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Durchblick schenken 2020

Man kann zwar alles sagen, wird aber nicht mehr differenziert gehört

20.11.2020

| Lesedauer: 4 Minuten
Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki über die Meinungsfreiheit und die Gefahren, die ihr drohen. Im Interview mit Sebastian Sasse plädiert er für mehr Mut zum Meinungsstreit und sieht im Parlament das Vorbild.

Sebastian Sasse: Herr Kubicki, der Meinungsstreit ist ein Kernelement der Demokratie. Sie machen sich Sorgen um die Meinungsfreiheit in Deutschland. Warum?

Wolfgang Kubicki: Ich kann mich an keine Phase in der Geschichte der Bundesrepublik erinnern, in der es um die Freiheit der Meinung so schlecht bestellt war wie heute. Aber das ist nicht so, weil wir nicht alles sagen dürften. Heute hat jeder vor allem durch die sozialen Medien die Möglichkeit, so viel öffentliche Bühne für seine geistigen Ergüsse zu haben wie er möchte. Und seien sie noch so simpel, ekelhaft oder dumm. Es ist um die Meinungsfreiheit heute deshalb so schlecht bestellt, weil die Offenheit und Vorurteilsfreiheit für andere Meinungen noch nie so schwach ausgeprägt waren. Man kann zwar alles sagen, wird aber nicht mehr differenziert gehört.

„Man kann zwar alles sagen, wird
aber nicht mehr differenziert gehört“

Aktuell geht wegen der Präsidentenwahl unser Blick in die USA. Droht das Meinungsklima dort auch uns?

In Deutschland gibt es noch nicht diese zwei festen Blöcke, die sich gegenüberstehen und deren Anhänger nicht mehr miteinander sprechen können und sich nicht mehr zuhören. Aber auch hier kommt es immer öfter vor, dass in der Debatte nicht die vorgetragene Meinung zählt, sondern die Person und welcher politischen Richtung sie zugerechnet wird. Dazu kommt ein anderer Aspekt: Es gibt den Trend, Meinungen, die von einem bestimmten Pfad abweichen, abzudrängen und aus dem gesellschaftlichen Konsens heraus zu definieren. Das ist aber undemokratisch, weil das Hauptziel unserer Demokratie die friedliche Integration von Meinungen und Interessen ist, nicht deren Ausgrenzung.

Warum ist der Meinungsstreit aus Ihrer Sicht so wichtig?

FüR FAIRNESS UND GEGENSEITIGE ACHTUNG
Das gefährliche Spiel mit der Demokratie
Ohne den produktiven Meinungsstreit gibt es letztlich keinen Fortschritt in Erkenntnissen. Das bedeutet allerdings auch: Im Meinungsstreit müssen Tatsachen, die feststehen, berücksichtigt werden.

Es wird allerorten betont, wie stabil unsere Demokratie sei. Wieso fällt es uns dann aber offenbar so schwer, diesen Meinungsstreit zu führen?

„Immer mehr gilt: Bist du auf der richtigen Seite?
Und nicht: Hast du das bessere Argument?“

Unsere Demokratie ist grundsätzlich auch sehr gefestigt. Es besteht ja etwa keine Gefahr, dass die Meinungsfreiheit eingeschränkt wird oder der Staat Zensur ausübt. Das Problem geht eher von den einzelnen Diskursteilnehmern aus. Hier gilt immer mehr: Bist du auf der richtigen Seite? Und nicht: Hast du das bessere Argument? Möglicherweise ist diese Entwicklung auch der Tatsache geschuldet, dass die Bundeskanzlerin gerne davon gesprochen hat, diese oder jene politische Entscheidung sei alternativlos. Es ist aber nichts alternativlos. Noch ein Beispiel: Als Alexander Gauland sagte, die frühere Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz, solle in Anatolien „entsorgt werden“, habe ich das kritisiert und gesagt, so eine Aussage verstoße gegen die Menschenwürde. Dafür habe ich große Zustimmung im Bundestag erhalten. Als vor einigen Monaten eine Journalistin der taz schrieb, Polizisten gehörten auf den Müll, habe ich ebenfalls dagegen protestiert. Die Folge war ein Shitstorm bei Facebook – im Grunde für dieselbe Aussage. Hier wird also von vielen bei der taz-Journalistin mit einem anderen Maß gemessen als beim AfD-Vorsitzenden.

Sie sind Bundestagsvizepräsident. Müsste das Parlament nicht ein Vorbild für die Debattenkultur im Land sein?

Ja, müsste es. Das Parlament ist es aber aktuell leider nur eingeschränkt. Das liegt etwa auch daran, dass es an freier Rede mangelt und manche Abgeordnete nur das ablesen, was ihnen ihre Referenten aufgeschrieben haben. So findet aber keine sinnvolle Debatte statt. Als Bundestagsvizepräsident bemühe ich mich darum, einen kollegialen Umgang zwischen allen Abgeordneten zu fördern. Dazu gehört auch die Erkenntnis: Nicht alle Argumente, die von der politischen Konkurrenz vorgetragen werden, sind automatisch falsch. Man muss sich schon inhaltlich mit ihnen auseinandersetzen.

Sie sehen vor allem die Art und Weise, wie in den sozialen Medien kommuniziert wird, skeptisch. Für die Mehrheit der jüngeren Generation ist diese Kommunikation mittlerweile selbstverständlich. Sie kennen nichts anderes mehr. Wie soll eine Lösung aussehen?

„Es geht also nicht darum, andere durch
Argumente zu überzeugen, sondern darum,
seine richtige Haltung zu dokumentieren“

VERTEIDIGER DER MEINUNGSFREIHEIT
Lonesome Kubicki und der schwindende Kern der FDP
Meine Generation ist durch die großen Parlamentsdebatten in den 60er und 70er Jahren politisiert worden. Denken Sie an Wehner oder Strauß. Das hat man sich im Fernsehen angeschaut, auch wenn man nicht mit der Meinung des Redners einverstanden war. Heute bewegen sich die Leute in bestimmten Blasen. Hier treffen sie nur auf Leute, die ihre Haltung mehr oder weniger teilen. Das zweite Problem: Diese social community wird mit der wirklichen Welt gleichgesetzt. Das Ziel besteht darin, Postings in den Netzwerken abzusetzen, mit denen man vor allem in der eigenen Community reüssiert. Es geht also nicht darum, andere durch Argumente zu überzeugen, sondern darum, seine richtige Haltung zu dokumentieren. In dieser Blase fühlt man sich wohl und sieht gar nicht die Notwendigkeit, sich mit anderen Meinungen inhaltlich auseinanderzusetzen. Ich schreibe zum Beispiel bei Facebook immer relativ lange Texte. Da haben auch schon Fraktionskollegen, die sich mit den sozialen Medien besser auskennen, zu mir gesagt, solche langen Texte würden nicht gelesen. Ich mach es trotzdem.

Das klingt ziemlich pessimistisch.

Gar nicht. Wer will mich daran hindern, in der analogen Welt die Auseinandersetzung zu suchen? Wer will mich daran hindern, mit AfD-Politikern zu diskutieren? Oder mit Verschwörungstheoretikern? Bei einer der großen Corona-Demos in Berlin bin ich an einer Fußgängerampel mit einer Gruppe junger Leute ins Gespräch gekommen, die ein Transparent dabei hatte, wo „Merkel-Diktatur“ draufstand. Ich habe ihnen gesagt: „Wenn das eine Diktatur ist, warum ist denn dann eure Demo genehmigt worden?“ Solche Gespräche sind möglich.


Das Interview mit Wolfgang Kubicki führte Sebastian Sasse, Chef vom Dienst der katholischen Wochenzeitung für Politik, Gesellschaft und Kultur DIE TAGESPOST, wo es zuerst erschienen ist. Wir danken für die freundliche Genehmigung zur Übernahme.


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40 Kommentare

  1. „Nicht alle Argumente, die von der politischen Konkurrenz vorgetragen werden, sind automatisch falsch.“
    Da hat er recht der Herr Kubicki und ist mit dieser Binsenweisheit intellektuell bereits einen großen Schritt weiter als das Gros der Abgeordneten der etablierten Parteien. In meinen Augen ist Kubicki einer der wenigen anständigeren und halbwegs glaubhaften Politiker der älteren Parteien und er denkt und spricht differenziert und nicht nur nach Parteiräson. Nichtsdestotrotz hat mein Vertrauen – gerade in diesen Zeiten – die Alternative. Die FDP scheint dagegen irgendwie zwischen die Stühle gefallen zu sein.

  2. Herr Kubicki ist der 24 Stunden Mann. Neben seiner Anwaltstätigkeit, Tätigkeit als Bundestagsvize und Parteivize der FDP hat er noch Zeit gefunden ein Buch zu schreiben (oder hat er es schreiben lassen?). Anders rum gefragt scheinen seine multiple Tätigkeiten nicht sehr viel Zeit in Anspruch zu nehmen. Damit stellt sich zwangsläufig die Frage nach der Entlohnung und der Angemessenheit derselben. Ist schon ein Tausendsassa dieser Kubicki. Solche Leute braucht das Land.

  3. Moment Kubicky behauptet ernsthaft es bestehe keine Gefahr,dass der Staat Zensur ausübt?
    Als Parlamentarier sollte er doch schon mal etwas vom NetzDG gehört haben.

    • Schon mal das NetzDG gelesen, oder meinen Sie die unsaubere Umsetzung?

      Beim NetzDG geht es um die Unterbindung rechtswidiger Inhalte, die schon immer verboten waren. Das NetzDG verlangt nicht, dass unliebsame Meinungen gelöscht werden.

      Meine Meinung zu Facebook, Twitter &Co:
      Der dort abgeladene Müllberg ist so groß, dass man die Plattformen ganz schließen sollte. Meinung muss damit gar nicht verloren gehen. Man muss sie nur in anderem Kreis artikulieren und vor allem bündeln. Politiker, die diese Meinungen interessieren sollen, können schließlich nicht tagtäglich Zehntausende Kommentare lesen und berücksichtigen.

      Früher gab es ohne Facebook auch Meinungen, aber sie wurden effizienter verarbeitet – und die Spaltung der Gesellschaft, Hass und Hetze brachen sich nicht derart Bahn.

  4. Ich zitiere mal den Parteikollegen Marco Buschmann (FDP), der den Unterschied zwischen „wir“ und „sie“ gut herausarbeitet: „Und glauben SIE ja nicht, dass WIR uns das gefallen lassen. Wir werden alle bestehenden rechtlichen Instrumente nutzen, um UNS dagegen zu wehren – und wenn die nicht ausreichen sollten, dann werden WIR sie erweitern.“ (Quelle: https://www.facebook.com/derspiegel/videos/1079339705863061/ ab ca. 17:40).
    Schön, dass das mal geklärt wurde. Ich hoffe Frau Merkel honoriert das auch entsprechend in der nächsten GroGroKo.

  5. Er kann hier gerne ein Interview geben. Ich sehe es mittlerweile so, dass jeder selbst dafür verantwortlich ist, was er glaubt und was nicht. Wenn die Mainstream-Medien weiterhin brutalst möglich framen, so ist doch keiner gezwungen, dass zu glauben.

  6. Es ist doch immer das Gleiche. Irgendeine Meinung wird als Nazi erkannt und es wird entsprechend reagiert. Sei es die Eurorettung. Sei es die Flüchtlingsrettung. Sei es das Klima. Sei es die Energiewende. Sei es nun Corona. Auch die GEZ kann locker zu so einem Nazi-Thema werden. Es läuft immer das gleiche Spiel ab. Und die Leute, die gestern noch schön im Mainstream schwammen, sind heute überrascht, was denn da vorgehe. Es geht aber schon lange vor. Sie waren bisher nicht betroffen, weil sie keine abweichende Nazi-Meinung hatten.
    Die Frage ist, ob man diesem gebalten Angriff Stand halten kann. Nur darum geht es. Können das aktuell z.B. Polen und Ungarn? Die Antwort weiß ich nicht. Kann es GB unter Johnson? Bisher schon. Trump in den USA jedenfalls tat es. Und auch jetzt noch kämpft er für den Sieg.
    Das Jammern „Die sind so böse“ ist jedenfalls absolut sinnlos und im Grunde peinlich. Oder soll man der SED und Mielke vorwerfen, dass sie mit ihrer Macht ihren Willen durchsetzten?

    • In der Tat: wer heutzutage anderer Meinung als die Bundesregierung ist, diese sogar zu kritisieren wagt, gilt schnell als „Nazi“. Auch Kritiker der Corona-Maßnahmen gelten als „rechts“, ergo „Nazi“, sollen also von „Antifas“ bekämpft werden. Und in den öffentlich-rechtlichen Medien findet ein kontroverser Diskurs mit „Rechten“ nicht mehr statt. Dieses Land verabschiedet sich in hoher Geschwindigkeit vom zivilisierten streitigen politischen Diskurs.

  7. Herr Kubicki hat einiges gut beobachtet.

    Wir bräuchten einen neuen Anstand, der nicht an Themen, Inhalten, politischen Präferenzen und Bekenntnissen gemessen wird sondern der Art der Kommunikation und des Umgangs.

    Ob eine Meinung oder Haltung die richtige ist, darüber kann sich sowieso keiner sicher sein, der nicht der Stein der Weisen gefunden hat, wie er die Menschheit glücklich machen kann. Keine der Ideologien oder politische Richtung, die die Welt nur aus ihrer „einzig wahren“ Perspektive betrachet, wird das je schaffen.

    Ein politisches Ziel kann richtig oder falsch sein. Das ist zunächst nur Theorie. Wir wissen es auch nach längerer Zeit noch nicht, denn die Zeit geht immer weiter, während sich die Ergebnisse sowie die Erfahrungen fortwährend ändern. Aber der Umgang, den wir pflegen, damit leben wir jetzt und sofort.

  8. Man dürfe alles sagen, es höre halt keiner zu?
    Wie kann es dann sein, dass in einem Rechtsstaat eine wissenschaftliche Konferenz zum Thema Klimawandel (Eike), auf der Beiträge zu erwarten sind, die nicht der Regierungslinie entsprechen, kaum stattfinden kann, weil die Betreiber der Veranstaltungsorte bedroht werden und dann einen Rückzieher machen? Bedroht wohlgemerkt von Antifatruppen, die teilweise staatlich gefördert werden? Ebenso verhält es sich mit Parteiveranstaltungen einer zugelassenen Partei. Oder Lesungen von Sarrazin usw. usw….
    Was das Demonstrationsrecht angeht: Ja, der Basketballer Saibou durfte demonstrieren, wurde aber dann entlassen. Es gibt noch etliche dieser Beispiele. Dass Kubicki dieses abgestandene Argument „man darf doch demonstrieren“ benutzt, bringt mich dazu, sein Buch nicht zu kaufen.

  9. Grundsätzlich finde ich Buchwerbung ja in Ordnung. Aber wieso kann man denn nicht für gut Bücher werben?

  10. Man / frau liest und hört immer wieder die Formulierung :
    “ Unsere Demokratie “
    Wir haben aber keine ehrliche , aufrechte Demokratie ….
    Wir leben in einer Staatsform , die von der Gnade , nach
    der Vorstellung , und nicht zuletzt zum Vorteil der real existierenden
    Parteien gestaltet wurde und weiterhin wird .
    Diese Art des Regierens geht nur so lange gut , so lange noch
    etwas Geld vorhanden bzw. das Geld etwas wert ist .
    Dann , aber , könnte es arg werden …..

  11. Kubicki lügt oder verstellt sich. Wenn er den Meinungsstreit für so wichtig hält, dann sollte er ihn auch führen. Heute habe ich ein Interview von ihm gesehen, in dem er sich über die AfD-Gäste im Bundestag auslässt. Man könnte meinen messerschwingende Islamisten wären das kleinere Übel gewesen, wenn man ihm zuhört. Weder über die Aktionen von Greenpeace und dieser anderen Umwelttruppe habe ich ihn so empört gesehen. Der verkauft die Leute für dumm, so wie fast alle Politiker.

  12. Kubicki seht im Parlament das Vorbild, gar für Meinungsstreit?
    Lächerlicher geht es ja kaum mehr, wenn man sich nur die aktuellen Aktivitäten da anschaut. Anwesenheiten knapp über der Nulllinie,Informiertheit zu komplexen Themen nicht viel höher, abnicken, durchwinken und hin und wieder mal mächtig Drama, vorzugweise bei AfD-Bezug. Mittendrin Kubicki, der zu allem und jedem eine Meinung hat und sich damit stets gern produziert.

    • Ich gehe davon aus, dass „und sieht im Parlament das Vorbild.“ eine treffende Zusammenfassung des Position des Herrn Kubiki ist, seine mageren Einschränkungen „das liegt am Ablesen vom Blatt“ gehen am Kern vorbei und sind geschenkt.

  13. Gefestigt Demokratie? Vielleicht sollte mal irgendjemand Herrn Kubicki erklären, was eine Demokratie ist. Was hier, wie auch leider auch auf Achgut bei manchen Autoren und nun sogar bei einem Bundestagsvizepraesidenten warum auch immer ausgeblendet wird, bei Montesqueue nachzulesen waere, ist das, was eine Demokratie vor allem anderen ausmacht, die Gewaltenteilung und (dadurch) Gewaltenkontrolle. Man koennte auch die Befristung der Macht, zumindest deren moegliche Beendigung durch den Demos dazunehmen. Und sehr interessant ist Art 20 GG, wo irgendetwas vom Souverän und dessen alleinige Macht enthalten ist. Falls Herr Kubicki und/oder der Gesprächspartner ernsthaft meinen, dass diese Bedingungen hierzulande faktisch (noch) gegeben sind, eruebrigt sich jeder weitere Kommentar. Auf die „undemokratischen“ Übergriffe von Institutionen der EU sei nur hingewiesen. Vermutlich glaubt Herr Kubicki auch noch an einen funktionierenden Rechtssaat oder genauer an den Schutz der Buerger gegen illegale (formal segnet der BT alles ab, was Merkel verlangt) Grundrechtseingriffe. Das laeuft in Diktaturen zumindest zu Beginn uebrigens aehnlich. Und die soziale Vernichtung bei Ausuebung der Meinungsfreiheit ist ihm wohl auch entgangen. Ich empfehle ihm dringend einen gründlichen Blick in die Realitaet dieser Republik. Da winken Überraschungen.

  14. Zitat: „Meine Generation ist durch die großen Parlamentsdebatten in den 60er und 70er Jahren politisiert worden.“
    Herr Kubicki, Sie gehören für mich zu den grössten Denkern der Deutschen Politik. Aber haben Sie sich schon mal die logische Frage gestellt, warum Sie „politisiert“ und genau eben nicht „demokratisiert“ worden sind?
    Würde in Deutschland nicht systematisch „Demokratie“ mit „Politik“ gleichgesetzt, wüsste man auch was Demokratie im Sinne des Wortes ist.
    In einer Demokratie ist das Volk der Souverän und nicht das Recht, die Verfassung oder das Gericht dazu. Es müsste kein Verfassungsgericht geben, wenn es eine Gewaltenteilung zwischen Exekutive und Legislative in Deutschland gäbe.
    Ein Verfassungsgericht ist nicht Justiz, sondern Politik. Es befasst sich nicht nur mit Gesetzgebung wie die Politik, sondern kennt auch keine Fristen wie die Justiz. Solange über den gewählten Personen noch zwei Handvoll Richter das letzte Wort haben, was in ein Gesetzbuch geschrieben werden soll, kann man nicht von Demokratie sprechen.

  15. „In Deutschland gibt es noch nicht diese zwei festen Blöcke, die sich gegenüberstehen und deren Anhänger nicht mehr miteinander sprechen können und sich nicht mehr zuhören.“

    In der Wahrnehmung Herrn Kubickis mag das so sein, aber liegt es womöglich daran, daß er, wenn er so in Talkshows behaglich sitzt, nicht mit Gegner konfrontiert wird – weil die nicht eingeladen sind?
    Weil seine FDP nicht so auf dem Schirm der Antifa ist, wie die tatsächliche Oppositionspartei?
    Weil er keinen Kollegen Bundestagsvizepräsidenten hat, der tatsächlich andere Meinungen verficht?

    Nene, lass gut sein, alter, weißer Mann…

  16. Debatten im Bundestag – braucht man sie überhaupt? Die Mehrheiten stehen ja schon von vorneherein fest. Irgendwelche vorgeschriebenen Reden vorzulesen – wer braucht das? Es wird halt nur ein Formalismus abgearbeitet. Ändern tut sich deshalb ja nie irgend etwas. Meiner Meinung eine völlig überteuerte Ämterpatronage für nichts und wieder nichts. Wie ich schon sagte, die Mehrheiten stehen ja schon fest. Vergleichbar dem ö.r. Funk, da gibt es auch viele Pöstchen wo es jede Menge abzugreifen gibt und eine Wichtigkeit vorgetäuscht wird die niemand braucht.Beim Infektionsschutzgesetz hat man ja gesehen dass der ganze Bürokratieapparat eher hinderlich ist. Der Fraktionszwang steht der Gewissensentscheidung des Abgeordneten entgegen. Steht zwar anders im Grundgesetz, aber Papier ist halt geduldig. Der Bundestag ist halt eine Goldgrube für „wichtige Politiker“. Da kann selbst das Coronavirus keinerlei pekuniären Schaden anrichten. Das heißt schon etwas.

  17. …ich kann Ihnen da nur zustimmen
    …was die Parteien da in das Parlament entsenden (ueber 60 % Liste, also sklavisch vom „F-Chef“ abhängig), ist bis auf die Abgeordneten der AfD, unserem Land unwuerdig
    …in einem Kindergarten geht es gesitteter zu!

  18. Ein Ausriss aus der ersten Antwort auf die Frage von H. Sasse: „…die Moeglichkeit, soviel oeffentliche Buehne fuer seine geistigen Erguesse, wie er moechte. Und seien sie noch so ekelhaft, simpel oder dumm.“
    …das zeigt deutlich, neben einer diesem Herrn eigenen sprachlichen Schnodrigkeit, die vielleicht auf seinem Segelboot durchgeht, wenn er da -Kapitaen- spielt, mit welcher Arroganz diese Person unterwegs ist.
    …dass er bei den „Erguessen“ die riesige Menge an -vernuenftigem Denken und Resonieren nicht beachtet (oder auch nicht beachten will), darauf kommt der uns honorig gepamperten Vizepraesident wohl nicht mehr
    …es erschließt sich einem nicht, warum solche Politikdarsteller, die ja schon in der Vergessenheit verschwunden waren, neuerdings wieder beachtet und auch immer staerker hochgeschrieben werden? Und das wegen eines weiteren kleinen „Buechleins“, das sich einreiht in die Politikerautoren-Massenware und die sicher kaum jemand in die Hand nimmt oder kauft
    …es ist deshalb eher zu vermuten und das bereits seit einiger Zeit, dass mit solchen -Setzungen- der FDP „unter die Arme gegriffen werden soll“ um der Partei und damit auch dem Buchautor in den naechsten BT zu verhelfen
    …es waere bedauerlich, wenn sich dieser Eindruck noch weiter verfestigen wuerde

  19. Immerhin hat Herr Kubicki wahrgenommen, dass Meinungen nicht unbedingt von anderen wahr- und ernstgenommen werden. Bezüglich der Zensur scheint er aber auf einer Insel der Glückseligen zu wohnen. Eigentlich hätte er die Verabschiedung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes wahrnehmen müssen. Möglicherweise hatte er aber noch nicht dasVergnügen, dass seine und die Äußerungen derer, die er in den asozialen Medien konsumiert, auf einmal abhanden gekommen sind.

  20. Wenn Herrn Kubicki wirklich so viel am Meinungsstreit liegt, dann müsste er als Vizepräsident sich erst mal für die Chancengleichheit der Meinungsstreitenden einsetzen und zwar öffentlich. Dann zum Beispiel, wenn der AfD immer wieder ein Vizepräsident verweigert wird. Dafür müsste er sich zu allererst einsetzen, immer wieder und immer wieder, und das mit aller Leidenschaft, bevor er anfängt, von Meinungsfreiheit zu sprechen.

    • Absolute Zustimmung! Mehr Unglaubwürdigkeit als von diesem Parlamentssitzinhaber ist schwer zu finden. Die Heuchelei in diesem „Interview“ ist unerträglich.

  21. Ich habe mir das nicht bis zum Schluss richtig durchlesen können, sondern es nach einer Weile nur noch diagonal. Ich kann von Monat zu Monat von Tag zu Tag mir immer weniger so ein Gesäusel anhören. Okay, da hat der Herr Kubicki ein Buch geschrieben und meint, dass der Meinungsfreiheit in Gefahr wäre. Schön und gut. Er darf gern ein Buch schreiben. Ich habe aber keinerlei Achtung vor Menschen, die im Buch im Prinzip vieles richtig sehen, aber in der Praxis sich nicht daran halten. Von solchen Menschen haben wir genug im Lande. Wieso kämpft er dann in seiner Partei und als Bundestagsvize nicht dafür, dass andere Meinungen auch gehört werden? Wieso praktiziert er als FDP mit seinem Parteivorsitzender solch kindisches Gebaren gegen die AfD. Ich erinnere nur an das Kindergartentheater mit der Sitzordnung im Parlament. Warum stimmt er und seine Partei nicht für Vorschläge der AfD wenn sie gut und richtig sind? Trägt er nicht selbst zur Lagerbildung bei? Ich kann auch nicht fassen, dass er meint, die Demokratie in Deutschland wäre gefestigt? Wie kommt er darauf. Seine FDP ist ihrem gewählten Landesfürsten in den Rücken gefallen, weil Merkel es so angeordnet hat. Auch das sogenannte Bevölkerungsschutzgesetz ist doch ein Beleg dafür. In einer Stunde wird es durch das Parlament gepeitscht, der Bundesrat segnet es gleich danach ab und der BuPrä unterschreibt es auch gleich danach. Das hat doch mit Demokratie nichts zu tun. Das Parlament hat sich schon seit längerem zur Ja-Sager-Bude der Kanzlerin entwickelt, auch mit den Stimmen der FDP. Lenin sagte schon, dass Parlamente bürgerliche Schwatzbuden wären und genau dorthin hat sich das deutsche Parlament selbst degradiert. Da kann ich mich doch nicht hinstellen und sagen, dass es um die Meinungsfreiheit schlecht bestellt wäre, wenn ich im Parlament nicht die Regierung kritisiere, sondern die AfD. Wenn ich als FDP und Bundesvize es zulasse, dass Menschen, die friedlich demonstrieren diffamiert werden, mit Wasserwerfern gepeinigt, dass ein alter Mann, der die Hände in den Tasche hatte am Hals gepackt wird und zu Boden geworfen wurde und eine alte Frau heftig zurück geschubst wurde. Das ist dann die Meinungsfreiheit? Du kannst alles sagen, Hauptsache du sagst, was ich dir vorgebe? So war es in der DDR. Die Bilder zur Berlin-Demo waren überaus verstörend und für die Polizei habe ich jetzt sehr respektlose Ausdrücke. Das ist nicht tolerierbar. Höre ich von der FDP etwas dagegen? Nein! Ich will jetzt nicht sagen, was mir über Herrn Kubicki auf der Zunge liegt.

  22. Ja, die Herrschaften von der FDP haben am Mittwoch in der Volkskammer, nachdem sie zuvor gewaltig die Backen aufgeblasen haben, mit Enthaltung zum Ermächtigungsgesetz Haltung gezeigt. Die mutige Truppe kann mir gestohlen bleiben.

  23. Ganz ehrlich, wenn ich das dessinteressierte Pack sehe, was sich RT lümmelt, und wie geisteskrank mit dem Smartphone spielt, dann hat das mit Diskussion und Meinungsstreit überhaupt nichts mehr zu tun. Von mir aus kann dieses Land komplett abgeschafft werden. Ich bin in der Lage für mich selbst zu sorgen, und gehöre nicht zu diesen Hartz4 Verbrechern, die ohne Ausweise ins Land kommen, oder schon hier gelebt haben, und sich auf meine Kosten einen faulen Tag machen. Ich brauche auch niemanden von diesen Pappnasen im RT, die da nur dumm rumsitzen, und darauf warten, dass irgendwann ihre Pension gezahlt wird. Inzwischen stinkt der Fisch nicht nur am Kopf, auch die letzte Schwanzflosse ist Abfall.

    • Schön beschrieben. Wenn ich so auf die Besetzung des Hohen Hauses bei den Fraktionen der etablierten Parteien blicke, dann kann ich mich auch des Eindrucks nicht erwehren, dass die meisten dort vor allem wegen 15.000 Euro Netto in Monat zuzüglich Sonderprivilegien und Aussicht auf üppige Altersversorgung sitzen und nicht weil sie irgendetwas in diesem Land zum Guten wenden wollen.

  24. Was ich heute morgen im Bundestag an Hasstiraden einzelner Politiker der Altparteien gegenüber den Abgeordneten der AfD gehört habe, hat mich dermaßen entsetzt, dass ich jetzt über das Erscheinen der Analyse von einem der noch wenigen verbliebenen loyalen Politiker des deutschen Bundestages sogar dankbar bin. Aber kann diese Analyse überhaupt noch etwas bewirken? Ich bin überzeugt, dass das vermeintliche Fehlverhalten von Störern (was ich nicht beurteilen kann) zum Anlass genommen wurde, den AfDlern den seit Jahren angestauten Unmut, ja Hass, über deren Einzug in das Parlament in einer dermaßen würdelosen Weise entgegen geschleudert wurde, dass ich das Gefühl hatte, hier läuft etwas Grundlegendes falsch. Beispiele: Die AfD sei die Fortsetzung der NSDAP oder Patrick Schnieder, CDU wörtlich:“Der Kampf der Demokraten gegen die Undemokraten (AfD) beginnt jetzt.“ Und es ist auffällig, dass der ÖR diese und andere verletzende Diffamierungen in der Berichterstattung auslässt, um sein politisches Klientel zu“schützen“. Dafür zeigt man die empörten AfD-Abgeordneten, insbesondere den stets souverän auftretenden Herrn Hampel mit seinem Aufschrei „Ich bin doch kein Nazi.“ Viele Abgeordneten der Altparteien haben heute die Bühne des demokratischen Miteinanders und Anstandes endgültig verlassen. Und: Für Politiker dieses Typus habe ich 1989 nicht auf der Straße gestanden.

    • Sie sprechen mir aus dem Herzen. Ich frage mich auch immer wieder, warum ich 1989 auf der Straße war, wenn dieses Ergebnis herausgekommen ist. Vom Regen in die Traufe sage ich immer.

  25. Und ich dachte bisher immer, Demos müssen nur angemeldet aber nicht genehmigt werden. Herr Kubicki ist Jurist und wird es wohl wissen, oder? Habe ich etwas nicht mitgekriegt?

    • Genau so hatte ich das gemeint. Das mit den ‚totalitären Staaten‘ hatte ich auch als erstes im Sinn, habe es dann aber doch nicht nicht geschrieben, weil nicht sicher, ob ich nicht langsam paranoid werde. Nun, falls dem so ist, bin ich jedenfalls nicht der einzige.

  26. „Als Alexander Gauland sagte, die frühere Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz, solle in Anatolien „entsorgt werden“, habe ich das kritisiert und gesagt, so eine Aussage verstoße gegen die Menschenwürde. Dafür habe ich große Zustimmung im Bundestag erhalten. Als vor einigen Monaten eine Journalistin der taz schrieb, Polizisten gehörten auf den Müll, habe ich ebenfalls dagegen protestiert. Die Folge war ein Shitstorm bei Facebook – im Grunde für dieselbe Aussage.“
    Hoppsa – Anatolien ist also Kubicki zufolge eine Müllkippe? Das ist interessant…
    Für mich gibt es einen ganz erheblichen Unterschied zwischen diesen beiden Aussagen!

  27. „dass die Meinungsfreiheit eingeschränkt wird oder der Staat Zensur ausübt.“
    Der erste Teil der Aussage erinert mich an Idi Amin, auch so eine Lichtgestalt der menschlichen Geschichte: „I can guarantee freedom of speech. I can not guarantee freefom after speech.“
    Und der Staat übt vielleicht (noch) keine direkte Zensur aus – die Methoden sind feiner, man lässt zensieren (NetzDG & Co.)

  28. „In Deutschland gibt es noch nicht diese zwei festen Blöcke, die sich gegenüberstehen und deren Anhänger nicht mehr miteinander sprechen können und sich nicht mehr zuhören.“
    Wo lebt dieser Mann? Seit die AfD im BT und in den LTen sitzt wird sie dort auf übelste Art und Weise beschimpft, verlacht, verhöhnt und ausgegrenzt. Den Fraktionen zustehende Stellen werden vorenthalten, Anträge werden konsequent abgelehnt, weil sie von der AfD kommen – um ein paar Monate später wenig abgeändert als „auf dem eigenen Mist gewachsen“ wieder zur Diskussion gebracht zu werden. Auch außerhalb des Politikbetriebs werden AfD-Mitglieder und immer öfter auch deren Anhänger ausgegrenzt – ob das noch so viel besser ist als in den USA als Trump-Anhänger wage ich zu bezweifeln.
    Dass umgekehrt vielleicht auch AfDler nicht immer Samthandschuhe überstreifen kann schon sein – aber *das* ist ein Kampf David gegen Goliath.

    • Und weil es in Deutschland eben doch zwei feste Blöcke gibt, muß man sich entscheiden. Und das müssen besonders diejenigen tun, denen das in allen Farben schillernde sozialistische Mehrheitsbündnis, beurteilt nach ihren Glanzleistungen der letzten 10 Jahre, nicht mehr akzeptabel erscheint, weil es den Bürgern die Luft zum Leben in selbstbestimmter Freiheit nimmt, die aber zu feige sind, daraus Konsequenzen zu ziehen. Die müssen sich, um das Schlimmste noch zu verhindern, dazu durchringen, von mir aus mit gerümpfter Nase, das viel kleinere Übel zu stärken. Und das scheint mir zur Zeit die AFD zu sein, weil ich nicht erkennen kann, dass diese Leute die demokratische Grundordnung abschaffen wollen, geschweige denn in der Lage dazu sind, was die andere Truppe offenbar mit ihren Notstandsgesetzen gerade in dieWege leitet. Ich will nicht in einer DDR 2.0 leben mit einer Staatsratsvorsitzenden. Ich will meine persönliche Freiheit wieder haben und sagen dürfen, was ich denke, ohne an den öffentlichen Pranger zu kommen. Und es ist lächerlich und kindisch aus ein paar Leuten, die Abgeordnete „belästigen“, einen Umsturzversuch und Beleidigung des Hohen Hauses zu konstruieren. Wie albern!

  29. Wenn man die gestrige Abstimmung als Beispiel nimmt, taugt der Bundestag nur noch als Vorbild für einen KP-Parteitag nach dem Vorbild der KPdSU oder der SED.

  30. „Wolfgang Kubicki: Ich kann mich an keine Phase in der Geschichte der Bundesrepublik erinnern, in der es um die Freiheit der Meinung so schlecht bestellt war wie heute.“
    Vollkommen richtig, Herr Kubicke, und Sie als Vizepräsident des Deutschen Bundestags sind an dieser Einschränkung der Meinungsfreiheit aktiv beteiligt. Insbesondere, wenn es um die verhaßte politische Konkurrenz namens AfD geht.

  31. Nachdem Herr K. bei dem Schmierentheater um „Bundestagsnötigung“ mitgemacht hat, sollte er jetzt einfach den Mund halten. Es gibt genug Leute der Kategorie „wasch mich, aber mach mich nicht nass“.

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