In der Affäre um den Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, erklärt die nordrhein-westfälische Landesregierung von SPD und Grünen die Vorgängerregierung von CDU und FDP für verantwortlich. In der Tagesschau sagt Hans Herbert von Arnim:
„Doch da wir in Deutschland keine echte Gewaltenteilung haben, werden sich in dieser Frage wahrscheinlich die Reihen der Regierungsparteien schließen, und es wird – zumal auch die Opposition wohl Mitverantwortung trägt – kaum Klärung und schon gar keine Sanktionen geben – es sei denn gegenüber Herrn Wendt.“
Mit dem Fall Wendt wird ein Mäschchen jenes Netzes kurz sichtbar, das die Staatsparteien über die Jahrzehnte zu ihrem Parteienstaat geknüpft haben: ein ebenso dichtes wie unsichtbares Netz von Abhängigkeiten, das nahezu alles erfasst. Natürlich kann die „Öffentliche Hand“ mit einem Gewerkschafter anders reden – hinter verschlossenen Türen – , der von ihr bezahlt wird, obwohl er keinen „Öffentlichen Dienst“ macht. Wer da nachgräbt, findet viel, hat aber danach keinen Zugang mehr zu diesem Netz.
Vom Parteienstaat zum Bürgerstaat
Das Prinzip bringt von Arnim auf die schlichte und einleuchtende Formel: „Da die Macht von Parteien und Volk sich oft wie kommunizierende Röhren verhalten, geht es hauptsächlich darum, das Volk zu aktivieren. Je mächtiger die eine Seite, desto ohnmächtiger die andere.“
Dem füge ich hinzu: Angesichts der totalen Übermacht des Parteienkartells kommt man ihm nur bei, indem man dessen Ausgangspunkt im Art. 21 Grundgesetz streicht, dessen Sinn das Kartell so völlig auf den Kopf gestellt hat. Den Parteien hier und dort etwas wegnehmen, hier und dort Grenzen zu setzen, ist dem Bundesverfassungsgericht nicht gelungen, haben die Parteien über alle angeblichen und tatsächlichen politischen Gegensätze hinweg stets abgewehrt und in der Abwehr ihre Macht und Privilegien trickreich noch weiter ausgebaut.
Der deutsche Parlamentarismus kann nur genesen, wenn die Parlament nur aus direkt gewählten Abgeordneten bestehen, deren Unabhängigkeit sich schon darin ausdrückt, dass ihre Namen auf den Stimmzetteln stehen und keine Parteien, auch nicht additiv.
Eine wirksame Begrenzung der Macht bietet auch „entsprechend der Weimarer Reichstagswahl die Größe des Parlaments je nach Wahlbeteiligung variieren zu lassen, Wiederwahlbegrenzungen (‚term limits‘) für Amtsträger einzuführen oder Parlamentsabgeordnete nich mehr alle gleich hoch zu besolden, sondern sie für den Einkommensverlust zu entschädigen, den sie durch die Übernahme des Mandats erleiden“ (von Arnim).
Auch von Arnim:
- „Ein anderes Modell könnte die halb-direkte Demokratie der Schweiz sein, in welcher die Bürger auch politische Sachentscheidungen an sich ziehen können.“
- „Ferner zu nennen ist die Präsidialdemokratie, in der die Bürger den Regierungschef direkt wählen und die Gewaltenteilung zwischen Regierung und Parlament wiederhergestellt wird.“
- „Zum anderen könnten auch die Ministerpräsidenten unmittelbar gewählt werden, durchzusetzen im Wege direkter Demokratie, welche auf Landesebene ja jetzt schon eröffnet ist.“
Reparaturen innerhalb des Systems der Staatsparteien nennt von Arnim zahlreiche, die in sich auch alle Besserungen brächten, stellt aber an ihrem Ende die rhetorische Frage:
„Besteht hinsichtlich der Regeln der Macht in Wahrheit gar kein halbwegs ausgewogener demokratisch-rechtsstaatlicher Prozess mehr, weil die Parteien in eigener Sache entscheiden? Existiert die angebliche Ausgewogenheit also nur noch kraft allgemeiner politischer Übereinkunft? Der italienische Soziologe Caetano Mosca sprach insoweit von bloßen ‚politischen Formeln‘, die man, bei Strafe der Ächtung, nicht infrage stellen darf.“
Von Arnim beantwortet die eigenen Frage so, wie es jeder politisch gut Informierte und Vorurteilslose tun wird:
„So gesehen, dürfte die direkte Demokratie letztlich das einzig wirksame Gegenmittel darstellen. Besonders das Wahlrecht und die Politikfinanzierung und überhaupt die Regeln des Machterwerbs sollten für die direkte Demokratie zugänglich gemacht werden.“
Von Arnim erinnert an frühe fundamentale „Kritiker der Fehlentwicklung“, Richard von Weizsäcker, Erwin K. Scheuch und sich selbst. Er beleuchtet „Die etablierte Politikwissenschaft“ und nennt Stefan Immerfall mit der Feststellung: „Die früher oft kritische Haltung der Politikwissenschaft sei ‚in Opportunismus‘ umgeschlagen; gesellschaftliche Entwicklungen würden ‚nur noch konstatiert oder gar legitimiert‘“. Ja, füge ich an, das Netz des Parteienstaats und der Staatsparteien hat auch und gerade die Politikwissenschaft eingesponnen.
Berufspolitiker und politische Klasse
„Politische Klasse und politische Elite“ – Berufspolitiker als politische Klasse“ überschreibt von Arnim ein Kapitel in „Teil 7: Der Fehler liegt im System“. In Zeiten, wo ein Alphabet der politisch inkorrekten Worte und Wendungen nach dem anderen auf den Markt kommt, kann es nützlich sein, in unserem Zusammenhang zu sehen, wie von Arnim wichtige Politikbegriffe verwendet (ZEIT online hat neulich „Establishment“ zum „rechten Kampfbegriff“ ernannt).
Auch die Politikwissenschaft habe inzwischen „eingeräumt, dass sich eine Klasse von Berufspolitikern gebildet hat, die – über Partei- und Föderalismusgrenzen hinweg – gemeinsame Sache miteinander machen, wenn es darum geht, eigene Berufsinteressen zu fördern.“ In der Terminologie Klaus von Beymes: „Die politische Klasse hat an der Privilegienstruktur des politischen Systems teil und kann die strukturellen Bedingungen ihrer Existenz weitgehend selbst gestalten.“ Von Arnim differenziert: „Innerhalb der Berufspolitiker sind allerdings zwei Gruppen zu unterschieden: die Führungsgruppen der Parteien, die sogenannte politische Elite, und die übrige politische Klasse.“ Diese feine Unterscheidung habe ich bisher nicht gemacht, werde mich aber bemühen, sie zu übernehmen, weil sie deutlich mehr Genauigkeit in die Debatte bringt.
Von Beymes Ansatz, schreibt von Arnim, richtet unsere Aufmerksamkeit auf „eine kleine, aber sehr wichtige Gruppe innerhalb der Parteien“:
„Die eigentlichen Akteure sind weniger die Parteien als Ganze, sondern ihre Berufspolitiker. Sie sind von den Hunderttausenden bloß zahlenden Mitgliedern und ehrenamtlich in den Kommunen Tätigen zu unterscheiden, die meist kein berufliches Interesse an der Politik haben und über politische Fehlentwicklungen oft am meisten enttäuscht sind, worin auch ein Grund für den Mitgliederschwund der etablierten Parteien liegen dürfte.
Berufspolitiker neigen dazu, den Wettbewerb etwa um Mandate massiv einzuschränken, auch innerhalb der eigenen Partei, etwa durch bestimmte Regelungen zu ihren Gunsten und zulasten innerparteilicher Herausforderer. Zur politischen Klasse, die von der Politik lebt und über ihren Status selbst entscheidet, gehören 622 Bundestags-, rund 2.000 Landtags- und 96 Europaabgeordnete sowie rund 230 Regierungsmitglieder und Parlamentarische Staatssekretäre in Bund und Ländern. Auch Tausende staatsfinanzierte Mitarbeiter von Abgeordneten sowie in Parteien, Fraktionen und Stiftungen leben von der Politik, ebenso die große Zahl von Bürgermeistern, Landräten und Beigeordneten in den Kommunen.“
Politische Elite
Die Berufspolitiker ihrerseits unterscheidet von Beyme in „die Führungsgruppe der Parteien, die sogenannte politische Elite, und die übrige politische Klasse“ (Klaus von Beyme: Die politische Klasse im Parteienstaat, 1993). In meinen Worten kümmern sich die Führungsgruppen, deren stärkster Teil die Fraktionsspitzen sind, um den Macht-Wettbewerb im Wahlkampf, bestimmen weitestgehend die Auswahl der Kandidaten, vergeben Ämter usw. – kurz regieren in den Parteien von oben durch bis in die Gliederungen. Sie führen ihre Parteien als Wahlvereine.
Von Arnim bezieht sich auf Jens Borchert (Die Professionalisierung der Politik, Zur Notwendigkeit eines Ärgernisses, 2003):
„Die fatale Folge der Entwicklung, der Konsolidierung und des Wirkens der politischen Klasse liegt in der Entmachtung der Bürger und im Schüren politischen Verdrusses. Das ergibt sich geradezu ein Teufelskreis der Entfremdung, der ein zentrales Problem des Parteienstaates darstellt: Die Existenz und das Wuchern der politischen Klasse sowie ihre Abschottung beschneiden den Bürgern ihre politische Mitwirkung; das frustriert und entfremdet, worauf die politische Klasse mit umso größerer Abschottung reagiert und damit die Politikverdrossenheit der Bürger erst recht vertieft.“
Nach dem Grundgesetz sollen die Parteien an der politischen Willensbildung des Volkes mitwirken. In der Wirklichkeit haben sich die Parteien zu Staatsparteien im Parteienstaat gemacht und das Volk, die Bürger, von der politischen Willensbildung ausgeschlossen. Und die Medien, die Journalisten?
Richard von Weizsäcker (Krise und Chance unserer Parteiendemokratie, 1982) kritisierte früh die „Demoskopiedemokratie“, die Neigung der Medien zu Vordergründigem, sie fänden „das Schicksal der Parteien interessanter … als die Lösung der Probleme“, einen „unheilvollen Umkehrprozess der Wichtigkeiten“. In meinen Worten: Nur Skandale und Skandälchen von Stars und Sternchen in Film, Kommerzsport und im Fernsehen finden sie noch spannender als jene von Politikern. Politik in der Sache fristet in den real existierenden Medien ein Nischendasein.
Ganz fehlt im Blickwinkel der öffentlichen und veröffentlichten Meinung, was von Arnim so formuliert, es „droht statt Selbstbestimmung des Volkes Fremdbestimmung durch die politische Klasse, statt zur Richtigkeit tendieren die getroffenen Entscheidungen zur Unrichtigkeit … Sie erfolgen weder durch noch für das Volk.“
In Teil 10: Die fatale Rolle der Wissenschaft erklärt von Arnim, warum die Politikwissenschaft „teilweise blind“ eine unkritische Haltung einnimmt, weil sie nach 1945 „als eine Art demokratische Erziehungswissenschaft entstanden ist und sich der Etablierung der Demokratie und ihrer Verteidigung gegen Kritik verschrieben hat.“ Während die Staatsrechtslehre auf dem anderen Auge blind ist und sich „zur Hofberichterstattung des Bundesverfassungsgerichts entwickelt, indem sie überwiegend nur noch nacherzählt, was dort entschieden worden ist“.
Den kurzen Teil 8: Wohin treibt Europa? will ich nur erwähnen. Er beschreibt, wie Kommissionsbürokratie, Parlament und Abgeordnete ihre eigene finanzielle Überausstattung, Überversorgung und die ihrer Beamten und Mitarbeiter im Vergleich zum nationalen Schlaraffenland (Weizsäcker) noch auf die Spitze treiben. Einer der Spitzennutznießer des Brüsseler Selbstbedienungsskandals, der darüber qualifiziert Auskunft geben könnte, ist nun Kanzlerkandidat der SPD.
Demnächst werden die Berufspolitiker der EU zum sechzigsten Jahrestag der Römischen Verträge sich selbst zelebrieren und ihr Mantra von „mehr Europa“, wiederholen, wenn auch auf diejenigen Länder beschränken, die vorauseilen sollen – EU der verschiedenen Geschwindigkeiten. Aber das ist ein eigenes Thema.
Parteienstaatlicher Absolutismus
Seinen Kollegen in der Wissenschaft widmet Hans Herbert von Arnim abschließend die folgende Hausaufgabe:
„Es mag ja sein, dass die Parteien trotz des allmählichen Verlusts ihrer Verankerung in der Gesellschaft ihren Einfluss aufrechterhalten, ja, ihre Macht im Staat noch gewaltig steigern, indem sie ihn sich immer mehr zur Beute machen, und dass sich dadurch die bisherigen Verhältnisse stabilisieren, womit viele Politikwissenschaftler sich beruhigen. Doch soll Stabilität – abgesehen davon, dass selbst dieseneuerdings nicht mehr gewiss erscheint – wirklich den folgenden siebfachen Mangel heilen können?
1. Das Schwinden der Kernfunktion der Parteien, zwischen Bürgern und Staat zu vermitteln,
2. die grassierende Staatsfinanzierung der Parteien,
3. die Ämterpatronage,
4. den wettbewerbsbeschränkenden Ausschluss kleinerer Konkurrenten,
5. das Umkrempeln des ganzen Systems,
6. die Usurpation der eigentlich dem Volk zustehenden Souveränität durch die Parteien und ihre politische Klasse und
7. die Entstehung eines parteienstaatlichen Absolutismus?“
Direkte Demokratie in vielen Formen
Ich wiederhole das weiter oben schon zitierte Fazit von Arnims:
„So gesehen, dürfte die direkte Demokratie letztlich das einzig wirksame Gegenmittel darstellen. Besonders das Wahlrecht und die Politikfinanzierung und überhaupt die Regeln des Machterwerbs sollten für die direkte Demokratie zugänglich gemacht werden.“
Die Stichworte für den Umstieg ist für mich, vom Verhältniswahlrecht zum Direktwahlrecht zu wechseln, direkte Demokratie auf allen Ebenen der staatlichen Organisation zu installieren und den Bürgern zur Selbstorganisation in der Gesellschaft maximal viel Raum ganz selbst zu überlassen.
Darauf werden viele sagen, das ist illusionär. Denen sage ich, ohne einen solch umfassenden Systemwechsel kehrt kein Friede in die Gesellschaft ein.
♦
Fußnote: Wer sich von Arnim Buch systematisch erarbeiten will, dem empfehle ich, sich mit dem letzten Teil 11: Zusammenfassung einzulesen.
Wann hat es je solche Gesetzesbrüche, ja so eine Selbstermächtigung eines Kanzlers zuvor gegeben? Sehen Sie wirklich keinen Qualitäts-Wechsel in unserer Politik, seit Merkel am Ruder ist? Sie finden es völlig normal, dass es keine Opposition mehr im BT gibt? Dass wir unsere Grenze aufgeben, Millionen Fremde wahllos ins Land lassen, die Medien unisono Hossianna schreien? Ist das alles business as usual? Dann sollten Sie mal an die frische Luft gehen, Herr Hader.
„Wann hat es je solche Gesetzesbrüche, ja so eine Selbstermächtigung eines Kanzlers zuvor gegeben?“
Ich vermute mal, dass Kohl bei der Wiedervereinigung auch nicht Dienst nach Vorschrift gemacht hat. Aber wie dem auch sei, wenn Gesetzesbrüche vorliegen, dann muss man entsprechend klagen.
Über einen Qualitätswechsel in der Politik kann man gerne streiten. Aber von Arnim und andere sehen die Schwächen des System struktureller Art (Gesetzgebung, Macht der Parteien durch das Grundgesetz, fehlende Elemente der direkten Demokratie). Und da frage ich mich, was hat sich an der Struktur in den letzten 70 Jahren verändert.
Was Sie jetzt persönlich kritisieren, kann man so sehen. Aber liegt die Ursache an der Struktur oder am derzeitigen Personal?
Klagen? Wie denn, wenn die Kanzlerin nicht als Person, sondern als Organ handelt? Da könnte nur eine Partei im Bundestag klagen. Seehofer hat damit gedroht – mehr nicht. Der Fall Merkel hat doch jedem Klar-Denkenden vor Augen geführt, dass wir eben nicht in einem Rechststaat leben, in dem die Gewalten geteilt und unabhängig von einander sind. Dass das Vertrauen in unser Grundgesetz unberechtigt ist. Dass das Grundgesetz fehlerhaft ist. Das Problem der Organklage ist hier auf TE von Berufeneren als mir breit diskutiert worden.
Mit dem Rest haben Sie recht, Herr Hader. Die jetzt so verantwortungslos handelnden Politiker der BRD sind EIN Problem. Das GRÖßERE Problem liegt aber in den Strukturen, die es solchen Halunken erlauben, zu tun was sie tun.
„Es ist 60 Jahre nicht gerade schlecht gelaufen,“ sagen Sie, Wolkenspalter.
Ich meine, es hätte viel besser laufen können. Man kann es nicht beweisen, aber man kann die Geschichte der BRD mit der Österreichs vergleichen, das sich nach dem WW2 gegen einen Beitritt zur NATO entschlossen hat und daher sofort von Stalin wiedervereinigt wurde. Den Menschen in der Ex-DDR hätte der so gepriesene Adenauer mit einer Entscheigung für ein neutrales Gesamt-Deutschland viel erspart.
Diese Herangehensweise nennt man auch kontrafaktische Geschichts-Betrachtung. Dem Volk wird immer vorgemacht, es gehe nicht anders, die Dinge seien alternativlos. Fährt die Schweiz schlecht mit ihrer Direkten Demokratie – und ihrer Neutralität? Es geht vieles anders! Wir müssen es nur wirklich wollen!
Diese Techniken werden vor allem in der Werbeindustrie entwickelt. Dafür gibt es extra Studienfächer mit Inhalt Werbepsychologie. Einiges davon ist auf Dauer sogar gesundheitsschädlich.
Der wichtigste Baustein der Werbung ist die Erzeugung von Aufmerksamkeit. Dafür werden Stressfaktoren eingesetzt. Bei Stress wird Adrenalin ausgestoßen. Adrenalin sorgt für Aufmerksamkeit und damit für die nötige, schnelle Reaktionsfähigkeit im Gefahrenfall. Was der Mensch als Rettungssystem braucht, wird hier missbraucht. Häufiger Stress fördert Herz-Kreislauf-Krankheiten. In Deutschland sind 40% der Todesfälle auf Herz-Kreislauf-Krankheiten zurückzuführen.
Nur als Zwischeneinwand: Parteiprogramme sind kein halbwegs zuverlässiger Hinweis darauf, was eine Partei tut, wenn sie an die Macht kommt, an ihr beteiligt ist.
Richtig. Ich hatte im 3. Absatz, 1. Klammereinschub, schon darauf gedeutet einschließlich der damit im Vergleich der Modelle prinzipiell vorhandenen Möglichkeiten vs verlorene Möglichkeiten.
Sehr richtig! Die Parteien tun oft das Gegenteil dessen, wofür sie stehen. Schröder machte eine rechte Politik. Merkel macht eine linke. Die Grünen sind für alle jüngeren Kriege der BRD und die aktuelle Umwelt-Zerstörung in Deutschland verantwortlich. Das Ganze ist nur noch als pervers zu bezeichnen! Der Friedennobelpreis-Träger Obama lässt morden und foltern und Kriege vorbereiten. It is Orwell at his best.
Schweiz lässt grüßen. Da funktioniert es doch auch, auch wenn es hier und da knirscht im Gebälk. Wenn Bürger nichts mehr zu entscheiden haben und der Verdruss noch forciert wird, ja dann braucht man so ein Gebilde namens PARTEIENSTAAT, aber nur seitens der Parteien.
Sie sagten, es sind nur ganz bestimmte Menschen, die in die Politik gehen, anstatt Anwalt, Banker etc. zu werden, aber gerade der Beruf des Anwaltes ist doch dort gerade sehr häufig vertreten, vielleicht auch deshalb um diesen „Parteienstaat“ völlig zu legitimieren und dem Bürger überhaupt keinerlei Rechte sondern nur noch Pflichten aufzuerlegen.
Die 2. große Gruppe „Lehrer“ tut ihr übriges natürlich dazu -die Herrschaft über die Kinderbetten. Kennen Sie den Spruch:
„Die Parlamente sind einmal voller, einmal leerer, aber immer voller LEHRER“? Das sagt ja auch schon alles.
Ich finde im Übrigen den Begriff “ Parteienstaat“ richtig, denn er soll ja auch provozieren und kenntlich machen, wie weit wir mittlerweile von einer wirklichen Demokratie entfernt sind. Wie wollen sie en solch deformiertes Gebilde denn sonst nennen? In der Kürze liegt auch die Würze!
Ich denke das Wort „richtig“ ist hier nicht angebracht, denn was ist schon eine „richtige Lösung“, wer bestimmt darüber?
Fakt ist, es MUSS immer gestritten werden. NUr so kommt man dem Ergebnis eher nahe als mit dem ständigen Konsens und nur mit einer Zunge reden etcpp.
Wir haben doch ein schönes Beispiel, nämlich die Schweiz. Wir brauchen uns doch nicht gänzlich neu erfinden. NEin, wir sollten nur endlich mal anfangen, LEARNING BY DOING und nicht learning by „LABERING“!
Wenn ich mir den „Zangengriff“ in dem sich Deutschland im Moment befindet so anschaue, dann ist es ALLERHÖCHSTE Eisenbahn endlich was zu tun und die Bürger mehr in den Prozess einzubinden (direkte Demokratie), denn immerhin „BÜRGEN“ die Bürger auch dafür! Ich denke das ist vielen Bürgern in Deutschland nicht bewusst welche Lawine gerade auf uns zurollt, die BEWUSST VERSCHLEIERT werden soll.
Auch ein interessantes Buch von Herrn Sinn :
„DER SCHWARZE JUNI 2016“. Wenn sie das gelesen haben und sich unsere Sozialsysteme und allem voran das Rentensystem sich anschauen, dann steht Deutschland vor der größten Enteignung, die die Welt je gesehen hat. Alles hat mit Allem was zu tun. Fangen wir NUR ENDLICH damit an!
In den meisten westlichen Ländern ist die Demokratie auch in einem besseren Zustand als in Deutschland.
Wir können das bspw. gerade in den USA beobachten, wo Trump sein Land als US-Präsident eben nicht so führen kann wie ein Unternehmen als CEO. In den USA funktioniert die Gewaltenteilung offenbar auch besser als in Deutschland.
In UK hat man auch das Volk über den Brexit entscheiden lassen.
Zur europäischen Verfassung – bevor sie in Form des Lissabonner Vertrags durch die Regierungen beschlossen und durchgewunken wurde – wurden auch mehrere europäische Völker per Referenden zur europäischen Verfassung gefragt. Bezeichnenderweise wurde das deutsche Volk nicht befragt. Nur die Ablehnung seitens des französischen und niederländischen Volkes führte letztlich dazu, dass aus der ‚Verfassung‘ ein ‚Vertrag‘ gemacht wurde.
Die Griechen wurden zu den Sparplänen wg. der Euro- und Finanzkrise befragt.
Andere Völker durften über die Einführung des Euro abstimmen (Schweden und Dänemark). Deutschland nicht.
Allerdings kommen die meisten westlichen Demokratien auch nicht an die der Schweiz heran.
„In den meisten westlichen Ländern ist die Demokratie auch in einem besseren Zustand als in Deutschland.“
In den meisten westlichen Ländern gibt es mehr Volksabstimmungen. Das kann man mit Sicherheit sagen. Dafür haben Sie auch viele gute Beispiele genannt. Ob diese Länder aber in einem besseren politischen und vor allem wirtschaftlichen Zustand befinden, das kann angezweifelt werden. Man sollte immer kritisch sein, wenn man eine einzelne Methode als das Non-Plus-Ultra hinstellt. Die Praxis muss zeigen, ob es sich wirklich bewährt. Wir haben schließlich auch Elemente direkter Demokratie hierzulande auf kommunaler Ebene. Beispielsweise die Direktwahl des (Ober-)Bürgermeisters. Allerdings auch mit Wahlbeteiligungen von knapp über 25%. Direkte Demokratie ist auch anstrengender. Für den Bürger. Er muss sich mehr informieren und mit Themen beschäftigen, die ihn noch weniger interessieren als die allgemeine Parteienpolitik.
Ich bin trotzdem für mehr direkte Demokratie. Aber man sollte auch die Schwächen und Nachteile solcher Umsetzungen kennen, sonst erreicht man keine Verbesserung des Systems. Die Schweiz beispielsweise hat jahrzehntelange Erfahrungen auf dem Gebiet. Das kann man nicht über Nacht aufholen.
Direkte Demokratie ist nicht mühsam oder anstrengender. Der Bürger muss gar nichts. Und wo er nichts zu sagen weiß, schweigt er auch besser. Daher sind Abstimmungs-Beteiligungen von 25% KEIN Zeichen mangelnder Mit- Beteiligung oder fehlenden Interesses am demokratischen Prozess. Es kann sogar für Reife sprechen. Bei einigen Fragen zum AfD-Programm habe ich mich als mitbestimmendes Mitglied meiner Stimme enthalten, da ich mich nicht für kompetent hielt. So machen es auch i.d.R. die Schweizer.
Zu sagen, die Schweiz habe halt Erfahrung mit direkter Demokratie, ist eine Platitüde. Wieviele Abgeordnete sitzen im BT und stimmen über extrem komplizierte und wichtige Dinge ab, ohne auch nur eine Spur Erfahrung oder Verstand in der Sache zu haben. Nein, ich sehe gar keinen Nachteil in direkter Demokratie.
Der größte Vorteil scheint mir zu sein, dass die verschiedenen Lager für ihre jeweiligen Lösungsangebote klar und überzeugend argumentieren müssen, und zwar öffentlich. Ja, irren kann sich das Volk auch, aber ich behaupte, es irrt sich seltener, und wenn es sich irrt, sind es die EIGENEN Irrtümer. Das ist viel wert.
Es gibt da keine Versuchsstrecke. Man muss sich entscheiden wie die Schweiz 1891 für die direkte Demokratie votiert hat. Auf geht’s!
Das ist ja gerade das Problem. GROKO zu verhindern wird bei diesem Schlafmichel ein riesen Problem!
Es ist ja alles so wahr und richtig und doch so vergeblich was Herr Goergen hier schreibt. Die überwiegende Mehrheit der Wähler will es doch offensichtlich genau so wie es eben ist. Selbst der besser gebildete Linksliberale ist zufriedengestellt, wenn ihm sein Leitmedium die „ZEIT“ in wohl gesetzten Worten erklärt, was er politisch-moralisch-korrekt zu meinen habe. Und alle anderen Bürger, die noch weniger Zeit dazu haben, sich womöglich eine eigene Meinung zu erarbeiten sind es erst recht zufrieden, wenn ihnen die Öffentlich-Rechtlichen in Eineinhalbminutenspots Merkels Welt erklären.
Der politische Harmonie, man spricht auch von konsensualer Politik, einfordernde deutsche Staateinwohner, will er wirklich belastet werden mit der
Zumutung politische Prozesse einer Kontrolle unterziehen zu müssen, nicht nur Meinungen gegeneinander abzuwägen sondern sich zuvor womöglich auch noch sachkundig machen zu müssen?
Direkte Demokratie, wenn sie denn funktionieren soll, erfordert leider einiges an mentalem Mehraufwand, und das ausgerechnet den staatsgläubigen Deutschen, seit Jahrhunderten brave Untertanen, zuzumuten würde diese Armen ganz schnell in einem Burn out treiben mit entsprechenden
Dekompensationserscheinungen, die man sich besser nicht ausmalen
will.
Wir werden sehen, in einem Jahr werden fast alle immer noch, vielleicht mit ein paar kleinen Abstrichen, hochzufrieden mit der alten und neuen Bundeskanzlerin sein, denn die Staatseinwohner wollen einfach regiert werden. Wobei man im letzten Satz dieses „einfach“ durchaus in doppelter Bedeutung lesen darf.
Mit anderen Worten, dieses Land hat und bekommt genau das, was es verdient. Ich ließe mich ja so gerne eine Besseren belehren, aber wo sind denn, die „kritischen Massen“?
PS Ein kleiner Witz der Zeitgeschichte am Rande: eigentlich ist die Forderung nach direkter Demokratie ja ein lang gehegtes linkes Projekt, zurück zu verfolgen bis in die Siebzigerjahre des letzten Jahrhunderts. Aber ausgerechnet Links ist in dieser Frage in letzter Zeit doch auffallend kleinlaut geworden.
Ja, da muss ich Ihnen leider in allem recht geben. Warum gerade die LINKEN einer Politik Beifall klatschen, die „Raubtierkapitalistischer“ nicht sein kann, erschließt sich mir überhaupt gar nicht!
Ideologie frisst Hirn eben, anders kann ich mir das nicht mehr erklären.
Freies Denken und Sprechen hat eben wenig gemein mit einem
SOZIALISMUS, da ist die direkte Demokratie doch nicht das Wahre für diese Menschen…….
Je größer der Staat, desto weniger Freiheit für den Bürger. Mich erinnert die ganze Situation an Mancor Olson (Kollektives Handeln). Vor allem kleine Gruppen können auf die Politik Einfluss nehmen, wenn es darum geht, schlagkräftige Interessenorgnaisationen zu bilden, größere Gruppen auszubeuten und den „Staat“ für ihre Zwecke einzuspannen. Keine Gruppe ohne eigene Interessen. Auch der ÖRR mit seinen Pseudointellektuellen gehört auf den Prüfstand, die von unseren Gebühren leben und uns erzählen, wie wir am Besten zu leben haben.
„Ich wiederhole das weiter oben schon zitierte Fazit von Arnims:
„So gesehen, dürfte die direkte
Demokratie letztlich das einzig wirksame Gegenmittel darstellen.
Besonders das Wahlrecht und die Politikfinanzierung und überhaupt die
Regeln des Machterwerbs sollten für die direkte Demokratie zugänglich
gemacht werden.“
Mein Reden seit langer Zeit!
Die Frage, die sich im Zusammenhang mit von Arnim’s Gedanken stellt, wer soll denn diesen „Systemwandel“ durchführen ? Die die an der Macht sind, haben ja aus besagten, naheliegenden Gründen keinerlei Interesse daran, sie würden sich ja dann auch den eigenen „Stuhl“ absägen. Und medial ist es genauso „grausam“. Ein blickt eben in den Presseclub, wer sass da TAZ u. SZ Journalistinnen, beide d. sehr linken Art. Wo soll eine Änderung herkommne ? Natürlich hat Herr von Arnim total Recht mit seiner Analyse. Aber jegliche andersartige Meinung oder Äußerung wird, mit härterer bzw. steigender Tendenz v. den Mächtigen, seien es Parteien, Politiker oder linientreue Presse oder Justiz
Nur mit Parteien, die die GEZ abschaffen wollen und das ist im Moment nur die AFD. Den Sumpf der Mediokratie trocken legen! Lass die Menschen entscheiden für welche Inhalte bezahlt werden soll, es würde sich VIELES ändern!
Sehr geehrter Herr Goergen, danke für diesen sehr aufschlussreichen
Beitrag. Er bestätigt eindeutig mein persöliches Empfinden aus der sich
ein großer Teil meines Politikverdrusses herleiten lässt. Eine Verbesserung sehe ich nur in der Einführung von Voksentscheiden zumindest über gesellschaftlich relevante Fragen. Aus bekannten Gründen wird uns das Spiel vorgeführt, die eine Partei ist dafür? und die andere dagegen. ( besonders vor Wahlen) nach der Wahl ist man sich wieder einig. Das Buch von Hans Herbert von Arnim habe ich gekauft. Beim ersten Querlesen fand ich nur Bestätigungen meines eigenen Eindruckes, hier mit mehr Wissen gut zusammengefasst und beschrieben.
Der Staat befindet sich im Würgegriff der Parteien. Es sind ähnliche Verhältnisse wie in der DDR, nur nicht so offensichtlich und daher erst bei näherer Betrachtung erkennbar.
Als ich 1987 das erste mal die Bundesrepublik zu einer Feier mit Verwandten besuchte, kamen da meine Verwandten tw. CDU-Mitglieder waren auch 2
Personen vom Kreisvorstand um zu gratulieren. Nachdem sie weg waren
sagte ich meinen Verwandten „Die Beiden hätten auch SED-Funktionäre sein
können“ man war gelinde gesagt irritiert. Der ganze Habitus erinnerte sehr
stark daran. Je länger ich nun in der Bundesrepublik lebe um so mehr
sehe ich Ähnlichkeiten zur DEUTSCHEN „DEMOKRATISCHEN“ REPUBLIK. Jede Entscheidung und sei sie noch so falsch findet einen der erklärt warum es gerade so richtig ist.
„Wer mit den Wölfen essen will, muß mit den Wölfen heulen.“
Der entscheidende Punkt der direkten Demokratie – z. B. in Form von Volksabstimmungen – ist, dass damit ein außerparlamentarisches Oppositionsinstrument installiert wird. Deshalb lehnen auch im Grunde alle Politiker Volksentscheide & co. ab (spärtestens dann, wenn sie selbst an der Regierung beteiligt sind, erfolgt nie eine Umsetzung – egal, was sie vorher gesagt haben oder was in ihrem Parteiprogramm steht).
Dabei wäre direkte Demogratie so einfach.
Zur Wahl für das Kommunalparlament darf sich jeder Staatsbürger, der in der Gemeinde seinen ersten Wohnsitz hat, aufstellen lassen. Egal ob in einer Partei oder nicht. Zwingende Vorschrift: Lebenslauf und Wahlprogramm muss veröffentlicht werden.
Es wird grundsätzlich eine Person mehr gewählt als für die Gemeindeverwaltung gebraucht wird.
Dann wird von allen gewählten in einer Wahl eine Person, von den gleichen Staatsbürgern, in den Landkreis gewählt. So sind alle Gemeinden gleich vertreten.
Von allen Staatsbürgern des Landkreises wird wiederum eine Person gewählt die dann in das Landesparlament einzieht.
Als letztes werden von allen Staatsbürgern des Landes jeweils 30 Personen des Landesparlaments in den Bundestag gewählt.
Dafür müssen die Stadtstaaten abgeschafft werden, diese müssen sich jeweils dem ihr umgebenden Land anschließen.
Das wären 4 Wahlen, im Abstand von 2 oder 3 Wochen. Das Ganze dann alle 5 Jahre.