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Kampf dem Zucker

Gebt den süßen Weihnachten Saures

von Gastautor

25.12.2019

| Lesedauer: 2 Minuten
Weihnachten ist für die Retter dieser Welt eine offensichtlich grauenhafte Zeit. Statt Verzicht lockt überall der straffreie Genuss der immer noch legalen Droge Zucker.

„Süßer die Glocken nie klingen als zu der Weihnachtszeit.“ Ein Irrtum weihnachtlicher Gefühlsduselei. Was soll die gefährliche Geschmacksnote süß mit dem klerikalen Läuten zu tun haben? Der Süßigkeiten assoziierende Text provoziert doch geradezu eine politisch korrekte Neufassung in „Lauter die Glocken …“. Was die Gegner wohlschmeckender Nahrungsmittel mit der Komponente süß auf der einen Seite freuen würde, wäre für die Abmahner der Deutschen Umwelthilfe dann wohl ein möglicher Klagegrund wegen des Aufrufs, andächtige Stille durch massive Dezibel zu stören. Jeder hat so sein Thema, mit dem er die Menschheit traktiert.

Weihnachten ist für die Retter dieser Welt eine offensichtlich grauenhafte Zeit. Keine aus Soja geformte Weihnachtsgans liegt als Angebot in den Truhen des Handels. Stattdessen lassen opulente Familien-Essen mit mehreren Gängen jegliche Askese vergessen. Das aktuelle Verlangen nach Genuss erscheint vielen am Verzicht orientierten Zeitgenossen, die unser Verhalten prägen wollen, als Zeichen, die Kontrolle über das eigene Leben verloren zu haben. Weihnachtlich geschickt verpackte Drogen von Nikoläusen aus Schokolade bis zum Marzipan in harmlos erscheinender Kartoffelform werden straffrei angeboten. Schlimmer noch: In traditionsbewussten Haushalten werden alle Varianten von Plätzchen gebacken, um damit vor allem Kinder zu verführen und ihnen die Gesundheit zu ruinieren.

Das Thema Zucker liegt unheilschwanger in der vorweihnachtlichen Luft. Nicht nur auf Weihnachtsmärkten, wo es nach gebrannten Mandeln duftet. Der aktuell süße Notfall verlangt Abhilfe an allen Fronten der Agitation gegen ungezügelten Genuss. Das fängt in den vorweihnachtlichen Rezeptteilen der Zeitschriften an, die Dinkel-Kekse sowohl ohne Zucker als auch ohne Geschmack propagieren. Eine ehemalige TV-Moderatorin, die seit über einem Jahrzehnt zuckerfrei zu leben vorgibt und stattdessen reichlich Fruchtzucker mit dem Risiko der Bildung einer Fettleber verzehrt, nutzt die vorweihnachtliche Aktualität, um bei Spiegel-Online auf sich und damit den Verkauf ihres Buches aufmerksam zu machen. Die ZEIT gestaltet eine Seite mit der Frage „Brauchen wir die Zuckersteuer?“. Eine Autorin des Beitrags ergeht sich dabei in Kraftausdrücken, um sachliche Inkompetenz zu kompensieren. Zucker ist für sie die billigste Droge. Sie deckt auf: „Angefixt wird man bereits als Säugling über die Muttermilch (sieben Prozent Zuckergehalt).“ Solchen Mist kann wirklich auch nur die Evolution bauen. Die Forderung nach einem nationalen Stillverbot drängt sich geradezu auf. Mütter, nehmt die Kinder von den Brüsten, um ihre Gesundheit zu retten.

Auch Politiker sind durch den Advent auf gedankenlosen Krawall gebürstet. In Bremen haben sich die Senatoren von SPD, Grünen und Linken mit einem zur Weihnachtszeit passenden Antrag in Stimmung gebracht. Sie fordern, dass Land Bremen solle sich für eine Herstellerabgabe auf zuckerlastige Lebensmittel einsetzen. Außerdem soll Werbung, die Kinder zum Konsum von gesüßten Lebensmitteln verleitet, verboten werden. In den Kitas dürfte damit manches Weihnachtsgedicht, in dem Plätzchen, Schokolade und Marzipan erwähnt und damit bei den unmündigen Kleinen propagiert werden, auf dem Index landen. Auf was unterzuckerte Hirne so alles kommen. In der Begründung ihres Antrags stellen die Senatoren fest, dass in bildungsfernen Ortsteilen die Kinder öfter dick sind als die dünnen Kinder in den klugen Regionen des Bundeslands Bremen. Da Bremen traditionell am untersten Ende des Bildungs¬monitors rangiert, wird die Dringlichkeit zum Handeln offensichtlich. Nachdenken lohnt. Statt die Schokolade teurer zu machen, sollte man sich doch eher über eine Bildungsoffensive Gedanken machen. Vielleicht nach den Weihnachtstagen.


Detlef Brendel, Wirtschaftspublizist

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27 Kommentare

  1. Ich frage mich, wie ich als Kind überlebt habe. Ernährungswissenschaftlich hätte ich dehydriert umkippen müssen. Nur Zuckerwasser in Form von Fanta, Cola, Orangen- und Waldmeisterlimonaden (Aroma und Farbstoffe), in Tasse Pefferminztee 7 Teelöffel Zucker. Dazu noch die ganzen anderen Süßigkeiten. Trotzdem sah ich als Kind unterernährt aus, man war halt draußen und hat die Kalorien verbrannt. An so richtig fette Kinder kann ich mich nicht erinnern.

  2. Dass unser Finanzminister auch derjenige ist, der die „Lufthoheit über den Kinderbetten“ anstrebt, lässt bei mir sämtliche Alarmglocken läuten. In Norwegen gibt es schon Querverbindungen von Zuckerverbot zu „Kinderrechten“: https://www.deutschland-kurier.org/norwegen-mahnt-uns-keine-kinderrechte-ins-grundgesetz-eine-kolumne-von-martin-reichardt/: Zu hoher Zuckerkonsum kann zu Inobhutnahmen durch das Jugendamt führen, denn „Bei Kindern mit Karies besteht der Verdacht auf Vernachlässigung oder es bekommt zu viele Süßigkeiten, was gegen die Regel verstößt, dass Kinder nur am Wochenende Süßes essen dürfen.“

  3. 2022 – Soylent Green

    Der Film zum Problem wurde schon 1973 gedreht. Soylent Yellow und Soylent Red könnten als vegetarische bzw. vegane Grundnahrung auf den Markt gebracht werden, während kleinere Chargen Soylent Green aus den freiwillig dahingeschiedenen Opas und Omas gefertigt werden könnten. Da sind die alten Klimaschädlinge allemal nützlicher als auf Kreuzfahrtschiffen oder beim Enkelbesuch mit dem SUV.

    PS: Dass FFF behauptet, die Kampfansage an die Großeltern sei ein Spass gewesen, glaube ich keine Sekunde. Die Truppe mag ja die Weisheit für sich gepachtet haben, aber ganz sicher nicht den Humor.

    PPS: Haben Frau Rackete und Frau Neubauer ihr Erbe mittlerweile rechtskräftig ausgeschlagen? Ich denke eine solche Ausschlagung sollte Bedingung für die Mitgleidcshaft bei FFF oder XR sein. Wer sein Leben mit leistungslos erworbenem Geld finanzieren will, kann nicht Teil der Lösung des Gerechtigkeitsdefizites auf dieser Welt sein.

    • Naja, die sind schon blöd, aber so blöd sind sie dann auch wieder nicht. 🙂

  4. Auch der Finanzminister Olaf Scholz ist der Meinung, wir brauchen eine – wie es so schön und euphemistisch heißt- ordentliche „Bepreisung“ des Zuckers. Je höher nämlich die Zuckersteuer, desto dünner und gesünder unsere Kinder und deren Eltern und desto höher die Einnahmen des Staates.
    Ich schlage maßvolle 5 Euro Steuer je Kilo Zucker vor.
    Als nächstes – nach CO2 und Zucker – wollen wir uns der Schokolade und dem Kakao widmen, noch vor dem Kaffee.

  5. Schwachsinn. Zucker ist Energie. Zu viel und zu einseitig ist ungesund. Das gilt aber auch für Körner, Rohkost und Dummheit.

  6. Na ja, Zucker ist also keine Droge die eine globale Fettsucht Epidemie verursacht, und gleichzeitig amerikanische Nahrungsmittel Konzerne reich macht?

    Alle anderen Drogen zusammen haben nicht annähernd die verheerenden Auswirkungen wie die Industriezucker/Fett Gemische aka Süßigkeiten und Junkfood. Das ist alles sehr gut mit dem Rauchen vergleichbar, und wird hoffentlich bald ebenso geächtet.

    • Die werden da nicht dran gehen. Denn all das, was sie beschreiben, wird gerne als leicht und fast immer gut zugängliche „Ersatzbefriedigung“ benutzt, wenn der Gefühlshaushalt durcheinander gekommen ist.
      Wenigstens bei Westlern wirkt es, sich selbst damit „ruhig zu stellen“. Noch.

      Es ist wie viele aufgebauschte Themen eines, das von den wirklichen Themen ablenken soll.

    • @ GermanMichel
      Ihre hier vorgetragene Analogie des Zuckers zum Rauchen ist echt verblüffend.
      Sie werden sicher schon dick, wenn Sie Menschen sehen, die Süßes zu sich nehmen, quasi durch Passiv-Mitessen.

  7. Ein süßes Verlangen ist uns angeboren.
    Wer sich zuerst an frischen und selbst zubereiteten Mahlzeiten wirklich satt isst, der hat gar nicht so einen ewigen Heißhunger auf Süßes. Naschen ist ausdrücklich erlaubt,
    sollte allerdings nicht auf Dauer die Hauptmahlzeiten ersetzen.
    Der Grund, warum es so viele adipöse Kinder gibt, liegt doch eher am minderwertigen
    Fertigfutter und den Softgetränken, mit dem sie schon im zarten Babyalter vollgestopft
    wurden und an der mangelnden Bewegung!
    Der individuelle Geschmack und die Vorliebe für extrem viel Süßes wird schon in der frühesten Kindheit festgelegt! Verbote bringen
    gar nichts! Erziehung zur Mäßigung schon
    eher.( Ich weiß, dass ist nicht gerade einfach!)
    Ich glaube, es ist in Norwegen , wo Jugendämter und Erzieher die Kinder unter anderem ausfragen, wieviel Süßigkeiten sie zuhause gegessen haben. Dort werden den Kindern von Amtswegen nur am Wochenende geringe Mengen an Süßigkeiten erlaubt. Bei mehrmaligen Verstößen gegen staatlich aufgestellte Regelungen zur Kindererziehung werden die Kinder aus den Elternhäusern genommen und zur Pflege in andere Familien gegeben! Also nicht nur, wenn sie von den
    Eltern tatsächlich misshandelt oder vernachlässigt wurden.
    Von solchen Zuständen träumen natürlich auch die GRÜNEN Volkserzieher und die restliche linke Einheitspartei.

  8. Was machen die Moslems dann mit ihrem“Zuckerfest“? Sicherlich werden sie das Fest umbenennen, damit sich Minderheiten nicht provoziert fühlen.

  9. Die Grün-ideologisch-vegan-zuckerfrei-Sojamilch-Laktoseintoleranz-Gutes essen verachten-Fraktion kann mir den Buckel küssen. Ich esse Weihnachtsplätzchen von Oma, esse Gänsebraten und alles was mir schmeckt. Dabei die Mitte finden und sich bewegen. Ist für die Verbieter natürlich zu einfach.

  10. Wie in allen Dingen macht die Dosis das Gift. Zucker wird erst dann zu Problem, wenn man sich ausschließlich davon ernährt.

    • Ja, Kätzchen, das ist schon sehr problematisch, wenn Leute sich ausschließlich von Zucker ernähren.

  11. Geht nichts über Brathering mit Kartoffelsalat – und der passenden Anzahl von Pilsken.

    Ok, nur der Ehrlickeit wegen, dieses Jahr gab’s Winterkabeljau mit „Dialog von Endivie an Kartoffelstampf“ – oder umgekehrt?
    Leider Geil – oops, so hiess der Riesling dazu.

    Wer mag schon Zucker?

  12. Kurz vor Weihnachten habe ich in einer ostfriesischen Tageszeitung die Überschrift gelesen, dass in Emden Jugendliche (weiß nicht welche, da ich nur die Überschrift las) gegen „Weihnachtsbraten“ protestiert hätten……..

      • … und dann wieder dieser Wind, der durchs Hirn pustet.

  13. Darauf habe ich gewartet. Jetzt sollen uns auch noch die weihnachtlichen Genüsse miesgemacht und verteuert werden, nachdem so mancher Weihnachtsmarkt ja schon nicht mehr Weihnachtsmarkt heißt.
    Zum Glück bin ich noch imstande, die allerbesten Weihnachtsplätzchen selbst zu backen. Sogar feines Marzipan kann ich herstellen. Und sollte ich die Zutaten irgendwann nicht mehr in benötigter Menge kaufen dürfen, fahre ich eben in die Nachbarländer um sie dort einzukaufen.

  14. „… in den klugen Regionen des Bundeslands Bremen“ Nein! Doch! Ooh!

  15. Wie schädlich Zucker ist, weiß ich nicht. Die Ernährungsexperten ändern ja ihre Wahrheiten alle paar Jahre. Ich halte es allerdings schon für ein Problem, wenn viele Kinder übergewichtig sind. Ebenso viele (zu viele) Erwachsene. Auch dass es vermehrt die Unterschichten betrifft, dürfte richtig sein. (In den USA ist Übergewicht inzwischen einer der Statusanzeiger für „Unterschicht“.)

    Simple Zuckerverbote werden vermutlich nicht helfen, richtig. Aber gibt es irgendwelche sinnvollen Vorschläge?

    • Ich würde schlicht Bewegung vorschlagen. Es muss ja nicht gleich in Extremsport ausarten, aber die Kids zocken doch nur noch stundenlang an der Konsole oder ziehen sich Netflix rein. Ich sehe doch ständig, was die Kids heute für Bewegungslegastheniker sind. Nach fünf Minuten leichtem Ausdauerlauf ist die Hälfte der Gruppe platt. Die geforderten dreißig Minuten halten immer nur die durch, die auch in ihrer Freizeit irgendwas mit Sport machen. Außerdem gilt auch für Zucker: die Menge macht das Gift.

    • Hier seh ich zugereiste Vorschulkinder mit Eltern
      regelmäßig mit großen Chipstüten.
      Ein jedes davon mit einer recht großen, mampfend.
      Es ist mitnichten nur „Süßes“.

  16. Rettet die Welt, verbietet alles.
    Bedaure, Herr Brendel, dieser grünsozialistische Ansatz beisst sich mit der der angeblichen Selbstbestimmung des Bürgers qua GG. Sie müssen sich schon entscheiden DDR oder Grundgesetz. Wenn letzteres, dann können Sie nicht alles verbieten, sondern müssen dem dt. Bürger die Freiheit lassen, es mit dem Zucker so zu handhaben wie sie es wollen. Wie wär’s vielleicht mit etwas besserer Bildung, die trotz merkel’scher „Bildungs“republik m.E. noch nie so schlecht war (across the board) wie heute.

  17. Oh, jetzt planen die schon eine Zucker-, Schoko- und Keksesteuer. Wenn das so weiter geht, müssen wir bis Heiligabend für den Staat arbeiten und können nur noch den Verdienst vom 27.-30.12. in die eigene Tasche stecken.

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