In der Nacht zum Sonntag explodierte bei Bolshye Vyazamy nahe der russischen Metropole Moskau ein SUV. In dem Wagen saß Darya Dugina (29). Sie überlebte die Explosion nicht.
Dugina war die Tochter des Alexander Dugin. Der gilt als „Putins Brain“, hat mit seiner nationalfaschistischen Ideologie von der eurasischen Supermacht Russland den gedanklichen Überbau zum Überfall Russlands auf das Nachbarland Ukraine geliefert. Beide, Alexander und seine Tochter, hatten vor den Toren Moskaus eine nationalistische Veranstaltung besucht – Darya war ideologisch von ihrem Vater nicht zu unterscheiden.
Propagandisten des Terrors
Regelmäßig propagierte die als Journalistin tätige Politologin den russischen Überfall als wohlgefällige Tat. Wie ihre Vater vertrat Darya die Auffassung, dass die Russen eine natürliche Führungsaufgabe über die Völker zwischen Lissabon und Anchorage hätten, die die Moskowiter dazu legitimiere, diese Länder zwischen Atlantik und über den Pazifik hinaus zu beherrschen. Den Ukrainern ebenso wie den Weißrussen sprach sie eine eigene nationale Identität ab. Hinzu kam eine Übersteigerung des Panslawismus der Zarenzeit zu einem Panrussifizismus: Überall, wo (gefühlte oder auch nur eingebildete) Russen leben oder einmal ein russisches oder sowjetisches Reich geherrscht hatte, ist Russland.
Nun also wurde Dugina Opfer einer Explosion, die nach Erkenntnis der Ermittlungsbehörden durch eine unter dem Fahrzeug angebrachte Autobombe ausgelöst wurde. Und es darf nicht wundern, dass der gewaltsame Tod der Ideologin in Russland Entsetzen ausgelöst hat. Margarita Simonjan, Chefredakteur des staatlichen russischen Fernsehsenders RT, beklagt den Anschlag auf die „junge, kluge, schöne und unglaublich talentierte Frau“. Ihrer Meinung nach hätte „Darja einer jener Menschen werden können, die für Russland eine neue Volksideologie bilden“. Womit dann tatsächlich alles gesagt ist, was zu jener Frau, die in Deutschland wegen Volksverhetzung vor Gericht gestellt worden wäre, zu sagen ist.
Dugin als Ziel und die Suche nach den Hintermännern
Unklar ist allerdings, ob tatsächlich die Tochter das Anschlagsziel gewesen ist. Eigentlich sollte Dugin selbst in diesem Fahrzeug sitzen – er entschied sich nur kurzfristig, auf ein anderes Fahrzeug umzusteigen, und war offenbar Zeuge beim gewaltsamen Tod seiner Tochter.
So wie einst Rasputin am Zarenhof den Einflüsterer gab, so gilt Dugin heute als derjenige, der Putin die großrussischen Herrschaftsphantasien ins Ohr flüstert. Gut möglich also, dass Darya nur ein zufälliges Opfer geworden ist – wobei es aus Sicht der Attentäter auch so die richtige getroffen haben wird – und dieses umso mehr, weil sie nun den verhassten Vater leiden sehen.
Seit dem Anschlag kursieren Spekulationen darüber, wer dafür verantwortlich zeichnet und welches Ziel dahintersteckt. Bislang gibt es niemanden, der die Verantwortung für sich deklariert. Stattdessen zeigte der Terrorist Denis Pushilin, selbsternannter Regierungschef der angeblichen Volksrepubliken im Osten der Ukraine, umgehend mit dem Finger auf Kiew. Angeblich sei der Anschlag von den dort regierenden „Nationalfaschisten“ geplant und durchgeführt worden. Beweise dafür allerdings lieferte er nicht.
Das allerdings hielt Maria Zakharova, Sprecherin des russischen Außenministeriums, nicht davon ab, Pushilins Verschwörungstheorie zu übernehmen und die Ukraine offiziell der Tat anzuklagen. Angesichts des Todes Duginas sei es, so Zakharova, an der Zeit, mit Blick auf Kiew über „eine Politik des Staatsterrorismus“ zu sprechen.
Das wiederum entbehrt nicht einer gewissen Ironie – und offenbart, dass in Moskau bekannt ist, worüber in Kiew längst keine Zweifel mehr bestehen: Die Ukraine verfügt über unabhängige Staatsrechtsgutachten, in denen qualifiziert nachgewiesen wird, dass das russische Vorgehen kein Krieg auf Grundlage internationalen Rechts sei, sondern völkerrechtlich als Terrorismus eingeordnet werden müsse. Damit wird jede Aktion der Ukraine, die sich gegen Russland richtet, zur Abwehrmaßnahme terroristischen Vorgehens. Das wiederum rechtfertigt völkerrechtlich nicht nur Anschläge und Angriffe auf russische Versorgungseinheiten und Beamte in der besetzten Ukraine einschließlich der Krim, sondern auch auf russischem Staatsgebiet, wie sie bereits mit Blick auf Belgorod, Rostow und darüberhinaus jüngst am Flughafen von Sotchi vermeldet wurden, ohne dass Kiew dafür die unmittelbare Verantwortung übernahm. Vor allem aber rechtfertigen diese Gutachten auch Anschläge wie jenen auf Dugin/Dugina dann, wenn sie Personen gelten, die sich durch ihre öffentliche Propagierung des Überfalls mit dem Terror identifizieren. Insofern zeigt sich bei Zakharova die klassische Situation: Während ihr Zeigefinger auf Kiew weist, zeigen drei Finger auf Moskau. Es gilt, möglichst schnell Legenden für die eigenen Parteigänger zu produzieren, die vom eigenen Handeln ablenken sollen.
Trotzdem und durchaus nachvollziehbar lehnt Kiew jegliche Verantwortung für das Attentat ab. Mykhailo Podolyak, Berater von Präsident Volodymyr Selenskyi, ließ wissen: „Anders als Russland sind wir kein krimineller Staat.“
Gibt es einen russischen Untergrund?
Somit bleibt Raum für Spekulationen, die nun ein ehemaliger Duma-Abgeordneter, der im ukrainischen Asyl lebt, um eine Variante erweitert hat, die für Putin deutlich problematischer sein könnte, als es eine Urheberschaft Kiews im Rahmen seiner asymmetrischen Abwehr eines terroristischen Überfalls jemals sein könnte. Ilya Ponomarew beansprucht die Urheberschaft für Duginas Tod durch eine sogenannte „Nationalrepublikanische Armee“ (NRA). Dabei handele es sich um eine innerrussische Oppositionsgruppe, die im Untergrund aktiv sei und sich zum Ziel gesetzt habe, Putins Regime von innen heraus zu ersetzen.
Sollte Ponomarews Darstellung den Tatsachen entsprechen, dann formiert sich nun innerhalb Russlands der militante Widerstand gegen die Staatsterroristen im Kreml. Wobei auch in diesem Fall nicht auszuschließen ist, dass ursprünglich ukrainische Staatsbürger mit von der Partie sind, denn durch die Zwangsrussifizierung der Bewohner der besetzten Gebiete, bei denen massenhaft russische Pässe an Ukrainer ausgegeben wurden, könnte es ukrainischen Patrioten deutlich erleichtert worden sein, sich unbemerkt auf russischem Staatsgebiet zu bewegen.
Ziel: Die Verunsicherung der Nomenklatura
Unabhängig davon, wer nun tatsächlich für den Tod Duginas verantwortlich zeichnet, trifft das Attentat vor allem Russlands Nomenklatura ins Mark. Denn ab Sonnabendnacht kann sich niemand, der öffentlich Putins Terrorüberfall gutheißt, sicher sein, ob nicht er der nächste auf einer Liste der Angriffsopfer ist. Vor allem die sogenannten Journalisten, die im Auftrag des Kreml in den gleichgeschalteten Medien an der Spitze der Hetzfront gegen die Ukraine und den Westen stehen, werden sich ab sofort nur noch mit einem unwohlen Gefühl in der Öffentlichkeit blicken lassen. Denn wie auch Dugin und seine Tochter bewegten sie sich bislang wie selbstverständlich und ohne staatlichen Schutz in der russischen Öffentlichkeit. Spätestens, wenn demnächst ein weiterer Propagandist des Terrors Opfer eines ähnlichen Anschlags werden sollte, wird sich die Panik um die eigene Existenz prägend ins Bewusstsein jener schleichen, die Putins Politik öffentlich loben und verteidigen.
Vieles spricht dafür, dass genau diese bereits jetzt festzustellende Verunsicherung der russischen Nomenklatrura das eigentliche Ziel des Anschlags gewesen ist. Denn der offensichtlich beabsichtigte Tod eines Nationalfaschisten wie Dugin allein mag zwar den einen oder anderen befriedigen – doch er bliebe letztlich politisch wie psychologisch wirkungslos, wenn es sich tatsächlich nur um eine einzige Tat gehandelt haben sollte.
In der Sekundärliteratur des freien Büchermarktes über Putin ist zu lesen, dass Dugin im heutigen Russland zwar ein bekannter Ideologe ist, jedoch ist er weit davon entfernt der „Spiritus Rektor“ Putins zu sein. Er bedient einen „gewissen Sektor“ der Bevölkerung, der im Kalkül Putins nützlich scheint.
Dugins betätigte sich bereits als National-Bolschewist und pflegt okkulte Bezüge. In Büchern umreisst er Geostrategie und Systemtheorie. Vom heutigen Kremel wird er wohl als zu exzentrisch wahrgenommen.
Es ist kein Geheimnis, dass Putins ideologische Vorstellungen eher an Ivan Ilyin Mass nehmen. Putins Ideologie hob die Stärkung der Familie, Volkstum, Kirche und Russentum hervor, „westliche Identitäts- und Individualitätspolitik“ wurden eher unterdrückt/verhindert.
Der Mordanschlag trägt möglicherweise die Bedeutung einer internen Ausdifferenzierung (ähnlich zu historischen Richtungskämpfe in Diktaturen, so im Fall der Morde im NS: Röhm, Strasser oder im Bolschewismus zwischen Trotzki, Lenin, Stalin):
Putin sieht die Zukunft Russlands offensichtlich NICHT in einer neofaschistischen oder rotkommunistischen Ideologie (beides Hybriden einer „proletarischen“ Massenmobilisation) im Sinne Dugins sondern in der „weissrussischen Tradition“. Womit nicht Belarus gemeint ist, sondern „weiss“ als historische Farbe des Feudalismus, also hier Zarismus. Hier zeigte Ilyin positive Bezüge.
Für am wahrscheinlichsten halte ich, dass dies ein von irgendwelchen Silowiki inszenierter Anschlag war, um die Reihen geschlossen zu halten.
Bereits 1999 waren in Russland ja mehrere Wohnblöcke Ziel großer Bombenattentate. Kurz darauf begann der zweite Tschetschenienkrieg. Honi soit qui mal y pense …
Terror (wer immer das jetzt gemacht hat) ist ein Mittel der Verzweiflung. Man weiss, daß man verloren hat und schlägt wahllos zu. Will Angst und Schrecken verbreiten.
Man nenne mir eine Situation in der Terror zum Erfolg geführt hat (IRA, ETA, RAF etc.).
In der russischen Führungsschicht waren, wie in der römischen Republik, Knüppel, Gift und Schwert schon immer allgemein akzeptierte Mittel der Auseinandersetzung.
Daher sehe ich auch nicht warum die „Nomenklatura“ sich hierdurch zusätzlich „verunsichern“ lassen sollte.
Offenbar erkennt keiner der Journalisten und Kommentatoren die Brisanz dieser Aktion – weder im Mainstream noch hier auf TE. Es handelt sich hierbei um einen absoluten Tabubruch. Ein Mitglied der gegnerischen Elite ist gezielt ermordet worden – von wem spielt dabei zunächst einmal eine untergeordnete Rolle. Der Grund warum Russen, Chinesen, Iraner oder… nicht ständig westliche Politiker und Eliten ermorden, liegt keineswegs daran, dass diese Länder nicht dazu fähig wären. Fast jedes Land der Welt verfügt heute über die Möglichkeiten jemanden im Ausland umbringen zu lassen. Der Grund warum dies nicht geschieht ist ganz einfach der, dass es eine Grundvoraussetzung von Politik ist, dass solche Attentate nicht stattfinden. Wenn ein Politiker oder Intellektueller keine Konferenz mehr besuchen kann, aus Angst ermordet zu werden, dann ist es das Ende jeder Diplomatie. Es gibt also eine ungeschriebene Regel, solche Dinge nach Möglichkeit zu unterlassen. Dieses Attentat sendet ein Symbol in die Welt. Es ist das Symbol, dass Attentate auf Eliten anderer Staaten wieder ein legitimes Mittel der Politik sind und die ungeschriebenen Regeln nicht länger gelten. Das wird Konsequenzen haben. Unabhängig davon wie man zu der russischen Politik und zum Krieg in der Ukraine steht, ist dieser Mord daher kein Grund zur Freude, sondern zu tiefster Besorgnis.
Ich verstehe nicht warum Russland Nomenklatura verunsichert ist.
Attentate auf politische Aktivisten sind ja jetzt nicht so ungewöhnlich in Moskau, auch wenn es meistens Gegner von Putin sind die ihnen zum Opfer fallen.
Ich bin mir auch sicher das viele Söhne der russischen Nomenklatura gerade in der militärischen Spezialoperation für Präsident und Vaterland ihr Leben riskieren, der Tod einer Journalistin sollte also nicht so schockierend sein.
Keine „Söhne der russischen Nomenklatura gerade in der Spezialoperation ihr Leben riskieren“.
Da kämpfen fast ausschließlich Menschen aus den fernen wirtschaftlich depressiven Regionen und aus vielen kleinen sibirischen Völkern.
Auch eine Zwangsmobilisation aus Region Lugansk hat da fast keine Männer gelassen.
Nichts Genaues weiß man nicht. Wer nun die Verantwortung für den Tod von Dugin trägt werden beide Seite wissen.
Was aber klar ist, ist die Tatsache, dass Russland sich im Krieg mit der Ukraine befindet. Deshalb ist es doch wohl logisch, dass den politischen Führern und denen nahestehenden Helfern und Politikern nach dem Leben getrachtet wird. Das sollte niemanden überraschen. Oder hätte es jemanden überrascht, wenn die Alliierten jemandem aus dem nähren Umfeld Hitlers eliminiert hätten. Oder umgekehrt, wenn Hitler-Deutschland jemandem aus dem näheren Umfeld von Stalins, Roosevelts oder Churchills Helfern ermordet hätte?
Die USA haben auch kein Problem politische Führer anderer Länder zu eliminieren. Man erfindet Massenvernichtungswaffen und legitimiert damit einen Krieg der hunderttausenden Menschen das Leben gekostet hat. Alles kein Problem solang das eigene Lager hüben wie drüben Verbrechen begeht. Die einen werden als Terroristen bezeichnet während diese sich als Freiheitskämpfer fühlen. Wie immer geht es um Macht und Geld. Ein Krieg wird nicht vom kleinen Bauer, der Krankenschwester oder dem Altenpfleger angezettelt. Am Ende des Krieges wird immer die Geschichte des Siegers in den Geschichtsbüchern stehen und gelehrt werden. Ob nun der „Gute“ oder der „Schlechte“ gesiegt hat ist hier irrelevant. Der Sieger schreibt die Geschichtsbücher.
Zitat 1: „Margarita Simonjan, Chefredakteur des staatlichen russischen Fernsehsenders RT, beklagt den Anschlag auf die „junge, kluge, schöne und unglaublich talentierte Frau“. Ihrer Meinung nach hätte „Darja einer jener Menschen werden können, die für Russland eine neue Volksideologie bilden“.“
> Na, vielleicht sollten sich mal unser ARD/ZDF Staatsfunk und RT zusammensetzen um sich zu vereinen. Denn scheinbat gibt es bei denen gewisse Parallelen die für ein gemeinsames Großes passend wären.
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Zitat 2: „Denn ab Sonnabendnacht kann sich niemand, der öffentlich Putins Terrorüberfall gutheißt, sicher sein, ob nicht er der nächste auf einer Liste der Angriffsopfer ist.“
> Wozu ich nur zynisch sagen kann: Richtig so, warum sollte es denen auch anders oder besser gehen wie als z.Bsp den mit Putin’s Bombenterror lebenden Zivilisten in der Ukraine?!
Nur so nebenbei. Von der sogenannten „Nationalrepublikanische Armee“ hat niemand vor gestern je gehört und überhaupt ist die Ermordung von Journalisten eine seit vielen Jahren gepflegte russische Tradition. Ich sag nur Ana Politkowskaja und wer Wind sät…
Es erfüllt mich nicht mit Genugtuung, daß einem Propagandisten von Putins Außenpolitik (mit anderen Mitteln) (und Mitbegründer der Nationalbolschewistischen Partei Rußlands) nun die eigene Medizin und deren Wirkung verabreicht wurde. Ich habe das Video mit seiner Reaktion gesehen. Als Mensch tut er mir leid.
Ob er sich nun fragen wird, ob er das richtige gepredigt hat oder ob er den Tod seiner Tochter glorifizieren wird — zum einen wegen „der Sache“ und zum anderen, um sich Zwecks Bewältigung selber zu belügen?
Ich wage es sehr zu bezweifeln, ob sich die Ukraine (oder sonstwer) mit „dem Gutachten“ einen Gefallen tut, Russland einfach zum Terroristen zu erklären, gegen den jedes Mittel „erlaubt“ und „ok“ sei, insb die Liquidation der russischen Nomenklatura, bzw. beliebige Mitglieder daraus, die „erreichbar“ also nicht geschützt sind.
Auf Twitter habe ich vorhin gelesen, angeblich gäbe es eine Verdächtige, die nach Lettland ausgereist sei. Russland sieht sie als ukrainische Agentin und eine Bekennererklärung soll es mittlerweile auch geben. Irgendeine Untergrundbewegung die Rache für 50 tote (hingerichtete?) Mitglieder des Aszow-Regiments genommen hätte. Alles mit großem Vorbehalt, keine stabile Quelle. Soll, soll, angeblich…
Autobomben (wie eine Haftmine) werden rglm auf Sicht ferngezündet, womit sie eben kein Zufallsopfer gewesen wäre. So oder so war es eine gezielte Tötung, ähnlich Obamas Drohnen-Hinrichtungen.
Russland ist und bleibt nukleare Supermacht. Aus dem bisher relativ „geregelten“ militärischen Konflikt, eine eher persönliche Vendetta zu machen, muß fürchterlich nach hinten losgehen, wenn man nicht selbst unangreifbare Supermacht ist, was auf die Ukraine nicht zutrifft.
Sollte der ukrainische Geheimdienst (oder noch schlimmer, ein „befreundeter“) doch irgendwie seine Finger in dieser Sache gehabt haben (Autobomben incl Sprengstoff sind bekanntlich nicht frei käuflich) würde ich eine „unschöne“ Eskalation erwarten. Bei der angedeuteten Fortsetzung solcher Liquidationen als Serie/Welle, erst recht.
Erstaunlich finde ich allerdings den Umstand, dass die gezielte Liquidation einer Journalistin keinerlei „berufliche“ Solidarität hervorruft, im Gegenteil. Sie sei Politologin, Ideologin und irgendeine Brandstifterin auf panrussischer Putinlinie – also damit faktisch wertlos, ohne Menschenrechte, Würde, Recht auf Leben, Prozeß etc, falls man ihr außer Loyalität mit der russischen Regierung und dem Präsidenten etwas vorwerfen könne, was ich allerdings nicht klar herausgehört habe.
Ist jetzt jeder Russe m/w/d Freiwild, der zur russischen Regierung hält? (von der wir übriges Gas beziehen und bezahlen)
Kann jetzt auch jeder deutsche Politiker gesprengt werden, weil er „Putins Krieg“ durch Milliarden Euros unterstützt?
Diese Logik überzeugt mich wenig, die absehbaren Konsequenzen auch nicht.
Ich habe überhaupt kein Problem damit, die Verzweiflung der Ukraine nachzuvollziehen. Allerdings ist der Konflikt mit Russland primär Folge politischen Versagens, der Ukrainischen Führung incl der westlichen Berufspolitik, die die Ukraine in Nato und EU holen wollten/wollen.
Freiheit der Völker, Selbstbestimmungsrecht der Völker? Na klar, klingt immer gut. Dazu passen die Monroe-Doktrinen der USA allerdings nur bedingt, Nord+Südamerika als exklusives US-Einflußgebiet zu betrachten. Ein zb Pro-russisches/BRICS México würden die USA niemals dulden, Kuba wird bis heute massiv sanktioniert.
Kurz: es war närrisch von der Ukraine, den süßen Versprechen aus Washington und Brüssel zu glauben und für diese Naivität und Dummheit der politischen Führung zahlt die ukrainische Bevölkerung jetzt den Preis.
Und aus diesem Irrsinn, aus Verzweiflung, einen „totalen“ (Terror) Krieg ohne Regeln machen zu wollen, ist aus Sicht der offensichtlich schwächeren Seite blanker Aberwitz, noch dümmer als die japanische Kamikazepolitik gegen Ende des für Japan verlorenen Pazifikkrieges. Es gleicht mittlerweile wirklich den letzten Tagen im Führerbunker, als noch Phantasiearmeen bewegt wurden, auf Entsatz gewartet wurde, vom Endsieg geträumt und verbrannte Erde produziert wurde. Und die Hauptverantwortung dafür liegt an der Sturheit der USA und Brüssels, Russland „besiegen“ zu wollen, statt es an den Verhandlungstisch zu bitten, drängen etc und die eigenen Expansionspläne bzgl Nato und EU zurück zu stellen bzw. aufzugeben.
Solange nur die ukrainische Bevölkerung den Preis dafür zahlt, kann man das auch für „gute“ Politik, für „starke Zeichen“ halten, die Zeche zahlen ja andere.
Das ist eher zynisch und billig, statt moralisch „hochstehend“, ein Armutszeugnis für „feministische“ Außenpolitik, den westlichen Zeitgeist insgesamt.
Vor wenigen Wochen gingen diverse Schweizer Eigentumseintragungen auf Twitter rum
Sie zeigten einige Käufe von Immobilien durch regierungsnahe Personen aus der Ukraine
Ich glaube die günstigste Erwerbung lag bei 5 Millionen Franken…
Man kann also davon ausgehen, daß in absehbarer Zeit die jetzige Regierung in der Schweiz im Exil leben leben wird, „man“ also davon ausgeht, nicht in der Ukraine an der Macht zu bleiben.
Ob sich die Schweiz damit einen großen Gefallen tut, bleibt abzuwarten. Irgendwann werden sich diverse Politiker zu erklären haben, wie man in wenigen Jahren in einem armen Land legal zum Multimultimillionär wurde. Diverse Offshore-Konten-Leaks deuten eine gewaltige Selbstbereicherung an, was nicht unbedingt ein Zeichen moralisch hochstehender Werte ist, der korruptionsindez der Ukraine deutet auch nicht unbedingt in diese Richtung.
Da aber nicht wenige Berufspolitiker von hier, EU etc meinen, in der Ukraine würden „unsere Werte“ verteidigt, sollten wir vielleicht mehr über Korruption und politischen Machtmissbrauch bei uns nachdenken… vielleicht
Dieser Anschlag ist nicht „politisch wie psychologisch wirkungslos“, er hat sich gegen einen der engsten Berater Putins gerichtet und dessen Tochter getötet. Und ausgerechnet ein Exilrusse in Kiew brüstet sich jetzt mit dem Attentat. Was glauben sie wie Dugin jetzt reagiert? Oder Putin? Was hält ihn jetzt noch davon ab gezielt Kiew zu bombardieren und Jagd auf die ukrainische Führung zu machen? Selbst wenn die ukrainische Führung nichts mit dem Anschlag zu tun hatte ist das eine gefährliche Eskalation. Dieses Szenario hatten wir nach 9/11 schon mal, als Afghanisten Bin Laden Unterschlupf gewährte. Und wie das ausging wissen alle.
Dugin ist kein Berater Putins oder des Kremls. Sie sollen sich nicht einmal persönlich begegnet sein. Das wird schlicht und einfach, so falsch es ist, in westlichen Medien stereotyp behauptet um nicht zu sagen erlogen.
Seine eurasische Ideologie wird als die Ideologie hinter der russischen Außenpolitik bezeichnet. Was auch nur eine Zuschreibung ist, weil es Parallelen in Putins langen Reden gibt und denen Dugins. Aber er ist schlicht und einfach einer von vielen, die diese Ideen teilen.
aus russischen Quellen:
“ Es wurde festgestellt, dass das Verbrechen von ukrainischen Geheimdiensten vorbereitet und ausgeführt wurde. Die Täterin war die ukrainische Staatsbürgerin Wowk Natalja Pawlowna, Jahrgang 1979.“Wowk sei mit ihrer Tochter Sophia Schaban am 23. Juli 2022 nach Russland gekommen. „
„Am Tag des Mordes befanden sich Wowk und Schaban auf dem Literatur- und Musikfestival ‚Tradizija‘, wo Dugina als Ehrengast anwesend war.
Nach der gelenkten Sprengung des Automobils Toyota Land Cruiser Prado, an dessen Steuer Dugina saß, fuhr Wowk am 21. August zusammen mit ihrer Tochter über das Gebiet Pskow nach Estland“,
Wowk habe eine Wohnung im gleichen Haus wie Dugina gemietet, um den Mord zu organisieren und an Informationen über Duginas Alltagsleben zu kommen. „
Das muss diese Quelle sein, die ich vorhin auf Twitter mitbekommen habe
Junge Frau, nach Tat Ausreise mit Tochter nach Estland (habe Litauen geschrieben)…
Die Ukraine wird für sie verantwortlich gemacht, sie sei eine Agentin, zudem gäbe es ein Bekennerschreiben (wohl nicht von ihr) das Rache für 50 hingerichtete Aszowkämpfer als Motiv nennt
Was davon wahr ist oder nicht???
Laut Th. Röper ist die Täterin Mitglied des Asow-Bataillons (das Teil der ukrainischen Nationalgarde ist), was ein inzwischen veröffentlichter Dienstausweis, in dem sie den Nachnamen Schaban trägt, bestätigt.
Insofern ist die russische Verlautbarung sehr wahrscheinlich richtig.
Der Ausweis ist eine sehr unprofessionell gemachte Fälschung mit Photoshop und überhaupt: eine 42 Jahre alte ukrainische Mutti mit ihrer Tochter ziehen das in Moskau ungestört durch und fahren danach mit ihrem Auto gemütlich 1.000 km nach Estland?
Und bei Behörden lösen den Fall in zwei Tagen? Geht schnell vergleichen mit dem normalen Tempo:
2733 Tage seit der Ermordung von Boris Nemzow suchen sie immer noch nach Organisatoren
4786 Tage suchen sie nach Organisatoren der Ermordung von Natalia Estemirowa
5798 Tage suchen sie nach Organisatoren der Ermordung von Anna Politkowskaja´
Alexander Dugin ist politischer Theoretiker und Philosoph. Wer ihn verstehen will und das nicht nur aus zweiter Hand, muß zumindest sein Hauptwerk gelesen haben „Die vierte politische Theorie“, ein Buch, das auch in deutscher Übersetzung erschienen ist. Eine Empfehlung zur Lektüre auch für Herrn Spahn, wenn er vertieft versucht Erkenntnis zu erlangen über einen Gegenstand, der offensichtlich inzwischen auch praktisch vollzogene Politik betrifft. und womöglich beeinflußt.
Mit jedem weiteren Tag wird der Krieg häßlicher. Mehr Tote, mehr Zerstörung, mehr Hass.
Deutschland sollte sich hier komplett heraushalten und die Sanktionen gegen sich selbst beenden.
SOLCHE ANGRIFFE NENNT MAN TERRORANGRIFFE.
Auf jedenfalls ‚in the civilized world‘. G W Bush, ( am 23/09/2005)