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MbS marschiert durch

Saudi-Arabien im Umbruch

09.11.2017

| Lesedauer: 2 Minuten
Die Karten im Nahen und Mittleren Osten werden erstens auch auf dieser Achse neu gemischt. Und zweitens ist die EU wie immer abwesend, wenn etwas von Bedeutung passiert.

Eine Summe von 800 Milliarden Dollar von Prinzen und anderen Geschäftsleuten einkassieren, die aus Korruption stammen sollen, ist gut für die Kriegskasse, die Kronprinz Mohammed bin Salman – MbS genannt – brauchen wird, um seine Reformpläne in Saudi-Arabien zu verwirklichen.

Die damit einhergehende Botschaft an das saudische Machtgefüge ist wohl weit wichtiger. Sie lautet nach dem Saudi-Arabien-Experten James Dorsey, Senior Fellow an Singapore’s S. Rajaratnam School of International Studies:

„The most recent crackdown breaks with the tradition of consensus within the ruling family whose secretive inner workings are equivalent to those of the Kremlin at the time of the Soviet Union.

Prince Mohammed, rather than forging alliances, is extending his iron grip to the ruling family, the military, and the National Guard to counter what appears to be more widespread opposition within the family as well as the military to his reforms and the Yemen war.”

NUR PERSONENTAUSCH?
Saudi-Arabien: Machtwechsel oder mehr?
Kurz gefasst: Der Kronprinz wolle mit der bisherigen Machtpraxis von wechselnden Allianzen im Saudi-Clan wie früher ähnlich in der Funktionsärskaste der KPdSU brechen und das Ruder als baldiger König alleine in die Hand nehmen. Ein Spaziergang wird das nicht.

Die BBC berichtet: Von den nahe Riad festgehaltenen Dutzenden von bisherigen Amtsträgern, Geschäftleuten und ihren Familen im Fünf-Sterne-Hotel Ritz Carlton sollen Videos zeigen, dass sie dort auf dem Boden schlafen. Der Milliardär Prince Alwaleed bin Talal, der Anteile an Twitter und Citigroup hält, soll inzwischen in ein Gefängnis verlegt worden sein. Weitere Verhaftungen sollen vor der Tür stehen.

Das ist nicht nur ein Schlag gegen die bisher übliche Vetternwirtschaft der Korruption. Hier bringt ein Machtbewusster die Opposition gegen seinen wie auch immer gearteten Modernisierungskurs zum Schweigen, bevor diese überhaupt reden und handeln kann. Der Kronprinz MbS macht klar Schiff, ehe er als krönenden Abschluss das Amt des Königs von seinem Vater übernimmt – vermutlich bald.

ZEITENWENDE?
Saudi-Arabien: Wieder der beste Freund statt Iran
Aus den USA verlautet, dass MbS mit dem White House gut verdrahtet ist, mit dem Pentagon steht der jüngste Verteidigungsminister der Welt schon länger auf vertrautem Fuß. Gemeinsam den Iran eindämmen ist eine klare Linie. Was das für den Krisenherd Yemen bedeutet, wo die Iran-finanzierten Houthi agieren, von wo Riads Flughafen mit Raketen bedroht ist und woher eine neue Migrantenwelle kommen kann, liegt noch im Dunkeln. Dass über die Achse USA-Israel-Saudi-Arabien noch nicht berichtet wird, erstaunt.

Zweierlei ist nicht zu übersehen: Die Karten im Nahen und Mittleren Osten werden erstens auch auf dieser Achse neu gemischt. Und zweitens ist die EU wie immer abwesend, wenn etwas von Bedeutung passiert.

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24 Kommentare

  1. Besonders interessant finde ich, dass einzelne Aspekte der Gesetze für Frauen inzwischen „liberaler“ sind als im Iran. Diese beiden Staaten wollen das nicht, aber die Konkurrenz zwingt sie dazu, unsere Modell zu übernehmen, die für eine bessere Performance sorgen.

  2. Er weiß aber, dass sein Land modernisiert werden muss. Da er auf diese Weise den Westen aber nie einholen und ausschalten kann, wird er sich auch weiter an unserem Vorbild orientieren müssen, wenn er nicht outperformt werden will.

  3. Wenn man sich dagegen die Kanzlermaschine anschaut.

  4. Ich würde gerne die Analyse von Black Pigeon speaks verlinken. Darin kommt er auf die mangelnde Finanzierbarkeit des Saudi Arabischen Systems zu sprechen und auf den Wassermangel. Und das es in der Region bald so „richtig abgeht“:

    https://www.youtube.com/watch?v=WkFbQ9omxaU

  5. Und das international chronisch minderbegabte Deutschland ist noch viel mehr abwesend, als die ganze EU zusammen.

    Außerdem stolpert die Clintonaffine Merkel jetzt über die offensichtlichen Realitäten, das weder die US Demokraten noch Leute wie Soros irgendein Konzept für den nahen Osten besitzen, aber deren Erzfeind Trump Allianzen bildet und Politik macht, Verhältnisse mitgestaltet.

    Da Merkel der (selten blöden) Meinung war, Trump umerziehen zu wollen, hat sie sich selbst völlig ins internationale Aus manövriert, kann daher nun ganz in Ruhe ihren innerdeutschen Niedergang organisieren.

  6. ‚Das Öl geht zu Ende, das OPEC-Kartell ist gebrochen.“

    Welches öl geht zu ende?
    Aus ihrem verlinkten welt-artikel:
    „Folgt man dem neuesten Opec-Report, muss die Allianz mindestens bis 2025 halten. Denn erst dann rechnen die Strategen des Kartells damit, dass Amerika langsam das Öl ausgeht und der große Gegner wieder schwächer wird. Dann dürften auch die Opec-Mitglieder ihre tägliche Förderung wieder deutlich ausweiten, von 33 Millionen Barrel im Jahr 2025 auf 41,4 Millionen im Jahr 2040.“

    Auch hat diese entwicklung (leider) nichts, bzw nur indirekt, mit trump zu tun. Dazu fehlte ihm einfach die zeit.

    1) der fracking boom begann vor der wahl trumps und trotz widerstand seitens der obama regierung
    2) trumps politik wird die derzeitige entwicklung aber sicher beförden

    Ursächlich sind die ach so bösen ‚kapitalisten‘ schuld, welche den fracking boom überhaupt erst finanziert haben 😉

    PS: dass den amerikanern ab 2025 das öl langsam ausgeht, wie im zitierten weltartikel auf grundlage des opec reports gefolgert wird, wird sich als der nächste große irtum herausstellen 😀

    • Saudi-Arabien sitzt auf einem Riesenhaufen Uran.

      • Beim Öl geht es um den Besitz, beim Kenrtechnik um die Technologie. Mit Uran alleine kann S. A. maximal Waffen bauen, aber für die Dominanz auf den Energiemärkten, bräuchte S. A. Knowhow in Speichertechnolgien, die für den Verkehrt genutzt werden können. Das hat Saudi Arabien nicht (wir allerdings auch kaum).

  7. Ja, so habe ich die Ankündigung von Xi auch wahrgenommen. Und auch, dass Trump sich extrem um Xi bemüht. Wenn ich mir dagegen diese lachhaften Gutmenschen-Dilettanten in unserer Politik- und Medienszene ansehe. Ein Gutes gibt es: die Chinesen kaufen deutsche Technik wie wild auf. Mich dürfen sie gleich mitkaufen, ich bevorzuge ab jetzt Untertan von Xi zu sein. Der Mann bringt bei mir so viel Respekt hervor, wie ich Verachtung für Merkel und Co empfinde.

    • Stimmt. In China leben derzeit nur 548 anerkannte „Flüchtlinge“.

  8. „Eine Summe von 800 Milliarden Dollar von Prinzen und anderen Geschäftsleuten einkassieren, ist gut für die Kriegskasse, die Kronprinz Mohammed bin Salman brauchen wird, um seine Reformpläne in Saudi-Arabien zu verwirklichen.“

    Oder einfach nur den Iran stellvertretend für Israel und USA angreifen. Den Waffendeal hat Trump doch erst kürzlich mit Saudi-Arabien eingefädelt. Acht Jahre lang wurden einst die Sunniten Saddam Hussein´s erfolglos auf die Schiiten des Irans gehetzt … jetzt soll es wohl Mohammed bin Salman richten.

    Dieses Armageddon soll Amerika wohl endlich wieder great again machen. Trump will Armeen kämpfen lassen und keine CIA-Söldner.

  9. Die Hintergründe für dieses Vorgehen könnten darin liegen, dass der Prinz realisiert, dass Saudi-Arabien, so wie es ist, nicht zukunftsfähig ist. Das Öl als Haupteinkommen wird an Bedeutung verlieren, andere Einkommensquellen müssen her. Deswegen wird im Nordwesten eine Art saudisches Silicon-Valley gebaut. Und man kann es sich einfach nicht leisten, eine Gesellschaft zu haben, in der die Hälfte der Bevölkerung – die weibliche – vom Wertschöpfungsprozess weitgehend ausgeschlossen ist. Denn hier liegt riesiges Potential.
    Die Immatrikulationszahlen weiblicher Studenten (es gibt schon mehr weibliche Studenten als männliche) deuten dies schon an.

    • Die verdeckte Arbeitslosigkeit in Saudi-Arabien ist hoch (aufgeblähter öffentlicher Sektor). Sollte die weibliche Hälfte der Bevölkerung Erwerbstätigkeit anstreben, wird die Arbeitslosigkeit drastisch steigen und ein „saudisches“ Silicon-Valley kann es bei einem Durchschnitts-IQ von 83 in der einheimischen Bevölkerung nicht geben.

  10. Es ist wohl in die Mode gekommen in jedem neu aufsteigendem bärtigen oder bartlosen Jüngling den ersehnten Messias zu sehen. Mir jedenfalls fällt das auf und ich bin zumindest beruhigt, dass der neue Wüstenstar in diesem Artikel etwas skeptischer beurteilt und nicht mit soviel Lobhudelei versehen wird, wie das schon in diversen anderen Kommentaren aus den Medien der Fall ist. Ich denke auch dort in der Wüste wird ebensoschnell der Lack abgehen wie das bei den Macrons, Tudeaus, Kurzens etc. zu erkennen ist. Auch bei dem diesbezüglichen Erlöser Lindner hierzulande geschieht das mit Sicherheit, wenn er denn überhaupt einen Kometenstart hinbekommt.
    Was von diesem neuen starken Mann in Arabien zu erwarten ist, dürfte vor allem wie seither scho nichts wesentlich gutes sein. Oder glaubt jemand ernstlich, die Ausbreitung des sunnitischen Islam wäre plötzlich kein Thema mehr? Oder die Finanzierung von Moscheen und derlei islamischen Einrichtungen?
    Saudi Arabien wird seine Politik fortsetzen müssen, angesichts der übermächtigen Bedrohung durch die schiitischen Brüder nebenan. Es wird weiter aufrüsten, womöglich den Frauen das Motorradfahren erlauben (hurra!), wird sich der amerikanischen Hilfe zur Sicherung der Dynastie versichern, die auch bekommen,und bestimmt keine christlichen Kirchen in Riad bauen.
    Falls letzteres passieren sollte, revidiere ich meine Meinung.
    Bis dahin halte ich das ganze für einen gewöhnlichen Putsch.

  11. Dass Mansour ein Konkurrent war, wäre mir neu. Das Haus Saud zählt an die 7.000 Prinzen.

    • Thierry Myessan schreibt im o.a. Artikel dazu:
      „Um sicherzustellen, dass niemand mit „MBS“ konkurrieren könnte, musste auch der Ast des ehemaligen Erb-Prinzen Mukrin abgeschnitten werden. Was mit dem Hubschrauberabsturz geschah, der seinen Sohn, Prinz Mansour, tötete.“

  12. MbS braucht kein Verkaufsargument für die Welt, sondern für zuhause.

    • „MbS braucht kein Verkaufsargument für die Welt, sondern für zuhause.“

      Nicht falsch, aber auch nicht ganz richtig: Natürlich braucht er interne Argumente im Machtkampf. Genau dafür braucht er aber auch den Verweis darauf, dass seine „Verkaufsargumente“ wie Modernisierung etc.pp. bei für ihn und seine internen Verbündeten wichtigen externen Mächten ziehen. Und das dürften jetzt insbesondere die USA unter Trump sein, die sich gegen Iran positionieren, den Erzkonkurrenten der Saudis. Was für MbS eben wieder ein gutes internes Verkaufsargument ist.

  13. Es ist wohl der verzweifelte Kampf gegen die Bedeutungslosigkeit, in den diese Region in den nächsten Jahren fallen wird. Die westlichen Politiker haben sich die Dekarbonisierung auf die Fahnen geschrieben, Klima ist die neue Religion. Verbrennungsmotoren sollen in Europa in den nächsten 13-23 Jahren abgeschafft werden, Öl wird immer weniger gebraucht. Schon jetzt ersäuft die Welt in Öl(Robert Halver am 08.11. bei n24), frühere reiche Ölstaaten sind heute teilweise schon bettelarm. Dem nahen Osten wird es nicht anders gehen, die wegbrechenden Einnahmen in den kommenden Jahren wird man nicht kompensieren können(auch wenn sich 1,5 Billionen nach viel anhören). Bedingt durch die steinzeitliche gesellschaftliche Struktur wird das zum Desaster werden. Europa kann sich schon jetzt auf Flüchtlingsströme einstellen, die man wohl nicht für möglich hält. Und das werden alles Wirtschaftsflüchlinge sein.

  14. Die Achse USA-SaudiArabien-Israel gehört wohl zur neue Trumpschen Nahoststrategie. Die plötzliche Bereitschaft der Hamas, sich mit Fatah zu versöhnen, dürfte auf diese Politik zurückzuführen sein.
    Wenn zum MBSschen Reformprogramm gehört, dass auch der aggressive Wahabismus an die Kette gelegt wird, wäre viel gewonnen.
    Die dilettantischen EU Clowns wurden schon von Trumps Vorgänger nicht mehr gefragt. Europa ist dabei, weltpolitisch in der Bedeutungslosigkeit zu verschwinden.

    • Diese Achse hat Trump in DC vorgefunden, nicht begonnen ….

      • Das mag sein. Traditionell sind die USA ja sowohl mit SA als auch mit Israel eng verbündet. Unter Obama wurden die Beziehungen zu beiden Ländern jedoch auf eine harte Probe gestellt. Insofern hat Trump die Fäden lediglich wieder aufgenommen. Vermutlich setzt T. dabei auch sehr auf MBS, der ihn ja auch bereits in Washington besucht hat. Einig sind sich beide jedenfalls in der Beurteilung des iranischen Expansionsionismus.

  15. Wer sehen will, wie man Mehrwertschaffung betreibt und weiter ausbaut, der sollte nach Saudi-Arabien schaun….die haben nicht nur mit dem Produkt Oel einen großen „MEHRWERTSCHFFUNGS POSTEN“ sondern gehen jetzt auch dazu über ihren nächsten Bodenschatz in einen Mehrwertschaffenden Prozess zu überführen.

    Sichwort: Uran-Erz! Reichlich und von hoher Qualität in Saud-Arabien vorhanden.

    Saudi-Arabin will diesen Rohstoff jetzt selber nutzen und sich in den nächsten 15 Jahren das Ziel von 17 Kernkraftwerks Neubauten geben.

    Billig erzeugter Kernkraftwerksstrom sorgt dafür, dass man billigen Wasserstoff für den Export oder Eigenverbrauch herstellen kann…dass man Entsalzungsanlagen besser nutzen kann. Das man sich eine atomarbetriebene Mobilität aneignen kann…dass man in die Zukunft von Forschung und Weiterentwicklung im Bereich Energie (Kernenergie) sicher (weil Marktfähig) investieren kann.

    http://www.ingenieur.de/Fachbereiche/Kernenergie/Saudi-Arabien-17-Kernkraftwerke-in-15-Jahren-bauen
    Und EU-Deutschland…will neben der Kernkraft auch die Kohlekraft abschaffen…will den Verbrennungsmotor abschaffen und damit auch aus dem Oel aussteigen. Was bleibt….die Abhängigkeit von Gas!

    • Schon das Ölfördern haben die Saudis von Ausländern machen lassen. Aber jetzt müssten sie viel mehr Hochtechnologie inklsuive ganzer Induistriezweige importieren. Das ist nicht technisch schwierig, sondern man solte auch bedenken, was passieren könnte, wenn eine Bevölkerung wie die saudische plötzlich mit einer Vielzahl fremder Techniker kofrontiert sind, für die die Scharia nicht gilt. So viele Fachleute brauchte es für die Ölförderung nicht, die konnte man in seperaten Städten unterbringen.

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