Erst war es die Columbia University, jetzt haben sich Anti-Israel-Proteste in ganz Amerika ausgebreitet. In der vergangenen Woche haben Studenten an Eliteuniversitäten wie Harvard, der University Michigan und dem Massachusetts Institute of Technology Zeltlager errichtet. Kürzlich wurden Dutzende von studentischen Besetzern an der University of Southern California wegen Hausfriedensbruchs verhaftet. Die „Wut der Privilegierten gegen die einzige jüdische Nation der Welt“, wie Brendan O’Neill die Proteste an der Columbia Anfang der Woche auf spiked beschrieb, ertönt nun auf den begrünten Campus-Anlagen von Kalifornien bis Boston.
Bei diesen angeblichen „Anti-Kriegs-Protesten“ fordern die Studenten die totale Zerstörung Israels, schwenken Plakate zur Unterstützung der Hamas und beschimpfen jüdische Professoren und Studenten. Die erschreckende Orgie des Antisemitismus, die an Amerikas Spitzenuniversitäten entfesselt wurde, sollte uns beunruhigen. Es ist dringend notwendig, die Aktionen dieser Studenten zu verurteilen. Und ja, wir sollten ihr Recht zu protestieren verteidigen. Gleichzeitig ist es von entscheidender Bedeutung, dass wir uns ehrlich mit der Frage auseinandersetzen, wie der Antisemitismus, den sie zur Schau stellen, ungestört schwelen konnte.
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Währenddessen sind die Professoren weit davon entfernt, die bigotten Ausbrüche der protestierenden Studenten zu verurteilen, sondern verteidigen sie. An der Columbia University demonstrierten letzte Woche Hunderte von Lehrenden in Solidarität mit den Studenten. Nachdem die Polizei den Campus betreten hatte, um zuvor suspendierte Studenten zu verhaften, kam es zu einem Massenstreik des Personals. Ein Juraprofessor erklärte, er verteidige die protestierenden Studenten, denn: „Das unterscheidet sich nicht vom Alltag auf dem Campus.“ Wenn Wissenschaftler Antisemitismus auf diese Weise verharmlosen, bestärkt das die Studenten in ihren Überzeugungen. Es ist notwendig, das Demonstrationsrecht zu verteidigen und gleichzeitig die Aussagen und das Verhalten der Studenten scharf zu kritisieren.
Diese unkritische Billigung des studentischen Aktivismus war auch kennzeichnend bei den Campus-Protesten zur Unterstützung von Black Lives Matter 2020. Universitäten auf der ganzen Welt gaben ausführliche Erklärungen ab, in denen sie die Tötung von George Floyd verurteilten und die BLM-Bewegung unterstützten. Wenn Studentenproteste von Professoren und Universitätsmanagern unterstützt werden, handelt es sich bei ihnen weniger um eine Herausforderung von Elitenideologie als vielmehr um eine praktische Zurschaustellung der institutionalisierten Werte.
Allzu oft scheinen Universitätsmanager den Antisemitismus unbehelligt zu lassen. Ende letzten Jahres stritten sich die damaligen Präsidentinnen von Harvard, dem Massachusetts Institute of Technology und der University of Pennsylvania während einer Kongressanhörung zum Antisemitismus auf dem Campus darüber, ob der „Aufruf zum Völkermord an den Juden“ gegen die Verhaltenskodizes ihrer Einrichtungen verstößt. Es ist unvorstellbar, dass der Völkermordaufruf gegenüber irgendeiner anderen ethnischen Gruppe auf solch legalistischen Art diskutiert werden könnte. Die Präsidentin der University of Pennsylvania trat umgehend zurück, und die völlig unterqualifizierte Harvard-Präsidentin, Claudine Gay, wurde kurz darauf aufgrund von Plagiatsvorwürfen abgesetzt. Diese traurige Episode zeigt das Ausmaß, in dem der beiläufige Antisemitismus zur Normalität in den Eliteinstitutionen geworden ist.
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Seit Beginn ihrer Schullaufbahn haben die heutigen Studenten ein grobes Verständnis dafür entwickelt, dass Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe, ihres Geschlechts und ihrer Sexualität in verschiedene Gruppen eingeteilt werden können, wobei jeder Gruppe ein bestimmter Status als entweder privilegiert oder unterdrückt zuerkannt wird. Von der kritischen Rassentheorie inspirierte Übungen, die die Kinder dazu bringen sollen, „ihre Privilegien zu überprüfen“, stehen neben Geschichtsstunden, die die Schüler dazu bringen sollen, sich nur mit der Schande der ehemaligen Kolonialmächte zu beschäftigen. Anstatt sich mit den Errungenschaften der Bürgerrechtsära zu befassen, wird den Schülern beigebracht, rassistische Ungerechtigkeit als ein unendliches Kontinuum zu betrachten, das von der Sklaverei über die Jim-Crow-Gesetze bis hin zur Tötung von George Floyd reicht.
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Dass eine solche Haltung leicht in Antisemitismus umkippen kann, vermag nicht zu überraschen. Den Studenten macht man vor, dass sie ihre eigene Tugend umso besser unter Beweis stellen können, je extremer ihre Forderungen nach der Abschaffung Israels und je abscheulicher ihre Angriffe auf Juden sind. Erschreckenderweise gelangt Antisemitismus so in den Ruf einer moralisch tugendhaften Haltung. In der Tat wird eher beschwichtigend mit ihm umgegangen, als dass er vom Lehrpersonal in Frage gestellt wird.
Antisemitische Proteste auf dem Campus müssen laut und deutlich verurteilt werden. Die Universitätsleitungen sollten bei friedlichen Protesten nicht die Polizei rufen, sondern die Borniertheit ihrer Studenten moralisch und intellektuell in Frage stellen. Sie könnten damit beginnen, sich von der identitären DEI-Agenda zu verabschieden, die solche abscheulichen Vorurteile legitimiert.
Dieser Beitrag ist zuerst beim britischen Magazin spiked erschienen.
Mehr von Joanna Williams lesen sie in den Büchern „Die sortierte Gesellschaft: Zur Kritik der Identitätspolitik“ und „Schwarzes Leben, Weiße Privilegien: Zur Kritik an Black Lives Matter“. Joanna Williams ist Kolumnistin beim britischen Magazin spiked, Autor von How Woke Won und Gastwissenschaftlerin des MCC Budapest.
Einfachstes Mittel: Rausschmiss aus der Uni….Hausverbot…bei Zuwiderhandlung Knast. Das hilft, denn die meisten dieser Demonstranten werden mit einem abgebrochenen Studium nirgends unterkommen….auch bei keiner anderen Uni. Die Uni-Kredite hängen ihnen dann ein Leben lang wie ein Klotz am Bein….jetzt gilt es vor allem die Antisemitischen Dozenten noch los zu werden….
Das sind doch im Morgenland alle Semiten, also müßte es anders heißen, z. Bsp. Antijudaismus oder Antiislamismus und diese oberflächliche Zusammenfassung soll doch nur darüber hinweg täuschen, daß es nur einen Antisemitismus gibt und der geht von den Nazis aus, was zwar stimmte, aber heute eine völlig andere Bedeutung hat.
Diese jungen Erwachsenen haben sich das einreden lassen. Es sind eben keine Kinder, sondern „junge Erwachsene“. Und sie haben es bereitwillig mit sich machen lassen.
Die Bereitschaft, dieser „jungen Erwachsenen“, selbst offensichtlich irrsinnige Meinungen, in diesem Falle einen dumpf-primitiven Antisemitismus völlig hirnlos nachzuplappern, ohne jegliche eigene kritische Reflexion, ohne jegliches Hintergrundwissen zum konkreten Konflikt (es gab ja das eine oder andere Interview, was das glasklar zeigte), ohne den leisesten Anflug an historischer und geographischer Bildung, ist erschütternd. Die naive Bereitwilligkeit, jedem noch so menschenverachtenden, mörderischen Rattenfänger begeistert hinterher zu laufen, ist schockierend. Die Hamas hat ihre wahre Freude, an solchen nützlichen Idioten.
Solche Leute haben an der Uni nichts zu suchen, sie sind geradezu die Antithese zu jeder universitären Bildung und jedem universitären Diskurs. Sie sind eine kleine, lautstarke Minderheit, die der Mehrheit ihren Willen aufzwingt. Daß diese große Mehrheit das feige und träge mit sich machen läßt ist geradezu niederschmetternd. Das ist genau der Mechanismus, mit dem noch jedes totalitäre Regime installiert wurde.
Möglicherweise existieren hier zwei Gedankengebäude parallel zueinander.
Mittelalte und ältere Personen konnotieren Kritik oder Unmutsbekundungen gegen Juden primär mit der Entität des „Antisemitismus“ in seiner historischen Erscheinungsstruktur, wie sie vom Mittelalter bis in die Neuzeit zu beobachten war.
Scheinbar erwächst die aktuelle o.g. Kritik gegen Juden im Kontext des aktuellen Gazakonflikts jedoch einem primär zutiefst linksideologischen Gedankengebäude. Wie dargestellt, treten viele junge Menschen in weltanschaulichen Fußstampfen, die m.E. der klassischen Sowjetideologie entlehnt zu sein scheinen. Letztere identifizierte ihren Antipoden im „westlichen Imperialismus“ transatlantischer Erscheinung.
Das finale Ziel der historischen Roten war bekanntlich die Zerschlagung von Kapitalismus und die Errichtung einer kommunistischen Weltgesellschaft. Entsprechend ähnelnd-changierende Slogans hört man heute wieder hier und da.
Die entsprechenden jungen, westlichen Aktivisten scheinen völlig geblendet zu sein von einer Vorstellung von Ablehnung der Identität und Rolle sowohl ihrer Vorfahren, ihres Kulturkreises, dessen historischen Rolle und Kultur. Zugleich sind sie scheinbar bis zum Rand von einer Ideologie der zeitübergreifenden Bringschuld gegenüber historisch beteiligter „Opfer“-Entitäten zu sein. Damit geht allem Anschein nach eine entsprechende Politisierung einher.
Somit scheint Israel von einschlägigen Aktivisten als einer der sichtbaren (vermeintlichen) Effektoren des „Kapitalismus/ Imperialismus“ identifiziert zu werden. Ich habe allenernstes Zweifel daran, ob bei den Krakeelern an den US-Unis die historische Bildung vorliegt, ihr flegelhaftes Geholze im Kontext zu sehen.
Dass sich an Orten der Forschung und Bildung derartig unwürdige, pauschalisierende und hetzerische Entgleisungen abspielen, ist m.E. Ausdruck von Entkulturalisierung, Verrohung und ideologischer Radikalisierung. Hier verwendet n.m.M. ein deplatziertes Bildungsprekariat die allerordinärsten und oberflächlichsten Versatzstücke der Hetzpropaganda von einigen untergegangenen Diktaturen. Die grundlegendsten Elemente bürgerlicher Gesittung werden m.E. mit Füssen getreten: sowohl die Protestform als auch die pauschale Eingruppierung aller Personen mit jüdischem Hintergrund ist völlig inakzeptabel.
Es ist entwicklungspsychologisch nicht untypisch, dass dieses Rumgeholze von einer jüngeren Altersgruppe ausgetragen wird.
Gegen diese Unwürdigkeit sollte jedoch das gesellschaftliche Establishment m.E. die intellektuell-akademische Tadellosigkeit der universitären Einrichtungen einfordern. Eine primitive ideologische Schlammschlacht hat an den Kaderschmieden der westlichen Welt, der Ivy-Leage m.E. überhaupt nichts zu suchen. Dies zu wahren, ist n.m.M. eine Frage des gesellschaftlich-kulturellen Niveaus, und sollte sich jeder arrivierte Erwachsene von Geltung zur Angelegenheit machen.
Dass sich andererseits neuerdings inmitten der westlichen Welt ein derartiger ideologischer Hiatus auftut, der auch keinen Halt macht vor grundlegenden gesellschaftlichen Übereinkünften, dürfte den gesellschaftlichen Effektoren nachhaltig zu denken geben. Es sollte m.E. kein Denkverbot herrschen, über einen Fremdeinfluss auf die westliche innenpolitische Welt nachzudenken.
Yeshajahu Leibowitz, ein Freund Albert Einsteins, der als letzter grosser jüdischer Universalgelehrter galt, hatte über den Nationalsozialismus den Gedanken geäußert, daß der Antisemitismus der Nazis ein anderes Phänomen gewesen sei als der traditionelle Antisemitismus, den es in Deutschland natürlich gab.
Wörtlich: „Der deutsche Antisemitismus hat den Juden nicht geschadet.“
Den Antisemitismus der Nazis hat Leibowitz als ein anderes, ein neues Phänomen gesehen.
Auch der Nationalsozialismus ist eine Form des Sozialismus, auch die Nazis wollten den neuen Menschen schaffen, auch die Nazis sahen die Juden als ein Hindernis auf dem Weg zu diesem Ziel.
Israel als starker Nationalstaat ist alles, was die woken Sozialisten von heute überwinden wollen für ihren Traum von der schönen, neuen, besseren ökosozialistischen Zukunft. Der neue Mensch soll keine Geschichte, keine Tradition, noch nicht mal eine Geschlechtsidentität haben.
Der perfekte Untertan steht der umfassenden finanziellen, gesundheitlichen und räumlichen Überwachung als Einzelner entgegen.
Die Machtlosigkeit der Vielen bewirkt die Allmacht der Wenigen, denen dann alles gehört.
Dabei darf die Sympatie muslimischer Exilanten für die ökosozialistischen Phantasien als überschaubar vermutet werden.
Nicht zum ersten Mal wächst die „neue-alte Moral“ aus der bildungsfernen Wohlstandsverwahrlosung „neubürgerlicher“ Aufsteigermilieus. Unbelastet von historischen, ethisch-philosophisch oder religiösen Grundlagen ruht die konstituierende Selbstgerechtheit im schmalen Bett von Konformismus und anspruchheischender Hypermoral.
Dementsprechend kommt es zu einem dialektischen Totalversagen bei der Beurteilung bzw. Verurteilung von jüdischen Mitbürgern und der politischen Lage Israels.
Nähme man sich die Idee von „aus-der-Vergangenheit-gelernt“ zu Herzen, würde man darauf verzichten, Personen pauschal einzugruppieren, zu urteilen und sie für politische Vorgänge in einem anderen Land verantwortlich zu machen. Wenigstens dieser magere Mindestanspruch sollte an Universitäten geübt werden.
Es wird verkannt, dass im Lager der Israelkritiker zwei Deutungsmuster übereinanderliegen: wie im Iran seinerzeit beherbergt der Ökosozialismus einen „blinden Passagier“, der sich seinen Weg zu bahnen beginnt.
40 Jahre Krieg seit Chomeini über Saddam bis Arafat und Assat haben sicherlich einige Frustration der Ortskräfte gegenüber der siegreichen „westlichen Welt“ wachsen lassen. Israel als östlichster Repräsentant des westlichen Kulturraums wird schlicht als einzig vermeintlich erreichbare Projektionsfläche für aufgestauten Revanchismus mißbraucht. Historische und religiöse Deutungsmuster werden von den Unterlegenen als klägliches Feigenblatt vorgebracht. Die Vorbeter froh, dem historisch präzedenzlosen Youth-bulge (Heinsohn) ein Ziel vor Augen zu setzen und die innenpolitischen Besitzstände stabil zu halten.
Dass es für eine konventionelle Armee ethisch nahezu Unmögliches verlangt, eine Partisanenarmee zu besiegen, die sich inmitten einer „sympatisierenden“ Bevölkerung verbirgt, darf man von einer Generation hedonistischer Pokemon-Wehrdienstverweigerern wohl kaum erwarten.
Ebensowenig wie eine treffende Deutung, dass der Haß des Hisbollah-Chefs zwischen Juden und Christen keinerlei Unterschied machte.
Nun wird offensichtlich, dass Antisemitismus nicht das Alleinstellungsmerkmal der Deutschen ist. Ein Prozeß der Reeducation scheint mir in den USA dringend notwendig.