<
>
Wird geladen...
"Cultural appropriation"

Ein Kleid ist ein Kleid ist ein Kleid – oder doch nicht?

04.05.2018

| Lesedauer: 2 Minuten
Chinesische Gewänder dürfen nun mal nur Chinesen tragen. Kimonos nur Japaner, Dirndl nur Bayerinnen und Österreicherinnen. Solange wir diese Segregation nicht alle verinnerlicht haben, wird das nie etwas mit dem Wir-Gefühl, mit interkultureller Würdigung und Toleranz.

„My culture is NOT your goddamn prom dress.“ Meine Kultur ist nicht dein verdammtes Prom-Kleid. Bumm. Herr Lams Gemüt war am Wochenende bei Twitter feurig erregt. Nein, Herrn Lam, einen jungen Asiaten aus den USA, muss man nicht kennen. Ein Mädchen hat Bilder von ihrer High-School-Feier gepostet, auf denen es ein Qipao trägt.

Das Fräulein ist keine Chinesin, notabene. Ein Qipao ist aber ein traditionelles chinesisches Kleid, hoher Kragen, seitlicher Schlitz, aus Seide oder Satin, dessen Tragen für Nicht-Chinesen strikt verboten ist. Zu meiner Schande besitze ich auch eines, habe schon darin moderiert. Herr Lam hatte das aber nicht mitbekommen.

Und in China fällt ein Sack Reis um, denken Sie jetzt vielleicht. Von wegen. Zwar dürften sich Chinesen in China über den von Massenmedien aufgegriffenen Qipao-Skandal schlapp lachen, in den USA aber hat das Stück Stoff ein Erdbeben ausgelöst. Innert kurzer Zeit hat Herrn Lams Tweet 179’000 Likes erhalten. Ein Volltreffer, Herr Lams Durchbruch sozusagen. Er hat 179’000 Menschen überzeugt, dass das Mädchen das falsche Kleid trägt. Der Fauxpas liegt auf einer Schlimmheitsskala etwa auf derselben Stufe, wie wenn ich mir ein Hakenkreuz auf die Stirn tätowieren lasse und damit auf eine Feier gehe. Oder mich in ein weisses, oben spitzes Bettlaken hülle.

Ein Kleid als Symbol von Gender-Gleichheit

Herr Lam schreibt weiter, das Kleid sei ursprünglich für Chinesinnen kreiert worden, die als Reinigungskraft arbeiteten. Zu einer Zeit, als asiatische Frauen unterdrückt wurden, sei es Symbol ihres Aktivismus geworden. Es bedeute Gender-Gleichheit. Es habe die Teilung der Klassen durchbrochen. Dass das Qipao einfach Teil des amerikanischen Materialismus ist und einem weissen Publikum diene, sei vergleichbar mit kolonialer Ideologie.

Das sind Argumente vom Format eines Jahrhundertdenkers. Mao höchstpersönlich hätte das nicht besser formuliert. Warum ist das noch nicht bei allen angekommen? Chinesische Gewänder dürfen nun mal nur Chinesen tragen. Kimonos nur Japaner, Saris nur Inderinnen, Dirndl nur Bayerinnen und Österreicherinnen. Anzüge und Krawatte sind nur weissen Männern erlaubt, gestrecktes Haar weissen Frauen. Wer nicht Amerikaner ist, sollte keine Levis tragen, Nicht-Italiener nicht italienisch kochen. Wagner singen oder Mozart klimpern geht nur bei Europäern, eine Demokratie ausrufen nur bei den Griechen. Und dass so viele Nicht-Babylonier mathematische Formeln benützen – ohne Worte! Solange wir diese Segregation nicht alle verinnerlicht haben, wird das nie etwas mit dem Wir-Gefühl, mit interkultureller Würdigung und Toleranz.

Die Grenzen von Multi-Kulti

Der Trend geht ja sowieso weg von der Durchmischung von Kulturen. Denn Durchmischung heisst Diebstahl von Identitäten und cultural appropriation, also Aneignung von Kultur, heisst rassistische weisse Menschen, die sie herabwürdigen, Textil einfach als Fashionstatement oder Kostüm benützen. Kleider haben aber eine lange Geschichte. Wie auch das Qipao, das an einem Tag irgendwo in Taiwan, pardon, in China, für Fr. 18.99 produziert wurde.

Weisse sollten bei Diskussionen um Identitätspolitik ohnehin nicht mitreden. Und besser dem gefeierten Herrn Lam zuhören, wie 179’000 Kultursensible es vernünftigerweise tun. Er selbst kleidet sich zwar nicht wie ein Chinese im 19. Jahrhundert, auf seinem Profilbild trägt er Shorts und eine Baseballkappe von Adidas, aber auf Twitter schrieb er immerhin: „Ich esse Tamales mit Stäbchen.“ Und in Guatemala fällt gerade ein Sack Mais um.

Unterstuetzen-Formular

WENN IHNEN DIESER ARTIKEL GEFALLEN HAT, UNTERSTÜTZEN SIE TICHYS EINBLICK. SO MACHEN SIE UNABHÄNGIGEN JOURNALISMUS MÖGLICH.

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

26 Kommentare

  1. Menno, da will mal jemand richtiggehend multikulti sein, und dann soll sie das nicht dürfen 🙂

    Manche Menschen sind halt regelrecht dazu verdonnert Witze zu produzieren. Ich rechne Herrn Lam zu dieser besonderen Gattung 🙂

  2. Weisse (Und damit sind ja allein Weisse Männer gemeint. Die weisse Feministin steht selbstredend nicht auf der Seite ihrer Männer, sondern Seit an Seit mit den Unterdrückten.) dürfen nicht mitreden. Wer bestimmt das? Die Grenzen der Hirnmöblierung kann man bei den Gender-,Kultur-, und Sonstwie-Warriorn gut erkennen. Wir sind gleichzeitig alle gleich und total unterschiedlich. Und weisse Männer sind an allem schuld. Wie gut, dass sich hier an den Sozialkassen zu bedienen, weder kulturelle noch finanzielle Aneignung ist.

  3. „Weisse sollten bei Diskussionen um Identitätspolitik ohnehin nicht mitreden. “
    ………………………………………………..
    Oder sollten sie vielleicht erst recht- gleiches Recht für alle!- ihre Errungenschaften zB in Medizin und Technik genauso als ihre Identität gegen die Nutzung durch andere Kulturen vehement verteidigen?
    Man stelle sich zB China ohne Flughäfen, ohne moderne Verkehrsinfrastruktur, ohne Hochhäuser vor. Oder Afrika unberührt von allen westlichen Ideen, mit weiterhin hoher Kindersterblichkeit und niedriger Lebenserwartung. Usw usw.
    Und -noch weiter gedacht- wenn eine „Aneignung“ oder ein „Ausleihen“ von fremder Kultur nicht zulässig wäre, dürfte es eine „Aneignung“ oder ein „Ausleihen“ kulturfremden Bodens, also die Migration von Menschen in andere Kulturkreise, erst recht nicht geben.

  4. Analog zur Kopftuchdebatte jetzt also eine Debatte über die Bedeutung eines Kulturkleidungsstücks, das seine Zeit überlebt hat, obwohl sein Zweck längst erfüllt ist. Sogesehen bräuchte auch die asiatische Frau das Kleid nicht mehr zu tragen und die Produktion müsste eingestellt werden.

    Soll Herr Lam doch einfach den Hersteller fragen, für wen genau das Kleid noch hergestellt wird. Dazu müsste man allerdings zuerst die Scheuklappen abnehmen.

  5. Mei bin ich froh, nicht twitter- und facebook-abhängig zu sein. Sollte man sowas nicht schlicht ignorieren? Ich begegne im „real-life“ auch so manchen Idio…, sehe mich dann aber nicht veranlasst, mich über ihn aufzuregen oder gar zu kritisieren, sondern mache gedanklich (0der besser noch räumlich) einen großen Bogen.

  6. Kennt der Herr Lam denn die Migrations-Agenda der UN nicht? Ziel dieser menschenverachtenden Bürokraten ist doch die Herstellung einer von ethnischen Besonderheiten und Kulturvorstellungen gesäuberten Mischrasse gleichartiger und damit auch gleich gekleideter menschenähnlicher Figuren. Irgendwas passt da nicht.

  7. Es ist halt ein Kleid, für das man auch die entsprechende Figur mitbringen muss. bei der Fettleibigkeit der meisten Amerikaner kann ich Herrn Lam schon verstehen, dass er sich darüber aufregt.
    Als Gegenreaktion könnte man ja Mc Donalds den Verkauf seiner „Hamburger“ verbieten, da der Ursprung der Idee ja in Hamburg liegt. „Hamburger“ also nur in Hamburg verkauft und von Hamburgern gegessen werden dürfen.

  8. Sie besitzen ein Kleid, das für nicht Chinesen streng verboten ist? Also wenn das gute Stück die unsrige Sitte nicht in Bewegung setzt, dann stimmt das einfach nicht. Auf Umwegen (Schuld sind immer meine Kinder) haben wir gelegentlich chinesischen Besuch. Hat die Autorin das auch?

  9. Ja, neee, is klar! Und Pizza dürfen nur Italiener essen!
    Es wäre zum Schlapplachen, wenn nicht auf diesem Niveau tatsächlich diskutiert würde. Und hätte das in Deutschland stattgefunden, würde ich davon ausgehen, dass Herr Lam kein Chinese, sondern Mitglied in einer Teddywerfer-Bahnhofsjubler-NGO mit bio-deutscher Herkunft wäre…

  10. Ich halte für wahrscheinlicher, dass der angeblich kulturelle Grund nur vorgeschoben ist und die Empörten lediglich neidisch auf die Hübsche sind. Denn andere runter machen ist einfacher, als sich selbst anzustrengen, sportlich
    auszusehen oder eine geschmackvolle Garderobe auszusuchen.

  11. In den USA ( wo sonst ? ) hat eine Afroamerikanerin einen weißen Studenten mit Rastazotteln handgreiflich am Betreten der Universität hindern wollen, ist bei Youtube zu sehen. Ihre Begründung war, er wäre nicht berechtigt, Rastazotteln zu tragen, da diese ein Kulturgut der Afrikaner seien und das Tragen dieser Zotteln von Weißen einem Raub von afrikanischem Kulturgut gleichkäme. Die hier beschriebene Aufregung wegen des Tragens eines chinesischen Kleids von einer Nichtchinesin geht in die gleiche Richtung. Also liebe Nichtweiße, seid konsequent und verzichtet umgehend auf die Verwendung sämtlicher weißer Kulturgüter als da sind: Autos, Flugzeuge, Computer, Internet, Telefone, Kühlschränke, Waschmaschinen, eigentlich alle elektrisch betriebene Geräte, alle von der weißen Pharmaindustrie entwickelten Medikamente und chirurgische Eingriffe, Impfungen etc. etc. Jetzt verstehe ich endlich die Forderung nach “ no borders = keine Grenzen „. Das bezieht sich wohl auf die Dummheit, die offenbar grenzenlos ist.

  12. …ach du Schreck, hoffentlich müssen wir nicht langweilige Hosenanzüge im Schößchenkastenformat in Altrosa oder Schmandgrün tragen. Hallo Chinesen, wir sind zig Millionen mehr als diese Person an die sie wahrscheinlich denken, wenn sie Deutsche hören. Wir kleiden, denken,fühlen,handeln völlig anders als der abgetragenste Hosenazug der Welt!

  13. Die blaue Mao-Jacke wäre das richtige für Herrn Lam und Schlappen aus Reisstroh.
    Dirndl ziehe ich aus Prinzip nicht mehr an, denn das war in den Fünfzigern die sommerliche Einheitskleidung für kleine Mädchen, ob von C&A oder der Hausschneiderin mit eingenähter Wachstumsreserve. Mein Mann musste die kurzen Lederhosen seines großen Bruders auftragen. Sie werden verstehen, liebe Frau Wernli. 😉 Da sind wir voll kuriert.
    Aber sonst sind wir jedem Ethnotrend gegenüber aufgeschlossen, vorausgesetzt er steht uns.

  14. Wir wollen doch nicht etwa auf halbem Weg stehenbleiben?!! Chinesische Kleider tragen nur Chinesen, jawoll und Chinesen leben nur in China – und keinesfalls anderswo. Die Kulturen bleiben unter sich und da frage ich mich, wie Herr Lam, der so entschlossen seine Kultur verteidigt, eigentlich so dreist sein kann, in den USA die dortige Kultur zu stören? Husch, husch, zurück nach China!

  15. Herr Lam ist einfach nur ein Rassist. Wie die meisten Chinesen übrigens. Fragt mal schwarze Studenten, die in China studieren.

    • Nur der Vollständigkeit halber: Die Schwarzen sind in der Regel auch Rassisten. Weiß auch jeder, der ein wenig von Afrika kennt. Ein buddhistischer Lama hat mir mal gesagt: „Wenn es hart auf hart kommt, steckt wohl in jedem ein Rassist. Kommt allein auf die Lage an und unter welchem Druck man steht. In Krisen sucht man automatisch die vertraute Gruppe. Das hat die Natur so angelegt.“ Ich möchte noch hinzufügen. Weisse, die Anti-Weiss sind, sind nicht fortschrittlich. Sie hacken ihre eigene Wurzeln ab.“ Zu Herrn Lam: Wie blöd kann man sein? Gib erstmal deine „weisse“ Kreditkarte ab, lösch deine „weissen“ Social-Media-Account und nehm die bescheuerte „weisse“ Baseballkappe ab.

  16. Die Gestalten die dieses Mädchen kritisieren, das sind die gleichen verkorksten Heuchler, die aber gleichzeitig beim World Hijab Day dafür plädieren, das westliche Frauen sich mal einen Müllsack über den Kopf ziehen.

    Es sind die gleichen intoleranten Jakobiner, die sich aufregen, wenn sich kleine Jungs an Karnevall als Indianer verkleiden.

    Es sind die gleichen Irrlichter, die sich bei jedem isolierten Stamm in Brasilien oder Afrika um die indigene Kultur sorgen, im Westen diese aber zerstören wollen.

    Und es sind die gleichen kranken Gemüter, die kein Problem damit haben, wenn sich in den USA farbige Sternchen die Haare blond färben und sich die Naturlocken glätten, aber in Schnappatmung verfallen, wenn sich weiße Rasterlocken zulegen.

    Sie alle sind der Feind der Freiheit.

  17. So wie die Linken über heutige angebliche Unterdrückung der Frauen reden, dürfte eigentlich kein Einwanderer kein simples Tshirt tragen. Die haben wir nämlich erfunden. Aber diese Kleidungskolonialisten tun es dennoch.. .

  18. Nun – konsequent zu Ende gedacht, heißt das, dass die gesamte Nicht-Westliche-Welt augenblicklich die Finger von jeder Segnung der Moderne zu lassen hat, die so ziemlich ausschließlich der westlichen Kultur entstammen.

    Dieses Verhalten ist in meinen Augen eine überkanditelte Rosinenpickerei mit begrenztem Horizont. Jeder Einfluss einer Kultur auf eine andere wird nachträglich zur halbkriminellen Handlung umdefiniert.

    Da sind sie wieder, die Vorschreiber, Verbieter und „Besserwisser“.

  19. Nee nee Frau Wernli das haben Sie falsch verstanden. Selbstverständlich darf eine Chinesin ein Dirndl tragen, problematisch ist es nur im umgekehrten Fall.

  20. Internationale Mode hin , Mode her . Die deutsche Dame schlüpft doch am liebsten in einen feschen Hosenanzug , designt und gefertigt im Modemekka Uckermark. Bei besonderen Anlässen, nicht zuletzt auch wegen des Klimawandels, kommt der Lodenmantel wieder zu Ehren.

  21. Das treibt mich in die Verzweiflung. Ich besitze ein Trump Basecap, von einer ehemaligen tschechischen jetzt USA Staatsbürgerin in den USA gekauft,
    zu meinem Leidwesen wie nicht anders zu erwarten, Made in China.
    Wie und wo kann ich mich bei all diesen Völkern entschuldigen und als Atheist der ich noch bin, Abbitte tun?
    Ist mir seelisch, moralisch geholfen, wenn ich mich umgehend auf die Pilgerreise nach Trier begebe und dieses Machwerk des chinesischen und USA Imperialismus unter der in China produzierten Statue des deutschen Kommunisten Marx verbrenne?
    Ach Quatsch, gut Ding will Weile haben und muss länger bedacht werden. Ich schließe jetzt mein Büro hier in der CZ zu, fahre in die mir von einem Vietnamesen in CZ vermietete Wohnung und werde ein (oder zwei) Weißbier aus Franken trinken, gebraut in der Tradition des ehem. „Königl.-bayer. Weizenbräuhauses“.

  22. Ich hol´ mir jetzt ´nen Döner und trink´ dazu ein Radeberger. Gruß aus Berlin;-)

    • Nein, so geht das nicht. Denn wo kommen wir denn hin, wenn ich hier in Nochdhessen statt Ahle Wurscht und Hütt Pils zum Sushi ein Flens trinke. ?

  23. Habe mich bereits vor ein paar Tagen durch die Twitterkommentare gewühlt.

    Sollte man aber immer nur in kleinen Dosen genießen, die SJW-Trottel verkleistern einem sonst die Birne mit ihrem Blödsinn.

    Der Twitteruser Lam wurde übrigens schon von eifrigen Menschen als Heuchler entlarvt. Schließlich hat er mehrmals in älteren Tweets unreflektiert das „N-word“ benutzt.

    Tja, so schnell kanns gehen.

    • Vor 100 Jahren sind die Warrior (damals noch nicht Sozial-Justice) mit „Hurra in den Untergang“ gerannt,
      heute rennen die Warrior (Sozial-Justice) mit „Hurra in die eigene Totalverblödung“, (selbst)nachdenken unerwünscht.

      Wie Geschichte sich irgendwie, wenn auch anders, wiederholen kann.

Einen Kommentar abschicken