Was die Bundestagsabgeordneten am Donnerstag in namentlicher Abstimmung über die Organspende entschieden haben, war nicht nur in der Sache beachtlich. Der Vorgang selbst ist es auch.
Die von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn entworfene sogenannte „doppelte Widerspruchslösung“ für Organspenden ist im Bundestag gescheitert, also ein Gesetzentwurf eines Mitglieds der Bundesregierung und der Koalitionsfraktionen. Das ist höchst selten in Deutschland. Außergewöhnlich ist wohl auch, dass ein Minister, dessen Entwurf scheitert, dennoch „dankbar“ ist für die „gute Debatte“.
Er hat ja recht. Die Debatte war nicht nur intellektuell anspruchsvoll, sie und die Abstimmung wirkten auch politisch und gesellschaftlich befriedend: Nicht nur sind viele Bürger, die sonst wenig mit den Grünen anfangen können, froh über die von Annalena Baerbock eingebrachte Lösung, die sich schließlich durchsetzte. Erstaunlich ist auch, dass die Debatte ganz ohne die sonst üblichen Beschimpfungen und Sticheleien zwischen AfD-Abgeordneten und dem Rest des hohen Hauses auskam. Es ging um die Sache, um vernünftige Argumente. Wie wohltuend.
Dieser Donnerstag im Bundestag machte deutlich, was die parlamentarische Demokratie eigentlich sein sollte und könnte, und wie trist ihre Wirklichkeit sonst ist. Bundestagsabstimmungen sind in aller Regel höchst langweilige Prozeduren mit vorhersagbarem Ausgang: Die Abgeordneten der Koalitionsparteien stimmen bei Regierungsvorlagen zu, die der Opposition lehnen meist ab, aber das ändert ohnehin nichts. Fast immer finden die Entscheidungen darüber, ob und in welcher Form ein Gesetz in Kraft tritt vor der Abstimmung in der Ministerialbürokratie und innerhalb den koalierenden Parteifraktionen, schließlich im so genannten Koalitionsausschuss statt – oder bei zustimmungspflichtigen Gesetzen auch noch danach im Vermittlungsausschuss zwischen Bundestag und Bundesrat.
Wirklich spannende Wahlgänge gibt es nur, wenn die so genannte „Fraktionsdisziplin“, etwas weniger euphemistisch auch „Fraktionszwang“ genannt, aufgehoben ist – wie eben am Donnerstag. Beides, sowohl der Zwang als auch seine Aufhebung stehen nirgendwo im Grundgesetz und auch nicht in der Geschäftsordnung des Bundestages. Im Gegenteil, sie sind sogar eigentlich verboten. In Art 38 des Grundgesetzes steht nämlich: „Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.“Dieser zweite Satz und die tatsächliche, alltäglich in Berlin (und allen Länderparlamenten und natürlich auch in den meisten anderen demokratischen Systemen) vorgeführte Praxis der Gesetzgebung sind wohl der eklatanteste Widerspruch zwischen Verfassungsrecht und politischer Wirklichkeit. Letztlich wird ganz alltäglich in den Parlamenten ein routinierter Verfassungsbruch vollzogen. Die meisten Abgeordneten binden sich de facto immer wieder an Aufträge und Weisungen. Art 38 gegen die Parlamentswirklichkeit – das ist der politische Ort, an dem sich die Parteienherrschaft deutlich offenbart. Und der aktuelle Koalitionsvertrag (der wohlweislich kein juristischer Vertrag sondern eine Vereinbarung ist) hält die Missachtung von Artikel 38 sogar schwarz auf weiß fest: „Im Bundestag und in allen von ihm beschickten Gremien stimmen die Koalitionsfraktionen einheitlich ab. Das gilt auch für Fragen, die nicht Gegenstand der vereinbarten Politik sind. Wechselnde Mehrheiten sind ausgeschlossen.“ Könnte man dann nicht gleich Plenardebatten und förmliche Abstimmungen gleich ganz abschaffen? Das würde immerhin eine Menge Zeit und Geld sparen, wenn die Abgeordneten der Koalitionsparteien doch ohnehin tun müssen, was ihre Fraktionsführungen ausgemacht haben.
In demselben Koalitionsvertrag, nur wenige Zeilen zuvor, steht übrigens unter der Überschrift „Arbeitsweise der Regierung und Fraktionen“ der Absatz: „Wir wollen das Vertrauen in die Demokratie und in unsere staatlichen Institutionen stärken. Im Fall einer Koalitionsbildung werden wir durch unsere Arbeitsweise in der Regierung und zwischen den Fraktionen deutlich machen, dass wir uns als Bündnis der Demokratie für die Menschen in unserem Land verstehen. Wir stärken die Entscheidungsfindung in Bundestag und Bundesrat.“
Man muss schon eine gewaltige Fähigkeit im Ertragen innerer logischer Widersprüche besitzen (oder wohl einfach schon lange Zeit im parteipolitischen Betrieb verbracht haben), um solche Sätze zu formulieren: Die faktische Entmündigung des einzelnen, gewählten Repräsentanten wird mit der Stärkung des Vertrauens in die Demokratie gerechtfertigt.
Berufspolitiker: Ergebnis und Garant des Parteienstaats zugleich
Die parlamentarische Praxis hat ein durchaus zynisch zu nennendes Verhältnis zu diesem Art 38 entwickelt. Indem sie im Einklang mit dem politischen Journalismus nämlich den Begriff der „Gewissensentscheidung“ nur auf einen Bruchteil der parlamentarischen Abstimmungen bezieht. Im Grundgesetz steht nicht, dass der Abgeordnete „bei einigen Entscheidungen“ nur seinem Gewissen unterworfen ist. Doch in der Praxis ist es so.
Die Bundeskanzlerin selbst hat diesbezüglich eine Art parlamentarisches Gewohnheitsrecht, wenn nicht geschaffen, so doch zumindest für die ihr hörigen Abgeordneten bestätigt. Sie tat dies in einem Interview mit der Frauenzeitschrift Brigitte im Juni 2017, als sie die Frage der „Ehe für alle“ (auch dieser Begriff ist Ergebnis von Framing, es ging nicht um „alle“, sondern um Homosexuelle) zu einer „Gewissensfrage“ erklärte.
Hier zeigte sich die ganze Verlogenheit unserer Parteiendemokratie: Die Kanzlerin gab damit de facto den CDU-Abgeordneten die Erlaubnis, nach ihrer eigenen Ansicht abzustimmen. Damit war – ohne dass das zu einem Aufschrei der Öffentlichkeit geführt hätte – aber auch deutlich geworden, dass die Abgeordneten dies sonst nicht tun dürfen.
Parteien sind das Problem, nicht die Lösung
Besser kann man das nicht erklären. Bezeichnenderweise ist die CSU-nahe Stiftung da sogar offener als der Spiegel, der dem Fraktionszwang mit einer atemberaubenden Volte den Zwangscharakter abspricht: „Ein Zwang läge vor, wenn die Fraktion ein bestimmtes Votum auferlegt und Sanktionen androht. Dies wäre mit Artikel 38 im Grundgesetz (Abgeordnete sind „nur ihrem Gewissen unterworfen“) jedoch nicht vereinbar. Es besteht allerdings die Möglichkeit, einen Abweichler bei der folgenden Wahl nicht wieder als Kandidaten aufzustellen – und ihm das auch zu signalisieren. Das wäre nicht verfassungswidrig.“
Wenn die Bundeskanzlerin per Interview die Homo-Ehe zur „Gewissenfrage“ erklärt, dann ist das eigentlich ein Code, um ihren Partei-Schäfchen mitzuteilen, dass sie ausnahmsweise sich einmal das Recht nehmen dürfen, das das Grundgesetz ihnen eigentlich ohnehin gibt. Mit anderen Worten: Ob der Satz im Grundgesetz wirklich gilt oder nicht, entscheiden die Chefs der Fraktionen.
Das Ergebnis dieses „Mechanismus“, der sich, wie es im Spiegel heißt, „im Laufe der parlamentarischen Arbeit … durchgesetzt hat“, ist ein Parlament der Feigheit. Ein Parlament, dessen Abgeordnete in einer der wichtigsten Krisenlagen der jüngeren Geschichte, im Spätsommer und Herbst 2015 nicht einmal von der Regierung verlangen, dass deren grundlegende Entscheidungen, die geltendes Zuwanderungsrecht de facto außer Kraft setzen und damit die Zukunft des Landes prägen werden, von ihnen als Repräsentanten des Souveräns Bürger legitimiert werden. Es gab bekanntlich keine Plenardebatte und keine Abstimmung dazu – weil die Bundesregierung es nicht wollte und die Abgeordneten der Koalition und Opposition dies mit sich machen ließen.
Warum nicht öfter, warum nicht immer zwanglose Debatten?
Es sind bestimmte Themen, für die die Spitzen der Fraktionen ihr Zwangsregime aufzuheben pflegen: Schwangerschaftsabbruch, Verlängerung der Verjährungsfrist von NS-Verbrechen, Präimplantationsdiagnostik, „Ehe für alle“. Ein besonders spektakulärer Fall war die Entscheidung über den Regierungsumzug nach Berlin. Gemeinsam ist allen Themen ohne Fraktionszwang, dass es bei ihnen meist nicht um viel Geld und nicht um die Machtverteilung ging, sondern um Ethik oder Symbole. Um mit den Worten eines früheren Kanzlers zu sprechen: Es sind Fragen, die abgebrühte Machtmenschen für „Gedöns“ erachten.
Nach solchen Parlamentsdebatten und im doppelten Wortsinne offenen Abstimmungen über „Gewissensfragen“ sind Parlamentarier und die politische Publizistik dann meist begeistert. Dann ist von einer „Sternstunde des Parlamentarismus“ oder ähnlichem Pathos die Rede.
Doch warum eigentlich sollen diese parlamentarischen Sternstunden nur gewissen Themen vorbehalten sein? Ist nicht jede parlamentarische Entscheidung von einer Bedeutung, die es rechtfertigt, dass die gewählten Vertreter derjenigen, die sich schließlich an Gesetze zu halten haben, ihre Entscheidung mit ihrem Gewissen vereinbaren können sollten? Oder ist es etwa akzeptabel, dass die Repräsentanten der Deutschen über den Bundeshaushalt, über Asylgesetze, über CO2-Steuern oder über den Einsatz deutscher Soldaten im Ausland gewissenlos entscheiden sollen? Offenbar.
Erst kamen die Abgeordneten, dann die Parteien
Eine parlamentarische Demokratie ohne Parteien ist heute kaum noch vorstellbar. Die allermeisten Abgeordneten sitzen in den Parlamenten, weil sie sich innerhalb ihrer Parteien durchgesetzt haben. Auch von denen, die einen Direktwahlkreis gewonnen haben, sind die meisten nur deshalb dort Kandidaten geworden, weil sie sich zuvor in den parteiinternen Gremien durchgesetzt haben.
CDU: Die Macht reibt den auf, der sonst nichts mehr im Sinn hat
Das, was Merkel und die führenden Parteipolitiker der Gegenwart als besondere Delikatesse des Parlamentarismus zur Ausnahme erklären, haben nicht nur das Grundgesetz und die Demokratietheorie als Normalität vorgesehen. Die jüngsten Debatten und Abstimmungen im britischen Unterhaus seit dem Brexit-Votum zeigen, dass es durchaus auch eine moderne Realität sein kann: Abgeordnete, deren Überzeugungen und Ansichten nicht jederzeit von der Parteiraison und dem Wunsch nach Sicherung des eigenen Mandats überlagert sind.
In Großbritannien, aber auch in Frankreich steht immer noch dank des konsequenten Mehrheitswahlrechts der einzelne Abgeordnete mit deutlich größerem Selbstbewusstsein seiner Fraktions- und Parteiführung gegenüber. Im Mutterland der Demokratie ist man sich noch klar darüber, dass erst der gewählte Abgeordnete kam und dann erst die Partei.
Der Parteienstaat, wie er sich vor allem in Deutschland entwickelt hat, ist nicht die Grundlage der repräsentativen Demokratie und Voraussetzung ihres Funktionierens. Er ist ihre Degeneration.
Ich finde es schon richtig, wenn die Abgeordneten, die über die Parteiliste gewählt worden sind, das programm der jeweiligen Partei mit ihrer Stimmabgabe umsetzen.
Die direkt gewählten Abgeordneten sollten aber auf keinen Fall dem Fraktionszwang, sondern nur ihrer Gewissensentscheidung unterliegen.
Was mich besonders stört: Hinter einer „Es-ist-alles-in-Ordnung-Theorie“ eines Verfassungsartikels verbirgt sich eine parlamentarische Praxis, bei der die Fraktionen den „Abgeordneten trotz seiner gesetzlich festgeschriebenen Ungebundenheit zu einem bestimmten Abstimmungsverhalten bewegen.“(Wiki)
Als besonders abstoßend und einer Demokratie unwürdig empfinde ich die hier deutlich werdende Bigotterie. Nach außen hin wahrt man den Schein und in der parlamentarischen Wirklichkeit ist der GG-Artikel nicht das Papier wert, auf dem er steht.
Mit den unseligen Zweitstimmen haben die Erfinder des deutschen Wahlsystems die Demokratie ausgehebelt. Es fragt sich nur, aus Absicht oder aus Dummheit. Sollte Deutschland jemals eine Demokratie werden, müßte das Wahlgesetz gründlich geändert, der Parteieneinfluß zurückgedrängt und Volksabstimmungen eingeführt werden. Aber wer sollte das machen? Von den ca. 700 Listenabgeordneten und „Überhangmandataren“ sicher niemand. Vielleicht noch die Nazis von der AFD bevor sie auch im parlamentarischen Sumpf versunken sind.
Ganz meine Meinung; für mich spiegelt es, wie auch andere Beispiele (BuPrä Wahl, Rundfunkräte), das Mißtrauen nach 33-45 dem deutschen Wähler gegenüber wider, dem man keine direkte politische Verantwortung mehr anvertrauen wollte; daß man damit eine Oligarchie der Parteiennomenklatura schuf, die demokratisch wegen Listenwahl und fehlender Amtszeitbegrenzung nicht mehr abzuwählen ist, hat man nicht gesehen. Man hat den Teufel mit dem Beelzebub vertrieben. Das System ist aus sich nicht reformierbar, wie die (fehlenden) Bemühungen zur Wahlrechtsreform beweisen.
Der Haken an dem (vom Grunde her richtigen) Art. 38 GG ist, dass es zu seiner Umsetzung Politiker braucht, die (wie der Volksmund so schön derb sagt) „einen Arsch in der Hose haben“. Und so muss man sich nach ein- bis zweimaligem Kratzen am Kopf sagen: „Das konnte ja nicht gut gehen!“
Die geheime Abstimmung im Bundestag könnte ein psychologisch hilfreicher Weg sein, einen solchen zu entwickeln.
Jedoch gibt es auch Gründe für die namentliche Abstimmung. Bei manchen Abstimmungen ist man sicherlich auch neugierig, wie denn der Direktkandidat des Wahlbezirks abgestimmt hat.
Beispiel: Wie mir zugetragen wurde, gibt es im Lahn-Dill-Kreis einen Direktkandidaten (Hans-Jürgen Irmer, CDU), der sich seit vielen Jahren bis heute (!) in einer eigenen, kostenlos verteilten Zeitung („Wetzlarer Kurier“) vehement gegen die Islamisierung von Deutschland ausspricht. In den namentlichen Abstimmungen sieht man jedoch, dass er voll auf dem Merkel’schen Kurs (der gesetzwidrig offenen Grenzen und der unkritischen Toleranz dem Islam gegenüber) eingeschwenkt ist.
PS: Das Abstimmungsverhalten aller Abgeordneten bei namentlicher Abstimmung ist auf der Website des Bundestages einsehbar. (Oben rechts im Menü „Abgeordnete“ anwählen, dann kann man per Fraktions- und Buchstabenfilter bestimmte Abgeordnete heraussuchen.)
Man kann die Doppelzüngigkeit beklagen, sie spiegelt aber nur die die Kardinalschwäche des Systems wider: bei geheimer Abstimmung könnte er diese Einstellung auch in politische Macht ummünzen, so muß er mit den Wölfen heulen, um seine Existenz nicht zu verlieren.
Allgemein gesehen, ist das wohl so, wie Sie beschreiben. Im oben konkret angeführten Fall jedoch geht es um einen Abgeordneten, der Beamter war (und ist) und der am Ende der Legislaturperiode 69 Jahre alt sein wird. Der ist für seine Existenz bzw. Altersversorgung nicht mehr auf das Merkel’sche Wohlwollen angewiesen.
Um hier eine Erklärung zu finden, muss man wohl die psychologischen Fallstricke des „Groupthink“ zu Rate ziehen.
Auch wenn der Koalitionsvertrag kein Vertrag im jurisischen Sinne ist, sondern nur eine Vereinbarung, so ist es doch ein Skandal, dass die Parteien vereinbaren, das Grundgesetz zu brechen.
Der noch größere Skandal ist, dass es eigentlich niemanden im Lande kümmert.
Vor dem Hintergrund der anderen Rechtsbrüche sowie der selektiven Anwendung von Recht durch die Exekutive und die Judikative muss man sagen: Die Indikatoren, dass wir in einem Shithole-Staat leben, werden immer dichter.
Sehr geehrter Herr Knauss, danke für Ihren Beitrag. Sachlich, informativ, die rechtlichen Vorgaben herausarbeitend, in groben Zügen die Historie der „Parteiendemokratie“ herausarbeitend.
Seit Jahren rede ich mir den Mund fusselig, schreibe ich mir die Fingen wund, gegen eine Praxis die eklatant, offen und ohne Scham das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland in die Ecke stellt, die Verfassung nicht verletzt, nein, sie bricht.
Ich schreibe und rede gegen die Koalitionsverträge, die de-facto den Abgeordneten fesseln, gegen eine BKin, die Gesetzesvorlagen zur Gewissensfrage erklärt und somit durch die Hintertür den gängigen Fraktionszwang bestätigt.
Über ewig lange Jahre haben CDU, CSU und FDP gegen das von der Linken vehement verfochtene imperative Mandat gekämpft..
Heute: Eines der Teile, des von CDU verscherbelten Tafelsilbers. Ein Punkt, der die Verwässerung des CDU-Kerns ausmacht.
Aber ich, Volksschüler, über 60, weiß, Abkömmling von Menschen, die schon lange hier sind, römisch-katholisch sozialisiert. Schlimmer geht nimmer.
Deshalb danke für Ihren Beitrag. Ich gebe es zu, ich bin angewiesen für meine Befürchtungen, für meine Zweifel, für meine Gedanken, für meine Überlegungen hin und wieder Rückversicherung zu erhalten.
Ein letzter Punkt, der die jetzige Misere überdeutlich offenbar macht. Gott und die Welt schwätzt in endloser Schleife von Demokratie. Das Grundgesetz will eine Freiheitlich Demokratische Grundordnung. Ein Paradigmenwechsel, eine grundsätzlich andere Qualität!!!
Schön wärs…..
Damals gab es noch keine Lobbyisten, keine Berater, keinen öffentlich rechtlichen Belehrungsrundfunk, keine Politiker ohne irgendeine Ausbildung und ach ja, es gab noch einwenig mehr Anstand unter allen Menschen.
In der heutigen Zeit kann man die Leute beliebig hysterisieren und verdammt dumm stehen lassen! Siehe Frau von der Leiden.
Aber ich fand die Zeiten ohne Fraktionszwang auch schön, doch wenn wir sie wieder haben wollen, brauchen wir dafür ein Gesamtpaket.
Wenn es schon so reingeschrieben wurde, dann hat man sich auch tunlichst daran zu halten, ansonsten ist es wieder mal Gesetzesbruch.
Der schöne Satz:“ Wehret den Anfängen!“ gilt auch hier besonders.
Es wurde eben vor Jahrzehnten schon versaut. Die Hauptschuld trifft immer diejenigen, die die Büchse aufmachen.
Selbst der edelste Zweck rechtfertigt nicht alle Mittel!
Die von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und MdB Karl Lauterbach (SPD) eingebrachte Widerspruchslösung wurde erstaunlicherweise vom Bundestag mit weit gehender Mehrheit abgelehnt. Erstaunlicherweise, weil dieses Parlament ob seiner Zusammensetzung überwiegend Links-Grün (auch Schwarze zählen dazu!) einzuordnen ist. Und Links-Grün hat im Allgemeinen kaum Probleme damit, den Bürgern mit immer weiteren die Freiheit einengenden Gesetzen zum Untertanen mit Wahlrecht herabzusetzen. Letzte Skrupel ließen dank Aufhebung des Fraktionszwanges die Abgeordneten davor zurückschrecken, den Bürgern per Gesetz die Selbstbestimmung aus der Hand zu nehmen. Und das ist gut so!
Sehr bedenklich erscheint jedoch, dass ein CDU-Minister und ein SPD-MdB diese Skrupel offensichtlich vermissen ließen als sie den Gesetzesentwurf zur Abstimmung stellten, der voraussichtlich nicht nur mit dem Grundgesetz kollidiert wäre, sondern die alltägliche Gängelei der Bürger weiter intensiviert hätte.
Da muss die grundsätzliche Frage erlaubt sein: quo vadis, CDU und SPD?
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Am Fraktionszwang lässt sich ablesen, welchen politischen Stellenwert ein Abgeordneter des Bundestages eigentlich noch besitzt. Die Fraktionsspitze bestimmt die Richtung, der Abgeordnete stimmt entsprechend ab. Fraktionszwang ist absurde Demokratie!
Ganz ehrlich, nach der Wende hab ich mir das GG gekauft, weil ich wissen wollte wie das nun mit der richtigen Demokratie funktioniert. Gut, durch die „Feindsender“ wußte ich einiges und ich habe mir als Jugendlicher mit größtem Vergnügen die BT-Sitzungen im Radio angehört. Also zu Zeiten als dort noch diskutiert wurde, Strauss, Wehner, Drechsler, Brand, Leisler Kiep, Schmidt und all die anderen. Ich fand das GG gut und richtig und glaubte wenn wir über eine Verfassung abstimmen werden würde die sich stark an das GG anlehnen. Eine Verfassung haben wir nicht, soweit trauen uns unsere Politiker dann doch nicht und das GG gilt weiter bis in alle Ewigkeit. Daß dieses GG mittlerweile eine Ansammlung von Beliebigkeiten geworden ist ist nun kein Geheimnis. Wenn es nicht gleich ganz gebrochen wird, so wird es mit Spitzfindigkeiten umgangen und wenn alles nichts hilft steht das Bundesverfassungsgericht, was seinen Namen zu Unrecht trägt, den Politikern hilfreich zur Seite. Die Richter sind Fleisch vom Fleische da fließt das selbe Blut in den Adern. Vor einigen Wochen hab ich mir das GG mal nach langer Zeit zur Hand genommen um nachzusehen was über die Meinungsfreiheit wirklich drin steht. Ich habs wieder zu geschlagen und weggelegt, sinnlos das GG zu zitieren, es schehrt keinen mehr.
So auch das Gehabe der Parteien und Politiker, die spielen uns Demokratie vor wohl wissend, daß sie die Demokratie untergraben wenn sie gegen das GG verstoßen, es dehnen, verdrehen ja einfach falsch zitieren. Der Fraktionszwang ist so ein Fall aber niemand besteht darauf diesen abzuschaffen. Alle Abgeordneten unterwerfen sich diesem und haben keine Scheu ihr eigenes Wissen und Gewissen über Bord zu werfen, man will ja weiter mit im Boot sitzen. Dann ab und zu darf er mal auf sich selber, in sich rein oder gar auf seine Wähler hören. Das ist, wie eine Hundemeute ein paar Knochen hinzuwerfen und sagen, und nun beschäftigt euch mal schön. Ich habe das Vertrauen, das ich mal in die Demokratie setzte, verloren. Nicht weil ich die Demokratie ablehne, Gott bewahre, sondern weil sie von vielen Politikern mißachtet wird. Wie soll ich da als Bürger noch Vertrauen haben? Laßt sie weiter spielen in Bürlün und den Landtagen abwählen geht nicht, nicht wählen bringt auch nichts also kümmere ich mich um meinen eigenen Kram. Vielleicht machen unsere Enkel es ja besser, wer weiß das schon? Das aber wissen die widerum erst wenn ihre Enkel die Oma mit dem Motorad….!
Die Parteiendiktatur hat sich durchgesetzt. Ich wüßte nicht, wie man das jetzt noch ändern könnte. So viele Menschen in der Politik gibt es nämlich gar nicht, die nach Ehre und Gewissen handeln und wenn doch, sind sie sowieso bald abserviert. Der Staat im Staate ist Realität geworden und das schon sehr lange.
Nicht nur deshalb schrieb ich vor einiger Zeit, machen wir uns doch endlich ehrlich und geben es zu: Hier in Deutschland ist Demokratie nur eine hohle Phrase. Wir leben längst in einer Diktatur – die Diktatur des „Neo-Hochadels“ und da kämpfen Clans (Parteien) mit unlauteren Mitteln gegeneinander. Der Bürger kann meistens nur noch zwischen Pech und Schwefel entscheiden und zum Schluß gewinnt sowieso wieder der Staat im Staate.
Sie haben völlig recht, Herr Knauss! Der ‚Wunsch‘ der gewählten Kanzler, und insbesondere der Kanzlerin nach Koalitionen, die das Durchregieren für sie einfach macht, verbunden mit dem Fraktionszwang sind mMn die Entmündigung des Wählers, und damit der Tod der Demokratie.
Wenn man bedenkt, das insbesondere die CDU/ CSU mit ihrer Kanzlerin zur letzten Wahl zwar mit einem schriftlich fixiertem Wahlprogramm, aber ohne innere Überzeugung angetreten ist, und man dann sieht, was in der Koalitionsvereinbarung abgesprochen wurde, dann müsste eigentlich jedem klar sein, dass wir es hier nicht mit einer Demokratie, sondern mit einer Parteiendiktatur zu tun haben.
Ich habe es schon mehrfach gesagt, wir wählen hier keine Legislative, sondern ein Exekutivorgan diffuser, nicht durch Wahl legitimierter, tlw. steuerfinanzierter Organisationen und Privatpersonen. ADM interpretiert ihre Richtlinienkompetenz so, dass sie den deutschen Abgeordneten sagen kann, wie zu entscheiden ist und zwar so, wie es die diffusen Organisationen/ Einzelpersonen wollen. Von daher hält sie sich auch in Wahlen mit irgendwelchen Aussagen, wie sie dieses Land voranbringen will, zurück. Sie hat keine Überzeugungen, sondern setzt brav um, was andere ihr sagen. Dies ist schon seit Jahrzehnten so, allerdings hat z.B. Kohl noch darauf geachtet, dass es nicht zu auffällig wird. Schröder war da schon skrupelloser, und Merkel ist es völlig wurscht. Und man muss ja sagen, sie kommt damit durch. Leider!
Die Widerspruchslösung hätte eine weitere Entmündigung der Bevölkerung entsprochen, deshalb erstaunte es mich auch, dass die Grünen dagegen waren.
Die Widerspruchslösung wurde, wie alle Themen inzwischen, sozialromantisch verklärt. Inzwischen habe ich die Erfahrung, dass hinter Themen, die so stark emotionalisiert und sozialromantisch verklärt werden, entweder knallharte wirtschaftliche Interessen stecken oder, wie bei der Grundrente, nicht unbedingt für das eigene Volk gedacht sind. In den Foren der Artikel wurde immer allen unterstellt, dass jeder Mensch unbedingt „helfen“ will. Alleine aus derartigen Beiträgen, war zu erkennen, wie emotional das Thema gepusht war.
Zur Transplantation: ich habe eine sehr gute Freundin von der Dialyse, über die Transplantation inkl. dem Leben mit einem fremden Organ im Körper bis zu ihren Tod begleitet. Ich weiß also genau, warum ich das nicht will, warum ich kein Organspender bin und das ist zu respektieren.
Dieses Recht wäre Ihnen ja gar nicht genommen worden.
Und dann noch die alles entscheidende Frage:
Was ist überhaupt daran begrüßenswert, dass wildfremde Menschen (Abgeordnete) sich irgendwo in Deutschland zusammenrotten und darüber „debattieren“ und abstimmen, welche Nutzungsrechte bezüglich meiner körpereigenen Organe mir gebilligt werden sollen?
Geht’s eigentlich noch?
Dass über eine Widerspruchslösung überhaupt „öffentlich“ diskutiert und darüber abgestimmt werden kann wurde, ist nicht nur der eigentliche SKANDAL schlechthin sondern zeigt wunderschön das grundlegende Problem der Massendemokratie auf: Sämtliches angebliches Privateigentum kann jederzeit zur öffentliche Angelegenheit gemacht werden, um dann die Besitz- und Nutzungsrechte des Eigentümers neu zu „regeln“.
Alles was gestern noch als „privat“ galt, kann morgen schon Gegenstand der öffentlichen, politischen Debatte werden.
Daraus folgt, dass die repräsentative Demokratie strukturell unvereinbar mit der Institution des Privateigentums und der individuellen Freiheit ist.
Nur damit eines klar ist: Niemand in Deutschland ist Eigentümer seiner eigenen Organe. Wenn ich Eigentümer bspw. meiner körpereigenen Nieren wäre, dann hätte ich das Recht auf EXKLUSIVE Kontrolle (= Eigentumsrecht) meiner Niere. Exklusive Kontrolle meiner Niere schließt natürlich da Recht auf Verkauf meiner Niere mit ein. Darf ich in Deutschland meine Niere zum Verkauf anbieten?
In einer Demokratie gibt es nur die von der Gesellschaft bzw. von der Gesellschaft eingesetzten Verwaltung (Staatsapparat) gewährten Nutzungsrechte. Jedoch kein echtes Privateigentum.
Der Staat gewährt mir also bezüglich meiner körpereigenen Nieren folgende Nutzungsrechte: Filtern von Blut und Spenden. Danke Staat! Ich fühle mich jetzt ganz frei und souverän!
Erst einmal gilt festzuhalten, dass alle politischen Fragen ethischer Natur und somit moralische Fragen sind. Das gilt sowohl für CO2-Steuer, Asylgesetze, Grenzschutz, Homo-Ehe als auch für Organspenden. Hinter sämtlichen politischen Befehlen steht die Drohung des Staates mit Gefängnis und bei Widerstand mit Exekution auf Weigerung zu antworten. Die erste Frage in jeder politischen Diskussion muss somit immer lauten: Darf man dieses Gesetz friedlichen Menschen überhaupt antun? Ob ein Gesetz verfahrenskonform demokratisch legitimiert wurde, ist dabei völlig unerheblich. Recht kann nicht demokratisch legitimiert , sondern muss philosophisch begründet werden. Das Recht ist eine moralphilosphische Kategorie aber keine juristische. Philosophen sind Rechtsexperten und Juristen sind Gesetzesexperten.
Die Gleichsetzung von Recht und Gesetz (Rechtspositivismus) ist die größte philosophische Schwäche des politischen Konservatismus. Die Unfähigkeit der Konservativen öffentliche Debatten zu gewinnen, ist auf diesen Mangel zurückzuführen.
Der Fraktionszwang leitet sich aus der Logik und Kategorien des menschlichen Handelns (unveränderliche Natur) und den entsprechenden Institutionen (veränderbar) wie die der Massendemokratie ab. Man kann deshalb ihn per Gesetz (auch nicht wenn man das Verbot in eine Verfassung reinschreibt) verbieten, genauso wenig wie man den Satz des Pythagoras oder die Schwerkraft verbieten kann.
Denn in einer Massendemokratie ist die Fähigkeit zur „Organisation von Mehrheiten“ der ALLES ENTSCHEIDENDE Maßstab. Parteien bzw. Fraktionen die „stärker zusammenhalten“ haben somit einen Wettbewerbsvorteil gegenüber denjenigen Parteien bzw. Fraktionen die sich weniger stark militärisch organisieren.
Alle Menschen reagieren auf Anreize entsprechend der Logik des menschlichen Handelns. Die universal gültigen Kategorien des menschlichen Handelns existieren, sind Teil der Struktur der Realität, und können nicht per Gesetz überwunden werden.
Politische Demokratien (=aufgezwungene Massendemokratien ohne Austrittsrecht) sind in ihrem Wesen Nullsummenspiele: Entweder erobern die einen die Mehrheit oder die anderen. Daraus folgt dass die Parteien sich militärisch organisieren müssen, falls sie erfolgreich sein wollen.
Wie wollen Sie das in einem Staat anders organisieren? Der Wähler hat nicht die Zeit, sich den ganzen Tag nur mit den Meinungen von einzelnen Abgeordneten zu beschäftigen. Er möchte wissen, für was welche Partei steht und selbst das überfordert schon etliche Nichtwähler. Daher gibt es überall auf der Welt in allen Demokratien Parteien. Von einem grünen Abgeordneten wird beispielsweise erwartet, gegen die Kohle zu sein sein, und von einem der AfD, die Grenzen schützen zu wollen. Alles andere ist demokratietheoretisch toll, aber leider völlig unhandlich und wird daher in keinem größeren Land real je kommen, ohne dass Chaos ausbricht. Leider liegt das in der Natur der Sache. Artikel 38 brauche ich nicht für alles. Die hundertste Änderung des Körperschaftsteuergesetzes ist keine Gewissensfrage. Entscheidungen über Leben und Tod schon.
Sie haben eben selbst eine Super-Begründung dafür gebracht, dass der einfache Bürger bevormundet gehört, weil er zu dämlich und zu faul ist, sich mit politischen Umständen zu beschäftigen. Und als Untertan braucht er eine Partei, die mit einer Stimme spricht, damit er nicht völlig durcheinander kommt. Au weia.
Sie sehen das zu Schwarz-Weiss. Der einfache Bürger kann nicht den ganzen Tag Politik Politik betreiben. Das ist evident. Aber er kann einen Abgeordneten wählen der seine Ansichten vertritt, und nur die, nicht die einer abgehobenen Parteiführung. Der Abgeordnete gehört gerne einer Partei an mit einem Programm das publiziert wurde. So kann man von vornherein die Ausrichtung des Kandidaten abschätzen.
Ihre Aussage ist also, daß die Demokratie nur in ihrer kastrierten Form, Entmachtung des Souveräns durch den Parteienstaat, praktikabel ist. Damit sind Sie in guter Gesellschaft, wie die Aussage Churchills beweist: „The best argument against democracy is a five minute talk with the average voter!“. Dem würde ich noch zustimmen, aber da der Mensch schlecht ist, muß eine repräsentative Demokratie über inhärente Sicherungen verfügen, diese Schlechtigkeit zu kontrollieren und hier liegt das Problem.
Die ständige Zunahme an Abgeordneten im BT lässt das Gewicht einzelner Abweichler weiter schwinden. Wahlrechtsreform unerwünscht.
Nun, das ist das, was Putin gelenkte Demokratie nennt, aber warum 709 Abgeordnete, warum nicht 1000 oder 100? Den Fraktionszwang zu Ende gedacht, bedeutet er, daß das Parlament eigentlich nur einmal, zu Beginn der Legislatur, zusammentreten muß, um einen Bundeskanzler zu wählen, der dann seine Minister auswählt und vom Bundespräsidenten bestätigen läßt (eigentlich genauso überflüssig). Alle Gesetze werden von der Bundesregierung, die ja die Mehrheit hat, beschlossen und verkündet. In regelmäßigen Abständen wird das Feierabendparlament gefragt, ob es die Vertrauensfrage stellen will, Nein, ok, dann gehts weiter. Mit dem Fraktionszwang hat das Parlament daher seine Berechtigung verloren.
Was wäre eigentlich daran so schlimm, wenn im Parlament nur die Gesetze verabschiedet werden, in geheimer Abstimmung, die eine „fraktionsübergreifende“ Mehrheit hätten? Die Antwort ist ernüchternd: weil dann die Macht an das Parlament, den Souverän, zurückkäme und die Regierung den Willen des Souveräns ausführen müßte, aber dann verginge wohl den Politikern die Lust am „gestalten“ und sie wären nur noch Minister (=Diener) des Volkes.
Ein genereller Irrtum bei obiger Betrachtungsweise ist, zu unterstellen, die Wähler/Bürger WOLLTEN ein Parlament wählen. Nein, das wollen sie nicht – es interessiert sie nicht. Auch ich kenne nicht meinen Bundestagsabgeordneten, und mich interessiert auch nicht, wer er ist, zumal er ohnehin nicht von der Partei ist, die ich wähle.
Ich wähle bei Wahlen – egal ob Bundestagwahlen oder Berlin – zweierlei: Eine Regierung und eine bestimmte Politik. Das ist, was mich interessiert. Ich wähle die AfD, und nicht irgendeinen Abgeordneten (obwohl ich das de jure und de facto natürlich tue) und mit dieser meiner Stimme wähle ich – oder hoffe zu erreichen, dass konservative bis nationalistische Politik gemacht wird.
Ich wage hier die Behauptung, dass das auch für 95 % der Wähler gilt. Ich gehe noch einen Schritt weiter: Für mich muss es kein Parlament mit Abgeordneten geben. Wozu? Damit da 750 Leute mit einem Gefolge von mehreren tausend Zuarbeitern eine Milliarde im Jahr verbraten? Was mir viel lieber wäre: Wir wählen eine Regierung, die Bildung erfolgt wie bisher. Danach wird das Parlament überflüssig, musste demzufolge auch nie zusammenkommen, da ja die Prozentverteilung klar ist und entscheidet. Sehr viel lieber wäre mir eine App, mit der ich an Abstimmungen teilnehmen kann, als Bürger, oder zumindest Signale setzen kann, die Politiker zu beachten hätten. Es müsste einen Abwahl-Button geben, der benutzbar wäre, wenn eine echte Mehrheit eine Vertrauensabstimmung will. Merkel – sie wäre DANN schon seit Januar 2016 keine Kanzlerin mehr. Ich fühle mich nicht von so und so vielen Abgeordneten regiert, sondern vom Bundeskanzler und seinem Kabinett. Und mit denen möchte ich kommunizieren. Wozu benötige ich da Abgeordnete? Wählen, das ist heute so, wie Gary Linneker einst den Fußball beschrieb: „Fußball, da spielen 22 Spieler gegeneinander, und am Ende gewinnen immer die Deutschen“ (Das sagte er 1990, als wir gerade Weltmeister geworden waren, gilt heute natürlich nicht mehr, da sagt man eher Kloppo oder CF Barcelona) Übertragen kann man also sagen: Wir wählen, und Merkel ist immer Kanzlerin. Unabhängig vom Ausgang der Wahl. Oder: Die Grünen schreiben immer die Koalitionsverträge. Nehmen Sie, Herr Knauss, nur diese Abstimmung: Sie war kein Hochamt der parlamentarischen Demokratie, sondern der schleichend-stillschweigende Eintritt der Grünen in die Bundesregierung. Baerbock hat bereits bestimmt, wer Jens Spahn im kommenden Kabinett beerbt. Und Merkel nickte leise über ihrem Blazer.
Aber die Grünen sind seit 1998 immer mit dabei. Wozu also wählen?
Der Bundestag kann weg. Wir, die Bürger, können das auch ohne ihn.
Finde ich spannend, daß Sie im Kern zum selben Ergebnis kommen wie ich, da ich dieses nmE bisher selten gehört habe.
Warum wählen Sie denn Parteien und nicht Personen? Weil Sie es sowieso nicht können. Weil es bedeutungslos ist, weil Fraktionszwang und Listenplätze den Unterschied zwischen Person und Partei aufheben.
Natürlich brauchen wir ein Parlament. Eine Regierung, die nach der Wahl durchregiert, haben wir ja schon. Schnellschüsse nach Gemüts- und Medienlage kann die auch schon lange, ganz ohne App.
Was weg kann (und muss) ist kein Parlament, sondern eine elende Laiendarstellertruppe, die bloß Parlament spielt.
Mit durchaus großem Erfolg. Sie sehen einen Haufen Pfauen die Federn spreizen, denken, das sei ein Parlament, erkennen, wie überflüssig das ganze Theater ist, da die Pfauen eh nix zu melden haben, und folgern messerscharf: Parlament kann weg.
Dabei ist das Gegenteil der Fall. Es muss unbedingt eines her!
Wenn man dann noch Abgeordnete hätte die auch den nötigen Sachverstand haben wäre die parlamentarische Demokratie gut, aber diese in großer Anhäufung von Minderqualifizierten können das nicht gewährleisten!? Diese parlamentarische Demokratie ist abzulehnen durch die Direkte Demokratie zu ersetzen weil sie schon längst zu einem Diktat der Parteien verkommen ist. Das lehrt uns diese Abstimmung ohne Fraktionszwang!!!
… „So geht Parlament: Abgeordnete sind nur ihrem Gewissen unterworfen.“ ….
Stimmt nicht,
Die Parteien und nicht die Wähler bestimmen, wer Abgeordneter wird.
Dann ist es nicht mehr als selbstverständlich, dass Abgeordnete nicht ihrem Gewissen, sondern der Partei unterworfen sind. So geht nun mal Politik und damit Parlament in Deutschland.
An Abstimmungen ohne Fraktionszwang können die Wähler auch sehen, welche Einstellungen ihre Wahlkreiskandidaten wirklich haben. Habe mir mal das Abstimmungsverhalten der CDU zum Gesetzes zur Regelung der doppelten Widerspruchslösung im
Transplantationsgesetz angesehen und war überhaupt nicht überrascht. Die Politiker der CDU, die ich noch für halbwegs vernünftig halte und bei denen ich noch eine gewisse Verbundenheit mit dem Wähler vermute, z. B. Linnemann, Pantel, Bellmann, Launert, stimmten alle mit „nein“. Diejenigen, die ich bisher als Klatschhasen wahrgenommen hatte, hatten kein Problem mit der Übergriffigkeit des Staates und stimmten mit „ja“, genau wie Merkel und ihr Fraktionschef.
Würde der Fraktionszwang abgeschafft, müssten die Abgeordneten ja selbst denken und dafür werden die schließlich nicht bezahlt.
„In Art 38 des Grundgesetzes steht nämlich: „Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.“
Jetzt muss mir einer nur noch das mit den Listenplätzen erklären!
Ich glaube, dass die anfänglich eingeführt wurden, damit wenige Plätze sicher waren, damit z.B. der Bundeskanzler nicht sein Direktmandat verliert und dann aus dem Rennen ist, weil er eine für seinen Wahlkreis unpopuläre Entscheidung getroffen hat.
Persönlich würde ich es begrüßen, wenn es nur 2 Listenplätze pro Partei geben würde und der Rest der Abgeordneten per Direktwahl gewählt werden würde. Dann muss der Gewählte sich so verhalten, dass er wiedergewählt wird. Wäre sicher ein schöner Punkt, der in die Wahlrechtsreform einfließen könnte, damit endlich wieder die im GG vorgegebene Vorgehensweise zur Entscheidungsfindung praktiziert werden kann. Im Sinne einer Volksvertretung, die den Namen verdient und wenn die Koalitionsbildung noch untersagt wird, könnte es wieder Spannend werden im deutschen Bundestag…
Oder Null Listenplätze und wir trennen endlich die Wahl der Legislative von der der Exekutive.
In das Essay hätte man noch die Arbeit in den Ausschüssen aufnehmen können. – Bei der Sitzung vom 1. 10. 1982 in Sachen Konstruktives Misstrauensvotum haben Abgeordnete der FDP abweichendes Abstimmungsverhalten bekundet und sind mit ihren Reden vom Fraktionsvorsitzenden offiziell angekündigt worden, und als nach einer Rede Murren aufkam, ist er ans Rednerpult getreten, um die besonders gescholtene Abweichlerin, deren Meinung er nicht teilte, zu verteidigen. Man kann das auf Seite 7199f. des seinerzeitigen Protokolls nachlesen, sinngemäß sagte er, jeder habe das Recht auf freie Meinungsäußerung. Man müsse aber auch eine Gegenmeinung, „und sei sie noch so scharf formuliert“, vorbringen lassen. Die SPD, später die CDU, hat oft geschimpft, wenn die Mitteilung kam, nein, Gesetz so nicht zu machen, das können etliche Abgeordnete der FDP-Fraktion weder vor ihrem Gewissen noch vor ihrem Wählern verantworten. In den Medien war dann immer großes Geschrei und Forderungen nach Durchsetzung der Fraktionsdisziplin. Anscheinend haben da spätere Koalitionen mit anders Denkenden Politikern sich geeinigt, Druck auszuüben. An und zu liest man aber auch von abweichendem Abstimmungsverhalten.
Selbst als politischer Laie habe ich den Fraktionszwang nie verstanden, vielleicht bin ich zu blöd. Ich dachte immer, Grundgesetz lesen, verstehen und anwenden. Was gibt es daran noch zu lamentieren und lavieren? Entweder man hält sich an unser ach so hochgelobtes Grundgesetz oder nicht. Punkt! Übrigens, wann gibts mal eine Verfassung? Und was machen Weber, Kraft, 100%Chultz und Edathy gerade?
Ich glaube, die eröffnen ne Kita.
Ohne jetzt gemein sein zu wollen: Manchmal frage ich mich, wie die Autoren hier es schaffen immer wieder neue Texte zu immer den gleichen Problematiken zu schreiben. Das Problem des degenerierten Parteienstaats wurde hier auf TE wirklich schon oft durchgegangen.
Ich wünsche mir natürlich auch die Aufhebung der Listenwahl/Zweitstimme. Als netter Nebeneffekt werden damit dann auch die Parlamente kleiner und ich müsste weniger für meine überteuerten und größtenteils durchgeknallten Bediensteten zahlen.
Die neue Erkenntnis die ich aus diesem Text gezogen: Demokratie findet im Bundestag nur statt, wenn es um Gedöns geht. Durch die Diskussion Betroffene mögen den Begriff despektierlich finden, aber es trifft es.
Jedes mal wenn es nicht direkt um die Portemonnaies der Mehrheit der Abgeordneten, sprich um Verteilung meiner Arbeitsleistung durch gescheiterte Studienabbrecher und Promotionsbetrüger geht, jedes Mal dann findet sogar in der BRD Demokratie statt.
Es gibt Gegebenheiten, die die Stimme des Gewissens betäuben.
Vom Volk abgewählt hat die aktuelle Groko es geschafft, sich selbst wiederzuwählen.
Sie haben ja so recht, Herr Knauss! Unsere Qualitätsjournos im ÖRR brachten das exakt so rüber: „Bei dieser Abstimmung soll es um eine Gewissensentscheidung jedes einzelnen Abgeordneten gehen, deshalb wurde der Fraktionszwang eigens aufgehoben.“.
Man will eigentlich laut schreien, wenn man so etwas hört. Über journalistischen Standardunfug à la „Das Epizentrum des Erdbebens lag in 5 Kilometer Tiefe.“ kann man sich wenigstens noch amüsieren.
Abgeordnete sind ihrem Gewissen unterworfen, gewiß. Aber.
Wie bei jedem ordentlichen und ehrbaren Kaufmann auch:
wenn es sich nicht rechnet, fliegt es es aus dem Regal.
Ob es sich rechnet, sollte aber der Wähler bestimmen, nicht die Partei.
Gegen den Fraktionszwang müsste mal ernsthaft geklagt werden, mit dem Hinweis auf den Fraktionszwang.
Und das er ganz einfach aufgelöst werden könnte, indem anonyme Abstimmungen ermöglicht werden oder die Namensliste durch ein besonders vertrauenswürdiges Gremium Beamte (am besten als Abschluss ihrer Dienstlaufbahn) gehütet werden.
Anonyme Abstimmungen sollten der selbstverständliche Normalfall sein. Wofür ein Kandidat steht, kann er in seinem Wahlkreis erklären, hinge dann davon ab, wie glaubwürdig einer ist, ob der gewählt wird.
Aber darauf werden sich die Parteiführungen niemals einlassen.
Einspruch! Die AfD beantragt oft namentliche Abstimmung.
„Abgeordnete sind nur ihrem Gewissen unterworfen.“
Der falscheste Satz, seit es Demokratiesimulationen gibt.
Noch verlogener, als das 2. D in „DDR“!
Agenda mit höchster Priorität: Kein AfD-Abgeordneter darf in irgend einem Gremium den Vorsitz oder Vizeposten bekommen. Da kann man natürlich schon den seit Jahrzehnten gepflegten Verfassungsbruch wie den Fraktionszwang übersehen. Im Grunde dürfte es ausschließlich geheime Abstimmungen geben.
Eine sehr lobenswerte Zusammenstellung der rechtlichen und politischen Argumente gegen den Fraktionszwang. Unverständlich bleibt, warum in Jahrzehnten niemand per Verfassungsklage die seit Jahrzehnten bestehende Degeneration ganz oder zumindest wesentlich zurückgedreht hat.
wenn ich frei entscheide
als Abgeordneter,
dann entscheidet
mein Wahlkreis frei,
mich nicht mehr aufzustellen.
d a s ist wahre Demokratie.
Dafür muss man auch
Opfer bringen.
(die nicht mehr Aufgestellten
müssen dann eine Partei gründen:
„Die Unabhängigen“)
Wogegen soll man klagen, wenn das nur informelle Übereinkunft ist?
Abgeordnete sind ihrem Gewissen unterworfen, sollte man meinen und trotzdem falsch gedacht, denn ihr Gewissen haben sie mittlerweile der Partei und deren Oberen übertragen und demzufolge verhalten sie sich nicht anders wie die breite Masse, die alle vier Jahre wählen geht und dann Urlaub macht und das Gewissen allenfalls bei der nächsten Wahl wieder auftaucht, vorher hat man ja keine Zeit.
Genauso war es in der DDR. Jeder kleine Mann. überlegte sich gute ob er sich mit Widersprüchen gegen die „Partteieinie“ (damals der SED) stellt und seine Karriere, demnächst in einer Sackgasse endet. zb Versetzung nach Mecklemburg-Vorpommern 😉