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Nicht auf dem Stimmzettel

Elke Twesten – Retterin der SPD

16.10.2017

| Lesedauer: 2 Minuten
Offensichtlich hat jemand die Wahl entschieden, der am Sonntag gar nicht auf dem Stimmzettel stand: die von den Grünen zur CDU gewechselte Abgeordnete Elke Twesten.

Die Niedersachsen haben gewählt. Die SPD ist wieder stärkste Fraktion, Rot-Grün wurde abgewählt, die AfD ist auch im 14. Landtag drin. Aber die Erde hat nicht gebebt. Eigentlich wars eine ganz normale Landtagswahl: Der Titelverteidiger hat mit seinem Amtsbonus gepunktet und die Blütenträume des Herausforderers haben sich nicht erfüllt. So was kommt häufig vor.

Nicht wenige Kommentatoren sehen in dem Ergebnis von Hannover einen Ausläufer der Bundestagswahl von vor drei Wochen. Aber die Interpretation, Bernd Althusmann habe wegen Angela Merkel verloren, ist nicht ganz schlüssig. Natürlich hat die politische Großwetterlage der Union in Niedersachsen nicht geholfen. Doch für die SPD siehts im Bund genauso traurig aus, auch wenn Martin Schulz sich selbst gefeiert hat, als habe er in Niedersachsen auf dem Stimmzettel gestanden. Gleichwohl haben die Genossen zugelegt.

SIGNALE FüR BERLIN
CDU mit Merkel-Malus in Niedersachsen
Offensichtlich hat jemand die Wahl entschieden, der am Sonntag gar nicht auf dem Stimmzettel stand: die von den Grünen zur CDU gewechselte Abgeordnete Elke Twesten. Die wollte sich noch im Mai von den Grünen erneut aufstellen lassen. Aber erst nach ihrer innerparteilichen Niederlage entdeckte sie plötzlich tiefgreifende Differenzen mit der eigenen Partei und obendrein eine ideologische Nähe zur CDU. So jemand kann sich für die berühmten 15 Minuten im Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit sonnen. Aber eben nicht als Heldin, sondern als prinzipienlose Karrieristin.

Nun war und ist die CDU nicht für das Verhalten der Ex-Grünen verantwortlich. Die Eile und die Begeisterung, mit der die Union die Überläuferin bei sich aufnahm, warf jedoch auf Althusmann und die Union ein schlechtes Licht. Niemand liebt Verräter. Und viele Menschen lehnen auch Politiker und Parteien ab, die mit Verrätern Geschäfte machen – und das offenkundig gerne.

Für Ministerpräsident Stephan Weil war der Parteiwechsel Twestens ein Geschenk der besonderen Art. Er ging voll ins Risiko, führte vorgezogene Neuwahlen herbei und nutzte den Fall, der CDU den moralischen Spiegel vorzuhalten. Das war zudem für ihn und die SPD so hilfreich, weil die Gerüchte über angebliche Zusagen der CDU, Twesten werde für ihren „Verrat“ fürstlich zu belohnen, so herrlich ablenkten von den Betrügereien bei Volkswagen: den Mauscheleien zwischen Management und Betriebsrat sowie der obszönen Selbstbedienungsmentalität der VW-Oberen. Das hätte für den VW-Aufsichtsrat Weil gefährlich werden können. Schließlich ist der staatlich-gewerkschaftlich-sozialdemokratisch geformte und beherrschte Konzern aus Sicht der SPD ein Muster-Kombinat. Da kam die Überläuferin gerade recht.

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Spaßvögel haben noch in der Wahlnacht den Vorschlag gemacht, in der SPD-Zentrale in Berlin neben der überdimensionierten Willy-Brandt-Skulptur eine Twesten-Statue aufzustellen – mit der Inschrift „Retterin der Sozialdemokratie“. Schließlich dürfte Weil Ministerpräsident bleiben. Der glücklose Martin Schulz, bei der Landtagswahl eher versteckt als eingesetzt, konnte zudem seine gefährdete Position an der SPD-Spitze stabilisieren – vorerst jedenfalls.

Althusmann eignete sich ebenfalls als Figur im Willy-Brandt-Haus an der Seite von „Willy“. Hätte er geschickter taktiert und Twesten nicht mit offenen Armen aufgenommen, hätte Twesten als fraktionslose Abgeordnete Rot-Grün ebenfalls um die Mehrheit gebracht. Aber die SPD hätte die CDU nicht als Hauptbeteiligte der Schmuddelgeschichte darstellen können. Die CDU in Hannover hat sich also kräftig verzockt. Der Gegenwind, den Althusmann beklagt, kam eben nicht nur aus Berlin; er war zum Teil hausgemacht. So was kommt eben von so was.

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20 Kommentare

  1. Nein, das schwache Ergebnis der CDU und das Auftreten danach haben die Niedersachsen mit in die Tiefe gerissen. Nicht eine komische Grüne.

    Auch, daß Stefan Weil sich in 4 Wochen vom Willi Winzig zum James Dean gemausert hat, ist nicht plausibel

  2. Herrn Müller-Voggs Interpretation trifft es wohl genau. Das Überlaufen Twestens wurde einfach als unanständig angesehen, und da liegt auch der Verdacht nahe, die CDU habe mit irgendwelchen Anreizen nachgeholfen. In den rheinischen und südlichen Regionen Deutschlands wäre das den Wählern wohl weniger übel aufgestossen, aber im pietistisch-strengen Norden wird das weniger menschlich-verzeihlich („ja, so sind’s halt amal, die Grosskopfeten“) gesehen, sondern als politische Todsünde.

  3. Herr Müller-Vogg,
    Sie erinnern sich, daß Willy Brandt, SPD, Kanzler blieb, weil die STASI aus dem real existierenden Sozialismus einer zwischenzeitlich pleite gegangenen kommunistischen DDR, aus welcher die heutige Kanzlerin stammt und sozialisiert wurde, zwei CDU Abgeordnete mit Geld gekauft hatte?

  4. Twesten eine Verräterin? Das verstehe ich nicht. Wir wissen doch, dass CDU + CSU + SPD + FDP + Grüne + Die Linke die Gemeinschaft der Demokraten sind.
    Alle Träger unsere ‚Westlichen Werte‘, z.B. Förderer des Islam, und gemeinsam in der antifaschistischen Front im heldenmütigen Abwehrkampf gegen Rassismus, Trump, AfD und CO2 sowie sonstige Phobien stehend. Wo ist da der Verrat?
    Und denkt daran: Dein Platz Genosse ist dort, wo die Partei Dich mit Parteiauftrag hinstellt. Das kann auch in einer anderen Partei sein (Zwecks Unterwanderung oder Zersetzung).

  5. Interessant, dass sie den Merkel Malus nicht als Tatsache akzeptieren können. Nur weil auch die SPD einen bildungsfernen Berufsopportunisten zum Vorsitzenden hat, kann doch nicht bedeuten dass die Wähler Muttis alternativlose „Weiter So“ gut finden.

  6. #facepalm

    „Offensichtlich hat jemand die Wahl entschieden, der am Sonntag gar nicht auf dem Stimmzettel stand: die von den Grünen zur CDU gewechselte Abgeordnete Elke Twesten.“

    Können sie uns ‚blinden‘ diese offensichtlichkeit bitte näher erläutern?
    Oder ist dies nur offensichtlich, wenn man die welt aus seinem elfenbeinturm, den man mind. die letzten zehn jahre nicht mehr verlassen hat, betrachtet?

    Doof für sie und ihre offensichtlichkeit ist nur leider, dass die umfragen vor der wahl offensichtlich ihrer wahrnehmung und widersprechen.

    Sie sollten wirklich mal wieder raus un die frische luft gehen und die welt mit offenen augen beobachten. Das hilft. Echt…

  7. Herr Müller-Vogg,

    dies ist die beste Analyse der LTW, die MSM haben wieder mal gar nix kapiert.

    „Und viele Menschen lehnen auch Politiker und Parteien ab, die mit Verrätern Geschäfte machen – und das offenkundig gerne.“

    Genau so schaut es aus. Eher sollte mir die Hand abfaulen, als dass ich dem Brechreiz auslösenden Duo Althusmann/Twesten meine Stimme gäbe.

    Der eine soll seine Schmier-Dissertation nehmen und ins dritte Glied zurücktreten. Die andere soll sich am besten ganz dünne machen.

    Einen größeren Gefallen können die beiden der CDU nicht tun.

  8. Haha, nu also Twesten statt Mutti, Danke Dr Müller-Vogg Sie entwerten Ihre Artikel so offensichtlich, daß ich Sie wirklich nicht mehr ernst nehmen kann!

  9. Es war schon ziemlich zum Speien, was dieser Schulz dann in Berlin an Selbstüberschätzung und Hochnäsigkeit abgelassen hat.

  10. Elke Twesten – Symbol für den Zustand der Republik.

  11. ZITAT: „Hätte er geschickter taktiert und Twesten nicht mit offenen Armen
    aufgenommen, hätte Twesten als fraktionslose Abgeordnete Rot-Grün
    ebenfalls um die Mehrheit gebracht. “

    Ja. entweder Twesten demonstrativ nicht aufnehmen und nach dem selbstverschuldeten Zerbrechen der rot-grünen Mehrheit Neuwahlen anstreben, ODER sie aufnehmen und sofort selbst nach der Macht greifen. Wo steht denn, daß innerhalb einer Legislaturperiode nicht die Regierungskoalition wechseln darf? Es wären ihm immerhin noch mehrere Monate geblieben, um sich als Ministerpräsident zu präsentieren.

    Letztlich haben ihm aber Merkels offene Grenzen das Amt gekostet.
    Denn obwohl der Aderlaß in Richtung AfD mit 6% im Bundesvergleich eher gering ausfiel, sind es diese Wähler, die der CDU nun zum Wahlsieg fehlen.
    Zwar fiel der Verlust der Union selbst geringer aus, aber nur durch die Mobilisierung von Nichtwählern (der letzten Wahl) und einem nennenswerten Abzug vom Wunschkoalitionspartner FDP. Der ändert aber nichts. Was unterm Strich fehlt, sind die AfD-Wähler.

    Auch dieses Problem alleine wäre an sich lösbar, würde man offen an die Sache herangehen. Aber schwarz-blaue Wiedervereinigungen im Koalitionsbett, wie seit Jahren erfolgreich in Norwegen und wohl bald auch in Österreich, dürfen in Deutschland ja nicht einmal angedacht werden.
    Das ist der zweite große Fehler der Union.
    Erst die eigenen Wähler vertreiben, und sie dann noch übel diffamieren, so daß man sich jeglicher Koalitionsoptionen beraubt.

  12. In der Sache Twesten hat Althusmann eine Prinzipien- und Instinktlosigkeit gezeigt, die eigentlich für ein politisches Amt disqualifizieren sollte. Aber, für die prominente Mitgliedschaft im Kanzlerwahlverein, mit dem Konterfei von Frau von der Leyen an der Tür zum Damenklo im Wahlkreisbüro, reicht es immer. Auch Stil- und Geschmacklosigkeit sind kein Ausschlussgrund in der Merkel-CDU.

  13. Müller-Vogg will glauben machen, dass die CDU in Niedersachsen wegen einer einzelnen, unwichtigen Personalie dermaßen abgestürzt ist. Als ob es für den Wähler nichts Wichtigeres gäbe…

    • Ja nun, viele Wähler sind nun mal einfach gestrickt…………….

  14. Ach Herr je, wen interessiert denn Frau Twesten?

    Und neben Willy gehört niemand.

    • Vielleicht Margarita Mathiopoulos? Oder Heli Ihlefeld, Oder Günter Guillaume? Oder?

      • Margarita Matiopuulos wurde abtrünnig und trat in die FDP ein. ??
        Ihlefeld, eine Journalistin, muß ich die kennen?
        Guillaume erübrigt sich wohl.

  15. Sie gestatten eine Anmerkung, werter Herr Müller-Vogg. Wegen einer „ideologischen Nähe“ braucht eine Grüne wirklich nicht zur CDU überzutreten. Die Grenze zwischen beiden Parteien ist doch dank Merkel mittlerweile fließend. Nicht zu vergessen: Was fließt folgt der Schwerkraft, es geht also bergab!

    • Richtig.

      Meine Interpretation ist wie folgt:
      1. Merkel ist das Problem
      2. Der kurzzeitige „Schulz“-Hype war der Tatsache geschuldet, dass man hoffte, ein SPD-Messias würde die Merkelpolitik grundlegend verändern.
      3. Schulz hat komplett versagt- statt das Asylchaos neu zu ordnen, hat er das ausgelutschte Thema „soziale Gerechtigkeit“ thematisiert.
      4. Das Volk hat die Nase von Merkel voll. Einige CDU-Wähler halten noch die Treue zur ihrer Partei, andere sind wie ich zur AFD Oder FDP gewechselt.
      5. Wäre es nicht geglückt, die Alternative AFD als „undemokratisch“ zu verunglimpfen, dann wäre die Partei heute bei 25 – 30 %.
      6. In Österreich haben ÖVP und FPÖ ca. 60 % der Wählerstimmen erreicht. Und Selbst Kern’s SPD steht für mich dort noch weiter rechts als Merkel. Die Grünen sind dort an der 4 % Hürde gescheitert.
      7. Ich bin mir nicht sicher, ob man das Ergebnis von Österreich auf Deutschland übertragen kann. Auf Bayern aber auf jeden Fall – vermutlich auch auf Sachsen,…..
      8. Merkel muss weg – je früher, desto besser.

  16. Eins gehört aber auch zur Wahrheit: Nur dem Einzug der AfD haben wir es zu verdanken, dass Rot-Grün in Niedersachsen beendet ist!

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