufgabenfelder. Klassische Bürokratentätigkeit ohne viel geistigen Input und ohne Anspruch auf Kreativität. Ganz im Gegenteil: Kreativität ist hier eher schädlich,

    > Ähm, nun ja: es heißt ja man soll Menschen nicht nach deren Äußerlichkeiten bewerten. Dennoch will ich hier nun mal frech auf das von oben gesehen erste und dritte Bild zeigen/hinweisen und feststellend sagen, dass der werte Herr Thomas Haldenewang auf den Bildern genau das ausstrahlt was oben im Zitat geschrieben steht.

    Zitat 2: „Dazu gehört maßgeblich das Recht, seine Auffassung – auch seine politische und auch eine, die im Zweifel die Überwindung des bestehenden Herrschaftssystems anstrebt – zu formulieren. (……..) und sogar dafür zu demonstrieren. Dieses Recht endet erst dort, wo der Bürger zur Erreichung seiner Bestrebungen zur Gewaltanwendung oder zum gewaltsamen Umsturz aufruft“

    > Genau das ist auch meine Auffassung von Demokratie und weshalb ich der Meinung bin und sage, dass zumindest für mich selbst auch solch Parteien wie z.Bsp. die NPD das Recht haben als politische Partei aufzutreten wenn sich dann deren Mitglieder an gültiges Recht & Gesetz halten.

    Doch wenn hier dann z.Bsp die sog. Volks- und Altparteien nicht anders können als mit Partei-Verbote zu reagieren, dann sehe ich das als ein politisches Armutszeugnis. DENN anstatt nur platt und hirnlos nach einem Partei-Verbot rumzujammern, sollten meiner Meinung nach vor allem die großen Volks- und Altparteien dazu fähig und willens sein eine Politik zu betreiben, die die große Mehrheit vom Volk anspricht, begeistert und mitzieht.

    Doch gerade Letzteres ist heutzutage von unserer „Volksparteielite“ scheinbar zuviel erwartet und verlangt.

  7. Was ist der Sinn des Verfassungsschutzes?
    Die Verfassung vor den Machthabern zu schützen?
    Oder die Machthaber vor der Verfassung zu schützen?

    • Ich glaube Herr Massen hatte Ersteres präferiert, Herr Haldenwang hat sich für den zweiten Punkt entschieden. Das wusste Frau Merkel offensichtlich genau.

  8. Bei Haldenwang kann ich mir gut vorstellen, dass spätere Generationen von Historikern, die die Amtszeit dieses obersten Verfassungshüters wissenschaftlich näher unter die Lupe nehmen werden, zu dem Ergebnis gelangen, dass Haldenwang maßgeblich zur Vernichtung und zum Abbau demokratischer Strukturen und Institutionen beigetragen hat.

  9. „… Oberste Priorität hat die freiheitliche demokratische Grundordnung.“

    Um die freiheitliche demokratische Grundordnung, definiert im Grundgesetz, weichzukochen, bedarf es des „modernen“ Typs des Politikers, der gegenwärtig die Geschicke des Landes leitet(e) und des im vorauseilenden Gehorsam handelnden Apparatschiks, der die politischen Anweisungen umsetzt.

  10. Mich erstaunt die generelle Kritik am Wirken des Bundesamtes für Verfassungsschutz, bzw. der Landesämter. Sie sind zu KEINEM Zeitpunkt jemals dazu da gewesen, die „Verfassung“ zu schützen. Wie sollte das denn gehen, durch eine – letztlich – als Geheimdienst operierende Behörde? Der „Schutz“ der Verfassung (vor wem eigentlich? Den Bürgern?) obliegt, da er stets nur juristisch erfolgen kann, nur dem Bundesverfassungsgericht, bzw. dessen Pendants in der Ländern. Also der Justiz – deren Teil der VS aber nicht ist und nie sein kann.
     
    Insofern war der „Verfassungsschutz“ immer nur ein Geheimdienst für die Regierung und sein Name bestenfalls eine Tautologie, am Ende reine Propaganda wie „Winterhilfswerk“ oder „Asyl“.
     
    Daher halte ich Kritik am operativen Gebaren des VS für sinnlos. Man kann einem Gewitter nicht vorwerfen, daß es Blitze produziert – das liegt in der Natur seiner Sache. Eine Demokratie hat schlicht und ergreifend keinen im Inland operierenden Geheimdienst zu haben. Verfolgung von Straftaten, auch solcher, die zum Ziel haben, die Regierung zu stürzen, obliegen immer nur der Polizei.
     
    Dabei bin ich nicht naiv. Es wird immer wieder Vereinigungen oder Personen geben, die sich aus kriminellen oder ideologischen Gründen verabreden, dem Staat zu schaden, auch mit Gewalt. Aber genau dafür unterhält der Staat ja die exekutive Gewalt der Polizei, die in diesem Staat nach innen sogar das Schußwaffenmonopol hat.
     
    Eine Verfassung kann natürlich für sich den Anspruch erheben, sie sei „ewig“ und ihre Beseitigung ein Verbrechen. Nun ist aber jede Verfassung menschengemacht, daher unvollkommen, zudem jedenfalls in Teilen immer auch ein Kind ihrer Zeit und letztlich hat jede Generation eines Volkes auch das Recht, diese Verfassung zu ändern oder sich eine neue zu schreiben.
     
    Wir alle wissen, warum aber im deutschen Grundgesetz die jedem demokratischen Prozeß aushebelnden „Ewigkeitsgarantien“ stecken oder das Recht, der Beseitigung des Grundgesetzes auch mit Gewalt entgegenzutreten. Hier bricht sich das Trauma des Dritten Reiches Bahn. Denn Hitler und die NS waren ja eben gerade nicht mit einem revolutionären Aufstand im Stile des Sturmes auf die Bastille an die Macht gekommen, sondern in rechtmäßigen demokratischen Wahlen. Zur Diktatur wurde Deutschland dann erst einige Monate später, mit den Ermächtigungsgesetzen. Damit wurde die Verfassung von Weimar – die von den Nazis nie außer Kraft gesetzt wurde und somit bis 1949 weitergalt – ausgehebelt. Völlig legal sogar, denn der Reichstag hatte es mit Mehrheit beschlossen.
     
    Dieses Trauma und auch die Tatsache, daß über lange Zeit eine große Mehrheit der Deutschen Hitler bereitwillig folgte, führte dazu, daß seit dem 2. Weltkrieg die deutschen politischen Eilten – und zwar keineswegs nur die linken – dem eigenen Volk nicht mehr trauen. Die Mechanismen, die Hitlers Herrschaft (und später die der SED in der DDR) ermöglichten, sowohl den Gehorsam des Volkes als auch die rasche Bereitschaft zu Repressionen seitens der drei Gewalten – konnten wir aktuell in der Corona-Krise besichtigen. Sie haben für die nachgeborenen Generationen beantwortet, warum Hitler 1933 überhaupt möglich war, oder ihm niemand 1939 trotz aller Offensichtlichkeit in den Arm fiel. Geändert hat sich bei den Deutschen nichts.
     
    Rechtfertigt das einen Inlandsgeheimdienst, der überwacht, daß das Volk die ihm aufgegebenen Verhaltensweisen einhält und der Regierung gehorcht?
     
    Der ganzen Idee eines Verfassungsschutzes liegt ja bereits die Idee zugrunde, daß aus der Tiefe des Volkes niemals eine intellektuelle Breite entstehen kann, die es rechtfertigte, Änderungswünsche an dieser Verfassung überhaupt nur in Erwägung zu ziehen. Dieses Vorrecht reserviert der politische Komplex, mit anderen Worten die Parteien, für sich selbst. Das Volk selbst ist dumm, hat beaufsichtigt, erzogen, umerzogen und fallweise bestraft zu werden. „Liebe Regierung, verbietet uns endlich etwas!“ rief ein linker ÖRR-Redakteur verzweifelt in die Kamera, in Todesangst vor dem Klimawandel. Nein, nicht er kann sich zwingen, auf den Urlaub auf Bali zu verzichten, auf das Dry-Aged Steak, sein altes Pagoden-Mercedes-Cabrio oder das Mettbrötchen zum Korn, sondern „der Staat“ müsse das machen. Nahezu die gesamte Gesetzgebung, alle Vorhaben der Ampel-Regierung und schon davor der Regierungen von Merkel, hatten und haben nur eine Agenda: Das Volk, dem großen Lümmel, auf die Finger zu hauen, zu schauen, ihn Mores zu lehren. Und das Volk jauchzt dazu.
     
    Nun ja, wie bei Asterix und Obelix gibt es gallische, oder eher ostsächsische oder mittelhessische Dörfer. Oder diese Siedlung in Schnellroda, oder dieses Nazi-Dorf in Vorpommern… gar nicht so wenige. Ja, ja auch Friedichshain und Connewitz, aber das sind ja doch eigentlich die Guten. Auf die wird man ja doch noch aufpassen dürfen? Und wenn die schon so böse sind, was ist dann mit all den anderen, stillen? Den Lesern von Reitschuster oder Tichy oder Don Alphonso?
     
    Daher, Herr Spahn, die Kritik am Wirken des Thomas Haldenwang mag man erheben. Aber wie so viele furchtbare Juristen, furchtbar nicht in ihrer Gesinnung, die sie oft gar nicht hatten, sondern ihrer Servilität gegenüber dem Machthabern, sind sie nur Räder in einem System, das für sich dazu angelegt ist, zu herrschen, zu beherrschen. Man muß Haldenwang dabei nicht in eine Reihe mit Reinhard Heydrich oder Erich Mielke stellen, doch – hätte Hitler die Wahlen 1933 nicht gewonnen, wäre Heydrich wohl in der Polizei der fortbestehenden Weimarer Republik bestenfalls zum Kommissar in Halle aufgestiegen, und Mielke ein kleiner Schupo in Berlin, der mit der grünen Minna Koks-Händler am Bahnhof Zoo gejagt hätte. Die gleichen Männer. Das „System“ – jedes System – wird immer Männer wie sie brauchen. Und so leben wir nun also im besten Deutschland aller Zeiten, der Parteienstaat – fünf inzwischen statt wie früher nur eine – hat sich seinen Schild und sein Schwert zugelegt, und Männer wie Haldenwang sind zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Hätten wir heuer einen Bundeskanzler Tino Chrupalla, so hieße der Chef entweder Maaßen, oder vielleicht Höcke. Sonst – wäre alles gleich. Es sei denn, es gäbe so ein Amt gar nicht.

    • Das war der 1. Teil des Artikels, mehr wird sich Ihnen vielleicht in dem noch folgenden 2. Teil erschließen. Seien wir gespannt!

  11. Im 3.Reich und in der DDR waren es keine Soldaten oder Polizisten, die das menschenverachtende System erfanden und am Laufen hielten, es waren immer eiskalte Bürokraten.

  12. Es wäre mal interessant zu wissen, welche Staaten der EU sich einen Inlandsgeheimdienst leisten und welche nicht. In meine jetzt nicht Dienste, die z.B. in der Terrorbekämpfung aktiv sind, sondern solche die rein politische Aufgaben haben, wie z.B. die Überwachung von Oppositionsparteien.

  13. Für meine Begriffe ist der Mann die Inkarnation von einem Vasallen mit vorauseilendem Gehorsam. Schlimmer geht nimmer.

  14. Gegen den „Übermut der Ämter“ haben wir zuerst die Verwaltungsgerichtsbarkeit, nicht so sehr den Verfassungsschutz.

  15. Haldenwang ist eine gefährliche Fehlbesetzung weil er einfach zu viel Politiknähe hat,wie Harbarth übrigens.Mittlerweile würde ich diese Behörde sogar abschaffen,weil sie uns bei keinem Terrortoden geholfen hat bzw. sogar eine eigene Gefährdung der Demokratie ist !

  16. Merkels Männer leisten ganze Arbeit. Sie haben ihre jeweiligen Behörden bzw. ihre Aufgaben auf links gekrempelt, im wahrsten Sinne des Wortes. Haldenwang ist kein Einzelschicksal, er teilt dies mit Habarth

  17. Vor 70 Jahren stand man fassungslos da und fragte sich: wie konnte sich so rasch eine Kulturnation zu einem Verbrecherstaat entwickeln?

    In 20 Jahren steht man fassungslos da und fragt sich: wie konnte sich so rasch eine erfolgreiche freie Industrienation zu einem Failed-State-Zwangsregime entwickeln?

    Und wie lange wird es dauern, bis klar wird, dass auf beides die gleiche Antwort passt:

    Es braucht dafür einfach nur: a) eine Handvoll Charakterlumpen und b): Millionen, die sagen: da kann man nichts machen!

    Dabei steht die Lösung bereits im Alten Testament:
    „Raus mit den Charakterlumpen“ ist dort formuliert als: „Du sollst das Böse aus deiner Mitte wegschaffen“!

    • Sie haben völlig Recht! Aber ob man sich diese Frage erst in 20 Jahren stellen wird? Das schaffen die Charakterlumpen eher!

    • Wir sollten den deutschen Michel bzw Wähler nicht vergessen….. ???

  18. ER IST EIN TOXISCHES EI ,

    das uns noch von der Merkelatur ins Nest gelegt wurde. Trost: er kann auch wieder abberufen, oder – besser noch – mit Schimpf und Schande aus dem Amt gejagt werden, bevor er noch mehr Schaden anrichten kann. Mit seiner Wählerstimme hat der Bürger es letztendlich in der Hand.

    • Ich denke nicht, dass der Bürger mit seiner Wählerstimme, sofern
      sie nicht bei der einzig funktionierenden Oppositionspartei landet,
      auch nur ansatzweise etwas in der Hand hat. Das zu erkennen,
      dafür scheint das durchschnittsdeutsche Wahlschaf aber zu blöd,
      sonst hätten wir diese Verhältnisse ja gar nicht erst.

      Ergo, wer soll den denn abberufen oder aus dem Amt jagen?
      Der linksgrüne Parteiensumpf, wozu ich natürlich auch die CDU
      seit Merkel zähle, wird sich sicher nicht ins eigene Knie schiessen,
      jedenfalls nicht in dieser „Personalangelegenheit“.

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