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TE-Mediensafari

Warum wir Egon Krenz und Claus Kleber danken müssen

12.11.2019

| Lesedauer: 6 Minuten
Wie sich Egon Krenz und Claus Kleber um die Freiheit verdient machten. Außerdem: lustige Sockenpuppen im Vergleich.

Lange war es still um Claas Einzelfall Relotius, seit er einen Mississippidampfer an der Außenalster bestieg und damit ins untergehende Paris fuhr. Der Medienbetrieb hat seitdem bewiesen, dass er den Reporter ohne Grenzen für seinen Normalbetrieb nicht braucht. Jetzt allerdings grüßte ein Phantom in der Internet-Enzyklopädie Wikipedia, um sich dort ein bisschen um die Storyline des Artikels zu Claas E. Relotius zu kümmern. In dem überarbeiteten Text verglich ein Autorenkollektiv den berühmtesten Ex-Mitarbeiter des SPIEGEL nicht nur mit Karl May und Egon Erwin Kisch. Es widerlegte auch noch die ehrenrührige Behauptung, Relotius habe gegenüber seinen Kollegen in Hamburg eine krebskranke Schwester erfunden, die er pflegen müsse, und lud zum Beweis einen Artikel aus der WELT hoch, in dem es hieß, Relotius’ ehemaliger Ressortleiter gehe gerichtlich gegen diese Darstellung in dem Buch des SPIEGEL-Journalisten Juan Morenos über Relotius „Tausend Zeilen Lüge“ vor. Dann stellte sich durch eine Recherche des Schweizer „Tagesanzeiger“
heraus, dass es sich bei dem Wikipedia-Autorenkollektiv „Snapperl“, „PreRap“ „Rubbelsnuff“, „Klußmann“ und „Laugwitz“ um ein und dieselbe Person unter verschiedenen Noms de plumes handelte – so genannte Sock puppets, Sockenpuppen – und bei dem präsentierten WELT-Artikel um eine Komplettfälschung. Die IP-Adresse eines der Wikipedia-Überarbeiter führte ins norddeutsche Seevetal, einen kleinen Ort ganz in der Nähe von Relotius’ Heimat Tötensen. Bei der Person handelt es sich also sehr wahrscheinlich um einen Norddeutschen m/w/d mit viel Tagesfreizeit und einem obsessiven Bezug zum Thema. Der Anonymus meldete sich mittlerweile mit der Botschaft: „Nein, ich bin nicht Claas Relotius.“ Eigentlich fehlte noch die Mitteilung: „Und schizophren sind wir auch nicht.“

Wer auch immer hinter der Person mit den vielen Namen steckt: da ist etwas Unabgegoltenes. Wir werden von ihr noch hören. Auf der anderen Seite bestärkt der Fall leider alle im Mediengeschäft, die Relotius unter individueller Psychopathologie abbuchen.

Bei Wikipedia finden sich übrigens Eingriffe mit ganz anderer, nämlich langfristiger Wirkung, über die die „Weltwoche“ kürzlich berichtete: Demnach stammt die überwiegende Mehrzahl aller deutschsprachigen Einträge in der Web-Enzyklopädie zum Thema Klima von einem einzigen Vollzeitaktivisten. Formal ist das allerdings in Ordnung, die Person ist schließlich kein Karl May, sondern nur der Hans Joachim Schellnhuber von Wikipedia.

In der vergangenen Woche ging auch die Debatte über Meinungsfreiheit in Deutschland weiter voran, jene Debatte also, die nach Ansicht vieler Wohlmeinender überhaupt nicht geführt werden muss, weil jeder alles sagen kann und ein Meinungskorridor nicht existiert. Diejenigen, die das meinen, stehen nur korridorförmig nah beieinander, beispielsweise Claus Kleber vom ZDF, der von der „Süddeutschen Zeitung“ zum Thema befragt wurde.

Kleber stellte zum einen fest: „Man darf nicht behaupten, dass die Meinungsfreiheit eingeschränkt sei, nur weil man keinen Widerspruch erträgt.“ Leider ohne mitzuteilen, wer das behauptet, von Claus Klebers Sockenpuppe einmal abgesehen. Außerdem gab der Ankermann des ZDF noch folgendes zur Lage der Meinungsfreiheit in Deutschland zu bedenken:
„Ich habe Freunde in der türkischen Presse, für die ein einzelner Satz in einer Glosse Haft bedeuten kann, Die fahren jeden Tag mit einer gepackten Notfalltasche zur Arbeit, weil sie damit rechnen müssen, dass sie die Nacht hinter Gittern verbringen. Mit diesen Menschen sollte man sich vergleichen bevor man sagt, meine Meinungsfreiheit wird eingeschränkt.“
Danke für den Hinweis. Die Idee, eine Lage mit einer deutlich schlechteren zu vergleichen, ist ausbaufähig. Die türkischen Journalisten, die von Verhaftung bedroht sind, könnten sich sagen, dass sie viel besser dran sind als die Kollegen, die schon im Knast sitzen. Und für diejenigen, die dort sitzen, wäre es eine große Erleichterung, sich wiederum mit Insassen nordkoreanischer Straflager zu vergleichen. Vergleich macht eben nicht nur reich, sondern auch frei. Schön ist es auch, in einem Statement, das die unbeschränkte Meinungsfreiheit unterstreicht, einen Satz mit „man darf nicht behaupten“ anzufangen.
Bis eben noch galt es in Mitteleuropa – jedenfalls für den Autor diese Textes – als übliche Praxis, den Zustand der Demokratie an den eigenen Ansprüchen zu messen und nicht an den Idealen autokratischer Gefängniswärter. Denn letztere Vergleichssorte führt, wie übrigens auch die meisten Kleber-Interviews, zu ziemlich überraschungsfreien Ergebnissen.

Da eben das Stichwort Überraschung fiel: Zum 9. November schenkten die neuen Eigentümer der „Berliner Zeitung“– das bis dahin nicht in der Medienbranche beheimatete Berliner Ehepaar Silke und Holger Friedrich – ihren Lesern ein Manifest, von dem man sagen kann, dass es tatsächlich etwas ungewöhnliches in der Zeitungslandschaft darstellt. Und zwar schon wegen seines Umfangs von gut 26 000 Zeichen. Silke & Holger Friedrich, um einmal die Höhepunkte abzuarbeiten, loben zum einen den letzten Staats- und Parteichef der DDR Egon Krenz dafür, dass er weder die Leipziger Demonstranten am 9. Oktober noch die Berliner vor der Mauer am 9. November 1989 zusammenschießen ließ:
„Wohl wissend, dass er damit seine hohe soziale Stellung aufs Spiel setzte, auch einen möglichen Verlust des eigenen Lebens in der Entscheidung zu berücksichtigen hatte. Egon Krenz hat mit dieser persönlichen Entscheidung Millionen Menschen selbstbestimmte, positive Lebenswege ermöglicht, die uns unter anderem diesen Text in dieser Zeitung veröffentlichen lassen.“

Nun danket alle Krenz, den Schenker selbstbestimmter Lebenswege. Übrigens, die Grenzsoldaten am 9.11.1989 wussten noch gar nichts von Schabowskis Pressekonferenz kurz vorher, als die Massen vor ihrer Schranke standen, sie bekamen auch keinen Nichtschießbefehl von Krenz, sondern ihr Kommandeur handelte aus eigenem Entschluss, das nur am Rande.

Silke und Holger Friedrich finden des Krenzdankes nicht nur kaum ein Ende, sondern halten es auch für maximal undufte, dass er sich wegen der Mauer- und Grenztoten verantworten musste: „Dafür sind wir ihm dankbar und möchten fragen, ob es in gleichem Maße groß war, ihn neben anderen zu viereinhalb Jahren Haft zu verurteilen.“ Nun sind viereinhalb Jahre für Totschlag in einer hohen Zahl von Fällen eine außerordentlich milde Strafe, außerdem durfte sie Krenz überwiegend als Freigänger abdienen. Vom allgemein unbedankten Freiheitskrenz geht es im Manifest flott zur EU-Außengrenze:
„Es ist gesamtgesellschaftlich akzeptiert, die DDR auch wegen ihres Grenzregimes einen Unrechtsstaat zu nennen. Ist Europa mit all den Toten an seinen Außengrenzen, dem stetigen Aufrüsten zur Überwachung des Mittelmeers demnach ein noch größerer Unrechtsstaat, werden uns später unsere Kinder fragen. Können wir diese Frage mit gleicher moralischer Kraft beantworten? Es gibt noch viele Mauern, die es zu stürzen gilt.“

Der Unterschied zwischen: keinen eigenen Bürger rauslassen und nicht alle Migranten reinlassen scheint den neuen Zeitungseigentümern ebenso unerheblich wie der Zusammenhang von Schlepperintensität und Zahl der Toten im Mittelmeer.
Dann geht es – ist der mild bestrahlte DDR-Verweser eigentlich der heimliche Sockenpuppenspieler dahinter? – schon wieder um Krenz und jetzt auch um Merkel:
„Und so wie wir Herrn Krenz dankbar sein müssen, sollten wir Frau Merkel dankbar sein dafür, dass wir im ‚Sommer des Willkommens’ von 2015 beweisen konnten, auch anders zu können.“
Denn:
„Wir tragen Scham in uns, für die Taten unserer (Ur-)Großeltern, und wir können stolz auf unsere Kraft sein, zu dieser Scham zu stehen und unsere Schuld abzutragen. Nur wenige Nationen sind in der Lage, kollektiv zu erkennen, dass sie anderen Nationen oder Ethnien Unrecht angetan haben, noch weniger sind bereit, ihrer Opfer zu gedenken, und um wie viele Nationen wissen wir, die es soweit brachten, ihren Opfern Mahnmale zu bauen?“

Kraft durch Scham – diese Losung ist immerhin nicht ganz unoriginell. Nur wenige bauen derart schöne Mahnmale für ein paar Millionen Ermordete. Das macht uns keiner nach, ebensowenig die Öffnung für den massenhaften Zuzug einiger zehntausend habitueller Antisemiten ein paar Jahrzehnte später. Weil die einheimischen Fachkräfte knapp werden?
Ganz am Ende heißt es dann noch:
„Lassen Sie uns dankbar dafür sein, dass wir diesen Text straffrei schreiben und Sie diesen Text straffrei lesen dürfen.“
Dürfen wir nicht. Es gibt (siehe ganz oben) ganz bestimmt Schlimmeres, aber wenn es keine Strafe sein sollte, den Silke & Holger-Text Text durchzulesen, damit Sie es nicht zu tun brauchen, dann sollte zumindest der Strafarbeitsbegriff neu definiert werden.

Manche Qualitätsmedien verschenken Abos, manche, eine nicht mehr so große Süddeutsche Zeitung zum Beispiel, machte bis Halloween das Sondersonderangebot von einer Ausgabe für einen Euro. Andere wie der Dumont-Verlag verramschen gleich ihre gesamten Blätter, unter anderem eben die „Berliner Zeitung“ an ein Pärchen, mit dem die finale Plemplemisierung des alten Medienbetriebs einen großen Sprung nach vorn macht.

Wobei: vieles von dem, was die beiden meinen, meinen auch andere, die neuen Zeitungseigner formulieren es nur etwas ungeschickter. Den Unterschied zwischen Mauern, die keinen rauslassen, und Sperranlagen, die zum Schutz dienen, war auch den Veranstaltern der großen ZDF-Schau zum Mauerfall entbehrlich. Dort strahlten die Veranstalter unter anderem auch den Schriftzug: „Schluss mit der Besatzung“ auf Hebräisch an eine symbolische Weltkugel; es ging in der Vorführung ganz allgemein um das Niederreißen von Mauern. Der Bau des schönsten Holocaustmahnmals der Welt und die Belehrung lebender Juden gerade zum 9. November zeigen noch einmal eindrücklich, dass die in Deutschland beliebtesten Juden Herr und Frau Stolperstein heißen.

Der Autor dieser Zeilen hätte schon Ideen, wie er das Elend vieler Zeitungen mildern könnte. Aber sollte mir eine angeboten werden – Dumont hat ja noch nicht alle los – dann gehe noch weiter als Arsène Wenger beim FC Bayern, ich rufe noch nicht mal zurück.

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42 Kommentare

  1. Ein besonderes Schmankerl bot vorgestern der Münchner Merkur. Unter der Headline „Bekommt Traditionshotel jetzt neuen Namen? Aktivisten fordern Umbenennung – mit kuriosem Vorschlag“ erfährt man von dem Hotel mit dem Namen „Steigenberger Drei Mohren“, das nach Wunsch von Linksextremisten, also Aktivisten, umbenannt werden soll. Natürlich wegen Rassismusvorwürfen. Erstaunlicherweise durfte man den Artikel kommentieren. Aber natürlich nicht, ohne gleich eine Drohung der Redaktion zu erhalten. Der Moderator, der aufgrund einer sehr ausgeprägten eigenen Position diesen Titel eigentlich nicht verdient, drohte den Foristen gleich mehrmals, sie unmittelbar bei der Staatsanwaltschaft anzuzeigen, wenn ihr Kommentar nicht mit seiner Meinung konform genug war. Natürlich wurde diese Aussage formulierungstechnisch ein bisschen anders ausgedrückt, inhaltlich ist es aber genau darauf hinausgelaufen. Meinungsfreiheit war früher einmal. Artikel 5 des Grundgesetzes, nach dem eine Zensur nicht stattfindet, wird von den Meinungsmachern regelmäßig mißachtet.

  2. „Wie sich Egon Krenz und Claus Kleber um die Freiheit verdient machten“

    Vielleicht sollten die Dampfplauderer der Berliner Zeitung noch einmal zur Schule gehen um ihre Lücken in der deutschen Geschichte aufzufüllen. Ein solches Geschichtsbild wie von diesen beiden Zauberern kommt davon, wenn die Behandlung der Deutschen Geschichte auf die zeit von 1933 bis 1945 eingeengt und diese Zeit darin überrepräsentiert wird. Oder sie hätten vorher mal jemanden fragen sollen, der 1989 mittendrin und nicht nur dabei war. Denn ganz so einfach war die Gemengelage in jener Zeit nicht. Und vergleichbar mit Merkels Totalversagen insbes. der letzten 4 Jahre schon gar nicht.

    In den Schubläden der SED und StaSi gab es längst Pläne für die Errichtung von Internierungslagern zur Inhaftierung von sog. „Konterrevolutionären“, wie es damals im SED-Sprech hieß – und die Skrupellosigkeit der „chinesischen Lösung“ lag allen noch in frischer Erinnerung. Ebenso bereitete die SED einen möglichen Einsatz von Schusswaffen vor. Honecker und Mielke hätte ich eine Kopie der chinesischen Lösung daher ohne „Wenn und Aber“ auch zugetraut. Wer also immer das Blutbad verhindert hat, muss entweder großen Einfluss nach ‚ganz oben‘ gehabt haben oder selbst ‚ganz oben‘ gestanden haben. Die Verhinderung des Blutbads ist aber das eine, Freiheit das andere, und von „Freiheit“ war sowohl Krenz als auch die DDR, die er bewahren wollte, weit entfernt. Die viereinhalb Jahre Haft bekam Krenz auch nicht für die Gewaltlosigkeit 1989, sondern für seine Mitverantwortung des Schießbefehls am Todesstreifen.

    Und ganz so blöd war Krenz auch nicht, dass er nur aus reiner Nächstenliebe Honecker einfach mal von heute auf morgen stürzte und damit sein eigenes Leben riskierte. Krenz war vor Honeckers Sturz nicht ohne Grund in Moskau gewesen, und auch nicht gerade, um dort den Roten Platz zu bewundern. Krenz holte sich aus Moskau Rückendeckung, bevor er Honecker stürzte. Auch innerhalb des ZK der SED und des Politbüros und der StaSi musste er die anderen führenden Bonzen hinter sich bringen, um diesen Umsturz wagen zu können. Ohne entsprechende Vorbereitung wäre das nicht möglich gewesen. Ich glaube nicht, dass die Revolution ohne Krenz und Honeckers Sturz durch ihn so glimpflich ausgegangen wäre. Hätte sich Krenz dagegen auch noch für „Freiheit“ eingesetzt, dann hätte sein Umsturzversuch ihn das Leben gekostet.

    Man muss Krenz nicht mögen und ihn schon gar nicht zum „Freiheitskämpfer“ machen – das war er nicht. Nie im Leben. Über die Motive, die ihn zum Gewaltverzicht bewegten, kann man letztlich auch nur spekulieren, denn es hätte auch die Möglichkeit bestanden, dass Krenz einfach nur eine Gelegenheit sah und zu ergreifen versuchte, Honecker zu beerben, und Moskau seine Unterstützung für Krenz nur unter der Bedingung gegeben hätte, wenn nicht geschossen worden wäre. Wie gesagt, so einfach war die Gemengelage nicht.

  3. Wenn Linke mit der „Nation“ fremd gehen, ist höchste Gefahr im Verzug. Bei den Linken, die sich den Begriff ernsthaft aneignen, den Volksgenossen, ist das genauso bedenklich wie bei denen, die damit nur politisch tricksen wollen, als taktisches Mittel: den Klassensozialisten. Von beiden sollte man Abstand halten. Doch nicht immer kommt dabei so viel unfreiwillige Komik heraus wie hier: Wussten Sie schon, dass man als Kollektiv „erkennen“ kann? Passiert das in einem großen Gehirn, oder werden hier mehrere Winzlinge in Reihe geschaltet? Gibt es vielleicht ein Nationalgehirn wie es eine Nationalbibliothek gibt? Dann ist das wohl auch die Heimat des „W i r“, von dem w i r inzwischen regelmäßig hören. Leider habe ich bisher keinen Anschluss bekommen. Ob das an der lausigen Infrastruktur für Telefon und Internet liegt? Ich frage mich außerdem, wohin die jüdischen Deutschen gehören: Fallen die in die Kategorie andere „Ethnie“ oder andere „Nation“? Oder waren die etwa gar nicht gemeint? Möglicherweise ist der Erkenntnisprozess des Nationalgehirns aber auch noch nicht ganz ausgereift. Das kann beim Bau von Mahnmalen schon mal passieren, denn das ist eher etwas Körperliches; dem steht wohl nicht immer ein geistiger Prozess – in Form eines kollektiven Erkennens – gegenüber. Doch das ist wohl das Problem: Wer kontrolliert das nationale „Wir“- Großhirn auf seine Funktionstüchtigkeit, wenn daran alle angeschlossen sind?

  4. Und nochmal was zu Kleber.
    „„Ich habe Freunde in der türkischen Presse, für die ein einzelner Satz in einer Glosse Haft bedeuten kann, Die fahren jeden Tag mit einer gepackten Notfalltasche zur Arbeit, weil sie damit rechnen müssen, dass sie die Nacht hinter Gittern verbringen. Mit diesen Menschen sollte man sich vergleichen bevor man sagt, meine Meinungsfreiheit wird eingeschränkt.““

    Vielleicht sollte Kleber mal das tun, was seine Journalistenfreunde (die Angst vor einer Inhaftierung haben) in der Türkei machen, etwas berichten, was nicht den Vorgaben entspricht, zB. das die PKS und ein Blick in Gefängnisse zeigt, das Ausländer (zwar nicht pauschal, aber dennoch) krimineller sind als Deutsche… Oder die Diskrepanzen zwischen denen die unter Asylrecht herkommen und denen die nur wegen Duldung bleiben dürfen (also das nur ein winziger Bruchteil der Asylsuchenden überhaupt unter das Asylrecht fällt, aber trotzdem fast alle mit einer Duldung bleiben)…

    Ob Kleber nach solch einer Aktion (mit hoher Wahrscheinlichkeit einer Kündigung beim ÖR) immer noch davon spricht, das die Meinungsfreiheit nicht eingeschränkt ist (und seine Kündigung wäre nur ein gerechtfertigter Widerspruch („„Man darf nicht behaupten, dass die Meinungsfreiheit eingeschränkt sei, nur weil man keinen Widerspruch erträgt.““))?

  5. Die Berliner Zeitung wird in nächster Zeit bestimmt sehr aufschlussreiche Titelartikel liefern, etwa in dieser Art:
    „Skandal: Hans Jürgen M. parkte am 05.12.2019 falsch. Nicht nur, das aufgrund von M.s Falschparken eine Mutter aus Eritrea mit dem Kinderwagen auf den Radweg ausweichen musste, nun steht auch für die letzten Leugner fest, Deutsche sind krimineller als alsysuchende Freunde.“

    Während andere Zeitungen von der X-ten Massenvergewaltigung und Clankriminaltität berichten.
    Würde mich zumindest nach dem Manifest nicht wundern.

    • In diesem Zusammenhang möchte ich auf den aktuellsten Fall einer Massenvergewaltigung eines 14-jährigen Mädchens in Ulm verweisen. Sie wurde von „Schutzsuchenden“ gezielt mit Alkohol und Drogen gefügig gemacht und dann vergewaltigt. Laut Bild-Zeitung stammen die Täter ähhh, nein, die armen Kinder aus Afghanistan, dem Irak und Iran. Alter: zwischen 14 und 26 Jahren – also alle nach dem Kuschelrecht ähhh, Jugendstrafrecht verurteilbar. Aber sie haben ja vollkommen Recht: Das Falschparken hat eine überregionale Bedeutung und muß auf das Schärfste verurteilt werden!

  6. ganz feiner Beitrag, sehr geschätzer Herr Wendt!

  7. Die Berliner Zeitung wird sich bestimmt prima verkaufen, in christlichen und linksradikalen Kreisen. Ich rechne damit, dass alle christlichen Buchhandlungen, Öko- und 3.Welt Läden das Blatt massig bewerben aucd auch selbst anbieten. In Deutschland ist das ein riesiger Markt. Ernsthaft.

  8. Europa ein Staat? Mit Außengrenzen? Die so verteidigt werden, daß es Tote gibt? Gar viele? In welchem Paralleluniversum leben die eigentlich???

    Bisher dachte ich, in Berlin wird hauptsächlich Alkohol, Nikotin, Cannabis, Amphetamine und Koks konsumiert. Da muß es wohl noch ganz andere Möglichkeiten geben!

  9. Herr Wendt, den ich sehr schätze, sitzt hier einem überaus populären Irrtum auf: Schizophrenie ≠ Gespaltene Persönlichkeit. Hört und liest man allenthalben.

  10. Bei James Bond hatten die Autoren schon vor vielen Jahren erkannt, wohin die Reise geht. Nicht nur, dass der Medienmogul die öffentliche Meinung bestimmte, nein, er sorgte gleich selbst für die Aktionen, über die er dann als erster berichtete (James Bond, Der Morgen stirbt nie).
    Gute Nacht Deutschland.

  11. Zugegeben, zum letzten Mal habe ich die Berliner Zeitung 1983 gelesen, als ich noch in der DDR lebte und die Auswahl eher begrenzt war. Aber zukünftig könnte es sich wieder lohnen, sie zu lesen, jedenfalls für alle Satirefreunde, denen der Humor von Titanic oder Eulenspiegel zu platt ist.

    • Für Freunde richtig abgefahrener Satire gibt es in Berlin doch schon die „taz“.

  12. Braucht es eine „gesamtgesellschaftliche Akzeptanz“, um Unrecht Unrecht zu nennen? Schon diese Formulierung zeigt, wie irre die Verfasser dieser Zeilen sind! Oder wie verschlagen, denn eine fehlende gesellschaftliche Akzeptanz wird dann wohl als entlastend gewertet, aus Unrecht kann dann auch Recht werden…

  13. Ihre langfristigen Ziele: „Wir möchten das Profil des Berliner Verlags stärken und mit einer versachlichten, faktenbasierten Berichterstattung den politischen und gesellschaftlichen Diskurs für Berlin und aus Berlin heraus bereichern.“

    Man darf gespannt sein, auf welche Fakten man sich konzentriert.

    Unter ähnlichen Gesichtspunkten wurde wahrscheinlich auch die „Trommel“ der Pionierzeitung unter Egon Krenz geführt, womit sich der Kreis schließt.

  14. Zu dem Ehepaar, dass sie diesen Berliner Verlag gekauft hat:
    Ich denke, dass ist die Zukunft. Reiche leisten sich als Hobby ein oder zwei Zeitungen. Da können sie dann ihre Meinung weit verbreiten und ihre Wichtigkeit wird endlich von allen verstanden. Und sollte keiner mehr diese Zeitungen kaufen, werden sie halt verschenkt.
    In den USA scheint das schon weiter verbreitet zu sein. Das wird auch bei uns kommen.
    Mir ist es egal. Schlechter als jetzt kann es auch nicht werden. Und wenn ich (anders als bei der GEZ) nicht dafür zahlen muss, können die drucken, was sie wollen.

  15. „die Relotius unter individueller Pathologie abbuchen“:
    Sehe ich anders. Er ist eben ein Kämpfer, der seine Sicht weiterhin durchsetzen will. Nicht anders als alle linke und grüne „Aktivisten“ auch.
    **

  16. Seit wann ist Europa überhaupt ein „Staat“?
    Hab ich da was verpasst?
    Und von welchen Mauern wird gesprochen?
    Hier kommt doch jeder rein, der will?

    Aber vielleicht solle das „Ehepaar“ Sänften schicken…

    Auch, um die als „Kollateralschäden“ zu verbuchenden Verletzten, Geschädigten und Toten innerhalb unseres grenzenlosen Landes weiter zu mehren.

  17. Kleber gebe ich Recht, wir sind doch alle frei besonders wenn man sich mit den Klienten der Kerker mancher Regime anschaut. Anders gesehen, selbst in tiefstem Kerker ist man frei. Manche behaupten sogar dass je tiefer der Kerker, desto freier ist der Mensch der in dem sitzt. Ob das ist vlt diese Freiheit die Herr Kleber meinte?

    Fakt ist, dass es selbst in den obskuren Völkerkerker, zB damalige Sowjet Union, ganz offiziell Redefreiheit gab. Benutzen wollten sie aber nur wenige und sie mussten dann meist auswandern um diese Freiheit ausleben zu können. In NK hilft selbst Auswandern nicht. Wir sind noch nicht so weit natürlich. Dass man als Staats- oder Landesangestellte aufpassen soll, ist aber schon klar. Wenn mein Unterhalt von dem Staat oder von einem großem Unternehmen abhängig ist, dann passe ich auch auf.

    Die Welt ist verrückt und war schon immer so. Und Freiheit ist nur ein Luxusgut.
    Es ist toll wenn wir miteinander reden können, wie eben die freie Menschen. Wie sonst kann man Probleme Lösen wenn wir nicht frei über sie sprechen können? Ohne Angst zB den Job zu verlieren? Oder ist unsere Gesellschaft schon so gespalten dass man kein Vertrauen aneinander hat, für die Gemeinschaft zu agieren? Also wenn ich mich überlege dann habe ich dieses Vertrauen an die Regierenden aber auch große Teile der Medien längst verloren. Ich lese nur noch ab und zu was und meist auch nur die Titel und dann zu Forum. Es ist ja bezeichnend dass ich zB über Silvesterereignisse in Köln aus dem Forum erfahren habe und schockiert dann in anderen europäischen Medien nachschauen musste. Dazu sage ich nur – Selbstschuld. Wenn man Inkompetenz, Befangenheit und technologische Wandel kombiniert dann sind meist die Ergebnisse schlecht. Ich habe da kein Mitleid. Für mich haben diese Journalisten so oder so auch keine – weiß, alt, männlich und jetzt noch politisch so unkorrekt wie es geht. Nur von GEZ kann ich mich nicht befreien – da hilft Namensänderung nicht – das ist einziges was mich an Herrn Kleber & Co. stört – sie leben weiter gut aus meinem Geld und ich habe darüber nichts zu sagen.

  18. Nein eher passend, wenn man die Geschichte der Berliner Zeitung kennt. Das war das Hasublatt der SED und Stasi. Passt also. Blöd wenn die Abonnenten wegsterben.

  19. Natürlich haben wir wie schon in der DDR eine grundrechtlich verbriefte Meinungsfreiheit, sie findet nur nicht mehr im öffentlich rechtlichem Raum statt! Ein Herr Wendt als Kommentatorischer Erklärbär bei Tagesaktuelle Kameraschau oder Tagesthemen oder als Reporter beim Kanzlerettengespräch neben Anne Will hätte schon mal was, existiert aber nicht.
    Meinungsfreiheit ist eben auch Meinungsvielfalt die bei allen ankommt. Haben wir eben nicht.

  20. Mich würde interessieren, wie es in solchen Redaktionen aussieht? Glauben die ihren Unfug selbst? Ich befürchte ja. Das ist noch schlimmer als ein gewissenloser Propagandist, da Überzeugungstäter.

    • Ich gehe auch davon aus, daß die „Medienschaffenden“ das tatsächlich selbst so glauben. Kein Wunder, die hocken doch in ihrer Blase.

      Manchmal merkt das einer von denen, man sieht es denen dann oft an: Vorzeitig gealtert, **

  21. Was weiß man über die beiden neuen BZ Besitzer ohne wiki-Eintrag – außer, dass sie ein „Ehepaar aus Ostberlin“ sind und die Kinderhymne von Brecht zuoberst auf die Seite der Verlags-www drucken?
    Und weil wir dies Land verbessern
    Lieben und beschirmen wir’s
    Und das Liebste mag’s uns scheinen
    So wie andern Völkern ihrs.

  22. „Colonel, Ihr moralischer Kompass ist dermaßen im Eimer, dass ich mich frage, wie Sie den Heimweg finden wollen“ — aus dem Film „Shooter“.

  23. Es wirkt langsam ekelerregend, wenn man die bescheuerten Ansichten und Artikel des gegenwärtigen Journalismus liest. Allesamt Spinner, die vor 30 Jahren nicht wirklich im Mittelpunkt des Geschehens standen und heute „wissenschaftliche“ Kommentare zur damaligen Wiedervereinigung abgeben.

  24. Die fundierten und wunderbar genauen Analysen von Alexander Wendt machen den Mist der Zeit fast schon wieder erträglich..

  25. Launig. Grazie! – 1 Verleser habbich zustande gebracht vor lauter Ent-Krenzung: Nämlich mein Kopf sah plötzlich einen DDR-„Krenzsoldaten“ in Ihrem Text stehen. Dafür bitte ich schamvoll um Entschuldigung. Tötensen und Seevetal klingt auch sehr schrecklich – fast wie Relotiusheim.

  26. Hoffentlich machen Silke und Holger mit ihrer Gesinnungsgazette ordentlich Miese.

  27. Dieses Ehepaar welches nun die Berliner Zeitung offensichtlich zu einer neuen Linkspostille ala taz machen möchte ist nun wirklich jenseits von Gut und Böse, unglaublich was es in diesem Land für linke Geister gibt, es wird täglich schlimmer. Von der BZ werden wir sicher noch viel Interessantes hören.

  28. Dem Klima- und Energiewendespinner „Andol“ auf Wikipedia kann man wohl nur durch Beschäftigungstherapie das Handwerk legen. Also auf, und fleissig Änderungen einbringen!

  29. „Wir tragen Scham in uns, für die Taten unserer (Ur-)Großeltern, und wir können stolz auf unsere Kraft sein, zu dieser Scham zu stehen und unsere Schuld abzutragen. Nur wenige Nationen sind in der Lage, kollektiv zu erkennen, dass sie anderen Nationen oder Ethnien Unrecht angetan haben, noch weniger sind bereit, ihrer Opfer zu gedenken, und um wie viele Nationen wissen wir, die es soweit brachten, ihren Opfern Mahnmale zu bauen?“

    WTF?!

    Immer dieses übergriffige „wir“, dieses gruselige Gefasel von „kollektiv“, diese anmaßende Überlegenheitsrhetorik à la „nur wenige […] sind in der Lage“ und „noch weniger sind bereit“ und „die es soweit brachten“.

    Schreckliche Personen.

  30. Danke, wie immer ein intelligenter Beitrag!
    Das Ehepaar Friedrich hält doch nur die deutschen Tugenden hoch:
    Scham, Kraft und Belehrung

  31. Ich kann mir nicht helfen, aber wenn der Kleber anfängt, von sich bzw. von seinen Freunden zu erzählen, fühle ich mich verrelotioniert.

  32. Sind Silke und Holger etwa die Erben des lange vermissten SED-Vermögens, oder wurde die Berliner Zeitung etwa wie damals die Neue Heimat für eine Mark bzw. einen Euro verscherbelt?

    • Wahrscheinlich sind die neuen Besitzer der BZ nur besonders clever und geschäftstüchtig und haben klar erkannt, daß man, insbesondere in Berlin, lieber allen voran mit den Wölfen heult, um davon dann auch prächtig geschäftlich zu profitieren. Die BZ wird sicher nochmal ganz groß herauskommen und es würde wohl nicht verwundern, wenn die nächsten Merkel-Interviews exklusiv dort erscheinen und doppelseitige Regierungsanzeigen und NGO-Werbung aller Art demnächst dort präsentiert werden. 😉

  33. Wie jetzt? Verramschen die jetzt schon pleite gegangene Zeitungen an Privatleute? Wäre aber genial, weil dann warte ich, bis der Madsack-Konzern durch das Zeitungssterben nur noch den Wert einer Dose Erbsensuppe (oder Fischdose) hat und kaufe den Laden auf. Höhö …

  34. Was ist es geil, eine solche Schreibe zu lesen, scharf analytisch, von herausragender Wortwahl, jedes Ziel präzise versenkt. Ich liebe Ihre Texte!

  35. Es ist straffrei zu lesen, aber es ist eine Strafe es zu lesen…..aber es zu lesen ist nicht schmerzfrei.

  36. ‚Wie sich Egon Krenz und Claus Kleber um die Freiheit verdient machten. Außerdem: lustige Sockenpuppen im Vergleich‘

    Wieso ‚ausserdem‘?

    Ich dachte Krenz und Kleber sind Sockenpuppen, die das labern was der vorgibt der sie ueber seine Hand gestuelpt hat.

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