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Die Somewheres gegen die neuen Klugen Anywhere

FAS: Wenn die Leute nicht so wollen wie ihre Vorbeter

14.05.2017

| Lesedauer: 3 Minuten
Staunender Blick in das Leben der Somewheres, die so irgendwie, irgendwo und von irgendwas leben, das sich's nicht aussuchen können wie die flexiblen Anywheres, die ins jeweils weichere Nest hüpfen - aber eines nie gelernt haben: Solidarität und ja - Treue.

Wenn die Leute wieder nicht so wählen, wie es die Klugen vorbestimmt haben, klagen die Intellektuellen über Antiintellektualismus. Manche Zeitungen, die sich für kluge Köpfe bestimmt halten, versuchen der mit der falschen Wahl verbundenen Abwahl der Zeitung durch Anbiederung zu entgehen.

Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung etwa, indem sie auf dem Titel „Guten Muttertach“ wünscht. Schönen Tach auch, huch, wir berlinern heute so volkstümlich, was sind wir doch für Scherzkekse, nein aber auch, dieses Spiel mit den Dummen, hihihi.

Dabei ist die Zeitung ja gar nicht so dumm, wie sie sich gibt. Wenn sie von anderen abschreibt, ist es sogar hilfreich. Hilfreich ist eine Buchbesprechung des Briten David Goodhart. Er versucht den Frust der Intellektuellen über aus ihrer Sicht falsche Wahlergebnisse (Brexit, Trump, AfD, CSU) mit der Spaltung der Gesellschaft in die Gruppe der „Anywheres“ und der „Somewheres“ zu erfassen.

Die Anywheres sind eine Minderheit von 20 bis 25 Prozent, die den Ton in Politik, Medien und Gesellschaft angeben. Sie sind besser gebildet, verdienen mehr, sind beruflich in den modernen Berufen der Metropole London erfolgreich, sind global vernetzt. Sie haben damit eine „transportable Identität“. Sie schätzen Freiheit und Autonomie, pflegen sozialliberale Ansichten, seien aber blind gegenüber den eigenen Privilegien. „Sie fordern Meritokratie und soziale Mobilität, weil sie Gewinner der Spiels sind. … Sie haben die Wissensgesellschaft ausgerufen, die in Wahrheit nur ihnen nutzt, denn nicht jeder ist schlau“.

Die „Somewheres“ leben irgendwo, irgendwie von irgendwas, sie überleben durch die emotionale Nähe zum Wohnort, zur Verwurzelung. Sie können dem schnellen Wandel, der Massenmigration und der Globalisierung wenig abgewinnen, weil diese Faktoren ihr Leben eher verschlechtert haben. Trotzdem haben ihre Positionen lange als „Common Sense“ gegolten – bis die Anywheres die veröffentlichte Meinung zu beherrschen begannen. Die britischen Massenblätter haben sich von ihnen abgewandt. Der Sozialstaat, ihre originäre Schutzmacht, wird durch ethnische Zerklüftung zerstört. Großbritannien droht in ein noch fragmentierteres, hyperindividualistischeres und unfreundlicheres Land zu zerfallen, in dem sich verschiedene soziale und ethnische Gruppen in Parallelwelten zurückziehen, „während eine immer schrillere politische Klasse die Werte der Offenheit hinter hohen Zäunen zelebriert.“

Die Analogien zu Deutschland sind frappierend, wobei Deutschland als verspätete Nation mit der Globalisierung und Zuwanderung ein bis zwei Jahrzehnte nachhinkt: Die Deindustrialisierung wurde ja unter Maggie Thachter zum Programm und wird in Deutschland erst seit wenigen Jahren so massiv betrieben, wobei hier Umweltschutz und Klimawandel die Triebfedern der grünen „Anywheres“ sind. Der Rückbau des Sozialstaats für Rentner und Krankenversicherte, auf den die Somewheres aus dem Ruhrgebiet und dem Land so angewiesen sind, wird aktiv betrieben, während die sozialen Privilegen die Anywheres mit ihren bequemen Jobs in Ministerien, öffentlich-rechtlichem Rundfunk, höherem Beamtentum und öffentlichem Dienst gesichert werden – bis zum Todesröcheln des letzten Steuerzahlers. Auch BILD, früher bereit, für seine Leser somewhere und somehow zu kämpfen, ist seit 10 Jahren umgepolt und hat 2/3 seiner Auflage verloren. Was natürlich am Internet liegt, wie uns der Mann erklärt, der bei BILD Kai Dieckmann war. Merke: Wenn das Modell der Anywheres nicht funktioniert, sind eben immer die andern schuld.

Da sind wir dankbar für einen kleinen, aber jedes Wort lesenswerten Beitrag von Moritz Eichhorn, der sich die Wehrpflicht angetan hat, die ansonsten den Vertretern der Klasse der Anywheres schon lange mittels Attest erspart wurde. Er beschreibt diese verlorengegangene Gefühl der Kameradschaft, das auch Stuben-Feinde verbindet; die Solidarität der Geknechteten und Gefährdeten. Es ist ein staunender, ehrlicher Blick in die Lebenswirklichkeit der Somewheres, die unter anderen Bedingungen leben müssen so irgendwie, irgendwo und von irgendwas, das sie sich nicht aussuchen können wie die flexiblen Anywheres, die in´s jeweils weichere Nest hüpfen können – aber eines nie gelernt haben: Solidarität und ja – Treue.

Verbundenheit. Solche altmodische Unterschicht-Sachen halt. Braucht kein Mensch mehr unter den Globalisierten, reicht ja ein Jet-Ticket an den nächsten Staats-Trog. Eichhorns Beitrag zeigt, dass dieser Gesellschaft die verbindenden sozialen Institutionen verloren gegangen sind; dazu gehörten Wehrpflicht, Vereine, Kirche, menschennahe Parteien, der kleine Fußballclub (vor Ort, nicht Bonzen-Bayern oder Edel-Borussen) . Solidarität ist zur Worthülle verkommen (für Intellektuelle: zum Wieselwort). Willkommen in der Welt der Super-Individualisten mit Pensionsanspruch, die aus ihren Ghettos heraus die Grenzenlosigkeit predigen und die Entgrenzung für die praktizieren, die vor ihren festen Mauern unbehaust werden.

Guten Tach auch.

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53 Kommentare

  1. Ich stimme Ihnen zu: In der Tat die „neuen Bobos, untereinander verklumpten Gutmenschen/Baizuos, Kreativen und Medienritter, Drittmittelbeschaffer und Rechthaber, Gesinnungsmoralisten und Anywheres“ bilden zunehmend eine besserwisserische Feudal-Priesterschaft, fast einen neuen religiösen Orden mit höheren Weihen. Es ist erst kalt, wenn sie es verkünden; erst dann warm, wenn sie es offenbaren. Die realen Temperaturen waren gestern.
    Sie sind die Regenmacher und Dauer-Aufgeklärten.

    Die „Anderen“? Das sind halt die zechenpflichtigen Gimpel… Und die sollen auch brav mitsingen, wenn bei der Priesterschaft Gesang fällig.

  2. Brav und angepaßt bis in die Wahlkabine.
    Ja, Deutschland ist wirklich schön, schön blöd.

  3. Ja, im DLF lief eine ähnliche Unterscheidung zwischen „Hypermoral“ und identitärer Moral. Die einen sind globalisierungsgeil, dabei gerne staatsnah angestellt und mit gesicherter Finanzierung, blicken zuversichtlich nach vorne, die anderen hängen einer „Identität“ nach, die sie sich im Rückblick konstruieren, die aber nur EInbildung sei.

    So die Propaganda, hinter der man natürlich „Gut“ und „Böse“ erkennen kann und auch, wer was sein soll.

    Die Wahrheit ist natürlich, dass sich eine Minderheit von „Anywheres“ auf Kosten der Mehrheit häuslich eingerichtet hat und immer abstrusere Begründungen braucht, um das zu rechtfertigen und nicht bereit ist für die angerichteten Katastrophen zu zahlen …

  4. Stimmt. Hyperindividualismus und Hypermobilität richten uns zugrunde.

  5. Bravo, Herr Tichy! Besser kann man die Doppelmoral und das Abgehobensein dieser „Anywheres“ nicht auf den Punkt bringen. „Anywhere but here“ möchte ich sagen. Diese Anywheres hinterlassen uns nicht nur die viel zitierten ethnischen und sozialen Parallelgesellschaften, sondern auch Parallelwelte, eine Gesellschaft ohne einigendes Band, ohne Klammer. Die politische Klasse und die so genannte geistige Elite dieses Landes haben größtenteils den Bezug zu den „common people“ verloren – und ganz nebenbei noch den „common sense“, um im Englischen zu bleiben. Diese Leute predigen Wasser und trinken Wein. Die ständige Abgrenzung zum vermeintlichen Pöbel da unten wird irgendwann in eine heftige Konfrontation münden. Der Druck auf dem Kessel wird zunehmen. Die Fliehkräfte (beim Brexit wortwörtliche „Flieh“kräfte) sind längst zu spüren.

  6. Das kommt davon, wenn man Bildungsministerien und Unterrichtsmaterial ca 20 Jahre lang den rot-grünen überlässt. Sind ja bloß Kinder.

  7. Ich würde es nicht „somewheres“ und „anywheres“ nennen. Sondern „Verwurzelte“ und „Entwurzelte“, oder „Bodenständige“ und „Heimatlose“. Das ganze erinnert mich etwas an Albert Camus‘ ‚L’Etranger‘, wo der Mensch sich existentialistisch „ins Dasein geworfen“ fühlt – als vereinsamtes Individuum, ohne wirkliche innere Bindung.
    Unsere vergeisteswissenschaftlichen Eliten scheinen diese Weltsicht als eine Art erstrebenswertes Ideal propagieren zu wollen – so kalt, so vereinsamt, so fremd ein solches Dasein auch sein muss. Soziale Bindungen werden in diesem grenzenlosen individualistischen Selbst-Wahn nur noch als Fesseln wahrgenommen, nicht mehr als geistige Heimat.
    Folgerichtig wird Heimat – in jeder Beziehung – zum Schimpfwort; man verunglimpft sie als nationalistisch, feindlich gegenüber Fremden, dumpf und rückständig. Ideal ist die grenzenlose Beliebigkeit.
    Natürlich lässt sich eine wert- und prinzipienlose Masse von Individuen auch besser politisch führen als Menschen mit festen Orientierungen.
    – So kommen wir zur Verleumdung jeder Art von traditioneller Bindung – von der Familie (siehe Tichys anderen Artikel über die Mütter) bis zum eigenen Land, der eigenen (Leit-) Kultur und der eigenen Armee, die das Heimatland (pfui, welch nazistisches Wort!) schützen soll. –
    Ich möchte mit so denkenden Gesellen nichts zu tun haben. Denn ihnen ist nichts heilig. Aber man kann alles von ihnen befürchten, da sie keine Grenzen kennen.

  8. Danke für den Artikel Herr Tichy! Ihre „Somewhere“

  9. Ich persönlich beobachte eine zunehmende Segregation:: hier die Schlauen, die Globalisierungsgewinner, die Gewinner des bestehenden Systems (auch die mit Pensionsansprüchen), die Gutmenschen mit der moralischen Überlegenheit, die Lakaien der Systemlenker. Auf der anderen Seite die Dummen, Altmodischen, die der Entgrenzung und den Auflösungserscheinungen in den Gesellschaften des Westens skeptisch bis misstrauisch gegenüberstehen. Ich frage mich, ob hier die Keime eines lautlosen Bürgerkrieges gelegt werden. Die Fronten scheinen sich jedenfalls zu verhärten.

  10. Ein sehr guter Artikel. Unsere selbst ernannten Eliten mit Pensionsberchtigung verachten doch im Grunde Menschen, die sich mit den täglichen Problemen des Lebens auseinandersetzen müssen. Was würde den passieren, wenn sämtliche Genderforscher, Gleichstellungsbeauftragt, Beauftragte für querstehende Fürze etc. alle gleichzeitig ausfallen würden? Gar nichts. Wenn dagegen 50 % der Müllabfuhr von Kleinkleckersheim krank werden, ist das eine mittlere Katastrophe.

  11. Nicht-Verbundenheit im Sinne von völliger Verantwortungslosigkeit. Man bedient sich hier, man bedient sich dort, einfach weil man an entsprechender Stelle sitzt. UND man sichert und baut seine Pfründe aus. Siehe politische Entwicklung, weg von Rechtsstaat und Demokratie.

    Herr Tichy, Sie schildern diese vernetzten anywheres als gebildete, hochvernetzte Gruppe. Aber was resultiert aus dieser Gruppe? Irgendetwas von Wert für die Gemeinschaft oder wird die Vernetzung und das Sitzen an Schalthebeln nur für die eigenen Zwecke genutzt, bis hin zum Exitus eines Gemeinwesens?

    • das Gemeinwesen ist für die nicht vorhanden, weil global ja unbestimmt….

    • Es ist ein altes Vorurteil, dass die Funktionseliten der Anywheres keine wirklichen Werte schaffen. Dass Misstrauen gegen Händler, Bankiers, Unternehmer und Manager findet sich schon im 19. Jahrhundert; es hat zum Sozialismus und auch zum Antisemitismus beigetragen. Und sicherlich gibt es eine Reihe Anywheres, die nichts wirklich Brauchbares schaffen. Aber viele tun es: sie bauen Autos (bzw. machen durch unternehmerische, verwalterische und technische Leistungen den Autobau möglich), stellen Strom her, sorgen für die finanzwirtschaftliche Infrastruktur; sie bringen naturwissenschaftliche und technische Forschungsergebnisse, und, und, und.

      Ich teile die Kritik an der politischen Blase, in der viele Anywheres sich befinden. Aber viele leisten auch Dinge, die von unsere Gesellschaften von großer Bedeutung sind und welches Anerkennung verdient.

      • Den Anyways würde ich die unternehmerische, verwalterische und technische Leistungen nur bedingt zuordnen. Eigentlich sind das fundamentale Mittelstandsfähigkeiten, die es schon lange vor der Masse an anyways gab. Wer diese Fähigkeiten beherrscht, der kann natürlich großes tun, vor allem wenn sie im Idealfall noch mit Verantwortung gepaart ist.

      • Ach – gut, daß Sie mich so kompetent aufgeklärt haben, daß wäre mir sonst glatt entgangen.

  12. Zu dieser „Anywhere“ Gruppe gehören in Deutschland vor allen auch die gut betuchten Rentner…diese Rentner Genration, die von Deutschen Wirtschaftswunder der Nachkriegszeit in den gut bezahlten Industriebranchen ihr Auskommen hatten und von Jahr zu Jahr nichts anderes kannten als gute Tarifabschlüsse, Tariferhöhung und Außertarifliche Prämien…all das also, was man nach einen verlorenen Krieg als Wirtschaftsaufschwung/Aufbau „Made in Germany“ genießen und einstreifen konnte…..diese Generation des Deutschen Wirtschaftswunder/Aufbau/Aufschwung kommt also seit einigen Jahren immer mehr ins Rentenalter und profitiert hier von üppig ausgezahlten Rentenbeiträgen….somit ist für diese Rentnergruppe das Leben einfach nur das „Paradies“…keine Arbeit mehr und mehr Renten bekommend als ein heute arbeitender und ernährender Familienvater inkl. noch Nebenbei Arbeitende Mutter….
    Diese Kluft haben wir überall in den Deutschen Gesellschaft…die Kluft der wenigen Privilegierten Rentnern zu denen, die nicht wissen wie Sie sich selbst oder ihre Familie über den Monat noch bringen…

    • Aber hallo, das können Sie nicht den Rentnern ankreiden, da ist die heutige Generation schon selbst verantwortlich.
      Deutschland hat eigentlich konstant Produktivitätsfortschritte (und Gewinne) zu verzeichnen. Die Deutschen könnten schwimmen im Geld, wenn es nur richtig eingesetzt würde. Schon früher hat Geissler immer gesagt „Geld gibt’s wie Dreck“

      • Klar kann ich den „gutbetuchten“ Rentnern eine Mitschuld geben…die gehen diesen fatalen politischen Weg mit. Die heutigen Rentner lassen sich auf Kosten der zukünftigen Generationen bestechen. Man muss doch einfach mal, auch als heutiger Rentner, begreifen, was es bedeutet wenn Deutschland keine Industrie mehr hat und nur noch schlecht bezahlte Dienstleistungsjobs oder durch die grenzenlose Politik ein unendlicher Nachschub an billigen Arbeitskräften nach Deutschland hineinkommt….Die heutigen Rentner haben ihren Wohlstand den Umstand zu verdanken, dass nach dem Krieg ein wirtschaftlicher Nachholbedarf da war und das man hier in eine Phase des Wirtschaftswunder in einer sich eingeschlossen-verschworenen-solidarischen Aufbau Gesellschaft zuhause war….mit Grenzen und einer eigenen Währung…mit freier Forschung und Entwicklung „Made in Germany“….der Deutsche Erfindergeist konnte sich frei entfalten und ganz auf sich beziehen…und heute…nur noch Rückbau, Schikane und globalisiertes Kostendumping inkl. Minderwertigkeit statt Mehrwertschaffung….Kernkraft abgeschaffen, CO2-Verbot und somit Industrievernichtung,

  13. Solidarität, Treue, Verbundenheit – Ihr Artikel öffnet Welten, die dennoch in
    Ursprung und Ausrichtung außerordentlich individuell sind, weil es
    eine bewusste Entscheidung ist, sich an Tragfähigem zu orientieren.

    Mein besonderes Kompliment für den Begriff Treue. Das erinnert mich an
    das oftmals falsch verstandene Wort Geduld, was im eigentlichen Sinn
    Beharrlichkeit heißt und daher ein aktives Verhalten umschreibt.

    Die Bürger erwarten ja nur von Politik, Medien und ähnlicher
    Öffentlichkeit, dass ihre Interessen vertreten werden, damit es
    möglichst allen gut geht. Eigentlich selbstverständlich. Ausgrenzen
    und abgrenzen können sich die 20-25 % Genannten gar nicht, da sie
    ständig von dem profitieren, was die anderen leben und leisten.

  14. Lieber Herr Tichy, ein großartiger Artikel.
    Auch ich bin eine jener „Somewheres“, die ihre Scholle lieben, und die ihren eigenen Traditionen eng verbunden ist. Die sogenannten „Anywheres“ würde ich persönlich als „Nowheres“ ansehen, getreu dem alten Song der Beatles:
    „He’s a real nowhere-man….“ Die etwas Reiferen unter uns werden ihn noch kennen. Wenn ich dann daran denke, wie marktschreierisch von diesen „Nowheres“ unsere sogenannten Werte, wie Sicherheit, Solidarität, Freiheit, etc angepriesen werden, dann wird mir schlecht, und ich frage mich, ob sie nicht eine Lebensphilosophie vertreten, die genau diesen Werten diametral gegenüber steht. Wie kann denn jemand, der keine Heimat kennt, Solidarität propagieren, wenn er sie selber nicht lebt? Was ist Sicherheit wert, ohne Grenzen, ohne eigene Identität, welche diese gewährleistet? Und Freiheit, die von sogenannten „Freiheitsliebenden“ eingeschränkt oder unterdrückt wird (siehe den „Kampf gegen Rechts“ und alle sich ergebenden Konsequenzen daraus) ist letztendlich gar keine. Uns werden von, in Franken „Dampfplauderer“ genannten Leuten, die Ohren so zugeheult, daß jeder glaubt, sie seien die Mehrheit, und alle, die auch nur wagen, kritisch zu denken, kriegen „eine über den Schädel“.

    Dummerweise werden die „Anywheres“ auch noch durch Steuern und Abgaben von den schwer schuftenden „Somewheres“ finanziert.
    Wer ist denn nun WIRKLICH die Mehrheit in diesem Land????

    • Die Mehrheit sind die Somewheres. Aber die wissen es nicht. Sie haben ja kaum Stimme.

  15. Das trifft die aktuelle Situation sehr gut. Die Somewheres, denen inzwischen bereits die Stufe zwei der Bedürfnispyramide genommen wurde, und die anywheres, die darüber diskutieren, welchem Gender Gott angehören würde, wenn er denn existieren würde.

  16. Ja Herr Tichy, da bleiben mir die Worte weg, stimmt so alles, was Sie sagen.

  17. Den Furor von Herrn Tichy teile ich, den er anlässlich seiner Besprechung des FAZ-Essays über Goodhart rauslässt.

    Interessierten empfehle ich aber unbedingt, den wirklich guten – und leisen – Artikel über Goodhart im Original zu lesen: Leider bekommt man ihn (wenn man so etwas zeitgeistiges wie die FAZ nicht abonniert hat) nur über blendle.com, wenn man dort unter „Nestbeschmutzer“ sucht. Kostet zwar 45 Cents, aber die kann man sich anschliessend zurückholen, wenn man den Erkenntnisgewinn für weniger wert hält… 😉

    Wenn man dann schon mal dran ist, kann man auch Bleibtreus „Nach sechzig Sonnenaufgängen“ lesen. Aber mMn viel wichtiger ist Goodhart.

    Am Rande: so deutlich habe ich die Tichy-Erkenntnis bisher nicht gehabt, weil sie erst im Kontext unübersehbar klar wird:

    „Auch BILD, früher bereit, für seine Leser somewhere und somehow zu kämpfen, ist seit 10 Jahren umgepolt und hat 2/3 seiner Auflage verloren“

    Die Anywheres sind nach Goodhart halt nur 1/4 bis 1/3 der Somewheres… 😉

    Tja, kleine Sünden bestraft der Liebe Gott sofort, für grosse strategische Sünden nimmt er sich manchmal 10 Jahre Zeit… 😉

    Ceterum censeo AfD esse eligendam…

    • Danke für den Link, Herr Frisch. Ich war auch sehr erstaunt, im Gottseibeiuns der linksgrünen Zeitungen solche Sätze zu lesen:

      „Der völlige Verzicht auf Abschiebungen … mag zwar in einer sehr kleinen Minderheit der Bevölkerung populär sein, würde aber bald dazu führen, dass die Aufnahme von Flüchtlingen ganz in Frage gestellt wird. Staaten wie Ungarn zeigen, wie populär eine Null-Flüchtlings-Politik sein kann“

      Liegt das vielleicht etwa daran, dass die hymnische Goergen-Prophezeihung nicht nur fürs paradiesische Jenseits designt wurde, sondern schon im Diesseits Wirklichkeit zu werden beginnt?

      „Insgesamt kommt die tektonische Verschiebung der politisch gesäßgeografischen Kontinentalplatte nach ‚Links‘ in den letzten 50 Jahren nun zum Erliegen und setzt zur Verschiebung in die Gegenrichtung an“

      Ich mag mich fast nicht trauen, das schon zu glauben zu beginnen… 😉

      Ceterum censeo AfD esse eligendam…

  18. Danke, Herr Tichy. Ich mag, dass in ihren Artikeln bei aller rationaler Sichtweise immer das Herz, das wirkliche Mitgefühl dabei ist. Eben das Gegenteil der kaltschnäuzigen Sichtweise der „cool-hippen“ Anywheres.

    • Danke, das freut mich, weil ich auch so empfinde.

    • Stimmt. Das macht seine Artikel immer zu etwas Besonderem.

  19. Das Problem ist nur, diese Anywehres glauben nur, dass sie schlauer, Intellektueller und intelligenter als die anderen seien. Oftmals sind sie jedoch nur das grossmäulige, untere Mittelmaß der im Überfluss mit sinkendem Nieveau produzierten akademischen Pseudointellektuellen, die irgend einen wert- und sinnlosen Abschluss in Geschwätzwissenschaften, Blablaistik oder Laberlogie ersessen haben – wenn überhaupt. Einzig ihre dummdreiste, grenzenlose Selbstüberschätzung und ihr Sucht sich nach vorne zu drängen, lässt sie irrig annehmen, sie seien etwas besseres. Und als vermeintliche Experten durchsetzten sie Politik, Medien, Kirchen, Agenturen uä. weil man dort nichts anderes braucht als eine große Klappe, ein unerschütterliches Selbstvertauen und ein ordentliches Maß an Skrupellosigkeit.

    • Von diesen Dummschwätzern produziert das System immer mehr. Irgendwann wird sich das bitter rächen.
      Man sieht es doch heute schon. Keiner will mehr arbeiten. Jeder macht Abi, studiert und will dann irgendeinen Chefposten besetzen.

  20. Früher benannte man die Regierungsform der Anywheres mit den Begriffen Absolutismus und Feudalismus.

    Doch auch die heutigen Anywheres sind nicht vor rechtsradikalen Gedankengut gefeit. Die Hohepriester der anywheren Offenheit, streben fürs eigene Wohlergehen solche Maßnahmen an, die man den Somewheres, va. Hintersassen, auszutreiben trachtet:

    >Die Bundesregierung will ihre eigenen Gebäude besser gegen mögliche Angriffe schützen. Das geht aus dem vom Bundesinnenministerium verfassten „Konzept zur Aufrechterhaltung der Staats- und Regierungsfunktionen im Spannungs- und Verteidigungsfall“ hervor, das unserer Redaktion vorliegt. Konkret geht es in dem Papier um den Schutz von Fassaden, Fenstern, Ventilatoren und Klimaanlagen, aber auch von Kommunikationskanälen, der Wasser- und Energieversorgung. Das mit „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ gekennzeichnete Konzept betrifft dem Vernehmen nach alle Bundesministerien und deren nachgeordnete Behörden.< https://www.derwesten.de/politik/regierung-will-eigene-gebaeude-besser-vor-angriffen-schuetzen-id210544377.html

    Womit die allesbeherrschende Staatsdoktrin 'Offenheit', eine geschlossene Veranstaltung der Somewheres zu sein hat. Während die Offenen gar nicht genug Geschlossenheit für sich reklamieren können. Kein von den Somewheres abgepresstes Steueraufkommen kann den Anywheres hoch genug sein, deren persönlich nach oben offene Abgegrenztheit zu gewährleisten.

    • Mir kommt es ein wenig so vor, als ob sich die Passagiere auf dem Oberdeck der sinkenden Titanic fragen, warum sich die Leute auf dem Unterdeck so furchtbar über das eindringende Wasser aufregen.

      • Schönes, gruseliges Bild

      • Manchmal bekommt man die Worte, die man selbst nicht findet, geschenkt.
        Vielen Dank dafür, lieber LEITwolf 🙂

      • Danke schön, das ehrt mich. 😉

  21. „Willkommen in der Welt der Super-Individualisten mit Pensionsanspruch,
    die aus ihren Ghettos heraus die Grenzenlosigkeit predigen und die
    Entgrenzung für die praktizieren, die vor ihren festen Mauern unbehaust
    werden.“

    Damit ist die Bigotterie und Heuchelei der ganzen politischen Diskussion der letzten 20 Jahre doch wunderbar zusammengefasst.
    Ein Dieter Zetsche von Daimler faselt in der Flüchtlingskrise etwas von Fachkräfteschwemme und Wirtschaftswunder – fliegt aber, wenns ihm nicht mehr gefällt, einfach in seine Gated Community irgendwo in den USA und lässt es sich gutgehen.
    Vor 20 Jahren haben auch dieselben Menschen von der Abschaffung des Staates gefaselt, die ihn dann in der Finanzkrise bekniet haben, er möge jetzt mit riesigen Geldbeträgen die Finanzmärkte vor dem Kollaps retten.
    Es ließen sich noch unendlich mehr Beispiele aufführen, nur soviel: Wir erleben nun schon seit längerem eine Kultur kollektivierter Verantwortungslosigkeit – betrieben von Menschen, die glauben, politische Fehlentscheidungen werden sie niemals selbst unmittelbar betreffen.

  22. What a day, well done !

    Vorschlaghammer auf Sprechblasen, und man möchte glauben wollen, das Paetow’sche Homeland diente heute als Amboss, den Somewheres zu Ehren. Die Entgrenzten in ihren Gated Communities verstehen nur diese Sprache. Notwendig deutlich, notwendig hart. Grüsse aus der analogen Welt, der Mutter zu Ehren.

  23. Aber es wird der Tag kommen, da wird die Welt der Super Individualisten in ihren Gettos gestürmt. Und wer dann nicht schnell genug ist der wird „bestraft“ werden durch die „Somewheres“. Und eine Flucht ins Ausland wird nur vorübergehend helfen. Den die „Somewheres“ sind gar nicht so dumm. Man wir dan die „Anywheres“ zurückführen, wie einst die Isrealis es mit Aldolf Eichmann gemacht haben.

  24. vielen dank für diesen beitrag, den wahrscheinlich wieder die falschen lesen werden. und an der dem Sicherheitsbedürfniss nachgehen werden. nur die dümmsten kälber wählen ihre schlachter selber. leider ist es heute abend wieder soweit!

  25. Anywheres, sind es nicht die Kinder der 68iger und Enkel der Komintern- Mafia?

    • Viele sind einfach nur reiche Erben, die sich das „Anywhere“ leisten können. obwohl sie nur Labertaschen mit Jodeldiplomen sind.

  26. Endlich mal ein Artikel der klar zwischen Strategie und Ziel trennt, auch wenn er die Begriffe nicht nennt.

    Nach Jahrzehnten des ‚real existierenden Cultural Marxism‘ sollte klar sein dass hier eine gesellschaftliche Gruppe (wie alle anderen auch) ihre eigenen Ziele verfolgt (Macht und Wohlstand), und dabei die für sich adäquate Strategie wählt (im Fall der schwachen wenig kompetenzstarken Gutmenschen eben Lüge, Heuchelei, Scheinheiligkeit, Hypermoralismus etc, anstatt bswp Leistung oder auch schlicht und einfach rohe Gewalt für Gruppen mit besseren geistigen und körperlichen Anlagen).

    Trotzdem sollte man die Anywheres nicht überbewerten.
    Die, denen sie letztendlich an die Macht verhelfen werden, spielen in einer ganz anderen Liga, und würden von den Anywheres auch nicht goutiert werden, wenn sie ihre Wolke 7 gezwungenermaßen verlassen müssten (http://www.misesde.org/?p=15746).

  27. Besser kann man das, was in unserer Gesellschaft passiert nicht beschreiben. Die Bobos der Metropolen haben schon lange keinen Kontakt mehr zum großen Rest der Bevölkerung, statt einem geerdeten Verein anzugehören Freizeit im Golfclub, zu Fuß oder öffentlichen Verkehrsmitteln durch die „bunten“ Viertel der Städte lieber doch mit dem SUV und am besten mit Fahrer, die eigenen Kinder trickreich vom Militärdienst fernhalten (jedenfalls noch zu Zeiten des Wehrdienstes) – sollen doch die Anderen fürs Buntschland bluten.Das Geld der von ihnen als Parias Angesehenen nehmen bereitet keine Probleme, dafür aber heftig Moralin verspritzen und wenn es sein muß auch zur Keule der Denunziation und sozialen Vernichtung greifen (Pack, Ratten:Gabriel, Dunkeldeutschland der schlechte Stellvertreter Gottes auf Erden Gauck, Zersetzungsmaßnahmen beim Arbeitgeber VERDI). Diese Typen sind einfach nur ASOZIALE!

  28. Ja, die FAZ und ihr etwas behindertes Kind, die FAS. Früher mal ein Ruf wie Donnerchenhall. Heut ein beliebiges Blättchen im selbstreferentiellen Medienbrei. Gemacht nicht für „Leser“, sondern für Journokollegen und Politpersonal, das mal was positives über sich geschrieben sehen will. Time to say goodby.

  29. Für mich der erfreulichste Fakt im obigen Artikel: BILD hat in den letzten 10 Jahren 2/3 an Umsatz eingebüßt.
    Das gibt mir fast Hoffnung … darauf, irgendwann nicht mehr von Bekloppten beherrscht zu werden, die mit „BILD und Glotze“ (G. Schröder) regieren.

    Aber wahrscheinlich werden die Regierungsinstrumente zunehmend Facebook & Co. heißen… Also doch hoffnungslos (?).

    • Was glauben Sie denn, warum so massiv gegen das Netz gehetzt wird?
      Und warum die versuchen, es unter Kontrolle zu kriegen?
      Das der Normalo das Netz nutzt, um sich frei zu informieren und dann sogar noch womöglich zu organisieren. dass war nie so vorgesehen.
      Davon wurden die tollen Vordenker und Trendsetter total überrascht.
      Genau deswegen macht sich nun Panik und Hysterie breit.
      Deswegen mache ich mir ja auch solche Sorge, was passieren wird, wenn die Bundestagswahl gelaufen ist und die jedermanns wieder diejenigen gewählt haben, die gegen ihre Interessen arbeiten.

      • „Was glauben Sie denn, warum so massiv gegen das Netz gehetzt wird?“
        Na ja, ich habe 1991 am „DESY“ in Hamburg gearbeitet; dieses dt. Institut war damals bereits in Cooperation mit dem CERN (Schweiz) und bzgl. Hard- und Software vorzüglich ausgerüstet; so standen z. B. in der Bibliothek – für die damalige Zeit – die modernste Hardware mit aktuellster Software zur Verfügung, inkl. Intranet (CERN DESY) und Mosaic-Browser. Häufig saß ich da neben so einem komischen Nerd, der mich immer mit Fragen zur Syntax von Tex/Latex (mein damaliges Spezialgebiet) nervte. Irgendwann fragte ich ihn, was er „da“ eigentlich macht. Antwort: „You will get it in 20 years.“ Was’n Angeber… nech?
        Ich habe mich dann auf relationale Datenbanken spezialisiert, im kommenden Internet-Boom dann noch ASP, JSP, JavaScript, HTML, PHP etc. pp. gelernt – und in wenigen Jahren viel Geld verdient, u. a. bei den großen Hassardeuren Yellow Pages, WLW, B2B, B2C, Gelbe Seiten usw.
        Seit dieser Zeit (Anfang/Mitte 90er) verfolge ich sowohl die technische Entwicklung des WWW, wie auch dessen Instrumentalisierung (Kontrolle) durch die Medien und Politik.

        Und deshalb weiß ich, warum erst 20 Jahre später die Politik / die Mächtigen zusehends begriffen haben, welches Instrument ihnen da der eigenen Kontrolle aufgrund von Ignoranz & Arroganz entglitten ist – und wie sehr sie dieses Instrumentes zwecks Kontrolle der „Normalos“ bedürfen. („Internet ist für uns alle Neuland.“ Merkel, Juni 2013 *>schallendes Geälchter meinerseits<*)

        "You will get it in 20 years." – Der "Angeber", der mich am DESY damals so nervte, hieß übrigens Tim Berners-Lee.

        https://de.wikipedia.org/wiki/Tim_Berners-Lee

      • …dann helfen Sie uns, dem Druck zu widerstehen. Ist nicht immer einfach.

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