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Putzen hilft

Kehrwoche

07.04.2017

| Lesedauer: 2 Minuten
Die grün dominierte Stuttgarter Stadtverwaltung kam auf etwas, was führende Grüne nicht mehr kannten, wohl aber jede schwäbische Hausfrau, die sich ja von Merkel zitieren lassen musste. Wieder Straßen sauber machen! In der Weltmetropole der Kehrwoche!

Heidenei – kein Feinstaubalarm in Stuttgart mehr? Der berüchtigte Talkessel wieder sauber? Kein Weltuntergang, keine Gefahr mehr für Leib und Leben? Kaum zu glauben nach dem Aufruhr und den Demonstrationen gegen Feinstaub („Stuttgart erstickt!“, „Atmen gefährdet!“). Atemschutzmasken in der Schwabenmetropole ließen schon Japan-Gefühle aufkommen. Jetzt ist nichts mehr? Was ist da los?

Schlichtweg eine Weltrevolution im Stuttgarter Talkessel! Die Stadt hat eine Sensation verkündet: ein neues Reinigungskonzept. Die grün dominierte Stuttgarter Stadtverwaltung ist auf etwas gekommen, was führende Grüne gar nicht mehr kannten, wohl aber jede schwäbische Hausfrau, die sich ja bereits von Merkel zitieren lassen musste: Dreck weg! Ganz einfach: Mal wieder Straßen sauber machen! Und das in der Weltmetropole der Kehrwoche.

Oifach Schildle naus’ghängt: Kehrwoch!

Drei Kehrmaschinen fahren jetzt durch die Straßen, versprühen ein paar Tröpfle Wasser und ein rotierender Besen wischt auf. Der Prüfkonzern DEKRA begleitet –  sicherlich nicht schlecht dabei verdienend – das Projekt Kehrwoche. Das Ergebnis: Der EU-Tagesmittelgrenzwert von 50 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter soll nach den Putzaktionen nicht überschritten worden sein. Gemessen wurde Werte zwischen 23 und 48 Mikrogramm.

Dafür könnte es drei Gründe geben, hat der grüne Fritz Kuhn, der den großen Sessel der Oberbürgermeisters von Stuttgart auszufüllen versucht, gesagt: „Erstens: Die intensive Reinigung der Straßen zeigt Wirkung. Zweitens: Das insgesamt wärmere Wetter sorgt für besseren Luftaustausch. Oder drittens: Es ist eine Kombination von beidem“. Noch sei es aber zu früh, Rückschlüsse vom Reinigungsprojekt auf die Entwicklung der Messergebnisse am Neckartor zu ziehen. „Der Feinstaub fliegt ja durch die Luft!“

„Umweltschützer“ wollen jedoch das totale Diesel-Verbot und finden die Kehrwoche überflüssig. Der dubiosen Deutschen Umwelthilfe glitzern angesichts ihrer Klagen gegen Städte schon die Dollar-Zeichen aus den grünen Äuglein, statt mal in einem demonstrativen Akt selbst zu Wassersprenger und Kehrbesen zu greifen und die Straßen zu reinigen.

Nur hätte das ein paar Schweißperlen gekostet und sich nicht so schön vermarkten lassen wie der Aufruf: „Dass Stuttgart die Stadt mit der mit Abstand schlechtesten Luftqualität in Deutschland ist, liegt nicht nur an der Topographie und der autofreundlichen Landes- wie Stadtregierung. Die hohe Belastung der innerstädtischen Atemluft mit Feinstaub und Stickstoffdioxid ist auch unmittelbares Ergebnis eines besonders hohen Anteils vermeintlich moderner Euro 6 Diesel-Pkw südwestdeutscher Autokonzerne!“ Doch der Dieselmotor ist kaum am Feinstaub schuld. Der ist mit Filtern und Abgasreinigungstechnik mittlerweile sauber geworden.

Lastenfahrräder, so eine Idee, sollen dafür sorgen, dass die Geschäfte beliefert werden. Romantische Vorstellung, mit Muskelkraft einige Hundert Kilogramm fair gehandelte Güter die steilen Steigungen der Stuttgarter Hänge hinaufzubefördern. Die grünen Sturmabteilungen fordern dagegen ein Diesel-Fahrverbot „an allen Tagen und auch für Euro6“. Da kann einem Ministerpräsidenten eines Bundeslandes, das extrem von der Automobilproduktion abhängig ist, schon leicht mulmig werden.

Kretschmann schwärmt von der Dieseltechnologie, betont, dass er sich selbst gerade einen Diesel nach der Euro-6-Norm gekauft habe: „Das ist der beschde Verbrennungsmotor!“ Und setzt als Beruhigungspille für seine Grünen nach: „Der wird als Übergangstechnologie gebraucht!“ Für den Übergang ins Paradies also, in dem Luft und Liebe für den Antrieb ausreichen.

Vorher aber ist die Kehrwoch’ dran!

Großartig grüne Wissenschaft. Neue wissenschaftliche Studien haben ergeben: Putzen hilft.

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24 Kommentare

  1. Erstens wurden in der Stadt Spuren zurückgebaut für Radwege, die kaum jemand benutzt → mehr Stau. Ein CDU-Abgeordneter beklagte dies neulich zu Recht.

    Zweitens wurden aus ideologischen Gründen die nötigen Umgehungsstraßen nicht gebaut. Viele müssen durchs Zentrum fahren, obwohl sie es nicht wollen (fehlende Filderauffahrt, fehlende Nordostumfahrung).

    Drittens müssen viele auf den Autobahnen A8 und A81 durch den Großraum Stuttgart fahren, weil das Autobahnnetz in Ba-Wü für die Bevölkerungsdichte und Wirtschaftskraft viel zu grobmaschig ist (Wikipedia: A831, A85, A86 und A89).

  2. Die Idee: Man stattet den Daimler einfach mit einer Kehreinrichtung aus, dann darf er wieder in Stuttgart fahren. Den benötigten Wassertank zu füllen wird zwar teuer – 10 Euro der Liter – dafür ist die Stadt aber sauber, Innovation ist halt alles

  3. Zwei Fragen:
    Wieviel an Feinstaub wird erzeugt durch die Baustelle S21 und den damit verbundenen LKW-Verkehr? (Übrigens fahren die LKW den Dreck bis in die etwa 80 km entfernten Steinbrüche zwischen Oberndorf und Rottweil)
    Um wieviel verschlechtert sich der Luftdurchsatz im Stuttgarter Kessel, wenn das (noch vorhandene!) Gleisfeld vor dem Bahnhof bebaut wird?

  4. Im TV wurde letztens gezeigt das in Polen in einer Stadt sofort die Polizei kommt und überprüft was man verbrennt(mit Proben!)wenn sich jemand beschwert oder sie es ihnen selber zu dreckig vorkommt.Hier müssen sie erstmal vor Gericht Privat ihren Nachbarn verklagen…und wahrscheinlich reichen dann die BEweise nicht aus weil sie keine haben.Die Schornsteinfeger sollen sich ja auch das Holz ansehen was verbrannt wird,nur sagen sie doch mal ihrem Schornsteinfeger in Deutschland das die Nachbarn feuchtes Holz(Holz muss mind. 2 Jahre trocknen-nur wer hat heutzutage so lange Geduld?)oder sonst was verbrennen,Er wird ihnen sagen(wenn überhaupt)das es ja seine Kunden sind….

    Seit dem Holzheizungsboom kann ich im Winter kaum das Fenster aufmachen.Es stinkt aus allen Ecken.

    • Bei uns misst der Schornsteinfeger die Feuchtigkeit des Holzes. Das Lagern alleine macht es nicht – das Holz im Hochsommer nach dem Spalten in der Sonne trocknen lassen und luftig lagern – sonst verrußt der Ofen und Schornstein und es kann zum Schornsteinbrand kommen – Feinstaub dürfte dabei das geringere Problem sein – der weiße Rauch ist Wasserdampf. Etwas anderes ist, wenn ihr Nachbar den Ofen als Müllverbrennungsanlage nutzt – das stinkt und die Chemieabgase lassen grüßen – Feinstaub nehmen sie nicht wahr. Wenn es stinkt, ist es kein Holz was verbrannt wird – evtl. Braunkohle oder sonst was. Erzählen Sie Ihrem Nachbarn, wenn er Müll/Kunststoff verbrennt, vergiftet er sich im Raum selbst (Seveso:Dioxins TCDD) – so dicht sind die Öfen nicht.

  5. Ja, die Vorurteile. Transsexuelle wählen grün. Ich bin transsexuell, DeutschAmeikanerin und befürworte die Todesstrafe, Guantanamo Bay und freien Schusswaffenbesitz.

  6. Ein bisschen mehr „schwäbische Hausfrau“ statt Leuchtturm-Projekt-Visionen allerorten würde uns insgesamt ganz gut tun.

  7. Nützlicher Nebeneffekt, sollte dieses Beispiel Schule machen, wäre eine bessere Sicht für Kraftfahrer: nach dem Dahinscheiden der (nicht minder überflüssigen) sechseckigen „Ozonplakette“ verschwände auch die „Feinstaubplakette“ von der Windschutzscheibe.

    Dumme Sache nur für so manchen Stadtkämmerer… 😉

  8. Heureka!!!
    Auch ein grünes Huhn findet mal ein Körnchen Wahrheit.

  9. Ich halte ein Auskehren des gesamten Bundestages für sinnvoller.

  10. Hauptsache es ist sauber – gelle?
    Die Kehrwoche ist ja auch was Feines. So verbindend und sozial…
    Vielleicht sollten die Baden-Württemberger auch in ihrer Landesregierung eine Kehrwoche einführen.
    Alles was nix taugt und weltweit negatives Aufsehen erregt, wird einfach rausgefegt.
    Als erstes wären da sicherlich die Bildungspolitiker mülltonnenbedroht. Haben die es doch in historisch kurzer Zeit geschafft, ein Bundesland vom Bildungs-Topniveau in Deutschland auf berlinerisches Unbildungsniveau zu regieren. Angeblich haben das Bildungswissenschaftler so! noch nie beobachten können. Bildungssterben im Zeitraffer sozusagen.
    Wozu die Sozis in Nordrhein Westfalen noch Jahrzehnte gebraucht haben, benötigen die hocheffizienten Grünschwaben nur wenige Jahre.
    Mittlerweile genießt diese beachtliche Unbildungsentwicklung sogar weltweite Beachtung.
    Naja, früher hieß es „Die Schwaben können alles, außer deutsch“. Jetzt heißt es eben „Die Schwaben können immer schneller immer weniger und das noch nicht mal auf deutsch“
    Schön zu sehen, dass bei der anscheinend stark wachsenden Inkompetenz im Ländle zumindest die Kehrwoche überlebt hat.
    Das nenne ich Werte bewahren – Wertkonservativ eben.
    Sauber!

  11. Richtig erkannt: Putzen hilft. Und wie! Auch Brillengläser kann und sollte man putzen. Das sorgt für klaren Durchblick. Man muss es aber regelmäßig machen, denn sonst lässt sich der Schmodder nicht mehr entfernen. Also, liebe grüne Umweltaktivisten, ans Werk!

  12. Köstlich! (Das ist ja wohl hoffentlich kein verspäteter Aprilscherz, oder?) Reifen- und Bremsabrieb stellen ja bekanntlich einen hohen Anteil an der Feinstaubbelastung. In sofern scheint es mir plausibel, aber auch peinlich für die Umweltverbände, wenn das stimmt. Blöd für die, jetzt müssen die doch tatsächlich die Grenzwerte nach unten anpassen. Bleibt nur zu hoffen, dass die auch ordentlich Knete für ihre Kampagnen aus dem Fenster warfen.

  13. Hallo Herr Douglas,
    vielen Dank für Ihren Artikel.
    Ob diese Kehrmaschinen auch links-grünen Filz entfernen können ?
    Die Luft in diesem Land ist doch nicht nur mit Feinstaub belastet.
    Wenn ich an Nizza, Berlin und Stockholm denke, dann ist der Schadstoffausstoss
    von LKW’s doch unser kleinstes Problem.

  14. Da müsste man halt mal Kehrwoche im Gemeinderat machen. Die gesamte grün/SPD Argumentation viz. Feinstaub ist ja wirklich postfaktisch, und m.E. durch keine Daten gedeckt (daß der Feinstaub hauptsächlich den Autos zuzuschreiben ist; Vgl. Autosperre in Mainz beim Besuch von G.W. Bush: NO2 ging runter, Feinstaub konstant).

  15. Grund 4: Wenn die Kehrmaschinen häufig genug fahren kommt vielleicht der Verkehr zum erliegen 😉

  16. Kehrwoche bitte auch in den Parlamenten, bei den kommenden Wahlen.

    Dann sind auch wieder ehrliche Diskussionen samt sauberen Lösungen möglich.

    Weniger Feinstaub durch unterstützende Strassenreinigung kann ich mir vorstellen.

  17. Die Frösche, ein lustig Volk. Fürwahr.
    Back to the roots, ähem stone age.

  18. Kehrwoche hatte ich auch in meiner Studentenzeit in Karlsruhe (Baden!) Da musste jeder der 8 Parteien alle 8 Wochen den Hof und Einfahrt fegen. Alle 2 Wochen war der Treppenabschnitt vor der Wohnungstür feucht zu wedeln. Für mich nichts neues, denn auch bei mir zu Haus ein Mannheim (Baden/Kurpfalz) war das Usus. Und selbst die Studentenwohngemeinschaft aus NRW mir gegenüber machten mit, weil sie eine derartige günstige Altbauwohnung in der Südstadt von Karlsruhe gerne behalten wollten. Sie machten sich zwar gerne lustig über die Schwaben (Ein Fauxpas. Karlsruhe ist die ehemalige Hauptstadt Badens und den Schwaben vor allen Dingen Stuttgart spinnefeind). Zumindest nach innen. Nach außen ist man Baden-Württemberger. Das Eliteland. Jetzt auch nicht mehr. Die Bayern haben wieder die Nase vorn.
    Kurz und knapp. Geschadet hat es nichts. Wer Kehrwoche gemacht hatte, hat es sich zweimal überlegt seinen Müll oder Kippe einfach auf den Boden zu schmeißen. Weil er wusste wie mühselig die Arbeit war und auch die Streitereien mit badischen Hausfrauen waren ob ihres Besens und resoluten Verhaltens nicht besonders erstrebenswert. Die Straßen waren auf jeden Fall sauberer und Hundekot darauf quasi unbekannt. Heute sieht es leider anders aus. Auch bei meiner ehemaligen Studentenbude.

  19. „Der Prüfkonzern DEKRA begleitet – sicherlich nicht schlecht dabei verdienend – das Projekt Kehrwoche.“ Nein, DEKRA verdient nicht daran. Sicher ist das auch eine gute Werbung, aber verdient wird damit nichts.

  20. Ich weiß was unsere Straßen wirklich verschmutzt. Nur leider lässt sich das auch mit der gründlichsten Reinigung und täglicher Kehrwoche nicht mehr säubern. Da werden noch unsere Kindeskinder Spaß dran haben.

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