Die aktuellen Ereignisse in Minsk haben in Europa und der ganzen Welt eine Welle der Solidarität mit der belarussischen Opposition entfacht. Vor allem auch in Polen, das mit Belarus eine jahrhundertlange Beziehungsgeschichte verbindet. Das östliche Nachbarland gehörte einst zum polnisch-litauischen Imperium. Die Adelsrepublik (1569-1795) reichte in ihrer größten Ausdehnung im 17. Jahrhundert bis nach Lettland und Rumänien. Während des polnisch-russischen Kriegs 1609-1618 stand die Kavallerie der „Rzeczpospolita“ bereits vor den Toren Moskaus. Allerdings entsprach die damalige territoriale Expansion Polens nicht jener Art von Kolonialismus, wie ihn später Russland praktizierte. Unter der polnischen Krone genossen Weißrussen und Ukrainer große Freiheitsrechte. Auch im Vergleich zu den Machtambitionen der absolutistischen Herrscher im Westen Europas war die polnisch-litauische Union für diese Zeit überaus demokratisch. Nicht nur Papst Johannes Paul II. hat sie wiederholt als einen Vorläufer der EU bezeichnet (im Sinne Schumans, nicht Spinellis).

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Mehr als ein Gegenentwurf
Zu den fruchtbarsten Kapiteln der polnisch-belarussischen Beziehungsgeschichte gehört zweifelsfrei der Unabhängigkeitskampf gegen Russland. Heute geschieht dies insbesondere auf wirtschaftspolitischer Ebene. In den vergangenen Jahren konnte der launische Kremlchef gezielt Druck ausüben, indem er immer wieder mit den Gashähnen herumspielte. Warschau versucht seit Jahren, das skeptische Orchester in Brüssel zu überzeugen, dass Russland auch künftig an seinem Kurs der wirtschaftlichen Erpressung und politischen Einschüchterung festhalten wird. „Moskau wird nur dann seine Haltung ändern, wenn es den finanziellen Spielraum für Projekte wie Nord Stream 2 verliert“, schreibt Polens Premier Mateusz Morawiecki in einem Gastbeitrag für die FAZ, in Anspielung auf den Giftanschlag auf den russischen Oppositionellen Alexej Nawalny.
Weitaus mehr als nur ein Gegenentwurf zu Nord Stream 2 ist die von der Visegrád-Gruppe inspirierte Drei-Meeres-Initiative (Trójmorze), ein Wirtschaftsforum aus zwölf baltischen, ost- und südosteuropäischen Staaten, die sich von der Ostsee bis zur Adria und dem Schwarzen Meer erstrecken und vor allem das Ziel verfolgen, sich von der Gasversorgung durch Moskau unabhängig zu machen. Während das Projekt noch vor einigen Jahren von westlichen Journalisten und einigen unverbesserlichen Russland-Romantikern als „Phantasma“ verlacht wurde, nimmt es spätestens seit 2016 deutliche Konturen an. Alljährlich finden bereits Konferenzen statt, an denen auch US-amerikanische Regierungsvertreter teilnehmen.Allerdings ist „Trójmorze“ mehr als nur ein gegen Russland ausgerichteter Staatenblock im Osten Europas. Es geht um die Schaffung einer gemeinsamen Infrastruktur, folglich den Ausbau eines europäischen Verkehrs- und Eisenbahnnetzes auf einer mitteleuropäischen Nord-Süd-Achse, welche irgendwann die überlebte Ost-West-Achse ablösen soll. Neben dem Baltikum und den Visegrád-Staaten umfasst die Initiative inzwischen Länder wie Bulgarien, Kroatien, Rumänien und Slowenien. Interesse zeigen auch Österreich und die Ukraine, ein demokratisches Belarus sowieso. Schon jetzt nimmt der längst wahr gewordene Traum vom „Trójmorze“ 27 Prozent der gesamten Landfläche der EU ein. Die ostmitteleuropäischen Länder holen wirtschaftlich nach, deren BIP wächst während der Pandemie schneller als in den „alten“ EU-Mitgliedsstaaten. Deutschland profitiert ebenfalls von den Handelsbeziehungen mit den Drei-Meeres-Ländern.
Trójmorze – eine deutsche Idee?
Historisch gesehen ist diese Initiative nicht neu, wobei Deutschland daran nicht ganz unbeteiligt war. Im Jahr 1915 veröffentlichte der Theologe Friedrich Naumann ein Buch unter dem Titel „Mitteleuropa“, in dem er die Schaffung einer deutschen Einflusszone im Herzen Europas vorschlug. In Polen wiederum, das nach dem Ersten Weltkrieg abermals auf der politischen Landkarte erschien, plädierte der informelle Staatschef Józef Piłsudski für das „Intermarium“-Projekt (Międzymorze), folglich eine erstarkte Konföderation von ostmitteleuropäischen Ländern, die sich gegen die territorialen Ambitionen Russlands behaupten sollte. Daher bemühte sich Piłsudski etwa regsam um gute Beziehungen mit Ungarn und Rumänien. Das Problem an dieser Idee war, dass keine der westeuropäischen Großmächte sie unterstützen wollte.

Brauchen wir die Gasfernleitung Nordstream 2? Ein paar Fakten
Der Zerfall des sowjetischen Imperiums und das Ende der bipolaren Welt im Jahr 1989 erweckten bei den einstigen Intermarium-Verbündeten neue Hoffnungen. Im Jahr 1991 wurde der Warschau Pakt aufgelöst, acht Jahre später traten Polen, Tschechien und Ungarn der NATO bei. 2004 sind diese Staaten der EU beigetreten. Spätestens ab diesem Zeitpunkt konnten ostmitteleuropäische Länder wieder gemeinsame Interessen verfolgen. Die Drei-Meeres-Initiative gilt dabei als eine Erweiterung des „Intermariums“, reicht sie doch jetzt bis ans Schwarze Meer. Die heranreifenden Ideen verblieben jedoch lange in den Schubladen „proeuropäischer“ Regierungen, bevor 2016 Kroatiens Präsidentin Kolinda Grabar-Kitarović und Polens Staatschef Andrzej Duda das Projekt offiziell ins Leben riefen. Dabei hoben sie hervor, dass „Trójmorze“ keineswegs als eine Alternative zur EU zu werten sei (wie es von einigen Nord-Stream-Befürwortern weiterhin dargestellt wird), sondern Ziele verfolgt, die lange in dieser Region vernachlässigt wurden.
Es geht vornehmlich um neue Infrastruktur sowie um die Intensivierung wirtschaftlicher Zusammenarbeit. Insbesondere aber auch darum, EU-Gelder vernünftig zu investieren. Im Jahr 2019 wurde dank der Initiative Polens und Rumäniens ein für die Region immens wichtiges Trójmorze-Investitionsfonds gegründet. Eines der hauptsächlichen Ziele der Drei-Meeres-Initiative ist die Schaffung eines Nord-Süd-Korridors („Baltic Pipe“), welcher auf der Ostsee-Insel Usedom beginnt und in Kroatien endet. Die Realisierung des Vorhabens ist in greifbare Nähe gerückt, weil im polnischen Gashafen in Świnoujście bereits seit einigen Jahren erste LNG-Tanker anlegen. Ein weiterer wichtiger Bestandteil des Trójmorze-Projekts ist die „Via Carpatia“, eine Strassen- und Autobahnverbindung, welche die baltischen Länder sowie ganz Ostmitteleuropa mit Griechenland verbinden soll. Bereits im Bau befindet sich die „Rail Baltica“, eine Bahnstrecke, die von Warschau über Kaunas, Riga und Tallin nach Helsinki führt. Die Drei-Meeres-Partner arbeiten jedoch auch an gemeinsamen Maßnahmen gegen Cyberkriminalität. Die Vergangenheit hat bekanntlich gezeigt, dass sogar westeuropäische Parlamente ihr zuweilen schutzlos ausgeliefert sind.
Unterstützung der USA
Ein sicherlich wichtiges Kapitel in der Entstehungsgeschichte von „Trójmorze“ war der Warschau-Besuch von Donald Trump im Juli 2017. Der US-Präsident nahm an der Drei-Meeres-Konferenz teil und sagte dem Projekt seine finanzielle Unterstützung zu. Seitdem hat sich viel getan: Dank der Mühen des damaligen polnischen Chefdiplomaten Witold Waszczykowski konnten Länder wie Deutschland die Initiative nicht mehr ignorieren. Auch Brüssel schenkte ihr plötzlich mehr Aufmerksamkeit. Auf dem Trójmorze-Gipfel in Bukarest im Jahr 2018 war auch der damalige EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker zugegen, der sich gar einige gebührende Worte für diese Idee abringen konnte und als „eine Chance für ganz Europa“ bezeichnete.

Die Rückkehr der Imperien und die Zukunft Europas
Denn auch wenn einige deutsche „Russlandversteher“ immer noch auf unbestimmte Zeit für „Spekulationen“ nicht zu haben sind, wächst auch in der BRD derweil das Interesse an der Drei-Meeres-Initiative, die längst über den Status eines „originellen Vorschlags“ hinausgeht. Der Wert deutscher Exporte in die Trójmorze-Staaten übersteigt inzwischen den Gewinn, den der Außenhandel mit Russland oder Frankreich abwirft. Dennoch fallen vielerorts im Westen die Reaktionen auf die polnische Initiative eher verhalten aus. In den Statements westeuropäischer Politiker sind leider immer noch einige Töne neokolonialer Arroganz (oder einfach nur überheblichen Unwissens) zu vernehmen. Um Europa zu „festigen“ und den Kremlchef bei Laune zu halten, müssen nach ihrer Poetik einige Trójmorze-Staaten „finanziell ausgehungert“ werden. „Bevor sie uns angreifen, sollten sie uns lieber die Jahre zurückgeben, die sie uns genommen haben“, ärgerte sich der polnische EU-Abgeordnete Patryk Jaki (PiS).
Wie recht er hat. Einst hat der Westen tatenlos zugeschaut, wie Polen und Ungarn östlich des Eisernen Vorhangs verschwanden und jahrzehntelang wirtschaftlich stagnierten. Nun sollen diese Länder noch einmal „kolonisiert“ werden, diesmal von der Brüsseler Zentrale aus, im Geiste eines linksgrünen „Fortschritts“. Die Regierungen der Trójmorze-Staaten täten gut daran, an ihren Zielen weiterhin festzuhalten – auch ohne die „Unterstützung“ von Frau Barley.
Dr. Wojciech Osiński ist Auslandsredakteur des liberal-konservativen Wirtschaftsmagazins „Gazeta Bankowa“ sowie des Polnischen Hörfunks. Für die Online-Zeitung „Tygodnik Solidarność“ schreibt er über Politik und Kultur. Zu seinen journalistischen Schwerpunkten gehört die Ideen- und Wirtschaftsgeschichte Osteuropas.
„.. der weltbekannte Journalist Ryszard Kapuściński ..“ Wer?
Ich glaube es Ihnen ja. Nur, lassen Sie es uns kurz machen. Sie haben die Nachricht aus Essen gelesen. Bikiniverbot. Kniefall vor dem Islam. Das Ruhrgebiet ist historisch von Polen besiedelt. Ich wäre sehr dafür, halb NRW dem polnischen Staat zuzuschlagen. Dann müßten wir nicht nach Belarus schielen und könnten über kurz die Zivilisation wieder einführen. Zumindest für halb NRW.
Hellhörig wurde ich bei dem Ausdruck Nord-Süd-Achse statt „überlebter West-Ost-Achse“. Warum nicht einfach beides? Die Zusammenfassung der polnischen Geschichte ist verklärend, die Adelsrepublik war nicht so tolerant, gerade auch gegenüber den Deutschen. In dem ganzen Ansatz steckt zu viel vom Willen bestimmter Kräfte in Polen, eine polnisch dominierte Zone aufzubauen. Gewiss, ohne die Versuche der Brüsseler Zentrale und Berlins, Osteuropa auf den linksgrünen Weg zu zwingen, wären solche nationalistischen Visionen gar nicht entstanden.
Wenn ich wählen konnte, würde ich mich jedes Mal für polnische Republik vom Meer zum Meer statt für das heilige EU-Reich der deutschen Nation entscheiden. Nicht weil ich Regierung im Polen so lieb habe, polnische Nationalismus (ich meine nicht Patriotismus oder Heimatliebe obwohl es in D. oft als gleich dargestellt wird) gut finde oder sonst was. Die Verklärung der Geschichte ist nun eine Ansichtssache. Polnisch-Lituanische Republik war zwar am Ende genauso krank wie deutsche Demokratie heute ist, aber das Land war auch nicht ohne Grund ein Ziel sowohl der Wirtschaftsmigration wie auch der religiös Verfolgten. Polen hat auch geschafft was Deutschland in dem heutigem geistigen Zustand nie schaffen wird – 600 Jahre leben Muslime friedlich und integriert im Polen. Vlt sollte man sich da anschauen wie das geht?
Auch andere Immigranten waren in Polen willkommen – 2m zwischen 2014 und Koffit19 und das im Land von 36m Einwohner. Das, also Willkomenskultur, kann Polen auch besser als Merkels Reich.
Das ist jetzt nicht um Deutschland schlecht zu reden. Nun jedes Land hat gute und nicht so gute Seiten. Jedes Land folgt auch eigene wirtschaftliche Interessen so wie es seine Führungseliten verstehen. Im Glücksfall geht das friedlich und zum Wohle der großen Teilen der Bevölkerung. Manchmal nicht. Ob es im Polen und im D. friedlich bleibt, besonders wenn man sich anschaut wie groß und unnötig die Probleme sind die uns die Politik mit ihren „Lösungen“ schafft? Lass uns so hoffen.
Noch zu Gasleitungen. NS2 ist deshalb so nötig weil Merkeliten alle andere Stromquellen abschalten wollen und nur mit Wind ganzes Land zu versorgen, geht es nicht. Ob USA bei den Behauptungen zum Thema Russengas nicht hauptsächlich ihre wirtschaftliche Interessen folgen, weiß ich nicht. Diese Interessen spielen aber bestimmt eine Rolle. Genauso wie für Polen. Nur in D. ist Wirtschaft hauptsächlich ein Schussziel für Politiker jeder Richtung. Mal sehen wie lange das gut geht.
Die „Jahrhunderte alte Beziehungsgeschichte“ Großpolens zu seinen östlichen Nachbarn
findet ihr Äquivalent in der Beziehungsgeschichte Deutschlands zum heutigen Polen. Ich habe z.B. Wurzeln in Stettin und Kolberg. Vllt. sollten beide Länder(nach Merkel) ihre Grenzen wieder gen Osten verschieben und beide sind glücklich in ihrer alten Kulturgeschichte und ‚imperialen‘ Größe. Aus der Drei-Meeres-Initiative müsste dann allerdings eine mit zwei Meeren werden. Reicht ja auch 😉 Es lebe das alte Europa …
Polen ist durch und durch opportunistisch. Und das war es schon immer, um seine Ideen vom Großpolnischen Reich pflegen zu können. Es sollte seine Schuhe beschriften, damit jeder weis, wer da im Hintern des Hegemons steckt. Widerlich!
Das Ganze scheint mir erstmal eine kroatisch-ungarische Initiative gewesen zu sein, in der Hoffnung, Kroatien als Flüssiggas-Anlaufstelle etablieren zu können. Irgendein Kroate hat wahrscheinlich mal in ein Geschichtsbuch geschaut, das Wort Miedzymorze, also das polnische Äquivalent zum Lebensraum im Osten, gefunden, sich die Adria dazugedacht und ist damit dann nach Warschau gegangen und dort wurden die Höschen feucht.
Jedenfalls haben sich Kroaten und Ungarn Warschau als Stütze für ihre ursprünglich lediglich ökonomischen Interessen herbeigeholt. Und mittlerweile scheint diese Initiative auch weiter gediehen zu sein als einfach nur deutsche Steuerknete für kroatische Flüssiggas-Terminals in Brüssel herbeizuquengeln. Die Amerikaner sitzen mit im Boot. Flüssiggas und gegen Russland und so.
Ganz doll sieht es damit bis jetzt nicht unbedingt aus. Demnächst geht die Transadriatische Pipeline an den Betrieb. Die Italiener waren schneller. Ich bin nicht unbedingt begeistert, denn die TAP dient vor allem der Türkei als Transitland. Die genozidieren ja wie bekannt derzeit mal wieder Christen im Kaukasus weg. Insofern hat dieses Trojmorze-Projekt als Alternative zur Türkei meinen Segen. Also als etwas bessere Alternative. Flüssiggas kommt auch zum guten Teil aus Katar und damit aus der türkischen geopolitischen Sphäre. Wie man es auch macht, Erdogan gewinnt halt immer.
Russland ist mir dabei ziemlich schnurz, das Land ist mit seinen Geburtenraten eine sterbende Gesellschaft und keine Bedrohung für Deutsche.
Die Tiefe von Konflikten korreliert mit dem Verwandschaftsgrad. Hier Deutsche und Franzosen, dort Polen und Russen. Die kleinen slawischen und sonstigen Völker dazwischen und darum herum müssen zusehen, daß sie dabei nicht unter die Räder geraten. Wirtschaftliche Zusammenarbeit ist ein gutes Mittel dazu, Euphorie eher weniger.
Interessanter, wenn auch wohl etwas einseitiger Artikel, quasi ein Promotionartikel. Langfristig sind das alles sicher richtige und wichtige Überlegungen, den Optimismus hinsichtlich der Potentiale Weißrußlands kann ich allerdings überhaupt nicht teilen. Worauf beruht der eigentlich, 30 Jahre nach dem Zusammenbruch des Sowjetimperiums und der Geschichte seitdem in diesem Staat? Es gibt dort, wie auch in Rußland etc. kaum bis keinerlei demokratisch-bürgerliche Traditionen. Dafür gibt es eine „Korruptionsregion“ von Weißrußland, über die Ukrainie, Georgien, Moldawien, Rumänien, Bulgarien, Teile Ex-Jugoslawiens und Albanien. Griechenland könnte man unter Abstrichen mit hinzuzählen, ganz grob: die orthodoxe Welt plus Großalbanien . Durch die polnische „Westverschiebung“ zu Lasten Deutschlands 1945 hat das mit einem ganz anderen historischen Bewusstsein als das heutige Deutschland ausgestattete Polen natürlich ein besonderes Interesse an „Weißrußland“. Zustimmen würde ich dem Autor unbedingt darin, dass in Europa ganz mächtig etwas in Bewegung ist. Wenn ich mich nicht ganz täusche, ist Deutschland gerade dabei, sich selbst zu isolieren bzw. isoliert zu werden. Das erklärt vielleicht ein wenig die geradezu panikartigen Versuche unserer Regierung „Europa“ als Staat voranzutreiben und dabei insgeheim davon zu träumen, dies könnte unter deutscher Führung geschehen. Im Schatten aufsteigender neuer Wirtschaftsräume in Ostasien ist vieles denkbar, sogar auch ohne Katastrophe, vielleicht. Die EWG/EU ist als explizites Gegenmodell zum zeitgenössischen Sowjetimperium und die Bedrohung entstanden, denkbar nur mit NATO. Ohne eine solche „äussere Klammer“ wird nichts funktionieren. Die Bedeutung der Erfahrung des zweitens Weltkrieges für den Erfolg der EWG/EU wird m.E. überschätzt. Orthodoxes, katholisches und protestantisches Europa haben zwar kulturelle Gemeinsamkeiten, aber eben auch viele Unterschiede, die in den Mentalitäten mehr als präsent und lebendig sind. Aber die Geschichte ist offfen ….
In der 60-zigen Jahren wurde Schiffsverbindung zwischen dem Schwarzen Meer und Nordsee diskutiert. Geplant war sogenannte Donau-Elbe kanal, aber Polen hat bei Freunden in Moskau verbindung Donau-Balt, d.h. über Polen, durchgesetz. Bis dann warteten Deutsche mit dem Ausbau Donau-Main-Rhein- Verbindung, weil dieser alle Transit über Benelux-Häfen entwickelt, während Donau-Elbe im Hamburg münden sollte. Aus Donau_Odra-Ostsee wurde nichts, RMD-Verbindung ist Fact und Rhein mündet in Holland…
Die polnisch-litauische Adelsrepublik ging einher mit der Marginalisierung und Polonisierung Westpreußens, damals „Königlich Preußen“. Die deutschen Städte dieser Provinz hatten sich 1454 gegen den Deutschen Orden erhoben und unter den Schutz des polnischen Königs gestellt, bei zugesicherter politischer Autonomie des ganzen Gebiets. Ein Vorgang, den übrigens der Papst völkerrechtlich nie anerkannt hat. Die folgenden politischen und kulturellen Ansprüche Polens im Hinblick auf Westpreußen kann man noch heute daran erkennen, daß seither Kopernikus, der Sohn deutscher Kaufleute aus Thorn, als Pole gilt. Dabei war er nicht einmal formal polnischer Staatsbürger (wie z.B. Marie Curie russische Staatsbürgerin), sondern lediglich Untertan des -in Personalunion- Königs von Polen und (auch) von Westpreußen, daher „Königlich“-Preußen. – Nachdem die Polen neulich die Akkreditierung des neuen deutschen Botschafters in Warschau zu einem Schaustück der Inkompetenz und Demütigung gemacht haben, stellt sich übrigens noch die Frage, wann sie endlich mit dem Neubau ihrer Botschaft in Berlin beginnen wollen. Seit Jahren klafft eine große Baulücke Unter den Linden. Das ist doch mindestens peinlich.
korrekt
Sehr guter Kommentar, der deutlich heraushebt, dass Staaten keine „haltungsstarken“ Freunde haben, sondern „nur Interessen“.
Das de Gaulle zugeschriebene Zitat geht wahrscheinlich auf Nebukadnezar zurück. Die Sinnhaftigkeit der Aussage ist aber in der Büsseler Monster-Bürokratie noch nicht angekommen. Dort denkt man daran, dass Leute, die keine „Haltung“ zeigen, ausgehungert werden müssen. Das hat aber selbst bei Hitlers Leningrader Blockade nicht funktioniert.
Abhängigkeit von Russland ist nicht gut – genausowenig wie jegliche Abhängikeiten gut sind. Aus polnischer Sicht ist die Nordsee-Pipeline natürlich Teufelszeug, denn es gehen ihnen Geschäft und Einflußmöglichkeiten im Transit verloren. Dann kommt die Ur-Angst wieder auf, zwischen Deutschland und Russland eingeklemmt zu werden – wie zuletzt beim Hitler-Stalin Pakt. Auf der anderen Seite haben wir in Deutschland aber auch nicht so gute Erfahrungen mit Polen als Transitland gemacht- im Verkehr mit Ostpreußen nicht und zuletzt Anfang der 90er beim Abzug der Roten Armee nicht, als sich die Polen den Transit über ihr Territorium versilbern lassen wollten. Da war es dann gar nicht so schlecht, daß es das Terminal in Mukran gab.
Wenn Länder oder sonstige Organisationen zusammen arbeiten um gemeinsam Ziele voranzubringen, ist das erst einmal immer gut. Wenn es aber darum geht, sich gegen einen Dritten zu verbünden und dazu einen raumfremden Vierten mit hereinzuholen, ist das dann nicht mehr so zielführend.
Aus deutscher Sicht ist eine Diversifizierung der Energieversorgung dringend erforderlich. Neben einer Erschließung neuer Energiequellen – Flüssiggas und einer Wiederbetrachtung der Kernenergie wird dies aber halt auch die Beibehaltung bestehender Lieferbeziehung und vor allem die Fertigstellung einmal begonnener Investitionen beinhalten müssen.
Das moderne Polen hat sich nur deshalb so gut entwickelt wie jetzt, weil sie ihre ewige Opferrolle aufgegeben haben und sich stattdessen auf ihre eigenen Stärken – Handwerk, Unternehmertum, Industrie – besonnen haben. Jetzt wieder das alte Spiel aus der Zwischenkriegszeit – diesmal als Wasserträger der USA – anzufangen wird keinen Erfolg sondern nur neue Spannungen und Chaos bringen.
Der Autor kann sich wahrscheinlich gut vorstellen was in Belarus und in Polen los wäre, wenn Minsk sich politisch und wirtschaftlich von Moskau distanzieren würde. Da Belarus ( eigentlich Belo-Russia. wie Weißrussland ) zu ca. 70 % aus Staatswirtschaft besteht, würde die Wirtschaft sehr schnell zusammenbrechen wenn Moskau den Stecker ziehen würde. Innerhalb von 1-2 Jahren würden Hunderttausende, möglicherweise deutlich mehr, nach Polen fliehen. Was immer in Minsk entstehen könnte, es wäre noch weniger erfreulich als die oligarchische Kleptokratie von Kiew heute ist. Wie in Kiew (oder auch Moskau ) gibt es in Minsk keine bürgerliche Staats- und Wirtschaftselite, die eine rechtspolitische Grundstruktur für eine rechtsstaatliche Entwicklung, und den Aufbau einer Demokratie organisieren könnte oder möchte. Es wäre nur eine vorübergehend andere Diktatur. Minsk ist nicht Warschau, und die nationale Identität von Belarussen ist, ganz anders als die nationale Identität von Polen, viel zu schwach um viel mehr als eine autonome Provinz von Russland zu sein. Last but not least, Moskau würde einen Regimewechsel in Minsk zu verhindern wissen. Der belarussischen Protestbewegung muss man sagen : Demokratie kommt nicht von Volkswahlen des Präsidenten. Auch nicht von der CIA oder der EU.
Tschechoslowakisch-sovjetischen Pakt
Der sehr fortschrittliche Ostpakt wurde aufgrund der Opposition Deutschlands und Polens, dh der Länder, die 1934 nicht bereit waren, die in diesem Projekt enthaltenen Grundprinzipien der kollektiven Sicherheit zu akzeptieren, nicht umgesetzt. Nur die französisch-sowjetischen und tschechoslowakisch-sowjetischen Allianzen sind wirklich aus diesem umfassenderen Konzept hervorgegangen.https://www.mzv.cz/moscow/cz/aktuality/cesi_ve_2_svetove_valce/ceskoslovensko_sovetska_spojenecka.html
Die deutsch-polnische Erklärung – auch Piłsudski-Hitler-Pakt[1] – wurde zwischen der nationalsozialistischen Reichsregierung unter Adolf Hitler und der polnischen Regierung, die vom kein staatliches Amt bekleidenden Marschall und faktischen Machthaber Józef Piłsudski dominiert war, geschlossen, und am 26. Januar 1934 vom deutschen Außenminister Konstantin Freiherr von Neurath und dem polnischen Botschafter Józef Lipski in Berlin unterzeichnet.
https://de.wikipedia.org/wiki/Deutsch-polnischer_Nichtangriffspakt
Jo, und dann noch Anbindung an „neue Seidenstraße“, dann hat KPCh komplett geliefert.
Meiomei, arbeitet doch einfach zusammen, ist doch gut.
Nur bitte ohne antirussische Spitzen. Und antideutsche ohnehin.
Ja, interessanter Artikel aus polnischer Sicht. Kommt die alte Feindschaft zu Russland, ob unbegründet oder begründet spielt keine Rolle, zum Ausdruck. Auch wirtschaftliche Interessen, wie der Hafen für Gastanker, kommen zur Sprache. Gute Beziehungen zu Weißrussland und der Ukraine bestehen nur aus wirtschaftlichen Interessen (ist natürlich
nicht schlecht) aber vorallem um Russland zu reizen. Ich bin der Meinung, dass normale
Beziehungen zu Russland Deutschland Vorteile bringen würde für die Witschaft aber
auch für ein friedliches Europa. Gaslieferungen von Russland nach Deutschland waren immer stabil, Unterbrechungen gab es Aufgrund korrupter ukrainischer Politiker. Auch
Militärmanöver der NATO in Polen und den balischen Staaten sind nicht förderlich. Im
übrigen ist die Ausweitung der NATO nach Osteuropa ein Vertragsbruch des Westens.
Um Gotteswillen, das sollten die bestimmten Staaten OHNE Deutschland machen. Deutschland bringt allen nix Gutes. Aber, ich verstehe nicht ganz, dass alle diejenigen, die auch die russische Seite verstehen und für Verhandlungen und Gespräche sind und nicht für Embargos, als Russlandversteher mit einem nicht ganz unsauberen (ich würde noch anders ausdrücken wollen) Unterton verschrien werden. Anscheinend gehört das heute zum guten Ton, nur richtig zu liegen, wenn man gegen Russland hetzt. So ein Seitenhieb muss nicht sein und ändert an den z.Z. herrschenden Verhältnissen nichts.
Aus den stabilen Nationalstaaten des Ostens heraus wird sich Europa, nachdem es Deutschland in den Abgrund gefolgt ist, wieder regenerieren müssen. Auf Großbritannien und die Schweiz wird man ebenso zurückgreifen müssen, wenn es um die Wiederherstellung der europäischen Kulturidentität und Wirtschaftsmacht gehen wird. Ob es diesmal aber so gut laufen wird wie seinerzeit dank Marshallplan und Wirtschaftswunder, bleibt abzuwarten.
Polnischer Größenwahn endet eigentlich immer gleich – mit dem Ende polnischer Staatlichkeit. Oder als Frage formuliert: Die wievielte Republik betreiben sie derzeit?
Ich sehe Null Chancen auf einen Erfolg, dafür reicht die polnische Mentalität einfach nicht. Die großen Zeiten Polens in der Geschichte waren eigentlich immer bedingt durch eine deutsche Adelskaste, die den Laden gemeinsam mit jüdischen Kaufleuten geschmissen hat. Ohne diese liberale Ecke und nur mit dem klassisch polnisch-säuerlichen Beleidigtseinsgestus wird das nichts.
Für mich steht Polen in der politischen Bedeutung der Visegrad Staaten an letzter Stelle – noch hinter Rumänien, Bulgarien, den Balten und Kroatien. Und ja, ich weiß, die sind gar nicht Teil der Visegrad.
Sie haben keine Ahnung, so wie die Mehrheit der deutschen Geschichtsanalphabeten. Man spürt allerdings die antpolnischen Ressentiments. Typisch deutsch. Freiwillig unter Brüsseler Joch kriechen, gleichzeitig den Putin verehren, den Visegraden Vier ans Bein zu pinkeln und ein deutscher Großmannsucht zu pflegen.
Ich hab ihnen mal einen Daumen hoch gegeben. Einfach so. Dem User Dirk übrigens auch. Mich langweilen diese Ressentiment-geladenen Geschichtsdiskussionen. Mir wäre eine Diskussion über den großen nordischen Krieg und die Interessen der Partizipanten lieber. Das ist zwar 2020 genauso irrelevant wie der zweite Weltkrieg, aber wenigstens weniger durchgekaut und langweilig.
Wie auch immer. Polen hat jedenfalls gemeinsam mit Deutschland die Tschechoslowakei zerschlagen. Kurz darauf wurde es selbst zerschlagen. Kurz darauf wurde Deutschland zerschlagen. Mal gewinnt man, mal verliert man.
Dirk, die Frau Barley kann lachen und stolz auf Sie sein. Ein Musterschüler der Berliner und Brüsseler Propaganda mit Wurzeln in Drittem Reich. Ein kleiner Artikel, der geopolitische Lage beschreibt, den Standpunkt einer Gruppe freier Länder, führt zum Ausbruch von nationalen und rassistischen Ressentiments, die ich schon längst begraben
verstand. Jetzt werde auch ich emotional: Deutsches Adel ist in Polen bekannt-als Kreuzritter, die gemordet und gebrandschatzt haben. Die späteren sind uns bekannt, aus den Jahren 1939-45, deren Effizienz ist berühmt. Nun, ob man so stolz sein kann?
Die deutsche Adelskaste, hat noch nie mit jüdischen Kaufleuten „den Laden geschmissen“, wie Sie behaupten, die hat die Juden benutzt, ausgenutzt, um schneller ans Geld zu kommen auch in Pogromen ermordet.
Da ich Jude, Pole und Deutsche bin, wird mir dreifach übel wenn ich Beiträge wie Ihren lese.
„Deutsches Adel ist in Polen bekannt-als Kreuzritter, die gemordet und gebrandschatzt haben.“
Nichts ist falscher als das.
Der Deutsche Orden ist nicht in Polen eingefallen, sondern wurde eingeladen. Der Deal war, dass der Orden Polen vor den Überfällen der Pruzzen schützt. Das hat über hundert Jahre funktioniert, die vom Orden gegründeten Städte waren in die Hanse eingebunden, das Land blühte unter der Ordensherrschaft auf.
Die Macht des Ordens ging zur Neige zur selben Zeit, als die Hanse sich aufgelöst hat. Es war die Zeit, als sich Territorialherrschaften bildeten, in denen Parallelstrukturen wie die Hanse oder der Orden keinen Platz hatten. Die letzten Hochmeister haben sich, diesem Trend folgend, quasi selbst säkularisiert und dann als preußische Fürsten weitergemacht.
Das als keine Einführung, das Netz bietet selbstverständlich viel mehr Material zum Thema.
Gestern „Osteuropa“.
Heute „Mitteleuropa“.
Morgen „Europa“.
Dieses Mal wird der Eiserne Vorhang genau anders herum gepolt sein (kein Wortspiel): Im Osten Freiheit, im Westen die Vereinigten Emirate von Europäisch-Guinea.
So einfach ist es nicht. Dass der Westen verloren ist und islamisiert wird, ist klar – schon alleine aus demografischen Gründen, denn für den Nachwuchs sorgen die Moslems. Nur: Die osteuropäischen Länder sind zu schwach, um sich gegen einen wachsenden islamischen Druck aus dem Westen zu wehren. Die Folge wäre: Russland würde sich zum Schutz anbieten und man würde wieder und die alte sowjetische Decke schlüpfen.
Der Westen ist zutiefst dekadent und von dem Wunsch beseelt sich möglichst selbst auszulöschen. Da die „EU“ (Eliten Ungeheuer) Merkel dominiert ist droht von „Brüssel“ wirklich Gefahr zum gleichgeschalteten Befehlempfänger, durch Zahlungen und Verweigerung selbiger, aus deutschem Geldbeutel, entrechtet zu werden.
Die Ostländer sind nicht so dekadent wie die westlichen … und sie kennen die Schrecken des Sozialismus und sind somit gewarnt. Es ist eine SEHR GUTE IDEE wenn diese Länder stärkere Verknüpfungen bilden und eine Interessengemeinschaft bilden um von Merkel nicht „verdaut“ zu werden. Dort könnte eine neue europüäische Hochblüte entstehen, oder wenigstens das Geschaffene bewahrt werden, im Gegensatz zum super korrumpierten EU Moloch.