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Homogenisierter Journalismus

Wie sich unsere Medien überflüssig machen

06.08.2023

| Lesedauer: 6 Minuten
Deutschlands Medien sehen einander immer ähnlicher. Der Einheitsbrei vertreibt das Publikum. Die Verwechselbarkeit hat viel mit einem modernen Phänomen zu tun, das als positiv gilt, es aber in Wahrheit nicht ist: dem Jobwechsel.

Selbstähnlichkeit ist ein komisches Wort. Auf den ersten Blick ist es – wie der weiße Schimmel – eine Tautologie: Denn natürlich ähnelt eine Sache oder auch ein Mensch immer sich selbst. Evident.

(Das hat viel mit unseren Medien zu tun, Sie werden gleich sehen.)

In der Chaos-Theorie bedeutet Selbstähnlichkeit, dass ein Ding aus kleinen Einzelteilen zusammengesetzt ist – und schon die Einzelteile sehen jeweils so aus wie das große Ding, zu dem sie zusammengesetzt sind. (Für Mathematiker ist das schmerzhaft verkürzt, ich weiß, sie mögen bitte gnädig sein.) Wenn man zum Beispiel vier kleine Dreiecke richtig anordnet, dann ergeben die zusammen wieder ein großes Dreieck. Und so weiter. Das ist die Idee.

Die großen Dinge sehen nicht nur oft exakt so aus wie ihre Einzelteile, sie haben oft auch exakt dieselben Probleme. Damit sind wir bei unseren Medien – und bei den Journalisten, die sie bevölkern.

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POLITIK MIT MODE – ACHTUNG, GLOSSE!
BILD bejubelt Baerbock: „Und immer wieder Wickelkleid!“
Es ist gar nicht so lange her, jedenfalls keine Ewigkeit, da war das Boulevardblatt B.Z. die größte Zeitung Berlins. Sie gehörte zum Imperium von Axel Springer. Mit der Berliner Regionalausgabe von BILD kämpfte die B.Z. erbittert um die Gunst der Leser.

Beide Zeitungen hatten ihre Redaktionen im Springer-Hochhaus. Physisch waren sie zwar nur durch ein Stockwerk getrennt – aber ansonsten lagen Welten zwischen ihnen. Die Konkurrenz hätte nicht größer sein können zwischen den Blättern. Und zwischen den Journalisten.

Auf dem Gipfel des Wettbewerbs fuhren Reporter der beiden Zeitungen nach Möglichkeit nicht miteinander im selben Fahrstuhl. Und gar von BILD zur B.Z. zu gehen (oder umgekehrt), das war wie ein Vereinswechsel von Schalke 04 zu Borussia Dortmund (oder umgekehrt): Verrat. Skandal. Verlust der Bürgerrechte.

BILD und B.Z. waren zwar beide Boulevardblätter aus derselben Konzernwelt – aber trotzdem eigenständig, selbstbewusst und auch absolut unterscheidbar, in Inhalt und Stil. Sie hatten sozusagen verschiedene Spielphilosophien – mit den jeweils dazu passenden Spielertypen, sprich: Redakteuren.

Es war ein großer Unterschied, ob man eine Geschichte nach BILD-Art oder nach B.Z.-Art aufbereitet hat. Sie waren unverwechselbar.

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Was für den Berliner Boulevard galt, galt noch viel stärker für die vermeintlich seriösen Medien:

Über Jahrzehnte haben F.A.Z. und Frankfurter Rundschau zahllose Male über denselben Sachverhalt berichtet – immer flogen sie ihn aus verschiedenen Richtungen an. Medien hatten unterscheidbare Profile: Welt und Süddeutsche Zeitung, Spiegel und Focus, WDR und Bayerischer Rundfunk, SAT.1 und RTL …

Medien hatten so etwas wie eine Identität. Deren wichtigster Bestandteil waren die Journalisten (außer vielleicht beim ZDF, da waren es die Mainzelmännchen).

Es gab eine enge und nicht selten lebenslange Bindung von Journalisten an ihre Medien. Das hatte zum einen inhaltliche Gründe. Ein SZ-Mann hätte keinen gescheiten Welt-Text schreiben können, selbst wenn er gewollt hätte. Zum anderen gab es für Seitenwechsel auch kaum einen Grund: Die allermeisten Redakteure waren festangestellt und verdienten in ihrem Laden sowieso schon ungefähr dasselbe, was sie vielleicht bei der Konkurrenz hätten bekommen können. In der Folge hatten die Medien ein recht großes und recht verlässliches Stammpersonal.

Dann kam das Internet – und mit ihm die Krise.

Was da alles falsch gemacht wurde, von den Verlegern und den Intendanten, füllt einen anderen Text (und mehr als nur einen). Im Ergebnis wurde das Geld knapp, und es kamen die Controller. Die nannte man früher Buchhalter, und sie bildeten verlässlich das Ende der Nahrungskette in einem Medienhaus. Heute bilden sie den Genpool, aus dem das meiste Führungspersonal herangezüchtet wird.

Fortan wurde gespart: vor allem am produzierenden Personal, also an den Journalisten. Man kann sicher trefflich darüber spekulieren, ob – und wenn ja: wie – es anders hätte gehen können. Nicht spekulieren muss man über die Folgen dessen, was da getan wurde (und bis heute getan wird). Denn die liegen überlebensgroß vor uns:

Das Krisensparen hat die Unverwechselbarkeit gekillt.

Vielleicht wären die Medien heute besser dran, wenn sie sich nicht ausschließlich um die Zahlen in ihrer Bilanz, sondern auch um die Buchstaben in ihrem Produkt gekümmert hätten.

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Festangestellte Journalisten sind teuer. Man muss sie beschäftigen, sonst sitzen sie während der bezahlten Arbeitszeit unproduktiv herum. Man muss sie bezahlen, auch wenn das Publikum schrumpft und die Werbeeinnahmen wegbrechen. Sie werden krank oder machen Urlaub.

Festangestellte Journalisten sind ein Alptraum für Controller.

Freie Journalisten sind da viel pflegeleichter. Man gibt ihnen einzelne Aufträge oder beschäftigt sie als Tagelöhner. Man kann sie quasi ein- und ausknipsen wie einen Lichtschalter. Und wenn sie krank werden oder nach Ibiza fliegen wollen, kosten sie den Auftraggeber nix: keine Arbeit, kein Honorar.

Also wurde umgeschichtet. Überall wurden die Planstellen für festangestellte Redakteure rigoros zusammengestrichen. Stattdessen werden Heerscharen an freien Journalisten beschäftigt. Bei denen muss man nur darauf achten, ihnen nicht zu viele Aufträge zu geben: nämlich gerade nur so viele, dass man keine Probleme mit möglicher Scheinselbstständigkeit bekommt. Und dass die freien Mitarbeiter keine Festanstellung einklagen können.

Aber auch so ein Freiberufler will auskömmlich leben, man kann es ihm kaum verdenken. Mit nur einem Auftraggeber geht das nicht (Achtung, Scheinselbstständigkeit). Also arbeitet der freie Journalist notgedrungen für mehrere Medienhäuser.

Wer nun denkt, das fördere die Vielfalt, irrt gewaltig. Tatsächlich passiert das Gegenteil.

Unverwechselbar wurden Medien zwar auch durch die Aufmachung und durch die Themenauswahl – aber vor allem eben durch ihre Mitarbeiter. Jetzt dagegen setzt man auf austauschbare Leute. Die liefern, wenig verwunderlich, austauschbare Inhalte. Mit immer weniger exklusiven Festangestellten und immer mehr externen Freien, die gleichzeitig für viele verschiedene Auftraggeber am Start sind, gleichen sich die Medien stilistisch und weltanschaulich immer mehr an.

Fehler kommen gern in Ketten. So auch hier: Statt beim Profilverlust gegenzusteuern und ihre journalistischen Produkte wieder unverwechselbar zu machen, probieren unsere Medien lieber aus, mit wie wenig Journalismus man denn so auskommen kann. Vorher eigenständige Redaktionen werden zu Nachrichten-Legebatterien fusioniert. Die verteilen, mehr oder weniger, immer denselben Inhalt nur noch an verschiedene Marken. So lassen sich weiter Kosten sparen.

Auch die B.Z. und die Berlin-Ausgabe von BILD werden ab November in einer gemeinsamen Redaktion produziert. Beide Titel sollen trotzdem ihre „publizistische Eigenständigkeit“ behalten, lässt Konzernchef Mathias Döpfner mitteilen. Bei allem Respekt: Das ist Quatsch, hart an der Grenze zur Publikumsveralberung.

Axel Cäsar Springer, der verblichene, dürfte unglücklich im Grab rotieren.

Das „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ RND beliefert 52 (in Worten: zweiundfünfzig) Zeitungen bundesweit. Die Seven.One Entertainment Group produziert zentral die Nachrichten für ProSieben, SAT.1 und Kabel Eins. Die Nachrichten von RTL, Vox und n-tv greifen auf einen gemeinsamen Redaktionspool zurück.

Und so weiter, und so fort: Immer dieselben Inhalte von immer denselben Leuten.

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Ein weiterer Treiber für die Einebnung aller Unterschiede bei unseren Medien heißt dpa.

Das ist die größte Nachrichtenagentur Deutschlands, ihre Gesellschafter sind rund 170 deutsche Medienunternehmen. Interessanter als die Eigentümer der „Deutschen Presse-Agentur GmbH“ sind allerdings die Nutzer.

Denn das sind, ohne Übertreibung, fast alle.

Seit Jahrzehnten hat praktisch jede deutsche Rundfunkanstalt und fast jede Tageszeitung die Nachrichtenagentur abonniert. Die dpa-Kunden „können somit auch ohne eigene Korrespondenten und Redakteure über Geschehnisse in aller Welt berichten“, weiß Wikipedia. Das heißt: Die derzeit etwa 660 Mitarbeiter der dpa liefern Meldungen, Hintergründe, Analysen, Grafiken, Fotos und seit ein paar Jahren auch Videos – für alle deutschen Medien.

Die können das dpa-Material als Quelle hernehmen, selbst weiter recherchieren und eigene Texte oder TV-Beiträge daraus machen. Oder sie können das dpa-Material etwas umschreiben und ihrem Publikum als eigenes Werk verkaufen. Oder sie sparen sich gleich die ganze Mühe – und drucken die dpa-Inhalte einfach 1:1 ab.

Das ist natürlich mit Abstand am billigsten. Und deshalb wird es mittlerweile auch geradezu inflationär gemacht.

Unsere Medien haben wichtige Teile ihrer Recherche und sogar ihrer Textproduktion inzwischen an die dpa ausgelagert. Das ist schön bequem und obendrein günstiger. Ein dpa-Abo kostet nur einen Bruchteil des Gehalts von mehreren eigenen Redakteuren.

660 dpa-Mitarbeiter liefern also die Inhalte (und die Perspektive), die immer mehr Medien bei uns einfach übernehmen – aus Kostengründen zunehmend ungeprüft, unbearbeitet, unverändert. So kommt es, dass die Leser einer Regionalzeitung in Nordfriesland immer öfter exakt dieselben Texte finden wie die Leser eines Lokalblatts im Saarland oder in Thüringen oder in Oberbayern.

„Der immense Einfluss der dpa auf die öffentliche Meinung ist oft kritisiert worden“, weiß Wikipedia. Loriot würde jetzt sagen: Ach, was …?

*****

Die deutschen Medien sind homogenisiert.

Und weil sich sowieso alles immer ähnlicher ist, sind nun auch bei den festangestellten Journalisten die lustigsten Jobwechsel möglich. Heute sind auch vorgebliche Top-Leute so geschmeidig – und die Häuser so austauschbar – dass man problemlos von BILD zum Spiegel zu RTL gehen kann. Oder vom Spiegel zu Focus. Oder von der Welt zum Tagesspiegel.

Sukzessive werden so auch die letzten verbliebenen Unterschiede zwischen Zeitungen oder Fernsehsendern eingeebnet.

Ein weiterer, besonders unappetitlicher Nebenaspekt dieser Job-Hopping-Kultur ist die bruchlose Metamorphose von Journalisten zu Regierungssprechern zu Intendanten von öffentlich-rechtlichen Anstalten (und manchmal sogar wieder zurück).

Ulrike Demmer zum Beispiel ist viel rumgekommen: Sie war beim ZDF, beim Spiegel, bei Focus und beim RND. Dann war sie stellvertretende Regierungssprecherin, heute ist sie Intendantin beim rbb. Béla Anda war erst bei BILD, dann Regierungssprecher, dann wieder bei BILD.

Und nein, das ist nicht gut. Überhaupt nicht. Journalisten sollen Politiker und politische Beamte stellvertretend für die Öffentlichkeit überwachen. Da ist es schon schwierig, wenn jemand aus der Redaktionsstube auf die Regierungsbank wechselt. Endgültig inakzeptabel ist der Weg zurück.

Verfechter dieser Praxis verweisen gerne darauf, dass das ja in den USA auch üblich sei. Ohne jeden Anflug von Anti-Amerikanismus: Nicht alles, was aus den USA kommt, ist so gut, dass wir es bei uns nachmachen sollten.

*****

Eine zusehends stromlinienförmige Medienlandschaft erzeugt, wenig verwunderlich, auch stromlinienförmigen Nachwuchs.

Die nachrückenden Generationen von angehenden Journalisten ähneln erschreckend den Klon-Kriegern aus „Star Wars“: mit weitgehend einheitlicher Sicht auf die Welt, auf den Beruf und auf sich selbst. Im Wortsinn uniformiert.

Es gibt viele Wege zum Frust. Einer der schnellsten ist: Lehrbeauftragter im Fachbereich Journalistik an einer deutschen Universität. Denn mit jedem neuen Jahrgang sind immer weniger Persönlichkeiten zu finden, die den Impuls haben, sich ihren eigenen Weg zu suchen. Mit jedem Semester gibt es weniger journalistische Talente.

Mit Blick auf die Auftragslage hört man von Kollegen öfter die Klage, es gebe zu viele Journalisten im Markt. Das ist falsch. Es gibt nicht zu viele Journalisten. Es gibt zu wenig gute.

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Milch wird homogenisiert, um sie besser bekömmlich zu machen. Genau dasselbe gilt für den homogenisierten Journalismus: Er liegt nie schwer im Magen. Er verursacht niemals Bauchschmerzen. Er ist leicht verdauliche Ware.

Der homogenisierte Journalismus ist von allem befreit, was ihn relevant machen könnte. Schon kurz nach dem Verzehr kann man sich kaum noch an ihn erinnern.

Es ist ein Journalismus, den die Welt nicht braucht.

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56 Kommentare

  1. Diese LeidMedien sind dermaßen unverschämt im Lügen da staunt der Fachmann und der Leihe wundert sich. Beispiel von der FAZ, die über die Hitze (wo auch immer die herrscht) schreibt und den Klimawandel beschwört um gleichzeitig dann Preissteigerungen für z. B. Schokolade auf schlechtes Wetter schiebt: „Zwei Drittel der globalen Kakaoernte stammt aus Westafrika. Dort haben starke Regenfälle und eine Fäulnis verursachende Krankheit die Ernten stark beschädigt und geben Anlass zur Sorge.“
    Asterix würde sagen: Die spinnen die Römer!

  2. Die nächste Stufe dieser Trägerrakete ins Nichts heißt denn auch KI. Da reicht dann ein Controller der Chefetage, um die gesamte Ausgabe zu meistern. Inklusive Wetterbericht und Meldungen über lokale Straßenbaumaßnahmen. Das Talent vieler „Journalisten“, mit vielen Worten wenig Nichtssagendes zu Papier zu bringen, ist dort schon eingearbeitet. Einschließlich Rechtschreibkorrektur.

  3. Der nächste Schritt nach der Eindampfung von Inhalten und Texten auf „social“ media Format ist die Ersetzung des geschriebenen Wortes durch das gesprochene Wort. Damit wird das Ganze noch eine Stufe flüchtiger, das Geschwaller nimmt zu und das „Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern“ obsiegt völlig, in Inhalt und Form.

  4. In der Aufstellung fehlen Intellekt und Bildung die heute bei 99% der „Journalisten“ durch Ideologie und Haltung ersetzt wurden.

  5. Ich fahre seit Jahrzehnten häufig die DB Strecke IC HAMBURG (BERLIN) – MÜNCHEN …ich kauf mit am Bahnhof immer 1/2 Dutzend Tageszeitungen der Großstädte auf der Strecke …das reichte immer Abfahrt bis Ankunft …
    Aktuell bin ich bereits 3 Stunden vor Ankunft mit Kreuzworträtseln beschäftigt …Alles Überregionale , Internationale ist teilweise fast wortgleich , obwohl oft unterschiedliche Namen der Schreiberlinge unter den Artikeln stehen ..
    Mittlerweile unterscheidet sich oft nicht mal mehr der Lokalteil – wenn in Hannover irgendein ein Regenbogen Homomist geplant ist findet sich in Nürnberg etc. oft ein ähnlicher Bericht ,muss man nur den Namen austauschen . inhaltlich identisch …
    Ich glaube die arbeiten mit einer Art Bausatzsystem – fertige Texte in die oft nur noch ein paar ortsspezifische Ding eingefügt werden müssen …Deshalb kauft auch kaum einer mehr die Tageszeitungen …kann man im Zug beobachten , kaum jemand liest …

  6. Die Analyse ist falsch und richtig zugleich. Falsch deswegen, weil die jungen Leute sagen: „Ich habe YouTube, für was bitte schön brauche ich einen Verleger?“ Journalisten machen heute ihr eigenes Medium.

  7. Wenn der RND das schreibt was die Tagesschau sendet, dann brauche ich kein Zeitungsabo mehr, insbesondere wenn beide fast ausschließlich Regierungspropaganda betreiben.
    Kurz: Können beide weg.

  8. Großes Problem ist doch, dass immer noch so viele Journalist werden wollen, dass rigoros ausgesiebt wird, dutzende Praktika und Volontariate gemacht werden müssen und das – meist unsichere – Einkommen am Ende dieser Ochsentour so bescheiden ist, dass man schon ein erhebliches Sendungs- und Weltverbesserungsbewusstsein mitbringen muss (und einen finanziell soliden Background), um sich das anzutun. Entsprechend ist die Vita der Neujournalisten so gutbürgerlich gleichförmig, wie die der Neupolitiker. Die leistungsbereiten Konservativen tun sich das schon lange nicht mehr an, gehen direkt in die freie Wirtschaft und überlassen das Feld den linken Weltverbesserern.

  9. Vieles ist richtig. Der Autor geht aber nicht auf ein weiteres Problem des Journalismus ein und das ist die im Grunde ungeklärte Nähe vieler Journalisten zu transatlantischen Netzwerken. Auch das ist ein Thema, dass im Grunde unbedingt auf den Prüfstand muss – zumal auch der Ukraine-Krieg gezeigt hat, dass die alternativen Medien da auch nicht so ganz ausgenommen sind.
    Und diese Netzwerke sind besonders problematisch, weil sie einerseits für Journalisten wichtig sind – denn Journalisten brauchen Verbindungen – aber andererseits eben auch schnell zur Verführungsmaschine werden, denn die Aura der Macht und die Nähe zu den wirklich Mächtigen ist natürlich faszinierend.
    Journalisten müssten aber wieder kritischer damit werden.
    Übrigens an der Seite ein Kompliment – es gibt nach wie vor sehr viele gute Journalisten. Sie bewegen sich nur einem problematischen Umfeld und problematischer Struktur – und das muss endlich genauer auf den Prüfstand.

  10. Meine Tageszeitung habe ich nach mehreren Jahrzehnten gekündigt. Einziges Unterscheidungsmerkmal waren die Traueranzeigen, die ich aber online abrufen kann.
    Durch Selektion der Online-Medien ergibt sich schon eine individuelle informative Blase. Ich kann und will allerdings nicht zum Ausgleich die linken Medien konsumieren oder dort Klicks fabrizieren.

  11. Im Ergebnis drängt sich beim Blick auf die Zeitungsauslage am Kiosk der Vergleich zum Cornflakes-Regal im Supermarkt auf. Zwanzig bunte Packungen, alle Produkte behaupten, gesund zu sein, der Inhalt besteht jedoch zuallererst aus Zucker, etwas Gerstensaft für den Geschmack und knusprig muss es sein. So hat es die Marktforschung herausgefunden und es wird geliefert wie bestellt.
    Für qualitativ hochwertigere Müslis finden sich tief unten im Regal die Haferflocken als Grundzutat. Kann es Zufall sein, dass die Tüten zumeist blau gefärbt sind wie die AfD?

  12. Der Beitrag betrachtet das Problem des deutschen Journalismus in erster Linie aus der Sicht eines Journalisten selbst. Dabei stellt er fest, dass es zuviel Homogenität und zu wenig Qualität im deutschen Journalismus gibt.
    Was er aber unter den Tisch fallen lässt, ist die politische Komponente des Journalismus. Die gab es immer, und genau wegen ihr gibt es überhaupt das Institut der Pressefreiheit. Im Grunde kann man sie mit der Immunität von Abgeordneten vergleichen.
    Das Problem sind aber nicht so sehr die prekärer gewordenen Arbeitsbedingen im Medienbetrieb. Meines Wissens gibt es mehr Medienschaffende denn je in Deutschland. Was der Autor zum Beispiel völlig ignoriert, ist das große Feld der Blogger und Influencer. Vermutlich mit den klassischen Medien Presse, Fernsehen und Radio aufgewachsen, übersieht er, dass die Alterskohorten unter 30 diese Medien weitgehend ignorieren und nur noch auf sozialen Medien unterwegs sind. Hier liegt ein wesentlicher Grund für den wirtschaftlichen Verfall der klassischen Medien, die sich über Internet-Werbung nicht refinanzieren können und für die neuen, ständig relevanter werdenden Kanäle keine Konzepte entwickelt haben. Und natürlich ist das auch eine Altersfrage. Aber nicht nur. Es hat schon seinen Grund, warum in den USA Tucker Carlson nach seinem Rauswurf beim Fernsehsender Foxnews nicht etwa zur (konservativen) TV-Konkurrenz von Newsmax wechselte, sondern seine Show nun bei Twitter alias X laufen lässt, mit Zugriffszahlen, die ein vielfaches seiner Reichweite bei Fox entsprechen. Sicher verdient er dort weitaus weniger als die Millionen, die ihm Murdoch zahlte. Aber er hat verstanden, dass Fernsehen das Medium von gestern ist. Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Das bekommen die deutschen Medien nun zu spüren.
     
    Die linke Dominanz in den deutschen Medien ist aus meiner Sicht eine Folge der Vermittelschichtung der deutschen Gesellschaft, aber auch des starken Zustroms von Frauen in die ihnen sehr gelegenen Medienberufe. Diese Kohorten – akademisch-urbane Mittelschicht und hier besonders die Frauen – sind nun einmal die wesentlichen Träger der grünen und linksliberalen Gesinnung. Es ist kein böser Wille, dass sie links sind – sie sind es einfach, und so werden die Medien, in denen sie dominieren, alle links. Genau das ist seit den 1980ern passiert, Schritt für Schritt. Woher der unheimliche Automatismus kam, mit dem das scheinbar ablief, ist jedoch ein anderes Thema.

  13. Der Buchhalter als der letztendliche Herrscher: so endet eben die Kultur unseres glorreichen Bürgertums. Das Bürgertum ist nicht mehr in der Lage, flächendeckend edel zu sein, immaterielle Prinzipien zu leben, wenn es die „Wirtschaft“ zu seinem Hauptprinzip erklärt: so wird man nämlich gemein! Zur Zeit der Humboldt Brüder vor 200 Jahren war das jedem Gebildeten noch sonnenklar, vor 50 Jahren immerhin noch ein bischen, heute leider meist gar nicht mehr. Schande liegt über dem Land, das primar ein Wirtschaftsbetrieb sein möchte! Wie gemein gedacht.

  14. Wir haben doch Tichys Einblick,
    Mehr Journalismus geht doch gar nicht???

  15. „Das Krisensparen hat die Unverwechselbarkeit gekillt.“
    Mag sein, aber wenn es schon Krisensparen war, hätte sein Fehlen die Zeitungen gekillt.
    Die Zeit, die Technik und insbesondere das Konsum- und Ausgaberverhalten der nachwachsenden Kundschaft sind über ein Medium und über eine Kulturtechnik hinweggegangen. Zeitung ist kein Muss, kein Symbol für Tiefgang oder Bildung mehr, Büchern geht es ähnlich. Information und Pseudowissen muss auf twitter und Co. passen und darf nicht anstrengen, Klappentext, Wiki ein Clip im podcast reichen um mal kurz mitreden zu können und dann nächstes Thema bitte. Mathe ist schon länger out, Handschrift auch und Lesen jetzt eben auch.
    Was eher da war? Der Kundenabgang oder der Qualitätsverlust? Henne oder Ei?

  16. Dieser homogenisierter Journalismus liegt sehr wohl schwer im Magen ?! Beispiel Gardasee – alle schreiben denselben Blödsinn von wegen der trocknet aus. Auch zur Hitzewelle – es kommt die 3. Welle – garantiert – na ja vielleicht – aber bestimmt in Sizilien. Wir hatten gar keine Hitze nur einzelne schöne Sommertage + viel Regen und heute bei 17 Grad ist auch die Heizung und der Holzofen in Betrieb – das sind Hundstage für das eigene Budget. Im übrigen ist der „Sommer“ in Deutschland bald vorbei, dann kann der Hitzeplan eines komischen weißen alten Politikers nach Südafrika geschickt werden – wir brauchen dann für die nächsten 8-9 Monate einen Kälteplan ?? garantiert und sollte es mal wieder eine Schneekatastrophe geben, wer haftet von der Ampel für die Opfer?

    • Bitte bei Karl L. keine neuen „Plan“-Ideen aufn Tisch legen…

      • ??? Hat er schon, siehe Krankenhausfinanzierung, da sind die ersten 9 Krankenhäuser schon Pleite.
        Ein SchneekatastrophenPlan für den Norden Deutschlands wäre hilfreich um im Falle eines Falles Tote zu verhindern, natürlich nur wenn den wirklich jemand aufstellt der Ahnung hat.

  17. Alles richtig, Joy la Mancha, wieder mal ein Beweis für die Güte der Kommentatoren von TE. Und die TE Redaktion kann davon ausgehen, daß ihre Leser die Artikel (meistens) sehr schätzen und – akribisch studieren.

  18. Mittlerweile will ich Spiegel, Zeit und Co. nicht einmal mehr als (befristetes) kostenloses Dankeschön.

  19. Ich denke dieser Blätterwald ist schon bei der nächsten Beitragserhöhung des ÖRR eingepreist. Die systemrelevanten Zeitungsverlage hoffen auf die Schutzgelder.

  20. Kann man so sehen. Aber die Gleichsetzung von Buchhalter und Controller zeugt leider von großer Unkenntnis von Unternehmensstrukturen und -organisation. Der Buchhalter sorgt für den zahlenmäßigen Rohstoff, der Controller transformiert diesen in die für die Unternehmenssteuerung nötigen Informationen. „Controller“ heißt nämlich nicht „Kontrolleur“ – das wäre eher der Buchhalter – sondern „Steuermann“, der die Steuerhebel zur Verfügung stellt. Er ist eigentlich die graue Eminenz hinter der Geschäftsführung, und wenn diese ihn ignoriert, geht´s schief.

  21. Hinzu kommt noch, dass Journalisten in der Hauptsache für andere Journalisten schreiben und nicht für die Leser. Diese Unart pflegten schon früher immer die Kulturredakteure, damals noch Feuilletonisten genannt. Doch inzwischen belauern sich Zeitungsredakteure schon gegenseitig quer durch die Republik, dass ja keiner nach rechts ausschert oder den Klimawandel verharmlost. Das ist ein Kartell der richtigen Meinung, in dem Journalisten gefangen sind. Marketing-Forscher wissen anhand von Leserbeschwerden ganz genau, dass die Leser diesen linken woken Klimamist in ihrer Zeitung nicht lesen wollen, aber den Verlegern geht es immer noch zu gut beziehungsweise ist der Konformitätsdruck so hoch, das weiterhin komplett am Leser vorbeigeschrieben wird. Die Öffis juckt das nicht, aber die Lokalzeitungen werden als erste spüren, dass die Leser keinen Bock auf diese verlogene Berichterstattung haben. Was Journalisten und offensichtlich auch Verleger nicht begreifen: weder Migranten noch sexuelle Minderheiten noch Klimaaktivisten noch sozial Schwache kaufen sich eine Zeitung. Aber diejenigen, die es noch tun, werden mit den geschönten Geschichten über Migranten, sexuelle Minderheiten, Klimaaktivisten und sozial Schwache zugesülzt – bis es ihnen reicht. Junge Leite interessieren sich ohnehin nicht für Zeitungen, also da ist bald game over.

  22. gab es da vor ein paar Jahren nicht auch irgendwo mal einen Artikel, dass man, wenn man die ganzen Eigentumsverschachtelungen im Zeitungsbereich aufdröselt, bei ganz wenigen Personen oder Vereinigungen landet, denen die ganze Presse in Deutschland gehört? In meiner Erinnerung war die SPD ganz vorne dabei.

  23. Die Medien einschließlich des öffentlich/ rechtlichen Gebührenfernsehens sind weitestgehend bis auf den Lokalteil der jeweiligen Zeitung gleichgeschaltet!
    Die „Funke Mediagruppe“ und das RND „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ formulieren die Seiten 1 – 4 der jeweiligen Zeitung!
    Den Niedergang der Zeitungen kann man bestens am Abstieg der FAZ, der Frankfurter Allgemeinen Zeitung erkennen. Aus purer Not heraus wurde die eigene Druckerei aufgegeben und man druckt jetzt bei der Offenbach Post!

  24. „Die großen Dinge sehen nicht nur oft exakt so aus wie ihre Einzelteile, sie haben oft auch exakt dieselben Probleme.“
    Und das gilt nicht nur für die Medien. D macht in letzter Zeit immer auf größer, sobald sich herausstellt, das es im Kleinen nicht funktioniert.

  25. Alles vollkommen zutreffend, aber es gibt noch einen wichtigen Aspekt. 1989 war so eine Art Kernschmelze der Linken, einige blieben links (irgendwie), andere bis dahin „unabhängige“, mehr oder weniger moskaukritische Linke sahen sich komischerweise bestätigt und schmissen nun sich mit ihrem „Antikommunismus“ an konservative Medien heran. Die fielen auf sie herein, waren froh, endlich auch von denen „akzeptiert“ und nicht mehr als ewiggestrige „Kalte Krieger“ abgekanzelt zu werden. Das Ergebnis war ein nahezu vollständige Unterwanderung einstmals konservativer Medien durch „unabhängige“ Linke. Man muss sich nur mal die Biographien der Journalisten anschauen. Ihr Eintrittsbillet war ihr Beitrag zur Deligitimierung von SED und DDR. Das ist alles auch irgendwie nachvollziehbar und die Delegitimierung der SED war und ist legitim. Aber dem Journalismus hat das nicht gutgetan. Die vermeintlich Ex-Linken hatten ihre Denkmuster auch gar nicht wirklich abgelegt, ihr totalitärer Ansatz wurde nur verschleiert durch den vermeintlich „antitotalitären Konsens“. Ob der Begriff ursprünglich auf Habermass zurückgeht, weiß ich nicht, aber er hat ihn in den 90er Jahren mit einem Vortrag vor der Bundestagsenquetekommission zur Aufarbeitung der SED-Diktatur „populär“ gemacht. Alle lagen sich in den Armen. Happy End. Und auch die Konservativen war ja längst nicht mehr das, was sie mal waren, voller Selbstzweifel. Der Kollaps der DDR und des Kommunismus hat sie noch einmal von der Schippe springen lassen. Der Springer-Verlag hat im Sommer 1989 als vermeintliches Zugeständnis an die „Realität“ die Anführungszeichen bei der DDR gestrichen. Krasser konnte ein Fehleinschätzung der Realität kaum zum Ausdruck kommen. 1990 haben sich dann zwei Waidwunde zusammengetan, in der Annahme, es zusammen noch einmal zu schaffen.

    • Eva M. hat weiter unten auf die Taz als Kaderschmiede hingewiesen. Dem schließe ich mich an, hatte ich auch vergessen zu erwähnen

  26. DPA, zusammen mit Reuters, unterliegen hierbei keinen Wettbewerb in den Auslagen, alle kopieren deren Meldungen inklusive Rechtschreibfehler, dass man sich oft fragt, warum eigentlich die Zeitung kaufen, und nicht schlicht selber ein DPA Telegramm Ticker abschließen.

    Man hat also als Kunde nichtmal Beschwerde oder Einflussrecht, missfällt der Beitrag in Zeitung A, B und C mit Quelle dpa, dann geht die Beschwerde an die Zeitung, während der eigentliche Ansprechpartner, dpa, nichts davon erfährt.

    Im Kern wie die Politik, zwischen Souverän und Regierung, soviele wie möglich Schichten erschaffen, dass der Kontakt zwischen beiden eben faktisch nicht mehr möglich ist.

    Je mehr Schichten, desto schwerer, desto angenehmer für die Verantwortlichen.

  27. Die taz wurde vergessen. Die taz ist seit drei Jahrzehnten der Brutkasten für fast alle Journalisten. Hier lernen sie die Grundausrichtung, hier haben sie auch die gemeinsamen Erfahrungen gesammelt, bei der taz wird das Milieu der heutigen Journalisten angerührt.
    Oder: Keine Krähe hackt der anderen ein Auge aus.

  28. Und mit dem Internet kam auch die Copy&Pasteritis. Jeder, der diese zwei Tastenkombinationen beherrscht und irgendwas mit Medien machen will, hält sich heute für einen talentierten Journalisten.

  29. Ein freier Markt beinhaltet auch eine gewisse Selbstreinigung. Wenn ein Produkt bei der potentiellen Zielgruppe nicht gut ankommt oder etwas besseres verfügbar ist, wird dieses Produkt verschwinden bzw. durch das bessere Produkt ersetzt. Es sei denn, man hebelt diesen Markt aus, durch Vorschriften, Zwangsfinanzierung oder Subventionen, wie z.B. staatlich geschaltete Anzeigen für Impfungen oder zur sonstigen moralischen Belehrung. Daher gibt es momentan viele Zeitschriften mit einer marginalisierten Leserschaft, die nur dazu dienen, die Illusion von Meinungsfreiheit aufrechtzuerhalten.
    In den sozialen Medien kann praktisch jeder ein Journalist im kleinen sein und das beschreiben, das er sieht. Deswegen sind z. B. die Einsatzmeldungen in [Region] auf Facebook so aktuell und haben eine hohe Verbreitung. Die Glaubhaftigkeit seiner Quelle kann bzw. sollte man dann selber einschätzen können, aber geringer als die Glaubwürdigkeit der Systempresse wird sie kaum sein.

  30. Und nicht zu vergessen: Diese stromlinienförmigen Medien (auch Mainstream genannt) sind Teil des Wahrheitsministeriums und unterliegen somit den Handlungsempfehlungen der Einheitspartei (CDUSPDFDPGRUENE). Hinzu kommt, wenn man der Wissenschaft Glauben schenken darf, dass die Gehirne der Menschen, evolutionär bedingt, wieder schrumpfen. Diese Entwicklungen machen es, vor allem den jungen Journalisten, enorm schwer inhaltlich hochwertige und gut lesbare Texte zu verfassen.

    • Ich sehe das anders herum. Die Einheitspartei (CDUSPDFDPGUENE) hat Angst vor schlechter Presse und macht in vorauseilendem Gehorsam genau die Politik, wie sie von den Mainstreammedien erwartet wird. Sie haben die Macht, einen Politiker jederzeit kaputt zu machen. Das Volk kann das, wenn überhaupt, höchsten alle 4 Jahre bei den Wahlen. Ist aber unwahrscheinlich, solange die linksgrüne Volksverdummung durch die Massenmedinem noch wirkt.

  31. Und da diese (ÖR) Medien immer weniger gebraucht oder genossen werden, bekommen wir die tranige Medizin alle zwangseingeflößt.

  32. Machen sich die Medien überflüssig? Ein Teil der Leser bekommt vom homogenisierten Journalismus ja wenig mit. Er liest vor allem Beiträge in seinem Medium und registriert nicht, dass derselbe Beitrag in 50+X anderen Zeitungen erscheint, vielleicht leicht ergänzt/überarbeitet von der heimischen Redaktion, aber doch im Wesentlichen identisch. Da Presseagenturen nicht immer die besten Artikel kreieren (Pressemeldungen des Öfteren abschreiben), läuft das selbstverständlich auf ein Qualitätsdefizit des Gesamtangebots hinaus, das aber nur der im Internet surfende Nutzer wahrnimmt.
    Die BILD-Zeitung ist nach meinem Eindruck in jüngster Zeit weiter nach links gerutscht. Die AfD wird gern als in Teilen rechtsextrem und verfassungsfeindlich oder als ganz rechter Rand beschrieben. Dabei fragt man sich nur, ob alle BILD-Leser und -Käufer andere parteipolitische Präferenzen haben als die AfD oder ob sie sich ohne Probleme als Sympathisanten des (ganz) rechter Rands verstehen.

  33. „… und es kamen die Controller. Die nannte man früher Buchhalter …“
    Eigene Unkenntnis ist ja immer gut für ein Bonmot. Ein Buchhalter hat mit einem Controller (wenn er denn seinen Job verstanden hat) ungefähr soviel zu tun wie ein Containerschiff mit einem Lastenfahrrad.
    „Vielleicht wären die Medien heute besser dran, wenn sie sich nicht ausschließlich um die Zahlen in ihrer Bilanz, sondern auch um die Buchstaben in ihrem Produkt gekümmert hätten.“
    Wenn die sich um die Zahlen in ihren Bilanzen gekümmert hätten, ständen sie heute nicht da wo sie stehen. Das ist schon betriebswirtschaftlicher Analphabetismus auf höchster Stufe.

    • Ich habe viel Jahre in einem US-Unternehmen gearbeitet und weiss, dass Buchhalter für das Verbuchen von Zahlungsein- und Ausgängen zuständig sind.
      Controller jedoch bewerten den wirtschaftlichen Erfolg eines oder mehrerer Produkte.
      Den Unterschied zwischen diesen beiden Gruppen können Sie im Jahresabschluss-Getümmel hören und manchmal sehen. Da ruft dann ein Controller seinen Contoller-Kollegen mal zu „Ich hab‘ ’ne Millionen über! Kann die jemand gebrauchen?“
      Wenn das ein Buchhalter machte, würde der Notarzt kommen.

    • Fakt ist, daß es den Begriff „Controlling“ schon mindestens seit 1990 gibt, ab da hat er sich in der jetzigen Form verbreitet, daß es die entsprechenden Abteilungen aber schon seit dem Kaiserreich gibt, da nannten sie sich „Betriebsabrechnung“.
      Während der Buchhalter, den es heute noch gibt, für die ordnungsgemäße Verbuchung – und die Erfüllung der gesetzlichen Auflagen vor allem des EStG – der Geschäftsvorfälle zuständig ist, was schon jeden Laien überfordert, wenn man ihm den Unterschied zwischen „bestandswirksam“ und „erfolgswirksam“ – uvam – klarmachen will, nimmt sich der Controller der Überwachung des laufenden Geschäftsbetriebes an. Verdienen wir mit dem Produkt Geld? Ab wieviel verkauften Exemplaren können wir das Personal, die Druckerei, den Vertrieb usw. bezahlen?

      Und nein, der Controller „dreht“ keine Zahlen, das HGB schreibt für Unternehmen ab bestimmten Betriebsgrößen die Zusatzveröffentlichung von bestimmten Analysezahlen, die in einem Anhang, einem Lagebericht oder einer detaillierten Analyse veröffentlicht werden, vor; sobald sie an der Börse sind oder einen Börsengang planen, wird von der Börsenaufsicht noch viel mehr vorgeschrieben. Bei diesen Zahlen geht es dann nicht nur um den Break-Even, sondern um Branchenzahlen als Vergleichsgrößen.
      Sollte das Unternehmen, wie die allermeisten in Deutschland, über Banklinien verfügen, verlangen die Banken diese Zahlen – und teilweise noch mehr, nämlich produktspezifisch – monatlich.
      Ihnen diese verschiedenen Arten von Kenn- und Vergleichszahlen zu erklären, wird Sie mit ihrer Vorstellung davon, wie und warum Buchhalter und Controller arbeiten, absolut überfordern.
      Der ansonsten hervorragende Beitrag von Herrn Walther ist an dieser Stelle „betriebswirtschaftlicher Analphabetismus auf höchster Stufe“, ich kann das als kaufmännischer Leiter, der u.a. beide Abteilungen leitet und in beiden Abteilungen – und in den anderen, die dazugehören – auch im Tagesgeschäft operativ arbeiten kann, zu 100% bestätigen.

  34. Endlich sagt es mal einer.
    Ein Einheitsbrei aus DPA,RND,dieses unsägliche gemeinsame Recherchenetzwerk aus SWR,NDR und Süddeutscher, die unzähligen NGO deren Artikel ungeprüft Weg in die Pressen und Onlineauftritte finden..
    Nachricht und Meinung sind zu einem Soylent Green verkommen, günstig und direkt verzehrfertig vor die Nase gestellt. Wer kommt da noch auf die Idee in den Wald zu gehen und sich selbst Nüsse, Pilze, Kräuter zu suchen und sich gar einen Fasan zu schiessen?
    Natürlich wird der Pilzesammler als alles mögliche beschimpft und verhöhnt und Schuld ist er sowieso, ohne diese Quertreiber wäre Soylent Green sicher günstiger und man müsste nicht permanent Mittel für Informationsmaterial aufwenden um das irre Gerücht mit Hilfe von talentierten Kabarettisten zu bekämpfen die grünen Kekse von Soylent Green wären aus alten geschredderten Leuten gemacht..
    100 gestern zufällig befragte Strassenpassanten äusserten ihre grosse Zufriedenheit mit Soylent Green und wünschten sich ein hartes Vorgehen gegen diese Missinformanten. Ausserdem stimmten 99 von ihnen der Aussage zu Produktionsmitarbeiter von Soylent Green sollten eine deftige Lohnerhöhung bekommen weil sie das Geld dringend brauchten vor Weihnachten,Weihnachtsgans, Pralinen und Schampus sind nämlich schon wieder teurer geworden..

  35. sehr gute Innensicht auf den Journalismus, allerdings ist das dem kritischen Leser schon Anfang der 2000er aufgefallen, weshalb er im netz angefangen hat, erst kostenlose Angebote quer zu lesen und dann begonnen hat, die alten Medien abzustossen und nur noch alternativ zu lesen.
    Selbst bei Tichy’s ist ja der eine oder andere eher der eigenen Vergangenheit politisch verbunden, man muss also quer lesen.
    ABER das hält wach und alert.

  36. So isses!
    Einheitsbrei mit Scheinwettbewerb, wie bei gesetzlichen Krankenkasse oder Parteien, die sich für gut oder demokratisch halten, dem kolossalen Moloch öffentlich rechtlicher Anstalten im „Staatsfunk“ usw.
    Kennst du eine, kennst du alle.
    Und es wird immer offensichtlicher, dass die zahllosen Redundanzen nur den jeweiligen Job und Stellenerhalt dienen, dem Erhalt gigantischer Geldströme, egal ob die Strukturen noch zeitgemäß sind, gebraucht werden, noch gelesen oder angeschaut werden.
    Solange noch Geld fließt, wird im Kern nichts geändert, zu viele profitieren noch vom Status Quo, lassen sich durch völlig überflüssig gewordene Strukturen versorgen, weil die Rente noch fern ist.
    Und viele werden wissen, dass sie der Allgemeinheit gegenüber nichts von Wert leisten, dass sie einen überflüssigen Job in einer grundsätzlich überflüssigen Struktur machen, Teil von etwas sind, was seit Google oder allgemein „Internet“ überflüssig ist, was durch Computer problemlos von einer Verwaltung erledigt werden könnte, wenn die 10 identischen Strukturen einfach zusammengelegt würden usw usf.
    Dann kann man sich und der Welt noch viel einreden, Wichtigkeit oder Haltung simulieren, und dennoch weiß man jede Sekunde am Arbeitsplatz, dass morgen Schluss sein könnte, wenn jemand das Offensichtliche ausspricht und entsprechend handelt, sprich: den Laden zumacht zusammenlegt, etc
    Kein Wunder, dass viele ihre Rettung beim Staatsdienst suchen, wenn die Rente noch zu weit in der Zukunft liegt.
    Wessen Lied man dazu singen muß ist bekannt, also singt man es und hofft auf Verbeamtung. Beim Staat gibt’s kein effektives Controlling, dort kann selbst blühender Unfug, beeindruckende Unfähigkeit und Rückständigkeit Jahre und Jahrzehnte überdauern, nicht nur Faxgeräte.
    Der Triumph des Mittelmäßigen wütet schon viele Jahre durchs Land, durch Politik, Medien und Wirtschaft, seit Jahren auch eine flächendeckende Zombifizierung vieler steinzeitlicher Strukturen, gerade im Umfeld der Staatsverwaltung, aber auch vieler (halb)privatwirtschaftlicher Strukturen.
    Sie existieren nur noch, weil niemand den Mut (oder die Lust dazu) hatte, sie einfach abzuschalten, abzuschaffen, denn obwohl 1000e gut von ihnen leben, braucht sie heute kein Mensch mehr, würde niemand freiwillig einen Cent dafür bezahlen, würde niemand ohne eine Schubkarre voller Subventionen gewisse Produkte kaufen usw
    Zombie-Politik und Medien und Unternehmen machen halt „weiter so“, solange sich noch irgendwo Geld erfinden, umverteilen oder schlicht erpressen läßt. Aber inhaltlich sind viele schon mausetot, echte Zombies.

  37. Homogenisierter Journalismus bringt ein homogenes Weltbild in der Bevölkerung und das soll nun einmal behaviouristisch-egalitär sein. Da haben die Linken ganze Arbeit geleistet. Inzwischen glauben z.B. tatsächlich 90% der Deutschen, dass es zwischen den Ethnien dieser Erde keine Unterschiede gibt.

  38. Sehr gute Analyse. Es sind also nicht nur ideologische Gründe, auch marktrationale, die zu dem Verfall des Journalismus führen.
    In diesem Sinne ist die klassische Medienlandschaft Old Economy und wird zunehmend durch die so genannten Sozialen Medien und Online-Portalen wie Tichys Einblick ersetzt. Letztere reaktivieren – nach meiner Wahrnehmung – wieder die alte Pluralität der Meinungen und sind klarer unterscheidbar.
    Eine „Schöpferische Zerstörung“ also, wie es Schumpeter nannte, allerdings mit zurzeit noch fatalen Wirkungen auf den aktuellen Zeitgeist, solange die neuen Medien sich nicht in der öffentlichen Wahrnehmung durchgesetzt haben.

  39. Neues Deutschland und Aktuelle Kamera lassen grüßen. Es soll nicht mal mehr nach Demokratie aussehen (in Abwandlung eine berühmten Zitates).

  40. Das große Einheitspropagandadreieck befindet sich zwischen der Flensburger Förde, dem Röstigraben und dem Neusiedler See. Wer ein „Qualitätsblatt“ gelesen hat, hat bis auf wenige Ausnahmen, wie zum Beispiel TE, alle anderen Blätter mitgelesen.

  41. Guter Artikel, mir fehlt aber auch die Seite der homogenesierten“ Eigentümer und Verleger. Auch hier scheint immer nur eine Richtung vorgegeben zu sein, interessanter Weise immer die der Regierung, wie das der Geschäftsführer des Schweizer Verlags Ringier mal in einer internen Besprechung gesagt hat.

    Und noch ein weiteres: Wieso schiessen immer neue alternative und oppositionelle Medien aus dem Boden? Es gillt ja auch zu beachten, dass nicht nur Einnahmen, aber auch Kosten gesunken sind, also vor allem bei den Internet Medien.

    • Das ist eben das Problem, wenn man Unternehmer durch Manager (die korrekte Übersetzung ist „Verwalter“) ersetzt.

  42. Sobald ein Journalist ein Festgehalt bezieht ist er schon „gekauft“.
    Das war noch nie ein Traumberuf .Schon gar nicht geeignet für Mimosen.
    Die Ernüchterung,die ein ehemals begeisteter Abiturient nach dem Studium erlebt,muß drastisch sein.

    • Ich denke, früher gab es doch Leute, die den Beruf liebten und es ausüben wollten. Es gab aber auch kleine unabhängige Zeitungen, das gibt es heute kaum. Die Journalisten studieren heute um Journalisten zu sein aber haben keine Ahnung über Grundlagen der Physik, Biologie, Mathe und Wirtschaft. Sie sind auch gut vernetzt und synchronisiert – früher bräuchte man ein Zensoramt und jetzt tun sie alles fast ohne Druck von draußen.

  43. Die weltweit großen Medien sind schon lange im Besitz der Oligarchen-Autokraten oder zumindest finanziell in deren Fängen und deshalb sind sie ausschließlich deren Herolde und verkünden das, was von dort befohlen wird und die einzigen, die sie noch nicht in der Hand haben sind die kleinen autarken Redaktionen, die leider nicht die große Streuung haben und deshalb noch nicht für sie gefährlich erscheinen.

    Aber auch das wird sich langsam ändern, wenn sie merken, daß sich der Wind dreht und man kann ja schon längere Zeit sehen wie sie Einfluß nehmen auf wichtigen Protagonisten von der Gegenseite, die auf vielerlei Spielart in die Ecke gedrängt werden und alles was derzeit abläuft ist ein Wettlauf mit der Zeit, entweder sie oder wir und da geht es um unser Bestehen in freiheitlicher Form, was man sich nicht nehmen lassen sollte, auch wenn die glauben, sie könnten machen was sie wollen, was ein großer Irrtum ist und sie Gefahr laufen, am Ende selbst auf der Strecke zu bleiben, so wie die Oligarchen in Rußlan, denen das Handwerk gelegt wurde, als sie sich anschickten das Vaterland zu verkaufen.

  44. Ich muss widersprechen: Es gibt noch gute Journalisten – bei Tichy und bei noch einigen anderen abseits des Mainstreams. Danke für diesen Artikel; ich werde mein Scherflein dafür entrichten.

  45. Das ist locker die nachvollziehbarste, beste und treffendste Anamnese die ich je über diese – jedem ins Gesicht starrende – Krise der Medien zu Augen bekommen habe.
    Jetzt kommt die Diskussion auf die Therapie (aus der sich der Journalismus heraushalten sollte, sonst wäre er politisch): Wie bekommt man es, unter den Bedingungen des real existierenden Internets, wirtschaftlich hin, ein Medium zu machen, dass nicht an den im Artikel wohl dargestellten Problemen krankt aber doch wirtschaftlich lebensfähig (=rentierlich) ist ?
    Das ist die Gretchenfrage! Macht der Leser dabei mit ?

    • Roland Tichy hat das für einen feinen, kleinen Kreis von Lesern erfolgreich gestartet. Der nächste Schritt, die Skalierung zum Massenmedium, ist dann eine andere Hausnummer. Die Propaganda-Journaille der DDR verlor ihre Festanstellung erst nach dem Staatsbankrott.

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