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Liebe Freunde in Berlin!

Hermann Hesse: Winterbrief aus dem Süden 1920

11.01.2018

| Lesedauer: 5 Minuten
Der Erste Weltkrieg, den die Briten den Großen Krieg nennen, war kaum vorbei, die gewaltigen Umwälzungen begannen erst, da schrieb Hesse diesen Brief. Er regt zum Nachdenken an.

Ja, im Sommer war es hier anders. Da saßen die Landsleute, welche die eleganten Hotels von Lugano füllen, beklommen in den kleinen Schattenkreisen der Platanen am See und dachten bekümmert an Ostende, während. unsereiner mit einem Stück Brot im Rucksack den herrlichen Sommer genoß. Und wie liefen damals die glühenden Tage weg, wie waren sie flüchtig und vergänglich!

Immerhin, auch jetzt noch gibt es Sonne hier, und auch jetzt noch sind wir bei ihr zu Gast. Ich schreibe diese Zeilen an einem der letzten Dezembertage, vormittags elf Uhr, im dürren Laub an einer windgeschützten Waldecke an die Sonne gestreckt. Das dauert so bis drei Uhr, auch vier Uhr, aber dann wird es kalt, die Berge hüllen sich in Lila, der Himmel wird so dünn und hell wie nur im Winter hier, und man friert elend, man muß Holz in den Kamin stecken und ist für den Rest des Tages an den Quadratmeter vor der Kaminöffnung gebannt. Man geht früh zu Bett und steht spät auf. Aber diese Mittagsstunden an sonnigen Tagen, die hat man doch, die gehören uns, da heizt die Sonne für uns, da liegen wir im Gras und Laub und hören dem winterlichen Rascheln zu, sehen an den nahen Bergen weiße Schneerinnen niederlaufen, und manchmal findet sich im Heidekraut und welken Kastanienlaub auch noch ein wenig Leben, eine kleine verschlafene Schlange, ein Igel. Auch liegen da und dort noch letzte Kastanien unter den Bäumen, die steckt man zu sich und legt sie am Abend ins Kaminfeuer.

Jenen Schiebern, die im ‚Sommer so bekümmert an Ostende dachten, scheint es recht gut zu gehen. Das Blatt hat sich gewendet, jetzt sind sie obenauf. Ich hatte neulich Gelegenheit, mir das ein wenig anzusehen. Ich war in eines der großen Hotels zum Mittagessen geladen.

Also ich kam in das große Hotel. Es war herrlich. Ich zog meinen besten Anzug an, meine Wirtin hatte mir schon tags zuvor das kleine Loch im Knie mit etwas blauer Wolle zugestochen. Ich sah gut aus und wurde tatsächlich vom Portier ohne Schwierigkeiten eingelassen. Durch gläserne lautlose Flügeltüren floß man sanft in eine riesige Halle wie in ein luxuriöses Aquarium, da standen tiefe, ernste Sessel aus Leder und aus Samt, und der ganze riesige Raum war geheizt, wohlig warm geheizt, man trat in eine Atmosphäre wie einst im Galle Face auf Ceylon. In den Sesseln da und dort saßen gutgekleidete Schieber mit ihren Gattinnen. Was taten sie? Sie hielten die europäische Kultur aufrecht. In der Tat,  hier war sie noch vorhanden, diese zerstörte, vielbeweinte Kultur mit Klubsesseln, Importzigarren, unterwürfigen Kellnern, überheizten Räumen, Palmen, gebügelten Hosenfalten, Nackenscheiteln, sogar Monokeln. Alles war noch da, und vom Wiedersehen ergriffen wischte ich mir die Augen. Freundlich lächelnd betrachteten mich die Schieber, sie haben das schon gelernt, unsereinem gerecht zu werden. In der Miene, mit der sie mich betrachteten, war Lächeln und leiser Spott sehr diskret mit Artigkeit, Schonung, sogar Anerkennung gemischt. Ich besann mich, wo ich diesen seltsamen Blick schon einmal gesehen habe? Richtig, ich fand es wieder. Diesen Blick, mit dem der Kriegsgewinner das Kriegsopfer betrachtet;‘ hatte ich während des Krieges in Deutschland oft gesehen. Es war der Blick, mit dem damals die Kommerzienrätin auf der Straße den verwundeten Soldaten betrachtete. Halb sagte er «Armer Teufel!», halb sagte er «Held!», Halb war er überlegen, halb war er scheu.

Mit der Heiterkeit und dem guten Gewissen des Besiegten betrachtete ich mir die Reihen der Schieber. Sie sahen prächtig aus, besonders die Damen. Man dachte an prähistorische Zeiten, an Zeiten vor 1914, wo wir alle diesen elegant-saturierten Zustand für den selbstverständlichen und einzig wünschenswerten hielten.

Mein Gastgeber war noch nicht erschienen. So näherte ich mich einem der Schieber, um ein wenig zu plaudern. «Grüß Gott, Schieber», sagte ich. «Wie geht’s?»

«Oh, recht gut, nur ein wenig langweilig zuzeiten.

Manchmal könnte ich Sie beneiden mit Ihrem blauen Flicken auf dem Knie. Sie sehen aus wie ein Mann, der nichts von Langeweile weiß.»

«Ganz richtig. Ich habe unheimlich viel zu tun, da vergeht die Zeit schnell. Jeder hat eben seine Rolle.»

«Wie meinen Sie das?»

«Nun, ich bin Arbeiter, und Sie sind Schieber. Ich produziere, und Sie telephonieren. Letzteres bringt mehr Geld ein. Dafür ist das Produzieren weit lustiger. Gedichte zu machen oder Bilder zu malen ist ein Genuß; wissen Sie, eigentlich ist es gemein, dafür auch noch Geld zu verlangen. Ihr Beruf ist, angebotene Waren mit hundert Prozent Aufschlag weiter anzubieten. Das ist gewiß weniger beglückend.»

«Ach Sie! Sie haben immer so etwas Mokantes, wenn Sie mit mir reden. Geben Sie nur zu, Männeken, im Grunde beneiden Sie uns sehr, Sie mit Ihren geflickten Hosen!»

«Gewiß», sagte ich, «ich bin oft neidisch. Wenn ich gerade Hunger habe und sehe euch hinterm Schaufenster Pasteten fressen, dann beneide ich euch. Ich halte viel von Pasteten. Aber sehen Sie, kein Genuß ist so flüchtig, ist so lächerlich vergänglich wie der des Essens. Und so ist es im Grunde auch mit den schönen Kleidern, den Ringen und Broschen, den ganzen Hosen! Es macht ja Spaß, einen schönen neuen Anzug anzuziehen. Aber ich zweifle, ob dieser Anzug Sie den ganzen Tag beschäftigt, erfreut und beglückt. Ich glaube, ihr denkt oft ganze Tage lang an eure Bügelfalten und Brillantknöpfe gerade sowenig wie ich an mein geflicktes Knie. Nicht? Also was habt ihr schon davon? Die Heizung allerdings, um die sind Sie zu beneiden. Aber wenn die Sonne scheint, auch jetzt im Winter, weiß ich eine Stelle bei Montagnola, zwischen zwei Felsen, da ist es dann so windstill und so warm wie hier in Ihrem Hotel und viel bessere Gesellschaft, und kostet nichts. Oft findet man sogar noch eine Kastanie unterm Laub, die man essen kann.»

«Na, mag sein. Aber wollen Sie davon leben?»

«Ich lebe davon, daß ich produziere, daß ich Werte in die Welt setze, seien es noch so kleine. Ich mache zum Beispiel Aquarelle, ich wüßte niemand, der hübschere macht. Man kann von mir für eine Kleinigkeit Gedichtmanuskripte kaufen, die ich selber mit farbigen Zeichnungen schmücke. Ein Schieber kann nichts Klügeres tun, als solche Sachen kaufen. Wenn ich übers Jahr tot bin, sind sie das Dreifache wert.»

Ich hatte es im Scherz gesagt. Aber den Schieber ergriff die Angst, daß ich Geld von ihm haben wolle. Er wurde zerstreut, hustete viel und entdeckte plötzlich am fernsten Ende des Saals einen Bekannten, den er begrüßen mußte.

Liebe Freunde in Berlin, erspart es mir, das Mittagessen zu schildern, das ich nun mit meinem Gastgeber genoß! Weiß und gläsern leuchtete der Speisesaal, und wie hübsch wurde serviert; wie gut aß man, und was für Weine! Ich schweige davon. Es war ergreifend, die Schieber essen zu sehen. Sie legten Wert auf Haltung, sie beherrschten sich schön. Sie aßen die delikatesten Bissen mit Gesichtern voll ernster Pflichterfüllung, ja lässiger Verächtlichkeit, sie schenkten sich Gläser aus alten Burgunderflaschen voll mit gelassenen und etwas leidenden Mienen, als nähmen sie Medizin. Ich wünschte ihnen dies und jenes, während ich zusah. Eine Semmel und einen Apfel steckte ich mir ein, für den Abend.

Ihr fragt, warum ich denn nicht nach Berlin komme?

Ja, es ist eigentlich komisch. Aber es gefällt mir tatsächlich hier besser. Und ich bin so eigensinnig. Nein, ich will nicht nach Berlin und nicht nach München, die Berge sind mir dort am Abend zu wenig rosig, und es würde mir dies und jenes fehlen.

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35 Kommentare

  1. … ach ja, das wichtigste habe ich vergessen. Es ist schön, auf TE einen kulturellen Beitrag zu lesen. Denn darum geht es uns hier doch: Die Mehrzahl der Leser hier sind ganz offensichtlich weder Ausländerfeinde noch Reaktionäre, sondern begeisterte Anhänger der westlichen Kulturtradition, die wir in Gefahr sehen. Deshalb ist TE eigentlich DER publizistische Ort, wo über unsere Kultur gesprochen werden sollte.
    Also bitte mehr davon! Die Kulturberichterstattung in anderen Publikationen ist mehr und mehr verflacht und linksgrün politisiert, was einem das Lesen verleidet.
    Es wäre ein lohnendes Unterfangen für TE, auch zu dieser linken Fehlentwicklung ein Gegengewicht zu liefern. Ich bin sicher, hier gäbe es genug Leute, die dazu beitragen könnten.
    Denn es ist höchste Zeit, dieser linken Kultur-Barbarei etwas entgegen zu setzen. Shakespeares „Kaufmann von Venedig“ und sein „Der Widerspenstigen Zähmung“ werden kaum mehr aufgeführt – aus naheliegenden Gründen der politischen Korrektheit.
    Mark Twain wird bowdlerisiert, wie vieles andere auch.
    Können wir nicht dahin zurück, dass Kunst Kunst ist und nicht von ihr erwartet werden kann, dass sie „richtige“ Lebenseinstellungen vermittelt? Sehen wir uns doch Shakespeare und Molieres „Les femmes savantes“ an, bewundern wir sie als Kunstwerke und kritisieren wir meinetwegen den Inhalt, aber bewundern wir sie für ihre Brillanz.
    Und hören wir auf, Wagners Musik abzulehnen, weil Wagner Antisemit war. Gauguin war Börsenhai, Rimbaud Waffenhändler, François Villon wohl gewöhnlicher Verbrecher. Sollen wir deshalb ihre Bilder oder Gedichte ablehnen?

  2. Lugano – das praktisch um die Ecke liegt von da, wo ich wohne – ist leider nicht mehr so schön wie früher. Der schweizer Beton-Fetischismus hat sein Werk getan, wie fast überall. Aber einige Kilometer weiter, auf kleinen Strassen ins Italienische, ist es noch traumhaft. -Ich habe Hesse schon als Schüler wegen seines „Glasperlenspiels“ bewundert. Eine abgehobene, nur um sich selbst kreisende, unproduktive Elite ergeht sich in leeren Ritualen. Das war schon mein Gefühl in den 60iger und 70iger Jahren des letzten Jahrhunderts, und es war nur die Fortsetzung dessen, was zu Hesses Zeiten schon im Ansatz zu beobachten war. Jetzt sind wir im Endstadium dieser Entwicklung.
    Endstadium, denn so kann es nicht weitergehen. Das ist das einzig Tröstliche an der Lage. Entweder, die westliche Zivilisation kriegt noch einmal die Kurve – oder das war’s.

  3. Hesse und Mann, Nobelpreistraeger und literarische Leitkultur, so wie ich sie mir vorstelle. Gerade in diesen Zeiten wieder sehr lesenswert der Briefwechsel Hesse – Mann, verlegt bei Suhrkamp. Insbesondere Hesse hat mir schon oft – schmunzelnd – gezeigt, wie schoen das einfache Leben sein kann. So ziemlich alles, was die beiden Groessen uns in der Klugheit und Schoenheit der Worte hinterlassen haben, werden mich lebenslang begleiden.

  4. Zwei Nobelpreisträger, auf die mir „Leitkultur“ vermitteln. Wir haben viele Größen, die sich in unser Herz geschrieben haben und Orientierungshilfe geben können. Ich empfehle den Briefwechsel Hesse – Mann, 141 Briefe, verlegt bei Suhrkamp 1999.
    Danke für diese literarische Atempause in diesen wirren Zeiten.

  5. Wie wär`s, wenn Ihr Hesse-Liebhaber hier Euch auch mal mit dem beschäftigt, was Hesse-Kritiker zu sagen haben?

    Erinnert sei hier an das Buch “ Kitsch, Konvenntion und Kunst“ von Karheinz Deschner, der sonst nur als Kirchenkritiker bekannt ist.
    Er analysiert seinen Schreibstil und hält ihn für einen Kitschier . Auch zitiert er Stellen von Hesse-Texten, in denen Hesse über sein Geschriebenes selber so urteilt: Im Grund war der ganze Tand gestohlen.

  6. Die Briefe Sammlungen von Hermann Hesse sind immer ein Quell der Erbauung. Leider war das erste Buch, das ich von ihm las in sehr jungen Jahren -Der Steppenwolf-. Ich Verstand gar nichts. Jahre später dann drückte mir eine Freundin, sie promovierte gerade in Frankfurt Bockenheim in Biologie und war ein paar Jahre älter als ich und um einiges gescheiter als ich, den Siddhartha von Hesse in die Hand. Sie meint, das wird dir gefallen. Ich las das Buch in einem Rutsch. Ich dachte, das ist wie eine Biografie über mein bisheriges Leben. Ich war gerade von einer längeren Asienreise zurück. Jahre später las ich den Steppenwolf noch mal und fand mich auch dort wieder. Was würde der gute Herrmann wohl über den Zustand Deutschlands von Heute denken? Ich vermute, er wäre verzweifelt. Wie ich auch.

  7. Ein Schieber sorgt doch dafür, daß besonders knappe Ware (zwangsläufig dann teurer) an den Verbraucher kommt. Im Grunde ist er ein Händler, der den Warenaustausch überhaupt erst ermöglicht und sich immer überlegen muß, ob und wo er etwas zu verschenken hat. In Deutschland gibt es den Schieber derzeit nicht. Das Land verschenkt lieber im Milliardenumfang eigene Güter an hunderttausende Okkupanten und tauscht dafür das hohe moralischen Selbstgefühl ein; sozusagen ein Hesse in Millionenausfertigung. – Hesse hat gewiß bessere Texte geschrieben als den ressentimentgeladenen und hochmütigen hier abgedruckten, der außer Moralisieren und ökonomischer Ahnungslosigkeit eigentlich nur einen neu erzählten Fabel-Fuchs zu bieten hat, der die Trauben abtut, weil er selber nicht an sie herankommt. Die Hesses und überhaupt Intellektuelle eines verträumt/verwirrt utopistischen Schlages tragen mit ihren oft verblendeten/verschrobenen Ansichten leider erheblich dazu bei, daß es zu den üblen Mangel-Zuständen dann auch noch die üblen ‚Schieber‘ gibt.

  8. Ja, der böse Händler und der gute Arbeiter! Das liest sich doch immer gern! Aber es ist genau dieses kleinbürgerliche und auch künstlerische Ressentiment, das die Nazis und die Kommunisten hervorgebracht hat. Dass Hermann Hesse im Jahre 1919 so empfunden hat, wundert nicht, aber das jetzt wieder hervorkramen?

    Nach dem beispiellosen Aufstieg Deutschlands durch das Wirtschaftswunder der deutschen Marktwirtschaft, nach der ebenfalls beispiellosen enormen Zurückdrängung von Hunger, Armut, Krankheit, Analphabetismus usw., die die weltweite Marktwirtschaft bewirkt hat, sollten wir wissen, was wir alle den hier als „Schiebern“ verunglimpften Unternehmern zu verdanken haben. – Es ist wirklich traurig, diesen Rückfall in überholte Ressentiments hier bei Tichy lesen zu müssen.

    • Die „Schieber“ bei Hesse sind keine Unternehmer, sondern Schieber.

      • Auch Schieber betreiben ein Unternehmen 🙂

        Und das diente damals der Volkswirtschaft sicherlich mehr, als das Herum-Liegen in der Mittagssonne.

      • Schieber – sind das nicht die Fabrikanten von Rechen- und Schneeschiebern?
        Die sind doch sehr nützlich für unser Land, in dem wir gut und gerne leben.
        Leider hat die Digitalisierung mittlerweile die Rechenschieber überflüssig gemacht, was man von Schneeschiebern wiederum nicht behaupten kann.
        Vielleicht schafft das die heraufbeschworene Klimaerwärmung in Zukunft.

      • Schieber im Sinne von Hesse sind z. B. gestresste Faulenzer. „Leere Langweiler“. Nichts im Hirrrrn. Produktiv nur auf Kosten anderer. Nullen schieben Nullen. Hesse lebt, arbeitet und versucht anzuregen, dass ein gesunder Muessiggang
        oft wesentlich produktiver ist als „Broetchen verdienen“.

    • Überholte Ressentiments, ts-ts. Heute haben wir schließlich keine Sentiments oder nur Vorwärtssentiments, nicht wahr? Ach was sage ich. … Aufwärtssentiments!Warten Sie nur noch eine kleine Weile, dann werden Sie Ressentiments haben, wenn vielleicht Ihre gut funktionierende, post…..ische Welt zusammenbricht, wie jene von vor 1914 den damaligen Menschen zusammenbrach.

  9. hierzu auch paßt auch „Das Gastmahl des Trimalchio“ von Titus Petronius Arbiter

  10. Hier könnte auch das „Gastmahl des Trimalchio“ von Titus Petronius Arbiter mithalten.

  11. Danke an die Dokumentation für die Auswahl dieses wunderbaren Textes (und Bildes). Ein wahres Lesevergnügen! Bei aller Freude beschleicht mich ein leises Unbehagen bei dem Gedanken, M. Gandhi könnte Recht behalten mit dem (ihm zugeschriebenen) Sprüchlein: „Die Geschichte lehrt die Menschen, dass die Geschichte die Menschen nichts lehrt“…

  12. Herrlich. Immer wieder herrlich, Hermann Hesse zu lesen. Ich freue mich, dass auf Tichys Einblick auch mal etwas Unpolitisches erscheint. Nun wird er dem Spiegel (zu dessen besten Zeiten, versteht sich) immer ähnlicher und wird ihn hoffentlich ganz und gar ersetzen.

  13. Hesse wäre wohl ein perfekter Grüner gewesen, oder geworden, wäre er später geboren …

    • Seit wann zeichnen sich GRÜNE durch eine besondere Liebe zur Natur aus, verehrte kleine Raupe?

      • Sie zeichnen sich schlicht dadurch aus, dass sie das Malen eines Bildes einer echten Arbeit vorziehen. Oder damit, dass sie lieber Löcher in der Hose haben, wenn sie dafür Mittags in der Sonne liegen können. Und sich bei all dem dann auch noch moralisch überlegen fühlen. 🙂

      • Also der Hesse hat seinerzeit von seiner Literatur gar nicht so schlecht gelebt, liebe Raupe, er war schon vor 1914 ein anerkannter Schriftsteller und hat die von ihm produzierten Bücher mit Erfog verkauft, bzw. sein Verleger, damals Samuel Fischer.

        Nicht jeder der Handel getrieben hat, war ein „Schieber“.

        Die Kriegsgewinnler und Heereslieferanten , die nach dem verloren Krieg ihre eingeheimsten Gewinne zur Schau stellten, waren nun allerdings nicht immer die angenehmsten Zeitgenossen.

      • Bei gestopften guten Anzughosen kann der Verdienst wohl nicht ganz so gut gewesen sein 🙂

      • Neue Anzüge waren bei Hesse im Tessin damals nicht prioritär.

        Er war mehr der Typ des spätromantischen Wanderers und Naturburschen, allerdings immer mit bürgerlichen Anwandlungen.
        Bei Thomas Mann, seinem Briefpartner und Kollegen war das ganz anders, der hatte, was seine Lebensführung anging, nie die bürgerliche Spähre verlassen. Gestopfte Hosen wären bei ihm ein Ding der Unmöglichkeit gewesen. lol

      • Schön, was Sie alles wissen 🙂
        Sind Sie beruflich damit befasst, oder ist das ein Hobby von Ihnen?

        Mir liegen beide nicht so sehr, ich les dann eher Rilke oder Storm. Habe mich aber mit deren Leben auch noch nie beschäftigt.

      • Weder beruflich noch Hobby. Ich verdiene mein Geld an der Börse.
        Rilke und Storm sind doch gut.

        Rilke: „Wer spricht von Siegen? Überstehn ist alles“

        Storm:Rechenstunde.
        Du bist so ein kleines Mädchen
        Und hast schon so helle Augen
        Du bist so ein kleines Mädchen
        Und hast schon so rote Lippen…..

        Es gibt noch zwei weitere Strophen, googeln Sie „kleine Raupe“
        Viel Spaß mit Storm. lol

      • Da der Storm bei mir im Regal steht werd ich ihn nicht googeln, aber von dem gefällt mir das hier eh viel besser:
        Und war es auch ein großer Schmerz,
        und wär`s vielleicht gar eine Sünde,
        Wenn es noch einmal vor die stünde,
        Du tätest es noch einmal, mein Herz.

        Rilke:
        O Lächeln, erstes Lächeln, unser Lächeln.
        Wie war das Eines: Duft der Linden atmen,
        Parkstille hören-, plötzlich in einander
        aufschauen und staunen bis heran ans Lächeln.

        Aber das soll nun auch genug gewesen sein …

      • Hesse war auch immer ordentlich herausgeputzt, legte aber weniger Wert auf Äußerlichkeiten als Thomas Mann.

  14. Heute nennt man die „Schieber“ Fördergeldjäger. Hesse gibt seiner Distanz gegenüber Leuten Ausdruck, die auch noch Krisenzeiten verstehen, Gelegenheiten zu nutzen. Die „Schieber“ werden gedacht haben: Was ist das für ein unfähiger Schnorrer…

    • So ist es, Kriegs-und Krisengewinnler gab und gibt es immer. Heute können diese sich dann sogar hinter verlogenen moralischen Fassaden und als „Weltenretter“ verstecken.

  15. Ein schöner Text.
    Es ist lange her, dass ich Hesse gelesen habe.

    Man möge mir meine Ignoranz verzeihen, doch ist mir nicht ganz klar was ein Schieber ist.
    Kann mich jemand aufklären?

    • „Schieber“ im damaligen Sprachgebrauch waren Liferanten von Waren für Schwarzmärkte, deren Gewinmargen ihnen in den Jahren nach WKI einen extrvaganten Lenbenstil erlaubten.

      • Ja, und wer dachte, dass die Schieber-Muetzen mal Kult werden. Und sehr gediegene Modelle in Wolle dabei. Von Hirmer Muenchen beispielsweise. (nicht zu verwechseln mit B + Clyde).

  16. Vielen Dank für diesen kleinen Blick auf die Welt, die einmal war..oder doch nicht ? Ist das denn nicht auch das neue Motto: Wir verschieben und verscherbeln, verbrauchen…

  17. Sehr schön. Das Galle Face gibt es übrigens immer noch. In genau dem originalen Zustand von damals, und nicht so verhackstückt wie heute das Peninsula, Oriental oder das Strand.

    Übrigens das einzige Hotel in Colombo mit ocean view. Von der Terrasse hat man denn auch einen schönen Blick aufs Meer. …

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