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Minderjährige bei der Bundeswehr

Vorwürfe der sexuellen Gewalt an 17-jährigen Soldaten in Deutschland

14.03.2023

| Lesedauer: 2 Minuten
Die Bundeswehr nimmt jedes Jahr rund 1500 Soldaten neu auf, die noch minderjährig sind. An 15 von ihnen soll sexueller Missbrauch begangen worden sein. Eine TE-Anfrage zu diesen Vorwürfen läuft noch.

Die Wehrbeauftragte Eva Högl (SPD) stellt heute ihren jährlichen Bericht vor. In ersten Interviews, die sie unter anderem dem RBB gegeben hat, war von diesem Thema keine Rede:

Rund 1500 minderjährige Soldaten nimmt die Bundeswehr im Schnitt jedes Jahr auf. 15 dieser Minderjährigen sollen zwischen 2018 und 2022 Opfer von sexuellem Missbrauch geworden sein. Das geht aus der Antwort auf eine Anfrage hervor, die die Linke an die Bundesregierung gestellt hat. Angaben dazu, in wie vielen Fällen der Verdacht bestätigt wurde, macht das Verteidigungsministerium in dieser Antwort nicht. Eine entsprechende Anfrage von TE wurde bisher nicht beantwortet.

Seit 2004 gilt: Das Mindestalter für den freiwilligen Dienst liegt bei 17 Jahren. Während sich weltweit bereits 150 Länder dazu entschieden haben, nur über 18-Jährige ins Militär zu lassen, ist die deutsche Regierung anscheinend nicht daran interessiert, das Mindesalter anzuheben. Oder mit ihren Worten: „Eine vertragliche Verpflichtung zur Anhebung der Altersgrenze auf 18 Jahre besteht nicht“. Jedes Jahr rekrutiert die Bundeswehr durchschnittlich knapp 1500 Minderjährige – auch wenn diese laut Antwort in bewaffneten Konflikten oder „Feindseligkeiten“ nicht eingesetzt werden sollen.

In einem der Verdachtsfälle war der Beschuldigte laut Verteidigungsministerium minderjährig. In den anderen 14 Fällen waren die Beschuldigten volljährig. Zu den Konsequenzen dieser Vorwürfe heißt es in der Antwort lapidar und ausweichend: „Die Bundesregierung führt keine Statistik darüber, welche straf- oder disziplinarrechtlichen Maßnahmen in diesem Zusammenhang erfolgt sind.“

Dass unter der Ampelregierung „Gelder in Millionenhöhe“ in die Werbung für die Bundeswehr flössen, kritisieren die Abgeordneten der Linken, die die Anfrage gestellt haben: Żaklin Nastić, Andrej Hunko und Heidi Reichinnek. Die gezielte Werbung für die Bundeswehr verstoße gegen den „Beutelsbacher Konsens“, so diese Abgeordneten weiter. Der Beutelsbacher Konsens legt fest: Kinder dürfen in der politischen Bildung nicht „überwältigt“ werden; Alles solle kontrovers betrachtet werden, was auch in Politik und Wirtschaft als kontrovers gelte; Und den Schülern soll eine Orientierung geboten werden, damit sie politische Situationen und eigene Interessen analysieren können.

Auf den Social Media-Plattformen, auf denen die Bundeswehr Werbung für den Dienst schaltet und so Nachwuchs für sich gewinnen möchte, ist von dieser eingeforderten „Kontroversität“ kaum etwas zu erkennen – diese erreichen aber nach eigenen Angaben 1,4 Millionen Nutzer täglich. Es ginge darum, Karrieremöglichkeiten vorzustellen und die Community zu betreuen, wobei allerlei Waffen und Panzer vorgestellt werden. Was als Themen nicht auftaucht: Aufnahmerituale, Erfahrungen von der Front und eben sexueller Missbrauch im Dienst.

Während die ehemalige Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) die Jugendoffiziere als „ganz besondere – und im internationalen Vergleich einzigartige – Träger der politischen Bildung“ bezeichnet, kritisieren Abgeordnete der Linken, die Bundeswehr würde Schüler durch Werbevorträge von Jugendoffizieren überwältigen. Knapp 4.200 Vorträge haben Jugendoffiziere im vergangenen Jahr an Schulen und Hochschulen gehalten und damit rund 101.000 Jugendliche erreicht. Die Bundesregierung sagt, dass dabei „Kampfeinsätze nicht explizit thematisiert wurden“. Zudem kann davon ausgegangen werden, dass nicht thematisiert wurde, wieso für einen Prozent der minderjährigen Soldaten der Verdacht besteht, sexuelle Gewalt erlebt zu haben.

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12 Kommentare

  1. Das ist doch lächerlich, zu erwarten, daß aus einer solch geringen Zahl von Verfehlungen eine Verpflichtung folgen sollte, bei Rekrutierungsaktionen darauf hinzuweisen, genauso, wie es auch nicht nötig ist, zu erwähnen, daß Soldaten im Einsatz ihr Leben oder ihre Gesundheit verlieren können. Die katholische Kirche weist ja auch nicht darauf hin, daß Ministranten dem Risiko sexuellen Mißbrauchs ausgesetzt sein könnten. Wer solch geringes Vorstellungsvermögen hat, muß nicht glauben, daß alle Welt ihm darüber hinweghilft. In der Schule sollte man gelernt haben, die Interessen von Arbeitgebern und Werbetreibenden richtig einzuschätzen. Sicherlich wird der Entschluß, zur Bundeswehr zu gehen, von Eltern, Freunden, ja eigentlich jedem, dem er bekannt wird, kommentiert und das Für und Wider diskutiert.

  2. „Die gezielte Werbung für die Bundeswehr verstoße gegen den „Beutelsbacher Konsens“, so die Abgeordneten der linken Partei.
    Dass in den Schulen durch die mehrheitlich linksgrüne Lehrerschaft ständig gegen den „Beutelsbacher Konsens“ verstoßen wird bis hin zu erlaubter Antifa-Werbung hat die „Linke“ noch nie kritisiert.

  3. Man sollte sich doch einfach mal die Frage stellen, was dort passiert und vor allem, warum es überhaupt passiert.
    Die Antwort darauf, warum es passieren konnte ist sehr einfach zu beantworten, denn mit der damaligen BMVg Ursula von der Leyen bekam die Bundeswehr die Samthandschuhe verordnet. Soldaten haben kein Disziplin mehr und reagieren recht langsam auf Ansprache.
    Wenn die Linken tatsächlich wüssten, was in den Kasernen tatsächlich los ist, würden sie einen roten Kopf bekommen und nie wieder fragen. Sollte mal jemand erwischt werden, geht es nicht einmal bis zum Bataillonskommandeur hoch, selbst wenn Dienstgrade beteiligt sind. Kein Kompaniechef möchte einen Eintrag ins Klassenbuch, also hält man den Mund.
    Rückblickend auf meine eigene längere Dienstzeit kann ich zumindest versichern, dass so etwas bei uns nicht durchgegangen wäre.

    PS: Liebe Redaktion, bereits vor 40 Jahren haben wir bei der Bundeswehr auch 17-jährige Freiwillige aufgenommen, das Einverständnis der Eltern natürlich vorausgesetzt. Es ist also nichts Neues.

  4. 15 in 5 Jahren. Das sind 3 pro Jahr.
    Und „soll sexueller Missbrauch“ begangen worden sein.
    Warten wir also ab, was da weiter auf den Tisch kommt. Wenn sich eine Ulmer Studienrätin ja schon durch Wolfgang Koeppen in ihren Menschenrechten gedemütigt fühlen kann.
    Anderes aus dem Zivilleben fällt ja auch eher darunter. Erinnert sei nur an den bei TE geschilderten Fall des neu hinzu gekommenen und doch schon länger hier gut lebenden Syrers, dem der Richter aufgrund der Aussicht auf eine Arbeitsstelle eine gute Sozialprognose aussprach und diesen nach der Vergewaltigung einer Minderjährigen auf Bewährung laufen lies.

  5. Wo Massen junger Männer mit Massen junger Frauen zusammenarbeiten/leben, gibt es massenhaft sexuelle Kontakte jeder Art. Unvermeidlich leider darunter auch ilegitime oder sogar illegale.
    Ich halte die Zahl der gemeldeten Übergriffe angesichts von Zeitspanne und Zahl der Bundeswehrangehörigen für außerordentlich gering.
    An jeder Berliner Brennpunktschule dürfte die Zahl sexueller Übergriffe auf Minderjährige deutlich höher liegen. Ich sehe da gerade das Empörende nicht so ganz.

  6. „Eine TE-Anfrage zu diesen Vorwürfen läuft noch“. Und was hätte wohl der große Aufklärer Georg Christoph Lichtenberg (1742 – 1799) angesichts des hier vorgelegten Berichts gesagt? „Er kann die Tinte nicht halten…“ (Ders. „Sudelbücher“, Heft K [220]). Der Rest des Zitats, verehrte TE-Redaktion, Sei Ihnen gern geschenkt, denn ein wenig Mitleid scheint mir angesichts der hier zu diagnostizierenden Loquacitas praecox (keine Angst, ist nix Unanständiges, sondern könnte allenfalls mit ‚vorzeitiger Mitteilsamkeit‘ übersetzt werden) doch wohl angebracht…

  7. 15 „Fälle“ in 4 Jahren, wobei nicht einmal klar gesagt wird, welcher Art die „sexuelle Gewalt“ eigentlich war. Wie bekannt, reicht es in Zeiten von #MeToo bereits, wenn sich das „Opfer“ belästigt fühlt, da genügt ein flappsiger Spruch oder ein mißverstandener Blick, um an den medialen Pranger gestellt zu werden.

    • Ja, klar, jedes Verbrechen ist eines zu viel. Man müsste aber in der Tat genauer wissen, wie viele Übergriffe es sagen wir mal in 2022 gegeben hat und wem in welchem Alter was konkret angetan wurde, um die Lage einschätzen zu können. Anscheinend gibt es hierzu wohl keine verlässliche Statistiken.

      • Statistiken werden sie dazu auch gar nicht bekommen können, denn kommt es z. B. zu einem Vorfall unter den Mannschaften hat der Kompaniechef die Disziplinargewalt; es bleibt also in der Familie, wie man so schön sagt. Alle Vorkommnisse können natürlich zum Kommandeur hoch gemeldet werden, doch niemand hat Interesse daran, sich etwas ins Poesiealbum schreiben zu lassen, das die zukünftige Karriere etwas behindern könnte.
        Während meiner aktiven Dienstzeit gab es innerhalb von 4 Jahren gerade einmal 6 Disziplinarverfahren, die innerhalb der Kompanie geregelt wurden. Einem Unteroffizier ohne Portepee wurde eine Verhandlung vor dem Truppendienstgericht zuteil, weil er sich selbst töten wollte (Verkehrsunfall, Opel GT wurde unter Lkw gefahren).
        Zu Gewaltverbrechen ist es zu keinem Fall gekommen. Die Ursache liegt offenbar in dem Umstand, dass wir zu meiner aktiven Zeit auch noch durchgegriffen haben und die Soldaten zur Disziplin erzogen wurden.
        Wer weiß, dass ihm sehr empfindliche Konsequenzen drohen, verhält sich grundsätzlich anders als die heutigen Verteidigungsbeamten, die eben nicht gleich rausgeworfen werden, wenn sie in der Probezeit etwas angestellt haben.

  8. Vielleicht waren das keine „Soldaten“ sondern „Soldaternde“, die sich als nicht menstruierende Frau definierten. In Gagaland geht das doch, oderrrrr? Außerdem spannt sich der Regenbogen über ganz Gagaland, also auch Bundeswehr.

    • Vielleicht waren es auch menstruierende Frauen. Zu glauben, in Fällen sexuellen Missbrauchs sind stets Männer die Täter*:_innen ist falsch und eigentlich auch diskriminierend.

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