Das Wahlrecht in Österreich hat eine Besonderheit, die Deutschland nicht kennt: Mit Vorzugsstimmen können die Wähler die von den Parteien festgelegte Reihenfolge auf den Parteilisten ändern. Das Ergebnis dieser Vorzugsstimmen lässt einen interessanten Vergleich unter den Politikern auf den vorderen Rängen zu.
Sebastian Kurz hat mit 129.532 mehr Vorzugsstimmen als alle anderen Parteichefs zusammen; Herbert Kickl, FPÖ, 58.158 Stimmen; Norbert Hofer, FPÖ, 23.620; Werner Kogler, Grüne, 16.086; Pamela Rendi-Wagner 12.911; Beate Meinl-Reisinger, Neos, 8.576 Stimmen.
Unübersehbar und unüberhörbar stellen die Nachrichtenleute des ORF ihre Vorliebe für eine türkis-grüne Koalition ins TV-Schaufenster (ohne wie der WDR die Grünen zur zweitstärksten Partei zu ernennen). Aber sie stellten korrekt dar, dass es in praktisch allen wichtigen Fragen keine Übereinstimmung zwischen den Wahlprogrammen von Volkspartei und Grünen gibt.
Eine programmatische Basis hätten natürlich Volkspartei und FPÖ, sie müssten nur da anknüpfen, wo sie aufhören mussten. Aber zur Zeit ist nicht klar, mit wem Kurz verbindlich reden kann bei der FPÖ. Denn diese steckt mitten drin, Klarheit in den eigenen Reihen schaffen zu müssen. Nachdem Heinz-Christian Strache seine politische Karriere für beendet erklärte, ist nun der Stellvertreter-Streit im Gange, ob seine Ehefrau Philippa Strache dem FPÖ-Club (Fraktion) im Nationalrat angehören darf oder nicht. Die Kronenzeitung titelt: „FPÖ will mit den Straches nichts mehr zu tun haben“. In der FPÖ findet ein handfester Richtungsstreit statt. Wie Kurz mit wem verhandeln soll, während dieser Streit ausgetragen wird, kann ich mir nicht recht vorstellen. Eine Anmerkung für jene, die Kurz vorwerfen, er hätte die Koalition mit der FPÖ mutwillig oder leichtfertig beendet: Was um Strache herum nun in der FPÖ stattfindet, hat seine Ursache nicht in den Neuwahlen.
Auch in der SPÖ geht es drunter und drüber. Am kommenden Sonntag sind Landtagswahlen in Vorarlberg. Als Schicksalswahl für die Sozialdemokraten gilt die Steiermark am 24. November. Ihr erster Platz scheint außer Reichweite. Im Burgenland drohen im Januar schwere Verluste. Begleitet wird die Binnendebatte der SPÖ von unangenehmen Gerüchten über Verwicklungen in die Ibiza-Affäre. Doch kommt es zu keiner Koalition der Volkspartei mit den Grünen, ist auch die Konstellation Volkspartei und SPÖ möglich – und sei es nur, um nach ihrem Scheitern Neuwahlen zu ermöglichen.
Mit den Neos käme Kurz wohl am besten klar, aber dafür hätten diese ein paar Prozent mehr holen müssen. Doch aufgeschoben ist nicht aufgehoben.
Dazwischen ein Blick auf’s Wahlergebnis:
»Neos-Gründer Matthias Strolz ist skeptisch, ob es nach den Nationalratswahlen zu einer tragfähigen Regierungskonstellation kommt«, meldet die Kronenzeitung, »Er erwarte, egal in welcher Konstellation, keine „fünfjährige Regierung“«. Diese Einschätzung teile ich. Auch sein langfristiger Blick von „einer politischen Übergangsphase hin zu einer neuen Machtdynamik“ hat viel für sich.
In Österreich rechnet niemand mit einer schnellen Regierungsbildung, sondern erst einmal mit langen Sondierungen. In aller Ruhe entspricht dem Naturell von Sebastian Kurz. Doch er ist auch für jede Überraschung gut. Er weiß, nichts kann man leichter verspielen als einen großen Wahlsieg.
……ich habe meinen österkennenreichischen freunden schon vorgeschlagen, kurz solle eine minderheitenregierung bilden. d a s können sie sich auch gut vorstellen, einige, die kurz gut kennen, halten sich dabei noch geschlossen! somit steht es für mich 50/50!
„Was um Strache herum nun in der FPÖ stattfindet, hat seine Ursache nicht in den Neuwahlen“.
Aber eine voraussichtlich schlechtere Politik für Österreich.
Den Gedankensprung von Satz 1 zu 2 verstehe ich nicht. Meint 2, Strache bewirkt „eine voraussichtlich schlechtere Politik für Österreich“?
Habe mich etwas unklar ausgedrückt. Richtig ist wohl, dass die Vorgänge um Strache nicht in den Neuwahlen begründet sind, aber höchstwahrscheinlich begründet sich in den Neuwahlen eine schlechtere Politik für Österreich, insbesondere in Sachen Zuwanderung und EU-Politik. Da das aufgrund einer stark geschwächten FPÖ nahe liegt, kann man wenn man will, Strache als Verursacher einer schlechteren Politik für Österreich sehen, wie in Ihrer Frage zum Ausdruck kommt. Das wirkt zwar in sich etwas widersprüchlich, da demnach Straches Verfehlungen zur Verhinderung einer guten Politik führen, was letztendlich wieder schlecht für Österreich ist. Insofern springe ich jetzt mal über das von Ihnen hingehaltene Stöckchen lieber Herr Goergen. Man kann aber auch fairerweise die chronologische Abfolge betrachten, wonach eine vom politischen Gegner mit großem Aufwand und geheimdienstlichen Mitteln eingefädelte Falle für Strache am Anfang stand, worauf dieser hereingefallen ist, und schließlich der Herr Kurz sich für die Sicherheit seiner persönlichen politischen Karriere vor dem Wohl Österreichs entschieden hatte.
Ibiza ging aber nur, weil Strache ist, wie er ist.
Ja wie ist er denn, der Herr Strache?
Schaue ich mich so unter den Politikern Europas um, wirkt er auf mich schlimmstenfalls durchschnittlich.
Ich weiß nicht, wie er ist. Ich kann nur sehen, was er öffentlich bekannt tat.
Jetzt, da die FPÖ den Korruptionär Strache zur Verantwortung gezogen und sich geläutert hat, steht einer Fortsetzung der konservativ-freiheitlichen Koalition nichts mehr im Wege. Schon zuvor hat es zwei Jahre lang gut funktioniert.
Herr Kurz, der nicht umsonst Hoffnungsträger vor allem junger Österreicher ist, darf sich nicht der grünen Versuchung ergeben, die seine Partei zerstören wird. Eine konservative Partei, die mit Linken koaliert, wird von ihnen automatisch nach links gezogen, siehe Merkel. SPD, Linke und Grüne haben es geschafft, die Union und zu großen Teilen auch die FDP zu kastrieren. Es gibt immer weniger Unterschiede zwischen rein rotrotgrün und gemischt regierten Bundesländern.
Linke sind zum großen Teil neid- und hassgetriebene, pseudowissenschaftliche Ideologen. Obwohl sie für den „Umweltschutz“ eintreten, verneinen sie die grundlegendsten Werte der Natur. Was ihnen nicht passt, dichten sie einfach um – oder ignorieren es völlig. Da entsteht eine völlig fiktive Welt, die nicht einmal innen kohärent und widerspruchsfrei, geschweige denn nach außen hin logisch und ethnisch haltbar ist. Egal, was man ihnen sagt – sie werden einen niederschreien, bis man aufgibt.
Der einzig sinnvolle Umgang mit solchen Leuten ist Weghören und Ausschließen. Kurz muss das bedenken. Versuche, mit Linken zu diskutieren, haben fast nie zu etwas Gutem geführt.
Lieber Herr Kurz! Zeigen Sie Österreich, zeigen Sie Deutschland, zeigen Sie der Welt, dass man ein Land auch wirklich konservativ, bürgerlich und liberal, ohne linke Demagogen und Erpresser an seiner Seite regieren kann! Bleiben Sie standhaft, egal, wie laut die rot-grünen Sirenen schreien!
Die ÖVP könnten doch auch mit den NEOS eine Minderheitenregierung auf die Beine stellen. Die paar fehlenden Stimmen wird es doch vielleicht jeweils von anderen geben können, oder sind die österreichischen Politiker genauso zugenagelt wie die Deutschen?
Angeblich gab es direkt nach der Ibiza-Affäre die Einigung, dass Strache durch Hofer ersetzt- und die Regierung fortgesetzt wird. Dann forderte Kurz aus heiterem Himmel, dass jetzt auch Kickl gehen müsste, wozu die FPÖ aber nicht bereit war und es zu dem Neuwahlen kam. Im Wahlkampf wurde immer wieder behauptet, dass es nur zu einer Neuauflage ÖVP-FPÖ OHNE Kickl kommen könnte, ansonsten nicht! Kickl ist nun aber gestärkt hervorgegangen und wird mit ziemlicher Sicherhait den Richtungskampf gewinnen. Nach all dem frage ich mich, wie es da zu einer Neuauflage kommen könnte?
Von der Kronenzeitung bin ich maßlos enttäuscht. Vor dem Strache-Video war die Berichterstattung angenehm ausgewogen. Danach spielte man die beleidigte Leberwurst und haut die FPÖ in die Pfanne, wo es nur geht. Noch eine Zeitung weniger, die ich anklicken kann.
Na, dann schaun wir mal, Herr Goergen, wer sich mit der schwarzen ** traut, bislang ist das noch keinem Partner der ÖVP gut bekommen. Den grünen Depperln trau ich es zu, geld- und machtgeil sind die allemal und bei denen würde ich mich ganz besonders freuen, wenn sie sich wieder im Weaner Untergrund auflösen würden, wie weiland der „dritte Mann“.
Im Übrigen trau ich keiner der sog. „konservativen“ Parteien, weder der ÖVP noch der CDU/CSU, die ich mittlerweile alle als Steigbügelhalter der Grünen einschätze, deren Klientel ist dieselbe wie die der Schwarzen nur jünger (deren Kinder?).
Ich hoffe, sie gehen alle den Weg der Democrazia Cristiana, Friede ihrer Asche!
Wie sähe denn in Österreich mit einer Minderheitsregierung aus?
Kurz und die Grünen: da kann man auch gleich versuchen Feuer mit Wasser zu mischen. Es sei denn Kurz wird wie Merkel. Schwer vorstellbar dass Kurz deutsche Verhältnisse will.
Für mich gibts nur die Variante ÖVP/FPÖ. ÖVP/Grün geht gar nicht.
Ich vermute es wird auf türkis-grün hinaus laufen.
Kurz wird dabei ziemlich unwohl sein.
Kogler wird noch selbstbewusster und fordernder auftreten als schon bisher.
Die Medien, die deutsche Bundesregierung und die EU-Führung werden über eine weitere grün dominierte Regierung begeistert sein.
Kurz sollte eine Minderheitsregierung machen. Kurz wird es alleine machen müssen…alles andere würde Kurz Schaden. Kurz wollte eine andere Politik…diese andere Politik wird Kurz mit den anderen Parteien = Filz, Machtpolitiker, Weltenretter, Heuchler usw nicht hinbekommen. Kurz ist zu stark um nicht zu reagieren aber auch zu schwach um anders Politik zu machen. Kurz bleibt somit im Vakuum der Politik gefangen.
Das ORF scheint sich offensichtlich an Claus Klebers ZDF-Vorschlag zu orientieren und Sebastian Kurz eine Koalition mit den Grünen „vorschreiben“ zu wollen. Sie sollten sich vielleicht noch einmal Kurz Interview mit Kleber zu Gemüte führen, indem Sebastian Kurz den Kleber so richtig alt aussehen ließ.
Das haben beim ORF auch schon einige erlebt.
Der Kleber im ORF heißt Wolf.
Als ausgewiesener Kurz-Kritiker (um nicht zu sagen, ich sehe Kurz sehr skeptisch) mit guten Verbindungen nach Österreich bleibe ich bei meiner Meinung vom Wahltag: Der Erfolg auf Kosten des Koalitionspartners wird für Kurz ein kurzfristiger sein. Er hat die Rückenlehne verloren, die ihn befreit agieren ließ.
Die FPÖ glaubte an diese Koalition, den Geist der Erneuerung und die Standhaftigkeit. Und die wesentliche Stütze dabei war Herbert Kickl. Auch wenn er trocken, ein wenig spröde, gewissermaßen als Asket daherkommt: Kickl ist ein herausragend kluger Kopf, der auch als Minister alles was er tat / entschied / wollte mehrfach absichern ließ. Kickl ist das eigentliche Opfer, die Zielscheibe des machtbesessenen Sobotka, für den der charakterschwache HC Strache die gefällige Vorlage lieferte. Strache hatte seine Verdienste, war ein Vollblut-Wahlkämpfer, seine offensichtlichen Schwächen aber traten mit Ibizza kumuliert zutage. Natürlich muss die FPÖ zu ihm jetzt eine Trennung vollziehen. Und sie wird es tun. Sebastian Kurz wird auf die FPÖ nicht zurückgreifen können. Dafür müsste Kickl geopfert werden, was sicher nicht passieren wird. Kickl wird den Parlamentsclub führen und Hofer, dieser schwache und uninspirierte Übergangschef mit Hang zum grünen Daumen wird wohl 3. Parlamentspräsident und damit entsorgt. Nachfolge: Kickl als Parteichef. Die FPÖ hat eine viertel Million Stimmen an die ÖVP verloren, eine weitere viertel Million ins Nichtwählerlager. Ein bedeutender Aderlaß, keine Basis, um in eine Regierung mit Kurz einzutreten.
Die Alternativen für Kurz sind keine, eigentlich. Ein Regieren mit den Grünen wäre bestenfalls möglich auf einer Basis wie sie die CDU in Hessen praktiziert: Die grünen Ressort dürfen in einem (weitreichend gesteckten) Rahmen frei agieren. Das nagt unakteptabel am türkisenen Wahlprogramm. Ein Regieren mit der SPÖ wäre spannungsgeladen, weil die SPÖ sich ebenfalls suchen und finden muss. Aber thematisch hat sie Schnittstellen mit der Kurz-ÖVP. So erscheint diese Variante zielführender. Damit aber geht Österreich den Weg zurück in das, für das die türkis-blaue Regierung stand: Das Ende der Vetternwirtschaft. Kurz wird dies, so wie wir ihn kennengelernt haben, wegmoderieren. Er ist, und ich knüpfte an meinen Beginn an, variabel. Und deshalb bin ich mir unsicher, ob er einen Markenkern hat, der aus sich heraus lebt. Seinem FPÖ-Programm ist die Rückenlehne weggebrochen.
Die FPÖ ist ohne Strache noch keine andere als mit ihm.
Habe ich das behauptet? Vergessen wir mal nicht, dass die Positionierung der Partei durch Jörg Haider kam und Strache sich als Softvariante in Szene setzte gegen ihn und (auch parteiintern) gewann. Und bei der Gelegenheit: Der Glaube an eine ÖVP-Minderheitsregierung unter Duldung der FPÖ (vielleicht gar noch mit NEOS-Regierungsbeteiligung) ist Wunschdenken von Leuten, die das Zerbrechen von Türkisblau bedauern. Die FPÖ muss sich konsolidieren, vielleicht sogar wiederfinden. Und das geht nur in der Opposition. Erfolg und Ansehensgewinn verwässern den Blick auf die Werte. In diesem Fall, den Markenkern. Zumindest das hat die FPÖ schon begriffen, seit Ibizza, Strache und der Nationalratswahl.
Zustimmung.
Genau Herr Goergen, und weil es Kurz um eine andere (schwächere) FPÖ ging und gar nicht um Strache, der nur der willkommene Anlass war, hat er die Regierung aufgelöst.
Kurz hat richtig erkannt, was folgen würde – siehe die jetzige Entwicklung der FPÖ.
Wo ist eigentlich die angekündigte und erhoffte Lawine?
Sie rollt permanent.
wahrscheinlich hat man als Österreicher ein feineres Gehör Herr Görgen, ich höre und sehe nichts.
Habe ich auch schon – mit Erstaunen – festgestellt.
Ja, ich habe auch so ein Gefühl, dass da eine Lawine ins Rollen gekommen ist. Allerdings bin ich mir noch nicht so sicher, in welche Richtung sie wirklich rollt. Ist der derzeitige Linksdrall (Regierung, FFF, ÖR-Propaganda, Diesel- und SUV-Bashing etc.) Ursache oder Folge der Lawine? Oder rollen gar zwei Lawinen?
Die Gegenlawine rollt langsam, aber zäh.
„Man darf nicht warten, bis aus dem Schneeball eine Lawine geworden ist. Man muß den rollenden Schneeball zertreten. Die Lawine hält keiner mehr auf. Sie ruht erst, wenn sie alles unter sich begraben hat.“ (evtl E. Kästner)
Wenn ich derzeit die Klima/Greta Hipes in Politik und Medien erlebe, so glaube ich, man versucht noch den Schneeball zu zertreten (keine Gegenlawine). Die Meldungen gerade aus der Wirtschaft scheinen doch allmählich durchzubrechen. Die Realität der Probleme wird man kaum dauerhaft verdrängen können – Falls es zur Krise kommt, werden diese , ob Euro oder Migration evident – schauen mer mal.
Grundlawinen entstehen nicht durch Schneebälle.
Herr Görgen, Sie dürften wissen was bei Kestner gemeint ist – Vergleiche hinken immer. Das man versucht die mannigfaltigen Probleme ,mittels Klimakatastrophe und Greta zu überdecken (austreten) scheint mir einsichtig. Eine Selbstauslösung einer Lawine sehe ich noch nicht – die Situation ist sicherlich labil – die Leute merken es , konnte ich an Diskussionen auf einem Familienfest verfolgen ohne mich zu beteiligen. Man sieht es auch an verstärkten Wählerwanderungen. Wir werden es sehen was passiert. Ich beobachte die Nachrichten aus der Wirtschaft – etwa der Rückgang der Gewerbesteuern in den Autostädten wie Sindelfingen und sehe dort ein Schneebrett langsam ins rutschen kommen.
In Italien / Österreich und Co. aber leider den Berg wieder rauf…
Mitnichten.
In Italien sicher nicht.
Meinen Sie die neue aus Afrika?
Die Streitereien in der FPÖ hätten ihre Ursache nicht in den Neuwahlen und es gäbe da keinen Ansprechpartner.
Wer sollte denn da verbindlicher Ansprechpartner in der SPÖ sein? Um die Joy-Pam fliegen ja auch die Fetzen. Und wen haben die Grünen außer Kogler eigentlich sonst noch? Die Siggi Maurer mit ihrem Stinkefinger?
Na, geh, bitte!
Nach längeren Sondierungen und einer kürzeren Minderheitsregierung gibts wieder Neuwahlen.
Kann gut so kommen und der Parteienkommentar stimmt.
„Eine programmatische Basis hätten natürlich Volkspartei und FPÖ, sie müssten nur da anknüpfen, wo sie aufhören mussten.“
Sie „mussten“ nicht aufhören. Sowohl Strache als auch Gudenus traten nach Bekanntwerden der Ibiza-Affäre von all ihre pol. Ämtern zurück und erfüllten damit zunächst die Bedingungen der ÖVP für eine Fortsetzung der Koalition. Jedoch stellte die ÖVP noch eine weitere Bedingung: dass nämlich Kickl als Innenminister ausgetauscht werden sollte, obwohl Kickl nichts mit der Ibiza Affäre zu tun hatte. In diesem Punkt gab es auch kein Einsehen seitens der FPÖ (warum auch?).
Ob nun die Forderung nach einer Absetzung Kickls von Kurz selber so gewollt war, oder ob er diese auf Druck anderer („Parteifreunde“, Großspender, irgendwelche NGO’s o.ä.) erhob, halte ich für spekulativ. So gesehen war der Koalitionsbruch letztlich aber bewusst herbei provoziert worden, und damit auch das Misstrauensvotum gg. Kurz mit der Folge vorgezogener Neuwahlen.
Dass von Regierungsparteien vorgezogene Neuwahlen provoziert werden, um daraus stärker hervor zu gehen, ist im pol. „Geschäft“ allerdings nicht neu. Der Unterschied ist, dass sich manche dabei verzocken (z.B. May) und andere nicht (wie eben Kurz). Kommt wohl auch darauf an, inwieweit die Wähler dieses „Spiel“ durchschauen. Trotzdem geht es dabei nur um Macht. Nichts weiter.
Nun hat die ÖVP trotz ihres Erdrutschsieges ein Problem. Mit der FPÖ hat sie die größten programmatischen Schnittmengen, aber die FPÖ wurde abgestraft und muss sich neu aufstellen. Die Grünen haben zwar ebenfalls hinzugewonnen, und mit deren Stimmen würde es für eine Koalition reichen, aber die Grünen haben die kleinsten pol. Schnittmengen mit der ÖVP. Will Kurz sein Wahlversprechen halten, wie er im Interview mit Kleber bekräftigte, dann wird er wohl kaum mit den Grünen regieren können, ohne sich dabei unglaubwürdig zu machen. Und die SPÖ, die ebenfalls verlor, steht irgendwo dazwischen.
Hätten sie weitergemacht, wäre die gleiche Situation eingetreten, nachdem die Strache-Affäre sich bei existierender türkis-blauer Regierung ausgeweitet hätte.
Auf welche(n) FPÖ-Minister hätte sich die Strache-Affäre ausgeweitet? Und warum wurde ausgerechnet Kickl vorgeschoben? Weiß man heute mehr über Kickl (oder einem anderen ehem. FPÖ-Minister) in Verbindung mit dem Ibiza-Video? Oder ging es vielleicht eher darum, eigene „Parteifreunde“ der ÖVP aus der Schusslinie zu nehmen wie bspw. den Social-Media-Beauftragten von Kurz, dem später nachgesagt wurde, dass er nach Bekanntwerden des Ibiza-Videos Akten schreddern und 5 Festplatten zerstören ließ (https://www.spiegel.de/politik/ausland/strache-affaere-staatsanwaltschaft-prueft-zusammenhang-mit-datenvernichtung-a-1282017.html)?
Mit der Ibiza-Affäre warf Strache die FPÖ um 10 Jahre zurück, ist der stehende Spruch innerhalb der FPÖ. Was dort seitdem passiert, wird nur wenig öffentlich, paralysiert aber den ganzen Verein.
Das stimmt wohl, aber die Forderung, Kickl abzusetzen, ging ja nicht von der FPÖ aus. Und die Gründe dafür sind für mich nach wie vor nicht nachvollziehbar, wenn ich davon ausgehen will, dass die OVP ein Interesse an einer Fortsetzung der Koalition ohne Strache/Gudemus gehabt hätte. Der Koalitionsbruch erscheint mir im Umkehrschluss daher immer noch seitens der ÖVP gewollt und forciert gewesen zu sein.
Die Details sind nicht maßgebend. Die Strache-FPÖ hat sich trotz seiner durchaus feststellbaren Bemühungen als regierungsunfähig erwiesen.
Das würde dann aber zur Folge haben, dass die ÖVP auch von sich aus eine Neuauflage der Koalition mit der FPÖ von vornherein ausschließen müsste. Im Kleber-Interview zeigte sich Kurz zumindest noch ‚gesprächsbereit‘. Warten wir es am besten ab.
„Trotzdem geht es dabei nur um Macht.“ Ist das in der Politik nicht ganz normal? Ohne Macht kann man nichts ändern. Den mehr oder weniger „ohn-mächtigen“ Wählern ist wohl wichtiger, was die Regierung mit der Macht macht. Das „Spiel“ von Salvini in Italien ist auch leicht zu durchschauen, trotzdem ist es ein gewaltiger Unterschied, ob mit seiner Politik das Schlepperwesen entschieden bekämpft wird oder nicht. Wie wichtig das Thema Massenmigration ist, weiß auch Kurz – sein Erfolg und der einer künftigen Koalition hängen ganz entscheidend davon ab.
Macht um etwas zu ändern (wie es die Koalition aus ÖVP und FPÖ tat), sollte die Motivation „normalerweise“ sein, um sie anzustreben. Nicht jedoch Macht zum Selbstzweck oder für Karrieregelüste von „Parteifreunden“. Für die Koalition aus ÖVP und FPÖ gab es ein Mandat. Salvini ist auch ein gutes Bsp., wie man ohne Not Neuwahlen abstrebt, um trotz eines bestehenden Mandats die Machtverhältnisse zu eigenen Gunsten zu verschieben, obwohl seine eigene Partei in der Regierung saß und Salvini selber Innenminister war. Und Kurz war Kanzler und hatte einen Koalitionspartner (und einen Innenminister), der ihn im Kampf gg. die Massenmigration unterstützte. Was sollte also im Falle von Kurz/ÖVP durch vorgezogene Neuwahlen inhaltlich am Regierungsprogramm geändert werden?
Herr Kurz kann auch eine Minderheiten-Regierung führen mit einer Billigung der FPÖ. Wenn Klarheit in den Parteien (FPÖ und SPÖ) einkehrt, kann nach einiger Zeit auch eine Koalition mit der FPÖ möglich sein. Herr Kurz ist für eine Überraschung immer gut.
Wenn’s einfach wär‘, könnt’s jeder. Sozen wollen nicht, Grüne zu weit weg von allen guten Geistern, Neos trotz Zuwachs zu schwach und Freiheitliche mit sich selbst beschäftigt? Am Ende wird die Verlockung des Goldes resp. der Schmalztöpfe schon ihre Wirkung tun. Bis dahin gibt’s Kröten mit Kreide zu futtern, wohl bekomm’s.
Ja, das haben Sie Recht Herr Goergen, aber der Kurz ist reifer als alle Politiker bei uns in Bärlin zusammen
Wie wär’s mit einer Minderheitsregierung mit den NEOS unter Duldung durch zumindest Teilen der FPÖ?
Ich schließe da fast keine Variante aus.
Fritz Goergen
Fasst keine? Welche Variante schließen Sie denn aus? Ich eigentlich nur ÖVP und SPÖ, und dies auch nur wegen der Animositäten der Parteichefs.
Auch die nicht, aber wenn, nur als Notnagel auf Zeit.
Ganz ehrlich, welche Fraktion sollte sich auf sowas einlassen? Alle wollen an den Honigtopf, und denken nicht daran diesen anderen ohne Gegenleistung zu schenken. Und Schweden ist nicht Österreich oder D.