Der berühmteste Deutsche ist tot. Und mit ihm das Trugbild von einem besseren Land. Er symbolisierte einen erloschenen Traum: die unerträgliche Leichtigkeit einer Republik, die es nicht mehr gibt.
I.
Bezeichnenderweise kam Beckenbauers unsinnigster Satz in keinem Nachruf vor. Als er kurz nach dem Mauerfall als Trainer die Weltmeisterschaft gewonnen hatte, war auch er vom neuen Nationalrausch infiziert und sagte: Nun werde auf Jahre hinaus Deutschland (im Fußball) unbesiegbar sein. Hybris kommt vor dem Fall. Seit Jahren sinkt das Ansehen der Nationalmannschaft, und sie wurde zum Spiegel des Niedergangs der Republik. Nun markiert der Tod Beckenbauers das Ende einer schönen Illusion, die in der alten Bonner Republik immerhin einmal zum Greifen nahe schien.
II.
Die Widerwärtigkeit des selbstverschuldeten Abstiegs der Nation bekam Beckenbauer selbst zu spüren. Da holte er doch glatt das Sommermärchen nach Deutschland, ohne mit Transparency International zu kooperieren. Eine vergleichsweise lächerliche Bestechungssumme an einen FIFA-Funktionär kostete ihn sein Renommee und vermutlich auch seine Gesundheit. Es war freilich keine (juristisch folgenlose) Affäre Beckenbauer, sondern der Skandal eines an Moralismus erstickenden, von Correctness und Wokeness strangulierten Landes. Die einstige Leistungs- und Erfolgsgesellschaft verzichtet lieber in Edelmut auf Erfolg und heischt sich an, die Welt am deutschen Wesen zum Besseren zu transformieren. Diesen Weg illuminiert auch das betrübliche Ende der Lichtgestalt Beckenbauer.
III.
Mehr als jeder andere Deutsche stand er ja einmal für etwas ganz anderes. Beckenbauer glänzte nicht mit den sogenannten deutschen Tugenden. Ohne Blut, Schweiß und Tränen tänzelte er an die Spitze, wurde genau dafür bewundert. Ballbeherrschung statt Verbissenheit. Lockerheit statt Kampf. Überlegenheit durch Intelligenz und Körperbeherrschung. Offenbar sogar in der Lage, die Gesetze der Physik zu transzendieren und allen Schwierigkeiten locker aus dem Weg zu spazieren. War es nicht das, wovon die alte Bundesrepublik träumte? Sie hatte das Jammertal ihrer Geschichte verlassen, doch ohne es auf sonnigen Höhen auszuhalten. Die „heiteren“ Olympischen Spiele in München 1972 standen ebenfalls symbolisch dafür – nicht zufällig waren die Siebziger auch die besten Jahre des Fußballspielers Beckenbauer. In dieser Zeit hatte das Wirtschaftswunder den Zenit erreicht – und überschritten.
IV.
Wenn es dem Esel zu wohl wird, geht er auf’s Eis. Es ist kein Zufall, dass sich just da die grüne Bewegung zu formieren begann. Der Philosoph Odo Marquard brachte diesen Kipppunkt treffsicher auf den Punkt: „Als man sich in der Bundesrepublik vom schlechten Gewissen darüber, dass Ungehorsam und Aufstand gegenüber der nationalsozialistischen Diktatur in der Regel unterblieben war, nicht mehr durch die Mühen des Wiederaufbaus ablenken konnte, holte man diesen Ungehorsam und Aufstand nach: absurderweise jetzt – mit dem Feindbegriff des Vorhandenen (…) Offenbar braucht man das Gewissen nicht mehr selber zu haben, wenn man das Gewissen für andere wird.“ So vollzog sich der grundlegende Wandel „vom Gewissenhaben zum Gewissensein“. Was die Republik heute so beutelt, ist, dass die Vernunft auf der Strecke bleibt und die Aufstiegsgesellschaft zur Abstiegsgesellschaft deformiert, die sich selbst an der erfolgreichen Leichtfüßigkeit eines Beckenbauer nicht mehr einfach nur erfreuen wollte.
V.
Ein Kind im zerstörten München steigt durch nichts als Talent und eigene Leistung zum Idol auf. „Geht’s raus und spuids Fuaßboi!“ soll er seinem Team vor dem Endspiel in Rom mitgeben haben. So schlug er den gordischen Knoten entzwei, die Selbstfesselung der talentarmen Allesbedenker, die das Land überall sonst beherrschen. Das Glückskind, der Olympier. Er personifizierte die Verheißung, die die Bonner Republik einen historischen Wimpernschlag lang ahnen ließ. Auch sie wollte auf dem Feld der Weltpolitik wie ein Libero erscheinen, der keine Gegenspieler mehr hat. Exportweltmeister, verliebt ins Gelingen. Beckenbauer gab eine Vorstellung jener Freiheit, der diese Gesellschaft unter der Knute ihrer Mentalität stets misstraute. „Der Kaiser“ stand für dieses Land in seinem glücklichsten Moment mehr als alle seine Künstler, Unternehmer und Wissenschaftler. Beckenbauer war – mehr noch als Willy Brandt in der Politik – Repräsentant einer schönen Illusion. Ihr trauern wir nach.
Was ist der Unterschied zur lässigen Ära 1965 -72 (in der westlichen Welt) und der nicht- lässigen 1977- 1983? Eine kulturelle Befreiung durch eine unbefangene neue Männlichkeit, den Beat, auf den die Frauen reagierten und sich dabei auf ihre Art anschlossen (aber als Frau nicht voll einreihen konnten), wurde abgelöst durch Alice Schwarzer und Konsorten aus dem US- Puritanismus, der mit der Grünen und Pazifistin Petra Kelly und Co nach Europa schwappte.
Kurz gesagt: ein aktives männliches Prinzip wurde durch ein weibliches- reaktives abgelöst: die neuen (jungen und naiven) Männer waren dabei so nett, den Frauen das Feld der kulturellen Dominanz zu überlassen: und sofort ging es los mit der alten (Moral-) Gesinnung, die die 65er (nicht die 68er!) zwanzig jahre nach 1945 endich überwunden hatten: vertikales denken siegte wieder über das horizontale der jungen Beatles- Männer.
Man hatte also netterweise den jungen Frauen den Weg freigeschossen. Es kannaber in der Öffentlichkeit (die im Archaischen natürlich männlich erfunden wurde) immer nur eine Gruppe dominieren: Männer oder Frauen.
Frauen übernahmen das Kommando, weil Männer das schlechte NS- Gewissen weiter mit sich herumtrugen.
Leider setzen sich bei Frauen mit der Zeit fast immer die Möchtegern- Erzieherinnen durch – die Möchtegern- Obermütter, die nicht nur ihre Keinkinder, sondern alles erziehen wollen – siehe heutige Grüne Frauen und auch viele SPD- Frauen.
Und in diese Phase sind wir in den späten 1970ern geraten, wie ich als seinerzeit Zwanzigjähriger selbst hautnah erleben konnte.
Bald hat meine Generation diese ständige erdige Schwere oder Unleichtigkeit der 1978er- Alternative- Generation- Frauen mit ihrem Doppelhang zur Karriere akzeptiert. Sie verzichtetet darauf, mit den agressiver werdenden Frauen um 1985 ein ernstes Wort zu sprechen: die Männer waren ziemlich oft softy oder nachgiebig, auch wenn die Medien in der Regel anderes schrieben: denn das ewige schlechte Gewissen wegen NS übertrug sich in D. dann auf das Verhältnis der Geschlechter: die Frau als ewiges NS- Opfer.
Der ewig erbleichte Mann breitete sich aus, der die Beckenbauerische Leichtigekeit des 1960er – Seins nicht mehr leben konnte: Beat war zu Ende! Und Beckenbauer war ganz einfach ein Münchener 65er- Beatle!
Die weiblich bestimmten Grünen haben aber die Beatles – Kultur zerstört, weil sie diese artifizielle, höchst intersubjektive Männerwelt ( die die Frauen ab 1965 sehr liebten, aber ganz und gar nicht geistig erfassten) nie kapiert haben, diese als unkaputtbare „eigentliche Natur“ des Mannes ansahen und deshalb leichtfertig über maximale neue Ansprüche zerstörten! Es ist also vielleicht ein bischen komplizierter, als Herles schreibt, und das ewige 2000er ff – Frau- Mann- Tabu steckte auch auch drin, aber über den Artikel habe ich mich – wie man hier sieht – durchaus sehr gefreut.
„Beckenbauer glänzte nicht mit den sogenannten deutschen Tugenden. Ohne Blut, Schweiß und Tränen tänzelte er an die Spitze…“
Upps! Da hat aber einer das Jahrhundertspiel Italien – Deutschland Halbfinale WM Mexiko 1970 nicht gesehen. Beckenbauer hatte sich in der 65 Minute das Schultereckgelenk gebrochen und spielte mit an den Oberkörper bandagierten Arm weiter. Man mag sich nicht vorstellen, wie weh das getan haben muss.
Sollte man heute mal von unseren woken Rasenhüpfern verlangen!
Nur Deutschland ist mit einem Eifer dabei, seine Ikonen zu zerlegen. In keinem anderen Land der Welt wird so danach gestrebt, seinen Idolen ans Bein pinkeln zu können, sofern sich nur die Gelegenheit ergibt. Und das ist nicht nur im Sport so.
Herr Herles, ich finde diesen Artikel nicht nur den besten, den Sie je geschrieben haben, sondern auch überhaupt einen der besten Artikel, die ich je gelesen habe. Auch wenn er mir die Tränen in die Augen getrieben hat.
Großen Respekt und vielen Dank.
Soso: Honorar für das An Land ziehen der Fußball-WM. Höhe nie herausgefunden. Haben denn die SZ-Investigativen schon herausgefunden, wie hoch die Honorarprämien für Günter Verheugen waren, für den EU-Beitritt eines jeden Landes, in der Zeit als er EU-Kommissar war?
„Nun werde auf Jahre hinaus Deutschland (im Fußball) unbesiegbar sein.“ Hybris kommt vor dem Fall.“ Da hatte der Kaiser die politischen Scharlatane und die Fähigkeit ihrer Führerin aus der Uckermark, die als Abrissbirne Deutschhlands den Nationalstolz bekämpfte und den Niedergang des Landes einschließlich der „Mannschaft“ einleitete, noch nicht auf der Rechnung.
Sehr geehrter Herr Herles, es ist unbedingt notwendig Churchill zu zitieren. Auch ein Schnellinger, ein Seeler, jeder war ein ausgezeichneter Fußballer, dieallerdings auch die Grätsche konnten. Und: Freunde und Weggefährten Beckenbauers beschreiben Beckenbauer als akribischen Arbeiter. Wenn Sie sich heute nochmals das WM_Endspiel gegen die Niederlande ansehen, (sofern noch Aufzeichnungen bestehen?), werden Sie sehen, dass Beckenbauer auch das Kämpfen konnte, das Hineinwerfen, der letzte Schritt, das schmutzige Trikot, das durchschweißte Trikot. Bei all den Bewertungen, dem gerechtfertigten Lob, die Beschreibung einer herausragenden Persönlichkeit, sollte man eines Bedenken. Ein Mann kommt zu kurz, der Beckenbauer die Drecksarbeit abnahm. Und noch einer kommt zu kurz, ohne den der Erfolg der Bayern unmöglich gewesen wäre: Gerd Müller. Über diesen wird Beckenbauer wie folgt zitiert: „Wenn nichts mehr ging, den Ball nach vorne schlagen. Der Gerd machte aus nichts ein Tor.“
Warum gibt es solche Talente nur im Sport und nie in der Politik oder auf anderen Feldern? – Weil am Ende immer die Untalentierenden gewinnen.
Herr Herles ist letztlich ein BRD-Nostalgiker. Wir leben fremdbestimmt unter der Herrschaft von DDR-Nostalgikern. Die BRD ist aber tot, ebenso wie die DDR. Man kann deren verrottete Leichen nicht mehr reanimieren. Deutschland schon, denn es ist eine Idee. Es hat auch nur als Land der Ideen eine Zukunft. Und genau deshalb hat man drittklassige Denker wie Adorno und Horkheimer nach dem Krieg installiert und die Philosophie mit Soziologie ersetzt (zB „Dialektik der Aufklärung“). Es ist nicht böse gemeint, aber Journalisten und Soziologen sind Teil des Systems, das uns jetzt die Freiheit nimmt und dann das Leben. Herr Herles verteidigt etwas, das in der Welt der Erscheinungen heute wie das Paradies erscheint, aber tatsächlich der Ursprung von absoluter Selbstgerechtigkeit und Dummheit ist. In den Apfel habe ich mich stets geweigert zu beißen.
Wunderschön substanziell geschrieben!
Man kann sich Beckenbauer in seiner besten Zeit ruhig in einer Beziehung zum Vorbild nehmen, obwohl es nicht leicht übernehmbar ist: Seine Überlegenheit durch angewachsene Leichtigkeit, die keineswegs beliebige Freiheit war, vielmehr ein hohes Maß an Wahrnehmung, Spielgefühl aber vor allem die Kontrolle der eigenen Füße auf dem Platz. Was er tat, war trotzdem immer nur das Machbare, keine Zauberei, keine Träumerei. Nie konnte er die Rechnung ohne die andere Mannschaft machen.
Will die Politik Ideale umsetzen, geht das gut auf diese Weise. Was für Beckenbauers Füße gilt, gilt hier für den Kopf. Die Krämpfe müssen raus. Diese eigene Befreiung kann schwer sein und geht längst nicht bei jedem ohne Paradigmenwechsel. Ideal ist nicht Ideologie und auch kein Kampf gegen andere. Das sagt schon die Intelligenz.
„Der berühmteste Deutsche ist tot.“
Oh, da gibt es noch einen, der berühmter ist…
?
„talentarme Allesbedenker“, das sitzt.
Wie schon einige Kommentatoren schreiben stimmt das „ohne Schweiß und Tränen“ bei Beckenbauer eben nicht. Er hat nicht nur besonders hart und diszipliniert trainiert,.sondern auch alles unterlassen was seine Gesundheit und Fitness gefährden konnte. Er war also besonders diszipliniert.
Aber eben nicht auf diese verbissene und leidende Weise, sondern mit Freude am erfolgreichen Ergebnis. Und das er für die WM 2006 einige gierige schmierige alte Herren schmieren musste ist halt so, hat sich aber gelohnt. Mit einem Haufen fremder lustiger Leute ein paar Bier zu kippen ist auch dann eine fröhliche Veranstaltung wenn man sich so gar nicht für Leute interessiert die einem Ball hinterherrennen.
Sepp Blatter und Gianni Infantino sind auch nicht besonders woke, dafür aber auf eine Weise freisinnig korrupt, die kaum von einem woken Narren erreicht wird. Ich vermute, dass Korruption in all ihren Varianten der Welt mehr schadet als Wokeness. Überraschend ist gelegentlich, dass die Korruption in all ihren systemischen und operativen Varianten, die Liberal-Konservativen bis zu den Radikal-Liberalen deutlich weniger aufregt als Wokeness.
#Wokeness# ist quasi mit der Muttermilch aufgesogene Korruption oder Korrution zum Quadrat.
„[..] eines an Moralismus erstickenden, von Correctness und Wokeness strangulierten Landes.“
Wie zutreffend! Wie ich diese kleingeistigen Spießer verabscheue.
Ein leistungsbereiter Freigeist wie Beckenbauer, würde es heute nicht mehr in die Bundesliga schaffen.
Damals, als Beckenbauer seine Sportler-Karriere machte, war Deutschland froh wieder in der internationalen Gemeinschaft aufgenommen zu sein. Heute verbreitet Deutschland eine rot-grüne Klimamoral und kauft sich „nachhaltige“ Projekte mit viel Steuer-Geld im Ausland. Die Stadien und nötigen Straßen (inzwischen a bisserl marode) für die EM hat es noch aus der Zeit als Beckenbauer die WM nach Deutschland holte.
Ein gelungener Nachruf auf einen der ganz Großen im Weltfußball. Was dieser Nachruf etwas vernachlässigt ist die Tatsache, dass Talent allein eben keine große Sportlerkarriere ermöglicht. Beckenbauer war wie fast alle großen Sportler sehr trainingsfleißig. Ohne diese harte Arbeit hätte das Leichte in seinem Spiel nie so erfolgreich sein können. Das, was so leicht aussieht im Sport, ist oft das Schwerste, selbst für Ausnahmetalente wie Franz Beckenbauer eines gewesen ist. Cristiano Ronaldo und Lionel Messi sind zweifellos die beiden besten Fußballer der letzten beiden Dekaden, aber auch ihre große Kunst verdankt sich nicht allein überragendem Talent, sondern auch ihrem Ehrgeiz und ihrem Trainingsfleiß. Darüber hinaus kann natürlich eine einzelner überragender Spieler eine Mannschaft mitreißen, aber allein kann er eben ein Spiel nicht entscheiden. Er kann den Unterschied machen, alleine gewinnen kann er nicht.
Zitat: „Beckenbauer glänzte nicht mit den sogenannten deutschen Tugenden. Ohne Blut, Schweiß und Tränen tänzelte er an die Spitze, wurde genau dafür bewundert. Ballbeherrschung statt Verbissenheit. Lockerheit statt Kampf. Überlegenheit durch Intelligenz und Körperbeherrschung.“
> Nun ja, die einen haben das Glück irgendein Talent zu haben und dadurch voranzukommen und die talentlosen Anderen müssen dann eben auf die deutschen Tugenden zurückgreifen um so mit viel Blut, Schweiß und Tränen voranzukomnen. Und F. Beckenbauer hatte hier offensichtlich das Glück über ein Talent zu verfügen.
BECKENBAUER als Kapitän der Nationalmannschaft hätte sich am 29. Juni 2021 im Wembley Stadion nicht für BLM gekniet, besonders dann auch nicht, wenn vier Tage zuvor ein Somalier in Würzburg drei deutsche Frauen ermordete und fünf weitere Personen verletzte. Er hätte dem DFB etwas gehustet, und der vermutlichen Anweisung aus dem Kanzlerin-Haus ebenfalls.
Blood, Toil, Tears and Sweat („Blut, Mühsal, Tränen und Schweiss“) waren nie ‚deutsche‘ Tugenden, sondern der Titel einer Rede Churchills im britischen Unterhaus.
Franz Beckenbauer brachte Leistung nach dem Motto: Work smarter, not harder. Arbeite intelligenter, nicht härter. Denn für einen Erfolg nur ‚härter‘ arbeiten zu wollen, zeugt von Dummheit und Uneinsichtigkeit.
Erfolg deutscher Unternehmen wurde stets duch Naturwissenschaftler, Ingenieure, Techniker, Facharbeiter und Kaufleute erbracht, und zwar genau nach dem Motto ‚Work smarter, not harder‘.
Doch deutsche Bildungspolitiker ruinierten schon 1960 mit der Saarbrücker Rahmenvereinbarung und 1972 mit der Reformierten Oberstufe die Grundlagen dafür. Denn schon fürs Abitur muss seitdem kein Schulwissen mehr in Mathematkik+Physik+Chemie+Biologie als Leistung erbracht werden.
Im seit den 1960ern allmählich ‚islamisch multikulturalisierten und orientalisierten‘ Deutschland zählen Intelligenz, Erfindungsgeist und Fleiss ohnehin nichts mehr.
Dieser Text, lieber Herles, hat was, was Spezielles!
Als Jungs auf dem Bolzplatz haben wir uns Namen gegeben: Beckenbauer, Netzer, Müller. Wir haben einfach Fußball gespielt. Ohne Trainer, einfach nur so.
Beckenbauer und der Fussball waren in der Lage die große Mehrheit der Bevölkerung über viele Jahre und immer wieder zu euphorisieren – was dankbar gewürdigt werden kann. Glück und Freude sind aber immer Glücksmomente, und nie Dauerzustand, nicht in einem Land, und nicht im Leben des Einzelnen. Beckenbauer schien in seiner Funktionärstätigkeit vor und nach der WM-`06 viel von seiner Souveränität eingebüßt zu haben. Damals hätte er noch Alter und Leuchtkraft gehabt, um die Platter-Infantino-FIFA nicht nach Qatar, wo er keine Arbeitssklaven gesehen haben will, sondern, zusammen mit den Europäern / UEFA, die den Großteil der TV-Gelder bezahlen, in eine andere Richtung zu lenken. Transparency International hätte dabei sogar behilflich sein können.
Lieber Herr Herles,
Ich beglückwünsche Sie zu diesem überaus gelungenen Nachruf. Bei jedem Wort, jedem Satz, jeder Silbe, dachte ich mir „ja, so ist es“. Ich lebe im Ausland, viele meiner Englisch sprechenden Freunde konnten nicht verstehen, weshalb der Tod eines Fussballspielers von derartiger Wichtigkeit sein sollte. FB war aber eben nicht nur Fussballer, er war mehr als das, die Personifikation des ganzen Landes, wie es, wie Sie richtig sagen, einmal gedacht war. Die Verheissung der Bonner Republik: positiv, bodenständig, mit sich zufrieden – und trotzdem erfolgreich. Dieses gute Land hat schon vor Beckenbauer aufgehört zu existieren, nun ist auch er nicht mehr.
Als ‚auch ‚mal Olympiateilnehmer‘ und Trainer treffen Sie, Sir Herles,
mit Ihrem Text genau mein Sportlerherz. Auch ich war Fan vom
Franz, bemerkte zwar, daß seine Trikots nach dem Spiel so weiß waren,
wie vor dem Spiel, aber er war ein einmaliger Dirigent und ein Künstler
auf dem Feld wie Picasso vor der Staffelei. Und Ihr vorletzter Satz trifft
genau mein Empfinden als DDR-Bürger in den 70er Jahren: Eingefangen
von der Illusion der Leichtigkeit des Seins in der alten BRD wollten wir der
Enge und des Zwangs in der DDR entfliehen – 1989 durften wir endlich
ausreisen und unseren Sehnsüchten Genüge tun. Doch schon Wochen
später begann die Ernüchterung, ausgerechnet durch den deutschen
Sport. Man ließ mich fallen wie Müll, und gab DDR-Trainern die mich, ob
meines Verrates am Vaterland aller Werktätigen an die Wand stellen
wollten, gut dotierte Posten. Und heute:Ich sage es deutlich, die Schnau-
ze gestrichen voll. Die ganzen Mühen und Entbehrungen hätten wir uns
sparen können, denn wir sind wieder da angekommen, wo wir einst wa-
ren.
Der Kaiser ist der Kaiser. ABER: der Kaiser ist nichts ohne seine Mannschaft.
So wurde mir als Kind die Welt vermittelt, so sollte sie sein. Keine klebrige Beziehungen, keine schleimigen Bücklinge, keine Käuflichkeit, dann lieber bei etwas nicht mitmachen, den eigenen Weg gehen. Vielleicht ist das ein typischer Traum deutscher Menschen, aber der Weg ist den meisten versperrt.
Herr Beckenbauer hat in einem Interview sinngemäß auch einmal gesagt, er habe sich für die Volksschule entschieden und kein Interesse für die beiden höheren Schulformen gehabt, weil sie ihm seine Zeit für seine Leidenschaft, das Fußball spielen, genommen hätten. Seine Leidenschaft wurde sein Beruf.
Dass unser Sommermärchen nur durch Bestechung und nicht durch Talent und Leistung möglich wurde, hat mich sehr betroffen gemacht.
Dass auch Herr Beckenbauer in solche Manipulationen verwickelt war, ebenfalls.
Für Deutschland ist der Fußball ist wirklich ein Spiegel, warum auch immer. Aus der Aufbruchstimmung am Anfang der Bonner Republik ist ein schleimiger klebriger Sumpf in Berlin geworden, und ich sehe heute, dass ein Samen bereits in Bonn gelegt wurde.
Heute blühen diese Pflanzen üppig, so ist die Welt, wenn man mitspielen will.
Also, ich finde schon, dass Beckenbauer auch mit deutschen Tugenden geglänzt hat: Fleiß (trotz großen Talents hat er auch viel trainiert, war sehr fleißig) und auch Disziplin. Ohne beides hätte er es ganz sicher nicht an die Spitze geschafft und sich so lange halten können.
Dass er abseits des Platzes für die damalige Zeit „ein bunter Vogel“ war, sei ihm gegönnt, aber wenn es drauf ankam, konnte er eben auch liefern.
Wolfgang Herles ist mit dieser Parabel etwas gelungen, was man als einen Vergleich ohne Kompromisse versteht.
Nicht nur dass er keine geistigen Krücken braucht, um aufzuzeigen, was ihn dazu bewogen hat sich mit dem Thema zu befassen, nein, er liegt so goldrichtig mit seinem Gedanken, dass mir nur blieb ein ums andere Mal bei der Lektüre, zu nicken, quasi ohne es zu bemerken.
Er hat mir mit seinem Vergleich auch ein wenig Wehmut abgerungen, eine Wehmut, die man hat, wenn man etwas unwiederbringlich verloren hat.
Danke dafür.
Grandioser Rück-Blick auf Beckenbauer und dem aktuellen Zustand der Gesellschaft!
Hervorragender Nachruf.
Ich liebe seine Glosse. Jeden Samstag ??
Danke Herr Herles. Ein ganz wunderbar treffendes und einfühlsames Bild, für was Franz Beckenbauer in diesem Land stand, und wie dieses Land mit sich selbst umgeht.
„Eine vergleichsweise lächerliche Bestechungssumme“
Vergleichsweise lächerlich waren/sind auch die dubiosen Beträge im uns tangierenden politischen Milieu von Kohl bis Kaili, vergleichsweise lächerlich die Erträge aus Maskendeals und auch die Steuerbeträge beim Hoeneß. Finden wir das jetzt auch irgendwie so halb ok, weil sonst ist es ja Moralismus, Correctness und Wokeness. Schon komisch, immer dieses alte „Quod licet ….“sobald mal ein eigenes Idol betroffen ist.
Am (heutigen) deutschen Wesen würde die Welt verwesen. Darum ist es mehr als notwendig, den linksgrün Verstrahlten Einhalt zu gebieten. Deutschland ist zwar schon lang vorher erstickt, eigentlich hat es ohnehin immer nur funktioniert und flach geatmet.