Eine Nationalrätin der Schweizer Sozialdemokraten (SP) bezeichnete neulich eine No-Billag-Unterstützerin auf Twitter mit dem wenig schmeichelhaften Ausdruck, sie sei „dumm wie Brot“. Über die No-Billag-Initiative stimmen wir Schweizer am 4. März ab, die Initiative möchte die Billag-„Zwangsgebühren“ für Radio- und Fernsehkonsum abschaffen. Flugs ging das Gejammer los: „Inakzeptabel!“, „erbärmliches Niveau!“, so der Tenor der Anstandswärter. Die Jungfreisinnigen und die Junge SVP forderten gar eine Entschuldigung. Ach, Gottchen. Wenn für einmal die Linken nicht übersensibel sind, sind es die Bürgerlichen.
Jessica Brestel, Vize-Präsidentin der Zürcher Jungfreisinnigen und Medizinstudentin, hatte sich mit ihrer Aussage, die No-Billag-Initiative sei „ein Zeichen gegen die Selbstbedienungsmentalität des Staats, der bei Parkgebühren und Radarfallen immer mehr abkassiert“, ins Zornes-Universum von SP-Nationalrätin Jacqueline Badran manövriert. Diese erkundigte sich daraufhin in den sozialen Medien, wie man denn überhaupt einen Abitur-Schein bekommen könne, wenn man „dumm wie Brot“ sei.
Wir halten uns ja alle für tolerant und aufgeschlossen. Können mit anderen Meinungen umgehen. Besitzen Manieren, die nicht zulassen, dass uns verbaler Gegenwind zu Unsachlichkeit verleitet. Oder? Blödsinn. Natürlich ist dem oft nicht so. Wir sind Menschen und keine Roboter. Wir gifteln, beschimpfen, fluchen, lassen angestaute Energien ab – das ist allemal die sinnvollere Methode gegen den Drang, sich die Nägel wachsen zu lassen und dem Gegner damit an die Gurgel zu springen.
Selbstverständlich hätte Badran auf den persönlichen Angriff verzichten und stattdessen ihr Argument – „Brestels Medizinstudium von einer halben Million Franken wird ja auch gemeinschaftlich finanziert“ – für sich sprechen lassen können. Der Konter hat Brestels Vergleich mit den Parkgebühren ja schon von selbst ermattet. Aber in einer hitzig geführten Debatte läuft es nun mal nicht so, dass sich alle gegenseitig für ihre schlechten Argumente für ihre Meinungen enthusiastisch beklatschen.
Urteile zu seinem Geisteszustand gilt es bis zu einem gewissen Grad zu ertragen. Solange sich die Debatte nicht in eine Fäkalorgie verwandelt oder vor allem auf die Herabwürdigung oder Verleumdung des Gegenübers zielt, sollten Auseinandersetzungen in einer Demokratie emotional und bissig geführt werden dürfen. Auch wenn Andrea Nahles der Union eins „in die Fresse“ hauen möchte, oder Alexander Gauland die Regierung „jagen“, so bedeutet das nicht den gesellschaftlichen Sittenzerfall. Die Wortwahl ist eine Frage des persönlichen Stils, sie entlarvt somit ja auch den Charakter einer Person. Spitze Attacken sind auch kein Überschreiten der politischen Grenze, auch keine Verrohung der Sprache, wie heute gerne moniert wird – früher würzten Politiker ihre Rhetorik mit ganz anderen Aromen, da kam schon mal ein „Arschloch“ von Seiten eines Joschka Fischer im Bundestag. Heuchlerisch wird’s dann, wenn man wegen Beleidigungen in Empörung verfällt, obwohl man selbst mit Kontrahenten wenig zimperlich umspringt.
In Dortmund gab es übrigens vor einigen Jahren einen Fall, wo während einer hitzigen Debatte um die Integrationspolitik ein Stadtratsmitglied ein anderes als „Dummschwätzer“ bezeichnete und der Beleidigte Anzeige erstattete. Laut Faz.net wurde der Beschuldigte in erster Instanz wegen Beleidigung verurteilt, später aber hob das Bundesverfassungsgericht das Urteil auf. Die Begründung: Es sei möglich, „Dummschwätzer“ nicht als reine Beleidigung zu verstehen, „wenn sich das Schimpfwort nur als die sprachlich pointierte Bewertung im Kontext einer bestimmten Aussage des Betroffenen darstellt.“
In dem Sinne, ihr Dumpfbacken und Jammerlappen da draußen, hört auf mit dieser falschen Verklemmtheit. Wir müssen nicht penibler als penibel sein.
Anlässlich der Feier zur Verleihung des Pfizer-Forschungspreises gab es am 30.11.2007 einen Vortrag mit dem Titel; „Bakterien – intelligenter als der Mensch?“.
Somit wäre fraglich, ob „dumm wie Brot“ angesichts der möglicherweise vorhandenen Intelligenz der im Brot enthaltenen Hefe-Bakterien überhaupt eine Beleidigung ist? Der Nachweis wurde zwar bisher nicht erbracht aber es bestehen zumindest berechtigte Zweifel. ?
Vielleicht empfiehlt es sich, den Damen und Herren einige Mozart-Briefe vorzulesen…
Kommentare in den Kommentarspalten der „Leitmedien“ WELT, ZEIT, FR, TAGESSPIEGEL werden heute schon wegen nur pointierter Kritik gelöscht. Da kann man noch so vorsichtig sein in der Wortwahl – wenn die Kritik gegen die „falsche“ Seite zielt, wird man einfach „entfernt“. Und wenn man das häufiger tut, gleich ganz „gesperrt“. Eine moderne Form des „Mundtot“-Machens.
Die überzogene PC hat dazu geführt, dass es kaum noch ehrliche Meinungsäußerungen gibt. Wo endet die (nicht zu verfolgende) Meinungsäußerung und wo fängt die Beleidigung an? Mittlerweile grenzt ja schon jegliche Kritik an was auch immer an Beleidigung.
Der mimosenhafte Aufschrei bei den kleinsten Metaphern spielt nur denen in die Hände, die möglichst alles unter Strafe stellen wollen, was ihnen widerspricht.
„Der mimosenhafte Aufschrei bei den kleinsten Metaphern…“
Genau das kommt aber nun einmal dabei heraus, wenn man im öffentlichen Umgang keine Manieren mehr pflegt.
Die Jugend heute kann ja oft garnicht mehr beurteilen, ob etwas eine Beleidigung ist, oder nicht. Dann reagieren die Einen damit, dass sie immer provozierender und fäkaler werden und die anderen indem sie immer Mimosenhafter werden. Das ist die Folge von fehlenden allgemein gültigen Benimmregeln.
Für die Behauptung von einer halben Million Franken für ein Medizinstudium hätte ich gerne mal eine detaillierte Aufstellung. Bei 6 Jahren Studium und 4 Monaten Semesterferien pro Jahr wären das ja über 10.000 Franken pro Student und Monat. Dafür müsste Jeder Student einen eigenen Dozenten haben.
Einnmal davon abgesehen, dass der Staat / die Allgemeinheit diesen Betrag später über die Besteuerung der in der Regel gutbezahlten Ärzte wieder einsammelt. Wo ist der Rückfluß der Milliarden, die von den Sendeanstalten verbraten werden, an den Steuerzahler? Der Mist und die Propaganda, die da gezeigt werden, ist nun wahrlich keine adäquate Gegenleistung.
Jemanden öffentlich als dumm zu bezeichnen, kann man für eine handfeste Beleidigung halten. Wenn man sich damit nicht abfinden will, muss man halt eine Strafanzeige erstatten und abwarten, was dabei herauskommt. Öffentliches Theater mit direkten oder indirektem Hinweis auf die „political correctness“ ist nicht angebracht.
Ich sehe das anders. Man braucht sich nicht wegen jedem Pipifax aufzuregen, aber es ist ein Unterschied, ob man jemandes Aussage oder jemanden als Person als dumm bezeichnet. Ein „A****loch“ ist auch nicht nett, spricht aber nicht dem Gegenüber per se die Intelligenz ab, um überhaupt ernst genommen werden zu können.
Eine Debattenkultur, die jederzeit ins persönlich Beleidigende abdriftet und auf die Herabwürdigung der Person abzielt, ist keine. Wer keine Argumente hat, sollte halt auch mal gepflegt die Finger von der Tastatur nehmen oder seine Einwände beleidigungsfrei anbringen. Eine hitzige Bundestagsdebatte ist auch nochmal was anderes als seine Ansichten schriftlich in die Welt zu zwitschern.
Man merkt, dass die Autorin zu einer anderen Generation gehört, der Respekt vorm Gegenüber zählt nicht mehr.
Dem Vorgesetzten wird kaum jemand sagen, er sei dumm wie Brot, oder er sei ein Dummschwätzer. Und zwar aus Respekt vor dem „Chef“. Dieser Respekt mag dem „Amt“, der „Macht“ gezollt sein, aber sie wirkt.
Den gleichen Respekt erwarte ich von Fremden mir gegenüber und ich gewähre ihn auch Fremden gegenüber. Deshalb bezeichne ich Fremde nicht als Dummschwätzer.
Etwas anders sieht es aus im direkten Freundeskreis und in der Familie. Ein Anhaltspunkt für den respektvollen Umgang miteinander gab früher das „Sietzen“ bzw. „Duzen“ her. Es sagt sich so schlecht „Sie Arxxxloch“.
Im Zuge des allgemeinen Duzen fiel hier eine Schranke, nun meint man jeden auch verbal respektlos angehen zu dürfen. Gerade Joschka Fischer ist da das passende Beispiel, ein typischer 68er.
Stil und Respekt im Umgang miteinander, gepaart mit Intelligenz und Wortwitz hat es nicht nötig in die „Proletensprache“ abzugleiten.
Wer keinen Stil besitzt, oder nicht über den Wortwitz verfügt, der mag es ok finden, wenn Regierungen nun „gejagt“ werden, oder es „etwas in die Fresse gibt“.
Und was ist dann mit dem so zeideutigen Götzzitat?
Fragen Sie sich das doch einfach selbst. Würden Sie das gerne von Untergebenen gesagt bekommen? Würden Sie das dem Chef gegenüber benutzen?
So schwierig ist es doch nicht, ein wenig Manieren zu pflegen …
Habe da eine andere Meinung.
Man denkt sich oft seinen Teil, äußert das auch im Bekanntenkreis und es kann auch vorkommen, dass man seinem Gegenüber die Meinung ins Gesicht sagt.
Eine Veröffentlichung per Twitter, Facebook, etc. hat für mich eine andere Qualität, da die Äußerung dann weder privat noch im Affekt geschieht.
Übersetzt heisst das wohl in DE. penibel=PC?
https://www.duden.de/suchen/dudenonline/penibel
Danke für den Hinweis. Mein Anliegen war es eher darauf hinzudeuten, dass die Politiker in DE nicht mit penibel unterwegs sind, sondern mit politisch korrekt.
Ja, das ist wohl so. Das meint Tamara Wernli aber nicht.
Verbalinjurien sind vermutlich so lange in Ordnung, so lange sich die Kontrahenten auf Augenhöhe befinden. Problematisch wird es, wenn gegen eine bestimmte Gruppe von Menschen, etwa seitens einer Mehrheit, verleumderisch gesprochen und geurteilt wird. In diesem Fall ist der Übergang zur Hetze fließend. Man kann den Vorgang derzeit in Deutschland wohl am besten an dem Umgang mit „Rechten“ oder der AfD beispielhaft verfolgen. Es entsteht seitens der Urteilenden eine Art Enthemmung in Wortwahl und bisweilen auch in der Tat. Diese Enthemmung beruht auf dem sicheren Gefühl einer maßgebenden Mehrheit anzugehören. Aggressive Charaktere können ihren zuvor unterdrückten Impulsen freien Lauf lassen. Bei Teilen der Antifa etwa, lässt sich dieses Verhalten derzeit exemplarisch studieren.
Danke Frau Wernli, es muss gute Auseinandersetzungen geben, da können ruhig Argumente zugespitzt werden. Übel empfinde ich allerdings, die verschlagene Herabsetzung, wenn ehrliche Realisten z. B. als Klima-Leugner beschimpft werden, weil sie die jährliche Strompreis-Ralley in Deutschland als einen Betrug an den Deutschen Verbrauchern kritisieren. Sie können als Schweizerin wenigstens darüber abstimmen, ob sie für einen modischen Schnickschnack den doppelten Preis zahlen wollen, wir in Deutschland werden von unseren Altkadern per Bundestags-Gesetz gezwungen, jährlich zig Mrd. € an die Windbarone, Solardachhalter und Gärgas-Bauern zu überweisen, als ob wir in einer Bananen-Republik ausgebeutet sind.
Da beneide ich die Alpenländer, wo Demokratie Tradition hat, wo der Bürger mit entscheidet wer ihn was kostet, und wo vor allem kein politischer Personenkult zelebriert wird.
Moin moin Frau Wernli,
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte. Mii-miii-miii, ich hier drinnen bin weder Dumpfbacke, Dünnbrettbohrer, noch larmoyanter appenzeller Jammertaler.
Achtung ein Scherz: Ich fordere Satisfaktion (oder heißt das heutzutage Speed-Date?):
5 Uhr früh vor Sonnenuntergang, Distanz 5oo m, Pistolenwerfen bei der alten Linde. ;-))