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Bis hin zur Selbstaufgabe

Kirche ohne Botschaft

von Gastautor

10.12.2023

| Lesedauer: 3 Minuten
Nichts dürfte die Glaubwürdigkeit der EKD starker beeinträchtigt haben als die Hartnäckigkeit, mit der sie die Auswüchse der Flüchtlingspolitik nicht wahrhaben will. Statt im Widerspruch zur Politik zu stehen, passt sie sich dieser an – und macht sich überflüssig. Von Konrad Adam

Die EKD, die Evangelische Kirche in Deutschland, will sich einmischen. Sie will mitreden, mitbestimmen, mitentscheiden und pocht auf ihr politisches Mandat. Einmischung ist allerdings das falsche Wort, es klingt nicht gut, man denkt an Übergriff und Grenzverletzung. Es klingt, als wolle die Kirche den Politikern ins Handwerk pfuschen. Als wolle sie sich spreizen und über Dinge reden, zu denen sie nichts beizutragen hat.

Hat sie aber. Als ihr Ahnherr Martin Luther gegen die mörderischen und räuberischen Rotten der Bauern zu Felde zog, hat er sich genauso eingemischt wie sein Gegenspieler Thomas Müntzer, der für die Bauern Partei ergriffen hatte, zusammen mit ihnen in den Krieg gezogen war und diese seine Einmischung nach der verlorenen Schlacht von Frankenhausen mit dem Leben bezahlen musste.

Luther wusste, dass die Erneuerung der Kirche nur mit, nicht gegen den starken Arm des Staates gelingen konnte. Ohne den Schutz Friedrichs des Weisen, des Kurfürsten von Sachsen, wäre er früher oder später auf dem Scheiterhaufen gelandet, genauso wie der böhmische Reformator Hus in Konstanz oder der Dominikaner Savonarola in Florenz.

Luther wusste aber auch, dass es zwei Reiche gibt und dass in der Politik andere Regeln gelten als im Raum der Kirche. Nicht nur den Nächsten, sondern auch den Feind zu lieben, und dem Gegner, der einen auf die rechte Backe geschlagen hat, auch noch die linke hinzuhalten, ist eine Zumutung, ein Zeichen von Würdelosigkeit – außer für einen Heiligen, wie Max Weber seinerzeit bemerkt hat. Heilige sollten der Politik allerdings fernbleiben, denn die lebt vom Kampf, vom Abstand zwischen Uns und Denen, vom Gegensatz zwischen Freund und Feind, von der Konkurrenz zwischen Regierung und Opposition. Fromme Leute werden da nicht mitmachen, sie wollen Gott mehr gehorchen als den Menschen und ihren eigenen Weg gehen.

Was Uwe Holmer, der Pfarrer, bei dem Honecker Zuflucht fand, getan hat, und was Margot Käßmann, die frühere Bischöfin, gewollt hat, als sie empfahl, Terroristen mit Gebet und Liebe zu begegnen, mag einem Politiker naiv, gefährlich oder empörend vorkommen – dass es im Sinne des Evangeliums gesagt und getan worden ist, lässt sich kaum bestreiten. Das Gebot der Nächstenliebe ist unbequem, weil es aufs Ganze geht. Es gilt unbedingt und ausnahmslos für alle – also auch für Mauerschützen, auch für Terroristen, ja, sogar für AfD-Mitglieder. Statt diese Botschaft zu verkünden, unabhängig von dem, ja im Widerspruch zu dem, was die Politik dazu sagt, passt sich die Kirche an. Sie sagt nur das, was alle sagen, und macht sich damit überflüssig.

Der Staat soll gerecht, die Kirche soll barmherzig sein, heißt eine alte Regel. Wo es die Kirche für gerecht hält, Altenheimbewohner vor die Tür zu setzen, um Flüchtlingen, denen der barmherzige Staat die Miete zahlt, die Türen zu öffnen, da gilt die Regel allerdings nicht mehr. Man muss weder Rassist noch Populist, nicht einmal AfD-Mitglied sein, um diesen Rollentausch absurd zu finden. Wer nach den Gründen für den Ärger, das Misstrauen, die offene Verachtung fragt, die der Kirche entgegenschlägt, der wird hier fündig. Nichts dürfte die Glaubwürdigkeit der Amtskirche stärker beeinträchtigt haben als die Hartnäckigkeit, mit der sie die Auswüchse der Flüchtlingspolitik nicht wahrhaben will oder nicht sogar befördert.

„Lassen wir uns nicht zur Unmenschlichkeit verführen!“, hatte der zuständige Kirchenfürst verkündet, nachdem in der pfälzischen Kleinstadt Kandel ein Flüchtling aus Afghanistan seine deutsche Freundin vor aller Augen niedergestochen hatte. Unmenschlichkeit – das böse Wort war nicht auf den Täter gemünzt, sondern auf die Demonstranten, die das blutige Geschehen zum Anlass für eine Protestkundgebung genommen hatten. Aber der Zustrom geht weiter, der Fortschritt kennt keine Grenzen, allein in diesem Jahr dürfte die Zahl der Asylanträge bei rund 300.000 liegen, der Einwohnerschaft einer Großstadt wie Münster. Der EKD ist das noch immer nicht genug, sie will den Einmarsch weiterlaufen lassen „bis hin zur Selbstaufgabe“. Als ob der Punkt nicht schon erreicht wäre!


Dr. Konrad Adam ist Journalist, Publizist und ehemaliger Politiker der AfD. Er war Feuilletonredakteur der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und Chefkorrespondent und Kolumnist der Tageszeitung Die Welt in Berlin.

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15 Kommentare

  1. Der Titel ist nicht zutreffend, die EKD hat sehr wohl eine Botschaft. Sie lautet: Abkehr von christlichen Werten, muslimische Einwanderung bis zur Selbstaufgabe und darüber hinaus, Energiewende, Mobilitätswende, AfD-Bashing, Aufgabe des seelsorgerischen Auftrags, Verachtung der Frauen durch Transaktivismus. Daher bin ich vor Jahren aus der politischen Vorfeldorganisation EKD ausgetreten. Meiner Beziehung zum Glauben hat das nicht geschadet, im Gegenteil…

  2. Mir wurde es zu dumm und bin nach 65 Jahren Mitgliedschaft ausgetreten.

  3. MEINE eigene Wange kann ich als Christ hinhalten. MEINE eigene Wohnung kann ich auch schrägen Gestalten öffnen. MEIN eigenes Geld kann einem Bekannten sus der Patsche helfen.
    Sobald ich aber einem Staat oder einem Unternehmer diene, gelten andere Spielregeln. Dort bin ich verantwortlich dafür, mit dem mir anvertrauten Gut gewissenhaft umzugehen.

  4. Für Christen gilt: Darum, solange wir noch Zeit haben, lasst uns Gutes tun an jedermann, allermeist aber an den GLAUBENSGENOSSEN. (Galater 6,10). Dem sollte die EKD wieder folgen.

  5. Die EKD wurde von der Gegenseite, dem Teufel, übernommen. Der wiederum ist in Wahrheit nicht böse, sondern einfach nur dumm. Und Schwupps ist der ganze Spuk um diese menschenfeindliche Organisation, die jegliches logische Denken ablehnt, erklärt.

    Übrigens: Die Kirchensteuer kann weg. 😀

  6. Es ist nicht so lange her, da haben die noch Kirchenglocken und Orgelpfeifen gspendet für den Endsieg.
    Die Religion der Staatskirchen ist letztendlich der Staat.
    Ob Nazistaat oder Ökokommunismus – da ist die Kirche flexibel.
    Sie ist ein Dienstleister, der denen folgt, die sie finanzieren.

  7. Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist (Matthäus 22,21).
    Schon damals also eine Trennung zwischen Kirche und Staat. Ich ganz persönlich kann den Terroristen lieben, kann für ihn beten, aber auf der Straße gelten immer noch die Gesetze des Staates.
    Im Grunde hat der Staat eben über das eigentliche Asyl hinaus keine Aufgabe. Der Rest an Zuwanderung ist Aufgabe der christlichen Nächstenliebe. Und vielleicht noch Aufgabe der Unternehmen, wenn sie Arbeitskräfte brauchen.
    Nächstenliebe wird freiwillig gegeben. Es geht also nicht an, dass der Staat uns Zuwanderung auferlegt und dann die Kirche Nächstenliebe einfordert.
    Im übrigen muss dann halt die Kirche, sprich ihre Mitglieder die Zwangs-Nächstenliebe ausüben. Bürgen, Wohnung suchen, Sprachunterricht geben, Arbeit beschaffen. Das alles geht den Staat nichts an. Und auf der Straße haben sich die Subjekte, auf die sich die Nächstenliebe richtet, nach den Gesetzen unseres Staates zu richten.
    Aufmandeln und andere einspannen, das geht nicht. Und Zwangsgelder (=Nicht Kirchensteuern) einstreichen, geht auch nicht. Nächstenliebe ist freiwillig und daher aus der Kirchensteuer oder aus Spenden zu finanzieren.

  8. Das Scheitern Deutschlands als Bund oder souveräner Nationalstaat, wenn man sich diese Bezeichnung noch traut, öffnet die Tür zur Rettung durch „EU“, was sich viele deutsche Linke sowieso seit Jahren innig wünschen, nachdem ihr Traum vom wahren Sozialismus mit der DDR verstorben ist.
    Deutschland politisch vor die Wand fahren, also klassischen Hochverrat begehen, ist für viele Sozen, Grüne und Unionisten kein Horror, sondern geradezu wünschenswert, wenn es zur EU als echten und vollwertigen Bund ala USA führt.
    In der EKD wird dieser linke Traum wohl mitgeträumt.
    Und die Wahrscheinlichkeit, dass dieser Traum jemals in Erfüllung geht, dürfte gegen Null gehen. Denn sollten unsere „Guten“ es tatsächlich schaffen, Deutschland wirtschaftlich zu ruinieren (woran sie seit Jahren nach Kräften arbeiten) wäre auch die EU heutiger Fassung sofort erledigt. Die Idee, die überwiegende Mehrzahl der EU Länder wolle sich gleichfalls ihrer nationalen Souveränität entledigen, könnte wohl falscher nicht sein, allen voran bei Frankreich aber auch bzgl Spanien, Italien, Ungarn, Polen und allen anderen „Neuen“ aus dem ehemaligen Warschauer Pakt usw
    Nur Deutschlands Linke mit ihrem Deutschland, Hitler und DDR Untergangs -Trauma will uns in EU-Luft auflösen, scheinbar mit EKD Segen.
    Sich als Alternative dazu mit der deutschen Souveränität und Wiedervereinigung und der sonstigen Realität in Europa der EU auseinandersetzen und Verantwortung zu übernehmen, statt sie loswerden zu wollen, setzt politische Reife und entsprechenden Willen zur Führung voraus, der großflächig im deutschen Parteienbetrieb nicht erkennbar ist – außer eben zur „Abwicklung“ unseres Landes – in warme Klima und EU Luft.
    Dummerweise will niemand Deutschland als Trümmerhaufen an der Backe haben, es soll nur viel arbeiten und Wünsche Anderer finanzieren, seien es französische oder iberische, polnische oder belgische, ansonsten kann es sich gerne mit sich selbst beschäftigen und andere machen lassen – Hauptsache wir können weiter und auf immer zahlen. Das meint „EU“ und das ist garantiert kein Atlantis für die Selbstauslösungsträume deutscher „Linker“. Und weder Italien noch Spanien werden sich jemals von Frankreich gängeln lassen, wie es uns auf EU-Ebene ständig ausmanövriert.
    Kurzum: sobald wir auch nur in die Nähe des Kollaps geraten, werden viele Nutznießer unserer EU-Zahlungen unmissverständlich klarstellen, dass wir auch weiter zu zahlen haben und mit keinerlei Hilfe aus Frankreich oder Brüssel etc zu rechnen hätten und i.ü. keinerlei Interesse an einen USE besteht.
    Traumtänzer und Geisterfahrer, leider in Regierungsverantwortung und damit auch kein Happy End in Sicht…

  9. Zum Verhältnis von Recht und Gnade, Recht und rechtaufhebende Barmherzigkeit: Das Recht muss zuerst da sein. Es muss die Regel sein. Gnade, Barmherzigkeit machen nur Sinn vor dem Hintergrund einer funktionierenden und durchgesetzten Rechtsordnung. Sie müssen begründete Ausnahme im begründeten Einzelfall bleiben.

    Die heutigen windelweichen, lauwarmen Gutmenschen aber meinen, es müsse immer „Gnade“ geben, als Regelfall. Sie verachten damit das Recht. Gnade ohne Recht aber ist Willkür, führt zur Dominanz der Gewalt. Dass die Kirche sich dafür hergibt, ist geistige Verirrung.

  10. Eine (Staats-)Kirche, welche selbst von Weihnachtsbrauchtum abrät, sollte besser Zelte abbrechen und in Somalia oder Afghanistan um Asyl bitten.

  11. Das Schlimmste an der EKD ist ja nicht einmal ihre unerträgliche Linkslastigkeit und Stromlinienförmigkeit, sondern ihr niveaulos-untheologischer Argumentationsstil. Für die unkontrollierte Aufnahme von Millionen kulturfremder, nicht selten gewaltbereiter Wirtschaftsmigranten muss das Bibelwort herhalten, man solle “den Fremdling nicht bedrängen”. Echt jetzt? Das ist Links-Biblizismus unterster Schublade. Haben diese Leute im Theologiestudium ständig die exegetischen Vorlesungen geschwänzt?

  12. ES GEHT AUCH OHNE,

    soll heißen ohne Kirche. Mir sind christliche Traditionen sehr wichtig (wobei es übertrieben wäre zu sagen, dass sie meinen Alltag bestimmen). Und das obwohl, oder neuerdings vielleicht gerade weil, ich vor ca. 20 Jahren aus der (katholischen) Kirche ausgetreten bin.

    Damals waren zwar die krassen Fehlentwicklungen von heute (feministische Vulvenmalerei, „Willkommenskultur“, etc.) noch nicht zu verzeichnen, aber Dogmatismus und Bigotterie waren mir die Kirchensteuer nicht mehr wert. Im Nachhinein eine richtige Entscheidung. Und doch: ich erinnere mich gern an die intensiven Kindheitserfahrungen in Zusammenhang mit Kommunion, Weihnachten, Christmette, etc.

    Ich will, dass diese christlichen Traditionen erhalten bleiben. Und ich ertappe mich sogar dabei, dass ich immer wieder mal in einer Kirche (z.B. dem Speyrer Dom) Platz nehme, eine Kerze anzünde, und sogar – auf naive, undogmatische Weise – bete. Wenn Christus als Erlöser am Kreuz gestorben ist, so fällt mir dazu ein: auch heute suchen viele der in unserer Gesellschaft zahlreichen Schufte andere, um sie für sich leiden zu lassen. Ein perfides Spiel. An dem ich mich nicht beteiligen will.

    Abgesehen von all dem: Kirchen haben etwas Majestätisches, nach oben sich verjüngende Kirchtürme zeigen einem die Gesetze von Schwerkraft und Normalität. So gut es geht versuche ich in all dem Wahnsinn aber dennoch ein christliches Weihnachten zu feiern – voll von Kindheitserinnerungen, die mir in diesem ganzen Durcheinander Sicherheit und Halt geben.

    • Dank für Ihre Worte, ich las sie in Geist und Empfinden als Bruder im Glauben. Eine frohe Weihnacht Ihnen und allen Christen und Kraft fürs Weiterleben.

    • Danke für Ihre wohltuenden Worte, lieber Harry Charles. Genau so, wie Sie es beschrieben haben, sitze ich in unseren kleinen Kapelle an der Ostsee, zünde ebenfalls eine Kerze an und bete. Nur aus der Katholischen Kirche austreten, das kann ich trotz aller Kritik und Enttäuschung über Ihre Vertreter nicht. Dazu ist sie zu sehr auch MEINE Kirche, nicht zuletzt aus den Gründen, wie sie diese hier so wunderbar beschrieben haben. Ein frohes Weihnachtsfest, Ihnen und Ihrer Familie.

  13. Dass die Kirchen und die Justiz immer ihre Fähnchen nach dem Wind ausrichten, ist kein Geheimnis. Ein Blick in die Nazizeit belegt das unzweifelhaft. Beide haben sich nach 1945 dafür nicht interessiert noch erklärt. Heute ist wie damals, man bellt mit den Hunden.

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