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Ansichten aus der Mitte Europas

Wie Sachsen die Welt sehen

28.04.2019

| Lesedauer: 4 Minuten
Es gibt Bücher, die machen sich kleiner als sie sind. Dieses hier ist so eines. Dabei ist Antje Hermenau ein Buch gelungen, das viel größer ist, als es daherkommt. Es ist ein deutsches, vielleicht sogar ein mitteleuropäisches Buch.

Es gibt Bücher, die machen sich kleiner als sie sind. Das ist bei Antje Hermenaus „Ansichten aus der Mitte Europas – Wie Sachsen die Welt sehen“ der Fall. Es beginnt so lieb wie „Deutschland deine Bayern“, „ … Westfalen, „ … Berliner“ oder wie auch immer lokalpatriotische Büchlein benannt sind, die durch die Überhöhung der Provinz ihre Menschen zum Deppen machen, liebenswert, aber eben doch zum Deppen.

Aber Hermenaus Ausgangspunkt sind ja die Sachsen, die sie „helle, heeflich und heemdücksch“ nennt. Es beginnt nett und höflich mit einem Abriß über die Schönheit, Klugheit und Leistung der Sachsen, Einwohner eines Landes, das bekanntlich größer ist als Malta und Luxemburg zusammen und ohnehin das beste Sachsen der Welt.

Und dann schleicht sich – unauffällig zunächst – das „Heemdücksch“ ein, das Heimtückische, wenn sie schlußfolgert, dass Sachsen eine „Art kleine Nation“ sei – mit „Staatsvolk, Staatsgrenze, Staatsgewalt, Staatsschatz, Hochkultur in Musik und Malerei und einem Staatsdialekt“. Immer noch heeflich, aber dann wird’s ernst: „Also, die EU hat kein Staatsgebiet, sie hat keinen Staatsschatz, sie hat keine Staatssprache. Vor allem aber hat sie keine richtigen Grenzen. Es herrscht ein ständiges Kommen und Gehen“.

ES LOHNT
Kommen Sie nach Sachsen, bevor es verbal zerstört wird
Und plötzlich ist sie Mitten in ihrem Thema und im Fettnapf. Um Europa geht es ihr, und zwar um das vertiefte, das angeblich alle wollen und das so alternativlos ist. Aber wenn es das gar nicht gibt, wenn es uns nur eingeredet wird, aber jeder in den antieuropäischen Fettnapf gestoßen wird, der daran zweifelt? Kann es dieses Europa geben – ohne die Merkmale der Staatlichkeit? Und was wäre der Preis, wenn es übergestülpt würde: Wäre Deutschland dann nur eine Art „angeschlossenes Gewerbegebiet einer latein-europäischen EU“? Das sind gar keine kleinen lokalpatriotischen Überlegungen. Denn Hermenau zeigt ziemlich präzise, und das ist sehr schmerzhaft, wie nach der Wiedervereinigung die Deutschen von Ost und West zusammengewachsen sind und sich jetzt wieder auseinanderleben.

Der deutsche Westen orientiert sich am Westen, das war in den Zeiten des kalten Kriegs gar nicht anders möglich. Und die Ossis waren ein wenig zurückgeblieben. Während die noch damit beschäftigt waren, zum Westen aufzuschließen, war der schon wieder weiter, nämlich global. Nach der Verwestlichung des Ostens machten sich die westdeutschen Eliten daran, „die unaufhaltsame moralische Höherentwicklung des Menschengeschlechts unter deutscher Anleitung“ in Angriff zu nehmen. Zurück blieben die, die zu lange in ihrem Leben der „sozialistischen Internationale huldigen“ mussten und aufwachten, als sie plötzlich die globale Internationale europäischer Lesart feiern sollten. Und dabei immer skeptischer wurden gegenüber diesen ganz großen Zielen.

Mit der Präzision eines sächsischen Uhrwerks zerpflückt Hermenau den alten, im neuen Gewand daherkommenden Größenwahn, dass Deutschland mal wieder erst Europa und dann den Globus nach seinen Vorstellungen retten muss. Dabei stören die Provinzen – aus denen allerdings die Kraft kommt. Und es sind nicht nur die deutschen Provinzen, die von einer Berliner Elite gelenkt werden, die so abgehoben ist, dass sie die „Befeuerung links und rechts an der Landebahn des Heimatflughafens einfach nicht mehr sehen können“ und die „im ostdeutschen Realismus etwas [sehen], das von Gestern ist und das es zu bekämpfen gilt“.

ABDANKUNG
Presserat weist Beschwerden zu Hetzjagd-Falschmeldungen über Chemnitz zurück
Hermenau war bei den Demonstrationen in Leipzig dabei, die den Sturz des SED-Regimes bewirkten, hat am Runden Tisch den Übergang organisiert, die Grünen in Sachsen mitbegründet und war 25 Jahre für die Grünen im Landtag und Bundestag, ehe ihr der Laden zu weit nach links abdriftete.

Die wachsende Distanz zum Riesen-Europa mit Weltgestaltungsanspruch sieht sie aber nicht nur bei den bodenständigen Sachsen, sondern auch bei den anderen Völkern Mitteleuropas – den Tschechen, Polen, Ungarn, Slowenen. Das ist aber nicht „Ost-Europa“, wie es die verzerrte Sicht und Sprache des in der Zeit des Kalten Kriegs aufgebauten „West-Europas“ glauben machen will, das sich für das eigentliche Europa hält (mit ein paar östlichen Anlagerungen, neuerdings). Nein, es heißt Mitteleuropa und ist der Kern des alten Europas, das sich nach der Unterdrückung durch Moskau wieder genau dazu entwickelt hat: einer dynamischen, offenen und europäischen Region.

Die zentralisierte, wenig demokratische, alles vereinheitlichende und überteuerte EU ist nicht mehr der europäische Wunschtraum jener Völker, die ihre Freiheit gerade wiedererlangt haben und sie nicht an der Brüsseler Garderobe abgeben wollen.

WASSERSTANDSMELDUNGEN
Wahlen in Bremen, Brandenburg, Sachsen und Thüringen
Hermenau erzählt das alles in einer wunderbaren Sprache: voller Witz und Pointen, nie trivialisierend und doch klarer auf den Punkt kommend als das verschwurbelte Polit-Deutsch der Gegenwartsregierungskaste und ihrer linksliberalen Redenschreiber. Sie versteht es, große Themen in ein paar Zeilen zu verhandeln, wie etwa die Wut der Ostdeutschen, als die Demonstrationen in Chemnitz nach der Ermordung eines Bürgers von der Politik und den vereinten Medien Westdeutschlands umgedeutet wurden: Die Chemnitzer „wollten nicht, dass einfach die städtische Kehrmaschinen über den Blutfleck fahren und alles ist wieder normal. Die Stimmung war aufgeregt, aber nicht kriminell. Trotzdem wurde am Montagmorgen danach bundesweit durch den Sprecher der Bundeskanzlerin verkündet, es habe Hetzjagden und Lynchjustiz gegeben.“

Das brutale Neusprech des arroganten Westens ist einer der Gründe (Hermenau zählt mehrere auf) für die neue West-Ostspaltung und auch dafür, dass die AfD in den Umfragen die stärkste Partei in Sachsen geworden ist. Hermenau kämpft dort für die Freien Wähler. Ihr ist ein Buch gelungen, das viel größer ist, als es daherkommt. Aber das ist das Sächsische an ihr. Es ist ein deutsches, vielleicht sogar ein mitteleuropäisches Buch.


Antje Hermenau, Ansichten aus der Mitte Europas. Wie Sachsen die Welt sehen. Evangelische Verlagsanstalt Leipzig, 180 Seiten, 10,- €.


Empfohlen von Tichys Einblick. Erhältlich im Tichys Einblick Shop >>>

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52 Kommentare

  1. Tamara Danz war ein Göttin, unglaublich talentiert und tief. Eine der besten ( wenn nicht die beste Sängerin der Ex-DDR). Habe auch gerade vorige Woche wieder „Mont Klamott“ gehört, ein Lied aus meiner alten Heimat :-))
    Eine super Platte, deren Texte auch heute noch aktuell sind….

  2. Werte Redaktion von TE – ich weiß es ist nicht erwünscht, aber eenmal musses doch möglich sein oder? 😉

    Wer erinnert sich noch?
    https://twitter.com/Guenter_Mittag/status/990637424610107393 😀

    Bei uns gab’s auch solch verbissen verbohrte Hausgemeinschaftsleitung .
    Als wieder mal der Anschiß nahte, hab’ch einfach ’ne kleene Dynamofahne rausgehängt.
    Auf die Frage was das denn soll: Haste was gegen Dynamo?– meinste den Erich wird’s freuen? (für unbedarfte-Dynamo war der Lieblingsklub vom „ich liebe doch alle Menschen“ Lügner E.M.)
    Ich weeß, ’s war heemdigsch abor dann hadde ich meine Ruhe 🙂
    Heute – meine ich – steuern wir genau wieder darauf zu wenn wir uns weiter gefallen lassen das die rot/grünen immer mehr gegen das Volk wühlen u. hetzen .

  3. Der Erfahrungs- und Erkenntnisvorsprung der Wende Generation (ich bin Bj.65) zeigt sich überdeutlich in dieser größeren BRD. Die herrschenden aus der übernehmenden Bonner Republik haben zwei gravierende Fehler gemacht. Der markanteste ist dem de Maiziere Clan unterlaufen (oder gar beabsichtig) indem diese Herren die bekennende Christin mit FDJ Referenzen zu dem gemacht haben, dass diese die Geschicke des Landes maßgeblich zum negativen wenden konnte. Ein weiterer Fehler lag und liegt darin, den Osten als Anschlussgebiet und Absatzgegend für Bonner Industrie und Politik Vorstellungen zu sehen. Dies passiert aktuell auch noch in Tateinheit mit Diskriminierung, Ausgrenzung und antidemokratischen Diffamierungen bekannt als Sippenhaft. Diese Methoden kennen viele der 89 Überlebenden noch aus schlimmen Erinnerungen.

    • Ich stimme Ihnen aus meinen Erfahrungen zu. 1989 war es überwiegen die sächsische Bevölkerung die den Mut hatten den Regierenden entgegen zu treten. Trotz Stasi und der Gefahr, seiner Freiheit beraubt zu werden. Wir können, so mein Bauchgefühl, auf die nächste Wende warten. Unsere großen Medien vermitteln nur noch schön gefärbte, teils unglaubhafte Darstellungen des politischen Lebens in unserer Demokratie. Humanität für unsere Bevölkerung sieht anders aus. Kinder- und Altersarmut dürfte es nicht geben. Warum, so frage ich mich, wollen die Menschen in diesem Land es so? Welcher gewählter Volksvertreter setzt sich denn wirklich für eine bessere Zukunft ein. Fazit: Augen auf und Hirn an bei den Wahlen.
      Eine politische Null ist und bleibt einen Null, auch wenn man sie in Klammern schreibt! Gerne würde ich hier „Bundestagsvertreter“ benennen, verbietet mir aber mein Anstand.

  4. +

    Einsichten in die Mitte Europas:

    – ich habe das Buch, das ich suche, immer noch nicht gefunden. Es trägt den

    Titel: *Geschäft vom Täuschen Tricksen und Tarnen*

    stammt von einem hoch dekoltierten* Politiker

    und hat den

    Untertitel:

    *Wie bringe ich es fertig, möglich viele Leutz eine lange Zeit an der Nase herum zu führen*

    +

    >>> Sachdienliche Hinweise, bitte an den nächsten Briefkasten heften.

    +++

  5. Danke für den Buchtip, lieber Herr Tichy. Eine von Ihnen zitierte
    Formulierung der Autorin habe ich allerdings nicht verstanden:
    „Es herrscht ein ständiges Kommen und Gehen.“ Wo? Meint sie
    etwa in Europa? Tatsächlich herrscht doch da ein Kommen, und
    Kommen, und Kommen…und immer wieder die Frage: Geht nicht
    noch was? Muß doch gehen! Fast wie beim „Saufgelage“: Einer
    geht immer noch. Aber am Ende wartet dann die Kloschüssel.

  6. Dieses Buch ist auch aus meiner Sicht sehr zu empfehlen,ich habe es mit großem Interesse und auch Vergnügen in kurzer Zeit – man kann es einfach nicht zur Seite legen – gelesen und sehr viel gelernt.

  7. Ossis sehen viele Dinge einfach klarer. Danke dafür!
    Ein Ex(il) Ossi.

  8. Es war der letzte sächsische König Friedrich August III, der das anlässlich seiner Abdankung am 13. November 1918 gesagt haben soll.

  9. A. Hermenau war für mich als dunkelgrüne Politikerin in Sachsen immer sehr unsympathisch. Beim Neubau der Waldschlösschenbrücke über die Elbe hat sie sich vehement für den Erhalt der Fledermaus eingesetzt. Somit verteuerte sich der Brückenbau. Aber das kennen wir ja in Deutschland.
    Anerkennung zeuge ich ihr, dass sie erkannt hat, mit GRÜN wird das nichts.
    Eine Bevormundungspartei die gezielt die Bevölkerung verdummen möchte, gehört nicht auf die politische Bühne.
    P.S. Seit Eröffnung der Brücke 2013 wurde,wie mir bekannt ist, noch keine Fledermaus an dieser Stelle gesichtet.
    Gruß einer (älteren) Elbflorentinerin

    • Liebe Frau Max,
      wie sie aller Orten – auch in Sachsen – sehen können, kümmern sich inzwischen andere technische Großbauten um die Fledermäuse, dahingehend, dass die kleinen Warmblüter über Wärmestrahlung und rotes Licht von diesen angelockt und dezimiert werden. Aber Niemand hat die Absicht diese Zusammenhänge zu benennen.

  10. Von Freistaat zu Freistaat
    Nee das war nich der starke August, daß war der Abkömmling ,das war der 3. aus der wettiner Linie am 13.11.18 bei seiner Abdankung .

    Im säggschen kenne ich nur „heemdigsch“
    – nach der Regel –de weeschen besieschen de harden —
    abor ich verzeihe ihr, se gommt ja ausm gebirsche 😉 ( Kschm aus)

    Aber recht hatter schon damals gehabt. Wer würde „macht doch euern Dreck alleene! — das heute noch in gehobener Position sagen?
    nee sagen sin se zu feige, aber das immer mehr Bürgert so denken und wählen tun, daß registrieren die „Haferfresser“ an der Futterkrippe schon und haben haben die Buchsen voll.

  11. Damals war der anglo-sächsische Adel heillos zerstritten. Dadurch wurde nach der verlorenen Schlacht von Hastings ein koordiniertes Vorgehen nicht mehr möglich.

  12. Antje Hermenau ist eine Ex-Grüne und obwohl ich mit den Grünen nie etwas am Hut hatte, empfand ich die Frau Hermenau schon zu ihren grün-aktiven Zeiten als eine sehr intelligente, in diversen Fragen realistisch denkende und so gar nicht typisch grün denkende Person.
    Nach ihrem Grünen-Abschied fiel sie mir öfter durch zwar (zu) moderate, aber doch in die richtige Richtung zielende Kritik an den inzwischen herrschenden Zuständen in Sachsen und Deutschland auf.
    Ihr Buch habe ich bereits vor 2 Wochen bestellt und beginne es gerade zu lesen. Frau Hermenau ist mir immer noch zu moderat, weil dies am Ende nicht wirklich helfen wird, aber sie ist eine Verbündete und mit ihrer Vergangenheit ähnlich wertvoll wie Vera Lengsfeld.

  13. Antje Hermenau: … die bessere, weil authentischere und ehrlichere „Prof. Patzelt“

  14. Nee, nicht August der Starke sondern sein Nachfahr Friedrich August III., letzter König Sachsens bei seiner Abdankung.

  15. Die Distanz zum europäischen Superstaat vom Typ Merkel, Juncker und Co. wächst nicht nur bei den Sachsen, den Tschechen, Polen, Ungarn, Slowenen sondern auch bei allen übrigen europäischen Völkern.
    Lediglich den Deutschen, Ostdeutschland ausgenommen, scheint es egal zu sein, ob morgen die Kanzlerin den Eingang Deutschlands in die Vereinigten Staaten von Europa mit irgendeinem aus dem Ärmel gezogenen „Imperativ“ alternativlos entscheidet.
    Anmerkung zum Dialekt der Sachsen:
    Als Luther die Bibel in‘s Hochdeutsche übersetzte, bediente er sich der Sächsischen Sprache.

  16. Ne, das war Friedrich August II, 1918 bei seiner Abdankung.
    August der Starke, auch König von Polen, hatte 354 Kinder also in der Tat stark. lol

  17. Danke für diesen Literatur Tipp:-)
    Ich werde es mir auf jeden Fall kaufen!

  18. Das war nicht August der Starke, sondern Friedrich August III., der letzte sächsische König. Der selbst zur Überraschung der Sozialisten 1918 zurücktrat – denn keiner wollte ihn eigentlich stürzen. Allerdings wird ihm noch ein weiteres Zitat zugeschrieben: Als er gegen Mitte der 1920er Jahre einmal in Dresden ankam, wurde er von einer Menschenmenge bejubelt. Seine Antwort darauf? „Ihr seid mer scheene Demokraten!“…

  19. Danke für diesen Literatur Tipp:-)
    Ich werde es mir auf jeden Fall kaufen!

  20. Na das wär doch was, ’ne Blau-Orange Regierungskoalition in Sachsen… da würden sich ganz neue Möglichkeiten ergeben und diese Alernativlosigkeit endlich beendet.

  21. Ich werde mir das Buch sicherlich mal zu Gemüte führen, vielen Dank für den Hinweis! Allerdings ist Antje Hermenau für mich auch ein Paradebeispiel für eine an der Realität krachend gescheiterte Politkikerin: Aus parteitaktischen Gründen befeuerte sie den letztlich wohl von einer anderen prominenten Person vom Zaun gebrochenen Streit um die Dresdner Waldschlösschenbrücke derart, dass sogar die SPD auf Bundesebene auf den Zug aufsprang und letztlich eine kommunale Divergenz auf die internationale Ebene transferierte. Dresden verlor daraufhin bekanntermaßen seinen Weltkulturerbetitel – obgleich weder die meisten Einheimischen noch Auswärtigen die Brücke als störend oder gar misslungen empfinden und sie heute mehr denn je gebraucht wird. Denn die älteren Brücken in Dresden werden eine nach der anderen zum Sanierungsfall. Dieser Vorgang hat die Stadt bis heute tief gespalten. Die solcherart durchpolitisierte und gespaltene Dresdner Bevölkerung brachte dann im Ergebnis Pegida hervor – die Folgen bis zur bundespolitischen Ebene sollten bekannt sein.

  22. Wenn die 200 in der Schlacht siegreich sind, geht das so in Ordnung. Das Schwert geht dem Paragraphen voran, nicht umgekehrt.
    Das Schwert ohne das Recht ist Tyrannis, das Recht ohne das Schwert nichts.

  23. „…WIE NACH DER WIEDERVEREINIGUNG DIE DEUTSCHEN VON OST UND WEST ZUSAMMENGEWACHSEN SIND UND SICH JETZT WIEDER AUSEINANDERLEBEN…“
    Und Letzteres ist eine Fehlentwicklung, hier heißt es gegensteuern. Zunächst einmal: Sachsen gehört kulturell-sprachlich zum Westen. Auch das Sächsisch ist ein deutscher Dialekt und das Deutsch ist nah mit dem Englischen verwandt (beides sind germanische Sprachen, Russisch hingegen ist eine slawische Sprache).
    Dass nicht alles was aus dem Westen kommt von den Ossis als gut empfunden wird hat allerdings auch (glücklicherweise!) seine Logik: es gibt Westen und Westen, er hat unterschiedliche Facetten.
    Um es am Beispiel der USA zu demonstrieren: die guten USA, das sind die von Donald Trump, die der Schaffenskraft, der Leistung, der Kreativität, des hemdsärmeligen Handwerker-Kapitalismus.
    Die schlechten, das sind die überkandidelten USA, die der Drogen, der Mafia, des spekulativen Kapitalismus, der verheuchelten Moral. Genau diese verlogene Moral dient nur als Feigenblatt der kapitalistischen Ellbogengesellschaft – das haben die Ossis erkannt und das ist auch gut so. Sich dieser faulen, verlogenen Moral nicht zu beugen ist kein Zeichen von Verlierertum, sondern von Standhaftigkeit, Ehrlichkeit, Charakter. Wir Wessis haben zu viel von dem Schlechten des Westens übernommen, es gilt jetzt, unsere Gesellschaft wieder davon zu reinigen.

    Der Westen hat also viel Gutes, aber eben auch manches Schlechte. Die Kunst ist, das Gute zu nutzen, ohne sich vom Schlechten pervertieren zu lassen. Die 68-er und alles was damit zusammenhängt sind Teil des Schlechten, dieser westlichen Kultur der Verlogenheit, der falschen moralischen Werte. In der DDR gab es zwar offiziell ein kommunistisches System, inoffiziell (und das unterstelle ich mal) waren die Ossis zumeist aber keine Kommunisten. Sie haben sich hinter der Mauer mit der Sache arrangieren müssen, so wie die Wessis es unter denselben Umständen auch gemacht hätten. Die Ossis hielten insgeheim trotz allem wohl zumeist an ihrer bürgerlichen Mentalität fest (tragisch dabei übrigens: immer noch zu viele Ossis identifizieren diese Art von Bürgerlichkeit mit dem was von der DDR übrig ist – in Form der Partei „Die Linke“; dabei ist die ja nun eben nicht im Ansatz bürgerlich, sie tun alles um unsere bürgerliche Gesellschaft zu destabilisieren. Indem sie alles propagieren was auch linksgrün propagiert – eine unheilvolle Symbiose, die von zu vielen Ossis blindlings wohl aus purer Ostalgie immer noch mitgetragen wird – fatalerweise). Da die Mehrzahl der DDR-Bürger mental gesehen bürgerlich war gab es paradoxerweise in der DDR keine 68-er. Genau die sind es, die jetzt bei uns den Kommunismus wieder in die Gesellschaft hineintreiben. Und genau bei deren Überwindung können die Ossis uns Wessis jetzt helfen.

    Unsere Kultur steht an einem Scheideweg, es ist die Frage, ob die guten oder die schlechten Kräfte gewinnen. Die Wahl von Donald Trump war der Gewinn einer Mega-Schlacht für die Kräfte des Guten, noch dazu im wichtigsten, stärksten Land des Westens. Die Zukunft wird zeigen, ob wir hierzulande den Weg mitgehen können, oder ob wir weiterhin in die „römische Dekadenz“ abrutschen.

    Der Osten kann uns Wessis jetzt mit „Frischblut“ impfen, denn es gab im Osten (trotz des Kommunismus) bestimmte westliche Fehlentwicklungen nicht. So wie bei der WM 1974 zum Vorteil der bundesdeutschen Mannschaft war, dass sie gegen die DDR verlor (sie kam dadurch in eine leichtere Gruppe und konnte die WM am Ende gewinnen), so können wir Wessis jetzt so manches von den Ossis lernen. Die Wahlen in diesem Jahr sind von entscheidender Bedeutung für das Überleben unseres Landes. Wenn es die erhoffte politische Erneuerung gibt, dann kann es für uns alle einen Weg aus der Dekadenzfalle geben.

    1989/1990 war nur die erste Hälfte der Wende. Da wurde ein Teil des Kommunismus besiegt. Beim zweiten Teil der Wende müssen jetzt die 68-er, ihre Hinterlassenschaften und damit der Kommunismus endgültig besiegt werden. Und wenn die Sachsen etwas „heemdücksch“ im Dienst der guten Sache sind-warum nicht!

    1989/1990 war nur die erste Hälfte der Wende. Die zweite muss jetzt folgen.

    • Englisch wird nicht umsonst angelsächsich genannt, und es gibt eine Graftschaft Essex. Für Karl den Großen waren die Sachsen der einzige germanische Stamm, der sich der Unterjochung lange Zeit wiedersetze.

      PS: die Bundesländer Niedersachsen und Sachsen-Anhalt werden sie ja sicherlich kennen 😉

      • Ja, kenne ich, ich bin als Englischlehrer ein wenig vom Fach. Essex bedeutet übrigens „Ostsachsen“, „Wessex“ „Westsachsen“ und „Sussex“ „Südsachsen“.

        PS: Widersetzen Sie sich ruhig. Z.B. dem westdeutschen Mainstream. Weil von da kommt momentan nicht viel Gutes.

      • Danke! Das ist ja ein wundervolles Gedicht! Ja, so sind die Sachsen auch, die ich kenne! Immer frohgemut und lustig, sie lassen sich nicht unterkriegen!

    • Der Begriff „Dollar“ kommt vom deutschen „Taler“.

      • … Und „Taler“ ist die Verkürzung von „Joachimsthaler“. Im Übrigen hatte das aktuelle Sachsen mit Karl dem Großen nichts zu tun. Zu dessen Zeit war dieses Gebiet von Slawen und Thüringern besiedelt. „Karls“ Sachsen waren eher die heutigen Niedersachsen und Sachsen-Anhalter.

    • P.S.: Seien Sie ruhig zänkisch, aber für die gute Sache. In dem Zusammenhang: Ich will dieses Jahr bei den Wahlen was sehen. Was Neues (ich denke, Sie wissen was ich meine)!

    • Bei aller Bescheidenheit: ich bin ein klein wenig vom Fach (Gymnasiallehrer und Diplomübersetzer für Englisch/Französisch). Englisch ist in der Tat eine Mischung aus germanischen Dialekten, die die Angelsachsen (Angeln=dänischer Volksstamm, Sachsen=aus dem heutigen Niedersachen/Sachsen-Anhalt stammend) im 5. Jahrhundert n. Chr. durch ihre Invasion auf die britische Insel brachten. Diese Sprache hielt sich dann für fast 500 Jahre und hatte noch viel gemeinsam mit der Ursprungssprache auf dem Kontinent.
      Der romanische Einfluss begann durch die Invasion der Normannen (infolge eines Thronfolgestreits) im Jahre 1066 (battle of Hastings). Die Normannen stammten (wie der Name schon sagt) ursprünglich auch aus dem Norden, haben sich also erst nachträglich das Französisch (das ja eine romanische Sprache ist) zu eigen gemacht.
      Es gibt eine Fülle interessanter Details in Zusammenhang mit dem Einfluss des Französischen: dieses war nach Thronbesteigung von Wilhelm dem Eroberer ca. 300 Jahre Amtssprache in England, wurde aber nur von der herrschenden Klasse der Normannen gesprochen, während das „einfache“ Volk weiter sein Angelsächsisch nutzte. Die herrschenden Normannen sahnten ab, die sächsischen Bauern mussten die Drecksarbeit machen. Das zeigt sich sprachlich z.B. in den Namen bestimmter Fleischsorten. Der normannische Adel hatte nur mit dem Endprodukt auf seinem Teller zu tun, die Aufzucht der Tiere leisteten die sächsischen Bauern. So haben sich bis heute für das jeweilige Tier der germanische Ausdruck gehalten, für das Fleisch der aus dem Französischen stammende. „Kalb“=Englisch „calf“, „Kalbfleisch“ aber „veal“ (vom französischen „veau“), „Rind“= „bull“ oder „cow“ (Bulle, Kuh), „Rindfleisch“ aber „beef“ (franz. boeuf), „Schaf“=“sheep/lamb“, Lammfleisch aber „mutton“ (von franz. „mouton“).

      Die Thematik wird übrigens auch in der Legende von Robin Hood verarbeitet: er war der Sage nach ein sächsischer Adliger, der sich für die Interessen der (unterjochten und überbesteuerten) sächsischen Bauern stark machte. Gegen den ausbeuterischen normannischen Adel, wodurch er zum Outlaw wurde.

      Das Deutsche hatte (vor allem auch als Folge der Varusschlacht) kaum romanische Einflüsse. „Fenster“ vom lateinischen „fenestra“ oder „Kammer“ von „camera“ gehören zu den wenigen Ausnahmen. Das Englische nutzt in der Tat stattdessen das germanische „window“, das sich im norddeutschen Dialekt bis heute als „Windooch“ hält. Im Altnordischen hieß es „vindauga“, wörtlich „Auge für den Wind“, weil Fenster damals noch kein Glas hatten.

    • „Der Osten kann uns Wessis jetzt mit „Frischblut“ impfen, …“ na ja, aber die Wessis müssen sich auch impfen lassen! Ich lebe seit 1995 hier im Westen (komme ursprünglich aus Sachsen und habe noch in Sachsen studiert). Seitdem versuche ich meine Ansichten den Menschen hier näher zu bringen. An einigen Stellen habe ich sie aufklären können (merkwürdigerweise hatten die Wessis ein krudes Bild von den Ossis). Was allerdings die politische Haltung angeht, da laufe ich gegen Wände. Die sind hie so rotgrün verstrahlt, da kommt man nicht gegen an. Alles muss total sozial gerecht und gleich verteilt sein. So schlimm war kein Ossi zu Zeiten des Sozialismus! Das erst Wort, was meine Kinder hier aus dem Kindergarten mitbrachten war „ungerecht“! Neid wohin man schaut. Dass jeder seines eigenen Glückes schied ist, ist hier nicht bekannt. Wenn Nachbar A ein Cleverle ist und viel verdient muss Nachbar B mindestens auch so viel haben, obwohl er in NRW gerade die 8. Klasse geschafft hat. Sonst brennt die Hütte! Dekadent bis ins Mark.

  24. Tja, Herr Tichy, wenn das alles ist zu Sachsen – ein Buch?

      • Lieber Herr Goergen,
        wenn Sie gestatten, möchte ich das gern erläutern. Die Sachsen sind ganz offensichtlich von den ohnehin viel vernünftigeren Menschen in den neuen Bundesländern die Klarsichtigsten. Dies kommt ja in dem Artikel auch irgendwie rüber. Aber dermaßen von hinten durch die Brust ins Auge? Mit einem Buch? Von ausgerechnet einer Ex-Grünen, die uns die Sachsen erklärt? Das ist eine schon geradezu rekordverdächtig weite Umrundung des rosa Elefanten.

        Weil die Sachen vernünftig und schlau sind, wählen Sie die AfD, mit voraussichtlich 26%, vielleicht sogar mehr als die CDU. Das ist eine klare Ansage und spricht für sich.

        Man kann sich dem Thema AfD nicht über die Grünen nähern, nicht über einen Herrn Palmer und auch nicht über Frau Hermenau.
        Die Sachsen wählen AfD und TE findet keinen Zugang dazu. Das ist für mich die Unfreiwillige Kernaussagen dieses Artikels.

        Anschaulich belegt wird dies im letzten Absatz, in dem Herr Tichy lediglich den „brutalen Neusprech des Westens“ als Grund für das Wahlverhalten der Sachsen anführt.

      • @ Johann
        Sie sind nich zufällig ein Seelenversteher?
        Oder sind Sie vielleicht gar in einer dieser Vorstellungen gewesen? https://www.herkuleskeule.de/
        Schauen Sie mal hier: https://www.youtube.com/watch?v=Dg-PT_t8vBQ , die Pointe kommt am Schluß so ab 1:16, ich denke, Sie können mit den „Kernel“ was verbinden 😉

      • Danke für die Links.

    • Hallo Jophann (winke)
      Nur een Buch?
      mönsch, was vorn Wälzer sollde dasdn wäern, wenn mr so um de 929 mit dr
      burjchgründung von Meißen anfängt? Wirden’se das wirglich läsen woll’n ?
      Wie wärs wenn se selber eens schreim wärden? 🙂

  25. „Es ist ein deutsches, vielleicht sogar ein mitteleuropäisches Buch.“ Vielleicht beschreibt es sogar den Geist, der sich Bahn bricht für ganz Europa am 26. Mai.

  26. Bei den Zahlenverhältnissen drängt sich schon die Frage auf, warum das 1066 nicht besser gelaufen ist! Sachsen reicht auch heute noch von Görlitz bis zum Vallum Hadrianum, nur nicht unter einer Herrschaft! Und vereinnahmen Sie mir nicht den Karl May, der ist für mich zuerst Deutscher!

    • Hee, K.M war’n Arzgebirgler aus Hohenstein-Ernsttal, darauf legte er immer wert.
      N adirlich gehörde das damals ooch zum säggschen Königreich, jenauso wie späterdr Aujust später Geenich von Polen war 😉

  27. Spannender Punkt. Es wird immer von „EU“ und „Europa“ als „Lösung“ fabuliert, aber Lösung für was eigentlich? Wo immer die EU mit ihren dysfunktionalen Strukturen für irgendwas verantwortlich wird, siehe Währung oder Grenzen oder Asylpolitik oder… geht alles den Bach runter und zwar auf katastrophale Art und Weise. Europe ist nicht die Lösung, Europa ist die Ursache, wäre ein viel ehrlicherer Slogan. Man kann sich dieser Erkenntnis doch überhaupt nicht verweigern. Und dann soll mehr EUropa die Lösung sein? Diese Leute tragen ihre Realitätsverweigerung auch noch stolz vor sich her und schämen sich nicht einmal.

    • Ich bin ein großer Fan des mühsamen Vereinfachens. Mein Ergebnis sieht so aus: Die EU mach es der politischen Kaste so bequem, jede unangenehme Verantwortung von sich zu weisen, und trotzdem weiter die Vorzüge der lokalen Alimentierung zu genießen.

    • >> Und dann soll mehr EUropa die Lösung sein?<<

      Europa hört bekanntlich am Ural auf!, hab ich zumindest noch gelernt, aber
      lang, lang ist's her 😉
      Klingelt's vielleicht in den Ohren?

    • Die EU ist nicht Europa! das sollte man sich immer wieder vor Augen halten. Europa brauch die EU (in der jetzigen Form) nicht unbedingt.

  28. >>die unaufhaltsame moralische Höherentwicklung des Menschengeschlechts unter deutscher Anleitung“<<

    Versenkt, Volltreffer.

    Nur, wurde das Menschengeschlecht gefragt, ob es sich (a) moralisch hoeherentwickeln will und das (b) unter "unserer" Anleitung?

    PS: Schoenes Titelfoto. Gibt's von mir auch, vom exakt gleichen Fleck und in der exakt gleichen Pose. 🙂 Es entgeht jedem etwas, der noch nie auf'm Carolafelsen gestanden und diese Aussicht genossen hat!

    • Von mir gibts auch noch so ein altes Bild, muß ich direkt gleich mal raussuchen…

    • Na na ,nich so sehr off de gagge haun, von der Barbarine isses noch schöner. Aber die is ja für de Kletterer seit langem gesperrt .
      Und das ist gut so, sonst gäbe es sie bestimmt schon nich mehr! Die heutigen „Möchtegernkletterer“ haben wenig Ehrfurcht vor der Natur!!

    • „unaufhaltsame moralische Höherentwicklung“=Piefke-Moralstreberei, Tugendprahlerei/virtue signalling, geheuchelte, verlogene Werte.

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