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1. August 1998

20 Jahre Rechtschreibung – 20 Jahre Schlechtschreibung*

01.08.2018

| Lesedauer: 5 Minuten
Für Reiner Kunze, einen der größten lebenden deutschen Lyriker, war die Rechtschreibreform ein Beispiel von Machtarroganz und Skrupellosigkeit; man habe dem Sachargument keinerlei Chance gelassen.

Den „Achtundsechzigern“ galt sie als Herrschafts- und Selektionsinstrument, dem der Garaus zu machen sei. Gemeint ist die Rechtschreibung. Eine Spätfolge dieses furiosen Eifers ist die Reform der Rechtschreibung: Seit 1. August 1998 ist sie für Ämter und Behörden verbindlich. Zum 1. August 1999 stellten die deutschsprachigen Nachrichtenagenturen und die meisten Zeitungen auf die neue Schreibung um. Nur die FAZ machte „Zicken“: Sie kehrte am 1. August 2000 zur klassischen Schreibung zurück. Aber auch sonst gab es Widerstände und Proteste zuhauf. Mit dem August 2004 kündigen der Axel-Springer-Verlag, der Spiegel und die Süddeutsche Zeitung an, zur bewährten Rechtschreibung zurückzukehren. „Spiegel“ und „Süddeutsche“ vollzogen ihren Plan allerdings nie.

Am 17. Dezember 2004 konstituierte sich unter Vorsitz des vormaligen bayerischen Kultusministers Hans Zehetmair (CSU) der 40-köpfige Rat für deutsche Rechtschreibung. Zehetmair stand dem Rat bis Ende 2016 vor. Der „Rat“ sollte die Entwicklung der Rechtschreibung in der Praxis beobachten und Empfehlungen zu besonders strittigen Punkten erarbeiten. Zehetmair selbst hatte wohl auf andere Ziele gesetzt, denn in der Passauer Neuen Presse vom 30. April 2003 hat er erklärt: „Wir hätten die Rechtschreibreform nicht machen sollen.“

Immer noch mehr Verwirrung

Gleichwohl modifizierte der Rat die neuen Regeln mehrfach, wodurch zusätzliche Verwirrung entstand. Zum Beispiel plädierte er am 8. April 2005 dafür, die Reform teilweise rückgängig zu machen; es sollten wieder mehr Verben zusammengeschrieben werden, es sollten keine Abtrennung von Einzelbuchstaben mehr (also nicht mehr E-sel, A-bend) und auch keine sinnentstellende Trennung mehr stattfinden (also nicht mehr Urin-stinkt, Anal-phabet); das ck jedoch sollte als Ganzes erhalten bleiben und nicht in k-k getrennt werden. Die in weiten Kreisen der Bevölkerung als unhöflich empfundene Schreibung „du/dein….“ statt „Du/Dein…“ wollte man zunächst nicht zurücknehmen, um sie später immerhin wieder zu „erlauben“. Unsystematisch blieb auch die e/ä-Schreibung. ä statt e haben die Reformer nur bei 14 Wörtern ersetzt, etwa bei behände, Gämse, Schlägel, schnäuzen, nicht aber bei Eltern, die sich getreu dem Stammvokal bzw. dessen Umlautung eigentlich Ältern schreiben müssten.

Ab 1. August 2006 praktizierten die Springer-Zeitungen wieder die Reformschreibung (mit Hausorthographie). Am 1. Januar 2007 schloß sich die FAZ an – alle Redaktionen übrigens mit eigener Hausorthographie. Der Rechtschreibrat** blieb weiter tätig. Im Jahr 2010 erklärte er, dass sich die sog. Volksetymologien belämmert, einbläuen, Tollpatsch, Quäntchen usw. sowie die Variantenschreibungen Butike, Fassette, Kabrio, Katarr, Kupee, Maffia, Maläse, Sketsch nicht durchgesetzt hätten und deshalb gestrichen werden sollten. Was nun wirklich gilt, weiß keiner mehr.

Rechtschreibfrieden ist nicht eingekehrt. Laut Meinungsforschungsinstitut Allensbach war es über die Jahre hinweg konstant immer nur rund ein Zehntel der Bevölkerung, das für die Rechtschreibreform war: 10 Prozent im Jahr 1997, 13 Prozent 2000, 10 Prozent 2002, 8 Prozent 2005, 9 Prozent 2008. Eine Online-Umfrage des Bayerischen Rundfunks ergab am 30. Juli 2015 auf die Frage „War die Rechtschreibreform nötig?“ ein Nein bei 89,1 Prozent. Einmal mehr zeigte und zeigt sich, wie sehr so manche Politik sich von der Bevölkerung entfernt hat. Politik und ein Experten(un)wesen haben sich arrogant und ignorant durchgesetzt. Ein „obrigkeitlicher Gewaltakt“ sei dies gewesen, so die renommierte Bildungsjournalistin Heike Schmoll in der FAZ vom 1. August 2015. Für Reiner Kunze, einen der größten lebenden deutschen Lyriker, war die Rechtschreibreform ein Beispiel von Machtarroganz und Skrupellosigkeit; man habe dem Sachargument keinerlei Chance gelassen (Reiner Kunze in der Welt vom 1. März 2009).

Die Schwindelei und Tricks der Reformer

Von Anbeginn an wurde getrickst und geflunkert. Zum Beispiel wurde behauptet, dass durch die Reform mehr Übersichtlichkeit erfolge, indem aus bislang 212 Rechtschreibregeln nunmehr 112 Regeln, in Sonderheit aus 52 Regeln zur Kommasetzung 9 Regeln wurden. Das ist aber nur ein Numerierungstrick. Beispiel: Der Paragraph 77 der Neuregelung (Komma bei Appositionen) enthält sieben Unterregeln, in denen elf bisherige Duden-Regeln eingearbeitet sind. Der Umfang des Regelwerkes hat sich also keineswegs reduziert.

Reformschwindel Nummer 1 aber war: Die Schüler würden mit der neuen Schreibung weniger Fehler machen. Falsch! Hochtrabende Schätzungen von Prozentanteilen vermiedener Fehler stellten sich als völlig unsinnig heraus. Diesen Prognosen zufolge sollten nach der Reform zwischen 40 und 70 Prozent der Fehler weniger gemacht werden. Faktum ist: Falls es überhaupt zu einer Verringerung der Fehler kam, dann hat das mit dem Prinzip „Beliebigkeit“ zu tun. Beliebigkeit heißt: Wenn ich ein Komma setzen kann, aber nicht muss, dann passieren hier eben weniger Fehler. Keineswegs verbessert hat sich bei Schülern die s-Schreibung, denn die Probleme beim Wechsel zwischen langem und kurzem Stammvokal blieben erhalten (ließ – lässt, fließt – floss, weiß – wusste). Überhaupt nicht erleichtert hat sich die Schreibung des vermutlich häufigsten Schreibproblems, nämlich die Schreibung von das/daß bzw. das/dass. Darüber hinaus machen Schüler neue Fehler: Sie schreiben fälschlicherweise aussen, heissen, grössere, Preussen, geniessen, Strasse, Massnahme usw. Generalisierungsfehler nennt man dergleichen.

Sehr aufschlussreich ist auch die Studie von Professor Wolfgang Steinig et. al. (Universität Siegen) aus dem Jahr 2009. Die Autoren hatten eine Längsschnittstudie durchgeführt. Darin verglichen sie anhand eines identischen Textes mit 100 Wörtern die Fehlerhäufigkeit von Viertklässlern im Jahr 1972 mit der Fehlerhäufigkeit von Viertklässlern des Jahres 2002. Ergebnis: Im gleichen Text machten die Schüler im Jahr 1972 im Schnitt 6,9 Fehler, im Jahr 2002 12,2 Fehler. Das ist fast eine Verdoppelung. Steinig dazu wörtlich: „Wir vermuten, dass dieser außergewöhnlich hohe Anstieg zumindest teilweise mit der Verunsicherung durch die Rechtschreibreform zu erklären ist.“

Konstruktionsfehler „Pädagogisierung“

Der wohl größte Konstruktionsfehler der Rechtschreibreform war, dass man sie nicht an linguistischer Logik, sondern am Horizont von Grundschülern ausrichtete. Sprachpolitik und Sprachpädagogik dürfen sich aber nicht am Kriterium Kindgemäßheit orientieren, sondern sie müssen orientiert sein an der Logik der Sprache. Eine Pädagogisierung, ja eine Infantilisierung der Rechtschreibung ist der falsche Weg. Es gibt schließlich eine Sprache außerhalb der Schule, und die ist komplexer, als es Erleichterungs- und Gefälligkeitspädagogik annehmen möchten.

Gewiss gibt es Wichtigeres als die Rechtschreibung, alles ist relativ. Aber es ist nun mal so: Wer die Rechtschreibung nicht beherrscht, hat im Leben schlechtere Karten. Und selbst in Zeiten neuer Medien und einer fortschreitenden Digitalisierung von Information gilt: Wer die Rechtschreibung nicht beherrscht, weil er falsch geschriebene Suchbegriffe eingibt, versagt auch bei Internetsuchen.

Gelitten hat die Ernsthaftigkeit, mit der Schüler an die Rechtschreibung herangehen sollen. Schuld daran ist die Beliebigkeit von Schreibungen (Variantenschreibungen). Schüler entwickelten nämlich bald das diffuse Gefühl, dass man etwas „so oder so oder auch anders“ schreiben kann. Und sie tun dies umso mehr, je unterschiedlicher bei vielen Wörtern die verschiedenen Wörterbücher (Duden, Wahrig, Bertelsmann) mit ihren Hunderten von Abweichungen voneinander taten und tun.

Gelitten haben die Möglichkeiten der semantischen Differenzierung. So sollte es laut Reform viele Unterscheidungsmöglichkeiten nicht mehr geben, weil dann etwa folgende Schreibungen bevorzugt werden sollen: wohl bekannt statt bisher wohlbekannt, schwer fallen statt bisher schwerfallen, fertig bringen statt bisher fertigbringen, schlecht machen statt bisher schlechtmachen, bewusst machen statt bewusstmachen. Man stelle sich einmal vor: Da will einer sagen oder schreiben, man müsse die Diskriminierung von Fremden bewusst machen (also willentlich machen), wo er doch bewusstmachen (darüber aufklären) meint.

Verwirrend wirkte und wirkt die Eindeutschung von Fremdwörtern – und das in Zeiten, in denen immer mehr Fremdsprachenkenntnisse verlangt werden. Es führt nun einmal sogar bei fremdsprachlich Kundigen zu Verwirrungen, wenn Schreiber zum Beispiel innerhalb eines deutschen Textes Obergine, Pitza oder Spagetti und innerhalb eines französischen oder italienischen Textes Aubergine, Pizza und Spaghetti hätten schreiben sollen. Oder wenn sie wählen sollen zwischen Dekolleté – Dekolletee, Exposé – Exposee, Kommuniqué – Kommunikee, Séparée – Separee, Varieté – Varietee, Delphin – Delfin, Justitiar – Justiziar, Portemonnaie – Portmonee.

Was wäre zu tun gewesen?

Es hätte eine besonders wirksame Möglichkeit gegeben, die Rechtschreibung der jungen Leute zu verbessern: sie in den Schulen konsequenter zu üben und zu bewerten, anstatt sie zu diskreditieren und das Schreiben auf das Ausfüllen von Lückentexten zu reduzieren. Die Devise kann deshalb nur heißen: üben, üben, üben! Ansonsten ist die real existierende amtliche Rechtschreibung kaum reformierbar, sie hat schließlich schon so manche Reform der Reform der Reform hinter sich, und es mangelt ihr immer noch an Transparenz und Systematik. Also kann die Lösung nur lauten: Zurück zur Schreibung vor 1996!

Wie unsinnig die Existenz des Rates für Rechtschreibung geworden ist, zeigt dessen neueste, selbstgestellte Aufgabe: Der Rat will sich mit „gendergerechter“ Schreibung befassen, zum Beispiel – Achtung, liebe Leser! – mit der Frage der Zulässigkeit von Schreibungen wie Leser*innen, Leser_innen


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85 Kommentare

  1. Sie haben mit allem recht, Herr Kraus, und genau deshalb die Gretchenfrage: Wie halten Sie es damit? Warum schreiben Sie nach den reformierten Regeln?

  2. Zu den Fachleuten unten: Ich habe 25 Jahre lang im europ. Patentamt gearbeitet als Patentprüfer, jede Menge englisch (ca 70%) der Korrespondenz, beschwerdefähige Beschlüsse, mündlich Verhandlungen etc. Mein Ausbilder war Engländer. Dennoch: Mein Englisch ist mir Sicherheit nicht perfekt, das ist auch nach so langer Zeit kaum zu schaffen und die Diskussionen, wie man etwas ausdrückt bei Engländern untereinander, alles keine Dummköpfe, waren immer sehr interessant. Bei Deutsch unter Deutschen übrigens auch. Noch schlimmer: Französisch. Die Amtssprachen dort sind D, E und F.
    Dass die Schreibweise im Englischen extrem unphonetisch ist, dürfte bekannt sein. Die Engländer haben damit selbst größte Schwierigkeiten und zeigen sich doch recht flexibel. Schönen Gruß von Trump, der kann’s auch nicht so recht, braucht seine Leute für twitter.

  3. Zu Christoph Müller „(alleinstehende Frau)“
    Zur Erhellung:
    Nach der ursprünglichen Reform musste man „allein stehend“ getrennt schreiben; erst in einer der späteren Reformen der Reform ließ man die „alte Schreibweise“ wieder zu.
    Also nichts mit „irgendwo was gehört …“

    • Sind die späteren, kleinen Erweiterungen etwa kein Teil der neuen Rechtschreibung?

      • Wer das Pech hatte, die Ursprungsreform voll abzubekommen, dem nutzt es nichts, wenn Jahre später wieder Änderungen („Rückbesserungen“) eingeführt wurden; für den gilt, die „allein stehende Frau“ wäre die richtige neue Schreibweise.

      • Na und? Die meisten Leute machen noch ganz andere Fehler und das völlig unabhängig von der Reform (sich wohlfühlen, herzlich Willkommen, Bremerhafen usw.).

  4. Ich habe mich damals intensiv mit den Neuerungen in der Rechtschreibung auseinandergesetzt und in Diskussionen mit Reformgegnern leider immer wieder feststellen müssen, dass ihre Kenntnisse sowohl der neuen als auch der alten Rechtschreibung meistens zu wünschen übrig ließen. Auch Ihnen sind einige Irrtümer unterlaufen: Auch heute schreibt man „eislaufen“ und nicht „Eis laufen“. Sowohl „Leid tun“ als auch „leidtun“ gelten heute als richtige Schreibweisen. Früher musste man zwar „Auto fahren“, durfte jedoch nur „radfahren“ schreiben; heute wird „Auto fahren“ und „Rad fahren“ geschrieben. Hier sind noch ein paar Beispiele, die zeigen, wie unsystematisch die alte Rechtschreibung war:

    „wieviel“, jedoch „wie wenig“ und „wie viele“,
    „auf dem Stuhl sitzen bleiben“, jedoch „im Bett liegenbleiben“,
    „einen Draht krumm biegen“, jedoch „einen Draht geradebiegen“,
    „einmal“, „zweimal“, jedoch „noch mal“,
    „jemandem angst machen“, jedoch „jemandem Mut machen“,
    „Wörter auseinander schreiben“, jedoch „Papier auseinanderschneiden“
    etwas „ernst nehmen“, jedoch etwas „übelnehmen“
    „das Schwarze Brett“, jedoch „die schwarze Liste“
    „die Rote Erde“ (Westfalen), jedoch „der rote Planet“ (der Mars)
    „der Sibirische Tiger“, jedoch „der deutsche Schäferhund“
    „alles Übrige“, jedoch „alles weitere“
    „statt dessen“, jedoch „unterdessen“, „währenddessen“,
    „Laß mich in Ruhe!“, jedoch „Ich lass’ dich doch in Ruhe!“,
    „der Fluß – die Flüsse“, jedoch „der Fuß – die Füße“
    Silbentrennung „We-ste“, jedoch „Wes-pe“
    „Stoffetzen“, jedoch „Stoffflicken, aber bei Silbentrennung „Stoff-fetzen“usw.

    Nehmen Sie einen Duden von 1991 zur Hand und prüfen Sie es nach. Sie werden sehen, dass ich Recht/recht habe (Beide Schreibweisen sind jetzt möglich!). Die Rechtschreibreform hat die deutsche Rechtschreibung systematischer gemacht und damit Verbesserungen gebracht. Dass sie nicht völlig widerspruchsfrei ist, liegt einfach daran, dass sich gesprochene Sprache nicht so einfach in ein Schriftzeichensystem zwingen lässt. Deshalb lässt die neue Rechtschreibung manchmal zwei Schreibvarianten zu. Ich habe das immer als einen Gewinn an Freiheit gesehen.

    Dass die Rechtschreibung der Leute immer schlechter wird, liegt nicht an der Rechtschreibreform. Sonst müssten ja hauptsächlich die reformierten Teile der Rechtschreibung zu Fehlern führen.
    Ich sehe die Gründe vielmehr in:
    – falschen Unterrichtsmethoden, vor allem der Methode „Lesen durch Schreiben“,
    – immer geringerem Interesse am Lesen,
    – Kommunikationsformen, die ohne Schreiben auskommen bzw. schnelles Schreiben ohne Rücksicht auf die Rechtschreibung erzwingen,
    – mangelndem Interesse an der Rechtschreibung, die nicht mehr als selbstverständlicher Teil der Bildung betrachtet wird,
    – mangelnder Beherrschung der deutschen Sprache von immer mehr Menschen in unserem Land

    Vor Jahren beklagte sich einmal mein Schwager bei mir, dass seine Studenten an der Uni die deutsche Rechtschreibung so schlecht beherrschten. Das Pikante daran: Mein Schwager ist Schwede und hatte die deutsche Sprache selbst erst wenige Jahre zuvor erlernt.

    • Oh, ich kann Ihnen genau erklären, warum man z. B. „Sibirischer Tiger“, aber „deutscher Schäferhund“ schreiben musste. Der Sibirische Tiger ist eine eigene Tierart (Panthera tigris altaica), der deutsche Schäferhund aber nur eine Hunderasse wie auch der belgische Schäferhund. Auch die Begründung für „bedenkt alles Mögliche“, aber „tut alles mögliche“ kenne ich. „Bedenkt alles Mögliche“ bedeutet „alles zu bedenken, was möglich und damit sinnvoll ist“, „tut alles mögliche“ bedeutet, dass man vieles tut, auch wenn es nicht unbedingt sinnvoll ist. So gibt es viele Erklärungen für die verwirrenden unterschiedlichen Schreibweisen der alten Rechtschreibung. Auch die alte „ß“-Schreibung und ihre Entstehung kann ich Ihnen erklären. Das „ß“ war ursprünglich eine Ligation aus Lang-s und Rund-s in den gotischen Schriften (Fraktur ist eine davon) und hat nichts mit einem „sz“ zu tun. Zwei Lang-s durften zwar bei einem Silbengelenk (Flüs-se), aber nicht am Ende eines Wortes oder einer Silbe (Fluß, Fluß-ufer) stehen. Deshalb folgte auf das Lang-s ein Rund-s und beide Buchstaben verschmolzen zum „ß“. Meine Erklärung ist nicht ganz vollständig, sollte aber genügen. Ihre Erklärung („ß“ für den stimmlosen s-Laut nach langem Vokal, Umlaut oder Diphthong und „ss“ für den stimmlosen s-Laut nach kurzem Vokal oder Umlaut) war die Grundlage für die Neuregelung. Aber was nützt solches Schlaumeier-Wissen einem normalen Menschen, der einfach nur systemrichtig schreiben will? Diesem normalen Menschen wollten die Reformer helfen. Und das ist ihnen meiner Meinung nach mit Einschränkungen auch gelungen. Ich war damals für die Reform, weil ich die alte Rechtschreibung genau kannte, nicht weil ich Probleme mit ihr gehabt hätte. Leider ging die Reform nicht weit genug. Ich hätte mir noch die Einführung der gemäßigten Kleinschreibung gewünscht, wie sie schon Konrad Duden und auch Jacob Grimm (zusammen mit seinem Bruder Wilhelm und anderen Begründer der Germanistik) gefordert hatten.

      • Wenn Sie das so genau wissen, sollte Ihnen auch die Regel der S-Schreibung klar sein: Verdoppelt wird, wenn im Wortstamm kein Konsonant folgt und das s nicht nur wegen der Auslautverhärtung stimmlos ist. Verdoppelte s werden ß geschrieben, wenn man sie nicht trennen kann oder darf, sonst ss. Nach der Reform lautet die Regel: Verdoppelt wird, wenn im Wortstamm kein Konsonant folgt und das s nicht nur wegen der Auslautverhärtung stimmlos ist. Verdoppelte s werden ß geschrieben nach einem langen Vokal oder Diphthong, sonst ss.
        Sind Sie wirklich sicher, daß „einem normalen Menschen, der einfach nur systemrichtig schreiben will“, die Neuregelung hilft?
        Wenn Sie jetzt als Lehrer die Rechtschreibleistungen der Schüler sehen, erkennen Sie, daß die Schüler die Rechtschreibung nicht besser beherrschen als früher. Daß Sie das auf andere Gründe zurückführen, zeigt, daß Sie nicht wahrhaben wollen, was offenkundig ist. Die Schüler machen eben ausgerechnet in den Bereichen mehr Fehler, in die die Reform eingegriffen hat. Das ist mit anderen Gründen als der Reform selbst nicht zu erklären. Ich glaube auch nicht, daß Ihre Schüler ganz anders schreiben als meine, Herr Kollege.

    • Als die Reform eingeführt wurde, kam das Argument, das Duden-Privileg sei zu brechen, denn der Duden bilde den allgemeinen Sprachgebrauch nicht ab. Das war zwar sachlich falsch, weil jeder schreiben durfte, wie er wollte , und für die Schulen nur ein Rechtschreibheftchen galt, das die Kultusministerkonferenz herausgab, aber daß Sie hier die Duden-Regelungen als verbindliche „alte“ Rechtschreibregeln darstellen, ist der aufgewärmte Sermon von damals und dient Ihnen offenbar als willkommener imaginierter Feind.
      Ihre Beispiele sind genauso zusammengesucht wie damals, und Sie wollen uns hier genau so beeindrucken wie die Reformer damals – und genauso vergeblich.
      Klar: Fluß – Flüsse. Und nun? Fluss – fließen. Na und?
      Sie verwechseln im übrigen Gleichheit mit logischer Folgerichtigkeit. Die Regel „drei gleiche Buchstaben nur, wenn ein Konsonant folgt“ ist wunderbar logisch; daß die Dreifachschreibung wiederauflebt bei Silbentrennung, ist auch klar und eindeutig. Phonetisch ist sehrwohl ein Unterschied zu erkennen. „Stoffetzen“ wird mit einem f gesprochen, „Stofffluse“ mit f und fl, was Ihnen als unterschiedliche Laute bekannt sein dürfte.
      Die Groß- und Kleinschreibung ist 1903 sehr eindeutig geregelt worden. Substantive incl. Namen, Satzanfänge und Anreden werden großgeschrieben, alles andere klein. Schwierig ist nur, Substantivierungen und Namensbestandteile zu erkennen. Daran hat die Reform nichts verbessert; sie hat nur veranlaßt, eindeutige Nichtsubstantive großzuschreiben: „heute Abend“, „im Übrigen“. Ihre Beispiele stammen wieder aus dem Duden, nicht aus dem allgemeinen Sprachgebrauch.
      Die Trennregel des st folgt der phonetischen Lautgrenze. Daß Verbindungen aus Lang-s und t bzw. Rund-s und t unterschiedlich sind, wird spätestens klar, wenn man einem Schwaben zuhört. Wenn man st und sp hätte angleichen wollen, hätte man sp nichttrennbar machen müssen.
      Ich könnte jedes Ihrer Beispiele abklappern. Sie können allerdings auch das Wörterbuch von Theodor Ickler zur Hand nehmen. Dann hat es sich mit der von Ihnen behaupteten fehlenden Systematik. Aber selbst wenn es sie gäbe, wäre sie kein Grund für die Reform gewesen.
      Sie bauen einen Pappkameraden, wenn Sie sagen, die bewährte Rechtschreibung sei starr und gesetzesartig gewesen und die reformierte lasse Schreibvarianten zu, was ein Freiheitsgewinn sei. Die bewährte Rechtschreibung stellt Schreibungen schon deshalb dem Schreiber anheim, indem er zwischen bedeutungsunterscheidenden Schreibungen wählen kann, wo die Reform eine Verbindlichkeit vorsieht, die eine trügerische Sicherheit vorgaukelt. Ich entscheide als Schreiber, ob „sicher stellen“ oder „sicherstellen“ im konkreten Fall besser paßt. Das ist Freiheit, die mir als Schreiber hilft. Zwei Schreibungen ohne Bedeutungsunterschied sind die Beliebigkeit des Belanglosen.
      Und kommen Sie bitte nicht mit dem Totschlagargument, daß derjenige, der die Rechtschreibreform ablehnt, sich nicht hinreichend mit ihr beschäftigt hätte. Das habe ich. Und so wie ich haben es etliche andere getan, und sie lehnen deshalb die Rechtschreibreform begründet ab.

  5. Das linkspopulistische Regime der Merkeldiktatur ist ja dabei, die Leichte Sprache durchsetzen. Dann kann man mit rund 100 Vokabeln alles ausdrücken, was gewollt ist. Wen kümmert noch die Zeichensetzung, wen das „ß“, wen die Groß- und Kleinschreibung?! Mit einer größeren Dummheit hätte „der Dicke“ seine Amtszeit kaum beenden können. Den Euro hat auch er durchgeboxt. Und was kam dann … Kohls Mädchen! (Und Gott sprach: Es könnte schlimmer kommen! ….. ).
    Es wäre auch ein Konjunkturschub: Bis man auch nur Goethes Werk in Leichte Sprache übersetzt, dauert es ein Weilchen.
    Die NRW-Schulministerin hat es auf dem Schulweg bis zur Rechtsanwaltsfachangestellten gebracht (sagt Wikipedia) und leitet jetzt ein Ministerium, dass für die Ausbildung der kommenden Generationen zuständig ist. Vielleicht schafft sie es, den Unterricht an sämtlichen Schulen in Leichter Sprache anzuordnen. Der Schulranzen wäre leichter, da man die Bücher entsorgen kann. Es würde ja auch reichen, wenn man aus der Staatspresse von den Großen Errungenschaften der Großen Kanzlerin erführe.

  6. Jeder staatliche Eingriff in die Sprache, insbesondere die Schriftsprache, ist tendenziell totalitär. Sprache ist als Teil der Kultur dem Staat VORgegeben. Der Staat darf z.B. nicht (aber was kümmerts ihn) den Begriff der »Ehe« verfälschend auf homosexuelle Paare erweitern. Denn er hat als anthropologische Konstante der gesamten Menschheitsgeschicht nie etwas anderes bedeutet als eine (mono- oder polygame) Verbindung von Mann und Frau.

    Sprachliche Manipulationen dieser oder ähnlicher Art – insbesondere auch neue Begriffs- und Schreibformen, wie »Studierende« statt Studenten (seltsamerweise aber nicht »Absolvierende« statt Absolventen…), oder »Zuhörer*Innen« (höchst selten aber »Verbrecher*Innen«…), kennzeichnen einen ideologischen Eingriff in die Sprache. Jedermann*frau, der*die*das es will, soll diese verqueren Formen verwenden. Behördlich vorgeschrieben aber sind sie Marker einer ideologischen Übergriffigkeit und damit totalitären Tendenz des Staates, die jeden Bürger alarmieren sollte.

    Es gibt übrigens einen Vorzug der deutschen Sprache, der m.W. ein Alleinstellungsmerkmal ist (und vielleicht erweitert werden sollte): Deutsch ist ein bisschen wie Lego («l’allemand est un peu comme le lego» – sagte ein Franzose), es erlaubt die Zusammensetzung von Substantiven in einer unendlicher Vielfalt. Eine neue »Reform« sollte vielleicht Adjektive und Verben in diese Freiheit mit einbeziehen. Dann könnten wir z.B. auch Worte wie »Dieschonlängerhierlebenden« in unser Vokabular fest einbinden. ;-))

  7. Mit der Umsiedlung der Duden-Redaktion nach Berlin (2002 oder so) – und in Folge dessen die Besetzung dieser mit (in der Regel) weiblichen Personen aus dem Ideologie-Umfeld der dortigen Humboldt’schen Gehirnwäscheanstalt – wird die Genderisierung der Sprache so oder so Einzug in den Duden halten – mit oder ohne Rat für Rechtschreibung.
    Man muß sich nur mal einen Prospekt der Dudenredaktion anschauen – dieser schreif förmlich „Indoktrination“ und „Umerziehung“ auf jeder einzelnen Seite – bis hin zu den vorgefertigen Unterrichtsmaterialien für Lehrkräfte…

  8. die schriftsprache sollte ein mittel sein, die „denk- und sprechsprache“ möglichst leichtgängig abzubilden. sprache ist zuerst einmal ein kommunikationsmittel und dieses ist umso besser, je reibungsloser, einfacher, eindeutiger und logischer es ist.

    regierungen, denen ein dummes volk gelegen kommt, profitieren bewusst oder unbewusst von dieser rechtschreibreform.
    im schriftverkehr gehen laut messungen des hamburger institutes für kognitionsforschung bis zu 28 prozent der leistung des menschlichen gehirns bei der aufgabenerledigung des schreibens, gegenüber des sprechens verloren.
    die komplizierte rechtschreibung verschlechtert das komplexe und begriffliche denken, weil sie beim formulieren eines schrifttextes einen teil der aufmerksamkeit und der denkleistung für die schreibbürokratie bindet. dieser teil fehlt für das eigentlich wichtige.

    generell gilt: die deutsche sprache ist unser wertvollstes kulturgut. sie hat durch präzision, vielfalt und eindeutigkeit ihrer wörter einen hohen platz in der weltgemeinschaft.
    mit diesem umfangreichen, historisch gewachsenen kommunikationsmittel sind unsere oft erstklassigen leistungen in wissenschaft, literatur und philosopie erklärbar.

    im gegensatz zum beispiel zur englischen sprache gibt es viel weniger mehrdeutigkeiten.
    passend dazu lautet die inschrift des professoren-siegels der stanford-university in deutscher sprache: „Die Luft der Freiheit weht“.

    die deutsche sprech-sprache verdient damit bezüglich der kognitiven leistungsfähigkeit im globalen vergleich die note 1 (den phonetischen klang mal ausgenommen, hier klingt französisch, italienisch oder englisch harmonischer. für engländer klingt unser von konsonanten und zischlauten dominierter sprachklang oft wie das knurren von dobermännern).

    die deutsche schreib-sprache verdient seit der rechtschreibreform die note 5 (vorher 4).
    auch allein schon der witz, das alle bücher vor 1998 eine andere rechtschreibung suggerieren, als die danach.
    die rückkehr zur vorherigen rechtschreibung wäre gut, aber leider keine saubere lösung mehr, da das chaos bereits angerichtet ist. die verunsicherung und verwirrung lässt sich durch ein nochmaliges hin und her im überschaubarem zeitrahmen nicht mehr abstellen.

    eine praktikable lösung sehe ich deshalb in einem radikalem schritt, den ich hier gerade demonstriere, und den intuitiv ein grosser prozentsatz der jugendlichen heute in ihrem privatem schriftverkehr bereits anwenden. erwachsene oft ebenfalls auf whatsapp und co.

    die kleinschrift ist für den englischen sprachraum ein standortvorteil und die komplizierte deutsche schriftsprache ist ein standortnachteil. niemand käme darauf zu behaupten, dass die englische sprache mit ihrer weitgehenden kleinschrift vom schriftbild schlechter zu lesen sei, als die deutsche.

    der grund, warum meine kleinschreibung hier vermutlich auf ihren inneren widerstand stösst ist: GEWOHNHEIT! unsere psyche will, dass die dinge bleiben wie sie sind, so sperrig und unlogisch sie sein mögen.
    wären wir an die kleinschrift gewöhnt und fokussiert auf die wichtigkeit der zeichensetzung und absatzsetzung zur strukturierung des schriftbildes, dann würden uns grossbuchstaben stören.

    wir sollten hier auch gehirnforscher wie zum beispiel gerald hüther zu rate ziehen und schriftsprache an die erfordernisse unseres grosshirrns und nicht an die erfordernisse unserer bürokratie anpassen.

    die beste reaktion auf die arroganz, inkompetenz und den bürokratischen schwach-sinn einer abgehobenen, ignoranten, schamlos entfesselten und grössenwahnsinnigen politik- und pseudo-expertenkaste, die sich vor 20 jahren mit der rechtschreibreform schon anbahnte, wäre deshalb der radikale schritt:
    kleinschrift einführen, das „ß“ abschaffen, weniger bürokratie von oben nach unten und mehr gestaltungspielraum des einzelnen beim umgang mit unlogischen und willkürlichen zusammen- oder auseinanderschreibungen. mehr humor.

    (ein weiterer vorteil ist es, beim schreiben mit kleinschrift nur eine hand zu benötigen und die andere frei zu haben. man kann damit z.b. beim schreiben seinen partner oder seine katze streicheln, statt sich der „schreibpolizei“ im kopf unterzuordnen 😉

    nochmal: es geht um verständlichkeit und leichtgängigkeit in unserer kommunikation und nicht um die bürokratische, teils babylonische erfüllung absurder und willkürlicher regeln

    aus der rechtschreibreform, von einer gruppe schrulliger abgedrehter professoren, die stolpernd und mit grossem pathos auszogen, um die welt zu verbessern, sollte einst ein theaterstück geschrieben werden (a la „einer flog übers kuckucksnest“), eine posse über die wir alle einmal herzlich lachen werden.

  9. Der wesentliche Grund, warum die „neue Rechtschreibung“ seinerzeit so unerbittlich eingeführt und der Nation aufgezwungen wurde, war nie ein linguistischer, der aus dem wissenschaftlichen Curriculum hervorging, geschweige denn beabsichtigte, in der Tat in der alten Rechtsschreibung vorhandene Unsinnigkeiten oder Widersprüche aufzulösen.
    Es war, wie der Euro, der auch in dieser Zeit kam, ein politisches Projekt, von links, ein konzertierter Angriff auf die alte Bürgerlichkeit der Autochthonen. Ein Schnitt, der uns abtrennen sollte vom Deutschland der Dichter und Denker. Von der Nation der großen Wissenschaftler des 19. Jahrhunderts. Fack ju Göthe. Der Erfolg dieser Filme spricht Bände.

    Würde sie heute, 20 Jahre später, durchgeführt, wäre man ohnehin noch viel weniger zimperlich mit den Änderungen – die Richtung weist die „leichte Sprache“, die derzeit im Raum der staatlichen Verwaltungen durchgedrückt werden soll als Schnittstelle und Kennzeichen der deutschlosen multikulturellen Welt – und die Begründung wäre unverblümter: Deutschland solle damit „moderner, bunter, weiblicher“ werden. Und gerade im Hinblick auf letzteren Aspekt werden schon seit Jahren sprachpolizeiliche Mutationen in die Sprache gedrückt. Hören Sie nur einem Politiker, alle Parteien außer der AfD, zu oder dem ganzen linksliberalen Milieu: Treudoof und penetrant werden stets beide Geschlechter aufgezählt, immer und immer wieder, wo sich nun mal Genderschreibweisen als unaussprechlich erweisen. Das generische Maskulin als Nachfolger von Auschwitz als Synonym des Bösen.

    Ich habe es aber bereits unter den anderen Beitrag bei TE zum diesem Thema geschrieben: „Schuld“ haben nicht die Politiker und Hochschulprofessoren, die uns 1998 diese Reform aufzwangen. WIR sind Schuld. Jeder, der hier im Forum wider diese Reform redet UND dabei die neue Rechtsschreibung benutzt, muß sich vorhalten lassen, ein Pharisäer zu sein. Nichts könnten diese Politiker tun, wenn wir sie nicht ließen, und sei es nur durch resignative Passivität. Ich benutze diese Rechtschreibung nicht, noch nie, und ja, es brachte mir im Beruf schon manchen Nachteil ein, einmal sogar eine Abmahnung. Das aber nehme ich in Kauf. Eurorettung 2013, Grenzaufgabe 2015 – WIR haben es zugelassen! Merkel weiter im Amt. Keine Obrigkeit kann etwas durchsetzen, wenn die Untertanen sich mit sich machen lassen.

    Wer dem nicht zustimmt, schreibe halt weiter dass und Schifffahrt – und zahle brav seine Steuern für Einwanderer und südeuropäischen Müßiggang.

    • Hervorragender Kommentar. Das Motiv gleicht in der Tat einer Verschwörung, auch wenn man mit solchen Vermutungen vorsichtig sein soll. Erinnern wir uns, daß vom Wechsel DM auf Euro das alte, vertraute Geld, Banknoten und Hartgeld, gegen angeblich fälschungssichere Sorten ausgetauscht wurde, und das nur für die Restlaufzeit von 10 Jahren (gewissermaßen als Moderatorgeld, um die Schockwirkung des Übergangs abzufedern) Das war Absicht.

    • Ich sehe gar nicht, was durch die Rechtschreibreform an „leichter Sprache“ entstanden sein soll.

      Einige Änderungen sind diesbezüglich wirkungsneutral. Andere Änderungen erfordern umständliche Umwege, um noch dasselbe ausdrücken zu können (Getrenntschreibung). Wiederum andere Änderungen (Kommaregeln) erfordern mehr Denkaufwand zur Entschlüsselung ganzer Sätze. Die Eindeutschung von Fremdwörtern bringt Erschwernis, wenn man auch mit Fremdsprachen zu tun hat.

      Will man von Goethe & Co abkoppeln, schafft man es nicht über die Rechtschreibreform. Im Gegenteil. Die alte Rechtschreibung ist bei alter Literatur ständig präsent und konkurriert mit der neuen. Viel einfacher wäre, Goethe & Co aus den Schulen zu verbannen. Dafür braucht man aber keine Rechtschreibreform.

      Unter dem Strich ist da vieles nicht leichter.

      Wer leichte Sprache einführen will, schießt sich selber ins Bein. Er kann komplexere Sachverhalte nicht mehr ausdrücken und muss inkauf nehmen, dass er nicht mehr so umfänglich verstanden wird, wie er es sich selber wünschen würde und womöglich erwartet. Es wird dennoch Menschen geben, die bei komplexerer Sprache verbleiben müssen, weil es die Materie erfordert. Sie werden allerdings seltener. Wer nur leichte Sprache futtert, wird komplexe Verarbeitung nicht lernen. Am Ende geht wegen größerer Unterschiede der Fähigkeiten die soziale Schere auf.

      Wenn unsere geistige und politische Führung glauben sollte, dass dumme Menschen handlicher sind, und es die Führung damit bequemer hat, wird früher oder später erleben, wie der Schuss nach hinten losgegangen ist. Zumal die Welt um uns herum aufholt (Ostasien) und gerade ansetzt, uns zu überholen. Unsere heutigen, kurzsichtigen Führungen werden irgendwann aus den Ämtern gejagt bzw. nicht mehr nachgefragt. Die großen Medien haben sich zunehmend geistig abgeschottet (das Gegenteil davon ist nur spurenhaft zu entdecken und noch lange keine Wende). Ablehnung werden sie mit Klauen und Zähnen verhindern wollen, wie man heute bereits deutlich sieht. Wir gehen heißen Zeiten entgegen wegen unserer versagenden Eliten, die mit ihrem greisenhaften Starrsinn keine Korrektur ihrer Fehler hinbekommt.

  10. UNSERE GESELLSCHAFT MUSS DRINGEND ENTRÜMPELT WERDEN, und zwar vor allem von dem ganzen Alt-68-er Politschmock, der als ranzige Verkrustung wie Blei über dem Land liegt. Er hat nicht nur bestehende Strukturen zerstört, er will auch in Form seiner linksgrünen Epigonen verhindern, dass sich neue, sinnvolle Strukturen bilden können. Wie ein Minengürtel ist der 68-er Ideologiemüll um alles herum gelegt, nur um sicher zu stellen, dass keiner rankommt. Aber genau das muss man tun: die Hirne müssen wieder reingewaschen werden von diesem Gift, das unsere Gesellschaft zersetzt. Vor allem das Bildungssystem wurde instrumentalisiert, missbraucht, verunstaltet, ruiniert, die Sprache verhunzt.

    Durch katastrophale Entwicklungen wie „Schreiben nach Gehör“ werden selbst intelligente Schüler zu Analphabeten erzogen. In Schulen wird nur noch prozess-, nicht mehr zielorientiert gearbeitet. Da reden Pädagogiktheoretiker ohne jede praktische Unterrichtserfahrung sich die Köpfe heiß, wie kleine Kinder befetzen sie sich, infantil will jeder die Lufthoheit über dem Pädagogikterrain für sich. Methodenfetischismus statt effizienter Lernprozesse.

    Der ehemalige Leiter von Deutschlands renommiertester Privatschule Schloss Salem, Dr. Bernhard Bueb hat das Problem erkannt und darüber geschrieben. Der bekannte Historiker Prof. Dr. Arnulf Baring stößt in etwa ins gleiche Horn. Kein Gesellschaftsbereich wurde nach dem Krieg so gründlich verpfuscht wie das Schulsystem. Das verkrustete 68-er/linksgrüne Establishment muss dringend entzaubert und entmystifiziert werden, ihre Theorien und ihr Ideologieabfall müssen in die Tonne der Geschichte entsorgt werden. Dito alle Verlogenheiten, alle Pseudomoral, gesellschaftliche Fehlentwicklungen wie politische Korrektheit oder Gender.

    Es ist eine Mammutaufgabe. Aber es gibt weiß Gott genügend intelligente und hochgebildete Konservative, die dies leisten können. In der Bundestagsfraktion der AfD sitzen fast ausschließlich solche Leute. Man darf also noch hoffen.

  11. (A) Die Insuffizienz hat längst das akademische Milieu erreicht, gleich ob es sich um schriftliche Produkte von Doktoranden, Promovierten, selbst Habilitierten handelt. Zwei Fehler fallen besonders auf, weil sie die Hauptkorrekturarbeit ausmachen:

    (A1) Das Wirrwarr der Getrennt- und Zusammenschreibung, obgleich in der Mehrzahl der Fälle das bloße Sprachgefühl bereits leitend sein sollte. So kann ich zwei Objekte (physisch) zusammen fassen oder einen Text (inhaltlich) zusammenfassen. Wer nicht einmal für einen derartigen Unterschied ein Sensorium hat, würde nach klassischen Standards als akademisch fragwürdig gelten.

    (A2) Noch bemerkenswerter ist die Willkür der Kommasetzung. Relativsätze mit Komma sind die Seltenheit, dafür finden sich mitten im Text innerhalb zusammengehöriger syntaktischer und semantischer Einheiten Kommata, die das Lesen und Verstehen nicht etwa erleichtern, sondern erschweren. Das hat nichts mit „Atempausen“ des Lesens zu tun, denn auch die sollte man sinnvoll, d.h. am Gehalt des Textes orientiert wählen, und nicht gemäß seiner intellektuellen Kurzatmigkeit.

    (B) Ferner fällt im Vergleich zu Büchern des 19. Jh., aber auch noch der ersten Hälfte des 20. Jh. bis ca. 1970 die heute wesentlich größere Zahl von Druckfehlern auf, auch in Fachbüchern. Das kann selbst in sog. Qualitätsverlagen absurde Ausmaße annehmen, so kenne ich ein neueres (unkonventionelles, von der Konzeption her ausgezeichnetes) Lehrbuch der Theoretischen Physik, in dem die Zahl teils massiv sinnentstellender Fehler über 200 beträgt, bei einer Seitenzahl von ca. 250. Diese Lässigkeit der Verlage und Lektoren geht nicht nur auf Zeitdruck zurück, sondern korrespondiert m.E. dem Rechtschreibchaos, man fühlt sich halt nicht mehr so verpflichtet wie früher.

    (C) Eine strikt regulierte, differenzierte Rechtschreibung ist keine Schikane, sondern vermehrt den Reichtum des sprachlichen Ausdrucksvermögens. Allerdings erfordert dies auf der Seite des Rezipienten ein entsprechendes Wahrnehmungsvermögen. Wo der Wortschatz auf „Teil“ und „geil“, auf „Poll“ und „toll“ eingeschränkt ist, sind diese Voraussetzungen nicht mehr gegeben. „Bildung für Alle“ in heutigem Verständnis heißt nun einmal Nivellieren nach unten.

  12. Warte auf folgende politische Forderung:
    Sprache und Rechtschreibung drastisch vereinfachen – Wortschatz auf 1.000 begrenzen; das schaffen unsere Bereicherer vielleicht im Laufe der Jahre.

    Erleichtert doch die Integration und wir gleichen das Niveau an – alles super!

  13. Da ich viel mit älteren Texten, vorwiegend 18. und 19.Jh, zu tun habe, war mir von Anfang an bewußt, daß diese „Reform“ eine Rückkehr zu veralteten Schreibweisen bedeutete. Die Rechtschreibung entwickelte sich seit Adelung und Campe (von Chr.H.Wolke ist gar nie die Rede gewesen, weil zu radikal) hin zu größerer Verständlichkeit, Lesbarkeit. Niemand schreibt doch, um zu schreiben, sondern um gelesen zu werden. Dann muß man sich um eine „Lese-Reform“ kümmern.
    Daß ein bißchen komplexere Texte nicht einmal von Abiturienten verstanden werden, beobachtete ich schon vor Einführung der RS-„Reform“. Wie entwickelt man die BRD? Von 5% eines Geburtsjahrgangs mit Studienberechtigung zu 25%, 45%? Ja, freilich werden die Menschen immer länger (nicht größer). Daraus zu schließen, daß sie auch gescheiter würden, erscheint mir vermessen.

  14. Vielleicht ist ja die Schärfe der Regeln zur Rechtschreibung gar nicht so wesentlich im Vergleich zu der immer größer werdenden Unschärfe des Denkens … . Und ein bisschen spielen mit groß- und klein, mit Trennung, mit Kommata kann doch sehr amüsant sein, oder? Ich jedenfalls als Gefühsldeutscher mache das seit jeher so, hat mir nicht geschadet. Die Komma-Regel der Engländer heißt: Immer wenn du Luft holen musst, setz‘ ein Komma. Ansonsten ist es bei Denen ohnehin egal, wie man was schreibt … . Nur die Franzosen sind ähnlich stur wie die Deutschen.

    • „Ansonsten ist es bei Denen [den Engländern] ohnehin egal, wie man was schreibt“. Nein, das stimmt absolut nicht. Wirklich nicht. Und die Kommaregeln im Englischen sind anders als die deutschen, aber auf ein „wo man Luft hält“ beschränken sie sich nun wirklich nicht. – Oft haben diejenigen über ausländische Dinge die stärksten Urteile, die das Ausland nicht kennen.

      • Hinzu kommt, dass viele, die Englisch als Muttersprache aufweisen, selbst als sprachlich limitiert auffallen und wesentliche Regeln nicht beherrschen, woraus dann Externe meinen ableiten zu können, es gebe sie nicht. Was ich manchmal von „native speakers“ zu lesen bekomme, gibt zu denken. Umgekehrt ist das so, als würde ein Engländer die Beliebigkeit, die er bei der Durchsicht deutscher Texte erkennt (z.B. Rundbrief eines promovierten Juristen aus einer Universitätsverwaltung, der in 6 Zeilen 6 Rechtschreibverstöße aufwies), zum Anlass nehmen, zu behaupten, es gebe darin keine Regeln mehr.

      • Zustimmung zu R.J.: In den USA (über GB weiß ich nicht Bescheid) gilt unkorrekte Rechtschreibung nicht als Charakterfehler wie in Deutschland; normale Leute (oder etwa Handwerker in ihren Rechnungen) sind daher frei, ihre eigene falsche Orthographie anzuwenden, ohne dass sie schräg angesehen werden. Aber bei veröffentlichten Büchern, Zeitungen und im akademischen Bereich man sich sehr strikt an die Norm. Es rebelliert auch niemand und niemand hält das für ein „Unterdrückungsinstrument der Herrschenden“ oder so einen Quatsch; ohne großen seelischen Aufwand hält man einfach die Regeln ein.

  15. Beispiel:
    Eine alleinstehende Frau … (jedem war klar, was gemeint ist, also auf sich selbst gestellt)
    Nach der Reform:
    Eine allein stehende Frau … (hatte die Dame ein orthopädisches Problem und kann jetzt wieder allein stehen? Oder steht sie ganz allein an einer Bushaltestelle …?

    • Nein!!! Auch nach neuer Rechtschreibung darf man nur „eine alleinstehende Frau“ (eine Frau ohne Partner oder Familie) schreiben. Das ist es, was mich bei Diskussionen immer so zermürbt hat: Jeder behauptet irgendetwas über die neue Rechtschreibung, was er irgendwo gehört hat, und schaut einfach nicht nach, ob es auch stimmt!

  16. Mir kommt die Forderung nach einer radikalen Rolle rückwärts bei der Rechtschreibreform vor wie eine politische Demonstration um ihrer selbst Willen. Das ist zu krass. Bleiben wir doch bei praktischer Vernunft! Es wäre erneuter, erheblicher Änderungsaufwand durch Schulen, Büros und das ganze Land ohne einen sprachlogischen Gewinn unter dem Strich. Neue Unlogik würde durch alte Logik ersetzt – aber neue Logik auch durch alte Unlogik.

    Mittlerweile hat mehr als eine Schülergeneration die neue Rechschreibung von Anfang an oder durch Umlernen während der laufenden Schulzeit intus. Der Rest der Bevölkerung aber auch ziemlich durchgehend!

    Nicht alles, was sprachlich wichtig ist, hat mit Sprachlogik zu tun. Vieles ist einfach nur Übung. Irgendwann wird es zu Automatismus, sitzt in Fleisch und Blut. Das nochmal rückwärts? Nein, danke!

    Richtige Fehler, die Sprache teils bis ins Gegenteil missverständlich machen (z.B. getrennte Worte, die ein Wort bleiben müssen), die eine glatte Katastrophe sind, gehören natürlich revidiert. Die eingedeutschen Fremdwörter auch. Kann sein, es gibt noch ein paar Sachen. Die Genderzeichen sind ein den Lesefluss störender, überflüssiger Krampf, zumal es keine akustische Umsetzung geben kann. Bei der Sprache kommt die Akustik zuerst! Historisch und beim Einzelnen. Die Schrift hat der Akustik zu folgen.

    Aber sonst?

    ss statt ß:
    Wo ist das Problem? Doppelkonsonant nach kurzem Vokal erfüllt die (deutsche) akustische Sprachlogik! Akustische Logik und schriftliche Umsetzung sollten sich gut wie möglich entsprechen. Sprache und Schrift sind zum Verstehen da. Man hätte das ß gleich ganz abschaffen können ohne Verlust der Verständlichkeit. Es ist reine Umgewöhnung. Wenn ich heute „(ich) wußte“ lese, stockt der Lesefluss bereits, weil der blitzschnelle, in einem Rutsch stattfindende Automatismus der Komplettverarbeitung darauf nicht mehr anspricht. Ich muss dann nachdenken, dazu gehört parallel auch eine akustische Vorstellung… und ich lande bei einem falschen langen u!

    einbläuen statt einbleuen & Co.:
    Warum nicht? „Einbleuen“ war von Anfang an ein Fehler, der nicht hätte sein sollen. Muss wohl aus einer Zeit stammen, als die deutsche Sprache noch ziemlich freihändig geschrieben wurde. Wozu also rückwärts ändern? Sind die „Eltern“ ein Grund, die konsequent Ältern geschrieben werden müssten? Nein. Das häufig gebrauchte Wort Eltern, das zudem keine zusammengesetze Wortkonstruktion (wie z.B. „einbläuen“) ist, wird längst als eigenständiges Wort aufgefasst, das sogar einen substanziellen Mehrwert bietet. „Eltern“ bedeutet mehr als nur „(die) Älteren“. Ulkig wird es, wenn die „elterliche Wohnung“ durch eine „älterliche Wohnung“ zu ersetzen wäre, obwohl sie ziemlich neu sein kann.

    Kommaregeln:
    Wie schön, dass keiner mehr alles weiß und somit keine überflüssige Strenge um ihrer selbst Willen herrscht – wie beim Englisch. Nun kann man einen Satz mit Kommas so strukturieren, wie man meint, dass die Sinngruppen am effizientesten zu erfassen sind und natürlich irrtumsfrei. „Er begann, seinen Hut auf dem Kopf, zu essen“ steht nach wie vor mit Kommas in meinen Hausregeln.

    Vielleicht hatte die Rechtscheibreform sogar etwas ungewollt Gutes. Die alte Schreibpflicht war grundsätzlich gut zu gebrauchen aber stellenweise doch unnötigerweise überstreng, ohne dort zur Verständigung so streng sein zu müssen. Wenn Stellenbewerbungen an sowas scheitern, wird der Fokus nicht auf die Qualität der eigentlichen Arbeit gerichtet sondern auf einen Drill mit disziplinarischen Folgen.

    So könnte ich mir vorstellen, dass nun, durch die Reform etwas aufgelockert, sich die Schreibweisen tatsächlich in der Bevölkerung entwickeln können. Das Bessere soll das Übliche werden. Diese Entwicklung kann es nämlich -nicht- geben, wenn in der Schule eiserne Strenge herrscht und hinterher Berufsschicksale von der strengen Richtigkeit abhängen. Eine solche Sprache wäre tot.

    Sprachänderungen sind Sache eines feinen Riechers. Akademischer Anspruch ist hier nicht unbedingt mit dem Ohr an der richtigen Stelle.

  17. Hallo Kraus, hastu Problem? Ändert sich, Sprache. Einfach+. Gerecht+. Toll. Sprache sein Ausdruck. Ich In divi du um, da her ich zusam mensch reiben wie ich wollen. Verstestu? Auch komm ata wie ata wollen. Ich ata. Du oto. Wir utu. Einfach 20, komm ata ,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,, komm nur. Verstestu? Zeiten von „Da dieser Hang nun selbst als moralisch böse, mithin nicht als Naturanlage, sondern als etwas, was dem Menschen zugerechnet werden kann, betrachtet werden, folglich in gesetzwidrigen Maximen der Willkür bestehen muß; diese aber, der Freiheit wegen, für sich als zufällig angesehen werden müssen, welches mit der Allgemeinheit dieses Bösen sich wiederum nicht zusammen reimen will, wenn nicht der subjektive oberste Grund aller Maximen mit der Menschheit selbst, es sei, wo durch es wolle, verwebt und darin gleichsam gewurzelt ist: so werden wir diesen einen natürlichen Hang zum Bösen, und, da er doch immer selbstverschuldet sein muß, ihn selbst ein radikales, angebornes (nichts destoweniger aber uns von uns selbst zugezogenes) Böse in der menschlichen Natur nennen können“ sind vorbei. Kannt jeder besser+. Mensch gut+. Genial+. Bum bum. Versteht jeder. Qualifizierte Identifikations Flexibilität. Ambivalente Motivations Akzeleration. Emanzipatorische Innovations Konzeption. Konstruktive Fluktuations Präferenz. Das ist Zukunft. Hastu Problem damit?

  18. Fehlende „Eszetts“ und Umlaute in meinen Beitraegen gruenden uebrigens darauf, dass ich eine US-Tastatur benutze und selten Lust habe, „Alt+XXXX“ fuer die entsprechenden Buchstaben zu tippen. Man moege mir das nachsehen. 🙂

  19. Darf ich bei dieser Gelegenheit auf die Zeitung „Deutsche Sprachwelt“ hinweisen? In unreformierter Schreibung, politisch unabhängig und neutral, erscheint vierteljährlich und wird nur durch Spenden finanziert. Kostenloses Probeexemplar bestellen! (Herr Kraus und Reiner Kunze haben auch schon darin mal etwas veröffentlicht.)

  20. Es liegt ein sachlicher Fehler vor:
    Die Ä-Schreibung von Ältern, Gämse und so weiter kommt vom Stammwort (alt, Gams).
    Die Ä-Schreibung von „behände“ und „schnäuzen“ hingegen ist blödsinnig. Ein gewisser Prof. Augst ist dafür verantwortlich, sein Steckenpferd ist „Volksetymologie“. Das wiederum ist ein Euphemismus für Dummheit. Genauer: „schneuzen“ hat nichts mit Schnauze zu tun, und behende hat nichts mit den Händen zu tun. Die Ä-Schreibung ist hier einfach nur dumm.
    Noch bekloppter wird es bei „greulich“. Das Wort ist ganz abgeschafft worden, denn das Wort „gräulich“ kommt von „grau“, ist also eine Farbe.

    • Doch, „behende“ hat tatsächlich mit den Händen zu tun, hat sich aber schon (wenn ich nicht irre, zu Luthers Zeiten) sehr früh zur Bedeutung von „wendig“ gewandelt. Bei „greulich“ haben Sie recht, es wurde uns eine Unterscheidungsmöglichkeit genommen. Und „Gams“ ist eine Nebenform von Gemse, nicht die Urform.

    • Wie so „greulich“? Hat das nichts mit Grauen zu tun? Kann das nicht überhaupt alles von „grau“ gekommen sein?

  21. Finde ich gut, dass man zu der Erkenntnis kommt, dass man die Rechtschreibereform besser nicht gemacht hätte. Ist ja so schon schwer genug. Ob das eines Tages auch mal über den Euro, die Energiewende, oder Willkommenskultur gesagt wird? Das Bewährte ist oft nicht das Schlechteste.

    • Wie sagte Jochen Malmsheimer einmal: „Frueher war NICHTS besser…aber es gab Sachen, die waren frueher gut. Und sie waeren es auch heute noch, wenn man die Finger davon gelassen haette!“

  22. Ein gebildeter Bürger beherrscht ungefähr 8 – 10 Tsd. Wörter, unabhängig von der Rechstschreibung. 75 Tsd. Wörter umfaßt die deutsche Sprache und ca. 300 Tsd. sind bekannt und archiviert über die letzten Jahrhunderte. Um sich also gut unterhalten zu können, sollte man ungefähr die Erstgenannte Zahl beherrschen, wobei sich allerdings fachspezifische Wörter auf allen Ebenen noch zusätzlich unterscheiden und die bleiben in der Regel für nicht gleichgepolte Zuhörer ein böhmisches Dorf, denn Umgangssprache bezieht sich auf normale Kommunikation in allgemein verständlichem Rahmen und da wird die Luft allerdings dünner, je mehr man mit Wissenden auf höchster Ebene kommuniziert und selbst die haben hie und da Probleme bei der Wortfindung und Satzstellung unabhängig von der Sprachforschung- und Lehre, die auch in ihre überbordenden Richtlinien die deutsche Sprache teilweise zu einem Monster gemacht haben und was haben es die Briten schön, mit ihrer einfach gestrickten Wort- und Satzwahl und es wäre gut, wir hätten das angelsächsische selbst beibehalten, wurde es doch vom Norden Deutschlands nach Großbritannien exportiert und somit wären wir viele Probleme los, denn englisch ist nun mal eine Weltsprache, wenn auch Teile davon hiesigen Ursprungs sind.

  23. Mit der Rechtschreibreform ist mir meine Orthographie immer egaler geworden. Ich kann nur sagen: das befreit ungemein.

    Schwieriger wird es natürlich für die, die meine Texte lesen müssen. Als ich noch Klausuren korrigierte, merkte ich, wie viel mehr Zeit es kostet, trotz Rechtschreibfehlern und insbesondere trotz der vielen falsch gesetzten Kommas, einen Text überhaupt zu verstehen. Aber, und da liege ich ja voll im Trend: was interessieren mich meine Leser! Hauptsache, ich selbst kann mich genau so ausdrücken, wie es mir passt. – Die Rechtschreibreform ist Ausdruck genau der Egozentrik, die zunehmend zur öffentlichen Norm wird.

  24. Jegliche Rechtschreibreform, die für mich nie etwas anderes darstellte, als weitere, von ganz oben verordnete Volksverblödung, habe ich jederzeit komplett ignoriert – und komme sehr gut damit zurecht ?

    Wenn ich „Leichte Sprache“ sehe, lese, wird’s mir schier übel, im Land der Dichter und Denker.

  25. Sprache ist und gehört zur Kultur und Geschichte. Hat Deutschland eine Kultur und Geschichte? Lassen wir es einfach im Raum stehen. Fest steht, dass es in Deutschland nur noch sehr wenige Menschen gibt, welche sich mit der deutschen Sprache auseinandersetzen. Herr Reich Ranitzky war so eine Persönlichkeit, welche die deutsche Sprache hoch hielt und auch immer wieder deutlich machte, wie sie zustande kam. Unsere Politiker sind wahrlich keine Vorbilder, was die deutsche Sprache betrifft und mancher Politiker beherrscht sie nicht einmal ansatzweise. Ja, ich stimme damit überein, dass die Rechtschreibreform ein Akt der Überheblichkeit von Politikern darstellt. Leider kümmern sich Politiker um Dinge, die sie nichts angehen und verstehen, weil sie in der Filterblase leben, alles bestimmen zu wollen. Die Überheblichkeit der Politik ist grenzenlos sowie ihr fehlender Sachverstand. Das wird sich auch nicht ändern, den Politik hat sich verselbständigt und mit dem Bürger nichts mehr gemein, leider.

  26. die notwendigste neuerung wurde leider nie angegangen, es ist die abkehr von der großschreibung. alle wesentlichen sprachen schreiben haben die kleinschreibung, das erkennen der nomina ergibt sich ganz leicht aus dem kontext (ich habe in moskau liebe genossen 😉 viele fremdsprachenschüler haben bei der großschreibung extreme probleme, weil es sie in ihrer eigenen sprache nicht gibt, tausende schüler fallen jährlich in der deutschen sprachdiplomprüfung wegen dieser rechtschreibregel durch, was für ein unsinn. ich hoffe, sie haben meinen text verstehen können. beste grüße, prof. dr. u. ramer

    • wennmanalleskleinschreibtkannmanauchdieleerzeichenweglassenallewesentlichensprachenmachendassounddasistdasultiimativekriteriumfürmich

      • Das stimmt, das klassische Latein in Rom kam ohne Wortzwischenräume und Satzzeichen aus. Sehr erstrebenswert!

        Da sieht man auch, wie dekadent unserer Schüler heute sind, die, selbst wenn sie noch Latein lernen, mit Wortzwischenräumen und Satzzeichen verwöhnt werden. Kein Wunder, dass die alle Allergien kriegen und veganisch esses wollen; das gab’s im Alten Rom jedenfalls nicht!

      • Ihre Aussage ist zu pauschal. Es gibt jede Menge Inschriften mit Wortzwischenräumen aus römischer Zeit. Ohne kam man meistens auf inhaltlich standardisierten Grabsteinen u.ä. aus. Die erhaltenen handschriftlichen Zeugnisse (Papyri, Holztafeln) zeigen ebenfalls Beispiele für Wortzwischenräume.

      • An LaLicorne: Danke für die Korrektur!

    • “ ich hoffe, sie haben meinen text verstehen können.“

      Ist viel schwieriger und anstrengender zu lesen.
      Herr Kraus bezeichnete die Großschreibung der Nomina als wichtig – die Großbuchstaben als Leuchttürme innerhalb eines Textes, wenn ich mich richtig erinnere.

    • Aha, angeblich können ausländische Deutschlernende also die einfache Regel („Substantive und Eigennamen werden großgeschrieben“) nicht behalten und fallen genau deshalb in Prüfungen durch? Wie kommen Sie darauf? Belege, Gründe?

      Ein Franzose beispielsweise ist doch von seiner Sprache eine ganz andere Komplexität der Schreibweise gewohnt und muss überdies noch die accents beachten. Mit fernöstlichen Sprachen will ich gar nicht erst kommen.

      Was Deutsch für viele Ausländer so schwer macht, sind eher die kaum regelhaften Flektionen, Präpositionen und andere liebenswerte Eigenheiten unserer Sprache. Selbst Deutsche sind nicht in der Lage, etwa zu erklären, warum es „Hofmauer“, aber „Friedhofsmauer“ heißt. In solchen Mysterien liegt die Magie unserer Sprache und wir sollten sie pflegen anstatt sie bloß als einen tumben Code ansehen.

      Groß- und Kleinschreibung jedenfalls sind nun wirklich eine Petitesse. Vielleicht möchten Sie aber nur aufgrund eigener Unsicherheit diesbezüglich, dass Ihre Mitbürger ebenfalls nur noch Kleinschreibung praktizieren können…

    • Ach, werter Professor Doktor Ramer, viele Fremdsprachenschüler, besonders englischsprachige, haben mit den willkürlichen Artikeln extreme Probleme (das Messer, die Gabel, der Löffel), weil es sie in ihrer eigenen Sprache nicht gibt.
      Sie sollten für die nächste Reform vorschlagen, diesen Unsinn zu ändern und nur einen Artikel zu behalten (de Messer, de Gabel, de Löffel).
      Und -zusammen mit Ihrer Kleinschreibung könnten weitere tausende Schüler ihre Sprachdiplomprüfung glanzvoll bestehen.
      (Ein Doktor schützt vor Torheit nicht.)

  27. Sehr geehrter Herr Kraus, Sie beschreiben die Situation aus kulturkonservativer Sicht und bedauern Verluste, die bei einer Modernisierung in Richtung einer politribalen, multimoralisch aushandelnden Post-Bildungsgesellschaft unumgänglich sind. Die Reform war nicht radikal genug, um zukunftsfähig zu sein, und leider hatten Frau Dr. F.D.J. M., Frau Prof. Göring-D., Frau Dipl.Theat. Roht usw. seinerzeit noch nicht das ganz große Sagen. Folgende Vorschläge zu dieser verpassten Schangse:

    (a) Radikale Reduktion des Wortschatzes auf 200-400 Worte. Die Sprache enthält genügend versatile Vokabeln wie „Ding“, „Teil, „tun“, „machen“ usw., der Rest geht mit Zeigen als interkulturell-gerechter Universalsprache. In der geistigen Auseinandersetzung genügen derzeit bereits Worte wie „RaSSismus“, „NaZZi“, „Gender“, „islamofob“ usw. völlig, somit steht kein Verlust zu erwarten.

    (b) Radikale Vereinfachung von Deklination und Konjugation. Das Englische zeigt, dass es auch ohne geht. Gleiches für Präpositionen.

    (c) Abschaffung aller bestimmten und unbestimmten Artikel.

    (d) Alternativ Einführung eines neutralen „das“ mit Nummer, die eines der 3647 Geschlechter anzeigt. Geistiges Niveau und Differenzierung zeigen sich darin, Artikel und Substantiv verschiedene Geschlechter zuzuweisen und damit Ambiguität und Sensibilität zu berücksichtigen. Steigerungsformen kann man mit einer Nummer von 1 bis 10 anzeigen, z.B. „Das376 Tasse374 sein voll5 das1001 gut8 Kaffee999.“ So etwas hätte in seiner Präzision sogar wissenschaftliches Niveau (Forschung für alle).

    (e) Verbot aller Nebensätze, Hauptsätze maximal 6 Worte lang, d.h. einfache Sprache als freiwillige Zwangsmaßnahme. Auch so lassen sich Gedichte schreiben, z.B. „Teil ist geil / Sinn ist hin / toll so Sachen / wollen ich machen / wann ich tot / alles in Not / hastu Kot.“ Erinnert das nicht an „Hälfte des Lebens“ von Hölderlin oder „Wanderers Nachtgedanken“?

    (f) Diese Vereinfachungen hätten vor allem den Vorteil, dass die Neuhinzugekommenen stärker und leichter als Bereicherung erscheinen. Auch als Analphabet oder im Widerstand gegen die Rechtschreibung sollte man gut und gerne leben. Letztlich ist es ein Gebot der Menschlichkeit, Standards so zu setzen, dass alle ihnen genügen können, ohne durch kulturimperialistische Ansprüche behelligt zu werden. Alles andere hieße diskriminieren (unterscheiden), und das wollen wir nicht.

    Es sollte also auch an der Rechtschreibfront gelten: Vorwärts immer, rückwärts nimmer.

    • @ R.J.: Göring-D.? Meinen Sie Göring-E.? Woher kommt dann aber der „Prof.“ bei einem abgebrochenen Theologiestudium?

      • In diesen Kreisen weht der Geist, woher und wohin er will, wie ein Wetterfähnchen mit Rückgrat, und ob E oder D oder P, es liegt doch alles so nahe beisammen, auch ist D ein ehrenwerter, gebildeter Buchstabe, denken Sie dezent oder debil oder duktil, und Prof. könnte heute jeder sein, so nehme ich mir die Freiheit, z.B. einen „Prof. stult. c.“ anzunehmen, wo das einfach so sein muss.

    • Es soll ja auch Naturvölker geben, deren Zahlengebrauch sich auf 1, 2 und „viele“ beschränkt. Das könnte doch eine interessante Zielstellung im Rahmen rotgrüner Bildungspolitik sein.

    • @R.J.: »politribal« ?

      Sie meinten vermutlich polytribal (oder noch besser als Ihr griechisch-lateinischer Mischmasch: multitribal oder polyethnisch).

      • Nein, siehe z.B. „Poliklinik“ – und der Mischmasch, nun ja, das ist halt Diversität, omnimoros sozusagen. Ich will doch nicht nachstehen. Darauf einen Göjardin-E.

  28. Die Erwähnung eines ähnlichen Falls wie Justitiar – Justiziar habe ich in meinem ersten Kommentar noch vergessen: Nation – Nazion.
    Weil die durchgehend angewandte Logik in manchen Fällen peinlich sein könnte, wurde wahrscheinlich auch hier eine Ausnahmeregelung geschaffen.

    Wieso nur? Wieso nur? Wieso nur?

  29. Ach Herr Kraus, nennen Sie mir bitte irgendetwas was die Politik mal gut hinbekommen hat. Die Politik löst keine Probleme, sie erzeugt sie nur.
    Es ist die Arroganz der Macht, die die Politik verführt. Wir können alles ändern (zum Schlechten) auch die Sprache. Es war schon immer ein Projekt der Linken die Sprache zu übernehmen und zu zerstören. Man höre sich nur mal die Nachrichten in „einfacher“ Sprache an. So tief sind wir inzwischen gesunken.

  30. Ah! Das Thema, das mir Mitte der 90er kurz vor Ende der Schulzeit nochmals im Deutschunterricht Kopfschmerzen bereiten sollte. Damals verkündete ein leicht bedrückter Deutschlehrer, dass wir noch einen Crashkurs in der neuen Rechtschreibung über uns ergehen lassen müssten. Aber die Rechtschreibreform mit ihren Vereinfachungen und Erleichterungen würde helfen, die Ausländer zu integrieren. Dafür könnte man seine Sprache auch mal ummodeln.
    Na, wenn er meint.

    Zu vielen im Artikel angeführten Punkten kann und möchte ich etwas anmerken. Jedoch wird mir das in strukturierter, geordneter Form nicht gelingen. Ich hoffe, dass die Lesbarkeit des Kommentars nicht ähnlich darunter leidet wie andere Texte unter der Verwendung modischer Marotten wie bspw. den genannten Formen „Leser*innen“ oder „Leser_innen“. In der Schule wurde für solche Fälle, in denen die Einbeziehung weiblicher Singular- oder Pluralformen nötig sein sollte, die Schreibung „/-inn“ bzw. „/-innen“, also „Leser/-in“ oder „Leser/-innen“, gelehrt. Und dem Duden haben einige meine Deutschlehrer schon damals nicht gemocht. Weil: ein kommerzielles Produkt!

    Ach herrje! Die Generalisierungsfehler mache ich auch. Und bisher ist mir das nicht einmal aufgefallen – im Gegensatz zu den zahlreichen Tippfehlern, die sich während des Korrekturlesens der Kommentarbeiträge noch verstecken, nach Veröffentlichung aber aus ihren Verstecken kommen.
    Zu dem Beispiel mit den Spaghetti kann man mithilfe oder mit Hilfe (letztere Schreibweise finde ich logischer) der Wörter „Lamborghini“ und „Ghetto“ etwas verdeutlichen:
    Das h hinter dem g in Wörtern aus der italienischen Sprache – also die Verbindung „gh“ – (s.o.!) macht aus dem geschriebenen g (gh) einen gesprochenen g-Laut ähnlich unserem deutschen g-Laut. Ohne h hinter einem g (nur g) würde das g im Italienischen als „dsch“ ausgesprochen werden: Dschetto(-s) (Getto/-s) bzw. Dschetti oder Lambordschini(-s) (Lamborgini/-s) oder Schpadschetti(-s) (Spagetti/-s) gibt es im Italienischen jedoch nicht (und unsere merkwürdigen Pluralformen italienischer Wörter schon zweimal nicht).
    Soviel zu der Mär, dass Menschen aus verschiedenen Kulturen etwas von- und übereinanderer lernen, wenn man sie zusammen wirft.
    Na, nun widerspreche ich mir hier selber. 😉

    Zitat: „Und selbst in Zeiten neuer Medien und einer fortschreitenden Digitalisierung von Information gilt: Wer die Rechtschreibung nicht beherrscht, weil er falsch geschriebene Suchbegriffe eingibt, versagt auch bei Internetsuchen.“
    In diesem Fall muss man (frau?) sich keine Geanken machen. Die K.I.s/-en der Suchmaschinen korrigieren die Fehleingaben mittlerweile entweder selbständig oder bieten mehrere Schreibvarianten bzw. Begriffe zur Auswahl an. Was in diesem Zusammenhang eher Sorgen bereiten sollte, ist die meist unsystematische Suche und einige der Gründe hierfür. Suchergebnisse entsprechen eher den benötigten Ergebnissen, wenn man Suchbegriffkombinationen verwendet und andere Begriffe, die unerwünschte Ergebnisse liefern könnten, in den Suchbefehlkombinationen explizit ausschließt. Das hierzu benötige logische Denken… Es findet so gut wie nicht statt. (Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich mich auch nur auf Suchbegriffskombinationen beschränke; Begriffsausschluß verwende ich auch nur selten).
    Nebenbei: Die Kommentarfunktion von „Tichys Einblick“ trennt die Silben bei der Eingabe automatisch. Und soweit ich das überblicken kann, sogar richtig.

    Die Wahl bei Formen wie bspw. Delphin – Delfin oder Photograph – Fotograf ist zwar insofern neu in der Regelung, als dass sie 1996 amtlich wurde. Die Praxis der Wahl in diesen oder vergleichbaren Fällen habe ich bereits Anfang der 80er Jahre so in der Grundschule (einer hessischen) gelernt.

    Den Erkenntnisschluß, dass die Rechtschreibreform ein Fehler war (oder wenigstens zahlreiche Fehler beinhaltet), hatte ein verantwortlicher Politiker bereits vor längerem eingestanden (welcher das war, weiß ich im Augenblick nicht mehr). Derselbe Politiker merkte jedoch auch an, dass die Politik die Reform aus Gründen der Staatsräson nicht rückgängig machen würde. Die Leute sollten nicht denken, Politik würde Fehler machen.

    Ich rätsele derweil, wann der Bedeutungswandel von Raison zu Räson stattgefunden hat. 🙂

    Wer in diesem Kommentar Rechtschreib- oder Tippfehler findet, darf sie behalten. Ich habe genug davon. 😉

  31. Diese Rechtschreibreform war so überflüssig, wie ein Kropf! Durchgeknallte „Wissenschaftler“ wollten zusammen mit fachfremden Politikern etwas „vereinfachen“. So braucht sich niemand zu wundern, dass das genaue Gegenteil dabei herausgekommen ist: Keiner weiß heute mehr, was „richtig“ ist! Aus „Stengel“ wurde „Stängel“, weil es von „Stange“ käme. Nur lernen Menschen Worte, sie leiten sie nicht ab! Und lässt man kleine Kinder so schreiben, wie sie wollen, dann verfestigt sich dieser Unsinn, und heraus kommt eine Art geschriebenes Ribery-Kauderwelsch. Als nächste Heldentat haben sie das „ß“ verkompliziert, anstatt es ganz abzuschaffen und alles nur noch mit „ss“ zu schreiben. Das Verrückteste ist und bleibt die Dreikonsonantenperversion: „Flussschifffahrt“. Nutze ich nie – schreibe auch weiterhin: Flusschiffahrt! Und auch diese völlig willkürlichen Auseinanderschreibungen werden von mir infragegestellt, da überflüssig! Viele Leute schreiben inwischen auch Worte auseinander, die eigentlich zusammengehören. Das sieht nicht nur dämlich aus, manchmal ergibt sich auch ein völlig anderer Sinn, und man muss raten, was genau gemeint ist. Meine Prognose: Wie die Zeitumstellung, die seit Jahrzehnten nur Kosten verursacht, hat auch die Rechtschreibung mit den jetzigen Regeln auf Dauer keine Zukunft! Sobald es Deutschland gelingt, sich aus dem Würgegriff der linksgrünen Minderheit*innen (sind nur 30%!) zu befreien, wird es auch bei Schrift und Sprache Veränderungen geben!

    • Alles nur mit SS zu schreiben ist eine Schnapsidee. Warum nicht auch gleich alle Umlaute weglassen und das Ypsilon? Ich will zwischen Bußen und Bussen unterscheiden können, und wenn die Schweizer behaupten, das sei ihnen egal, stelle ich ihnen das nächste Mal, wenn ich Busse zahlen soll, zwei davon vors Finanzamt.

      • Sehe ich auch so – die Regel „nach kurzen Vokal ss, nach langem ß“ ist kindereinfach und erlaubt die von genannte Differenzierung im Sprachbild. Klar geht’s auch ohne (Bsp. Schweiz), aber warum freiwillig auf sprachliche Feinheit verzichten?

  32. ………es ist schon ein k reuz, herr kraus, mit der deutschen sprache. die wird selbst in dissertationen oft nicht richtig eingesetzt!

  33. Ich war gerade ein paar Jahre aus der Schule, nach Bundeswehr im Studium, da wurde der Autor Rektor meiner Schule. Er galt als streng, doch dies war ja nun schon weit weg für mich. Doch recht hatte er. Ich denke solche Köpfe fehlen heute an allen Ecken und Enden!

    • Schulbildung verlangt wohlmeinende Strenge in der Sache. Diszipliniert lernen beigebracht zu kommen, diese Chance hat man nur einmal im Leben und man profitiert noch nach Jahrzehnten davon. Lehrer, die nicht streng (und zugleich gerecht) waren, habe ich schon als Schüler verachtet – sie haben schlicht ihre Aufgabe mir gegenüber nicht erfüllt.

  34. Die korrekte Rechtschreibung ist ein Thema, welches vielen inzwischen schlicht egal ist. Ich sehe dies als eine der vielen negativen Folgen der Rechtschreibreform. Hinzu kommen die Schulexperiemente á la „Schreiben nach Gehör“ usw.. Ganz offensichtlich legen auch die Schulen nicht denselben Wert auf Rechtschreibung, wie dies noch zu meinen Zeiten der Fall war.

    Da die Sprache als Anwalt mein Werkzeug ist, die ich mir über Jahrzehnte aneignen musste, habe ich die Rechtschreibreform von Anfang an abgelehnt. Es fehlte mir die Bereitschaft, mich wie ein Schüler hinzusetzen, um die neue Rechtschreibung zu üben. Ich kann im Alltag nicht jedes Mal im Duden nachschlagen.

    Meine Sekretärin ist mit der neuen Schreibweise ausgebildet worden. In der Folge haben wir nun einen recht freien Mischmasch, mit dem ich inzwischen auch leben kann. Daher habe ich mich von der reinen Lehre verabschiedet, es geht auch so.

    • Seien Sie froh, dass Sie einen Beruf ausüben, in dem Sie zumindest teilweise etwas mitgestalten können, was ihnen am Herzen liegt. Jeder von uns ist prinzipiell Sachwalter der eigenen Sprache (sofern ein Bewusstsein dafür vorhanden ist) und kann im Alltag wie im Beruf laufend etwas gegen die Verhunzung tun…

    • Naja .. Ihr Beispiel von den Skifahrern läßt aber auch zu wünschen übrig. „Gleichzeitigkeit“ und „Zeitgleichheit“ sind durchaus synonym, wenn es nicht um quantitative Differenzierungen geht wie z.B. Bruchteile von Sekunden. Kommt immer auch auf den berühmten Kontext an.

      Ihr Beispiel zeigt aber, daß Zeitbegriffe einer kulturellen Wertung unterliegen. In Bahasa Indonesia = Lingua franca im indo-malayischen Sprachraum gibt es ein ganz anderes Verständnis von „sofort“, „jetzt“ und „gleich“. Entweder der Bus kommt wirklich sofort oder erst in vier Stunden. Zeit ist gleich Gummi.

      • “ ausschließlich … im Duden, weil es von einer kritischen Masse Menschen, die kein Sprachgefühl hat, falsch benutzt wird. “

        Klasse. Haben Sie noch mehr davon?

        Lachend: Indigoartshop

  35. Der Vollständigkeit halber sollte man die damals treibenden Kräfte (Politiker, Interessenverbände etc.) unbedingt benennen.

    • Was bringt das? Nennen Sie mal ein Politikfeld (nur eines!) welches von den Akteuren (welch ein Euphemismus!) nicht zu Kleinholz verarbeitet worden ist oder wo man gerade nach Krfäten dabei ist (Automobilindustrie). Ob Innere Sicherheit, Verteidigung, Energie, Altersversorgung, Staatsfinanzen, Bildung (ha!), Infrastruktur, Medien=Propagandaanstalten, Justiz (Aufhebung der Gewaltenteilung) und neuerdings auch die Außenpolitik, mehr und mehr verbrannte Erde: es geht die Bachgasse runter.

  36. „Zurück zur Schreibung vor 1996!“ Ganz genau und „üben, üben, üben“.

    Ich frage mich immer, wie frühere Generationen in der Lage gewesen sind, die Rechtschreibung zu erlernen.

  37. Das ist nochmals sehr schön nacherzählt was hierzulande nicht alles unternommen wird, um Verunsicherung zu schaffen, bzw. um im linken Jargon zu sprechen, wie man traditionelle Strukturen nachhaltig zu grunde richtet. Zumindest dieses Ziel haben die gar nicht so weltabgewandten linken Macher der Reform erreicht, sie können eigentlich zufrieden sein, das Rad läßt sich nicht mehr zurück drehen.
    Eine sich ergebende Frage ist, wie es denn all den anderen europäischen ändern bislang ergangen ist. Ist man in Frankreich, England, Italien usw. auch derart sprachreformfreudig oder sehen diese Länder der Unbelehrbaren inzwischen dem unvermeidlichem Untergang ihrer Schriftkultur entgegen?
    Das nächste Projekt unserer linken Erziehungseliten ist nun offenbar die gendergerechte Sprache. Eigentlich unfaßbar, was sich die Bürger dieses Landes so alles bieten lassen. Mit dem alternativlosen Label „gerecht“ kommt man anscheinend überall durch und sie werden auch diesmal wieder damit durchkommen, unsere kompetenten Experten, denn ernsthafter Widerspruch ist hierzulande mittlerweile undenkbar.
    Was bedeutet das übrigens für Übersetzer im Allgemeinen und für die Herausgeber von Klassikern? „Der alte Mensch und das Meer“ oder „Der kleine Schneewitt und die sieben Zwerg*innen“.
    Vielleicht nur ein kleiner Trost, aber so richtig amüsant kann es werden, wenn die erste Koranausgabe in gerechter Sprache erscheinen muß.

  38. Alles richtig, Herr Kraus, nur eines wäre noch zu ergänzen: Es ist der deutsche Untertanengeist, der zur Unterwerfung auch unter diesen Unfug der Kulturmarxisten geführt hat.

    Niemand, der die bewährte Rechtschreibung beherrscht hat, war und ist gezwungen, diese aufzugeben – von Staatsbediensteten abgesehen. Und dennoch haben viele Erwachsene diesen blühenden Unsinn von „potenziell“ (aber z.B. „tangential“) und „heute Abend“ (aber „morgen früh“) usw. mitgemacht.

    Als professioneller Übersetzer schreibe ich dagegen nach wie vor so, wie ich es gelernt habe und weiterhin für richtig halte (nur „dass“ statt „daß“ habe ich in meinen Wortschatz aufgenommen). Kein Kunde hat je daran Anstoß genommen – die meisten sind so verunsichert, dass sie darüber nicht zu diskutieren wagen.

    Was im übrigen das „Gendern“ angeht, habe ich noch jeden Wunsch nach „Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“ damit abgebügelt, dass sie in der Konsequenz bei Sprachmüll wie „Bürger/innenmeister/in/kandidat/in“ landen. Mitunter hilft auch das Beispiel „Frauen sind die besseren Autofahrer und Autofahrerinnen“.

    Jeder kann sich im Alltag gegen die unverschämte Anmaßung bürokratischer Taliban zur Wehr setzen, auch noch die deutsche Sprache zu dekonstruieren…

    • Nur Mut bei der Rückkehr zum „daß“. Ich bin auch schreibend tätig, und bei meinen eigenen Texten habe ich noch nicht einen einzigen reformierten Satz geschrieben.

    • Die gute alte Technik des Korrekturlesens hilft dabei, auch solche allfälligen (Schreib)Fehler weitgehend auszumerzen. Danke übrigens für das schöne Beispiel mit den armen Österreicher/innen, die nun halb Mann, halb Frau sind und entsprechend verwirrt sein müssen. Revanchiere mich mit der Frage: „Wie heißen korrekt eigentlich die Männer der Gazelle und der Giraffe?

  39. Zitat: “Wer die Rechtschreibung nicht beherrscht, weil er falsch geschriebene Suchbegriffe eingibt, versagt auch bei Internetsuchen.” Hier liegen Sie vielleicht nicht ganz richtig, Herr Kraus 😉

    Versuchen Sie’s mal und geben Sie “Josef Kruas” in Google ein 😉

  40. „Der wohl größte Konstruktionsfehler der Rechtschreibreform war, dass man sie nicht an linguistischer Logik, sondern am Horizont von Grundschülern ausrichtete.“

    Das sehe ich anders!

    Der größte Fehler ist, das man Sprache nicht als das behandelt als was es ist!
    Sprache ist ein Werkzeug. Nicht mehr und nicht weniger.
    Es kommt nicht auf Rechtsschreibung an. Auch diese ist nur Mittel zum Zweck.

    Verständlichkeit ist das Schlagwort, auf das es ankommt. Da geht es weniger um Grammatik und Rechtschreibung als um Verständlichkeit insgesamt.

    Verständlichkeit sollte immer im Mittelpunkt stehen und so sollte auch die Sprache gelehrt werden. Wenn also Sätze über 5 Zeilen gehen, so ist das genauso schlecht wie manche Fehler in der Rechtsschreibung oder Kommasetzung, und zwar immer dann, wenn die Verständlichkeit nicht mehr gegeben ist.

    So kann eine Sprache auch lebendig bleiben. Starre Rechtschreibregeln braucht man dagegen nicht wirklich. Das ist reine Gängelung von preußischen Beamten.

    • Ihr Plädoyer zugunsten eines möglichst eingängigen Ausdrucks unterstütze ich zwar, sehe aber nicht, weshalb dazu eine einheitliche Rechtschreibung geopfert werden muss, die ein hohes und ebenfalls der Verständlichkeit dienendes Gut ist und im übrigen von allen Kulurnationen der Welt verfochten wird.

      Weshalb ein durchdachter und wohlformulierter Satz bei Ihnen keine fünf Zeilen einnehmen darf, erschließt sich mir ebenfalls nicht – Sie sagen doch selbst, dass lediglich die Verständlichkeit gegeben sein muss, diese ist aber nicht an eine bestimmte Satzlänge geknüpft. Unverständliches Zeug kann man auch in knappen Hauptsätzen absondern, Merkel ist eine Meisterin darin.

      Im übrigen würde ich mir die geschmähten preußischen Beamten zurückwünschen, die einst – in viel geringerer Zahl, aber mit großer Kompetenz ausgestattet – im Kaiserreich den Laden am Laufen hielten. Auch die damaligen Steuersätze und sonstigen Vorschriften würden uns unfassbar liberal vorkommen im Vergleich zu dem staatlichen Raubzug und der Gängelung in allen Lebenslagen unserer Tage, aber das nur nebenbei…

      • Rechtschreibung mit starren Regeln macht eine Sprache tot. Sprache sollte jedoch was lebendiges bleiben. Man benotet danach. Da einfach prüfbar, wird es schnell zum Hauptkriterium. Der Inhalt wird zu wenig in den Vordergrund gestellt. Auch braucht es diese „Gängelung“ einfach nicht. Was bringt sie außer: Nur so ist es richtig. Sprache ist nicht Mathematik. Das ist auch gut so…

        Lange Sätze werden unverständlich. Das Werkzeug kann gerne zur Hauptsache werden, doch dann geht es mehr um Kunst denn Komunikation.

        Achten Sie mal darauf. Diejenigen die klare Inhalte haben, schreiben fast alle reletiv kurze Sätze. Kurze Sätze zwingen einen zur klaren Logik.

      • Ich sage ebenso apodiktisch wie Sie: Lange Sätze sind gut verständlich (wenn man einen klaren Gedankengang sauber formuliert), lange Sätze zwingen umso mehr zur klaren Logik, weil einem sonst der Leser nicht folgen kann, lange Sätze erlauben es, dem Fluss der Gedanken zu folgen, und können so die Kommunikation noch verbessern. Von einem simplen Stakkkato möchte ich dagegen verschont bleiben; ich halte es für einen Ausdruck der Beschränktheit ebenso wie die Ablehnung gewisser unverrückbarer Regeln.

    • Das sehen Sie falsch. Eine verständliche Ausdrucksweise lebt von der Kenntnis und Anwendung der Regeln der betreffenden Sprache. Wer dies ablehnt, ist einfach nur zu faul sich der Mühe zu unterziehen, diese zu lernen. Oder würden Sie eine Fremdsprache unter Verzicht auf deren Regeln erlernen? Wohl kaum. Ihre Auffassung repräsentiert in anschaulicher Weise das Grundproblem unserer Gesellschaft, nämlich die Bequemlichkeit und Leistungsverweigerung auf allen Ebenen. Form und Inhalt bedingen einander. Das Ersteres von weiten Teilen der Gesellschaft in unserem Land für verzichtbar gehalten wird, sehen wir täglich, an Kleidung, Benehmen, Einstellung und schließlich auch an dem Umgang mit unserer Sprache. Die mangelnde Fähigkeit, Sätze die über fünf Zeilen gehen zu erfassen, ist als individuelles Unvermögen zu bewerten, nicht als schlimmeres Vergehen um die eigene Unkenntnis der Rechtschreibung zu entschuldigen.

  41. „Keine andere Sprache befindet sich in einem so erbarmungswürdigen Zustand wie die deutsche.“
    (Zitat: Wilhelm Karl Grimm)

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