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Katalonien

Spanien-Krise: Kein Weg führt am Dialog vorbei

05.10.2017

| Lesedauer: 4 Minuten
Die spanische Regierung stellt sich auf stur, aber die Katalanen haben die besseren Karten in der Hand: Am Montag soll die Unabhängigkeit erklärt werden. Reagiert die Zentralregierung in Madrid mit dem Einsatz von Militär?

Schon Bismarck hat das Kern-Problem Spaniens erkannt, mit Ironie bemerkte er: “Ich bin vollkommen davon überzeugt, dass Spanien das stärkste Land der Welt ist. Seit Jahrhunderten versuchen sie, sich selbst zu zerstören und haben es immer noch nicht geschafft.“ Damals Ende des 19. Jahrhunderts war der spanische Bürgerkrieg noch nicht in Sicht, der heute auch im Konflikt mit Katalonien immer noch eine groβe Rolle spielt. „Bismarck hat es auf den Punkt gebracht. Tatsächlich weist unser Land immer wieder selbstzerstörische Tendenzen auf, als würden wir uns selber das Glück nicht gönnen,“ sagt der in Madrid lebende spanische Ingenieur Fernando Rodríguez, der derzeit, hätte er keine Familienverpflichtungen, auswandern würde: „Überall Korruption und Nationalismus. Das ist nicht mehr mein Land.“

Spanien hat Drang zur Selbstzerstörung

Spanien war auf sehr gutem Weg, die Korruption schien einigermaβen unter Kontrolle. Das Land war kurz davor, sich vor Italien als viertstärkste Wirtschaftskraft und stabiler politischer Partner der EU zu etablieren. Die spanische Wirtschaft wächst um die drei Prozent, die Finanzkrise ist überwunden, die Arbeitslosigkeit gesunken und das Land zieht derzeit viele junge Unternehmen in Barcelona und Madrid an, um neue Ideen auf den Markt zu bringen.

GEWALTAUSBRUCH IN BARCELONA
Katalonien Referendum – Spanische Parallelwelten
Diese positive wirtschaftliche Entwicklung wird jetzt durch den 2014 entfachten katalanischen Separatismus zunichte gemacht. Und wie auch schon damals beim spanischen Bürgerkrieg 1936 scheint es, als wäre alles aus dem Nichts passiert. Dabei brodelt es zwischen Spanien und Katalonien seit dem Jahr 2006. Damals funkte es ordentlich, als die jetzige spanische Regierungspartei PP die neue Verfassung Kataloniens, in der sie sich selber als Nation bezeichnete, gerichtlich angriff und damit im Jahr 2010 Erfolg hatte.

Jetzt brennt das Feuer wieder lichterloh: Am kommenden Montag will die katalanische Regierung die Unabhängigkeit von Spanien erklären. (Per Gericht wurde die Parlamentssitzung nun untersagt.) Der junge spanische König Felipe VI reagierte darauf am Dienstag mit einer eher spaltenden als vereinigenden Rede. Der autoritäre Diskurs ist einmalig in der Geschichte der jungen spanischen Demokratie. Der Monarch musste viel Kritik dafür einstecken, auch von spanischer Seite. Per Gericht wurde zunächst die katalanische Parlamentssitzung am Montag untersagt. Aber das muß nicht viel heißen. Theoretisch kann Katalonien die Unabhängigkeit auch einfach so erklären, nachdem man schon so viele Illegalitäten begangen hat: Bei Unabhängigkeitsbestrebungen gelten die Regeln des alten Reiches eben gerade nicht mehr. Die Eskalation geht immer weiter:  Die Rede des Königs wird, wie es aus Regierungskreisen heiβt, auch als Vorbote der Aussetzung der Autonomie und möglicher militärischer Einsätze in Katalonien gesehen.

Madrider Regierung erweist sich als unfähig für den Dialog

Damit wird es Ernst und nicht nur der ehemalige spanische Regierungspräsident José Maria Aznar fordert Premier Mariano Rajoy zum Handeln auf. Derweil gehen überall im Lande die Menschen auf die Strasse in Solidarität mit den spanischen Polizisten in Katalonien, die aufgrund der harten Einsätze am vergangenen Sonntag international in Verruf geraten waren.

In wenigen Tagen, am 12. Oktober, feiert Spanien seinen Nationalfeiertag, den „Dia de la Hispanidad“. Bisher war dies eine langweilige Veranstaltung, die kaum einer auf dem Bildschirm verfolgt hat, aber jetzt ist durch die katalanische Provokation auch bei den Spaniern wieder der Nationalismus entfacht worden. Die Flaggen hängen aus den Fenstern und die Vorbereitungen für die Luft-Militärshow am 12.Oktober laufen auf Hochtouren.

Deutsche Gemeinschaft in Spanien mehrheitlich für die Einheit Spaniens

KONFRONTATION
Katalanische Regierung verliert die Beherrschung
Viele deutsche Unternehmer warten wegen der steigenden Spannungen auf beiden Seite darauf, dass Spanien endlich den Verfassungsartikel 155 anwendet und die Autonomie Kataloniens aussetzt, um weiteres Chaos zu vermeiden: „Es wäre der richtige Weg,“ sagt Albert Peters, Chef des Kreises der deutschen Führungskräfte in Barcelona, der mit groβer Besorgnis die Entwicklung verfolgt und vor den wirtschaftlichen Folgen warnt: „Die Verlegung des Firmensitzes ist nicht so einfach, wie das teilweise in der Presse dargestellt wurde. Produktionsstätten sind nicht von einem Tag auf den anderen zu ändern. An diesen Entscheidungen hängen Tausende von Arbeitsplätzen. Das sollte niemand angesichts der aktuellen Lage vergessen.“

Viele deutsche Unternehmer halten das Ansinnen der Katalanen für anchronistisch: „In der heutigen Zeit der Globalisierung und Digitalisierung sollten wir uns in Europa mit anderen Themen beschäftigen als Nationalismus, dieser führt zu nichts,“ sagt die in Madrid lebende deutsch-kroatische Unternehmensberaterin Silvana Buljan.

Wirtschaftlicher Schaden ist nicht mehr rückgängig zu machen

Egal, wann die spanische Regierung die Aussetzung der Autonomie einleitet, der wirtschaftliche Schaden für Spanien, das auch das Baskenland als separatische Autonomie im Nacken hat, ist auf lange Zeit irreparabel. Der spanische Aktienindex Ibex fällt, mit ihm die Werte vieler katalanische Banken und Unternehmen, darunter Banco Sabadell und La Caixa. Die Finanzierungskosten für die spanische Regierung an den Anleihemärkten steigen ebenfalls. Deutsche Investmentbanker berichten zudem besorgt von dem Rückzug vieler Kunden aus spanischen Portfolios.

VOM KOPF AUF DIE BEINE STELLEN
Wie ernst meinen wir es mit der Selbstbestimmung?
Banco Sabadell hat deswegen am Mittwoch angekündigt, ihren Geschäftssitz in eine andere spanische Stadt zu verlegen. La Caixa überlegt, mit dem sozialen Sitz auf die Balearen zu ziehen. Die Geschäftsstelle hat die ehemalige Sparkasse aufgrund der wachsenden nationalistischen Bewegung in Katalonien bereits seit Jahren in Madrid. Beide katalanischen Kreditinstitute machen 40 Prozent des spanischen Finanzmarkts aus. Ein Zusammbruch des Kreditmarktes ähnlich dem in Griechenland wird aufgrund von Panikaktionen von Anlegern nicht mehr ausgeschlossen. Das hätte auch fatale Folgen für die EU und den Euro. Katalonien ist für Europa wirtschaftlich noch bedeutender als Griechenland. Der in Madrid lebende Unternehmsberater Richard Wolf erwartet zudem eine Pleitewelle in Katalonien: „Viele der dortigen Firmen sehen gerade, wie Ihre Umsätze rapide sinken, da der anti-katalanische Produktboykott voll im Gange ist im Rest Spaniens.“

Der Partner der deutschen Rechtsanwaltskanzlei Rödl & Partner in Madrid, Georg Abegg, appeliert deswegen an die Vernunft aller Politiker in Spanien und Katalonien: „Eine Verfassung ist nicht in Stein gemeisselt, es muss jetzt über eine Reform verhandelt werden. Da geht kein Weg dran vorbei. Die Regierungen müssen sich an den Verhandlungstisch sitzen.“

Video:

Vor ein paar Tagen wäre das noch undenkbar gewesen. Demonstranten für die spanische Einheit protestieren vor dem Haus des katalanischen Ziehvaters und Nationalisten Jordi Pujol, der derzeit mit seiner gesamten Familie wegen Korruption vor Gericht steht.

[video-spain]

Stefanie Claudia Müller ist Korrespondentin für Deutsche Medien in Madrid und Autorin des Buches „Menorca, die Insel des Gleichgewichts“.

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15 Kommentare

  1. Ich spreche fließend spanisch (lange in Südamerika unterwegs) und habe in Barcelona so meine Probleme, schon alleine die Schilder zu lesen (diumenge=domingo???? darf ich jetzt da parken oder nicht?)

    In Italien fällt mir das erstaunlicherweise leichter. Dort sind die Leute auch offener und freundlicher zu Menschen aus den ehemaligen spanischen Kolonien. Die Katalanen sind da ganz Spanier: sie schauen auf Südamerikaner herab – auf uns Deutsche natürlich nicht. Spricht man sie auf Spanisch an, hat man ohnehin schon oft verloren. Zum Glück sind Kellner/Verkäuferinnen oft aus anderen Teilen der spanischsprachigen Welt.

    Ansonsten haben Sie natürlich vollkommen recht. Es geht den Eliten in Barcelona keinesfalls darum, die Rechte der Bürger zu verteidigen. Sie wollen ihr Steuer- Nutzvieh nur selber melken und die Milch dann nicht nach Madrid schicken.

  2. Ich gebe Ihnen voll und ganz recht.

    Mein Punkt war das Subventionen oft nicht wirken, und wenn oft Markt verzerrend. So hat der lange künstlich geförderte Bauboom in Spanien beim Zusammenbruch verherende Wirkungen gehabt. Subventionen haben in der Theorie Berechtigung. Aber die Praxis zeigt immer wieder, dass sie mehr schaden als helfen.

    Daher ist häufig eine Befreiung von knebelnden Zwängen das auf lange Sicht bessere politische Instrumentarium. Auch wenn dann die Politik zugeben muß, dass sie eben nicht direkt für Wirtschaftserfolge verantwortlich ist und sein kann. Es wäre das Eingeständnis, dass die Lehre vom Primat der Politik schädlich ist.

  3. Frau Müller, das mit den erfolglosen Kleinstaaten kann ich nicht ganz nachvolziehen. Großen wie kleinen Staaten geht es gut wie auch schlecht. Da gibt es keinen kausalen Zusammenhang. Man muß hier höllisch aufpassen. Wenn man sich Löhne in den Länden anschaut, so muß man auch z.B. Lebenshaltungskosten mit ein beziehen, Lohnvergleiche allein geben nicht ausreichend Auskunft. In diesem Bereich werden oft Statistiken zu Vergleichen herangezogen, welche bei genauer Betrachtung nicht zu verwertbaren Aussag führen. Ähnliches gilt für Arbeitslosigkeit. DieGründe können sehr unterschiedlich sein. Manch ein Staat hat eine künstlich sich selbst nicht tragende niedrige Arbeitslosen Quote. Ich denke in diesen Bereichen ist es sau schwer belastbare generalisierte Aussagen zu treffen.

  4. Ja, selbst die Basken als genetische und sprachliche Ureinwohner Europas, aus Zeiten vor den heutigen Indogermanen stammend, sind den Spaniern ja wohl tausendmal ähnlicher als bspw die Türken, die aber sowohl sprachlich als auch genetisch zu den nahen verwandten der Indogermanischen Europäer gehören.

  5. Ein wenig naiv.
    Wie sah denn Deutschlands Schicksal über jahrhunderte aus als es aus zersplitterten Kleinstaaten bestand?
    Spielball oder sogar Schlachtfeld der großen Nachbarn.

    Die eigentliche Kraft und Macht der deutschen Stämme kam erst durch die Einigung zur Geltung (Bismark sei dank). WW I und II gingen letztendlich nur darum und um nichts anderes: nach der Einigung war Deutschland faktisch die stärkste Macht auf dem Kontinent, und genau wie im Tierreich will ein objektiv stärkerer jüngerer Herausforderer dann auch die Alphaposition vom amtierenden Alphamännchen, sozusagen die formelle Anerkennung seiner Überlegenheit und Macht.

    Und da bei solchen Gründungen von Nationen oft viel Blut vergossen wird, und zudem die Stärke der Nation von der Einheit abhängt, werden auch brutale Kriege geführt um diese zu erhalten.

    Das Dach der EU ist ein fragiles Kunstprodukt und kann nicht als Ersatz für die Einheit einer Nation herhalten.

  6. Ach Gott, jetzt malen einige Foristen wieder den Weltuntergang für Spanien an die Wand, weil sie meinen, die hätten gar so erschröcklich hohe Staatsschulden. Es reicht aber nicht, sich nackte Zahlen anzusehen. Man muss sie schon verstehen und in den richtigen Zusammenhängen sehen.
    Allein der Vergleich der Staatsschulden von verschiedenen Ländern sollte einen in Bezug auf apokalyptische Voraussagen skeptisch machen.

    Nur ein paar Beispiele, Staatsschulden im Jahr 2017 in Prozent des BIP:
    Japan 239%, Singapur 112%, USA 108%, Kanada 91%, GB 89%, …
    Darunter sind Staaten, die wirtschaftlich im Vergleich „pumperlg’sund“ sind.
    Am anderen Ende der Liste finden sich hingegen teils bettelarme Länder wie Salomonen 10%, Algerien 17%, Dem. Rep. Kongo 24%…

    Ist es denn wirklich so schwer zu verstehen, dass die Staatsverschuldung (zumal in diesen Statistiken die implizite nicht eingerechnet ist) allein kein valides Merkmal für die Gesundheit einer nationalen Wirtschaft darstellt? Bei einigen Ländern sind die Schulden schlichtweg deshalb niedrig, weil niemand ihnen Geld leiht. Bei anderen Staaten sind die Kapitalkosten so niedrig, dass die Schulden einfach kein Problem darstellen, usw…

    Zum Separatismus: Ich finde schon, dass die Katalanen ein „Natur“-Recht darauf haben, sich aus der spanischen Verfassung zu verabschieden. Natürlich können Verfassungen nicht in Stein gemeisselt und für alle Ewigkeiten für alle „Untertanen“ verbindlich sein.
    Aber ob das vernünftig wäre, das bezweifle ich. Aus der Wirtschaft gibt es ja bereits erste Absetzbewegungen. Sogar die ur-katalanische ‚Freixenet‘ warnt.
    Die wirtschaftliche Vernunft hat letztlich auch der separatistischen Bewegung Québecs das Genick gebrochen.
    Während das Unabhängigkeitsreferendum von 1995 dort nur denkbar knapp gegen die Separatisten ausgefallen war, denkt heute dort nur noch eine Minderheit an einen eigenen Staat (s. z.B. Meinungsforschungsinstitut Angus Reid, Separation from Canada Unlikely…, June 9, 2009).
    Der Parti, bzw. Bloc, Québecois führt heute nur noch ein Schattendasein.
    – Der Katalane Puigdemont ist übrigens genau wie einst der quebecker Super-Separatist René Lévesque Journalist. Puigdemont kennt verschiedene europäische Länder gut aus eigener Anschauung und ist mit einer rumänischen Anglistin verheiratet, seine Kinder wachsen mehrsprachig auf. So sieht eigentlich kein typischer Nationalist und Hinterwäldler aus.
    Deshalb meine ich, dass Madrid den Katalanen schlichtweg ihre Selbständigkeit abkaufen könnte: Gegen geringere Beiträge zum spanischen Staatshaushalt, gekoppelt mit noch mehr Selbstbestimmung, müsste man ihnen ihren Separatismus ausreden können.

  7. Ich wünsche den Katalanen alles Glück dieser Welt, auf dass sie schon bald friedlich und unabhängig leben können.

    Und für den Rest der Welt wünsche ich mir dasselbe: Möglichst viele Nationen & Regionen – Venezier, Friesen, Flamen, Wallonen, Schwaben, Franken, Bayern, Sachsen, Kurden, … – sollen ihre Unabhängigkeit bekommen und die großen Staaten dieser Welt mit dem Hammer der Freiheit zerschmettern.

  8. Was für ein Witz, es lassen sich zwar durchaus Unterschiede zwischen Spaniern, Katalonen und Basken feststellen, aber Bayern, Friesen und Schwaben sind m.E. unterschiedlicher in Aussehen und Bräuchen.

    Wenn Katalonen und Spanier nicht können, was erwarten unsere geliebten Führer eigentlich für die Zukunft zwischen Deutschen und Moslems (gilt auch für Holländer, Dänen, Schweden, Franzosen ….)?

  9. Huch lese ich hier die tagesthemen, bin total verwirrt. Diese Aneinanderreihung von
    Erfolgen, das schaffen die. Im Ernst, so kommt man nicht mal in die Nähe des Problems, geschweige den an einen Lösungsansatz.

  10. Mich erstaunt die auch wieder aus diesem Beitrag, bzw. den hier zitierten Personen sprechende Unfähigkeit (Unwillen ist es sowieso) der heutigen Eilten, die Zeichen der Zeit zu erkennen: Das Zeitalter des Globalismus geht zuende. Willkürliche oder nur Wirtschaftsinteressen dienende Gebilde zerfallen. Konsum und Hedonismus reichen nicht als bindende Klammer.
    Wer meint, daß alle Völker der iberischen Halbinsel in einem Staat leben sollten (warum?), wird große Problem haben, die jahrhundertealte Unabhängigkeit von Portugal zu erklären. Es gibt mehr Katalanen als Schweden oder Tschechen. Die Lande der spanischen Krone waren ebenso zufällig-willkürlich wie die der Habsburger. General Franco vermochte mit Krieg und später Terror und Härte das ganze noch einmal zusammenzuzwingen, der Honeymoon des Westen mit der Globalisierung verschaffte Spanien eine weitere Gnadenfrist. Die ist jetzt abgelaufen, im Grunde aber schon 2008, als in Spanien die Subprimekrise den nur auf Immobilien beruhenden Wirtschaftsboom beendete.

    Wir sollten, jedenfalls im nicht-linken Teil der Gesellschaft, aufhören, diesen alten Sirenengesängen hinterherzulaufen. Wenn Größe zählte, müßte Singapur ein verschwitztes, armes Fischerdorf an der Straße von Malakka sein, tatsächlich gehört es zu den wohlhabendsten Staaten der Welt, und das ohne einen Tropfen Öl.
    Ein Grund dafür, nicht der wichtigste, aber einer, ohne den es nicht geht, ist daß die Menschen in Singapur sich als Nation verstehen. Fleiß, Ordnung, Bildungswilligkeit, das kommt dann dazu und hat die Insel zu dem gemacht, was sie ist.
    Die Katalanen sehen sich nicht als Spanier, eine diffuse Identität als EU-Anywheres reicht ihnen auch nicht.
    Die Messe ist gelesen in der Sagrada Familia. Laßt sie endlich gehen. Spanien wird durch ein Stahlbad gehen, aber wenn es alles richtig macht, entkommt es den Fesseln, die ihnen Monarchie und das Geld der anderen auferlegt haben. Das Gold der Inkas ist alle und aus Deutschland kommt bald auch kein Geld mehr. DAS ist es, was Rajoy und Felipe den Spaniern sagen müßten und dann Adios Muchachos in Barcelona. Ab Montag seid Ihr allein, macht was draus.

  11. Liebe Frau Müller,
    wer die Stimmung der Bürger und deren Lebenswirklichkeit nur am BIP misst, geht
    genau den Weg, der nicht nur Länder, wie Spanien, sondern auch Deutschland
    spaltet.
    Die EU ist nicht bereit, die seit Jahren exorbitant hohe Zahl der Jugendarbeitslosigkeit mit Subventionen abzubauen und diesen jungen Menschen
    eine Perspektive zu ermöglichen.
    Stattdessen hält es die Kommission für demokratisch mit Umsiedlungsplänen
    hunderttausende junge Männer aus muslimischen Länder auf die EU zu
    verteilen. Die Abgehobenheit der Eliten der EU, aber auch von Herrn Rajoy, der
    ähnlich vorgeht, wie Frau Merkel, ist nur schwer zu ertragen.

  12. Da gibt es keinen Kompromiss:

    Ich sehe nicht, was die spanische Regierung anbieten kann: Katalonien hat doch bereits eine weitgehende Autonomie, die über alles was wir in der BRD kennen (Bayern) weit hinausgeht.

    Die Kinder werden in der Schule mit der katalanischen „Weltsprache“ malträtiert – was im Übrigen die berufliche Mobilität der übrigen Spanier (soweit sie schulpflichtige Kinder haben) beträchtlich einengt.

    Gleichzeitig wird über die Sprache geregelt, dass die begehrten Jobs im Staatsdienst faktisch nur an Katalanen vergeben werden – auch hier ist das Beherrschen der regionalen Sprache Einstellungsvoraussetzung.

    Ich habe bis zum Jahr 2000 3 Jahre in Zentralspanien gelebt. Schon damals war man auf die reiche Verwandtschaft im Nordosten nicht gut zu sprechen. Besonders übel nahm man den Katalanen, dass sie sich mit Vehemenz gegen den „plan hidrológico“ wehrten: es sollte überschüssiges Wasser in substantiellen Mengen aus dem feuchten Norden in die wasserarmen Gebiete Mittelspaniens abgegeben werden. Das stieß -natürlich- auf massiven Protest der Katalanen, obwohl sie selbst davon keinen direkten Nachteil gehabt hätte.

    Die „Kaufleute aus dem Norden“ sind -auch daher- im Rest Spaniens nicht sonderlich beliebt.

    • Da schauen Sie einmal nach Kalifornien, wo riesige Wassermengen aus dem Inneren des Staates nach Los Angeles geleitet werden und wie die Menschen dort darunter leiden. LA könnte sein Wasser dabei direkt durch Entsalzen aus dem Meer beziehen. Zumal es dort viel Sonne zur Energiegewinnung für die Entsalzungsanlagen gäbe.

  13. Eine Verfassung soll einen Sozialverband kooperaitver Art organisieren. Wenn jemand die Verfassung für unzureichend hält, sollte ein Verfassungsdiskurs über eine bessere Verfassung geführt werden.
    Die Angst der Verfassungsprofiteure sollte kein Maßstab sein.

  14. Wenn sie Ironie noch mit Anführungszeichen kennzeichnen würden, könnte ich diesen Satz verstehen. So aber ist es leider nicht gut recherchiert.

    „Die spanische Wirtschaft wächst um die drei Prozent, die Finanzkrise ist überwunden, die Arbeitslosigkeit gesunken“

    Spanien: Schulden 99,4% BIP / Italien: 132.6% BIP

    2016 hatte Spanien 1,10 Billionen Schulden heute 1,14 Billionen

    Arbeitslosigkeit: 18,2 Prozent

    Jugendarbeitslosigkeit liegt bei 40,5 Prozent

    Warum sinkt die Arbeitslosigkeitsquote in Spanien?

    Weil sie einfach aus der Statistik fliegen. Viele einst Beschäftigte finden überhaupt nicht mehr zurück auf den Arbeitsmarkt. Sie erhalten auch keine Arbeitslosenunterstützung mehr und nur noch eine Zahlung von der Regierung im Umfang von wenigen Hundert Euro. Die Spanier werden einfach auf die Strasse geworfen, wenn sie in Mietzahlungsrückstand kommen, so sieht die Wirklichkeit aus! Sie könnten jetzt auch noch anführen, in Spanien gibt es viele freie Wohnungen… no comment

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