<
>
Wird geladen...
Der Graben von Washington

Die Hysterie über Trump und das Weiße Haus als Festung

19.11.2020

| Lesedauer: 3 Minuten
Am Weißen Haus wurde ein kleine Graben ausgehoben. Sofort wittert man vielerorts den Staatsstreich, auch wenn es wahrscheinlich nur Gärtnerarbeiten waren. Ein Beispiel für linke Verschwörungstheorien.

Trump gräbt sich im Weißen Haus ein – diese Nachricht verbreitete sich kürzlich im Netz. Sie passt in die linke Fantasie, nach der Donald Trump sich am 20. Januar irgendwie im Weißen Haus verbarrikadiert und Joe Biden sich dann den Weg zum Präsidentensitz freikämpfen muss.

Ein Journalist hatte über einen vermeintlichen Graben am Nordrasen des Weißen Hauses, nahe des West Wings, berichtet und löste damit wilde Spekulationen aus: Auf Fotos ist nicht mehr als ein kleiner 50 cm – 1m breiter Graben, an dem gearbeitet wird, zu sehen. Höchstwahrscheinlich handelt es sich bloß um Gartenarbeiten oder die Verlegung von Kabeln, und nicht um Sicherheitsvorkehrungen, denn schließlich trennen das Weiße Haus und die Außenwelt nach der Sperrung des Lafayette Parks ohnehin mehr als 200 Meter und mehrere Zäune. Das Weiße Haus zieht also was einen Graben angeht, wohl nicht mit dem Bundestag gleich. Aber die Legende zeigt beispielhaft die grassierende Hysterie über Trumps angeblichen Staatsstreich.

Hier klicken, um den Inhalt von X anzuzeigen.
Erfahren Sie mehr in der Datenschutzerklärung von X.

Ja, es war unangemessen von Trump, sich noch in der Wahlnacht eines extrem knappen Rennens zum Sieger zu erklären. Aber darum geht es gar nicht mehr. Alles dreht sich um die Tatsache, dass er nicht seine Niederlage erklärt hat und um die bekannten wütenden Frühmorgen-Tweets – das allein ist für viele schon praktisch das Ende der Demokratie. Biden sei schließlich “President-elect”, heißt es dann immer wieder.

Nun, der Titel des “President-elect” ist ein rein informeller, kein offizieller. Denn tatsächlich ist Biden noch nicht der “gewählte Präsident”, bis er im Dezember vom Wahlmännerkollegium gewählt wurde. Der Titel hingegen wird von den Medien bereits an denjenigen vergeben, der nach entsprechendem Auszählungsstand aller Voraussicht nach Präsident wird.

HEFT 12-2020
Tichys Einblick 12-2020: Lockdown im Kopf
Nach diesem Stand sieht es so aus, als würde Biden gewinnen, aber natürlich hat Trump das Recht zu klagen, wenn sein Team Verstöße gegen Wahlgesetze findet – und solche juristischen Auseinandersetzungen gibt es jetzt in vielen US-Bundesstaaten. Sind Leute, die auf die Endergebnisse und den Ausgang der Klagen warten, deshalb Anti-Demokraten? Diese Idee ist absurd. Interessant ist: Wenn man Joe Biden wörtlich nimmt, hat er ein Versprechen gebrochen. Auf die Frage aus der ersten Fernsehdebatte zwischen ihm und Trump, ob er mit einer Siegeserklärung warten werde, bis alle Ergebnisse “unabhängig bescheinigt” (“independently certified”) sind, antwortete er mit „Ja“. Ein paar Tage nach der Wahl erklärte er sich dann aber doch zum Präsidenten basierend auf den Vorhersagen aus den Medien – bis heute haben 40 Staaten die Endergebnisse noch nicht offiziell bescheinigt (“certified”). Seinem eigenen Versprechen zufolge war die Erklärung des Sieges also verfrüht.

In den nächsten Wochen, wenn die Auszählungen vorbei und die Klagen entschieden sind, wird es offizielle Endergebnisse geben, dann werden auch die Wahlmänner offiziell ernannt sein und am 14. Dezember formell den nächsten Präsidenten wählen. Dann gibt es Gewissheit.

Nun sind 16 Tage seit dem Wahltag vergangen. Zum Vergleich: Bei der Präsidentschaftswahl 2000 dauerten die juristischen Auseinandersetzungen 36 Tage lang, bis der Verlierer Al Gore seine Niederlage eingestand.

Dass Trump seine Niederlage nicht eingesteht, auch wenn all die Auszählungen und Klagen vorbei sind und er am Ende verliert – das hätten viele Medien vermutlich gerne. Denn wie könnte Trump ein Diktator sein, wenn er vier Jahre lang eine feindliche Berichterstattung und unerbittliche Opposition einfach zulässt, und am Ende demokratisch abgewählt wird? Ein Präsident, der seine Niederlage nicht akzeptiert, das wäre der Beleg, nach dem man händeringend sucht. Und es ist möglich, dass Trump den Medien am Ende diesen Gefallen tut – zumindest auf Twitter. Damit würde er ein dunkles Licht auf das Vermächtnis seiner Präsidentschaft werfen, aber selbst im verrücktesten Szenario würde man ihn nur freundlich aus dem Weißen Haus bitten – und nicht den Amtssitz stürmen, wie es manch einer jetzt fantasiert.

Anzeige
Ad
Unterstuetzen-Formular

WENN IHNEN DIESER ARTIKEL GEFALLEN HAT, UNTERSTÜTZEN SIE TICHYS EINBLICK. SO MACHEN SIE UNABHÄNGIGEN JOURNALISMUS MÖGLICH.

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

18 Kommentare

  1. Schon spannend, sich über linke Verschwörungstheorien zu echauffieren, wo doch gerade die Mutter aller Verschwörungstheorien von Trump und seiner doch-nicht-mehr-ganz-so-tollen-Anwältin Sydney Powell in die Welt posaunt wird, mit Verwicklungen nach Deutschland, Venezuela, Serbien und Gott weiß wohin.

  2. Warum denn dieser ganze Blödsinn mit Klagen, Anwälten, Gerichten, Rechtsstaat? Warum erklärt Trump das Wahlergebnis nicht einfach als unverzeihlichen Fehler und befiehlt, das rückgängig zu machen? Zumindest in Deutschland hat das so funktioniert.

  3. Die US-Präsidentenwahl wird seit 1848 ( seit 172 Jahren ) als vorläufiges Ergebnis von Associated Press ausgerufen. Dies ist keine Journalisten-Meinung von einem Schreibtisch, sondern ein über Generationen entwickeltes, komplexes System von Prognostik auf der Grundlage von Teilergebnissen, Wahlkreis für Wahlkreis. Ein President-elect ist deshalb nicht das Produkt einer subjektiven Meinungsbildung, sondern eine vorläufige politische Instanz, weil auch für die Übergangsperiode vom Wahltag bis zur Amtsübernahme des Gewählten seit Generationen umfangreiche gesetzliche Regelungen bestehen, die nur aktuell willkürlich aufgehalten werden.
    In keiner Rechtsordnung ist es legitim mit frei erfundenen Behauptungen und Verdächtigungen Gerichtsverfahren anzuzetteln, Zeugen zu beeinflussen und/oder zu bestechen, und mit öffentlichen und privaten Mitteln alternative Fakten in ein Millionenpublikum zu propagieren, geregelte administrative Abläufe und verfassungsgemäße Zeitabläufe mit vielfältigem politischen Druck zu stören, Nachzählungen zu verlangen obwohl es, wie in Georgia, keine Spur von substantiellen Fehlern je gegeben hat.

    • Für den außergewöhnlich absurden Fall, das der böse Orangenmann (gegen APs Verkündigung anstinken, wiekannernur?) nicht klein beigibt, bis zum Supreme Court marschiert, dort ein Herausrechnen der Swing States erreicht und rechtlich Wahlsieger wird – haben Sie da schon Tin Hat und M1 Garand bereitliegen und ein Schlauchboot aufgepumpt, um über den Atlantik zu schippern, das White House zu stürmen und die Geschichte auf den richtigen Weg zurückzubringen? Nicht? Weil es so nicht kommt? Ja, wer kann das wissen, und eigentlich ist es auch egal, ob ein klappriger Tattergreis oder ein durchgeknallter Immoblienentwickler & TV-Promi im Oval Office sitzt. Den Pivot to Asia übernehmen nämlich die Chinesen selber, und hierzulande geht bald der Strom aus.

    • Donald Trump ist der POTUS, und sonst niemand! Deshalb erst mal abwarten und Tee trinken, denn erstens kommt es anders und zweitens als man denkt…

    • Linke halten von Rechtstaatlichkeit bekanntlich wenig und wie die Geschichte zeigt, verwenden sie diese nur gegen Gegner, oder als Mäntelchen, wenn es ihnen in den Kram passt.
      Machen sie sich einmal schlau, was Frau Clinton im Wahlkampf so getrieben und von sich gegeben hat.

  4. Über die Österreicher hat die ganze Welt gelacht, als die die Wahl des Präsidenten wiederholten.
    Nach dem österreichischen Verständnis der Rechtmäßigkeit einer Wahl wären in Amiland alle Wahlen seit 1800 zu wiederholen. Man sollte daher nicht so kleinlich sein.
    Aber dass jetzt sogar in Amerika bei einer Wahl geschummelt worden wäre – und vor allem wie – ist schon ein starkes Stück. Eigentlich sollten vor allem die Sieger solcher Wahlen peinlich genau darauf achten, dass sie nicht in einen solchen Verdacht geraten. Aber was will man denn von den Dementocrats?
    Und immer mehr stimme ich Danisch zu, dass die US am Ende sind.

    • Gibts denn Beweise für die Wahlmanipulation ? Bisher sind 32 Verfahren von Trump & Konsorten aus dem Gerichtssaal gelacht worden.

  5. Worauf ich gespannt bin, sollte Biden Präsident werden :
    Worauf/Auf wen sich die deutschen Qualitätsmedien einschießen, um von den Sauereien der gütigen Kaiserin abzulenken. Das Spiel läuft ja bereits seit vier Jahren. Man stelle sich nur 25% dieser Energie vor, die auf Kritik am Palastgeschehen verwendet würde.

    • Ist doch schon im Gange….Feindbild: Autofahrer, Klimaleugner, AfD, Querdenker, Konservative, Maskenmuffel, Urlauber, EU- und EURO-Kritiker, Viel- und Wenig-Flieger, MSM/ÖR-TV-Kritiker und Ablehner, Konsumenten im allgemeinen – Fleischesser im besonderen, Omas und Opas, Rentner, indigene Männer….reicht doch erst mal.

    • Keine Frage!!!
      Die Medien, 95% davon, die angeblich(!) Vierte Gewalt im Staate, sind mit der Demontage des Bildungssystems, der fast unmerklich langsamen Perversion/Verproletarisierung der Sozialsysteme, zuletzt der systematschen Demontage unserer Industrien, des „besten aller schlechen Wirtschaftsysteme“ sukzessive längst Teil unseres Regierungsapparates geworden. –
      (F a s t) Keiner hat diese seit 68, dem Beginn des „Marsches durch die Institutionen“ so infam wie kontinuierlich betriebene „Salamitaktik“ bemerkt. –
      Steter Tropfen plus eine falsch verstandene Toleranz hat den „Stein“ so langsam wie systematisch gehöhlt. –
      Den Weg in die Ochlokratie (Pöbelherrschaft) regelrecht gebahnt! –
      (Siehe Politeia „Staatencyclus“.)
      Die „Alten“ wussten noch um die enorme Bedeutung des Satzes „wehret den Anfängen“. –
      Und jetzt???
      Ich vermute, falls nicht noch „kurz vor Zwölf“ ein Wunder geschieht, wir werden – ganz wie noch sämtliche andere links-faschistischen, „sozialistischen Systeme“ vor uns, „ganz unten durch müssen“ bevor es wieder besser werden kann. –
      Wie noch jedes Mal wird auch dieses „sozialistische Experiment“ ANGEBLICH „im Namen des Guten“, gerade DIEJENGEN am härtesten treffen die den Propagandisten des nun zum zigtem Male widerholten Experiments am lautesten zujubeln. Auf die „Heilsbringer“ ist halt ebenso Verlass wie auf die Kurzsichtigkeit/Dummheit so Vieler. –
      Zynismus OFF!

  6. Linke Verschwörungstheorien, bzw. fake news, die SPIEGEL-Journalisten auch noch in den Talkshows des ÖRR, der eigentlich den Bürgern gehört, verbreiten dürfen. Heute Abend bei Illner geht es weiter! Das wird ein Highlight, weil auch der ZDF-Amerika-Experte Gottschalk seinen Senf dazu absondern darf.

  7. Da ist es ja egal, dass um den Reichstag in Berlin nur ein tiefer Wassergraben gebaut wird.

  8. Ich muss immer an das Bonmot denken, „Konservative halten Linke für dumm. Linke halten Konservative für böse.“

    • Es ist halt ein verdammt „schlichtes“ Schubladen-System, die Welt in Gute und Böse (Menschen) zu unterteilen. Jedem „Schlichten“ kann ein“Guter“ das vermitteln. LÖSUNGEN für Probleme zu finden ist ist etwas GANZ Anderes! –

  9. Wenn Trump von Betrügereien überzeugt ist, und das nehme ich ihm ab, daß er das ist, ist es seine demokratische Pflicht derlei klären zu lassen – gerade um Demokratie und Rechtsstaat willen. Wenn nicht wäre er doch Handlanger undemokratischer Betrügerei.
    Schon bedenklich, daß meiste Medien das nicht ganz nüchtern so betrachten.

    Was hält übrigens den Versöhner und Oberdemokraten Biden davon ab, in aller Entschiedenheit in der Frage sich an Seite Trumps zu stellen und wie der auf Nachzählung und restlose Klärung zu pochen? Schon allein um ggf. mit einem sauberen, über jeden Zweifel erhabenem Ergebnis ins Weiße Haus einziehen zu können?
    Sollte doch keine Hürde sein, wenn das Ergebnis so klar ist, oder?

    • Es ist schon seltsam, dass alle bisher bekannten Unregelmäßigkeiten („glitches“) zu Ungunsten Trumps waren. Zu viele „Einzelfälle,“ um nicht ein Muster dahinter zu sehen.

  10. Ja gleichzeitig tourt Obama durch die Weltgeschichte und kassiert überall ab – für Vorträge und Interviews! Der STERN bringt sein Blabla, das keinen Menschen interessiert, auf die Titelseite! Gleichzeitig stellt Obama passgenau zu Weihnachten sein neues Buch vor – ebenfalls ein Blabla, das keinen interessiert. Hauptsache, die Kohle stimmt!

Einen Kommentar abschicken