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Die Saar-CDU verschenkt das Bildungsressort

Das nennt man Sozialdemokratisierung von CDU-Politik

08.05.2017

| Lesedauer: 3 Minuten
Um kleiner Geländegewinne wegen schmeißt die CDU in den Ländern ein ums andere Mal ihre Bildungspolitik – so es sie denn überhaupt noch gibt – über Bord. Wie jetzt wieder im Saarland.

„Bildungspolitik ist das Filetstück, das Kernstück, ja die Herzkammer des Föderalismus.“ Ja, das stimmt, wenn man den Föderalismus als kompetitiven Föderalismus, nämlich als einen Föderalismus des Wettbewerbs versteht und nicht als einen Föderalismus des Kompromisses des Kompromisses von 16 deutschen Ländern auf unterem Niveau. Bis vor rund fünfzehn Jahren war die CDU-„Filetstück“-Rhetorik nicht nur Rhetorik. Heute gilt das nicht mehr. Da mag die CDU-Vorsitzende Merkel eine „Bildungsrepublik“ ausrufen, weil sie offenbar den Begriff „Bildungsnation“ für zu weit „rechts“ hält. Da mag sie als Kanzlerin den einen oder anderen Bildungsgipfel einberufen, dessen Hauptergebnis stets war, dass er stattgefunden hat. Punctum!

Merkels Statthalter vor Ort, nämlich in den Ländern, ticken längst anders. Um kleiner Geländegewinne wegen schmeißt die CDU in den Ländern ein ums andere Mal ihre Bildungspolitik – so es sie denn überhaupt noch gibt – über Bord. Schnell passte sich die CDU zum Beispiel in allen 15 deutschen Ländern (ohne Bayern, wo es bekanntermaßen ja keine CDU gibt) den ideologisch motivierten Motiven der „Linken“ zur Abschaffung der Hauptschule an. Schnell machte sie das allgemeine Anspruchsdumping beim Abitur mit. Schnell gab sie selbst dort, wo sie die größte Regierungspartei und den Landeschef stellt, das Schulministerium preis.

Die Beispiele sind Legion. Ein Hamburger Landeschef Ole von Beust (CDU) ließ sich eine „Grüne“ namens Goetsch als Schulministerin verpassen. Diese wollte mit dem Segen ihres Kabinettschefs das Schulwesen Hamburgs völlig umkrempeln und zum Beispiel eine von vier auf sechs Jahre verlängerte Grundschule einführen. Eine der wenigen bildungspolitischen Bürgerrevolten, die es je in Deutschland gab, machten diesem Treiben mittels Bürgerentscheid 2010 ein Ende. Damit war der schwarz-grüne Plan vom Tisch und die Regierung von Beust gleich mit. Ein hessischer Landeschef Volker Bouffier (CDU) hatte keine Probleme damit, bis 2013 FDP-Damen als Schulministerinnen zu bekommen. Und das in einem ehemaligen Kampfland der Bildungspolitik! Begründung: „Sonst hätten wir für die CDU das Finanzministerium nicht bekommen.“ Ein Landeschef Reiner Haseloff (CDU) hielt es in Sachsen-Anhalt mehrere Jahre mit einem SPD-Kultusminister aus, ebenso eine Landeschefin Lieberknecht (CDU) in Thüringen mit einem SPD-Kultusminister. Am längsten schließlich lebte ein CDU-Landeschef (Peter Müller) und lebt eine CDU-Landeschefin (Annegret Kramp-Karrenbauer) mit einem „grünen“ oder einem SPD-Schulminister, nämlich bereits seit 2009. Dem Vernehmen nach soll das im Kabinett „Kramp-Karrenbauer III“ über 2017 hinaus so bleiben. Man hat dem Koalitionspartner SPD bei den aktuellen Verhandlungen nach der Wahl vom 26. März 2017 ein paar symbolische Zugeständnisse abgerungen, aber die SPD soll erneut das Schulministerium besetzen.

Jeder in Sachen Bildung halbwegs Interessierte reibt sich die Augen. „Filetstück“, „Herzkammer“ des Föderalismus als CDU-Bekenntnis – das war einmal. Seit mehr als zehn Jahren hat sich in der CDU der Topos eingeschlichen: Mit Bildungspolitik kannst du keine Wahlen gewinnen, sondern nur Wahlen verlieren. Ach, wie naiv! Für welches Politikressort gilt das eigentlich nicht? Vor allem aber nimmt man in der CDU nicht zur Kenntnis, dass man mit Bildungspolitik zwar nicht sofort, aber doch mit einem langen Atem die Gesellschaft umkrempeln kann. Die verschiedenen „linken“ Parteien haben das kapiert. Deshalb dominieren sie die Kultusministerkonferenz (KMK) und die dort oft reichlich niveaulosen Vereinbarungen zur Schulpolitik. Gewiss ist die KMK laut Satzung bei allen Beschlüssen auf Einstimmigkeit angewiesen. Aber es ist ein Unterschied, ob in der KMK zehn oder fünf Unionskultusminister sitzen, oder gar nur einer. Im Moment sind es fünf (Baden-Württemberg, Hessen, Sachsen, Sachsen-Anhalt plus Bayern), vor drei Jahren war es nur ein einziger, und der war nicht aus der CDU, sondern es war der Bayer Ludwig Spaenle von der CSU. Mal schauen, wer in Schleswig-Holstein nach der jüngsten Wahl vom 7. Mai zukünftig das Schulressort bekommt. In einer roten Ampel würde es wohl wieder Britta Ernst (SPD) sein, die Gattin des Hamburger Bürgermeisters Olaf Scholz; in einer „schwarzen Ampel“ mit einem Ministerpräsidenten Daniel Günther (CDU) könnte alles wieder ganz offen sein, es also neben einem schwarzen auch einen gelben oder grünen Schulminister geben.

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15 Kommentare

  1. Wenn ich ehrlich bin, kann ich die abgebildeten Personen nicht eindeutig einem Geschlecht zuordnen.

    Wie grün ist das?

  2. Erstklassige Leute stellen Erstklassige ein, Zweitklassige nur Drittklassige.

  3. Oder – kürzer gesagt: Mit leerem Kopf nickt sich’s leichter…

  4. Sie sollten als Gastautor bei Tichy schreiben!

  5. Die CDU wird in den Ländern ja (anders als vielleicht die SPD von einigen linksgrünen Überzeugungstätern) nicht (mehr?) für ihre Bildungspolitik gewählt und auch nicht dafür,das Land vor linksgrüner Bildungspolitik zu schützen.Insofern konsequent, oder…

  6. Wie recht Sie haben, Herr Kraus. Die CDU schmeißt ihre Filetstücke weg. Sie verscherbelt ihre Seele.
    Wenn ich daran denke, dass in meinem Heimatbundesland Rheinland-Pfalz einmal ein Bernhard Vogel, eine Hanna-Renata genannt Granata Laurien als Kultusminister Schul- und Bildungspolitik gemacht haben, wird der Abstieg, den diese Partei hinter sich hat, besonders deutlich.

    In Hessen ist ein CDU-Kultusminister gerade dabei Elternrecht zu verscherbeln. Gründe Gender-Politik in den Schulen eins zu eins umzusetzen. Mit den Richtlinien zur Sexualpädagogik der Vielfalt wird massiv das Recht des Kindes und das Recht der Eltern, das beiden grundgesetzlich verbürgt zusteht, außer Kraft gesetzt.

    Es wird Akzeptanz verlangt, auf einem Gebiet welches die intimsten und persönlichstes Bereiche des Kindes berührt. Der Staat, vertreten durch einen CDU-Minister verlässt die Neutralität wo höchstens Toleranz zulässig wäre, und wird zur Partei einer genderisierten Sexualerziehung.

    Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass die CDU eine linke Partei geworden ist, so ist dieser mit dem, was im Lande Hessen seit letztem Jahr gemacht wird, einwandfrei geführt.

    Der Staat, hier das Bundesland Hessen, senkt auf der einen Seite die Standards und maßt sich auf der anderen Seite grenzüberschreitend Rechte an, die ihm nicht zustehen. Und das unter einer CDU-geführten Landesregierung mit einem CDU-Minister als verantwortlichem Resortleiter.

    • Nun ja, Herr Kraus, dieser Leserkommentar vermittelt gerade nicht den Eindruck, dass unter CDU-Führung wirklich konservative Bildungspolitik betrieben wird. Dass SPD und Grüne schon länger ihre Wähler verraten trifft ja zu, aber eben nicht nur diese alleine! Und der o.g. B. Vogel ist von einer Lichtgestalt soweit weg, wie Jesus von Satan, heute ein Kriegszündler mit seiner KAS! Halten wir fest: In Deutschland wird sich sehr viel ändern müssen, besonders auch in den Parteien. Dabei von Reform zu sprechen, käme einer maßlosen Untertreibung gleich.

  7. Tolles Photo. Ich glaube an Gender ist doch was dran. Nur warum so überaus prominent in der Politik?

  8. Ideologen und diktatorische Systeme, vergehen sich immer zuerst an der Jugend.
    Dabei gehen sie immer auf die gleiche Weise vor: Sie ersetzen den Erwerb von Bildung durch (eigene) weltanschauliche Propaganda.
    Man denke z.B. an des Verbrechers Hitler unselige „Rassenkunde“. In der DDR war es das Pionierwesen, welches die Staatspropaganda vermittelten und Fächer wie „Staatsbürgerkunde“.
    Heute macht man es etwas gewiefter und benennt die Propaganda wohlklingend und auch ein bisschen hipp.
    Gelehrt wird unter den Gesichtspunkten der Pseudowissenschaft Gender und natürlich muss alles bunt und tolerant sein.
    Was dies alles aber wirklich ist und was es bewirkt. sieht man an gewaltätigen Demonstrationen, wenn Unis Redner ausladen, weil die Studenten (die natürlich heute Studierende heißen) sich nicht von konträren Meinungen „triggern“ lassen wollen, sondern lieber in „safe spaces“ verharren, wo sie dann darüber sinnieren, dass es natürlich die anderen sind, die in Filterblasen leben.

  9. Haben Sie es noch nicht gemerkt?
    Um an die Fleischtöpfe zu kommen oder sie zu behalten schmeissen die Parteien (zumindest CDU/SPD/Grüne/FDP und Linke) alles über Bord, was sie jemals an Hauptthemen hatten.
    Wenn ich jetzt schon wieder höre, dass heute der gute Herr Kubicki doch schon wieder über die Ampel nachdenkt (nur nicht mit Herrn Albig) wissen wir doch schon, auch die FDP fällt wieder um (wie war das vor der Wahl? Nein, die Ampel schliessen wir komplett aus).
    Was die CDU in Baden-Württemberg als Junior macht ist mindestens genau so schlimm. Das ehemals beste (bzw. zweitbeste nach Bayern) Bildungsland ist aufgrund der Grünen Bildungspolitik aber mal schwer den Bach runtergegangen.
    Die CDU hat ja wohl auch insgesamt überall ihre Schwerpunkte komplett den Bach runtergefahren um den „Linksparteien“ die Themen weg zu nehmen.
    Die Grünen rotten die Tierwelt aus, um noch ein paar mehr Windräder aufzustellen.
    Die FDP schläft mit jedem, der Ihnen ein paar Brosamen übriglässt. Die Linke schmeisst alles über Bord, nur um ja „gegen“ die AFD zu sein.

    Schlimm, schlimm, aber ich denke, es muss noch schlimmer kommen, bevor es besser wird.

  10. Bildung wurde durch Gesinnung ersetzt. Solange machbar, wie es noch genügend Ältere gibt, die Wirtschaft am Laufen zu halten. Das wird sich ändern.

    Heute gilt es als Ausdruck höchster Vollkommenheit, alles, wirklich alles umzukehren und ins Gegenteil zu verkehren, was die Bundesrepublik einst ausmachte. Ins Gutsein, das sein jähes Ende finden wird. Könnte der Niedergang dessen, was einmal Deutschland war, sich in eine lange währende Agonie hinziehen, wie meist in der Geschichte, ist jetzt noch eine dritte Kraft am Werk.

    Eine Kraft, welche die Vollkommenheit toppt. Die Vollendung. Deren Ausdruck besteht in der millionenfachen Hereinnahme des bildungslosen, verrohten und gewaltbereiten männlichen Youth Bulgs Afrikas und Asiens.

    Ausgestattet mit einem ideologisch fraglosen Herrschaftsanspruch, der nach dem Willen der Machthaber aber zu Deutschland gehöre, wird die Vollendung nur den Zeitraum einnehmen, der einem Stern bleibt, wenn das Fusionsmaterial in seinem Kern aufgebraucht ist. Ein Vorgang, der Kollaps genannt wird.

    Wir Älteren wären nun gefordert, unsere Bildung zu nutzen, uns darauf vorzubereiten. Was aber über die Analyse des Istzustands hinausgehen müsste. Noch ist die Angst, das auszusprechen größer, als die Bildung. Bleibt es dabei, wonach es aussieht, treten wir gerade alle zusammen den erneuten Nachweis an, daß Bildung eben nichts mit Überleben zu tun haben muss. Wenn die Angst größer ist.

  11. Da kommt mir der Philosoph Josef Pieper in den Sinn, der sich u.a. mit den Kardinalstugenden befasste und sagte:
    „Keinen Satz der klassisch-christlichen Lebenslehre gibt es, der dem Ohr des heutigen Menschen, auch des Christen, so unvertraut, ja so fremd und wunderlich klingt wie dieser: Dass die Tugend der Klugheit die Gebärerin und der Formgrund aller übrigen Kardinalstugenden ist, der Gerechtigkeit, der Tapferkeit und der Mäßigung; dass also nur wer klug ist, auch gerecht, tapfer und maßvoll sein kann und dass der gute Mensch gut ist kraft seiner Klugheit.“
    Unser Bildungssystem wird seit Jahrzehnten frontal gegen die Wand gefahren, als ob mit aller Gewalt verhindert werden soll, dass die Heranwachsenden einmal „kluge“ Mitbürger werden.
    Die sich heute die Guten nennenden strotzen nur so vor Dummheit, dass es immer öfter vonnöten ist, sich selbst zu zwicken, um zu spüren, dass tatsächlich gesagt wurde, was da mal wieder einer der Gutmenschen vom Stapel gelassen hat.

    • Dass „mit aller Gewalt verhindert werden soll, dass die Heranwachsenden einmal „kluge“ Mitbürger werden“ ist so abwegig nicht. Schließlich machen die Klugen, die selbstständig Denkenden nur politischen Ärger. Aber auch eine Ideologie der Gleichmacherei spielt eine Rolle. Bei den „Proles“ werden die Begabten ihrer Chancen beraubt, während Privilegierte ihre Kinder auf Privatschulen schicken.

  12. Bildungs-, Wirtschafts- oder Sicherheitspolitik – wenn man da irgend etwas halbwegs Gescheites macht, könnte es doch sein, daß man den Rechten in die Hände spielt.

    • Die beiden auf dem Bild sehen nicht so aus, als sei „etwas halbwegs Gescheites“ auch nur eine Option.

      Wir bekommen, was wir wählen. Die Deutschen müßten vor lauter Dummheit schreien, dass das ganze Land vibriert.

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