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Zum heutigen Tag der Faulheit

Es gibt ein Recht auf Faulheit – als Privileg der Fleißigen

22.03.2022

| Lesedauer: 5 Minuten
Das ist kein Plädoyer, faul zu sein und sich zu langweilen. Nein, das ist ein Plädoyer für ein Recht auf lange Weile – allerdings n u r für den, der vorher fleißig war. Oder anders: Faulheit ist das Privileg der Fleißigen.

„O Faulheit, Mutter der Künste und der edlen Tugenden, du Balsam für die Schmerzen der Menschheit.“ Diesen Satz hat ein gewisser Paul Lafargue 1883 in einem Pamphlet mit dem Titel „Recht auf Faulheit“ geschrieben. Lafargue (1841 – 1911) war ein französischer Arbeiterführer (1841 – 1911), und er war der Schwiegersohn von Karl Marx.

Das heißt nicht, dass wir die Faulheit an diesem Tag marxistisch adeln wollen. Nein, aber eine kleine Betrachtung bietet sich an. Denn der Mensch kann nicht nur eine funktionierende Maschine sein. Er braucht Muse und Muße, auch Müßiggang. All dies im Gleichgewicht zwischen Zielstrebigkeit und Entschleunigung. Ein Paradox? Ja, es besteht darin, dass Müßiggang im Moment zwar potentielle Produktivität kostet, sein Nutzen aber darin besteht, dass das Nachdenken, dass Muse (die Göttin) und Muße (der Müßiggang) im Endeffekt höchst produktiv für den Einzelnen und das Gemeinwesen sind.

Klar, wir wissen mit Immanuel Kant: Faulheit ist der Hang zur Ruhe ohne vorhergehende Arbeit. Mit anderen Worten: Faulheit und Langeweile sind für diejenigen legitim, die fleißig waren. Freilich wissen wir mit Immanuel Kant auch: „Faulheit und Feigheit sind die Ursachen, warum ein so großer Teil der Menschen … gerne zeitlebens unmündig bleiben; und warum es anderen so leicht wird, sich zu deren Vormündern aufzuwerfen.“

Auf das richtige Maß und die richtige Dosis kommt es an: Nur zu „powern“ geht nicht, sonst ist man bald ausgebrannt. Nur zu „relaxen“ geht auch nicht, sonst verblödet man, und es stottert die gesamte Volkswirtschaft.

Wir brauchen neben der „vita activa“ die „vita contemplativa“, das Zurücklehnen, die lange Weile und die Faulheit; das hat etwas enorm Konstruktives und Positives. Viele Erfindungen der Menschheit gäbe es nicht, wenn die Menschen aus Faulheit nicht Erfindungen gemacht hätten, die ihnen die Arbeit erleichtern und die das Faulsein ermöglichen; man denke an Roboter oder Haushaltsautomaten.

Wir brauchen die Fähigkeit der Gelassenheit (die Fähigkeit, etwas geschehen zu lassen), weil wir sonst im überkanditelten Getue ersaufen. Goethe würde hier Recht behalten: „Es gibt nichts Entsetzlicheres als tätige Unwissenheit.“

Seid nicht „veloziferisch“!

Das ist eine Absage an Velozifer. Es war ebenfalls Goethe, der dieses Kunstwort prägte: „veloziferisch“ – das ist „velocitas“ für Eile und „lucifer“ für den Gott des Lichts bzw. den gefallenen Erzengel. Gewiss soll der Mensch etwas machen aus seiner Zeit und sie keineswegs vergeuden. Wahrscheinlich hätte es den Aufstieg Europas nicht gegeben ohne diese Haltung, dessen besonders markantes Ergebnis der (vormals?) fleißige Michel ist.

Aber zurück zum Verhältnis von Tätigkeit und Zeit: Hier wird man verwundert feststellen: Die Menschen haben immer mehr Zeit, und deshalb hätten sie eigentlich immer mehr Zeit für Muse und Muße. Die Lebenserwartung steigt in der westlichen Welt unvermindert an. Die verbindliche Arbeitszeit hat sich in einem Jahrhundert zugunsten der „Frei“-Zeit fast halbiert. Die für einen Produktionsvorgang notwendige Zeit hat sich aufgrund neuer Werkzeuge und Technologien immer mehr verkürzt. Die Informationsbeschaffung hat sich dramatisch beschleunigt. Wir haben pro Familie immer weniger Kinder, um die man sich kümmern muss. Reisen und Transporte dauern nur noch einen Bruchteil der früheren Reisezeit. Wir haben damit einen Gewinn an Zeit.

VITA ACTIVA – VITA CONTEMPLATIVA
Das Fasten der Zukunft
Aber jetzt wieder etwas Paradoxes: Wir haben immer mehr Zeit, aber die Zeit wird uns immer knapper. Diese Knappheit an Zeit ist hausgemacht: Wir sind zu Simultanten geworden (nicht zu verwechseln mit Simulanten) – Simultanten, die alles Mögliche simultan tun wollen, um Zeit zu gewinnen – und um ja nichts zu versäumen. Die Folge ist eine hochgradige Zeitneurose in Form eines „multi-tasking“.

Wir haben uns einem rasenden Stillstand ausgeliefert und damit den Zustand einer Stagnation durch tatsächliche oder vermeintliche Innovation erreicht. (Joseph Weizenbaum spricht von „Stagnovation“.) Damit sind wir bei einem Zustand angekommen, in dem – wie beim tödlichen Herzflimmern – das hektische Oszillieren von einem totalen Stillstand nicht mehr zu unterscheiden ist. Die Folge ist: Die Gegenwart schrumpft. Das Nächste, das Zukünftige ist schneller da, und wenn es da ist, dann ist es sofort schon Vergangenheit.

Es ist auch falsch, Zeit nur physikalisch als „Leistung ist gleich Arbeit je Zeiteinheit“ zu betrachten. Ebenso falsch ist es, Zeit nur ökonomisch nach dem Grundsatz „time is money“ zu betrachten. Vielmehr sollten wir Zeit gleichberechtigt philosophisch betrachten. Jeder Mensch verfügt dementsprechend nur (!) über ein gewisses Maß an Zeit. Seneca spricht von dem „tempus suum“ eines jeden Menschen. Diese je eigene Zeit – so Seneca – sei des Menschen wichtigstes Eigentum. Wird sie gestohlen, ist sie unwiederbringlich. Sie ist das Einzige, was man nicht verschenken oder anderen übertragen kann (außer indem man andere in Ruhe lässt oder sich anderen zuwendet). Nichts macht denn auch einen Menschen wütender, als wenn Wichtigtuer und Querulanten ihm Zeit rauben.

Niedere und hohe Langeweile

Zeit haben heißt Weile haben. Eine solche Weile kann kurz sein, als Weilchen ist sie etwas durchaus Nettes, und sie kann lang sein. Als lange Weile (Langeweile) kennen wir sie in zwei Ausprägungen: als niedere und als hohe Langeweile.

Die niedere Langeweile: Sie ist oft ätzend, macht aggressiv, vermittelt das Gefühl der Verlorenheit, vermittelt nicht selten ein Sinnvakuum. In der Folge kann sich eine schmerzliche Selbstaufmerksamkeit bis hin zur Hypochondrie einstellen. Es kann sich daraus ein zielloser Konsumismus ergeben. Folge: „Wir amüsieren uns zu Tode“, wie Neil Postman in seinem Buch gleichen Titels nachwies.

Es gibt daneben die „hohe“ Langeweile, die den Menschen erst zum Menschen macht. Voltaire wusste: Wenn sich Affen langweilen würden, wären sie Menschen. Hohe Langeweile kann eine kreative Kraft sein, weil das Neue und das Wesentliche damit eine Chance erhalten.

Nennen wir das Ausleben einer höheren Langeweile Muße. Solche Muße ist schöpferische Gestaltung freier Zeit. Solche „hohe“ lange Weile stand womöglich schon an der Wiege der Menschheit. Laut Soeren Kierkegaard schufen die Götter den Menschen, weil sie sich langweilten und weil sie sich belustigen wollten. Und Adam bekam aus seiner Rippe Eva geschaffen, weil er sich sonst gelangweilt hätte.

Zurück zur Faulheit: Ja, es gibt ein Recht auf Faulheit, ja gar eine Pflicht zur Faulheit. Natürlich ist bekannt, dass die Trägheit des Herzens eine der sieben Todsünden ist und dass laut Volksmund Müßiggang aller Laster Anfang ist. Dennoch sei eine Lanze gebrochen für die Faulheit. Sie ist oft ein letztes Ich-Fenster, aus dem wir – noch unbeeindruckt vom „chillen“ und „entertainment“ – in die Welt schauen können. Deshalb sollten die Menschen gelegentlich zur Notbremse greifen und ihr Da-Sein ent-schleunigen, damit es kein bloßes Bis-Sein, kein bloßes Schielen auf Fristen und Termine wird.

Die Menschen sollten sich Entschleunigungsinseln schaffen: nicht mit Rumhängen, Rumlungern – sondern mit Nachdenken, mit Meditieren, mit Lesen, mit Erzählen, Erzählen lassen und Zuhören. Damit streckt man die Zeit, schafft Raum für die Zeit. Und wer es denn als Nihilist oder Existentialist so will, dem sei gesagt: Erst auf dem Gipfel der Langeweile erfährt man den Sinn des Nichts.

Der Mensch ist jedenfalls nur dort ganz glücklich, wo er einfach nur Flaneur, Familienmitglied, Nachbar, Leser, Museumsbesucher, Schwimmbadbenutzer sein kann. Glück ist insofern nicht nur Glückssache. Solches Glück kann man „machen“ – machen mit Müßiggang, denn Müßiggang ist Trägheit mit Sinn.

Friedrich Nietzsche hat einmal gesagt: Unsere größten Stunden, das sind oft nicht unsere lautesten, sondern unsere stillsten. Man nehme sich diese Stunden – immer und immer wieder. Denn der Mensch ist nur dort ganz Mensch, wo er spielt – und sei es nur mit seinen Gedanken und Wahrnehmungen.

Das ist kein Plädoyer, faul zu sein und sich zu langweilen. Nein, das ist ein Plädoyer für ein Recht auf lange Weile – allerdings n u r für den, der vorher fleißig war. Oder anders: Faulheit ist das Privileg der Fleißigen.

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14 Kommentare

  1. Wer vielfältig interessiert ist und sein Leben selbst gestaltet, wird kaum Zeit für Langeweile aufbringen wollen. Dieser Mensch ist mit Freude dabei, seine Lebenszeit zu nutzen.
    Die Aufforderung zur Langeweile ist hier dann wohl eher als Auszeit vom „Hamsterrad“ zu verstehen.
    Meine Auszeit gestaltet sich vor allem darin, diesem in die Autokratie abgerutschten Staat so wenig wie nur irgend möglich ausliefern zu müssen. Es erfordert eine Menge Kreativität, ein Leben der Steuerzahlungsvermeidung zu praktizieren, weil ich äußerst ungern Wegelagerer, Kriminelle, Hochstapler, Lügner und Betrüger mit meiner Arbeit und damit mit meinem Geld unterstütze. Das uns abgepresste Geld wird vom Regime ja größtenteils nicht wirklich für uns steuerzahlende Deutsche selbst verwendet. Zuallererst stopft sich die Politische Klasse selbst die Taschen voll und der Rest wird in der Welt zum Fenster rausgeschmissen.
    Und da erwacht bei mir der Widerstandsgeist. Da brauche ich keine Auszeit, sondern vielmehr Gerechtigkeit.

  2. Ich war zu faul, diesen Artikel zu lesen und habe lieber in der Sonne meditiert. Worum geht es hier…?

  3. Recht auf Langeweile heißt aber nicht, dass man sich von den unzähligen Gelangweilten langweilen lassen muss. Wieviel Langeweile muss herrschen an all den Genderlehrstühlen und sonstigen Volkserziehungsanstalten, dass die auf solchen Blödsinn kommen.

  4. Ich arbeite nur noch soviel, damit ich einigermaßen leben kann und ich gebe diesem Staat nur noch, was er mir mit Zwang abpresst. Ansonsten mache ich für dieses Land keinen Finger mehr krumm. Diese Einstellung hatte ich zuletzt vor über 30 Jahren in der DDR.

  5. Wohl war.
    Als Subpositivbeispiel, soz. in Reinkultur zu nennen, wären zB. derzeitigen aufkeimenden jungen GRÜNEN an sich, oder andere LINKE -aber auch schon in cDU/cSU,fDP apperent- denen ist mM. der Müßiggang quasi ja regelrecht antrainiert worden, und dabei sind die meisten sicherlich nicht von Geburt an faul, oder „besonders“ begabt, stammen die doch meist aus „bildungsnahen“ , bürgerlichen Verhältnissen, aber 1.-2.Generation nach ´45.->Buddenbrooks Niedergang, ab der 2/3. Generation…
    Oftmals schon in der Schule als Bildungs-und Leistungsvermeider, aber dafür mit großem Mundwerk ausgestattet, erreich(t)en viele doch Dank 1er „Sozialverhalten“, oa. MINT-fremden Fächern, irgendwie die „Allgemeine“ Hochschulreife. Keiner durfte, und darf durchfallen, mindestens eine 3- MUSS sein, weil ein Durchfallen traumatisierend wirken könnte? -> sa. Süd-Nord-Abiturgefälle, bis in die 90er, danach? Vivat dem Kulturmarxismus, kann man dazu nur sagen.
    Jo, und solche 1er, komischerweise meistens XX, hatten wir schon in den 80er-90er auch in NC-Fächern. Mehr auf Demos und Parties -auch wichtig, zB. der „Berch“ in Erlangen, Tanzen mit den Profs und Assistenten auf den Biertischen bei „Marmor , Stein & Eisen bricht…“aber erst nach(!) den Klausuren und Examina- oder bei Theater-AGs, Mein-Frauen-Bauch-gehört- mir Sit Ins, heute neue LGBTQuatsch, SA.ntifa, FfF, ua. Zeitvertrieb, bezahlterweise(!) herumlungern.
    Aber wenn´s dann etwas anzog, Klausuren, oder gar Staatseexamina anstanden? Na? Mimimimi, „Burn out“, „Prüfungsangstsyndrom“ -klar wannst nix glernt hast- es gab damals in der Uni Ffm extra einen“psychologischer Dienst“, auch am Wochenende besetzt, wo Psychologen/Studenten ihre ersten Therapeutenerfahrungen sammelten mit solchen besonders Hoschschulbegabten.
    Deshalb zog/zieht es diese Kultur,- und Wissensgewächse ja wohl eher in die, einige sagen bösartig „Geschwätzwissenschaften“, wenig Prüfungs-, Leistungsdruck, dafür mehr positive Vibrations und lustige Substanzen im Dauerumlauf, da ist es ja auch den Profs meist egal, ob man 8, 12, 17, 27 oder noch mehr Semster Irgendwas, ggf. auch ohne Abschluß „studiert“ ->R.Lang, Baerbock, uvva. Blitzgscheite, um bei sinistroviriden studentischen Parteivorfeldorganisationen,zB. Böller-Stiftung ua., quasi Politpersonalstaubsauger, ihre „Karriere“ zu starten. Ziel: Mdl, besser MdB, oder noch besser gar Außen-Ministernde, oder noch viel,viel bessser Vize-, NEIN! Kanzlernde zu werden -entsprechnde Teilhabe-Quoten sind inzwischen für die Allerunterklügsten geschaffen worden- um endlich die böse Leistungsgesellschaft „umzuformen“, zu überwinden, im besten Sinne des inter.nationalen Sozialismus, eine Gerechte Gesellschaft schaffen -zu lassen-, ja ein -Hosiannah!- Ewiges Elysium, …..
    ……der Dummheit.

  6. Das mit Langeweile und Müßiggang kommt gar nicht in Frage!
    Jede freie Minute kann auch sinnvoll genutzt werden, etwa für Reinigungsarbeiten im Flüchtlingsheim oder zur Feststellung coronawidriger Versammlungen in Privaträumen.
    Man kann auch im Internet umherklicken und möglicherweise bedenkliche Kommentare melden.
    Jedenfalls sollte jeder morgens eine Stunde früher aufstehen und sich für das Gemeinwohl nützlich machen, Fritz, der Traktorist sei leuchtendes Vorbild!
    Oder der Esel in „Animal Farm“.

  7. „Gefährlich ist es, wenn die Dummen fleißig werden“!
    Ich mache erst wieder mit wenn die Gefahr vorüber ist.

  8. Faulheit ist doch nur der insbesondere in Deutschland negativ besetzte Begriff von Müßiggang. Und Müßiggang hat auch mit Langeweile nichts zu tun, sondern ist das Genießen von Ruhe, auch vom mal Nichtstun, das Befassen ohne Hektik mit Dingen, für die man sich wirklich interessiert, statt dem Geld nachzujagen oder für den Broterwerb zu buckeln. Vor einigen Jahrhunderten wußten all das die Menschen in Europa noch zu schätzen und zu genießen. Endgültig abgeschafft wurde das alles zwar erst mit der industriellen Revolution und der beginnenenden gnadenlosen Ausbeutung der Menschen durch diejenigen, die die Produktionsmittel und das Geld besaßen, die im übrigen den Luxus genossen und schamlos auslebten in Dekadenz, Lastern aller Art usw. schwelgen zu können, sondern schon weit davor wurde von den religiösen Eiferern und Fanatikern im Rahmen der protestantischen Arbeitsethik der Müßiggang als Gotteslästerung und Blasphemie verachtet und quasi unter Strafe gestellt.

  9. „Goethe würde hier Recht behalten: „Es gibt nichts Entsetzlicheres als tätige Unwissenheit.“ Vielleicht sollte man diesen Gedanken Herrn Lauterbach einmal zur Kenntnis bringen. Aber er würde wohl kaum bemerken, dass sein eigener Aktionismus kombiniert mit seiner Ignoranz gegenüber dem aktuellen Erkenntnisstand der Corona-Forschung gemeint sein könnte.

  10. Die „Kunst des Müßiggangs“ ist eine Kunst wie andere Künste auch. Sie erfordert Talent einerseits und solides Handwerk anderseits, wobei das Handwerk des Nichttuens, chinesisch- taoistsich Wu-Wei auch die Vermeidung falschen Handelns zum Inhalt hat. Handeln im Nichthandeln und Nichthandeln als metaphysische Komponente kontemplativer Konzentration auf das „Nichts“ beherrschen zwar die Japaner, bekanntermaßen neben den Chinesen eines der „fleißigsten“ Völker Asiens, weniger die „braven“ Deutschen, die allerdings seit einigen Jahrzehnten bedauerlicherweise in Sachen Metaphysik nur noch wenig zu bieten haben.

  11. Man muss Stille auch aushalten können. An Wochenenden immer wieder das gleiche Szenario: die Münchner fahren raus in die Berge. Aus dem Auto kriechen Eltern, Kinder und Hund, sie schnappen sich ihre Wanderstöcke und Rucksäcke aus dem Kofferraum und dann gehts los mit einem Heidengetöse. Eltern & Kinder halten für keine 5 Minuten die Klappe, es herrscht ein Durcheinandergeplärre, weil niemand mehr zuhört und alle gehört werden wollen. Im Land der „ Simultanten“ ist zuhören eine Fähigkeit, die erst wieder erlernt werden muss.
    Naja, und prekär Beschäftigten sollte man schon zurufen: es gibt ein Recht auf Nichtstun, auf Transferleistungsbezug.

  12. Ich bin seit meinen 59 Lebensjahr richtig faul, weil ich bis dahin fleißig war.. Habe in der Zeit gespart das ich in der Not genügend habe und von der Seitenlinie den hellen Wahnsinn beobachten kann. Nein, ich bin/war kein Beamter und lebe auch nicht auf Kosten anderer und ich muß 90 werden, damit ich meine eingezahlten Rentenbeiträge ohne Zinsen zurückbekomme.

  13. „faul zu sein und sich zu langweilen“
    Da besteht schon mal kein Zusammenhang, ich bin vor ein paar Jahren mit Mitte 50 freiwillig aus dem Hamsterrad raus und seitdem in der einen oder anderen Beziegung „faul“. Langweilig ist mir deshalb längst nicht.
    Ob mein Leben jetzt eine Belohnung für vorherigen Fleiß oder einfach nur ein Stück weit Glück mit ein paar Entscheidungen ist? Wer weiß.
    Ich kenne auch Menschen die jahrzehntelang fleißiger waren als ich und jetzt immer noch für ihren Lebensunterhalt schaffen müssen. Wo bleiben deren Privilegien?
    Im Übrigen ist das mit der Zeit eine sehr klare Angelegenheit: man muss selektieren, priorisieren und sich die nötige Zeit nehmen. Wer alles will, der wird keine Zeit haben bzw. für nichts Zeit haben. Die nötige Entscheidung ist es, was vielen Menschen schwer fällt.

    • Sehe ich auch so. Nur können heute viele schon nicht mehr selektieren oder priorisieren. Immer alles gleichzeitig und am besten schnell machen funktioniert nicht. Jeder weiß doch, dass Dinge, die man „mal eben schnell,..“ machen will u.U. viel, viel länger dauern, als wenn man da „geplant“ ran gegangen wäre ;-).

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