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Historisch bedingte Loyalität

Afrikanische Staaten verweigern sich der westlichen Sanktionspolitik gegen Russland

26.05.2022

| Lesedauer: 3 Minuten
Viele afrikanische Staaten sind zurückhaltend mit Sanktionen und Kritik gegen Russland, auch demokratisch, prowestlich regierte. Das lässt sich auch mit historisch bedingter Loyalität erklären.

Als sich die UNO-Generalversammlung im März 2022 zu einer Sitzung zusammenfand, um Russlands völkerrechtswidrigen Angriff auf die Ukraine zu verurteilen, votierten nur 28 von 54 afrikanischen Mitgliedern dafür. 17 enthielten sich der Stimme, 8 waren nicht anwesend. Nur Eritrea stellte sich hinter Russland.

Das Abstimmungsverhalten spiegelt den Einfluss wider, den Russland auf dem Kontinent hat. Südafrika als zweitgrößte Volkswirtschaft Afrikas (nach Nigeria) gehört mit Russland zu den BRICS-Staaten, einer Vereinigung aufstrebender Volkswirtschaften. Auch China gehört (neben Indien und Brasilien) dem BRICS-Verbund an, der in Afrika seit Jahren seinen Einfluss mit Milliarden-Investitionen ausbaut.

Am G7-Gipfel auf dem bayerischen Schloss Elmau werden vom 26. bis 28. Juni 2022 auch Südafrika und der Senegal teilnehmen. Da Deutschland Anfang Januar den Vorsitz in der „Gruppe der Sieben“ (neben Deutschland, den USA, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan und Kanada) übernommen hat, besuchte Bundeskanzler Scholz beide Länder im Mai 2022. Mit Blick auf den Krieg in der Ukraine bestehen allerdings Differenzen. Beide Staaten hatten sich in der Generalversammlung der Vereinten Nationen zur Verurteilung Russlands enthalten. Der Präsident des Senegals Macky Sall, der derzeit den Vorsitz der Afrikanischen Union (AU) inne hat, und der südafrikanische Präsident Cyril Ramaphosa sehen westliche Sanktionen gegen Russland mit großer Skepsis.

Der senegalesische Präsident Macky Sall sagte, sein Land verurteile die russische Aggression zwar, wolle aber keine Partei in dem Konflikt sein. Er setze auf eine Verhandlungslösung. Macky Sall hat am 22. Mai in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundeskanzler Scholz erklärt, dass er als Vorsitzender der AU in den nächsten Wochen nach Russland und der Ukraine reisen werde. Von Russland sei er bereits eingeladen worden. Auch der ukrainische Präsident habe den Wunsch nach einem Gespräch geäußert. Die Bitte von Selenskyj, vor der AU sprechen zu dürfen, wurde bislang aber nicht erfüllt. „Wir arbeiten daran, dass es zu einer Deeskalation kommt.“ Macky Sall sprach sich für einen Waffenstillstand, einen Dialog und einen „gerechten Frieden für die Ukraine und Russland“ aus.

Unbehagen gegen westliche Reaktionen

Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa äußert keine öffentliche Kritik an der russischen Invasion. Stattdessen ruft auch er zum Dialog auf. Die Regierungspartei, der Afrikanische Nationalkongress (ANC), verurteilte die „drakonischen Sanktionen“ der EU gegen Russland. Auch in der gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundeskanzler Scholz am 24. Mai 2022 in Pretoria wiederholte Ramaphosa seinen Wunsch nach Verhandlungen: „Es sollte einen Dialog geben, das ist der einzige Weg, den Südafrika sieht, um den Konflikt zu beenden.“ Auch das Apartheid-Regime in seiner Heimat sei letztlich durch Verhandlungen beendet worden.

Die Zurückhaltung lässt sich aus historisch bedingter Loyalität erklären. Zahlreiche afrikanische Regierungsparteien sind aus antikolonialen Befreiungsbewegungen hervorgegangen, die von der Sowjetunion unterstützt wurden. Dafür sind sie dankbar. Auch Angola, Mosambik und Namibia enthielten sich bei der Abstimmung.

Die Enthaltungen werden in Afrika als Antwort auf Äußerungen westlicher Politiker gewertet. Etwa wenn die amerikanische UNO-Botschafterin Linda Thomas-Greenfield in einem Interview mit der BBC sagte, es könne im Ukraine-Krieg keine Neutralität geben und man müsse den afrikanischen Ländern helfen zu verstehen, was Russlands Angriffskrieg bedeute. Dies wird in Afrika als Heuchelei gesehen, etwa im Hinblick auf die Konflikte in Somalia und der Republik Zentralafrika. Sie akzeptieren nicht, dass afrikanische Probleme anders als europäische Probleme behandelt werden. Der südafrikanische Präsident Cyril Ramaphosa sagte, dass der Krieg hätte verhindert werden können, hätte die Nato Warnungen vor einer weiteren Expansion gegen Osten ernst genommen. Ähnliches schrieb der Sohn („First Son“) des ugandischen Staatschefs Yoweri Museveni (77) und mögliche Nachfolger als Präsident, Generalleutnant Muhoozi Kainerugaba. Er sagte schon zu Anfang des Konflikts, Putin habe „absolut recht“.

Der guineische Politologe Siba N’Zatioula Grovogui (Cornell University, New York) erklärt in einem Interview mit Zeit-Online am 6. Mai 2022 die afrikanische Perspektive. Er erläutert, dass Joe Biden versucht hat, Druck auf den südafrikanischen Präsidenten auszuüben und ihn dazu zu bringen, eine Seite zu beziehen – obwohl Südafrika sich nicht positionieren will. Der Westen kommuniziere der Welt, dass er das Recht der Ukrainer verteidigt, selbst über das eigene Schicksal zu bestimmen. Er wolle aber anderen Staaten das Handeln diktieren.

Wenn man im Westen die Moral zum Argument macht, um Staaten zum Handeln zu bewegen, so sei das unglaubwürdig und unehrlich (er verweist insbesondere auf die Unterstützung von Saudi-Arabien im Krieg im Jemen). Damit verliere man den Rückhalt im Globalen Süden. Im Moment entstehe der Eindruck, dass der Westen die Moral instrumentalisiere, um seine Ziele zu erreichen.


Volker Seitz war von 1965 bis 2008 in verschiedenen Funktionen für das deutsche Auswärtige Amt tätig, zuletzt als Botschafter in Kamerun, der Zentralafrikanischen Republik und Äquatorialguinea mit Sitz in Jaunde. Er gehört zum Initiativ-Kreis des Bonner Aufrufs zur Reform der Entwicklungshilfe und ist Autor des Bestsellers „Afrika wird armregiert“. Die aktualisierte und erweiterte 11. Auflage erschien am 18. März 2021. Volker Seitz publiziert regelmäßig zu afrikanischen Themen und hält Vorträge (z.B. „Was sagen eigentlich die Afrikaner“, ein Afrika-ABC in Zitaten).

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36 Kommentare

  1. Historisch bedingte Loyalität: Vielleicht wissen sie nur, wo ihre Interessen liegen. Und die liegen nicht auf Seiten „der“ Moral. Mit der wird es nicht mehr weit her sein, wenn der Magen knurrt, weil das Land aufgrund seiner Moralvorstellungen ruiniert ist.

  2. Erzählte nicht letztens mal ein, von einer phantasiebegabten YGLin als Hühner-,Schweine-, und Kühemelker benannter Politiker etwas im Sinne davon, daß die -westlichen?- Länder ja einen „Wertekanon“ hätten – also gemeint waren wohl ua. Wieselworte wie „Moral & Gerechtigkeit“?- dem sich andere -entwicklungsbedürftige?- Länder, die diese „Werte“ wohl noch nicht hätten, anschließen sollten? Vielleicht in einer Art „W€ltreGIERung“, deren Führer genau wer sein sollen?

  3. „Der guineische Politologe Siba N’Zatioula Grovogui (Cornell University, New York) erklärt in einem Interview mit Zeit-Online am 6. Mai 2022 die afrikanische Perspektive…Im Moment entstehe der Eindruck, dass der Westen die Moral instrumentalisiere, um seine Ziele zu erreichen.“
    Diese Meinung teile ich vollumfänglich.
    Dem Westen geht es in Wirklichkeit höchstwahrscheinlich nicht um die Ukraine und deren Menschen. Es geht nur um Machthoheit und wer diese gewinnt. Da sind sich Rußland und der Westen gleich. Koste es, was es wolle.

    • Um welchen. Machterhalt geht es? Wo gibt es denn moralische Politik auf dem Globus? Das sind doch alles Hirngespinste. Jeder Staat hat seine eigenen Interessen. Außer Deutschland natürlich.Gestern noch, sollte einem jeden die Hand abfallen, wenn er ein ein Gewehr anfasst.Heute sind diese Pharisäer die treibenden Kriegskräfte. Gestern ging in China noch die Sonne auf, heute sollen wir alle Importe und Exporte canceln. Wegen der Uiguren Politik. „ In welcher Weise der deutsche Wahnsinn auch funktioniert, er funktioniert pünktlich.“

  4. Ich empfehle, Maersheimer auf YT anzuhören, leider auf Englisch, bzgl. liberal hegemony. Zusammengefaßt: der Westen hält sich für überlegen und erwartet vom Rest der Welt, sich „unseren“ Werten anzupassen. Und tut alle „abweichenden“ Ansichten als irrelevant ab. Daß das manchen Völkern nicht gefällt wird abgetan. „Wir“ sind die Guten und wer das nicht erkennt ist ein Trottel.

    • Ja, alles Trottel. Aber sie können sich unter dem Hashtag #wirsindmehr sammeln.
      Der Westen beschleunigt nur seinen Niedergang. Mögen Herr Tichy, Herr Reitschuster und der Rest der Guten auch ihre Knabenmorgenblütenträume träumen. Mögen die Gafrons ihren Geifer versprühen. Das ist Pfeifen im Walde.
      Der Westen kann in der Ukraine nicht gewinnen. Selbst wenn er gewinnt, verliert er.
      Die Idee ist natürlich genau andersrum. Man schleicht sich mit Nation Building und NGOs und Farbrevoltionen an, mit Academi Söldnnern und CIA. Wenn Russland zurückweicht, gut. Wenns knallt, dann dürfen die Ukrainer für uns bluten. Wir liefern nur Waffen und Geld und „Beratung“. Entweder die Ukraine gewinnt oder verliert, im ersteren Fall gewinnen wir mit, im letzteren verlieren wir nix.
      Soweit der Plan.
      Die Realität ist, dass die Welt zusieht. Und sie denkt selbst, national, rational, und ganz und gar nicht woke.
      Afrika hat nicht vergessen, dass seine Bürgerkriege und Völkermorde im Westen keine Sau interessieren. Dass die Kolonialmächte einst willkürliche Grenzen durch angestammte Gebiete zogen und jetzt so tun, als hätten die Stammesfehden überhaupt nichts mit ihnen zu tun. Auch dass der Westen nur zu gern mit Lügen auf den Lippen (Brutkastenlüge, Massenvernichtungswaffen) in den Krieg zieht, ist unvergessen.
      Afrika wird Russland nicht verurteilen. China und Indien auch nicht. Im Gegenteil. China bereitet sich bereits selbst auf westliche Sanktionen vor. Und auf Krieg.
      Tatsache ist, dass China Lebensmittel und Rohstoffe einlagert, als ob es ab morgen nie wieder Weizen zu ernten gäbe. Allen höheren Parteifunktionären wurde jegliches Auslandsvermögen verboten. Ob das so ganz klappt, ist eine Frage, aber Fakt ist: China holt Vermögenswerte heim und sichert die Loyalität der Funktionäre. Die Großkopferten dürfen nicht mal mehr ein Girokonto im Westen haben, wenn sie nicht da arbeiten oder studieren. Die Chinesen schauen sich auch genau an, was mit russischem Vermögen im Westen geschieht und setzen alle Hebel in Bewegung, ihres zu sichern. Sie arbeiten mit Hochdruck an der Marinerüstung und schütten Inseln (Luftbasen) auf. Und China stellt in der Militärregion Guangdong offenbar bereits auf Kriegswirtschaft um und stellt Ressourcen zusammen. Guangdong liegt gegenüber von Taiwan.
      Bereits jetzt werden die SWIFT-Alternativen konstruiert, weil weder China noch Indien sich vom Westen mal eben den Außenhandel ausknipsen lassen wollen. Der Petrodollar ist Geschichte. Jede Waffe, die die Nato jetzt zeigt, wird analysiert und gekontert. Russland muss auf Überraschungen ad hoc reagieren, für die Chinesen werden wir aber bald ganz neue Überraschungen brauchen.
      Was genau gewinnen wir mit der Ukraine, wenn wir denn gewinnen? Weizen? Die USA haben selbst genug Weizen, und wir produzieren absichtlich, weil woke, unter unseren Möglichkeiten. Was genau bringt uns der ukrainische Weizen, der zusammen mit Korrruption und einem Schuldenberg käme? Oder geht es nur darum, ein paar hundert Kilometer näher Richtig Stalingrad zu rücken? Will man den Kaukasus schneller mit Raketen erreichen (denn Petersburg und Moskau sind näher am Baltikum)?
      Was genau können wir erreichen und zu welchem Preis? Aber ich vergaß, es geht ja um die Freiheit der Ukraine. Um Gut gegen Böse. Nur Putin Trolle bestreiten das, ist doch klar.
      Na denn.

  5. Vielleicht, ich sage nur vielleicht sind sich die afrikanischen Staaten in der Mehrheit darüber im klaren was auf sie zukommt? Etwas nicht von den Russen verursachtes sondern der Sanktionspolitik des Westen geschuldet ist? Vielleicht registrieren sie zu was der Westen fähig ist wenn er seine Interessen durch setzten will. Die Beschlagnahme von Auslandsvermögen, sei es Privat oder Wirtschaftlich, kann jederzeit auch sie treffen. Wer weiß schon welcher der nächste durchgeknallte President in den Staaten wird? Dazu die Erhöhungen der Rohstoffpreise von denen die afrikanischen Länder einerseits profitieren aber andererseits z.B. die Ernährung ihrer Bevölkerung in Gefahr bringt. Die sind nicht doof und registrieren genau, daß die EU jetzt anfängt sich weltweit mit Rohstoffen, die sonst von den Russen beommen haben, einzudecken? Die EU entfacht einen weltweiten Konkurenzkampf um Rohstoffe und muß und wird Höchstpreise bezahlen bei denen viele ärmere Staaten nicht mithalten zu können. Der Westen hat, außer gern genommenes Geld, nichts zu bieten denn auf die Dekadenz und woken grünen Sozialismus verzichten die gern. Logisch wenn man sich an dem orientiert der auf langer Sicht am längeren Hebel sitzt und das wird nicht die EU und USA sein.
    Unterschwellig schwingt immer mit, ach die doofen Afrikaner denen zeigen wir was sie tun oder lassen sollen. Man vergißt dabei gerne, daß die Elite dort teilweise in Harvard oder Yale studiert hat.

    • Die doofen Afrikaner sind eben nur insofern doof, wie die Menschen im Mittelalter doof waren. Es gab kein Schulsystem, die Masse war ungebildet. Aber das galt nicht für die Elite, da gab es verdammt schlaue Köpfe.
      Die Bildung eines mittelalterlichen Kirchenfürsten mag heute außerhalb des Vatikans nichts wert sein, aber holla die Waldfee. Doof ist was anderes. Und der weltliche Adel stand dem kaum nach. Der hatte zwar weniger formale Bildung und sprach nicht unbedingt fließend Latein, aber von Politik und Strategie verstand er durchaus etwas.
      Die afrikanische Elite mag einem mittelalterlichen Glauben anhängen, sie mögen korrupt sein und Kinder ihrer Sozialisation und in ihren örtlichen Zwängen – etwa doofe Bevökerung – gefangen. Aber doof sind die nicht.

      • Hat man auch gesehen bei der Corona-Impfung. Der Westen wollllte doch so gern diese auch den Afrikanern zukommen lassen.
        Aber die wollten einfach nicht.
        vor ein paar woche auf der Achse gelesen: das Johnson Werk in Südafrika , dass für den ganzen Kontinent produzieren sollte, wird wohl geschlossen. Zu wenig bestellungen.

  6. Die hiesige Propagandamaschine will einen Glauben machen, dass die ganze Welt gegen Russland stünde. Das ist absurd und nur das hiesige Wahläffchen ist damit zu beeinflussen.
    Die Afrikaner müssen dafür Sorge tragen, dass die Einheimischen genügend günstiges Essen auf dem Tisch haben. Ansonsten werden die Regierungen hinweggefegt. Diese Befürchtung muss unsere Regierung nicht haben.

    • Unsere Regierung wird weggefegt wenn es aufgrund von Sanktionen kalt in Deutschen Haushalten wird.
      Dann hat es sich ganz schnell ausgegrünt wenn der Mob in Berlin durch die Straßen zieht. Fehlt nur noch das Ölembargo und Spritmangel im Osten noch obendrauf. Teuer wird es auch für Alle, wenn der Treibstoff vom Westen umständlich herbeigekarrt werden muss.
      Einerseits 20 Mio Tonnen Getreide aus der Ukraine mit Zügen und Lastern holen und aus dem Westen noch Sprit herbeikarren. Man macht sich mit diesen Sanktionen nur selber Probleme.

  7. Naja, der Aufmarsch der Korruptesten der Korrupten ist ja nun ein Zeichen für Nichts. Auch für deutsche Euro halten weltweit so viele die Hand auf, die man nicht im entferntesten als „demokratisch“ o. ä. bezeichnen könnte und dennoch kriegen alle was sie wollen. Und nun? Wo ist der Unterschied?

  8.  Im Moment entstehe der Eindruck, dass der Westen die Moral instrumentalisiere, um seine Ziele zu erreichen. – Dieser „Eindruck“ gibt die Realität doch absolut richtig wieder. Die gesamte Reaktion auf den russischen Krieg gegen die Ukraine ist doch pure Heuchelei. Wo bleibt denn die Beschlagnahme des kompletten Staatsvermögens von Saudi-Arabien auf Grund des Völkermords im Jemen? Das ist doch eine spannende Vorstellung: Die Amerikaner beschlagnahmen das komplette Auslandsvermögen von Saudi-Arabien….. Die daraus folgende Situation im Nahen Osten und bezüglich Erdöl würde ich gern noch erleben.

    • Das ist nicht die Moral des Westens. Es ist die Moral der infantilen Politiker hierzulande. Schlimm außerdem, die sogenannten Berater und ehemaliger Botschafter, die statt wie es früher einmal Sitte war den Mund zu halten, ihren Senf auch noch dazugeben.

  9. Der Wind hat sich gedreht, der Westen verliert in vielen afrikanischen Ländern an Bedeutung. In Mali kann es den Menschen gar nicht schnell genug gehen mit dem Truppenabzug der inzwischen verhassten Franzosen, während die Russen durchaus willkommen sind, weil sie, so sagte es ein Bewohner Malis in einer SRF-Reportage, helfen würden, ohne etwas zu fordern und gemeinsam mit den malischen Soldaten die Dschihadisten bekämpften. Ich denke, dass viele Afrikaner allmählich aufwachen und begreifen, was in den letzten Jahrzehnten, auch die sogenannte Entwicklungshilfe betreffend, falsch gelaufen ist in der Beziehung zu den westlichen Ländern. Die Russen scheinen im Moment diejenigen zu sein, die erkannt haben, dass man auch „den Afrikanern“ auf Augenhöhe begegnen sollte.

    • Nun ja, Russland hat auch Jahre in Afghanistan verbracht, um die Menschen von den Mudschaheddin zu „befreien“. Wie das geendet hat, sieht man jetzt. Letzten Endes geht es Russland, China und anderen nur um eigene wirtschaftliche Interessen. Nur Deutschland geht es um etwas viel höheres: Zu Hause ein gutes Gefühl und moralische Überlegenheit.

      • „Letzten Endes geht es Russland, China und anderen nur um eigene wirtschaftliche Interessen“

        Natürlich. Das gilt auch für die USA. Bloß hat Corporate America vergessen, dass die Interessen von Corporate und America zwo verschiedene Paar Stiefel sind.
        Man dachte (und denkt) ja so schön global. Und woke sowieso. Bloß, der Banker (Formulierung von Hillary Clinton) namens China hat eigene Interessen. Ups. Und ohne America gibt es kein Corporate America mehr.
        Nein. Doch. Oh.
        Trump hat das erkannt und Amerika gestärkt, indem er es aus der Rolle als Weltsheriff zurückzog und zugleich die Ami-Firmen zwang, wieder mehr in und für Amerika zu produzieren.
        Er hat den überfälligen Rückzug aus dem sinnfreien Afgahnistan Feldzug angestoßen, den sein dement-korrupter Nachfolger dann technisch total veraut hat.
        Er hat die Ukraine Situation von Obama the Woke geerbt und nicht lösen können. Ein Rückzug kam als US-Präs nicht in Frage, ein tragfähiger Kompromiss – mit dem Deep State hinter der nächsten gefälschten Wahl und mit seinen klebrigen Fingern in der Ukraine – war nicht möglich.
        Aber immerhin hart er nichts eskaliert und der Konflikt ruhte während seiner Präsidentschaft. Trump hat ein gutes Verhältnis zu Russland gesucht.
        Im Nahen Osten hat er mehr erreicht als alle vor ihm, und selbst mit Nordkorea konnte er die Sitution entspannen.
        Er hat sich auf China als aufsteigenden Rivalen konzentriert und das blinde Corporate America diesbezüglich auf Linie gezwungen. Die Einhegungspolitik gegen China fährt sogar sein grenzdebiler Nachfolger halbherzig weiter, denn die Weichen sind gestellt, es gibt kein Zurück. Hätte nur schon Jahre, wenn nicht Jahrzehnte früher passieren müssen.

    • Das ist der Punkt. Augenhöhe.
      Die Afrikaner haben gar nichts dagegen, wenn etwas gefordert wird. Nur bitte offen und ehrlich. Wie Trump Politik machte, darum war er außerhalb der westlichen Welt beliebt. Mit den Russen und Chinesen geht das genauso. Hilfe ist Hilfe und Geschäft ist Geschäft. Rohstoffe gegen eine geliehene Division oder Waffen oder eine schlüsselfertige Fabrik oder eine Straße etc., das ist für die Afrikaner völlig ok. Aber nicht Hilfe sagen, und ihnen dann hintenrum mit immer mehr Forderungen kommen, mit Einflussnahmen, mit NGOs, „Werten“, etc.

  10. Es kingt platt : Menschen waren schon immer so, sind so, werden immer so sein. Daher lohnt nicht, für Systeme zu kämpfen, Nato…EU….wichtiger ist, dass etwas zu Essen auf den Tisch kommt. Beendet das sinnlose Töten und macht einen Frieden. Gebt den Russen die halbe Ukraine. Ukrainer, denen das nicht gefällt, können ja bei uns leben. Vergesst den Quark mit Geschichte, Freiheit, Ehre. Die Zeit wird alles heilen, aber wer im Krieg fällt ist sofort tod, und das für immer. Es lohnt nicht, für das heruntergekommene korrupte Land zu kämpfen.

  11. Das ganze westliche Gerede vom Selbstbestimmungsrecht der Ukrainer ist an Heuchelei und Verlogenheit nicht zu überbieten. Journalismus der in dieses Horn bläst, ist es entweder ebenfalls oder dermaßen naiv, dass es kaum besser ist. Es geht einzig und allein wer über Ukrainer und Ukraine zu bestimmen hat, nichts anderes. „Selbstbestimmung“ – ich lach mich schlapp.

  12. Unsere Antwort? Ursula von der Laien betont, vor 50 Jahren konnte sich Afrika noch selbst ernâhren, aber heute – der Klimawandel. Nur dass sich die Bevôlkerung verdoppelt hat. Entwicklungshilfe an Stopp des Bevôlkerungswachstums koppeln, auch in den arabishen Staaten! Wirkt mehr als die Abschaltung der Kraftwerke durch die Ökos.

    • Es dürfte gar keine Ernährungsprogramme geben, dann würde sich auch die Bevölkerung nicht explosionsartig vermehren. Denn das führt zu immer mehr Nahrungsmangel und immer mehr Hilfe und immer größere Probleme. Was dort helfen würde wäre eine strikte ein Kind Politik, nach der ersten Geburt eine Spirale. Es geht eben nicht, dass man sich 6 Kinder gönnen kann wenn man aber nur 2 Kinder satt bekommt.

    •  vor 50 Jahren konnte sich Afrika noch selbst ernähren, dann kamen die Kirchen mit ihrem „Brot für die Welt, die Pharmaindustrie mit Impfstoffen und zu Guter Letzt der IWF mit der EU und drückte Afrika ein Freihandelsabkommen mit der EU auf. Die EU überschwemmte die afrikanischen Märkte mit billigsten, hochsubventionierten Lebensmitteln aus der EU Agrarindustrie. Jetzt ist Afrika abhängig von Importen, weil die heimischen Bauern mit der Billigstware aus der EU nicht konkurrieren können. Die „Moral“ der EU ist: Märkte erschließen.
      Nicht zu vergessen und nicht zu vernachlässigen: eine florierende Textilindustrie in Afrika wurde mit Altkleidern aus caritativen Sammlungen der Kirchen zerstört.
      So wurden die afrikanischen Länder zu Almosenempfängern gemacht. Entwicklungshilfegelder landen auf den Konten westlicher Konzerne und afrikanischer Despoten. Dafür vermitteln sie den Deutschen ein gutes Gefühl, für dieses „gute Gefühl“ wiederum brauchts das schlechte Gewissen, dass gerade Deutschland das Weltklima zerstören würde und deshalb bezahlen muss..

  13. Der Westen hat sich von Vernunft und Anstand verabschiedet. Der Rest der Welt merkt das und steht im Großen und Ganzen auf der Seite Russlands oder will sich neutral aus der Sache heraushalten.

    Die westliche „Elite“, die die Welt nur noch wahrnimmt, wenn sie mit unserem Steuergeld wedelt, meint aber noch immer die ganze Welt zu repräsentieren. Dem ist nicht so. Die offene Verlogenheit und Inkompetenz des Westens in der Causa Russland beendet die Dominanz europäischer Zivilisation nun endgültig – und keinen Tag zu früh. Wenn wir hier schon unsere „Eliten“ unerträglich finden, wie angewidert muss dann erst der Rest der Welt sein?

  14. Der senegalesische Präsident Macky Sall sagte, sein Land verurteile die russische Aggression zwar, wolle aber keine Partei in dem Konflikt sein. Er setze auf eine Verhandlungslösung.“
    Warum haben wir nicht solche Politiker?“

  15. Mich würde auch interessieren, wie die arabischen Staaten incl. Iran zu Russland stehen ? Eigentlich müssten sie allesamt Putin-Versteher sein ? USA ist doch in dieser Hemisphäre der Feind Nr. 1, nur mit dem Teufel vergleichbar.

  16. Die Afrikaner haben von weitem eben einem besseren Blick auf den Konflikt und die im Artikel angesprochenen doppelten Maßstäbe des Westens.
    Und sie werden die Sanktionspolitik des Westens für die Zukunft auch beherzigen und sich nicht einseitig an den Westen anlehnen, sondern möglichst China auch als Partner gewinnen wollen.
    Vermutlich wird China auch in militärischen Fragen ein gern gesehener Partner Afrikas werden.

  17. Danke Volker Seitz für den unaufgeregten, interessanten Bericht.
    Kein Wunder, dass sich viele afrikanische Länder nicht an den Sanktionen beteiligen. Sie bewirken bekanntlich wenig und führen nur zu Wohlstandsverlusten in den beteiligten Ländern. Aber D. zeigt, dümmer geht immer.

  18. Bei Sanktionen gibt es zwei Ebenen : einmal die politische Positionierung von Regierungen. Es kann uns eher gleichgültig sein, ob sich der eine oder andere afrikanische Politiker einem weitgehend inhaltslosen Protest gegen Russland anschließt oder nicht. Es überrascht auch nicht, dass manche ihre sehr eigene Perspektive auf das Ukraine-Problem haben. Es herrscht Meinungsfreiheit. Wesentlich an den Sanktionen wäre aber nicht nur das, was auf dem Papier beschlossen und verkündet wurde, sondern was dann konkret passiert. Gut, das Einfrieren von Zentralbank- und anderer Bankguthaben scheint sehr gut funktioniert zu haben. Viele andere Handelsbeschränkungen auch. Die schwierigen Interessenlagen bei Öl und Gas sind bekannt. Viel weniger gut sieht es allerdings bei der Arretierung ( Einfrieren ) von Vermögenswerten von Personen aus, die auf der Sanktionsliste stehen. Dieser Tage wurde verbreitet, dass etwas mehr als € 10 Mrd. an Vermögenswerten eingefroren worden seien. In der Schweiz wird geschätzt, dass mindestens ca. sfr. 150-200 Mrd. für sanktionierte Personen verwaltet werden, dass aber nur ca. sfr. 6-7 Mrd. von den Banken und Vermögensverwaltern gemeldet wurden. Niemand kann auch nur annähernd genau sagen wie viel Privatvermögen von sanktionierten Russen, und ihren Familien, über Zypern, Malta, Jersey, Gibraltar, Cayman, Virgin Islands, London, und eine ganze Reihe von EU-Ländern, einschließlich Deutschland, gebunkert ist. Und, wie viel in den letzten Monaten Richtung Dubai und Singapur verschwunden ist. Informierte Schätzungen sagen allerdings, des es wohl mehr als € 500 Mrd. sein müßten, und dass einschließlich der Beteiligungen an russischen Vermögenswerten über westliche Holdings und Stiftungen, auch ca. € 1000 Mrd. zusammenkommen könnten. Ein paar Yachten und Villen sind symbolische Sandstreuer. Londongrad bleibt weitgehend unangetastet. Am Ende sind es die Plutokraten und ihre Helfer bei uns, die sich am effektivsten der Sanktionspolitik verweigern und ganze Bataillone von Anwälten in Stellung gebracht haben, um Offenlegungen und damit Arreste zu verhindern. Am Ende könnte es dazu kommen, dass Russland erhebliche Vermögenswerte von westlichen Firmen enteignet, z. B. ca. 100 Verkehrsflugzeuge, die irischen Leasingfirmen gehören, aber in Russland herumfliegen, oder für Ersatzteile bereits ausgeschlachtet werden, die dann hier steuermindernd abgeschrieben wurden oder werden. Es ist noch keineswegs sicher, dass wir Übersicht und Rechtspositionen aufgebaut haben, die uns ermöglichen würde, Aufrechnungsansprüche anzumelden und durchzusetzen. Die größten sanction-buster sitzen bei uns, nicht in Afrika.

  19. tja,ab und an sind die Afrkaner realistischer als der „Werte-Westen“….
    interessiert mich ohnehin,was nach Irak,Syrien,Lybien und sonstigen „Eingriffen“ noch als „Westliche Werte“ dient,nur das von den USA vorgegebene und gerade der Situation angepasste?

  20. Sanktionen schaden der eigenen Bevölkerung. Nur westlichen Staaten, deren Politiker die eigene Bevölkerung verachten, ist das egal. Man kann den Afrikanern nur gratulieren.

  21. https://t.me/pl_syrenka/3020
    Das ist die Alternative:
    Der polnische Präsident Andrzej Duda traf Zelensky in Kiew. Die zahlreichen Abkommen, die die beiden unterzeichneten, deuten darauf hin, dass Warschau den Krieg nutzen will, um seinen politisch-militärischen, wirtschaftlichen und kulturellen Einfluss in der Westukraine auszubauen.
    Polnische Staatsangehörige dürfen in ukrainische Regierungsgremien gewählt werden und streben sogar an, Verfassungsrichter zu werden. In der Praxis bedeutet dies, dass Kiew die Verwaltung des gescheiterten ukrainischen Staates praktisch auf Polen überträgt. Warschau wird nicht einmal Truppen entsenden müssen. Nennen wir es eine sanfte Annexion.
    Jeder, der es sehen will, kann das sehen. Die ideologische Verblendung der zwangsfinanzierten Sender verschließen unsere Augen zwar vor der Wirklichkeit. Die Wirklichkeit findet aber dennoch statt. Unsere Fiktionen helfen uns nicht.

  22. Da scheinen die Afrikaner besser rechnen zu können als die Europäer.
    Was wurde eigentlich bisher durch die Sanktionen erreicht?
    Ausser dass, für alle ansonsten völlig vom Krieg unbeteiligten Menschen, Lebensmittel und Energie teurer bis unerschwinglich wurden?
    Auch die Russen bekommen dadurch mehr – harten! Rubel! – für ihr Getreide und ihre Energie.
    Sanktionen = Sehr sehr schlau!

  23. Ein guter Beitrag, der die Komplexität der Situation erhellt. So wünscht man sich die Aufarbeitung des Konflikts.

  24. Denkt der „Wertewesten“, es sei selbstverständlich, dass ihm die ganze Welt nachläuft? Bei all den schönen Werten, die nur gelten, solange und wie es passt? A la „Joe Biden versucht hat, Druck auf den südafrikanischen Präsidenten auszuüben“?
    Je später man da aufwacht, desto schmerzlicher wird das.

  25. Hauptsache, man lässt sie die Entwicklingshilfe weiter abgreifen.

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