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Organtransplantation

Widerspruchslösung: Unvereinbar mit der Freiheitlichen Grundordnung

von Gastautor

22.10.2018

| Lesedauer: 15 Minuten
Alle Jahre wieder, aktuell vom Bundesgesundheitsminister Spahn, werden Gesetzesvorstöße lanciert, die darauf abzielen, standardmäßig jede/n Einwohner/in zur potenziellen Quelle von Organen für Transplantationszwecke zu machen.

Nach Vorstellung von Herrn Spahn und vielen weiteren Personen und Organisationen soll in Deutschland, nach diversen anderen Ländern, die sogenannte Widerspruchslösung eingeführt werden, d.h., jeder/m dürfen automatisch nach Feststellung des Hirntods Organe entnommen werden, wenn nicht vorher ein Widerspruch eingelegt wurde, entweder vorher vom Hirntoten oder von den Angehörigen.

Die Gesamtthematik mit allen Teilfacetten abzuhandeln, würde ein komplettes Buch erfordern. Dieser Aufwand kann und soll hier nicht getrieben werden, vielmehr wird der Fokus auf die zentralsten Aspekte gesetzt, die ihrerseits ausreichen, um die Fragestellung definitiv zu beantworten.

Was ist eine Spende?

Zunächst eine Begriffsklärung zum Begriff der „Organspende“. Eine Spende ist nach gängigem Sprachgebrauch eine bewusste, freiwillige, willentliche Entscheidung, etwas ohne (direkte) Gegenleistung zu geben, gefolgt von der Übergabe des Gespendeten. Davon zu unterscheiden ist die Wegnahme (im Falle der Organe die Entnahme aus dem Körper) von etwas eigenem durch andere, ohne dass es vorher eine solche explizite Übergabeentscheidung gegeben hat (ein Raub wäre ein solches Beispiel).

Entschließt sich jemand bewusst und freiwillig dafür, einen Organspendeausweis auszufüllen und bei sich zu führen oder sich als Organspender/in zu registrieren, kann dementsprechend von einer Organspende gesprochen werden, falls es im Falle des Hirntodes zu einer Organentnahme kommt.

In allen anderen Fällen dagegen ist der Begriff der Spende sachlich unpassend; u.U. wird er in manipulativer Absicht oder mit Verschleierungsabsicht verwendet. Aus diesem Grunde wird der Begriff der Organspende in diesem Artikel ausdrücklich nicht für solche Konstellationen verwendet, in dem es sich nicht um eine bewusste, freiwillige Spende handelt.

Auch wird der teilweise ins Gespräch gebrachte Begriff der Pflichtspende als Oxymoron zurückgewiesen. Hier wird durch eine manipulative Begriffsneuschöpfung versucht, eine formalrechtliche Pflicht (z.B. analog einer Steuerpflicht) zu konstruieren / zu insinuieren für etwas, das fundamental freiwilliger Natur ist.

Die Freiheitliche Grundordnung als Referenzmaßstab

Die Freiheitliche Grundordnung ist die Rechtshierarchieebene oberhalb der Freiheitlichen Demokratischen Grundordnung (FDGO), die ihrerseits eine Ebene oberhalb der Verfassungsebene, die des Grundgesetzes, angeordnet ist. Die FDGO ist Deutschland-spezifisch, die Freiheitliche Grundordnung dagegen universell / landesunabhängig; das Vorhandensein der universellen / landesunabhängigen Freiheitlichen Grundordnung ergibt sich rein logisch, sie beinhaltet all das, was nicht landspezifisch ist, sondern für viele Länder gilt (z.B. für Frankreich, die USA usw.). Für den Zweck dieser Debatte kann man aber beide gleichsetzen, daher wird in der Folge nur die Freiheitliche Grundordnung berücksichtigt. Als Grundordnungen sind sie nicht direkt Teil der formalen Rechtsordnung, diese fängt in der Rechtshierarchie erst weiter unten an, auf der Verfassungsebene.

Die Grundordnungen sind aber sehr wohl hochgradig relevant bzgl. der Frage der Auslegung von Verfassungen, bzgl. der Grenzen der Verfassungen (was ist überhaupt legitim innerhalb einer Verfassung). In Deutschland z.B. ist das Kriterium für politischen Extremismus das Fordern der Beseitigung der FDGO oder eines Teils davon. Es ist auch das Kriterium für Parteiverbote.

Die Freiheitliche Grundordnung besteht aus all den Grundwerten und Grundprinzipien, die einerseits die Schranken für die darunter liegende Rechtshierarchieebene definieren und andererseits aber auch ihre Inhalte umreißen. Es ist eine Rahmenordnung, nur innerhalb dieses gesteckten Rahmens sind also länderspezifische Grundordnungen, entsprechende Verfassungen oder Gesetze zulässig. Sie beinhaltet bzw. berücksichtigt auch das gesamte Weltwissen über die Realität, den Menschen, die Geschichte, die Logik, die Mathematik und die Erkenntnisphilosophie. Die Grundwerte sind letztlich logisch gesehen Axiome, z.B. das Axiom der Gleichrangigkeit aller Menschen. Ein Grundprinzip dagegen wie das Verbot von Entscheidungen Befangener bzgl. Öffentlicher Angelegenheiten (nur sehr unvollständig in Deutschland umgesetzt…) ist aus der geschichtlichen Erfahrung in Kombination mit der Kenntnis um die Menschen hergeleitet.

Die Freiheitliche Grundordnung ist das, was die meisten Menschen meinen, wenn sie von „rule of law“, Rechtsstaat“, „Demokratie“ etc. sprechen. Es ist die Gesamtheit der abstrakten, von Zeit und Raum gelösten, Prinzipien, auf der die freien Gesellschaften beruhen (diese beruhen auf noch mehr, nämlich auch auf ihrer Geschichte, ihrer Geographie und ihren Staatsbürgern).

Ein Problem ist, dass es weder für die FDGO noch die Freiheitliche Grundordnung bisher eine textliche Fassung gibt, die man einfach mal nachlesen könnte; im Zweifelsfalle wird es auch nie eine geben, zumal über sie nicht wie bei einer Verfassung entschieden wird; sondern sie ist gewissermaßen schon vorhanden und wird entdeckt. Nichtsdestotrotz kann man sehr wohl darüber sprechen, genau wie es das Grundgesetz, das Bundesverfassungsgericht etc. und eben dieser Artikel tun.

Die Freiheitliche Grundordnung komplett zu umreißen, erfordert ein umfassendes Werk, ein normales Buch reicht dafür nicht aus, zumal sich eine Klarheit z.T. erst durch die Abgrenzung zu anderen Ordnungen, z.B. feudalistischer Ordnungen oder Clanordnungen, ergibt. Dieses Ausbelichten wird Zug um Zug geschehen, dieser Artikel beleuchtet einige Teilfacetten der Freiheitlichen Grundordnung.

Das Thema Organentnahme kann nicht auf rein gesetzlicher Ebene diskutiert werden, auch die verfassungsrechtliche Ebene ist zu klein. Sie muss daher auf Grundordnungsebene diskutiert werden, denn nur auf dieser kann geklärt werden, ob und falls ja, unter welchen Umständen, Organentnahmen überhaupt zulässig sein könnten; zumal das Grundgesetz auf dieses Thema gar nicht eingeht und es zum Zeitpunkt der Verfassung des Grundgesetzes gar kein Thema war. Aus diesem Grunde ist die Freiheitliche Grundordnung der Maßstab, gegen den alle Vorschläge gemessen werden, und nicht das Grundgesetz oder sonstige Rechtsnormen. Denn die Frage ist, welche Art von Regelungen zum Thema Organentnahme überhaupt legitimierbar sind.

Nach diesen Vorbemerkungen jetzt aber in medias res:

Heilung vs. Organentnahme

Das Ziel einer ärztlichen Behandlung ist konstitutiv immer die Heilung oder zumindest die Linderung von Beschwerden. Es soll eine Besserung des Gesundheitszustandes ggü. dem Fall einer Nichtbehandlung herbeigeführt werden. Dies besagt nicht nur das ärztliche Ethos, sondern in vielen Ländern, so auch in Deutschland, das Gesetz. Alles, was Ärzte tun, ist nur genau darauf ausgerichtet (bzw. sollte es sein).

Im Falle einer möglichen Organentnahme mit dem Ziel der anschließenden Transplantation dagegen muss aus physiologischen („medizinisch“ wäre hier vielleicht nicht ganz der richtige Begriff, da er zu sehr mit dem Begriff des Heilens in Verbindung steht) Gründen vollständig anders vorgegangen werden. Es muss der Körper nicht mehr geheilt werden, sondern er muss in einen für die Organentnahme optimalen Zustand gebracht werden, siehe z.B. Explantation bei Organspende nach diagnostiziertem Hirntod bei Wikipedia.

WIE ES IHNEN GEFäLLT
Organ-Spende: Mein Körper gehört nicht mir
Zwischen diesen beiden Zielen besteht ein fundamentaler, im Kern unauflösbarer Zielkonflikt. Zwar vielleicht nicht in jedem Einzelfall, aber doch in sehr vielen Fällen. Denn wenn das Ziel die Organentnahme ist (bzw. wäre), würde man Diverses unterlassen, was auf Heilung abzielt, z.B. das Geben bestimmter Medikamente. Man würde auch keine Zeit verlieren, denn je mehr Zeit bei jemanden vergeht, der im Sterben liegt, desto unbrauchbarer werden die Organe im Zweifelsfall.

Rechtlich versucht man zwischen beiden Zielen eine absolute Grenze einzuziehen, durch die Prozedur der Feststellung des sogenannten „Hirntods“, einer medizinisch-rechtlichen Konstruktion, die die Lebenden von den Toten trennen soll und dementsprechend, je nach Ausgang der Diagnose (Hirntod ja oder nein) verschiedene Zielverfolgungen vorschreibt bzw. erlaubt. Die Anforderungen an die Qualität dieser Diagnose sind hoch.

Formal findet sich dieser Zielkonflikt widergespiegelt in den unterschiedlichen Methoden zur Diagnose des Hirntods, siehe z.B. die Informationsbroschüre des Transplantationszentrums Freiburg, insbesondere das Diagramm auf Seite 4: Hirntod und Hirntoddiagnostik (PDF). Das Standardverfahren beinhaltet eine längere Beobachtungszeit, die sicherstellen soll, dass wirklich ein Hirntod vorliegt und die Fehlerwahrscheinlichkeit extrem klein ist.

Wie schon erwähnt, sind solche Wartezeiten aber im Hinblick auf eine Organentnahme suboptimal, denn schließlich sind ja dann schon Teile des Körpers „gestorben“ (daher ja auch der Begriff „Hirntod“) und „vergiften“ den restlichen Körper inkl. der Organe. Daher wurde bereits in der Vergangenheit die rechtliche Möglichkeit geschaffen, diese Beobachtungszeit drastisch zu verkürzen durch den Einsatz entsprechender Messungen („apparative Untersuchungen“).

Auch wenn die (deutschen) Regelungen detailliert sind und sorgfältig erarbeitet wurden, muss man doch konstatieren, dass der Zielkonflikt besteht und unauflösbar ist. Und man muss konstatieren, dass die Fehlerwahrscheinlichkeit nicht absolut null ist. Des Weiteren, dass es immer ein Restrisiko der gezielten Umgehung der Vorschriften gibt. Und damit gibt es ein Risiko, dass man für tot erklärt wird, obwohl man es nicht ist, und dann durch die Organentnahme endgültig ins Jenseits befördert wird.

Das Eingehen eines solchen, wenn auch im Mittel sehr kleinen und nur schwierig abschätzbaren, Risikos ist etwas, was man nur selbst tun kann, bei vollem Bewusstsein, freiwillig und nach sorgfältiger Abwägung. Eine solche Entscheidung kann niemals delegiert werden, es sei denn, ebenfalls durch eine sehr bewusste, freie und sorgfältig durchdachte Entscheidung.

Gibt es ein Recht auf Organtransplantationen?

Oder anders ausgedrückt: Ist es einer der Ziele der Freiheitlichen Grundordnung, auch unter Verletzung oder Zurückdrängung anderer Ziele, anderer Grundwerte oder Grundprinzipien das Leben von Schwerkranken durch Organtransplantationen zu verlängern? Sind entsprechende Rechtsnormensetzungen zu solchem Zweck legitimiert oder nicht? Und wenn ja, welche? Und vor allem: Welche nicht?

In der Freiheitlichen Grundordnung ist mit das oberste Ziel, der oberste Wert das friedliche und gedeihliche Zusammenleben der Staatsbürger (und die von ihnen erlaubten sonstigen rechtmäßigen Einwohner) des jeweiligen Hoheitsterritoriums. Zum Gedeihen gehört die Gesundheit. Daher sind verschiedene Maßnahmen wie z.B. Forschungsförderung, finanzierte Medizinstudiengänge, Erkennung und Eindämmung von Seuchen etc. nicht nur zulässig, sondern mindestens teilweise geboten.

Aber gleichzeitig gilt, dass die Gesundheit eine Res Privata ist, eine Privatangelegenheit. Die Gesundheit des/r Einzelnen (genauer: der erwachsenen Nicht-Mündel) ist keine Öffentliche Angelegenheit, es gibt keine Behörde, die dafür zuständig wäre, nicht nur das, es darf keine geben. Zulässig ist aber eine umfassende Aufklärung.

MEDIZINISCHES ERSATZTEILLAGER
Wie wir zu Zwangsspendern gemacht werden sollen
Dies folgt daraus, dass in der Freiheitlichen Grundordnung die Bürger selbstbestimmt sind, autonom sind. Sie schaffen die Behörden, sie definieren deren Aufgaben, sie geben Ihnen ein Budget, sie setzen die Schlüsselleute ein, sie bestimmen die Personen in den Aufsichtsorganen, diese allesamt sind ihnen Rechenschaft schuldig. Und nicht: Die Menschen sind für die Behörden da und haben von diesen Befehle zu empfangen, werden von diesen verwaltet und ausgeplündert, generell als dienliche Objekte behandelt. Deswegen heißt die Freiheitliche Grundordnung eben genauso und nicht Funktionärsdiktatur o.ä.

Generell gilt auch, dass in freien Gesellschaften Personen, die die Rechtsnormen ändern wollen, zunächst und primär die Staatsbürger überzeugen müssen. Und nicht die Behörden oder Parlamentarier. Die Staatsbürger wählen dann solche Parlamentarier, die entsprechende Ziele verfolgen oder sie versuchen die bereits gewählten zu überzeugen; aber ein Pressure-Group-artiges Vorgehen maßgeblich nur ggü. Parlamentariern (wie dies zunehmend zu beobachten ist) entspricht nicht der Konzeption der Freiheitlichen Grundordnung. Behörden wiederum folgen nur der Rechtsordnung, sie definieren sie nicht.

Da die Freiheitliche Grundordnung eine symmetrische Ordnung ist (eigentlich sind praktisch alle anderen Ordnungen asymmetrisch), alle (Staats-)Bürger sind gleichrangig (im Gegensatz z.B. zum Feudalismus oder einer Sklavenhaltergesellschaft), haben einzelne Bürger oder Gruppen von ihnen keine Befehlsgewalt oder Weisungsbefugnis anderen gegenüber. Und zwar auch dann nicht, wenn sie eine noch so große Mehrheit darstellen. Ausnahmen hiervon gibt es nur, wenn hochrangige Ziele / Werte anders nicht erreicht werden können, aber auch dann müssen eine Vielzahl von Bedingungen eingehalten werden (z.B. Gleichbehandlungsgrundsatz, Verhältnismäßigkeit, Notwendigkeit etc.).

Damit ist die Frage aber noch nicht beantwortet, nur ein Teil davon: Es wäre zulässig, Transplantationen grundsätzlich zuzulassen, Forschungen dafür zu finanzieren und auch einen rechtlichen Rahmen hierfür zu definieren, da diese die Zahl der Lebensjahre der Organempfänger z.T. erheblich steigern können. Die Bürger könnten allerdings auch Beschränkungen festlegen, z.B. bzgl. der Gesamtkosten oder Gesamtkosten pro gewonnenem Lebensjahr, denn Transplantationen sind sehr teure Operationen mit erheblichen Folgekosten.

Das Risiko der nicht-Beachtung eines Widerspruchs

Woher eigentlich sollen die Ärzte genau wissen, ob widersprochen wurde? In bestimmten Fällen ist dies eindeutig möglich, wenn z.B. ein Organspendenausweis vorhanden ist, der eine Organentnahme explizit verbietet. Was aber, wenn ein solcher Ausweis nicht vorliegt? Z.B., wenn man ihn in einer anderen Hose oder Handtasche vergessen hätte? Denkbar wäre ein Zentralregister. Aber wie kommen die Daten in dieses Register? Was, wenn die Daten dort manipuliert werden? Was, wenn das Register gehackt wird? Was, wenn man z.B. ein paar Tage vorher einen Brief an das Register geschickt hat mit einem Widerspruch, dieser aber wegen einer Panne innerhalb der Registerbehörde noch nicht ausgewertet wurde? Auch wenn in der Praxis solche Probleme und Fehler unwahrscheinlich sind, sind sie doch nicht ganz gleich null.

Hinzu kommt das Risiko einer vorsätzlichen Löschung eines Widerspruchs, z.B. durch Entfernen eines Organspenderausweises, in dem ein Widerspruch notiert ist, oder durch Löschung des Widerspruchs im Zentralregister. In der Geschichte gibt es genügend Beispiele für vergleichbare Fälle.

Aufgrund der Schwergewichtigkeit der Angelegenheit kann es daher keine solche Negativregelung (Widerspruchslösung) geben, sondern, falls es eine gibt, muss es zwingend eine Positivregelung sein, d.h., es muss eine Zustimmung explizit erteilt werden.

Ist kein Widerspruch eine Zustimmung?

Von den Befürwortern einer wird folgendes Argument angeführt: Diejenigen, die keine Organentnahme wollen oder sich noch nicht sicher sind, ob sie Organspender werden wollen, können ja sehr einfach einen Widerspruch einlegen, dies sei ja kein großer Aufwand und von daher Verhältnismäßig im Vergleich zum potenziellen Nutzen. Es könne jedem/r zugemutet werden, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen und dann eine Entscheidung zu fällen. Der Zwang, dies zu tun, sei zwar einer, aber eben nur ein kleiner und daher sozusagen vernachlässigbar.

Rechtlich bewirkt dies allerdings eine vollständige Umkehrung des Rechtsprinzips, dass kein Handeln, keine Willenserklärung eben genau das sei, nämlich kein Handeln und keine Willenserklärung (und der Fall des sog. Konkludenten Verhaltens fällt ja hier auch aus). Auf einmal wird aus einem Nichtstun, aus keiner Willenserklärung, das exakte Gegenteil konstruiert, nämlich eine de facto Willenserklärung zugunsten der Organentnahme. Kein Widerspruch soll also auf einmal eine Zustimmung bedeuten.

VERBORGENE WAHRHEITEN
Bei Anne Will: „Ersatzteillager“ Mensch – gemanagt von SPD und CDU?
Das bedeutet nicht nur das vollständige Aufgeben eines sehr bewährten Rechtsgrundsatzes, sondern schafft auch einen extrem gefährlichen Präzedenzfall, denn warum sollte so etwas dann nur bei diesem Thema möglich sein? Vielleicht gefällt es ja den Verwaltungsangestellten in den Ministerien, noch eine Vielzahl weiterer Themen so zu regeln, sie erzeugen dann Gesetzesvorlagen, lancieren eine Medienkampagne in ihrem Sinne, lassen dann das Parlament darüber abstimmen und auf einmal, im Laufe der Jahre, gibt es Dutzende von Themenkreisen, die, weitgehend an den Bürgern vorbei, so geregelt sind. Wer z.B. nicht widersprochen hat, dass fremde Leute in das eigene Haus mit einziehen sollen, dem/der werden dann einfach fremde Leute zugewiesen. Usw. usw.

Dies ist eine der größten Gefahren solcher Vorgehensweisen, mit dem Potenzial der Zerstörung der Freiheitlichen Grundordnung. Und aus diesem Grunde setzt diese diesbezüglich vollständige, absolute Schranken, die unter keinen Umständen überschritten oder umgangen werden können. Die Freiheitliche Grundordnung basiert maßgeblich und konstitutiv auf eben dem freien Willen, auf der Selbstautonomie der Bürger. Und dieses Fundament darf unter keinen Umständen angegriffen werden, zumal es ja gerade hier bei dieser Thematik sehr wohl andere Möglichkeiten gibt, die im Einklang mit der Freiheitlichen Grundordnung stehen.

Aber selbst dieses gewichtige und bereits allein ausreichende Argument ist nur einer der Gründe, warum kein Widerspruch keine Zustimmung sein darf. In den Debatten wird oft so leicht dahingesagt, es solle sich einfach jede/r mit dem Thema befassen, eine Entscheidung treffen, und im Falle des Widerspruches diesen einfach registrieren lassen. So aber ticken viele Menschen nicht, und die Freiheitliche Grundordnung „weiß“ dies. Viele würden zwar diesem Grundgedankengang zunächst zustimmen, auch dem der Organentnahme im Hirntodfall, aber: De facto fangen sie dann doch nicht an, gründlich darüber nachzudenken, sich zu informieren, sich mit anderen zu unterhalten, sich mit den Risiken auseinanderzusetzen, sich die Fälle herauszusuchen, wo Leute erst durch die Organentnahme getötet wurden usw. usw.

Das Thema ist nämlich schwerkalibrig und erfordert Zeit und mentale Ruhe. Diese kann aber durchaus, je nach Lebenssituation und Persönlichkeit, durchaus viele Jahre lang nicht gegeben sein. Und selbst dann werden sich viele unsicher sein und treffen erst einmal keine explizite Entscheidung. Und genau weil das so ist und weil die Freiheitliche Grundordnung dies ganz explizit berücksichtigt, schützt sie die Menschen davor, dass dann einfach andere für sie entscheiden. Denn das wäre de facto ein Missbrauch der Schwächen von Menschen.

Und genau dieser Schutz ist ein weiterer konstituierender Teil des Fundamentes der Freiheitlichen Grundordnung. Sie schützt nicht nur die Schwächsten in der Gesellschaft, sondern schützt auch solche Menschen, die nicht schwach im Sinne von z.B. minderjährig oder dement sind, sondern jede/n vor behördlichen / gesetzlichen Maßnahmen, die Schwächen von Bürgern zu deren Ungunsten ausnutzen (könnten).

Erlaubt die Freiheitliche Grundordnung Nudging?

Die Widerspruchslösung ist eine der Standardverfahren des Nudgings. Nudging (anstupsen) meint das paternalistische Manipulieren der Entscheidungsfindung von Bürgern durch eine Obrigkeit, ohne ihnen formal die Entscheidung aus der Hand zu nehmen. Ein anderes Beispiel ist die räumliche Anordnung von Kantinenessen in den Selbstbedienungstheken, die „schlechten“ Kuchen etc. werden ganz unten und nur auf kleiner Fläche gelagert, das „gute“ Obst besonders herausragend positioniert.

Nudging ist nur möglich, wenn es eine Asymmetrie zwischen den Bürgern gibt, typischerweise ein „Gremium“, eine „Bürokratie“, ein Parlament etc. vs. die „normalen“ Bürger und wenn sich erstere als Herrscher oder Vormund der Bürger aufspielen wollen. Dies aber widerspricht den Kerngrundsätzen der Freiheitlichen Grundordnung, nämlich dem der Symmetrie zwischen den Bürgern und dem Grundsatz, dass Behörden, Parlamente etc. zwar für die Bürger wirken, letztere aber nicht beherrschen, sondern vielmehr unter strikter Aufsicht durch die Bürger professionell und kostengünstig die jeweiligen Öffentlichen Angelegenheiten erledigen, die ihnen von den Bürgern aufgetragen wurden.

Nudging ggü. Kindern ist aber erlaubt, wenn es von den Eltern ausgeht oder sie das Nudging kontrollieren.

Darf ein sozialer und moralischer Druck aufgebaut werden?

Das Einführen einer Widerspruchslösung setzt den Standard auf Organentnahme. Da die meisten Menschen oder zumindest sehr viele sich nur ungern gegen den „Standard“ in ihrer Umgebung stellen, ist es für viele schwierig oder schwieriger, dann das Gegenteil des Standards zu tun. Wenn also die Ärzte auf die Angehörigen im Sinne der Organentnahme einreden und dann auch noch der „Standard“ via Gesetz ebenfalls dies fordert, wird ein Druck aufgebaut, dem viele nicht standhalten werden, obwohl sie anders denken.

An dieser Stelle prallen zwei Menschenbilder aufeinander, das u.a. der Liberalen, die implizit immer starke, gut informierte, rationale Persönlichkeiten voraussetzen, und das der Freiheitliche Grundordnung, die „weiß“, dass es sehr unterschiedliche Menschen gibt, die sich zudem von Minute zu Minute auch anders verhalten können. Es gibt solche starken, gut informierten, rationalen Persönlichkeiten, aber es gibt auch viele andere. Vor allem in dieser kritischen Situation, wo sie gerade eine/n Angehörige/n verloren haben und vielleicht noch weitere schwer verletzt sind.

Die Freiheitliche Grundordnung weiß von alledem und sie weiß auch (genauer: es ist in sie sozusagen eingeschrieben), dass es auch Menschen gibt, die, selbst wenn sie die Freigabe zur Organentnahme geben, dies später, ihr Leben lang, bereuen werden, weil sie sich fragen, ob ihr/e Angehörige/r nicht doch vielleicht wieder aufgewacht wären, wären die Organe nicht vorher entnommen worden. Sie schützt daher nicht nur die Hirntoten, sondern auch die Angehörigen, nicht nur vor dem Zwang, eine solche schwerwiegende Entscheidung unter hohem Zeitdruck und in einer sehr belastenden Situation zu treffen, sondern auch vor dieser möglichen, lebenslangen Qual.

Zusätzlich muss bzgl. der Frage des moralischen Drucks angemerkt werden, dass Rechtsordnungen zwar auch auf Moralvorstellungen beruhen, sie aber keine Moralordnungen sind, d.h., sie stellen die Abweichungen von Moralnormen nicht ab einer beliebig kleinen Abweichung unter Strafe, sondern nur größere Abweichungen. Ordnungen, die bereits kleine Abweichungen unter Strafe stellen, sind Tugendterrordiktaturen; historisch gesehen sind sie immer zu Terror degeneriert und gescheitert. Siehe hierzu auch den Fall Savonarola.

Die Freiheitliche Grundordnung ist dementsprechend zwar auf den höchsten moralischen Standards gegründet, erzwingt aber keine Moral bis ins Kleinste. Und daher darf ein moralischer Druck nur in Grenzen aufgebaut werden. Wo diese genau liegen, ist nicht exakt definiert, sondern in gewissem Rahmen variabel. Ein gewisses Maß an Werbung für Organentnahmen wäre in jedem Falle zulässig, ein persönlicher „Besuch“ von mehreren „Überzeugern“ zuhause jedes Quartal dagegen wäre deutlich zu weit gehend.

Organentnahme vs. Nothilfe

Das Durchführen einer Organtransplantation zugunsten von jemanden, der/die ohne diese höchstwahrscheinlich sterben würde, könnte ab einer bestimmten Sterbenswahrscheinlichkeit als Nothilfe deklariert werden. Das Leisten einer Nothilfe wiederum ist in der Freiheitlichen Grundordnung einer der Bürgerpflichten, die unter bestimmten Voraussetzungen, insbesondere der Zumutbarkeit und der nicht-Eigengefährdung, vorgeschrieben ist, siehe dazu §323c StGB: Unterlassene Hilfeleistung.

Der Grund für solche Vorschriften liegt darin begründet, dass einer der obersten Werte der Freiheitlichen Grundordnung die Hilfe und Unterstützung Hilfebedürftiger ist. Im Grundgesetz findet sich dieser Gedanken in den Artikeln 2 und 20. Den Menschen in einer Freiheitlichen Grundordnung ist es nicht egal, wie es ihren schwächsten Mitgliedern geht; und denen unter ihnen, denen das doch egal ist, wird durch solche Regeln auf die Sprünge geholfen.

Strukturell unterscheiden sich die normalen Nothilfekonstellationen aber in drei zentralen Punkten von einer Organentnahme:

* Das Risiko dieser Hilfe besteht im eigenen Tod

* Die Hilfebedürftigen haben keinen Anspruch auf eine solche Hilfe (siehe Begründung oben).

* Bei den meisten Hilfeleistungen hat man es selbst in der Hand, die Hilfeaktion abzubrechen oder anders zu gestalten, falls sich die Selbstgefährdungssituation erhöht; im Falle der Organentnahme dagegen ist man den Ärzten etc. vollständig ausgeliefert.

Daher ist die Argumentationslinie zugunsten der Nothilfe nicht auf den Fall der Organentnahme übertragbar.

Was im Einklang mit der Freiheitlichen Grundordnung möglich wäre

Nachdem erläutert wurde, was nicht geht, soll hier kurz angerissen werden, welche Regelungen möglich wären. Denn das Menschenbild der Freiheitlichen Grundordnung erlaubt es sehr wohl, dass Transplantationen stattfinden, sowohl Lebendtransplantationen (z.B. Spende einer Niere) wie auch Organtransplantationen von Hirntoten, vorausgesetzt, diese oder deren Angehörigen haben vorher zugestimmt (wobei die Angehörigen ein Verbot seitens des Verstorbenen nicht aufheben können). Denn freiwillige, bewusste Entscheidungen von Freien Bürgern sind ja gerade ein zentraler, konstitutiver Kern der Freiheitlichen Grundordnung.

Was aber wäre jenseits dessen, was ja in etwa dem aktuellen Rechtsstand in Deutschland entspricht, möglich?

Ausgeschlossen wären Maßnahmen oder Regelungen, die die Bürger in eine bestimmte Richtung drängen, z.B. durch direkte Geldzahlungen, Steuererleichterungen, Verknüpfungen mit anderen Themen (z.B. kürzere Wartezeiten für Zahnarzttermine, falls man sich als Organspender registrieren lässt). Denn solche Maßnahmen stehen dem Menschenbild der Freiheitlichen Grundordnung, dem des Freien Bürgers, entgegen; sie sind Lenkungsmaßnahmen, die darauf abzielen, die freien Entscheidungen, den freien Willen der Bürger zu verbiegen. Geldzahlungen an Angehörige haben zudem das Risiko, dass sie bewirken können, dass diese zu ihren eigenen Gunsten entscheiden könnten.

Vielen Menschen würde es leichter fallen, sich als Organspender zu registrieren bzw. einen Organspendeausweis mit sich zu führen, wenn es die Möglichkeit gäbe, einige Bedingungen anzugeben, insbesondere:

* Festlegung, welche verschärften Kriterien zur Diagnose des Hirntods zur Anwendung kommen sollen, z.B. längere Beobachtungszeiten, mehr Einzelmessungen

* Festlegung, dass nur bestimmte Personen (oder Organisationen) den Hirntod diagnostizieren dürfen bzw. daran mitwirken sollen bzw. diesen zusätzlich bestätigen sollen

* Festlegung, dass bestimmte Personen (oder Organisationen) an der Entscheidung zur Organentnahme mitwirken sollen (z.B. langjährig bekannter Hausarzt)

* Festlegung, dass es keine kommerziellen Verbindungen zwischen der Personen und/oder Organisationen geben darf, die die Diagnose des Hirntods durchführen und den Personen und/oder Organisationen, die die Transplantation durchführen

Generell wäre es denkbar, dass es verschiedene Regelwerke gibt, z.B. von Kirchen herausgegebene, auf die man Bezug nehmen könnte. Diese Regelwerke könnten parametrierbar sein, d.h., man kann bestimmte Lücken, z.B. bzgl. Beobachtungszeiten, selbst ausfüllen und auf diese Weise noch genauer bestimmen, was man will.

In der konkreten Praxis wäre es sehr hilfreich, wenn es einen formalen Rahmen mit genau definierten Begriffen gäbe, der den Ärzten in eindeutiger Weise mitteilt, was sie tun dürfen und was nicht. Zu diesem Zweck wäre es per Parlamentsbeschluss zulässig, solche Begriffe samt Bedeutung zu definieren, damit ein einheitliches Verständnis herrscht. Z.B. könnten verschiedene Messverfahren definiert werden und Begriffe wie „Beobachtungszeitraum“ genauer präzisiert werden. Es wäre dann (evtl.) möglich, dies zu kombinieren mit der freien Entscheidung eines potenziellen Organspenders bzgl. einiger Aspekte, z.B. Mindestbeobachtungszeitraum oder Einbindung weiterer Personen oder Organisationen.

Aufgrund der extremen Bedeutung der korrekten Durchführung aller Teilaspekte inkl. Feststellung, ob eine Erlaubnis erteilt wurde, wäre es auch angemessen, dies unter richterlicher Aufsicht durchzuführen und öffentlich zugänglich zu dokumentieren, inkl. der Messdaten; dies würde die Wahrscheinlichkeit von Fehlentscheidungen oder Manipulationen nochmals deutlich senken. Zulässig wäre auch die Zusendung von Informationen über eine Organspende, aber nur, wenn auch ausführlich und vollständig auf die Risiken hingewiesen wird.

Mit die größte Wirkung würde vermutlich von folgendem Konzept ausgehen: Nur diejenigen, die sich frühzeitig als Organspender registriert haben, werden als Organempfänger zugelassen (bei Organknappheit), wer selbst nicht zur Organspende bereit ist, verwirkt also die Möglichkeit zum Organempfang. Das ist eine reziproke Konzeption, die gerecht ist. Aus Sicht der Freiheitlichen Grundordnung spricht nichts gegen eine solche Regelung, sie ist freiwillig und symmetrisch. Die Details solcher Regelungen sind allerdings nicht ganz trivial. Diese Konzeption ist auch unter dem Begriff „Clublösung“ bekannt.

Fazit

Aufgrund des (kleinen) Risikos im Zuge einer Organentnahme, fälschlicherweise als hirntot diagnostiziert zu werden, ist eine automatische, gesetzliche Regelung, dass bei der Feststellung eines Hirntods die Organe entnommen werden dürfen, wenn man nicht widersprochen hat, fundamental und unabänderlich ausgeschlossen; jedwede Regelung dieser Art ist ein schwerer Grundordnungsbruch und damit rückwirkend und von Anfang an nichtig. Der Grund für dieses Verbot ist, dass das Eingehen eines solchen Risikos nur und ausschließlich das Ergebnis einer bewussten und freien Entscheidung sein darf.

Ein Recht auf eine Organtransplantation zu eigenen Gunsten gibt es nicht und kann es nicht geben, da es keine Überordnung der Kranken über die Hirntoten gibt, sondern in der Freiheitlichen Grundordnung das Verhältnis zwischen den Bürgern symmetrisch ist. Das Aufzwingen einer Entscheidung ist ebenfalls nicht zulässig, da dies eine zu schwierige Entscheidung ist und in der Praxis die menschlichen Schwächen einseitig ausgenutzt werden würden. Da das Risiko von Fehlern bei der Verwaltung der Widersprüche nicht null ist, ist aus diesem Grunde ebenfalls eine Widerspruchslösung ausgeschlossen.

Die Umkehrung des Prinzips, dass keine Willenserklärung eine Zustimmung ist, ist ausgeschlossen, da dies dem fundamentalen Konstruktionsprinzip der Freiheitlichen Grundordnung widerspricht, welches besagt, dass die Selbstautonomie der Bürger einen sehr hohen Rang hat. Auch würde damit ein gefährlicher Präzedenzfall geschaffen, der im Laufe der Zeit die Freiheitliche Grundordnung akut gefährden könnte.

Im Gesamtergebnis ist daher aus verschiedenen, schwerwiegenden Gründen eine Widerspruchslösung grundordnungs- und damit verfassungswidrig.

Möglich ist aber eine Werbung für Organspenden, aber nur, wenn auch auf die Risiken hingewiesen wird und wenn die Urheber der Werbung ihre ggf. vorhandene Befangenheit und Finanzierungsquellen offenlegen. Und möglich ist eine Regelung, nach der (bei Organknappheit) nur rechtzeitig registrierte Organspendewillige, Empfänger von Organen sein dürfen (Clublösung).


Bryan Hayes ist als Softwarearchitekt in der IT-Branche tätig.

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40 Kommentare

  1. Ein wunderbarer Artikel, der das Problem und alles, was damit zusammenhaengt (vom Dilemma des Arztes wie das der Patienten, der Familien etc.), aufzeigt. Bravo. Ich gestehe, ich hatte in der Mitte die Neigung das Lesen abzubrechen, da ich der Meinung war, mittlerweile sollte alles gesagt sein. Aber andererseits, Sie haben vollkommen Recht: dieses Thema ist nicht einfach so abzuhaken. Die Tatsache, dass so wenig Menschen in diesem Land einen Organspendeausweis haben, ist Beleg genug. Das Thema ist nicht praesent bei den Menschen. Wer schliesslich, wenn er kein Grufti/Gothic ist, setzt sich aktiv mit dem eigenen Tod, der Vergaenglichkeit, oder dem eines nahestehenden Angehoerigen auseinander ohne dass akuter Bedarf besteht? Dem kann man nur mit grossen Kampagnen, wie im Text erwaehnt, begegnen um den Menschen in Anbetracht vieler Skandale die sehr reale Sorge zu nehmen: komme ich als Patient in ein Krankenhaus, oder als fleischiger Organlieferant? – Ich persoenlich mache mir manchmal Gedanken, ob ich einen solchen Ausweis will und meine Zustimmung kund tue. Herr Spahns Idee nimmt einem die Entscheidung ab. Mittlerweile bin ich soweit, bereits zu ueberlegen wie ich meinen ausdruecklichen Unwillen zum Ausdruck bringe, fuer den Fall der Faelle. Welche Garantie habe ich denn, dass ein Arzt mich in Empfang nimmt und sorgsam abwaegt welche Chancen ich habe und wie diese aussehen und wie gross die Chancen der Organempfaenger sind? Dieses Thema hat noch viel zu viele Luecken, und eine umfangreiche Informationsbeschaffung ist schwierig fuer einen Laien (ich bin Arzttochter und kann dennoch nicht behaupten, mich bei dem Thema auch nur ansatzweise auszukennen – obwohl es mehrfach angesprochen, wenn auch nicht BEsprochen wurde…). Es geht um das eigene Leben, „basta“, niemand kann mir da die Entscheidung abnehmen, selbst wenn es fuer mich so bequemer waere. Das Leben ist nicht dazu da bequem zu sein.

    • >> Mittlerweile bin ich soweit, bereits zu ueberlegen wie ich meinen ausdruecklichen Unwillen zum Ausdruck bringe, fuer den Fall der Faelle. Welche Garantie habe ich denn, dass ein Arzt mich in Empfang nimmt und sorgsam abwaegt welche Chancen ich habe und wie diese aussehen und wie gross die Chancen der Organempfaenger sind?<<

      Da reicht ein Tattoo im Brustbereich völlig aus 😉
      Meines war recht preiswert, da ich die "Rechte am Entwurf" freigestellt hatte .
      Die Dame meinte, dat mach ich mir auch.

      ein 3d Herz – durchkreuzt mit schwarzen Balken und Textumrandung
      oben
      NON – NO – HET letzteres für den kyrilischen Sprachraum
      unten
      ORGAN DONOR

      Machte bisher immer Eindruck (unterschiedlich ) bei meinem (gottseidank) noch seltenen Arzt-TüV
      Als mir bei der -für mich im Gegensatz zur Organspende- selbstverständlichen regelmäßigen Blutspende (nicht das die Gruppe sehr besonders seltene war, in Kombination mit Rh aber schon ) ein „Weißkittel“darob dämlich kam, habe ich diese sofort beendet (nach 26x)
      Sonderstufe – Nadel an Spange u. Urkunde – für etwa 10 Direktspenden (im direkten Kontakt mit dem Empfänger)
      Nadel in Gold gabs schon für 15x.

      Fazit: bei freiwilligen Spende(r)n einfach mal die Schnute halten?? 😉

      • @stolzer Sachse
        Ich hatte ja schon einmal geäußert, das ich die Idee der Tätowierung genial finde. Bei Frauen ginge das, wenn es nicht immer sofort sichtbar sein soll (Dekolleté), nur auf dem unteren Brustbein, was die Größe des Tattoo schon einschränkt. Je kleiner das Tattoo, desto leichter rausschneidbar. Ich hoffe, Ihnen jetzt nicht zu persönlich zu werden, aber wie groß ist ihr Herztattoo inkl. Schriftzügen? Wenn Sie die Rechte an dem Entwurf freigegeben haben, kann man diesen auf einer Website des Studios sehen (würde dann mit meiner Tätowiererin mal diskutieren ob Ihre Vorlage für mich praktikabel ist). Wie gesagt: geniale Idee!

  2. Bravo!
    Sie haben das gesamte Prozedere ad Absurdum Bryan Hayes!

    Ich persönlich war und bin dagegen,das der Staat sich an meinem oder dem Körper eines Angehörigen vergreift,wenn es nicht zu Lebzeiten durch die Person willentlich und ohne staatlichen Zwang erlaubt wurde!
    Gehe einer in die Leichenhalle und bestehle einen Verstorbenen,dann ist das eine schwere Straftat,die zu Recht verfolgt und bestraft wird.
    Nur der Staat will für sich wieder andere Brötchen backen?

    In unserem Land drehen mittlerweile so viele am Rad,da muß man vorsichtig sein das die „Leichenfledderei“ von Staats wegen nicht zum neuen Geschäftsmodell für Vater Staat wird.

    Für mich gilt: Ich nehme nichts,Ich gebe nichts,basta!

    Das andere Extrem wäre da die aktive Sterbehilfe,denn da sträubt sich der Staat ein Gesetz auf den Weg zu bringen,das sterbenskranke Menschen für ein würdiges Ende selber verantwortlich handeln können.
    Aber für die „Organspende“ werden eigentlich sterbende dann per Gesetz zum Ausschlachten freigegeben??
    Die Sache stinkt,da man nicht mit ein paar Gesetzeszeilen Unrecht zu Recht machen kann!!
    Für mich ist das Eulenspiegelei,aber nicht verantwortlich gedacht oder gehandelt.

  3. Zitat: „Widerspruchslösung: Unvereinbar mit der Freiheitlichen Grundordnung.“

    Vollkommen richtig. Aber jetzt mal ernsthaft, wen „juckt“ das denn überhaupt noch in diesem kollektiv-bunten Irrenhaus Deutschland? Gesetzesentwürfe die massiv gegen das GG verstoßen sind doch zwischenzeitlich on vogue. Man denke nur an das Erbe des Maasmännchens: Netzwerkdurchsetzungsgesetz

  4. Schön wie der Autor den Begriff Organspende hinsichtlich der Widerspruchslösung in Frage stellt! Neusprech ist augenscheinlich inzwischen in alle gesellschaftlichen Bereiche eingedrungen und kaum einer, ich wegen der „Organspende“ eingeschlossen, bekommt das mit. Auch das vom Autor beschriebene Konstrukt „Recht auf Organspende“ ist mir bislang nicht gegenwärtig gewesen. Es ist ein wichtiger Begriff bei der Abwehr dieser neuesten Attacke aus der herrschenden politischen Klasse gegen die Selbstbestimmung und Autonomie der Bürger. Besonders die Gefahren die aus dem Erklärungserfordernis einer Widerspruchslösung für uns immer noch viel zu arglosen Bürger drohen, ich muss mich da ausdrücklich mit einschließen, hat der Autor ganz hervorragend dargestellt. Und machen wir uns nichts vor. Würde mit der Einführung der Widerspruchsfrist erst einmal der Schutzdamm vor solchen Erklärungserfordernissen eingerissen werden, die herrschenden Eliten würden sich mit Sicherheit nicht scheuen, auf diesem Wege uns zu weitere Erklärungen zu zwingen. Erneut weise ich hier darauf hin, dass die Hirntoddefinition nur von einem zweifelhaften durch nichts legitimierten Gremium von Medizinern erfunden wurde, um den ersten Herztransplanteur, dem Südafrikaner Christiaan Barnard vor einer Anklage wegen Mordes zu schützen.

  5. So viel Text, wo es doch viel einfacher geht: Was ist Freiheit? Und was ist Recht?

    Freiheit ist eine Immunität, sonst wäre sie nicht frei sonder unfrei. Jede beabsichtigte Handlung ist frei, wenn sie nicht mit dem Recht eines anderen im Konflikt steht. Das nennt Anthony de Jasay die Freiheitsvermutung. Kant z.B. spricht von innerer und äußerer Freiheit. Die innere Freiheit sind die Gedanken, Theorien und der Wille, etc und die äußere Freiheit kommt im Wählen von Zielen, im Handeln zum Ausdruck. Damit jemand ein Recht zur Organentnahme hat, muss derjenige, der entnimmt, beweisen, dass er das Recht zur Entnahme hat. Das kommt im Vertrag zum Ausdruck. Also muss derjenige, der spendet im Vorfeld einen Vertrag schließen. Eine gegenseitige Willenskundgebung. Es geht also um Prinzipien. Eine Handlung ist legitim, oder sie ist es nicht. Der Wille (also die innere Freiheit) geht über den Tod hinaus (vgl. ltzter Wille)

    Der Vorschlag von Spahn steht in guter alter deutscher Tradition, damit meine ich die Tradition von 1933 bis 1945. Der Vorschlag ist totalitär. Niemand kann über einen anderen Menschen verfügen. Der Mensch ist kein Ersatzteillager, es ist eine andere Form von Menschenversuchen.

  6. Ich weiß nicht, ob man sich unbedingt auf die juristische Meta-Ebene der freiheitlichen Grundordnung begeben muss. Reicht es nicht schon aus, dafür die Persönlichkeitsrechte zu bemühen?
    Die Persönlichkeitsrechte der Lebenden ergeben sich aus Art. 2 GG (freie Entfaltung der Persönlichkeit) und der Persönlichkeitsschutz der Toten aus der Menschenwürde gem. Art. 1 GG. Das sollte doch eigentlich schon reichen, um die Zulässigkeit des Ausweidens eines Hirntoten ohne die vorherige Einwilligung des Betroffenen zu verneinen!?

    Andererseits finde ich es gut, dass der Artikel die rechtlichen Aspekte des „Organraubs“ ausführlich beleuchtet und dadurch wiederum den Werteverfall in unserer Gesellschaft – hier insbesondere (aber nicht nur) in der „Volkspartei“ CDU – offenlegt.
    Aber wenn wir schon an diesem Punkt angekommen sind, warum soll man als Organspender für den Fall des „Recyclings“ der eigenen Organe nicht wenigstens eine Entschädigung in Geld erhalten, damit die Angehörigen von den Kosten der Beerdigung entlastet werden?

  7. Die Todesstrafe ist unter anderem in Deutschland auch deswegen abgeschafft worden, weil es eben das Risiko gibt, dass ihr auch Unschuldige zum Opfer fallen. Mag dieses Risiko auch klein sein, es ist eben im Ergebnis final!

    Selbiges trifft für die Organtransplantation und die Organspender zu. Und dass gerade hierbei finanzielle Interessen eine Rolle spielen, wie zahlreiche Skandale bereits gezeigt haben und auch durch Organraub z.B. in Indien oder China drastisch belegt ist, zeigt auch ganz reale Missbrauchsgefahren auf, in die durchaus auch die Transplantationsärzte selbst verstrickt sein können (und waren).

    Die angestrebte Widerspruchslösung ist daher nichts anderes als der Versuch, einen als angeblich freiwillig maskierten Organraub zu legalisieren. Jens Spahn outet sich damit entweder als Zyniker oder als Dummkopf, der die Folgen einer solchen Regelung nicht überblickt.

  8. Jeder Mensch muss frei und unabhängig entscheiden können, was mit seinem Körper geschieht! Ein Recht des Staates auf die Körper der Bürger darf es nicht geben! Das hat für mich auch nichts mit mangelnder Hilfsbereitschaft zu tun. Der Staat darf einem Menschen das alleinige Entscheidungsrecht über seinen Körper nicht nehmen. Die Würde des Menschen einschließlich seines Körpers, muss unantastbar bleiben.

  9. Die Widerspruchslösung wäre eigentlich eine gute Sache, dehnte man sie auf alle Eingriffe an und in meiner Person aus. Ich widerspreche einer Organentnahme, ich widerspreche einer Geldentnahme, ich widerspreche überhaupt einer Zustimmungsentnahme, ich widerspreche einer Freiheitsentnahme sowohl des Denkens als auch des Redens, Hörens und Handelns und dergleichen mehr. Ich will für andere unantastbar sein in jeder Beziehung. Vielleicht könnte ich mich dann sogar dazu verstehen, freiwillig Steuer zu bezahlen, wenn man mir nachweist, was genau man mit dem Geld tun will und dann auch getan hat. Bezahlung von tumben Politikern gehört vermutlich nicht dazu.

  10. Das Recht auf Eigentum ist Kern aller freien Rechtsordnungen.
    Das Recht auf Selbstbestimmung ist Kern des Rechtes auf Eigentum und umgekehrt.

    Diese beiden Rechte stellen in ihrer Verknüpfung das zentrale Element eines freien selbstbestimmten Lebens.

    Das Recht, was mit dem eigenen Körper geschieht, ist DAS zentrale Element des Rechtes auf Eigentum und Selbstbestimmung.

    Wer diese Rechte angreift und einschränkt, hat ein Problem mit den Menschen-Rechten.

    Unter Anerkennung der Problemlage, dass sich jeder Bürger sich die Frage stellen sollte, was mit seinem Körper geschieht, kann die Lösung maximal darin bestehen, dass jeder Bürger ab einem gewissen Alter und Reife nach Aufklärung eine verbindliche Erklärung abgeben muss, wie mit seinem Körper umgegangen werden soll.

    Wer in dem Fehlen einer verbindlichen Erklärung eine Zustimmung zur Organspende konstruiert, dem fehlt die Achtung vor dem Menschen und dessen freien Willen.

    Unser Grundgesetz stellt mit gutem Grund das Individuum vor das Kollektiv. Alle kollektivistischen Gesellschaftordungen endeten in einem totalitären Regiem.

    In dieser Diskussion geht es um viel mehr als um Organspende. Es geht um den Kern einer freiheitlichen Rechts- und Gesellschaftsordnung.

    Hier entscheidet sich wohin die Reise gehen soll.

  11. Zum Thema selber habe ich keine fertige Meinung. Aber dieser Text ist so stringent dekliniert und auch so ungemein detailreich geschrieben, dass er die Aufmerksamkeit auf seine Weise mehr als üblich erregt.

    Dennoch, ich mache es kurz: In der Argumentation wurde etwas Dickes übersehen.

    1)
    Fraglich aber noch kein Knockout-Punkt ist das Postulat einer freiheitlichen Grundordnung, die im Unterschied zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung nicht grundgesetzlich verfasst ist, für deren Erklärung laut Artikel kein einzelnes Buch reicht. Das kann keine triviale Sache sein, auch keine, die wie ein Axiom mit seiner schieren, sofort ins Auge springenden Selbstverständlichkeit alternativlos und somit unumstritten gültig ist. Ein Ergebnis, das sich darauf beruft, ist mit hoher Wahrscheinlichkeit anfechtbar.

    2)
    Aber dieses dicke Ei! Eine (unumstrittene) freiheitliche Grundordnung wäre nur für lebende Menschen relevant, nicht aber für tote Körper. Den philosophischen Sinn bzw. alternativen Unsinn muss man nicht groß erklären, oder?

    Unsere übliche, freiwillige, kulturelle, pietätische und respektierende Einstellung gegenüber Verstorbenen lässt sich nicht auf Freiheitsgrundrechte (des Toten) zurückführen. Bei einem Toten stellt sich die Freiheitsfrage objektiv nicht mehr.

    3)
    Dagegen ist die perfektionistische Detailverliebheit, die sich durch den Text zieht und gegen Ende die individuell bestimmte, äußerst korrekte, für sich allein genommen durchaus überzeugende Bürokratie samt richterlicher Absegnung derart aufbläst, dass man um rechtzeitige Organentnahme fürchten muss, schon fast vernachlässigbar. Vor lauter erstklassiger Theorie inpraktikabel.

    • Der Fehler bei der Betrachtung der FGO geht nach demselben Prinzip, den ich auch für den Artikel schon ansprach, vielleicht nicht deutlich genug aber entnehmbar. Sie setzen die FGO als gegeben bzw. aus der FDGO mit Eindeutigkeit abgeleitet voraus, als ob der Schwanz mit dem Hund wedelt, wobei der Schwanz sogar zuerst erschaffen wurde. Wir befinden uns hier auf der richtungsgebenden Entscheidungsebene, die mehr Optionen bereithält hat als nur Ihre eine alternativlos präsentierte Option.

      Demokratie will Bestimmung durch Mehrheitswillen, Freiheit will hingegen Bestimmung des Individuums über sich selbst, also eben gerade nicht durch Mehrheitswillen. „Freiheitlich-demokratisch“ ist somit ein Widerspruch innerhalb desselben Begriffs, ein Oxymoron. Es gibt keine schlagende Begründung, warum der eine Teil den übergeordneten Vorzug über den anderen haben dürfte. Egal welchen man nimmt, der andere kommt zu kurz, man macht auf jeden Fall einen Fehler. Damit ist nebenbei gesagt, dass der Impetus des Liberalismus undemokratisch ist. (Ich verurteile nicht, ich stelle nur fest.)

      Klar geht es darum, wer die Entscheidungen trifft, sprich wer das Recht dazu hat. Das kann aber je nach Entscheidung auf der richtungsgebenden Ebene ziemlich verschieden ausfallen. Sie suchen offenbar sowas wie ein unumstößliches Naturrecht, das über den Dingen steht. Wenn Sie das zum Beispiel beim Eigentumsrecht machen, welches das Entscheidungsrecht über das Eigentum beinhaltet, kommen Sie allen Ernstes an eine Stelle, wo die Frage ansteht, ob der Körper, den jemand besitzt auch das Eigentum dieses Besitzers ist. Davor steht allerdings noch die Frage, wie man Naturrecht beim Eigentum begründet. Ich würde im Grundsatz daran denken, dass man natürlicher Eigentümer dessen ist, was man selber gemacht hat.

      Diese Elementarfrage thematisiert normalerweise niemand, und ich tue es auch nur der stringenten Logelei wegen, zu der Sie durch die Art Ihres Textes auf einer Kommentarplattform eingeladen haben. Auf der übergeordneten Entscheidungsebene entscheidet sich, ob Ihr Deklinationspfad überhaupt zu beschreiten ist. Die Details am Ende der Kette könnten dann ganz andere sein, weil andere Karten auf dem Tisch liegen.

      Bleibt noch festzuhalten, dass unser Eigentumsrecht zumindest weitestgehend ein Konsensrecht ist, kein Naturrecht. Es gibt andere Gesellschaftssysteme und Kulturen, wo Eigentumsrecht anders gehandhabt wird als bei uns. Ich finde unser Eigentumsrecht unter unseren mentalen Verhältnissen aus pragmatischen Gründen praktikabel, jedoch im letzten Kern der Dinge hinterfragbar, wenn der Anspruch an finale Logik auch mit Blick auf Elementarrechte besteht.

      PS:
      Die Detailfragen der Unsicherheit bei der Feststellung des Hirntods brauche ich nicht weiter zu verfolgen, es ist alles Entscheidende gesagt einschließlich des Freiheitsaspektes toter Körper. Ist setze in der philosophischen und rechtlichen Betrachtung voraus, dass tot tot heißt, nach welchen Kriterien auch immer man sich entschließt, dies zu entscheiden. Die Feststellung des Hirntods beruht letztlich auch nur auf einer Geräteentscheidung mit begrenztem Horizont.

      • Nachtrag. Ich verstehe nicht, warum mein Zusatz gelöscht wurde, mit dem ich Herrn Hayes informierte, dass ich hier künftig möglicherweise nicht im selben Maße verfügbar bin wie bisher. Wir hatten hier schließlich eine offene Korrespondenz mit Ankündigung der thematischen Fortsetzung seinerseits.

        Ich habe nicht im Entferntesten jemanden beleidigt, beschädigt oder oder sonst eine unannhembare Äußerung getan. Das sollte auch Herr Hayes zur Kenntnis kommen, bevor hinter den Sternchen etwas Entsprechendes vermutet wird.

  12. Man kann sich im Netz die Erfahrungen von betroffenen Angehörigen durchlesen, die machen sehr, sehr nachdenklich. Die, die ihre Angehörigen nach der Organentnahme gesehen haben, haben ihre Entscheidung bitter bereut und nicht umsonst will man das verhindern, dass man sie danach noch sehen kann. Allein der Gesichtsausdruck sagt wohl etwas anderes aus als alle Befürworter weis machen wollen.
    Und solange in Deutschland junge Menschen, die ihr Leben noch vor sich hätten, vergeblich um ihr Leben kämpfen, weil kein Organ zur Verfügung steht, dann aber für einen prominenten reichen Alten auf wundersame Weise innerhalb von ein paar Stunden aus eben diesem Deutschland ein begehrtes Organ in ein Nachbarland geliefert wird, so lange fehlt mir jegliches Vertrauen. Zumal ein Gleichaltriger in Deutschland erst gar keine Chance auf eine Organtransplantation mehr gehabt hätte. Es geht also immer noch nur um viel Geld und Meistbietende. Die es sich leisten können, bekommen ein Organ und die anderen dürfen sterben.

  13. Der Nachweis ist bereits erbracht, dass die Widerspruchslösung mit der freiheitlichen Grundordnung vereinbar ist. Was Sie hier meinen, ist wahrscheinlich die deutsche Hypermoralordnung.

    • Könnten Sie mir bitte die Quellen nennen, Herr Baumschlager, gemäß der die Widerspruchslösung mit der freiheitlichen Grundordnung vereinbar sei soll.

  14. Oh, wie schnell bist du dann hirntod,

    wenn Arzt und Klinik wissen, dass sie jeder Person Organe entnehmen dürfen. Schöne Geschäftsaussichten für Kliniken und Ärzte und beängstigende Aussichten für uns als Warenlieferanten.

  15. In den allgemeinen Diskussionen wird gerne mit der Egoistenkeule argumentiert. Dabei hängt das Überleben des einen immer vom Tod eines anderen ab. Ist es tatsächlich moralischer auf den von Menschen festgelegten Hirntod eines Unglücklichen zu hoffen, um das eigene Leben zu verlängern? Ist es Aufgabe des Staates dafür zu sorgen, dass genügend Leiber zur Verwertung vorhanden sind, indem mit der Widerspruchslösung auf die Untätigkeit der Menschen spekuliert wird?

  16. Über drei Dinge sollte man sich bei der Auseinandersetzung mit diesem Thema im Klaren sein:
    1. Eine Erfassung von Fehldiagnosen zu statistischen Zwecken ist bei der Hirntoddiagnostik nicht möglich, da der Hirntod durch die anschließende Organentnahme zu 100 Prozent eintritt.
    2. Tote können weder Bericht erstatten noch Anklage erheben.
    3. Es wird sehr viel Geld mit dem Einsatz von Immunsuppressiva und Schmerzmitteln bei Organempfängern verdient.

  17. Organoperationen sind sehr teuer.
    Warum bietet man potentiellen Organspendern nicht einfach an, die Beerdigungskosten bis zu einem Betrag von 5.000 oder 7.500 Euro zu übernehmen? Ja, das würde die OPs noch etwas teurer machen, aber die Spender hätten auch etwas davon. Es gibt inzwischen so viele Menschen ohne Familien, von denen würden sicherlich viele dieses Angebot annehmen.

  18. Also ich muss sagen, dass ich den Definitionen von Freiheitlichen Grundordnung und Freheitlich-Demokratischen Grundordnung nicht folgen kann. Offenbar liegt das daran, dass beide schwammig definiert sind. Jetzt bin ich mal böse. Ich wette, dass sie schwammig sind, weil die deutschen Juristen, die „Mütter und Väter des Grundgesetzes“, die Schriften der Gründungsväter nicht gelesen und noch weniger verstanden haben. Viele Basisbegriffe wie rule of law, market of ideas, separation of powers und so weiter und so fort werden hierzulande noch nicht mal verstanden. Das größte Defizit, parteiübergreifend, ist ein Verständnis für die Meinungsfreiheit.

    • „Viele Basisbegriffe wie rule of law, market of ideas, separation of powers und so weiter und so fort“

      Ihre Basisbegriffe kommen in deutschen Gesetzen nicht vor!

      Denn diese müssen in deutscher Sprache abgefasst werden. Deshalb finden sie dort nicht das Wort Prozent, sondern immer „von Hundert“

  19. … und wenn der Autor im Zusammenhang mit Grundgesetz und Grundwerten allen ernstes von einem „Axiom der Gleichrangigkeit aller Menschen“ spricht, dann kommt er damit m. E. in gefährliche Nähe der Linksideologen. Das GG spricht ursprünglich nur von einer „Gleichheit vor dem Gesetz“ – dem Privaten wird diese „Gleichrangigkeit“ erst mit dem gewöhnlichen, m. E. verfassungswidrig in private Rechtsverhältnisse eingreifenden Anti-Diskriminierungsgsetz oktroyiert.

    • Ich finde nicht, dass eine Gleichrangigkeit eine Ergebnisgleichheit impliziert. Es sagt mir nur, dass am Anfang einer jeden Sache Gleichwertigkeit herrscht.

  20. In aller Regel finden die TE-Artikel meine Zustimmung. In diesem Falle bin ich ganz und gar anderer Meinung. Ich selbst habe einzig aus Protest gegen die gegenwärtige Lösung KEINEN Spenderausweis. Ich weigere mich nämlich, ausdrücklich etwas zu erklären, was ich für eigentlich selbstverständlich halte: Dass nach dem Tode eines Menschen (wenn es ihm also egal sein kann), Teile seines Körpers verwendet werden können, um anderen zu helfen.

    • Ich hab immer gerne einen Spenderausweis gehabt. Mittlerweile ist mein Misstrauen gegenüber der Regierung so groß, dass ich vor chinesischen Verhältnissen Angst habe. (Eine unbewiesene und unbeweisbare Behauptung vieler Menschenrechtler ist es, dass der Organhandel so lukrativ sei, dass gerne mal vorzeitig abgestellt wird und bei Regierungskritikern angeblich am schnellsten. Heißt Organ Harvesting).

  21. Ich bin da ganz klar für die Widerspruchslösung.
    Wer nicht Spender sein will, soll sich registrieren lassen.
    Und wer sich hat registrieren lassen, der bekommt dann im Bedarfsfall auch kein Organ.
    Gerecht? Ja!

    • Wie kommen Sie darauf, dass jemand ein Recht auf eine Organtransplantation hat?

      Ich selber kann gut damit leben, wenn ich kein Organ erhalte, denn ich akzeptiere, dass das Leben auch ein Ende haben darf. Und es gibt sicher auch genügend Leute, die gerne schriftlich bestätigen, dass sie weder ein Organ spenden, noch ein fremdes Organ erhalten möchten, dass von einem Menschen entnommen wird, der noch nicht tod ist. Organe für Transplantationen können ja nur von lebenden Personen entnommen werden, eine sehr brutale Angelegenheit.

      Im Übrigen werden, egal wie die gestzliche Regelung sein wird, auch zukünftig Organe nicht nach Rangfolge der Bedürftigkeit vergeben werden, weil es ein Business ist.

      • @Alfonso, so ist es. So wie es kein Recht auf Organspende gibt, so gibt es keine Pflicht dazu und schon gar keinen Anspruch des Staates auf den Körper! Egal ob man den (noch) mit Widerspruch abwehren kann (oder besser gesagt, MUSS), das kann und darf nicht die Zukunft der Menschheit sein. Von Geburt an quasi eine Verwertungshülle durch die staatliche Verwertungsorganisation, die man nur mit sicher immer schwierigeren Aufwänden abwehren oder hinauszögern kann, bis es dann selbstverständlich wird. Bekanntlich rückt der Staat nichts freiwillig heraus, was „ihm gehört“, weder Steuern noch andere Dinge. Im Gegenteil!

      • Hier, diese Herrschaften benötigen z. Teil neue Organe, um weiter zu leben.
        Glauben sie ernsthaft, die würden ihr Organe spenden?

    • Nun denn, ich möchte nach der Feststellung meines „Hirntodes“ nicht ausgeweidet werden. Ebenso möchte ich nicht, dass jemand anderes für mich zerlegt wird. Anders sieht es mit einer Spende z.B. einer Niere aus. Allerdings möchte ich wissen wer sie erhält.

    • In der Tat wäre es sicher ein Motivationsfaktopr FÜR die „Spende“, wenn Spendenbereite bei Eigenbedarf bevorzugt behandelt würden. EIGENTLICH – meine ich – eine Selbstverständlichkeit.

    • Und ich ganz klar dagegen.
      Die jetzige Lösung ist ebenfalls ganz klar!

      Wer keine Zustimmung erteilt hat, MUß in Ruhe sterben und ganzheitlich zu Grabe getragen werden können!
      Alles andere ist Zwangsbestimmung und verstößt gegen GG und Menschenrecht!!

      In Ruhe sterben bedeutet in Ganzheit und Würde sterben. ich habe mehrere Familienanhörige zu Hause bis zum erlösenden Tod betreut und weiß wovon ich rede. Nämlich die Entspannung und den friedlichen Gesichtsaudruck beim Hinübergehen zu sehen. Sollten Sie jemals in solch eine Situation kommen solches selbst zu erleben, vergessen sie nicht das Kinn zu fixieren und auch nicht das zusammengerollte Handtuch zum Binden der Körperflüssigkeiten. Wenn die Totenstarre (1-3 h) auftritt ist die Gewißheit vorhanden wirklich einen toten Menschen vor sich zu haben.

      DANN ist die sterbliche Hülle aber nicht mehr verwendbar, genau deshalb hat man den „HIrntod“ erfunden!!

      Alles andere ist Schändung und Tötung eines noch Lebenden welcher im Sterben begriffen ist.
      Auf Organe wartende sterben nicht weil es keine Spender gibt, sondern weil sie unheilbar krank sind. Aus welchen Gründen auch immer (saufen, rauchen, Fun,fun fun ohne Ende, was kann denn schon passieren 🙁
      Das es bei Transplantationen „unerklärliche Tatbestände“ gibt zeigt m.W. der Fall des Multis „von Thurn u. Taxis“. Für den war nach Mißerfolg bei der 1. Transplantation plötzlich ganz schnell ein „Ersartzorgan“ vorrätig. 😀
      Ein Schelm wer da ins grübeln kommt.

      Zu Ihrem letzten Satz: Richtig oder nicht?.
      Das sollte der „Spender“ entscheiden könne oder?
      WOHER nehmen Sie sich das Recht grundsätzlich über „gespendete menschliche Körperteile“ bestimmen zu wollen? – außer ihren eigenen selbstverständlich.
      Diese ihre Ausage riecht sehr sehr nach Empatielosigkeit gegenüber Andersdenkenden und ist für mich sogar ein Zeichen anmaßender Diktatur.

      Wenn wir die Gesellschaft über die Organspende aufklären, bekommen wir keine Organe mehr. (Prof. Rudolf Pichlmayr – 1987 Transplantationsmediziner)

      aus https://initiative-kao.de/thema/medizin/
      https://youtu.be/dpMZAYdfGWw

      Die dort zu sehende verherrlichende Werbung mit den „Superhelden“ ließ in mir das kalte Grauen aufkommen.
      Warum ich das Video verlinke?–kann sich ein Kind/Jugendlicher denn in diesem Beispiel juristisch korrekt selbst eine Entscheidung treffen??
      Oder sollten das dann andere übernehmen könne ??- Ich meine NEIN ,NEIN und nochmals NEIN

      Entlarvend ist die Sequenz ab 18:00. Wie es die Mitforisten beurteilen weiß ich nicht, für mich ist das wirklich erschreckend!! und hat meine Verweigerung nur noch manifestiert!
      Trotzdem wünsche ich allen hier Lesenden einen wunderschönen Skiurlaub in den Bergen und das sie heil nach Hause kommen .

      • Danke für das Einstellen des Videos. Leider werden es nicht mehr viele sehen, da der Artikel nicht mehr brandaktuell ist. Es gibt im Netz Erfahrungsberichte von betroffenen Angehörigen, die ebenfalls wie dieses Ehepaar ohne Aufklärung zur Organspende genötigt wurden. Und alle, die danach ihren Angehörigen noch gesehen haben, waren entsetzt über den Gesichtsausdruck, der Entsetzen und Schmerzen ausdrückte. Deshalb möchte man es gerne verweigern, dass man die Toten nach der Transplantation nochmals sehen darf. Unvorstellbar! Die Angehörigen leben jetzt mit riesigen Schuldgefühlen. Bevor irgend jemand sich zur Organspende entscheidet, sollte er sich das alles durchlesen und ansehen, damit er weiß, was er tut. Auch Spahn hätte sich die Mühe machen können, erst in alle Richtungen zu erforschen, was er da von den Menschen verlangen will. Aber ein Mann mit so wenig Empathie für den Normalbürger hat so etwas wohl nicht nötig.

      • Ja so ist es, es ist schon etwas älter.
        Mir war es wichtig zu zeigen, daß nicht ein med. Laie sondern ein gestandener Arzt die Unterlagen ausgewertet hat.
        Mir scheint, daß jener – obwohl sein Bruder- nach so vielen Jahren ob seines Berufes in der Lage war und ist, diese verklausulierten Unterlagen richtig zu lesen und auch zu deuten.
        Wer von uns könnte das denn schon in dieser Eindeutigkeit.

        Als ich mich das 1.x mit dem Thema beschäftigen mußte, war ich wie die Eltern auch ziemlich hilflos.
        Die -hmmm – sagen wir mal Unwirschheit der Ärzte auf meine Entscheidung –“ abschalten und uns in Ruhe zu lassen, später könnten wir eventuell darüber reden“– machten mich doch mißtrauisch.
        Meine dann gegenüber einem penetranten Mediziner getätigten Äußerungen kann ich hier nicht einstellen, sie beendeten aber ob ihrer Deutlichkeit die äußerst unangenehme Situation sofort 😉

  22. ‟… dass es verschiedene Regelwerke gibt, z.B. von Kirchen herausgegebene, auf die man Bezug nehmen könnte.“
    Herausgegeben von einer Organisation, die in ihren Reihen Tausende von Kinderschändern duldet, keinen davon der ordentlichen Gerichtsbarkeit überstellt, sondern sie ‟strafversetzt“, um ihnen ‟frisches Fleisch“ zuzuführen? Diese Organisation soll ethische Grundsätze herausgeben?
    In der Vergangenheit haben wir doch gesehen, dass ein Fürst von und zu ganz schnell 2 neue Herzen erhielt, dass ein Arzt – aus dem Morgenland stammend – hierzulande eine riesige Betrugsorganisation mit Spenderorganen aufgebaut hat, dass Ärzte ihre Patienten mithilfe gefälschter Labordaten auf der Prioritäten-Leiter nach oben geschoben haben… Und – wurde einer der Beteiligten jemals bestraft? Deutsche Organe gehen in Länder, von denen wir niemals selbst ein Organ erhalten haben.
    Das derzeitige System besteht aus Betrug und Vetternwirtschaft von A bis Z. Ich habe deshalb für mich selbst festgelegt, niemals als lebendige Leiche ein Organ zu ‟spenden“ oder eines zu empfangen. Im Gegensatz dazu bin ich aber jederzeit offen für eine Lebendspende für Menschen, die mir nahe stehen. Es gab einen konkreten Fall. Da war es aber leider schon zu spät.

  23. Minister Spahn setzt sich hier (wieder einmal) nicht für die Interessen der Bürger ein, sondern betätigt sich anstandslos als Interessenvertreter eine Geschäftermacherlobby.

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