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Helds Ausblick – 2022/2

„Sprachgesetz“ der Ukraine: Nicht für das Ukrainische, sondern gegen das Russische

von Gerd Held

09.02.2022

| Lesedauer: 6 Minuten
Ein neues „Sprachgesetz“, das jetzt in der Ukraine in Kraft getreten ist, zeigt den Versuch, alles Russische aus dieser Nation zu tilgen. Dieser Weg führt die Ukraine und Europa in eine Sackgasse.

Es war ein Artikel, den man leicht übersehen konnte – einspaltig im Feuilleton der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (18.1.2022) platziert. Aber die Überschrift ließ aufhorchen: „Das Russische abwürgen“ stand da. Die Autorin, Kerstin Holm, von 1991 bis 2013 als Russland-Korrespondentin in Kultur- und Gesellschaftsdingen tätig, berichtete über ein „Sprachgesetz“ in der Ukraine, das bereits 2019 beschlossen wurde und jetzt, nach einer Übergangsfrist, in Kraft getreten ist. Holm schreibt:

„In der Ukraine ist ein Gesetz in Kraft getreten, das im Zuge der Konsolidierung der Nation die Staatssprache schützen und das Russische zurückdrängen soll. Überregionale Zeitungen und Zeitschriften müssen nun auf Ukrainisch erscheinen. Russische Ausgaben sind nicht verboten, doch parallel dazu muss eine ukrainische Version in gleicher Auflage gedruckt werden. Für die Verlage ist das freilich unrentabel.“

So wurde die letzte landesweite russische Tageszeitung „Westi“ vor kurzem auf Ukrainisch umgestellt; andere Zeitungen erscheinen nur noch in digitaler Form. Dazu muss man wissen, dass es sich beim Russischen um eine Sprache handelt, die „von vielen Ukrainern zumal im Osten und Süden des Landes“ als Alltagssprache gebraucht wird, oder mindestens als eine dem Ukrainischen gleichwertige Sprache. Durch das Sprachgesetz werden „traditionell russischsprachige Städte wie Charkiw, Dnipro oder Odessa … vom Westen des Landes kulturell assimiliert“, schreibt Holm. Ausländische Filme, von denen es bisher oft nur eine russische Version gab, müssen nun eine ukrainische Version vorweisen, um öffentlich präsentiert werden zu können. Diese obligatorische Vorbedingung, die im Ergebnis einer Zensur gleichkommt, beschränkt sich nicht auf Filme:

„Auch bei Vorträgen, Shows, Konzertabenden muss der Redner, sofern er russisch spricht, obligatorisch ins Ukrainische übersetzt werden. Leidtragende sind russischsprachige ukrainische Schriftsteller und Wissenschaftler, deren Tätigkeitsfeld stark eingeschränkt wird.“

Sie können nicht mehr öffentlich auftreten, wenn die Mittel für einen Übersetzer nicht aufgebracht werden können. Und auch damit ist es noch nicht genug, denn das Sprachgesetz zielt nicht nur auf wissenschaftliche und künstlerische Veranstaltungen, sondern auf die alltäglichsten staatlichen und privaten Dienstleistungen – und damit elementare Lebensnotwendigkeiten der Menschen:

„Ab sofort sind zudem sämtliche Staatsangestellten, Verkehrspolizisten, Gerichtsdiener, Klinikärzte verpflichtet, die Bürger, sofern diese nicht um eine andere Sprache bitten, auf Ukrainisch anzureden. Das gleiche gilt für Dienstleistungsbetriebe, also Mitarbeiter von Supermärkten, Apotheken, Banken. Verstöße gegen das `Recht auf Bedienung in der Landessprache´ können beim Sonderbevollmächtigten zum Schutz der Staatssprache gemeldet und im Wiederholungsfall mit Geldstrafen geahndet werden.“

Mit dem „Sprachgesetz“ wird also eine tägliche intime Sprach-Überwachung installiert, an der sich auch die Bürger beteiligen sollen. Das kommt einem Stasi-System schon ziemlich nahe.

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Eine Ausnahme für westliche Sprachen – Man könnte vielleicht einwenden, dass es hier um Maßnahmen für eine bedrohte Nation geht, um ihren innerlichen Zusammenhalt zu festigen. Im FAZ-Artikel taucht die Formel „Konsolidierung der Nation“ auf, und das klingt ein wenig nach Rechtfertigung des Sprachgesetzes. Aber dann wird in dem Artikel noch ein „Detail“ des Gesetzes erwähnt, das einem schlicht den Atem verschlägt. Die FAZ-Journalistin Kerstin Holm berichtet:

„Ausgenommen von der Pflicht zur Publikation auf Ukrainisch sind bezeichnenderweise Sprachen `angestammter Minderheiten´ im Land wie der Krimtataren, der Polen, Ungarn, Rumänen, Griechen, Bulgaren, aber auch das Englische sowie alle Sprachen der EU. Auch von der Pflicht ukrainischer Buchläden, mindestens fünfzig Prozent ihrer Bestände auf Ukrainisch anzubieten, gibt es Ausnahmen für die genannten Minderheiten und die EU-Sprachen.“

Hier wird schlagartig klar, dass das Sprachgesetz sich gezielt gegen die russische Sprache richtet. Es ist wirklich so, wie es in der Artikel-Überschrift steht: Das Russische soll „abgewürgt“ werden. Eine flächendeckende kulturelle Säuberung soll stattfinden. Und in der Geschichte fehlt es nicht an Beispielen, wo eine solche Sprach-Säuberung die Vorstufe zu einer ethnischen Säuberung war – zu einer Vertreibung eines bestimmten Bevölkerungsteils. Im gleichen Zug werden Sprachen von den Auflagen befreit, die allenfalls in bestimmten sozialen Milieus gesprochen werden: das Englische und die Sprachen aller EU-Länder. Das Sprachgesetz hat also nichts mit einer inneren Konsolidierung der ukrainischen Nation zu tun, sondern dient dazu, eine neue, einseitige Bindung nach außen kulturell festzuschreiben. Man will die Ukraine, die geschichtlich eine doppelte Bindung – nach Westen und nach Osten – hat, dem Osten entfremden und einseitig verwestlichen.

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Das törichte „entweder EU oder Russland“ – Dieser kulturelle Einschnitt in die Grundlagen der ukrainischen Nation findet jetzt vor unseren Augen statt. Aber wo wird darüber berichtet? Hierzulande wird die Ukraine-Krise so dargestellt, als habe sie mit einem Aufmarsch russischer Truppen an der Ostgrenze der Ukraine begonnen. Es handele sich also um eine willkürlich vom Zaun gebrochene Aggression von „Putins Russland“. In den westlichen Darstellungen der Ukraine-Krise wird meistens so getan, als gäbe es ein Staatsziel „in Moskau“, die ganze Ukraine russisch zu machen. Doch wer in den Darstellungen nach belastbaren Belegen sucht, wird enttäuscht. Man findet in den Artikeln eher psychologische Spekulationen über „Putin“ oder über einen „imperialen Geist“, der angeblich „von je her“ in Russland regieren würde. Sicher gibt es in diesem großen Land – wie in etlichen Ländern dieser Welt – großnationale Phantasien und Gruppierungen. Aber hat man je einen Plan auf Seiten der Regierung Russlands gefunden, der dem „Sprachgesetz“ der Regierung in Kiew vergleichbar wäre?

Wenn hier der Regierung in Kiew ein schwerer Eingriff in die ukrainische Nation vorgeworfen wird, so soll damit nicht der Politik Russlands in jeder Hinsicht Absolution erteilt werden. Es wäre auch ganz ungerecht, die Autorin Kerstin Holm als „Putin-Versteherin“ zu bezeichnen. Sie hat sehr kritische Berichte zur Entwicklung Russlands geschrieben. In dem hier zitierten Artikel wird keineswegs für eine einseitige Ost-Bindung der Ukraine plädiert, sondern für die Wahrung der kulturellen und gesellschaftlichen Offenheit eines Landes, zu dessen geschichtlich gewachsener Identität sowohl ein westliches als auch ein östliches Element gehört.

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Henry Kissingers Warnung – Schon vor Jahren, als ein politischer Wechsel in der Ukraine stattfand und im Westen die „Majdan-Euphorie“ herrschte, gab es mäßigende Stimmen, die davor warnten, die Ukraine vor eine Wahl „entweder EU oder Russland“ zu stellen. Eine Stimme kam vom früheren US-Außenminister Henry Kissinger. Er schrieb am 9.3.2014 in einem Beitrag für die Tageszeitung Die Welt:

„Viel zu oft wird der Fall der Ukraine als Showdown dargestellt: ob die Ukraine dem Westen beitritt oder dem Osten. Wenn aber dieses Land überleben und aufblühen soll, dann kann es niemandes Vorposten sein. Nein, die Ukraine sollte eine Brücke sein.“

Und in einer anderen Passage von Kissingers Beitrag wird die Bedeutung des Doppelcharakters der ukrainischen Nation noch weitreichender erklärt:

„Der Westen ist weitgehend katholisch, der Osten russisch-orthodox. Der Westen spricht ukrainisch, der Osten größtenteils Russisch. Jeder Versuch eines Flügels, den anderen zu dominieren, wie es bisher der Fall war, würde zu Bürgerkrieg und Spaltung führen. Missbraucht man die Ukraine für eine Ost-West-Konfrontation, dann wäre für Jahrzehnte jede Chance vertan, Russland und den Westen (und besonders Russland und Europa) in ein kooperatives internationales System zusammenzubringen.“

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Vom klugen Gebrauch des Selbstbestimmungsrechts der Nationen – Es ist in diesen Tagen viel vom Selbstbestimmungsrecht der Nationen die Rede. Es soll der Ukraine gestatten, eine Mitgliedschaft in EU oder NATO frei zu wählen. Dieser plötzliche Enthusiasmus für die Nationen klingt irgendwie schräg, denn wir haben ja gesehen, welche Ressentiments man gegen die Briten mobilisiert hat, als sie den Brexit weg von der EU wählten. Oder gegen die Visegrad-Staaten, als sie sich der EU-Migrationspolitik widersetzten. Ja, das Selbstbestimmungsrecht der Nationen ist ein fundamentales gutes Recht. Man kann es nicht im Namen der Globalisierung für „überholt“ erklären – wenn einem der Weg einer Nation gerade nicht passt.

Doch im Fall der Ukraine gibt es ein Problem, das sich jeder einmal in Ruhe vorlegen sollte: Wie soll man vom Selbstbestimmungsrecht Gebrauch machen, wenn man eine Nation hat, die in sich zwei verschiedene Grundelemente hat – wirtschaftlich, kulturell und politisch? Wenn es geschichtlich zwei Traditionslinien gibt, und geographisch zwei Landesteile? Wie soll man in so einer „binären“ Nation vom Selbstbestimmungsrecht Gebrauch machen? Soll sie ihr Heil in einer einseitigen Festlegung suchen? Ist es klug und weitsichtig, die Zukunft einer solchen Nation nur in einer Richtung zu verorten? Zeugt es von europäischer Größe, wenn die Ukraine vor die Wahl „entweder EU oder Russland“ gestellt wird? Nie und nimmer. Die wirtschaftlichen, kulturellen, menschlichen Verluste einer so bedeutenden Nation wären immens. Und es würde eine tiefe Verbitterung zwischen verschiedenen Bevölkerungsteilen entstehen. Ein verdeckter oder offener Bürger-Krieg würde entstehen, der auf Basis der Einseitigkeit nie einen dauerhaften Frieden finden könnte.

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Rüstung gegen Russland als Bewährung deutscher Außenpolitik? – Die „grüne“ Außenpolitik Deutschlands ist peinlich und gefährlich vage. Man ist Anklage-Weltmeister gegen Russland (und viele andere Regierungen in der ganzen Welt). Aber wenn es dann zu blutigen Kämpfen kommt und die Außenpolitik Tote verantworten müsste, erklären uns die edlen Grünen, dass ihre Werte so rein sind, dass sie mit ihrer Durchsetzung auf Erden nichts zu tun haben wollen. Aber was wäre demgegenüber eine vernünftige Außenpolitik? Im Moment landen viele allzu schnell bei der Forderung, man sollte die Regierung in Kiew aufrüsten. Man sollte also die Politik der Einseitigkeit noch stärker bewaffnen. Will man im Ernst die Regierung in Kiew in die Lage versetzen, die östlichen „abtrünnigen“ Provinzen militärisch zu besetzen? Und die ganze Ukraine vom russischen Element – wirtschaftlich, politisch und kulturell – zu säubern? Das Sprachgesetz zeigt ja, in welche Richtung dann die Reise geht. Und in Kiew wird man diese Vereinseitigung der Nation als Herstellung der Einheit der Nation darstellen. In westlichen Ländern gibt es eine Tendenz, Waffenlieferungen an Kiew als Akt freiheitlich-demokratischer Entschiedenheit anzusehen. In Deutschland sucht auch manch einer, dem das Herumeiern der Grünen zuwider ist, die Lösung in militärischer Stärke.

◊◊◊

Nie und nimmer – Wir dürfen nicht auf diesen Weg geraten. Diese „Entschiedenheit“ ist eine ganz falsche Entschiedenheit, denn sie übernimmt die verheerende Alternative „Entweder EU oder Russland“ und führt sie in die Nähe eines Krieges. Das bedeutet noch mehr Missbrauch der Kultur, noch mehr sinnlose Zerstörung und noch mehr Negativ-Politik. Als hätten wir in Deutschland nicht schon genug Trümmerlandschaft im Zuge von Corona-Ausnahmezustand und Klima-Feldzug. Die Ukraine-Krise lässt sich nur lösen, wenn man den binären Charakter dieser Nation aufrechterhält, und sei es erstmal durch provisorische Kompromisse. Die Bindungen nach West und Ost müssen gewahrt bleiben, und mit ihnen die Offenheit und innere Vielfalt der Ukraine. Gegenüber der ukrainischen Regierung müssen EU und NATO deutlich machen, dass sie für eine kulturelle und ethnische Säuberung nicht zur Verfügung stehen. Dazu muss sich auch die einseitige Berichterstattung ändern.

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73 Kommentare

  1. Da hier weiter unten ein Kommentator „0816“ beständig fake news verbreitet, mal eine Klarstellung: Keineswegs stimmten alle Landesteile der späteren Ukraine begeistert für deren Einigkeit und Unabhängigkeit. Auf der Krim sprachen sich per Referendum 1991 satte 93% für eine von der Ukraine unabhängige Krim aus. Der dennoch folgenden Eingemeindung in die Ukraine widersprach das Regionalparlament, aber es wurde übergangen. 1994 wurde per Wahl, Referendum und Beschluss des Regionalparlaments mehr Autonomie der Krim innerhalb der Ukraine gefordert, alle diese Beschlüsse wurden von der ukrainischen Zentralregierung wieder kassiert; als Mittal dazu gehörte auch die massive Verstärkung des ukrainischen Militärs auf der Krim. – Ich bin ja sehr für kontroverse Diskussion, aber bitte keine kontrafaktische Propaganda hier.

  2. Diese ausgewogene und besonnene Behandlung des Ukraine-Themas hebt sich wohltuend von recht eindimensionalen Beiträgen hierzu ab. Deutschland muss nicht jeden Unsinn seiner Nato-Partner mittragen. Das geht aber dann überzeugend, wenn man sich durch nachvollziehbares Handeln als grundsätzlich als verlässlicher Partner erweist. Eine für die „politische Klasse“ unseres Landes schier unlösbare Aufgabe.

  3. Befremdlich, aber leider nicht einzigartig. In Estland wurde mir der Mund zugehalten, als ich mich mit meinem Ossi-Russisch verständigen wollte. Pst, Feind hört mit! Und in Katalonien wird versucht, das Spanische zurückzudrängen, es gibt ähnliche Vorschriften wie in der Ukraine, und auch ähnliche Strafen. Alberner Provinzialismus, zum Schaden des Landes. Welcher Ausländer kann schon Katalanisch, oder Ukrainisch, sprechen? In der Praxis läuft das auf Spanisch, das verstehen alle. Aber die Ostukrainer verstehen nicht alle Ukrainisch….

  4. Nein, Herr Held, hier widerspreche ich Ihnen ausdrücklich. Die Ukraine hat als eigenständige Nation nur dann eine Daseinsbereichtigung – und eine Überlebenschance – wenn sie die Politik der konsequenten Ukrainisierung, die dann selbstverständlich immer auch eine Entrussifizierung ist, betreibt. Das mag nationalistisch sein und auf einen zeitgenössischen Deutschen, der “aus der Geschichte gelernt hat”, abstoßend wirken, oder gar verboten. Dafür, und das besagt auch der Teasertext zu Ihrem Beitrag, soll er sich dann als “Europäer” fühlen. Das gemeinsame Haus, Sie kennen ja die Versatzstücke.
    Nur wenn die Ukrainer durchhalten, das Russentum aus ihrem Land zu drängen, können sie beanspruchen, ein eigener Staat zu sein. Andernfalls träfe das zu, was die Russen schon immer behauptet haben: Daß alle Menschen, deren Vorfahren aus den Pripjatsümpfen herstammen – mithin also alle Slawen – eigentlich Russen, zumindest Teil eines Volkes sind und Rußland das Recht hat, sie alle unter seiner Kontrolle zu halten. Dann wäre die Ukraine in der Tat nur eine abtrünnige russische Verwaltungsprovinz, die nur von ein paar gierigen Oligarchen und den bösen Amerikanern daran gehindert wird, heim ins Reich zurückzukehren, da wo die Kiewer Rus immer hingehört hat.
     
    Nichts anderes besagt der Panslawismus. Nahezu alle slawischen Nationen, von Polen und Weißrußland abgesehen, bringen das mit ihrer Flagge zum Ausdruck, den panslawischen Farben blau, weiß und rot. Die Unterschiede zwischen den slawischen Sprachen sind gering. Anders als im mitteleuropäischen Germanischen, also dem Deutschen, ist im slawischen Raum das Dialektkontinuum kodifiziert worden, während in Deutschland, unter der Wirkung der Lutherbibel, sich schließlich die niederdeutschen Idome des mitteldeutschen Raumes als Standardsprache durchgesetzt haben. Das hat die deutschen Dialekte nicht völlig ausgelöscht und ein Holsteiner und ein Niederbayer können sich nach wie vor nur unter Verwendung des Hochdeutschen verständigen. Dessen Bedeutung wiederum können Sie daran erkennen, daß es der maßgebliche Faktor beim Nation Building der Deutschen gewesen ist – Stichwort “Kulturnation”, denn einen Staat Deutschland gab es erst ab 1871 und dann ohne die (deutschen) Österreicher. Deren Deutschheit aber immer wieder possierlich auffällt, zum Beispiel wenn sie treu mit den Deutschen gegen die Kernkraft in der EU vorgehen, ja sie überhaupt für Teufelszeug halten. Sprache definiert Kultur und damit eine Nation. Es ist der gleiche Grund, warum die globalistischen Kapitalisten über das Internet und die Sozialen Medien mit Erfolg die nationale Identität der westlichen Völker unterminieren, indem sie ein primitiv-globales Schlechtenglisch als Ersatz etablieren. Fragen Sie sich mal, ob Sie ein deutsches Wort für “Emoji” oder “Smartphone” kennen, oder schauen Sie sich die rasante Karriere von Worten wie “boostern” oder “Vakzin” an. Junge Medienschaffende lesen das im englischsprachigen Internet und haben weder Lust noch den Willen, das auf Deutsch auszudrücken. Weil sie nämlich ihr Deutschtum abgesehen von ihrem Moralismus und Romantizismus längst verloren haben.
     
    Ich habe Kollegen, die aus Estland oder Lettland stammen. Ihre Nationen sahen sich – über Jahrhunderte – einem mal harten, mal weniger harten, aber immer vorhandenen Versuch einer Auslöschung ihrer kulturellen und damit nationalen Identität durch die Russen ausgesetzt. Noch heute beherbergen die baltischen Nationen eine große, nach 1945 angesiedelte russische Minderheit, die sich ebenso hart gegen eine Baltisierung wehrt wie ihre Loyalität weiterhin ausschließlich Rußland gilt. Das gleiche können wir getrost über die hierzulande nach 1960 angesiedelte Minderheit der rund 5 Millionen Türken sagen. Ein deutscher Paß macht niemanden zum “Deutschen” und so sind und bleiben sie Türken, die meisten mit einem zweiten Paß. Sie würden genau nur dann “Deutsche” wenn wir sie zwängen, sich zu entislamisieren und sprachlich das Türkische aufzugeben. Das gilt auch für alle anderen Einwanderer. Machen wir das nicht, und in diese Richtung entwickelt sich Deutschland rasant, hören wir auf, Deutsche zu sein. Und konkludent wird Deutschland auseinanderfallen. Zitieren Sie mich in 30 Jahren.
    Es ist nicht zu bestreiten, daß erhebliche Teile der Ukraine gar kein ukrainisches Kulturgebiet sind. Sie heißen ja sogar “Neu-Rußland”. Darum kann der Ukraine-Konflikt auf Dauer nur gelöst werden, wenn es zu einer Teilung entlang der Sprachgrenze kommt, so wie bei der Tschechoslowakei oder Jugoslawien. Richtig ist hier der Einwand, daß das Vorgehen Moskaus nicht davon motiviert ist, die russische Staatsgrenze und Sprachgrenze im Westen in Übereinstimmung zu bringen. Dann müßten sie auch mindestens drei Viertel von Weißrußland annektieren. Rußland denkt imperial und nicht nationalistisch-kulturell. Sie wollen auch nicht am Dnepr haltmachen. Den stillen Anspruch auf Polen, mithin alle Slawen, aufzugeben, würde sich kein russischer Herrscher wagen. Es wäre die Selbstaufgabe der Russen als Reich, und Putin will nicht weniger als das wieder herstellen. Dabei denkt er viel eher in den Kategorien der Romanows als Stalins, was oft verkannt wird. (Stalin war nicht einmal ein Russe)
    Doch das können sich die kleinen Völker Europas nicht leisten. Sie müssen nationalistisch sein, um zu überleben. Wir Deutschen haben uns national schon vor 70 Jahren und damit auch kulturell aufgegeben, darum träumen wir davon, “Europäer” zu sein, sprechen zunehmend Englisch und betrachten unser Land als das Bullerbü Allerland. Aber das spielen die anderen nicht mit. Und immer ist uns dann Polen im Weg. Und heute die Ukraine.

    • Die Ukraine ist ein Vielvölkerstaat. Neben den Russen , ca 22%, gibt es Rumänen, Belarussen, Bulgaren, Ungarn, Polen etc., die im Gegensatz zu den Einwanderern in Deutschland, schon seit langer Zeit in ihren jeweiligen Siedlungsgebieten ansässig sind. Wenn die Ukraine langfristig als uabhängiger Staat überleben will, geht das nur etwa nach dem Muster der Schweiz, die aus drei bzw. vier Ethnien besteht. Deutschschweizer, französische Schweizer, italienische Schweizer, Rätoromanen und einen modus vivendi gefunden haben in aller Unterschiedlichkeit eine gemeinsame Identität zu entwickeln und zu leben. Wenn die Deutschschweizer versuchen sollten, was völlig undenkbar ist, den französischen oder italienisch sprechenden Kantonen ihre Sprache aufzuzwingen, wäre es mit der Schweiz vorbei.

      • Genau so ist es.
        Leben und leben lassen.
        Nicht Herrschen und Unterdrücken.
        Wenn ein Vielvölkerstaat nicht zusammenhält, dann muss er sich eben teilen.
        Großdeutschland gab es nie, Österreich-Ungarn ist zerfallen, kein Jugoslawien, keine Tschechoslowakei, kein Polen-Litauen, kein Großpolen usw. usf.
        Wo ist das Problem?
        Es liegt vielleicht bei den USA, oder doch bei den Russen, oder bei den Italienern oder, oder. So kann man den Unfrieden immer wieder und immer mehr anheizen.
        Immer werden Menschen daraus Nutzen ziehen und immer werden Menschen darunter leiden.

      • Lieber Babylon, die Schweiz wird nicht von einem verbindenden Nationalgefühl zusammengehalten, sondern eher der Abneigung, den Anschlußräumen, denen man sich kulturell dennoch allgemein zugehörig fühlt, staatlich anzugehören. DIe deutsche Schweiz ist ohne Deutschland undenkbar, gleichwohl haben die Schweizer keinen Bedarf, in das darniedergehende Deutschland eingemeindet zu werden. Die romanischen Schweizer wollten nicht zu Frankreich, weil ihnen so das Schicksal der Hugenotten erspart geblieben ist. Heute sind sie froh, daß ihnen der Euro erspart bliebt – sonst ist ihr kultureller Mittel- und Sehnsuchtspunkt ebenso Paris wie es mehr Deutschschweizer in Berlin als in Basel gibt. Die Tessiner haben wenig Lust, im italienischen Chaos zu leben, aber sie schauen nicht nach Zürich, sondern nach Mailand, wo man fast den gleichen Akzent spricht. Gleichwohl gehen sich die vier schweizer Nationalitäten im Alltag aus dem Weg, freundlich, aber bestimmt. Das ist für die Ukraine kein Modell. Schon allein deswegen, weil es, abgesehen vom ukrainischen Sprachgebiet im Westen und den russischen östlich des Dnepr kein geschlossenes Gebiet gibt. Bessarabien zerfällt in dortweise Multilingualität.
        Die Ukraine war nur denkbar und funktional, solange die kulturelle Nationalität keine Rolle spielte, zumindest nach außen hin. Das galt für das zaristische Rußland und dann die Sowjetunion. Auf welche dünnen Eis dabei gewandelt wurde, zeigt aber der Holodmor.
        Mulitkultiurelle Staaten sind wahlweise Schönwettergebilde oder werden von der harten Hand eines Diktators oder Regimes zusammengehalten. Im Westen versucht man das durch die Politische Korrektheit und antiweißen (also gegen die Mehrheit gewandten) Antirassimus zu erreichen. Auch das setzt Wohlstandsgesellschaften voraus. Und sie funktionieren schlecht und haben eine geringe Lebensqualität, gekennzeichnet von Segregation, Nogo-Areas und Kriminalität sowie einen allgegenwátigen Abgrenzungrassismus, mit dem die verschiedenen Ethnien um ihre Indentität kämpfen.
        Das ist ein wichtiger Grund, warum die osteuropäischen Nationen keine Einwanderung wollen, trotz der niedrigen Geburtenraten und Abwanderung in den Westen. Und darum wollen die Lugansker nicht mit den Lembergern in einem Staat leben.
        Wie ich oben schrieb – wir Deutschen sind so nach 1945 umerzogen worden, daß wir nicht begreifen, daß Konsum und Rente nicht immer reichen, den eigenen Würdeverlust gegenzukompensieren. Die Ukrainer, die das wirklich reizt, haben das Land doch längst verlassen.

      • Guten Abend Herr Hellerberger, Sie haben natürlich Rech, bilinguale oder multiethnische Staasgebilde sind immer mehr oder weniger konfliktbeladen, trotzdem kann auch so ein Staat bei geschickter Führung und entsprechender Struktur, die immer förderalistisch und nie zentral sein darf, existieren und bestehen. Denken Sie an Belgien, dass seit der Revolution 1830 und der Ablösung von den Niederlanden mit ungefähr zwei gleich starken Poulationen, den Wallonen und den Flamen, trotz zahlreicher Friktionen, Rivalitäten und gegenseitigen Abneigungen inzwischen seit fast 200 Jahren als Staat besteht. Die Wallonen wollen wohl kaum Franzosen werden, während ein Teil der Flamen möglicherweise wieder gerne Niederländer wären, wie vor 1830, aber eben auch nicht alle. Wie Zusammenhalt bei gegeneitiger Abneigung oder Gleichgültigkeit funktioniert, kann man hier studuieren.
        Realpolitisch,was die Ukraine angeht, wenn sich die beiden separierten „Volksrepubliken“ nicht endgültig abspalten, bleibt ebenfalls nur eine förderalistische Struktur des Staates. 22% Russen lassen sich nicht so einfach aussiedeln, das wären immerhin ca.8 Millionen Menschen. Die ukrainische Politik der letzten Jahre hat nicht geschickt agiert, als sie sich in einen radikalen Gegensatz zur russischen Förderation setzte, und diesen Gegensatz immer mehr befeuerte, nicht zuletzt durch eine radikale Sprachpolitik, die einer real vorhandenen Lebenswirklichkeit nicht entspricht.

      • Die Ukraine ist kein Vielvölkerstaat. Die Zahl der Angehörigen nicht-russischsprachiger Minderheiten ist extrem gering. Nur die Rumänen im winzig kleinen nördlichen Teil des Buchenlandes spielen regional eine Rolle. Die Nachkommen der nach dem Holodomor angesiedelten Russen sind ortsfremd und gehören dort genau so wenig hin wie die Russen im Baltikum.

      • Die Gegend um Odessa, „Neurussland“ ist seit dem russisch-türkischen Krieg, 1768 – 1764, Katharina II, von Russen besiedelt, die also alles andere als „ortsfremd “ sind.

  5. Kommunisten ermordeten während des Holodomor zwischen 4,5 und 7 Millionen Ukrainer und siedelten an deren Stelle loyale kommunistische Russen an. Nach der Unabhängigkeit der Ukraine, für die es in sämtlichen Regionen überwältigende Mehrheiten gab, bekamen auch die Nachkommen der Besatzer ukrainische Pässe. Die Ukraine zeigte sich damit sehr viel großzügiger als die Balten, die selbiges den dort siedelnden Russen verwährten. Ein Zurückdrängen der fremden Sprache ist überlebensnotwendig für die ukrainische Nation und auch logische Folge der ständigen russischen Aggression. Der neo-sowjetische Diktator und Kleptokrat Putin beginnt immer wieder Eroberungskriege und hält Staatsgebiete von Georgien, Moldawien und der Ukraine völkerrechtswidrig besetzt. Immer wieder droht er seinen Nachbarstaaten mit weiterer militärischer Gewalt und versucht die nationale Souveränität seiner Nachbarstaaten immer weiter einzuschränken. Das ist völlig inakzeptabel. Wer sich für die nationale Souveränität Deutschlands einsetzt, kann selbige den Osteuropäern nicht verweigern. Als Estland ein kommunistisches Propaganda-Denkmal aus dem Zentrum seiner Hauptstadt entfernte, wurde es von Diktator Putin massiv bedroht. Putins Hacker richteten einen hohen Millionenschaden an. Ohne den Schutz der Nato wären die baltischen Staaten längst von Soldaten ohne Hoheitsabzeichen erobert worden. Die Ukraine verdient Schutz vor der permanenten fremdländischen Aggression. Westliche Appeasement-Politik hat den imperialistischen Diktator jedes Mal zu neuen Aggressionen motiviert. Wer sich politisch in die Tradition von August von Kotzebue begibt, der hat auch kein besseres Schicksal als dieser verdient.

  6. Soweit ich weiss wurde die Ukraine 1922 von der Sowjetunion eingemeindet, und man darf wohl annehmen, dass die Sowjets alles drangesetzt haben alles Ukrainische zu eliminieren, wie es Franco mit den Katalanen gemacht hat. Mit dem Untergang der UdSSR ist die Ukraine wieder ein eigenständiger souveräner Staat geworden – und dann kommt der Russe und besetzt einen Teil dieses souveränen Staats. Klar, dass damit das Verhältnis angespannt ist – Druck erzeugt Gegendruck –, das Pendel nun in die andere Richtung schwingt, die friedliche Koexistenz aufgekündigt ist und man sich gegen den Invasor abschotten, ihn zurückdrängen will. Machen die Katalanen ja auch nicht anders. Nach meiner eigenen Erfahrung Stand 2007 ist Spanisch zwar laut Gesetz offizielle Sprache in Katalonien, aber im öffentlichen Alltag gibt es nur Katalan. Im Moloch Barcelona mit 50% Nicht-Katalanischer Bevölkerung wird Spanisch allenfalls noch geduldet, aber ausserhalb der Großstadt findet Spanisch schlicht nicht statt. Katalanische Freunde haben darauf bestanden Englisch statt Spanisch zu reden.

    • Im zaristischen Russland war die Ukraine selbstverständlich Teil des russischen Staates. In WKI war die Ukraine von deutschen kaiserlichen Truppen besetzt und wurde mit dem Friedensvertrag von Brest-Litowsk, den Lenin akzeptierte, kurzzeitig unabhängig, in den Wirren der Jahre nach 1918 aber wieder in den russischen, jetzt sowjtischen Staatsverband, in Abfolge von millitärischen Interventionen reintegriert. Neue Staaten entstanden wie,die baltischen Staaten, Polen, genauso wie auf dem Gebiet der untergegangenen K&K Monarchie, Ungarn, die Tscheslowakei, Jugoslawien als Eweiterung von Serbien u.s.w.
      Die Situation in der heutigen Ukraine ist zu vergleichen mit der Tscheslowakei nach 1918 wo es eine starke deutsche Minderheit gab, wie jetzt die russische Minderheit in der Ukraine. In Mitteleuropa wurde die Frage scheinbar gelöst mit dem Münchner Abkommen aber eben nur scheinbar, da sich Hitler an dieses Abkommen nicht hielt. Er hatte ganz andere Pläne, die den Gesamtkontinent schließlich in den zweiten Weltkrieg führten.

      • Falsch. Die Deutschen in Böhmen und Mähren lebten dort schon seit bis zu 700 Jahren, während die Russen in der Ukraine vielfach erst nach dem Holodomor in den 20er Jahren angesiedelt wurden.

  7. Es geht hier Putin, aber auch den Ukrainern, nicht um eine friedliche Lösung kultureller Fragen. Vielmehr werden die kulturellen Konflikte, und ich denke hauptsächlich von Putin, benutzt, um eine Macht- und Größenvorstellungen durch Druck und Gewalt durchzusetzen.

  8. und genau dieses Gesetz sorgt nun schon seit Beginn dafür, dass im Osten der Ukraine eine Art Bürgerkrieg herrscht.
    Ja, die Russen untrstützen die Separatisten – aber der Westen unterstützt auf die eine oder andere Art auch durchgängig die Regierung, welche am Liebsten die russischstämmige Bevölkerung aus dem Land hätte.

    Der ukrainische Krieg ist kein Krieg Russland gegen die Ukraine, sondern Krieg Regierung gegen die eigenen Bürger!

    • In der Ukraine gibt es demokratische Wahlen und demokratisch legitimierte Regierungswechsel. Soetwas ist in der neo-sowjetischen Diktatur Putins völlig undenkbar. Die russischen Angriffe auf das ukrainische Volk begangen 2014, fünf Jahre vor der Verabschiedung des Sprachgesetzes.

      • Sie meinen wohl die amerikanischen Angriffe begannen 2014.
        Kann mich nicht erinnern, dass die Russen den damaligen – demokratisch gewählten – Präs weggeputscht hätten.
        Das war ein US finanzerter regime-change Pöbel, der dann noch frech behauptet hat, die bösen Verteidiger des Präsidentenpalastes hätten ihnen im Kreis in den Rücken geschossen. Aber die Academi Söldber oder die CIA Brigade können es ja nicht gewesen sein, gell? Und Hunter Biden hat natürlich auch nur legale Geschäfte gemacht, für den Frieden und die Demokratie und so…

      • 2014 marschierten russische Truppen ohne Hoheitsabzeichen in die Ukraine ein und halten seitdem umfangreiche ukrainische Staatsgebiete besetzt. Putin hat dies selbst bereits im selben Jahr im Fernsehen belustigt zugegeben. Seit der kleptokratische Herrscher, nachdem er auf das ukrainische Volk schießen ließ, zu seinem Herren nach Moskau fliehen musste, finden in der Ukraine demokratische Wahlen und demokratisch legitimierte Regierungswechsel statt – zuletzt 2019. In Putins neo-sowjetischer Diktatur gibt es weder demokratische noch rechtsstaatliche Strukturen und friedliche Regierungswechsel sind auch völlig undenkbar. Wer sich politisch in die Tradition von August von Kotzebue stellt, der soll auch dessen Schicksal teilen.

  9. Die Ukraine ist ein Mehrvölkerstaat („Jugoslawien light“) und gehört geteilt, dann ist auch die aktuelle Krise vom Tisch.

    • Die Ukrainer haben 1991 in allen Regionen mit übergroßer Mehrheit für die Unabhängigkeit gestimmt. Bei den letzten freien Wahlen hatten die Separatisten auf der Krim nur niedrige, einstellige Ergebnisse. In keiner ukrainische Region gibt es eine Bevölkerungsmehrheit, die lieber in der neo-sowjetischen Diktatur Putins leben möchte.

      • Ich kenne nicht einen Ukrainer (allesamt russischsprachig), der in die Ukraine zurück möchte. Bei hier ansässigen Russen sieht das anders aus.

        Meine Aussage wird von vielen Ukrainern bestätigt. Die halten ihr Land für einen korrupten Failed State. Russland böte wenigstens ein Minimum an sozialer Sicherheit. Die Leute brauchen erst was zu essen, dann Demokratie.

        Irgendwie klingen Ihre Ausführungen wie eine Rechtfertigung der Unterdrückung einer Minderheit. Dagegen sind hier doch alle, oder????

      • Was ist denn jetzt Ihr Argument. Rußland ist an einer Annektion des heruntergewirtschafteten Ostens der Ukraine doch gar nicht interessiert, die Mehrzahl der Leute landet dann auf der Suche nach Arbeit in den Plattenbaughettos von Moskau. Rußland will Kontrolle, und das anerkannt bekommen. So nach dem Motto, Joe Biden, wir halten uns in El Salvador raus, Du im Donbass. Allerdings müßte Putin dafür mehr anbieten. Madero in Venezuela, zum Beispiel.

      • Russland wird von einer kleptokratischen, neo-sowjetischen Clique regiert. Jeder Unternehmer, der auch nur halbwegs erfolgreich ist, muss Vertreter des Repressionsapparates ins Unternehmen holen um nicht dichtgemacht zu werden. Putin hat große Angst davor, dass sich die Ukraine wie Polen und die baltischen Staaten entwickeln könnte, daher seine ständigen Aggressionen.

      • Also eins ist sicher: Die Krim hat nie zum ukrainischen Kulturraum gehört. Ursprünglich mal von Ostgoten dann von Tataren und Turkvölkern bewohnt, kam sie unter die Herrschaft des Zaren. Schon daraus entwickelte sich eine sanfte aber fortwährende Russifizierung. Umgekehrt: Wúrde die russische Armee heute versuchen, Lemberg oder Winnitsa einzunehmen, müßte sie sich auf Kämpfe wie einst in Stalingrad einstellen, Das wäre auf der Krim undenkbar gewesen. Und auch das ist ein Grund, warum die russischen Streitkräfte nicht schon längst den Angriffsbefehl bekommen haben. Entgegen der üblichen Propaganda halte ich Rußland zwar für keine Demokratie, aber auch keine Diktatur. Wenn plötzlich 50000 russische Gefallene da sind, werden die russischen Einzelkindmütter auf die Barikaden gehen. Das würde Putin nicht überleben.

      • Die Krim hat 1991 mit großer Mehrheit für die Unabhängigkeit der Ukraine gestimmt und die separatistischen Parteien hatten bei den letzten freien Wahlen auf der Krim nur niedrige einstellige Wahlergebnisse.

      • Falsch. In keiner einzigen Region der Ukraine haben separatistische Parteien jemals Mehrheiten erzielt. Wer der Scheinabstimmung auf der Krim nach der militärischen Besetzung auch nur ansatzweise Legitimität zuspricht, der würde auch die Volkskammerwahlen verteidigen. Hier neo-sowjetische Propaganda und Desinformation zu verbreiten ist auch ein Verrat an unserem Land. Wer sich gegen Deutschland stellt, hat hier nichts zu suchen.

  10. Anne Applebaum am 06. Februar bei Anne Will:” … schließlich habe Russland das mit der Ukraine vor, was Hitler-Deutschland vorgemacht habe: Das Verschwinden von der Landkarte.”
    Was ist da schon das Ausmerzen des Russischen in der Ukraine?
    Geschichtskunde: Ohne die Eroberungsfeldzüge der russischen Armee wäre die Schwarzmeerregion heute noch türkisch und ein ukrainischer Staat ein Hirngespinnst der Landbevölkerung von Galizien-Wolhynien.

  11. Die Ukraine als Brücke zwischen Ost und West? Lieber Herr Held, diese Chance ist seit Jahren vertan. Das Land wird vom Westen als Zankapfel gegen Russland missbraucht. Keine Seite hat mehr ein wirkliches Interesse an diesem heruntergewirtschafteten Land. Es dient nur den Grossmöchten für ihre Aggressionen. In der aktuellen Lage versuchen wenigstens Frankreich & Deutschland (die Polen natürlich nicht) eine Eskalation zu verhindern. Klar ist doch allen: Russland könnte in vier Tagen in Kiew stehen, ohne grosse Verluste. Die Europäer (außer den Polen, mit dem Mund) würden nichts machen. Uncle Joe würde Waffen liefern. Nur wohin? Putin legt diesen Trumpf auf den Tisch. Biden und die NATO ziehen Rote Linien. Die Europäer setzen auf Diplomatie. Außer den Bekannten Kriegstreibern. Am Ende wird die Diplomatie hoffentlich siegen. Jeder wird das Gesicht wahren können: Biden weil er gedroht hat und NS2 verhindert hat. Dafür dürfen seine Fracking – Partner jetzt Gas liefern. Putin weil er ein stilles Zugeständnis erhalten hat, dass die Ukraine kein NATO – Mitglied wird und keine Raketen stationiert werden. Die Ukraine weil man ihr weitere Milliarden versprochen hat. Am Ende war es ein Test für die USA, was will sie, was kann sie. Antwort: Nichts. Und die Europäer haben sich gut geschlagen. Nur Deutschland bezahlt teuer, mit dem Energiepreis!

  12. Es schlägt dem Fass den Boden aus, wenn auf einem Denkmal in der Ukraine der große russische Schriftsteller Gogol, „aus dessen Mantel“, um ein Bonmot von Dostojewski zu zitieren, „alle russischen Schriftsteller hervorgekrochen“ sind, als „ukrainischer Schriftsteller“ bezeichnet ist. Nach meiner Erfahrung sind die meisten Balten, Ukrainer, Moldawier, Georgier usw. froh, wenn man auf ihr schlechtes Englisch in Russisch antwortet, sodass sie erleichtert in die vertraute Welt- und Kultursprache Russisch wechseln können.

  13. Wenn es um Diskriminierung der russischen Minderheiten, sind baltischen Staaten auch nicht besser, vlt sogar schlimmer. Wer liest noch die Zeitungen? Genau.
    Ich frage mich allerdings wie viele Ukrainer tatsächlich nur Russisch sprechen? Wie will man auch die Russen in den Enklaven überzeugen dass sie zurück sollen? Ohne Panzer, Drohnen usw wird es wohl nicht gehen. Gut dass die Ukrainer selber noch einigermaßen klaren Kopf behielten und dass sie ganzes dieses Kriegsgerät noch nicht in Bewegung setzten. Machen sie mal das, kommen wohl diese 10 Divisionen hinter russische Grenze auch zum Einsatz.

    • Das aber ist doch die größte Gefahr – dass die Ukraine die Pläne ihres Generalstabs zur Rückeroberung umstrittener Gebiete umsetzt. Sie hat sich in den letzten Monaten dem Westen gegenüber erfolgreich als Opfer positioniert. Gleichzeitig lancieren die USA die Vermutung, die Russen würden Videos drehen wollen, in denen ein ukrainischer Angriff gefaket wird. Somit steht Russland als Aggressor fest, egal, was wirklich passiert. Klingelt‘s?

    • „Wenn es um Diskriminierung der russischen Minderheiten, sind baltischen Staaten auch nicht besser,…“

      Die baltischen Staaten haben einfach keine Lust, russifiziert zu werden, nur weil unter der sowjetischen/stalinschen Besatzungszeit massenweise Russen bei ihnen eingewandert sind. Nur weil es Deutschland egal ist, ob es durch Einwanderung seine Kultur verliert (in Deutschland an den Islam), müssen es andere Länder ja nicht genauso machen.

  14. ……nicht nur zur thematik dieses artikels möchte ich empfehlen sich einmal die gemeinsame erklärung von russland und china vom 4.2.2022 zu den internationalen beziehungen, die in eine neue aera eintreten, und zur globalen nachhaltigen entwicklung zugänglich zu machen und genau durchzulesen. das wird die allgemeine hitze abkühlen, vor allem die hitze im westen!!

  15. „Zuerst ein paar Jahrzehnte im von den Russen beherrschten Imperium leben (wie wir den Russischunterricht hassten!), dann die Sache neu bewerten.“
    Das Sprachgesetz in UA richtet sich ausschließlich gegen das Russische. Wie ich weiter oben schon schrieb, wurde das Ukrainische erst nach 1917 massiv gefördert…
    Ihre persönlichen Erfahrungen mit dem Russischunterricht sind vielleicht nicht angenehm für Sie, an dieser Stelle jedoch nicht zielführend, da der Kontext in der Ukraine ein völlig anderer war.
    Letztlich fordert die EU den Schutz von Sprachen, auch sehr kleiner Minderheiten per Gesetz. Das UA-Sprachgesetz widerspricht dem in praktisch allem.

  16. Guter Punkt. In Deutschland wird schon lange nicht mehr ausgewogen berichtet, geschweige denn von der Politik ausgewogene Lösungskonzepte entwickelt. Die Ukraine ist Provokateur und Opfer zugleich. Putin wird sich die Steilvorlage der Unterdrückung des russischsprachigen Bevölkerungsteils nicht entgehen lassen. Mit so einer Politik kehrt auch die Krim sicher niemals zurück.

  17. Vielen Dank für diesen hervorragenden Beitrag, der auch dem letzten Fan des Kiever Regimes klar machen sollte, mit was für „Kameraden“ man es da zu tun hat.
    Bizarrerweise wechselt auch Herr Zelensky, wenn er mal die Fassung verliert – was in letzter Zeit öfter passiert – in’s Russische. Gleiches gilt für den obersten „Landesverteidiger“, Den Bürgermeister von Kiev, Herrn Klitschko. Da wird’s dann schon komplett lächerlich.
    Das alles ist natürlich nicht auf dem Mist dieser Herren gewachsen. Wenn man sich anschaut, wer in der derzeitigen US-Administration an höchster Stelle der Außen- und Ukraine-Politik ukrainische Wurzeln (Großeltern bzw. Ur-Großeltern) hat und somit einen tief verankerten Rußland-Haß quasi mit der Muttermilch aufgesogen hat, wird einem vieles klar.

  18. Für die Ukraine ist diese Sprachpolitik völlig unangemessen und brandgefährlich.. Mann stelle sich einmal vor, alle Schweizer wären genötigt nur noch Schwizerdeutsch zu reden , auch in den französisch- und italienisch sprechenden Kantonen oder alle Begier müssen entweder flämisch oder französisch sprechen und schreiben, die Südtiroler nur noch italienisch.
    Diese Politik des entweder oder die die Ukraine verfolgt und das Ziel hat, den russisch sprechenden Teil der Bevölkerung zu diskrminieren und seiner sprachlichen Identität zu berauben, ist Teil der Spannungspolitik, die die ukraiische Führung aufbaut, angeblich um kompatibel mit der EU zu werden. Da Gegenteil ist der Fall.
    Der französische Staatspräsident Macron schlägt für die Ukraine den Status eines neutralen Brückenstaats vor, ähnlich wie es Finnland war, lange Jahrzehnte nach Ende des zweiten Weltkrieges und damit Spannungen aus der Region genommen hat. Henry Kissinger ist beizupflichten, wenn er genau das schon 2014 in Vorschlag gebracht hat,

  19. Na ja, auch die ungarische Minderheit in den Karpaten wird durch dieses Gesetz massiv diskriminiert. Deswegen blockiert Budapest jegliche Annäherungsversuche der Ukraine an die NATO. Leider ist Ungarn, wie so oft, in der vordersten Linie der Interessenkonflikte (Tataren/Türkenkriege/Habsburg/kalter Krieg, Migrationskrise). Erstaunlich, dass es sie noch gibt. Nicht nachlassen!

  20. Entschuldigen Sie Herr Held, aber ich denke die Interessenlage ist eine andere. Es geht den USA darum Europa und insbesondere Deutschland wirtschaftlich von Russland zu trennen.
    Es ist schon auffällig dass die USA als „the Land of the free“ ein Problem damit haben wenn andere Staaten, ja sogar Verbündete ihre wirtschaftliche Freiheit ausleben.
    Die USA führen hier ganz geschickt(oder hinterhältig?) eine Doppelstrategie. Erweiterung der Einflusssphäre über ihre EU und Großbritannien bei gleichzeitiger Verschiebung und Erhöhung der Grenze.
    Das ist der Grund warum Putins Truppen an der Grenze stehen.
    Hätte Putin jedoch alle Sinne beisammen und wurde nicht ebenfalls ein doppeltes Spiel spielen, dann würde er dem Westen die Hand geben, dieser bzw. die US Vasallen zerlegen sich nämlich schon länger auch im Sinne der USA zunehmend selber. Dagegen aufmarschieren ist dumm, warum sollte ein intelligenter Putin das tun? Es gäbe einen Grund.
    Putin stärkt duch sein gebaren den militärischen Westen bzw. vielmehr die US-Doktrin. Das weiß auch ein Putin, bzw. wäre er wirklich so dumm?

    Im Ergebnis könnte man glatt zu der Erkenntnis kommen, Putin ist eine von den USA installierte Marionette. Vom Säbelrasseln profitieren beide, Putin selbst(in seiner Position und Macht) und auch die USA und GB durch ein gespaltenes Europa. Verlierer sind die europäischen und russischen Bürger, sofern man diese als nicht europäisch betrachtet.
    Das ganze Konflikt wird entweder künstlich durch Niedertracht gehalten, oder er ist ein einfach nur aus Dummheit und persönlichen Empfindlichkeiten getriebener Spaltkeil mitten in Europa.

    • Vielleicht geht es nicht um die Ukraine? Vielleicht sollen dort nur amerikanische Kräfte gebunden werden, damit die Chinesen sich Taiwan holen können? Das wäre ein Erfolg im Krieg gegen den Westen, der allemal mehr zählen würde als ein Scharmützel in der Ukraine. Wenn Putin die Ukraine nicht nur erobern, sondern auch besetzen wollte, müßte er seine Soldaten dauerhaft dort belassen und einen verlustreichen Partisanenkrieg führen. Wer verteidigt derweil das Heimatland?

      • Putin weiß selbst dass er von den Chinesen über den Tisch gezogen würde. Russland ist schon lange kein kommunistischer Staat mehr dafür aber ein rein-totalitärer, mit Putin an der Spitze.
        Gesellschaftlich und auch geistlich steht Russland in jedem Fall näher an Europa als an China.
        Putin wäre dumm, wenn er die Konflikte mit dem Westen nicht bald beiseite legt. Das liegt allein in seiner Verantwortung. China klingelt längst auch von süd-osten an seiner Haustür.
        Das heißt, natürlich ist er so intelligent dass er das selbst weiß, aber irgendwas scheint ihn zu blockieren. Also entweder doppeltes Spiel im Namen der USA und GB, wie bereits oben beschrieben oder doch ein Fünkchen Rest-Dummheit oder russische Eitelkeit.
        Außerdem wäre Putin gut beraten wenn er seine Amtsnachfolge im wirklich demokratischen Sinne regelt.
        Russland ist VIEL zu groß um einen Krieg gegen China oder den Westen zu gewinnen, der Preis wäre unendlich für den gesamten Planeten und seine Gesellschaften und alleine Russland trüge die Schuld daran.
        Die Moral liegt in jedem Fall auf westlicher Seite.
        Putin sitzt, bzw. säße also in der Zwickmühle.
        Sprich die USA und „Russland“/Putin werden sich einig 😉
        Die USA werden ihren Willen zum inszenierten Konflikt kriegen, sprich ihren Keil zwischen Europa und Russland. Auch Putin wird damit kein Problem haben, unter der Bedingung dass er an der Macht bleibt.
        Und China ist der lachende Dritte, ebenfalls nicht gut für Russland, ebenso wenig für die USA und Europa.
        Über kurz oder lang wird Russland daran zerbrechen.
        Alles hängt also an Putin ob er sein doppeltes Spiel, bzw. das der US-Amerikaner und Briten aufgibt.
        Selbst wenn er sich einen Teil der Ukraine holt, was brächte ihm das außer weitere schlechte Publicity.

        Es gibt eindeutig Interessen Europa und Russland nicht zusammenwachsen zu lassen.
        Das ist weder von den USA noch von den Chinesen erwünscht.
        Warum spricht Putin denn nicht ausschließlich mit den Europäern? Er könnte das, wenn er wollte.

        Daher meine Theorie dass Putin eine Marionette der US-Amerikaner ist. Einiges der vergangenen Jahre spräche dafür.
        Auch die Krim als Scheinkonflikt, einfach ein Häppchen für den Keil.

  21. Ich habe das schon 2019 zur Kenntnis genommen. Was da passiert, ist ein großer Fehler. Es muß zwangsläufig dazu führen, daß die Loyalität der russischsprachigen Ukrainer gegenüber ihrem Heimatland verlorengeht. Niemand läßt sich die eigene Sprache verbieten. Kein Wunder, daß man vor einer Invasion Angst haben muß.

  22. Als damals die Timoschenko Atombomben auf Ukrainische Gebiete, die in der Mehrzahl von Russen bewohnt waren, einsetzen wollte wußte ich das kann nicht gut gehen. In den drei baltischen Staaten hat man es auch so gemacht und die russischsprachige Bevölkerung ihrer Sprache beraubt. Dort dürfen Russen nur an Kommunalwahlen teilnehmen also sind ausgegrenzt. Ziel war es möglichst viele Russen zu vertreiben, was auch gelang. In der Ukraine wird das nicht funktionieren und die Regierung hat noch eine Lunte angezündet um das Pulverfass zu sprengen. Mittlerweile glaube ich, die ukrainische Regierung will unbedingt Krieg, angefeuert von unseren Kriegstreiber.

  23. Die Ukraine hat aus der Geschichte nichts gelernt. Es gibt wie immer Parallelen aus der Geschichte.
    Bereits der Pole ging zwischen 1919 – 1939 teils robust und rabiat gegen Deutsche bzw. die deutsche Minderheit in den vormaligen Reichsgebieten Posen, Westpreußen vor.
    In einem Bericht des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages von 2009 heißt es dazu:
    „….setzte in Polen … schon früh eine repressive Minderheitenpolitik ein. Zwischen 1919 und 1921 kam es in Posen und den an Polen gefallenen Teilen Westpreußens zu einem – obgleich nicht durch staatliche Maßnahmen provozierten, wohl aber vom polnischen Staat begrüßten – Exodus der Deutschen, der den Umfang der Minderheit dramatisch zurückgehen ließ. Die Lage der deutschen Minderheit verbesserte sich auch nicht, als im Mai 1926 Marshall Józef Piłsudski putschte und Polen von einer parlamentarischen Demokratie in ein autoritäres Regime überführte. Entgegen der ursprünglich von der deutschen Minderheit gehegten Hoffnung, verschärfte sich in der Ära Piłsudski die polnische Nationalitätenpolitik: Polen ging nach dem Urteil des Bonner Historikers Albert Kotowski nunmehr von einer „planlosen“ zu einer „planmäßigen Entdeutschung“ seiner westlichen Landteile über,….“.
    Die Reichsregierungen unterschiedlicher Coleur hatten zwei Jahrzehnte versucht auf diplomatischen Wegen auf Polen einzuwirken, die Hetze, Unterdrückung und Repressalien gegen die Deutschen zu unterlassen und Minderheitenrechte zu achten. Erfolglos, wie wir heute wissen. Die furchtbaren Konsequenzen sind bekannt.
    Polen agierte damals in der Gewissheit eines 1918 geschlagenen, geschwächten Deutschlands sowie englischer und französischer Bündnistreue. Gleichermaßen offensichtlich heute die Ukraine: Sie wiegt sich in der Sicherheit westlicher Bündnispartner einschl. der USA und scheint der Ansicht, sich mit derartigen Maßnahmen aus dem 19. Jahrhundert gegen die russische Minderheit bzw. gegen Russland erlauben zu können.
    Die Ukraine wird sehen wohin das am Ende führt.
    Polen geht übrigens auch heute wieder gegen die deutsche Sprache in Polen vor:
    https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/polen-gegen-deutsche-sprache-nur-noch-eine-wochenstunde-unterricht-17786782.html

  24. Eine Brücke zwischen Europa und Russland muss um jeden Preis verhindert werden, geht es nach amerikanischen Strategen. Russische Ressourcen und europäische Wirtschaft in zu enger Zusammenarbeit könnten der amerikanischen Hegemonie-Stellung gefährlich werden und diese Idee ist den Amerikanern zuwider.
    Welchen politischen Stellenwert wir innehaben konnte man sehr gut daran erkennen, als der amerikanische Präsident in einer Ansprache in Anwesenheit des deutschen Bundeskanzlers verkündet hat, dass russische Aggression in der Ukraine das Aus für Nord Stream II bedeuten.
    Man muss sich das mal vor Augen halten:
    Der amerikanische Präsident beschließt das Aus für ein wirtschaftliches Projekt, welches sein eigenes Land in keiner Weise betrifft, Deutschland aber gerade in Verbindung mit der irrwitzigen Energiewende vor massivste wirtschaftliche Probleme stellen würde.
    Deutschland ist eben nur Vasall. Und als solcher wird er auch von Amerika behandelt.

  25. Die Ukraine soll/will Teil der EU werden. Dafür wird sowohl in der Ukraine als auch insbesondere in der EU, ganz vorneweg Deutschland, getrommelt.
    Ich habe bisher nicht mitbekommen, dass sich irgendein deutscher Außenminister oder anderer Politiker medienwirksam die Ukraine wegen dieses Sprachdiktats zur Brust genommen hat!
    Dieses ukrainische Gesetz widerspricht in allem jeglichen einschägigen europäischen Normen und ich gehe davon aus auch auf UN-Ebene. Was die EU angeht, hier die entsprechenden gesetzlichen Regelungen:
    https://www.europaderregionen.com/sprachengesetz
    Was im Artikel nicht klar benannt wurde: Russisch ist nach wie vor die Mehrheitssprache in der Ukraine. Die Regierung in Kiew stellt sich also gegen die Mehrheit. Das ist untragbar! Es ist erbärmlich, dass Deutschland und der Westen dieses Verbrechen mittragen. Doch wenn es der „Sache“ dient, scheint ihm inzwischen jedes Mittel Recht zu sein.

  26. Ein guter Punkt. Man hat in der Tat schon seit Jahren den Eindruck nationalistische, west-ukrainische Kreise würden, im Verbund mit und unterstützt von westlichen Geheimdiensten die Russland containen wollen, den innerukrainischen Nationalitätenkonflikt anheizen, um so Russland in den Konflikt hineinzuiehen. Nicht weil sie Krieg gegen Russland führen wollen. sondern weil sie wissen, dass eine russische Beteiligung ihnen westliche Unterstützung garantiert. Und zwar um damit den innerukrainischen Konflikt zu ihren Gunsten zu entscheiden, wofür Methoden notwendig sind, wie eben diese Sprachengesetze, mit denen sie sonst niemals durchgekommen wären. Wobei ja gegen eine Teilung der Ukraine in einen ukrainisch-nationalistischen Westteil und einen russisch geprägten Ostteil nichts einzuwenden wäre, aber zumindest die Westseite will das nicht. Sie wollen die ganze Ukraine, auch den Ostteil, der ihre Geschichte und Kultur nicht teilt. Sie wollen das „russische Element“ in der Ukraine vernichten. Von der ostukrainischen Seite ist eine solche Absicht nicht (mehr) festzustellen. Zuimindest nicht mehr seit Ende der SU. Und nicht vergessen: Auch die Ostukraine hat 1991 für die Unabhängigkeit gestimmt. Aber sicher nicht dafür vom (ehemals polnisch-österreichischen) Westteil assimiliert zu werden.

    • Mit Henry Kissinger als Moderator, der schon 2014 für die Ukraine den Status eines neutralen Brückenstaats gefordert hat.

  27. Die „Maydan“-Revolte war schon NGO-gesteuert, als der damalig demokratisch gewählte MP nach einer langen Phase der vergeblichen West-Annäherung dieses Ziel aufgab.
    Erst,als das klar wurde,gab es einen quasi-militanten Putsch gegen seine Regierung.
    Seitdem sind sehr „diffuse“ Regierungen in Kiew am Werke,die durchaus den einen oder anderen „faschistischen“ Touch haben,was angesichts der Geschichte der Ukraine auch nicht überrascht.
    Der Westen,allen voran das Obama/Clinton/Biden Lager,hat sich hier komplett verrannt in dem Ziel,den Russen auch den letzten Sicherheitspuffer vor den US-Kurzstreckenraketen direkt vor Moskau zu nehmen.

  28. Schon interessant, gell? In Deutschland würde man solche Bemühungen mit „Separatismus“, „Nationalismus“ und natürlich dem unvermeidlichen „Rassismus“ brandmarken.

  29. Der Autor hat in einer unaugeregten Art und Weise die Gründe aufgezeigt, um die das zwischenstaatliche Gerangel geht. Nicht einmal das wichtigste Argument, die Verwandtschaft zwischen Russen und Ukrainern kommt in diesem Konflikt zur Sprache. Die verwandtschaftlichen Beziehungen haben für die Machthaber in Kiew keinerlei Bedeutung, dabei betrifft diese Frage Millionen von Menschen, die z. B. durch Heirat und gemeinsame Kinder verbunden sind. Wie stellt man sich das vor? Soll das so laufen wie bei uns, über Jahrzehnte hinweg getrennt im sprachlichen Bereich und erst nach der Aufgabe einer der beiden Seiten wieder zusammen ein Volk. Soviel zu den Volksbefindlichkeiten.
    Die Tragik um dieses Land aber erhält das Ganze deshalb, weil dieser Sprachkonflikt eine viel größere Sache transportiert. Zieht man die Verschleierung etwas zur Seite erkennt man gut ein ungleich stärkeres Anliegen. Dieses Anliegen liegt in der militärisch- strategischen Bedeutung der Ukraine, die zum einen als taktischer Flugzeugträger ( im Gegensatz zuRamstein, strategischer Stützpunkt) gilt, und andererseits als Aufmarschgebiet für Panzerarmeen und Nachschubdepots. Hier wird mit einer Doppelstrategie versucht aus nationalistischen Strömungen in der Ukraine und einem Freiheitsversprechen an die Bevölkerung die Basis zu legen für das eigentliche Ziel, die Zerschlagung Russlands und seine Einvernahme in die Interessensphäre der USA. Es kann bei allem Wohlwollen nicht um Freiheit gehen, bei dem Engagement der USA, denn sonst bräuchte Herr Biden uns nicht zu drohen, daß bei einem Einmarsch Russlands in die Ukraine Nordstream II zerstört würde.Das ist zwischen Freunden starker Tobak.
    Krieg und Frieden, ganz nahe beieinander.

    • Aber sie haben sich in Frieden getrennt und leben jetzt eigentlich als gute Nachbarn – auch eine Lösung für die Ukraine – wenngleich im Donbass schon viel Porzellan zerschlagen wurde – und diese Gebiete aus sich selbst heraus nicht lebensfähig sind und sich vermutlich Russland anschließen würden.

    • Die Konstellation Tschechoslowakei – KuK-Monarchie kann man nicht mit der Ukraine vergleichen (Gallizien hatte nie die Bedeutung von z.B. Böhmen). Schon vor dem 1. WK war die spätere „Tschechei“ das industrielle Herz der Monarchie. Das war die Ukraine in diesem Maße nie im zaristischen Russland, auch nicht in der späteren Sowjetunion.
      In der Zwischenkriegszeit war die Tschechoslowakei einer der wohlhabendsten Staaten der Welt. Das Lebensviveau war deutlich höher als z.B. in Deutschland.
      Tschechen und Deutsche lebten zwar in Konkurrenz, dennoch weitgehend friedlich. Das änderte sich massiv erst in den 1930-er Jahren nach dem Machtantritt Hitlers, als Nationalitäten- und Rassenfragen von außen künstlich befeuert wurden mit den bekannten Folgen.
      DAS ist der Punkt, der auch auf die Ukraine zutrifft. Wie gesagt: Ein von außen befeuertes „Teile-und-herrsche“. Das ist seit Jahrzehnten eine angelsächsische Herrschaftstechnik. Wie sähe die Welt ohne sie aus?

  30. Die überwiegende Mehrheit der National-Ukrainer sind auch Ostslawen. Im Westen des Landes, der über Jahrhunderte polnisch-lithauisch und österreichisch-ungarisch war, gibt es eine repektable Bevölkerungsgruppe mit einer “ westlichen“ Kulturtradition. Sie wollten nie unter zaristisch-russischer oder sowjetisch-russischer Herrschaft sein. Das müßte die Regierung in Kiew respektieren ohne daraus eine Nationalideologie zu machen, wie es der Fall zu sein scheint. Die Westurkraine war auch ein großes Siedlungsgebiet von Juden, die es nicht mehr gibt. Lemberg war ca. 1/3 jüdisch. Das Katholische hat man schon vor Jahrhunderten stark verändert. Man hat die Rituale für das weitgehend analphabetische Volk irgendwie orthodox belassen, hat sie aber zu Mitgliedern der mit der katholischen Kirche “ Unierten “ erklärt. Kiew ist und bleibt die “ Mutter aller russischen Städte „. Das Sprachgesetz hat gute Chancen die kulturelle und politische Spaltung des Landes auf lange Zeit fortzuschreiben. Es wird jede staatspolitische und wirtschaftliche Entwicklung des Landes weiterhin bremsen, weil eine solche mit ambivalenter nationaler Identität nicht funktionieren kann. Die EU wäre nur interessant weil es von dort Geld gibt, das man nicht selbst erarbeiten müßte, und, weil die lokale Elite an der souveränen Mittelverwendung im Land weiterhin prächtig verdienen könnte. Ein Land, das geografisch etwas größer ist als Frankreich und ca. 44 Millionen Einwohner hat, als Dauerkostgänger der EU-Umverteilungsmaschine. Viel Glück !

  31. Ein erfreulich sachlicher Artikel, ein Artikel mit Augenmaß und mir neuen Informationen. Ich hatte schon befürchtet, dass TE von den kalten (Schreibtisch)Kriegern um Herrn Gafron gekapert worden wäre.

  32. Die Baltischen Staaten haben schon vor Jahren die Blaupause für diese unsägliche „Sprachregelung“ geliefert . Vielleicht rührt daher auch die ständige „Angst“ vor Russland. Immerhin gibt es in diesen Staaten eine große russische Minderheit,
    die durch diese Gesetzgebung in Beruf, Kultur und dem täglichen Leben eingeschränkt wird.
    Der Beginn der Diskriminierung der russischen Sprache in der Ukraine führte ja letztendlich zu den Auseinandersetzung im Donbas. Nichts gelernt, kann man der ukrainischen Regierung bescheinigen. Eine weitere Eskalation der Situation im eigenen Land ist also vorprogrammiert. Falls es dazu kommt, ist der Schuldige aber bereits ausgemacht. Putin!
    Was sich tagtäglich an kruder Berichterstattung, unter Negierung aller historischen und tatsächlichen Ereignisse in unseren ÖR abspielt, hat schon lange nichts mehr mit ausgewogenen, kritischem Journalismus zu tun.
    Das Verschweigen um diese Sprachzensur spricht Bände.

    • Jede Medaille hat zwei Seiten. Die Russen im Baltikum sind Überbleibsel stalinistischer Russifizierungspolitik. Die ukrainischen Russen leben dort aber schon seit dem 19. Jh.

      • Auch im Baltikum wohnen die Russen jetzt seit Generationen. Wer das in Ordnung findet, daß sie z.B. im benachbarten Königsberg sind, darf auch auch nichts gegen ihre Präsenz in Tallin haben.

      • Da sollten Sie aber mal in die Geschichtsbücher schauen. Nach der schwedischen Vorherrschaft im Bereich der heutigen Baltischen Staaten und der Kriege von Katharina der Großen und Peter 1., in deren Folge diese Giete zu Russland kamen, wurde die Besiedlung der eroberten Gebiete durch Russen forciert. Die Besiedlung nur auf die russische Eingliederung 1940 ff aufgrund des Hitler-Stalinpaktes zu beziehen, ist historisch gesehen falsch.

      • Die Sache ist weit komplizierter. Das Baltikum war bereits seit Peter dem Großen bis 1918 russisch, nicht erst unter Stalin. Die Verwaltungssprache war russisch, die Sprache der adligen Grundbesitzer deutsch, die der Bauern und Bediensteten lettisch, litauisch und estnisch. Dagegen war die Westukraine bis 1940 niemals russisch, sondern bis 1918 österreichisch, in der Zwischenkriegszeit polnisch, die Bevölkerung ukrainisch („ruthenisch“), polnisch und jüdisch gemischt. Dort ist die Wiege des ukrainischen Nationalismus zu suchen, der antipolonisch, antirussisch und vor allem antisemitisch war und mit den Deutschen im Vernichtungskrieg bestens kooperierte (was man hier gern mit dem Mantel des Schweigens bedeckt). Deren Nachfahren sind die heute in Kiew tonangebenden Kreise.Ganz anders die Ostukraine, die vor allem unter Katharina der Großen mit ethnischen Russen besiedelt wurde („Neurussland“) und erst von Lenin als industrielle Basis zur überwiegend agrarischen „Kern“-Ukraine als Teil der UkrSSR geschlagen wurde. Kiew als „Mutter der russischen Städte“ wird von den Russen mit einiger historischer Berechtigung als die Keimzelle der russischen Staatlichkeit („Kiewer Rus“) angesehen. Objektiv gesehen ist Kiew geographisch, ethnisch und geschichtlich sicher näher an Moskau als an New York.

      • Das Baltikum war nie „kulturell russisch „, es war nur, mehr als 1x in der Geschichte, unter russischer Herrschaft/Souveränität. Es wurde mit dem “ Baltischen Kreuzzug “ aus Bremen im 12. Jhdt. erobert, christianisiert und seitdem vom deutsch-baltischen Landadel besiedelt und entwickelt. Rügen war auch nie “ schwedisch“ sondern nur unter schwedischer Herrschaft, es war aber immer deutsch. Schleswig-Holstein war unter dänischer Herrschaft, aber immer deutsch. Die heutigen Russen in den baltischen Staaten wurden während der Sowjetzeit dort angesiedelt. Sie waren, nachdem der alte, deutsche Landadel nicht mehr da war, die neuen Herrenmenschen der Region. Russische Herrenmenschen waren nicht besser als andere Herrenmenschen. Als die Länder selbständig wurden, hatten diese Russen Phantomschmerz, weil sie meist kein Estnisch oder Lettisch konnten, und auch nicht mehr die Herren waren. Zu Mutter Russland konnten oder wollten die meisten aber auch nicht. Deshalb bleibt ihnen nichts anderes übrig als “ Esten und Letten russischer Abstammung“ zu werden. Sehr viele schaffen das auch, aber nicht alle. Die EU sollte wahrscheinlich noch viel mehr helfen, um diese Russischstämmigen zu integrieren, Erwachsene und Kinder.

      • Die Kiew Rus vor 1000 Jahren waren auch Ostslawen / Russen. Abgesehen von den definierten Tataren, Polen, Ungarn, und was es sonst, in sehr kleiner Zahl gibt, Ukrainer sind Russen, die im süd-westlichen Grenzland (Ukraine) leben. Ukrainer sind keine Ethnie, und Ukraine ist keine Nation, sondern eine von Russland abtrünnige Provinz.

  33. Was ist der Unterschied zwischen Russisch und Ukrainisch? Ich dachte, da sind bloss paar Redewendungen anders, mehr nicht(???)

    • Ukrainisch ist eine eigenständige slawische Sprache. Sie nutzt z.B. einige kyrillische Buchstaben, die im Russischen unbekannt sind. In weiten Teilen ist sie dem Polnischen deutlich näherstehend, als dem Russischen.
      Meine Frau ist Ukrainerin. Sie wurde zu Zeiten der UdSSR in Kiew geboren und ist russischsprachig aufgewachsen. Kurz vor den Abschlussprüfungen ihres Studiums wurde die Ukraine eigenständig und die ukrainische Sprache war bereits damals zwingende Voraussetzung, diese Prüfungen abzulegen. Sie musste daher das für Sie als Fremdsprache einzustufende kurzfristig erlernen und dieses dann auch fließend beherrschen.

    • Das Ukrainische galt im zaristischen Russland als eine regionale Sprache der Bauern, keinesfalls als Schriftsprache. Selbst anerkannt ukrainische Schriftsteller schrieben bevorzugt auf Russisch, da ihnen das Ukrainische ungeeignet erschien und da es einfach kaum Publikum dafür gab.
      Es gibt in ihr viele Begriffe, die aus dem Russischen übernommen wurden, da es sie im Ukrainischen einfach nicht gab. Gern werden dabei als Beispiel Tiernamen angeführt.
      Zur anerkannten Schriftsprache wurde Ukrainisch erst durch die Bolschewiki nach der Revolution von 1917, die Minderheitensprachen massiv förderten.
      Bis zum Staatsstreich von 2014 in der Ukraine hatte jedes Kind die Möglichkeit, zwischen einer russischen oder ukrainischen Schule zu wählen.
      Welche Bedeutung das Russische in der Ukraine nach wie vor hat, belegt z.B. eine Studie, meiner Meinung nach aus dem Jahre 2020. Ziel war herauszuarbeiten, welche Sprache die Bürder der Ukraine im Internet bevorzugt nutzen. Das Ergebnis: ca. 90% nutzen bevorzugt Russisch.
      Auch diese Zahl belegt, dass das Sprachengesetz ein ausschließlich politisches Ziel verfolgt.
      Beide Sprachen sind nicht „weit voneinander entfernt“, d.h. ein Ukrainer versteht im Wesentlichen Russisch und ebenso umgekehrt. Eine ähnliche Konstellation findet man zwischen z.B. Tschechich und Slowakisch.

    • Eine sehr sprachkundige West-Ukrainerin, die mit Ukrainisch und Russisch aufgewachsen ist, dann aber auch Deutsch und Englisch sehr gut gelernt hat, und dann auch noch 2 Jahre in den Niederlanden gelebt und gearbeitet hat, und damit auch Niederländisch konnte, hat mir den Unterschied als ähnlich, wenn auch nicht ganz so stark, dem Unterschied Niederländisch-Deutsch erklärt. Ihr war auch klar, dass Niederländisch aus der Geschichte eine viel eigenständigere Sprache ist, weil das Ukrainische, nicht ausschließlich, aber mit großer Mehrheit von der bis zur Sowjetzeit analphabetischen Landbevölkerung gesprochen wurde. Die Russen haben das Ukrainische immer als regionalen Dialekt gewertet. Dem hat sie nicht widersprochen, weil sie auch wußte, dass das Niederländische aus dem niederrheinischen Platt hervorgegangen ist, und dass es in Norddeutschland auch ein Plattdeutsch gibt. Da ich selbst brauchbare Grundkenntnisse in Russisch habe, kann ich das Ukrainische als andere Sprache hören, und noch weniger verstehen, als wenn jemand zu schnell oder zu kompliziert Russisch spricht.

      • Ja, wenn man beide Sprachen zumindest rein phonetisch kennt, ist der Unterschied sofort herauszuhören, auch ohne den Inhalt zu verstehen. Der Vergleich Russisch/Ukrainisch zu Deutsch/Niederländisch erscheint mir sehr treffend.

  34. Das Sprachgesetz richtet sich mitnichten nur gegen die im Donbass angestammte russisch sprachige Bevölkerung der Ukraine.
    Auch die Ungarn des sogenannten Karpatenunterlandes, welche nach dem , im wesentlichen von Clemenceau durchgesetzten Schandfrieden von Trianon , gegen ihren Willen seitdem in der Ukraine leben müssen, werden trotz gegenteiliger offizieller Darstellung, beim Gebrauch ihrer Sprache durch dieses Gesetzt drangsaliert.
    Seitdem dieses Gesetz in Kraft ist, haben sich die Beziehungen zwischen Budapest und Kiew massiv verschlechtert.

  35. Herr Held,
    danke für diesen Beitrag. Es ist eben nicht immer alles schwarz-weiss in der Wirklichkeit. Und ein derartiges Sprachgesetz ist das Gegenteil von befriedend. Hoffentlich kommen alle Beteiligten zu Sinnen.

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