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Beschluss zur Bundesnotbremse II

Das Bundesverfassungsgericht folgte Drosten, dem auch die Bundesregierung folgte

17.12.2021

| Lesedauer: 2 Minuten
Wenn die Praxis des Bundesverfassungsgerichts im Verfahren Bundesnotbremse II Schule macht, kann sich die Bundesregierung die Urteile wohl demnächst selbst schreiben. Beide folgten schließlich derselben Expertise desselben Virologen: Christian Drosten. Andere Gutachter blieben weitgehend unerhört.

Einige Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts aus jüngerer Zeit sind bei der alten und der neuen Bundesregierung sicherlich mit großem Wohlgefallen aufgenommen worden. Das gilt wohl besonders auch für das Urteil zur „Bundesnotbremse II“, mit dem die Schulschließungen in der Pandemie nachträglich für rechtens erklärt wurden. Doch die Begründungen der Karlsruher Verfassungsrichter ziehen gerade bei dieser Entscheidung auch immer mehr Kritik und Zweifel an der Abgewogenheit der Verfahren auf sich. 

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In der Tageszeitung Die Welt macht der Publizist Jörg Phil Friedrich nun darauf aufmerksam, dass sich das oberste deutsche Gericht in seiner Begründung fast nur auf einen Gutachter beruft, auf den sich die Bundesregierung selbst bei ihren gesetzlichen Regelungen für verpflichtende Schulschließungen in Kreisen mit einer Inzidenz von über 165 – salopp Bundesnotbremse II genannt – auch berief: Christian Drosten, Direktor des Instituts für Virologie, Charité-Universitätsmedizin Berlin. 

Das Gericht hat nicht die Aufgabe zu entscheiden, ob politisches Handeln richtig oder falsch war, sondern ob die Politiker in verfassungsrechtlich vertretbarer Weise gesetzgeberisch gehandelt haben. Aber um das ausgewogen beurteilen zu können,  müssen sie selbstverständlich auch andere Expertisen heranziehen als diese Politiker selbst. Man sollte also, wie Friedrich schreibt, „erwarten, dass die Richter des Bundesverfassungsgerichts, die als informierte Bürger und Zeitungsleser sicherlich auch die Bedeutung des Berliner Virologen für die politischen Entscheidungen kannten, dessen Äußerungen und Stellungnahmen besonders kritisch mit denen anderer Forscher abgleichen würden.“

Es gab im Verfahren natürlich auch andere Gutachten als das von Drosten. Die Drostensche These, wonach Kinder ebenso infektiös seien wie Erwachsene und aufgrund größerer Kontaktintensität zum Infektionsgeschehen wenigstens genauso, wenn nicht mehr beitragen, wurde etwa von Stefan Willich, Direktor des Instituts für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitsökonomie der Charité, in einem Gutachten im Auftrag der Beschwerdeführer ausführlich kritisiert. Man hätte angesichts der nicht von Drosten kommenden Gutachten plausibel zu dem Schluss kommen können, meint Friedrich, dass die Schulen wenigstens für die jüngeren Schüler offen gehalten werden müssen, weil einerseits gerade für sie der Verzicht auf Präsenzunterricht besonders gravierend ist und weil andererseits jüngere Kinder eben nach Ansicht der überwiegenden Zahl der Gutachter nur wenig zum Infektionsgeschehen beitragen.

Aber diese Kritik kommt im Beschluss nicht vor. Das Bundesverfassungsgericht übernahm, wie Friedrich feststellt, in den entscheidenden Fragen nur die Argumente Drostens.

Wer nur dieselben Argumente desselben Experten anhört, wird auch zu denselben Schlüssen kommen. Das liegt auf der Hand. Unter dieser Bedingung könnte sich, salopp gesagt, die Bundesregierung das Urteil auch gleich selbst schreiben. 

Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts sind letztinstanzlich. Sie müssen von allen Bürgern und Institutionen akzeptiert werden. Aber darum müssen sie auch für alle akzeptabel sein und gerade deswegen ist es so wichtig, dass das Gericht nicht den geringsten Zweifel aufkommen lässt, dass es die ganze Breite der wissenschaftlichen Expertise in seine Entscheidungen einfließen lässt – wenn dies bei den regierenden und Gesetze beschließenden Politiker womöglich schon nicht immer der Fall ist. 

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23 Kommentare

  1. Da sagen Sie was ….. die Bundesregierung könnte sich die Urteile gleich selbst schreiben. Und ich habe den Eindruck, dass genau das passiert ist, dass Harbarth einen Entwurf eines Regierungsberaters erhalten hat, den er übernommen hat, denn genau so liest sich das alles. Es wäre naiv zu glauben, dass der Kontakt Harbarths mit Merkel nur aus diesem Abendessen bestanden hätte.

  2. Aber wo ist das Problem, sehr geehrter Herr Knauss? Die Deutschen haben sich, soweit wir das wissen, schon immer auf einen Willen bezogen und sind ihm bedingungslos gefolgt. Da kannten sie und kennen nicht Parteien, nur noch Deutsche. Älteren ist das als Nibelungentreue bekannt. Das wird sich nicht ändern. Deutsche taugen nicht, frei zu sein. Das kam immer von außen, frei sein zu wollen, d.h. unter hausgemachtem Diktat zu leben. Es ist halt eben heuer zur seltenen Abwechslung mal ein Mediziner, dem sie nachlaufen.

  3. Eine Verfassung ist nur was wert, wenn sie dem Worte nach beachtet wird und dabei spielt es keine Rolle, wer es verdreht, denn diese Manipulation ist der Schwachpunkt bestehender Gesetzgebung und Grundlage für Begierlichkeiten all jener, die das Stopsignal umfahren wollen, wohlwissend das es so nicht richtig ist und es trotzdem ausführen.

    Das sind eben Methoden unzivilisierter Zeitgenossen und die gibt es in allen Schichten und weil sie sich für außergewöhnlich halten ist der Rechtsbruch ein probates Mittel um sich darüber hinweg zu setzen und das gleicht eben der berühmten Räuberbande, was einst ein großer Heiliger in diesem Zusammenhang schon angeprangert hat.

  4. Zu glauben, dass das Bundesverfassungsgericht die einzige Institution wäre, die noch rechtsstaatlich agiert, ist schlichtweg total naiv.
    Bei der Neubesetzung von Posten ist in der Vergangenheit peinlich darauf geachtet worden, die „richtigen“ Leute an die entscheidenden Stellen zu befördern. Dieses BVG ist weder unabhängig noch ehrbar.

  5. Wir leben in einer pervertierten Technokratie, in der Wissenschaft nur noch dazu dient, sich selbst zu legitimieren. Propagiert wird nur, was die eigene Ideologie stützt. Wer das nicht tut, den bezeichnet man als Spinner oder ignoriert ihn im besten Fall einfach.

  6. Die braven Parteisoldaten des BVerfG setzen die Befehle der Parteizentralen um. Mit der Gewaltenteilung hat sich der Rechtsstaat erledigt.

  7. Schwache, nach politischem Proporz (mit Ausnahme der AfD) orientierte Besetzung; schwache, einseitig regierungsfreundliche Verhandlungsführung; sehr schwache, durchsichtige Begründungen und damit sehr schwache Urteile aus denen die politische Ideologie und Voreingenommenheit förmlich trieft.
    Das in der Vergangenheit mit Scharfsinnigkeit und konsequentem Schutz der Bürgerrechte vor übergriffiger Executive verdiente, hohe Ansehen der Institution wurde mit wenigen Federstrichen leichtfertig und kichernd verspielt. Vergessen wir bis auf weiteres die Institution BVerfG. Sie ist für die elementaren, deutschen Bürgerreche leider so gut wie tot und eine Wiederauferstehung nicht in Sicht.

  8. ……in den usa geht es durchaus auch gegen drosten in class action verfahren, die demnächst zur verurteilung kommen werden! darin geht es dann um milliarden dollar schadenersatz! ob drosten das bezahlen kann? mit den urteilsgründen und beweiswürdigungen geht es dann auch in deutschland oder international oder per sondergerichtsverfahren gegen die schädiger los! es wird niemand von diesen davonkommen!

  9. Sollte die so genannte Regierung wirklich Prof. Dr. Drosten folgen? Es ist hinlänglich eine offenkundige Tatsache, dass der „ehrenwerte“ Prof. Dr. Drosten beim Institut für Virologie Campus Charitè beschäftigt ist und die Charitè wie von 1933-1945 auch heute sehr Regierungsnah (finanziell) abhängig sein soll. Somit wäre eine Meinungsgestaltung der Regierung über die Charitè durch Prof. Dr. Drosten auch heute denkbar. Auch die von Prof. Dr. Drosten vorhergesagten und nicht eingetretenen Grippenepedemien der letzten 12 Jahre einschließlich der Vogelgrippe (da warten die Vögel heute noch drauf) können über die Jahre eine gute Möglichkeit gewesen sein, die Sensibilisierung (Angststeuerung) der breiten einfachen Masse vorzubereiten. Den leider angsterfüllten Erfolg dieser Aktionen kann in allen Landen der Bundesrepublik beobachtet werden.

  10. Ich haben den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zwar zur Kenntnis genommen, akzeptieren werde ich dieses tendenziöse, politische Rechtsprechung ganz sicher nicht.
    Für mich ist das Bundesverfassungsgericht geführt, befangen und wie man sehen kann ganz sicher nicht unabhängig.
    So lange Politiker der Altparteien aus Bundestag und Bundesrat die Richterposten besetzen, ist eine unabhängige Justiz nicht möglich.

  11. In Deutschland gibt es nur noch eine Einheitsmeinung, die von den Staatsorganen vertreten und den Einheitsmedien verkündet wird. Es muss nicht einmal eine offizielle Zensurbehörde her, alle agieren in einem Akt vorauseilendem Gehorsam. Auch die offiziellen Umfragen, bringen nur eine Einheitsmeinung zustande. Deutschland besteht nach offizieller Meinung zu 95% aus woken, selbstvergessenen, opferbereiten Menschen, die lieber auf die eigene, erarbeitete Rente verzichten, als dass ein Migrant auf irgendwas verzichten muss. Menschen, die jeden Impfverweigerer mit unauslösslichem Hass verfolgen und alles glauben, was die Regierung ihnen vorsetzt.

  12. Früher war das Bundesverfassungsgericht noch eine ehrwürdige Institution, die der Politik – ob schwarz oder rot – durchaus dazwischen gegrätscht hat. Das Problem ist generell die Politisierung der Richter. Ob eine Wahl daran etwas ändert, erscheint mir zweifelhaft. Dass allerdings ein stellvertretender Fraktionsvorsitzender zum Präsidenten bestellt wird, der sämtliche Bedenken sogleich eindrucksvoll bestätigt, ist allerdings eine Schande!

  13. Nach den “ Ampel-Plänen “ sollen jährlich 400 000 Migranten nach Deutschland umgesiedelt werden. Aufgrund des BVG-Beschlusses zur Rettung der “ Greta-Generation “ wäre dies verfassungswidrig, da hierdurch eine unverhältnismäßige schädliche CO2 Erhöhung verbunden ist. Werden diese Urteile eigentlich nur so ausgelegt, wie man sie gerade braucht? Man muss die Urteile, die sich die Politik zu ihren Gunsten bestellt, auch mal anders herum betrachten. Warum macht das keiner?

  14. wozu sich aufregen?
    ich habe dieses „Gremium“,also diese „Scheinveranstaltung“ genannt Bundesverfassungsgericht,schon abgeschrieben,als der ehemalige MP Müller allen Ernstes dort Richter werden durfte….
    da wird der Bock zum Gärtner gemacht und DARAUF soll man dann als „neutrale“ oberste Rechtsquelle vertrauen?

  15. Als „normaler“ Bürger sollte das nicht mehr überraschen, nur System-verliebte Juristen dürften noch überrascht sein. Vielleicht wachen ein paar auf und gehen jetzt auch auf die Straße, da sie feststellen müssen, daß ihre schön sortierten Wortsammlungen im Angesicht dieser Machtkonzentration wertlos sind.

  16. Die Kritik ist vollkommen zutreffend. Aber das BVG reiht sich nahtlos ein in das Selbstverstädnis der Bundestagsabgeordneten der Systemparteien. Es ist die „Einheitsfront“. Ein wenig kaschiert mit Scheingefechten, wenn überhaupt. Ansonsten sind sich die Gewalten doch einig. So funktioniert Postdemokratie. Das Stimmvieh glaubt, dass es etwas mit einem Kreuzchen bewegen kann? Na dann, viel Erfolg.

  17. Bei diesen Richtern am BVerfG kann man es sich sparen dort Recht zu suchen.
    Man wird es nicht bekommen. Das Grundgesetz ist diesen Gestalten scheinbar vollkommen fremd.
    Merkel hat ganze Arbeit geleistet und dort treue Paladine installiert.
    Deutschland hat mit diesen Richtern keinerlei Berechtigung mehr andere Länder wie Polen oder Ungarn zu kritisieren.
    Deutschland und Rechtsstaat aus und vorbei.

  18. Wie beim Klimaurteil folgen also die Richter genau den „Experten“ und „Wissenschaftlern“, die auch der Bundesregierung genau das einhauchen, was diese hören wollen und mit dem linksgrünen Zeitgeist deckungsgleich ist. Wozu brauchen wir dann noch ein Verfassungsgericht, wenn es letztlich der Regierungslinie hundertprozentig folgt? Als Hüter der Verfassung ist das BVG mithin ein Totalausfall. Bleibt am Ende nur noch das Widerstandsrecht des Volkes nach Artikel 20 Absatz 4 GG.

  19. Warum verwundert mich das jetzt nicht mehr? Im Gegenteil, ich wäre verwundert wenn es sich plötzlich anders verhalten hätte.

  20. Wie konnte der Merkelianer Harbarth (CDU) auf diesen Posten gelangen? Aber auf Ungarn und Polen schimpfen. Welch widerliche Heuchelei

  21. Richtig dürfte der Satz sein“ … dann können sich die Politiker das Urteil gleich selbst schreiben“, wir sind doch längst mit diesem BVerfG an diesem Punkt angekommen, oder irre ich da?

  22. Das Bundesverfassungsgericht vertritt längst nicht mehr die verbrieften Rechte der Bevölkerung, des eigentlich Staatssouveräns.
    Dieses einst unabhängige Gremium wurde von Merkels Gnaden zu einer 2.rangigen Unterabteilung des Kanzleramts degradiert:
    Sachgebiet Verfassungs-Nodging

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