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METZGERS ORDNUNGSRUF 32-2021

Kurswechsel der Fed voraus – Zinsänderungsrisiko durch hohe Staatsschulden

26.08.2021

| Lesedauer: 4 Minuten
Das Notenbanker-Treffen in Jackson Hole mit Fed-Chef Jerome Powell setzt das Signal: Die Zeit der hyperexzessiven Geldpolitik geht wohl zu Ende. Doch deutsche Politiker setzen weiter auf Niedrigzinsen und nähren die Illusion der vermeintlich risikolosen Nullzins-Verschuldung.

Alljährlich treffen sich in Jackson Hole, im noblen Kurort am Fuß der Rocky Mountains, die wichtigsten Notenbanker der Welt zu einem Treffen. In diesem Jahr findet das Symposium zwar in deutlich kleinerem persönlichen Rahmen als gewohnt und teilweise im Cyber-Space statt. Nichtsdestotrotz schauen die globalen Finanzmärkte besonders gespannt auf die Rede des US-Notenbank-Chefs Jerome Powell, die er am Freitagmorgen (08.00 Uhr Ortszeit) halten wird. Viele Auguren erwarten die Ankündigung des sogenannten „Tapering“, die Reduzierung der Wertpapierkäufe durch die US-Notenbank Fed. Die Bank von England übrigens hat ein solches Vorgehen bereits öffentlich angekündigt. Derzeit kauft die Fed monatlich für 80 Milliarden US-Dollar Staatsanleihen und für 40 Milliarden US-Hypothekenanleihen.

Doch der hohe Inflationsdruck in den USA von deutlich über 5 Prozent und eine außer in Kriegszeiten nie dagewesene Staatsverschuldung erzwingen förmlich ein Herunterfahren der exzessiven Geldpolitik, zumal die Biden-Regierung gleichzeitig auch noch Billionen-Dollar-schwere investive und konsumtive Konjunkturpakete geschnürt hat, obwohl die Wirtschaft in den Staaten schon auf Hochtouren läuft.

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EZB-Chefin Christine Lagarde wird nicht persönlich in Jackson Hole dabei sein, aber von den Auswirkungen eines Kurswechsels der Fed und anderer Notenbanken der Welt wird sich die EZB nicht abkoppeln können, auch wenn Europas Schuldenstaaten ohne die Gelddruckmaschine der Notenbank pleite und der Euro als Folge längst kollabiert wäre. Allein in der vorigen Woche kaufte die EZB Staatsanleihen im Wert von 25 Milliarden Euro. Wie die Statistiken des Internationalen Währungsfonds belegen, haben die Fed und die EZB inzwischen rund 20 Prozent der öffentlichen Verbindlichkeiten in ihren Büchern. In Japan und Großbritannien sind es jeweils mehr als ein Drittel.

In der deutschen Politik, in der das Statistische Bundesamt gerade das höchste Haushaltsdefizit in einem 1. Halbjahr seit 1995 verkündet hat, setzen Politiker aus Opposition und Regierungsfraktionen weiter auf Niedrigzinsen. Das Motto: Wenn Schulden schon nichts kosten, weil die Zinsen praktisch abgeschafft sind, dann gehen wir in die Vollen. Grünen-Chef Robert Habeck, der bei einer Regierungsbeteiligung der Grünen als Finanzminister gehandelt wird, spricht sich offen für eine Lockerung der Schuldenbremse im Grundgesetz aus, „weil das angesichts der niedrigen Zinsen der sinnvollste Weg ist“. Auch der CSU-Vorsitzende Markus Söder ließ erst vor wenigen Tagen erkennen, dass man für Investitionen in Klimaschutz und Digitalisierung mehr Spielraum brauche. Der im Moment als zugkräftigster Kanzler-Aspirant gehandelte Olaf Scholz steht ebenfalls für eine Modifizierung der Schuldenbremse, seine SPD ohnehin wie die Grünen und die Linken. Zwar braucht es im Parlament eine Zweidrittelmehrheit für eine Änderung oder gar Abschaffung der grundgesetzlichen Schuldenregel, aber ob FDP, AfD und größere Teile der Unionsfraktion eine Drittel-Sperrminorität in der nächsten Legislaturperiode garantieren werden, ist angesichts des opportunistischen Politikbetriebs keineswegs ausgemacht.

Das Zinsänderungsrisiko lässt sich berechnen

Über viele Jahre haben sich die Finanzminister des Bundes und der Länder an permanent sinkende Zinsausgaben gewöhnt. Obwohl sich die Verschuldung des Bundes in den vergangenen 25 Jahren mehr als verdoppelt hat – von 630 Milliarden Euro (1995) auf heute 1,3 Billionen Euro (Stand vom 31.07.2021), sind die jährlichen Zinsausgaben seit 2009 ständig gesunken: von damals 38,1 Milliarden Euro auf 6,4 Milliarden Euro im Jahr 2020. Wer die Kreditaufnahmeberichte der Bundesfinanzagentur (Kreditaufnahmebericht des Bundes 2020 (deutsche-finanzagentur.de)) liest, erkennt den Zusammenhang von Zinsentwicklung und Zinshöhe. Zu beachten ist auch die Laufzeitenstruktur der unterschiedlichen Kreditaufnahmeinstrumente des Bundes. Aktuell beträgt die durchschnittliche Laufzeit von Bundespapieren knapp 6,8 Jahre. Für die Zinsausgabenentwicklung des Bundes ist deshalb entscheidend, wieviel Anschlussfinanzierung der Staat jährlich braucht. Und da untertreibt die ausgewiesene Summe der sogenannten Nettokreditaufnahme, obwohl sie in den beiden Corona-Jahren auf rekordträchtige dreistellige Milliardensummen angestiegen ist.

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Für das Zinsänderungsrisiko ist die Bruttoneuverschuldung entscheidend, die Summe, mit der die Bundesfinanzagentur auslaufende Anleihen anschlussfinanzieren muss. Denn der Bund tilgt zwar planmäßig jährlich Kredite, muss sie aber unmittelbar wieder durch neue Kreditaufnahmen ersetzen. Der „Tilgungsplan“ der Bundesfinanzagentur (Stand: 31.07.2021) Tilgungen des Bundes und seiner Sondervermögen im Jahr 2021 (deutsche-finanzagentur.de) beschönigt mit seiner schönfärberischen Überschrift, dass die „Tilgungen“ über insgesamt 343,5 Milliarden Euro sofort wieder durch neue Kredite ersetzt werden müssen. Obwohl die geplante Nettokreditaufnahme in diesem Jahr unglaubliche 240,2 Milliarden Euro beträgt und damit einen absoluten Negativrekord aufstellt, liegt also selbst jetzt die Anschlussfinanzierung von auslaufenden Krediten um 123 Milliarden Euro höher.

Das Zinsänderungsrisiko schlägt also immer jährlich in Höhe der jeweils geltenden Zins-Konditionen auf die Bruttoneuverschuldung durch. Erhöht sich die Refinanzierung um 1 Prozent, dann erhöhen sich die jährlichen Zinsausgaben des Bundes aktuell um 3,5 Milliarden Euro. Wer sich die Entwicklung der Zinsen für die Bruttokreditaufnahme des deutschen Bundeshaushalts und seiner Sondervermögen in den vergangenen 25 Jahren vor Augen führt, vor allem in den letzten fünf Jahren, kann leicht abschätzen, was eine umgekehrte Entwicklung für den Staatshaushalt bedeuten würde: Im Jahr 1996 lagen die Zinsen für die Anschlussfinanzierung bei 5,35 Prozent, 2000 bei 5,43 Prozent, 2005 bei 3,38 Prozent, 2010 bei 2,44 Prozent, 2015 bei 0,61 Prozent und 2020 bei minus 0,38 Prozent.

Politiker, die auf das Bundesfinanzministerium schielen wie der Grüne Habeck, sollten das Zinsänderungsrisiko im Auge haben und nicht die Illusion der vermeintlich risikolosen Nullzins-Verschuldung nähren. Vermögenspreisblasen können schnell platzen – ob an den Aktien- oder Immobilienmärkten, die von der Nullzinspolitik leben. Deshalb werden die Finanzmärkte auch alle Hebel in Bewegung setzen, um die drohende geldpolitische Kehrtwende durch Kursturbulenzen zu torpedieren. Die Angst vor dem nächsten Crash oder gar einer Rezession soll die Notenbanken daran hindern, ihre Kriseninterventionen zu beenden. Doch die Inflation ist bereits auf dem Vormarsch und schleicht sich als heimliche Enteignung in die Börsen und die Altersvorsorge von Millionen Menschen.

Gerade in der Klimapolitik so vehement auf Nachhaltigkeit pochende Parteien sollten diesen Grundsatz auch in der Haushalts- und Finanzpolitik beherzigen. Und sie sollten sich unter ihr Kopfkissen den Leitsatz von Ludwig Erhard legen: „Verteilt werden kann nur, was vorher erwirtschaftet wurde.“ Ohne solide und langfristig tragfähige Finanzpolitik gibt es keinen dauerhaften Wohlstand, keinen leistungsfähigen Sozialstaat, kein ökologisch verträgliches Wirtschaften.

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24 Kommentare

  1. „Doch der hohe Inflationsdruck in den USA von deutlich über 5 Prozent und eine außer in Kriegszeiten nie dagewesene Staatsverschuldung erzwingen förmlich ein Herunterfahren der exzessiven Geldpolitik.“
    Warum? Die finanzielle Repression ist die einzige Chance, wie die Vereinigten Staaten mit ihren enormen Staatsschulden und der Verschuldung der Unternehmen umgehen können. Jeder Versuch einer strikteren Geldpolitik ist zum Scheitern verurteilt, wie die vergangenen Jahre gezeigt haben. Sobald die ersten Andeutungen einer Abkehr von dem ultralockeren Kurs zu verschlechterten Konjunkturdaten und fallenden Aktien führen, wird die US-Notenbank unter dem Druck der Politik einknicken und eine Kehrtwende vollziehen. Dieses Spiel wird nun schon seit Jahrzehnten gespielt, wobei der Einsatz immer höher wird.
    Die Enteignung der Sparer nimmt man dabei billigend in Kauf, zumal die US-Bürger nicht allzu sehr zum Sparen neigen. Und wenn ja, dann nicht in so unsinniger Weise wie die Deutschen, die ihre Guthaben auf Sparbuch und Tagesgeldkonto bunkern, sondern in Form von Fonds und Aktien, die von der Niedrigzinspolitik massiv profitieren.

  2. Habeck hat Geisteswissenschaften studiert und wusste nicht einmal, was die Pendlerpauschale ist. Und dann ist er auch noch bei einer Partei, deren Agenda mit Rationalität nicht viel am Hut hat.

    Was sollte ausgerechnet ihn zum Finanzminister qualifizieren? Bleibt uns denn wirklich gar nichts erspart?

  3. Gut gemeint aber leider der falsche Ansatz – Wir leben in einer Währungsunion, es ergibt keinen Sinn, dass sich Deutschland an die schwarze Null klammert aber gleichzeitigt die Länder in Südeuropa defizit-finanziert weit über ihre Verhältnisse leben. Die Staatsschulden in Europa und der Welt können mit 100%-iger Sicherheit nicht mehr zurückgeführt werden. Daher sollte Deutschland durch Steuersenkungen die Bürger entlasten und gleichzeitig die Investitionen in Infrastruktur substantiell erhöhen – natürlich alles auf Pump finanziert. Der EURO-Währungsraum ist wie eine Partygesellschaft. Nordeuropa und im wesentlichen Deutschland zahlt für ganz Südeuropa, mitgefeiert werden darf aber nicht – so doof kann man an sich kaum sein. Zeit dass wir auch mal richtig die Sau rauslassen.

    • Das wird sich politisch nicht durchsetzen lassen. Die EU agiert doch schon jetzt wie ein angeschlagener Boxer – bevor das Register kommt bricht die EU auseinander. Abgesehen von politischen Erwägungen: Wie sollte sich das praktisch umsetzen lassen, insbesondere in Südeuropa? In Griechenland gibt es nicht mal einen funktionierenden Kataster – viel Spaß bei der Erstellung des Vermögensregister

  4. Die Bedrohung Deutschlands kommt seit über 150 Jahren stets von innen bzw. von totalitären Wolkenkuckucksheim-Politikern und ihrer Gefolgschaft von notorischen Realitätsverweigerern in Politik und Medien. Die Verweigerung der Wirklichkeit wird selbst angesichts eines nahen Ende von diesen Fanatikern nicht aufgegeben. Gleichsam unbeirrt in Führerbunker-Mentalität wird alles bis zum totalen Zusammenbruch geopfert. Das Ausmaß an ideologischem Irrsinn in der deutschen Politik und in den deutschen Leitmedien hat wieder ein derartiges Ausmaß angenommen, dass es unaufhaltsam bald wohl wieder so weit ist und wir dank dieser „Führungspersönlichkeiten“ wieder auf einen Totalzusammenbruch zusteuern. Der wirtschaftliche Zusammenbruch infolge von Inflation, Überschuldung und nachfolgender Insolvenzwelle plus Arbeitslosigkeit ist zwar nur ein Aspekt des drohenden Zusammenbruchs. Aber wie vor 100 Jahren kann er der Auslöser sein, der dieses Land endgültig über die Klippe in den Abgrund stösst.

  5. Blödsinn.

    Bei 160 Billionen (in US$:Trillionen) komplett intransparenten Finanz-Derivaten, die alle irgendwie an den Leitzinsen hängen kann keine westliche Notenbank eines Landes, das irgendwie am Dollar oder Euro hängt irgendwelche Zinsen erhöhen. Das wäre das finanzielle Armaggedon.
    Rußland kann. Die haben sich vom bereits Dollar abgekoppelt. Ganz schön schlau.

  6. Was hier finanztechnisch gemacht oder nicht gemacht wird ist alles nur so lange von Bedeutung, wie das „Vertrauen“ ins Geldsystem bzw. den Euro hält. Leztendlich dient alles nur diesem Ziel. Wer heute eine Immobilie gegen Euro verkauft, der muss schon sehr genau wissen, was er mit den Euro anschließend macht, oder ein Träumer sein. Natürlich werden auch Immobilienbesitzer zur Kasse gebeten werden, Eurobesitzer muss man aber gar nicht erst „bitten“, da der Wert einfach „verdunstet“.

  7. Das Zinsänderungsrisiko ist keineswegs das größte Risiko. Das größte Risiko ist, wenn die Leute anfangen, Euro nicht mehr annehmen zu wollen und stattdessen eine andere Währung oder einen Sachwert fordern. Abwegig? Das dachte man vor ein paar Wochen zur Machtübernahme der Taliban noch vor September auch noch…

    • das halte ich doch für weit hergeholt – die anderen globalen Währungen haben genau das gleiche Problem wie der EUR (gigantischer Schuldenüberhang). Und dass wir zurück zur Tauschwirtschaft kommen ist in Zeiten, in denen der elektronische Zahlungsverkehr 99% der Transaktionen ausmacht, keine reale Alternative. Eventuell Kryptowährungen, aber bei der Volatilität scheint das ebenfalls (zumindest noch) keine Alternative zu sein.

  8. Das Zinsänderungsrisiko ist irrelevant, denn die EZB wird die Zinsen nicht erhöhen. Selbst wenn sie es tut, erhöht man einfach die Schuldenaufnahme entsprechend. Ein Problem gibt es erst, wenn die Hyperinflation einsetzt, aber auch dafür gibt es Lösungsansätze, z.B. das geplante Vermögensregister, über das die EU bspw. eine „Einmal“-Vermögensabgabe realisieren könnte. Im Grunde wäre eine Hyperinflation sogar im Sinne vieler Befürworter der Schuldenaufnahme, denn sie würde aus Sicht extremer Linker das vermeintliche Scheitern des „Kapitalismus“ verdeutlichen und könnte den endgültigen Systemwechsel in einen neuen Sozialismus begründen.

  9. Wie ich schon mal schrieb…“der Zins ist nie in der Welt“….das verzinste Schuldgeldsystem kann auf Dauer nicht funktionieren. Die Verschuldungsorgie von den Grünen neu angedacht ist very old school. Immer neue Schulden um die alten zu bedienen hat noch nie auf Dauer funktioniert. Wie wohl die Versuchung für Studienabbrecher und sonstige mit merkwürdigem CV mehr als verständlich ist. Sie haben es nie anders gelernt. Das FED System ist der amerikanischen Hegemonialpolitik geschuldet. Kennedy wollte es beenden. Das hat er nicht überlebt. Kriege müssen finanziert werden. Das gibt die amerikanische Wirtschaft halt nicht her. Da hilft nur die Druckerpresse. So etwas bleibt halt nicht ohne Folgen. Geldmenge M1 1980 in den USA ca. 0,38 Billionen USD und im Euroraum ca.0,44 Billionen Euro. Im Jahr 2021 in den USA ca. 19,22 Billionen USD und im Euroraum ca. 10,68 Billionen Euro. Bravo und weiter so. Es geht schnurstracks auf den Eisberg zu. Die Versuche damit die Wirtschaft anzukurbeln sind kläglich gescheitert. Man will es halt nicht zur Kenntnis nehmen. Die Infrastrukturen in diesen Ländern sind am bröckeln. Kriege kosten nun mal Geld, das an anderen Stellen fehlt.

    • Japan lebt seit über 30 Jahren mit Null- bzw. Negativzinsen und kommt auch einigermaßen über die Runden. in Europa kennen wir Negativzinsen erst seit 2014 – das kann sich also durchaus noch eine Weile in die Länge ziehen. Den großen Knall den viele heraufbeschwören wird es nicht geben Für die Reduktion des Schuldenbergs werden irgendwann buchhalterische Taschenspielertricks angewendet – z.B. die Hälfte aller Staatsschulden in einen Topf ausgliedern, der dann 30 Jahre tilgungsfrei gestellt wird. Unter Strich bleibt stehen: In Abwesenheit eines rapiden technologischen Fortschritt der unseren Wohlstand rapide erhöht, wird durch die schleichende Inflation der Wohlstand in Deutschland immer weiter zurückgehen. Das Problem für die EU werden nicht die Schulden sein, sondern die sozialen Auswirkungen des rapiden Wohlstandsverlust.

      • Japan hat kaum Auslandsschulden und ist hauptsächlich beim eigenen Volk verschuldet. Das ist der gravierende Unterschied zur westlichen Schuldenorgie. Das erkennt man auch am Wechselkurs des Yen zum Euro. 1 Yen entspricht 0,0077 Euro.

  10. Die erwähnten 1,3 Mill. € Bundesschulden kommen mir arg wenig vor. Vor einigen Tagen erst benannte die „Welt“ (D. Siems) rund 15 Bill. €, sicher mit den angehäuften Verbindlichkeiten, die aktuell noch nicht schlagend sind. Hört sich damit deutlich erschreckender an! Und im Fall des Falles werden die privaten Banken nicht die Zinsen beim aktuellen Stand belassen, sondern analog 1980/81 wesentlich anheben. (?> 20%) Selbst bei niedrigeren Zinsen wäre der Zinseszinseffekt eine enorme Tilgungsbarriere! Zu gut deutsch: Die „Volksparteien“ der Groko haben uns in die Pleite geführt!

  11. Ob Anschlußfinanzierung oder Neuverschuldung. Das ist derzeit kein Problem. Das Geld gibt es aus der „Druckerpresse“ der EZB, sogar noch mit einem Abschlag. Um es einfach auszudrücken: wenn diese Staats-Schulden fällig werden (z.B. in 10 Jahren), müssten diese zum dann aktuellen Zinssatz refinanziert werden d.h. um diese Schulden zurückzahlen zu können (also an die EZB), muß der Staat jemanden finden, der ihm dazu dieses Geld zum dann aktuellen Zinssatz leiht. Ich wüßte jetzt niemanden. Einfach irre.

    • Der Staat muß niemanden mehr finden, der ihm was leiht. Wenn es so wäre wäre das System längst zusammengebrochen. Die EZB kauft alles an Schrott-Anleihen, Junk Bonds und alten Fahrrädern was irgendjemand auf den Markt wirft.
      Und das ist noch nie gut gegangen.

  12. in Frankreich wird im Frühling 2022 neu gewählt – zumindest bis nach der Wahl wird Legarde vrsuchen die Zinsen bei Null zu halten.
    Die Wahlen in Italien, Spanien, Griechenland sind alle erst im Frühling 2023 – also wird die EZB versuchen die Zinsen bis danach zumindest möglichst niedrig zu halten. Wobei das ein Ritt auf dem Drahtseil wird – zwischen niedrigen Zinsen und zu hoher Inflation den richtigen Weg zu finden.
    Danach wird es dann lustig werden, denn dann könnten die Zinsen recht schnell in die Höhe schießen …

  13. Mir wäre die Geldpolitik ja sogar noch egal, ich flüchte sowieso mit jedem übigen Euro in anonyme Geldanlagen wie Gold, Silber oder Kryptowährungen. Hauptsache nicht beliebig vermehrbar.
    Was wohl auch eine gute Idee war, denn der Besitz der Bürger wird gerade schon sturmreif geschossen.
    Die EU spielt mit dem Gedanken eines Vermögensregisters ihrer Bürger (https://www.welt.de/wirtschaft/article233360929/Bitcoin-Immobilien-Gold-Kritik-an-Idee-eines-EU-Vermoegensregisters.html?icid=search.product.onsitesearch), damit im Zweifelsfall der große Bruder Staat das Gold aus den Händen seiner Bürger „retten“ kann.
    Und die R2G-Parteien wollen sämtliche Spekulationsfristen für Sachwerte abschaffen, damit man sich bloß nicht mehr vor der Enteignung durch de facto Negativzinsen retten kann. Kann ja nicht sein, dass Clevere sich davor irgendwie retten können, profitieren darf natürlich nur der Staat.
    Wäre beides mal einen großen „Angriff auf das Eigentum“-Artikel hier wert.

  14. es waere einmal eine Reportage wert,inwiefern die „FED“ eigentlich bei wem im Besitz ist. Das es eine Privatbank und keineswegs eine „staatliche Zentralbank“ ist,setze ich als bekannt vorraus.
    Das der Dollar im Grunde nur noch durch die Ölpreisbindung gedeckt ist,sollte man eventuell auch mal erwähnen….
    Die EZB,die FED und andere „Zentralbanken“ sind schon lange nicht mehr in den Händen der Nationen, auf deren Grund Sie stehen und machen,was Ihren Besitzern am Meisten Profit und Einfluss bringt

  15. „Ohne solide und langfristig tragfähige Finanzpolitik gibt es keinen dauerhaften Wohlstand, keinen leistungsfähigen Sozialstaat, kein ökologisch verträgliches Wirtschaften.“ Um das zu erkennen, muss man schon mal solide gearbeitet haben. Und wo sind solche Politiker?

  16. Aber, aber, Herr Metzger! Wer im Land der Visionen lebt, der muss nicht rechnen können und schon gar nichts über ökonomische Zusammenhänge wissen.

  17. Unsere Politelite folgt dem Lockruf der Finanzindustrie von der „New Monetary Theorie“ (NMT), nach der Schulden in jeder Höhe kein Problem seien, wenn nur der Schuldner groß genug ist:

    „Sehet die Vögel am Himmel! Sie sähen nicht, sie ernten nicht, und NMT ernährt sie doch“.

    Daher meinen Merkel, von der Leyen, Scholz & Co, man müsse nur das Grosseuropäische Reich errichten, alles Vergemeinschaften um dann vom Schuldenmachen zu leben.

    Die vereinigten Schulden von Europa sollen ein finanzielles Perpetuum Mobile sein.

    Was natürlich krachend scheitern muss und dazu führt, daß nach dem großen Knall die Restsubstanz in der EU zum Ramschpreis zu haben sein wird.

    Schön für die Finanzindustrie!

  18. Nullzinspolitik der EZB ist doch geradezu Voraussetzung, dass die Staatsfianzierung bestimmter Staaten im Euro-Verbund überhaupt funktioniert. Italien, Griechenland und andere wären sofort in höchsten Schwierigkeiten, sollte sich in dieser Hinsicht etwa ändern. Wenn die FED als Vorreiter einer Veränderung der Zinspolitik in die Gänge kommt, darf man gespannt sein, wie Frau Lagarde dann reagiert

    • So ist es. Die EZB kann der Fed gar nicht folgen – sie will es auch nicht, wie die jüngste Anhebung ihres Inflationsziels von „unter 2 %“ auf „durchschnittlich 2 %“ zeigt. Wenn wir die Nullzinspolitik fortsetzen, die USA dagegen nicht, wird bloß der EUR weiter unter Abwärtsdruck kommen, weiter nichts. Solange Euro-Staatsanleihen von der Regulierung als risikofreie Anlagen definiert sind, werden sie auch weiterhin von den institutionellen Investoren gekauft werden (müsen), um ihre Eigenkapitalanforderungen bzgl. Risikokapital gering zu halten. Das Beispiel Japan zeigt, dass dieser Zustand viele Jahre lang anhalten kann.

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