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POLNISCHE JUSTIZREFORM

EU-Debatte über Polen – endloses Tadeln und semantisches Chaos

01.12.2021

| Lesedauer: 8 Minuten
Polens Premier Mateusz Morawiecki hat vor einigen Wochen vor einem „Dritten Weltkrieg“ gewarnt, den Brüssel lostreten möchte. Es ist ein sehr publizistischer Begriff, jedoch keineswegs ein intellektueller Lapsus. Die Konstruktionsfehler der EU bedürfen offenbar einer historisch aufgeladenen Sprache. Ansonsten werden sie überhört.

Man könnte eigentlich annehmen, dass einer EU-Kommissarin der Inhalt eines EU-Grundlagenvertrags vertraut sein müsste. Der tschechischen Politikerin Věra Jourová, die in Brüssel seit 2019 für „Werte und Transparenz“ zuständig ist und sich dort vorher mit „Justiz, Verbraucherschutz und Gleichstellung“ befasste, wird der Satz zugeschrieben, sie sei durch den Kommunismus im eigenen Lande historisch „sensibilisiert“ worden. Sie habe die Diktatur am eigenen Leib erfahren und verfüge daher über ein sicheres Gespür für „Paradoxa sowie Ungereimtheiten“ in den heutigen parlamentarischen Demokratien. Deshalb seien beide Ämter auf sie persönlich zugeschnitten.

Darf man ihre Worte für bare Münze nehmen? Wohl kaum. Mit politischen Nebelkerzen und der Schlagkraft emotionsgeladener Formulierungen verteidigt Jourová heute die Wertmuster und Handlungsmaximen jener Machthaber, gegen die sie einst opponierte. Im Gespräch mit einer Gruppe polnischer Journalisten machte sie unlängst jedenfalls nicht den Eindruck, dass sie von ihrem festgefahrenen Argumentationsgerüst abweichen würde. Kaum sind die fiesen Gerüchte über die „unmenschliche“ polnische Asylpolitik verstummt, lesen wir nun wieder den nächsten Abschnitt des Fortsetzungsromans „Rechtsstaat unter Druck. Polen und die Rolle der EU“.

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Mit einem effektvollen Paukenschlag hat jüngst die EU-Kommission erneut Sanktionen in Richtung Warschau angekündigt. Sofern die Disziplinarkammer am Obersten Gericht nicht abgeschafft werde, müsse Polen mit Vergeltungsmaßnahmen rechnen. Oder etwas freundlicher ausgedrückt – mit finanziellen Sanktionen. Somit würden erst einmal keine Mittel aus dem EU-Aufbaufonds gen Osten fließen. Lässt sich aus polnischer Sicht der Streit mit Brüssel noch beilegen? Nein, natürlich nicht.

Denn auch, wenn Ministerpräsident Mateusz Morawiecki schon morgen in Straßburg das vorläufige Ende der polnischen Justizreform verkündete, würde der Druck auf Warschau kaum abnehmen. Denn es geht hier längst nicht mehr um die Justizreform. Nach dem Regierungsantritt der Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) im Herbst 2015 war die Disziplinarkammer noch gar nicht installiert und schon wurden in Brüssel, Strasburg und Luxemburg in vorauseilender Panik die schwersten Geschütze aufgefahren. Die unbegründete Kritik an der polnischen Asylpolitik im Zusammenhang mit der von Minsk aus gesteuerten Migrationskrise belegt doch nur, dass die Justizreform stets nur eine von vielen Angriffsflächen war. Man mag dies in Anführungszeichen setzen oder nicht, aber es geht hier schlichtweg darum, eine Regierung zu stürzen. Um eine politische Amokfahrt, die aus Sicht der Brüsseler Beamtenschaft kein zufriedenstellendes Ende nehmen wird, solange in Polen die Konservativen an den Schalthebeln sitzen. Ob Kohlekraftwerk oder Abtreibungsrecht, Medien oder Frauenrechte, Justiz oder Wirtschaft – morgen und übermorgen werden den juristischen Heckenschützen in Luxemburg die nächsten Munitionen geliefert.

Zu den Werten der christlichen Ideengeber unserer europäischen Gemeinschaft gehörte einst der unanfechtbare Grundsatz, dass die Entscheidungsträger in Brüssel oder Luxemburg zu keinem Zeitpunkt in die nationale Rechtsprechung eines souveränen Mitgliedstaates eingreifen durften. Věra Jourová behauptet, ihre kritische Meinung über den aktuellen polnischen Justizminister Zbigniew Ziobro werde von einigen „überaus angesehenen polnischen Richtern“ (sic!) geteilt. Zudem habe ein polnischer Rechtsexperte aus Australien behauptet, die von der PiS angestoßene Reform sei „undemokratisch“. Dies reiche wohl aus, um eine Lawine loszutreten und die Maßnahmen der polnischen Regierung a priori als „undemokratisch“ herabzustufen. Keiner hat nachgeschaut, wer vor 2015 in den Gerichten saß und teilweise immer noch sitzt. Niemand weiß, dass der „Rechtsprofessor“ aus Sydney längst als Tusk-Vertrauter entlarvt wurde und heute der oppositionellen Linken applaudiert. Außerdem sollte man einmal die Disproportionen zwischen den in Luxemburg vorgebrachten Vorwürfen und dem tatsächlichen Charakter der Reformprojekte der PiS betrachten. Wenn diese nämlich abgeschlossen sind, wird das polnische Gerichtswesen weitaus demokratischer sein als in anderen EU-Ländern.

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Es ist inzwischen kein Geheimnis mehr, dass im polnischen Justizwesen eigentlich erst jetzt – 32 Jahre nach dem politischen Umbruch – einschneidende Veränderungen vorgenommen werden, die bereits 1989 notwendig gewesen wären. Noch heute finden wir auf vergilbten Titelseiten der New York Times oder Le Monde ein Foto vom berühmten Runden Tisch, der von einigen unverbesserlichen Marxisten immer noch als Sinnbild der „samtenen Revolution“ bemüht wird. Tatsächlich erzeugten die Aufnahmen aus Warschau damals so etwas wie Aufbruchstimmung. Was aber erst später ersichtlich wurde: Hinter der trügerischen Fassade einer „friedlichen Revolution“ kam es zu einem Schulterschluss kommunistischer Machthaber wie Wojciech Jaruzelski (verantwortlich für das Kriegsrecht von 1981) und vermeintlichen Demokraten wie Adam Michnik, die die Machtbefugnisse unter sich aufteilten.

Kurzum: Nicht nur, dass die Kommunisten ihrer Macht nicht entledigt wurden, sie konnten sie darüber hinaus noch im freien Polen entfalten, besonders im Justizwesen. Als im Juni 1992 eine konservative Regierung versucht hatte, die Mitläufer und Profiteure des totalitären Systems zur Verantwortung zu ziehen, wurde sie über Nacht gestürzt, übrigens mit tatkräftiger Beteiligung des künftigen Premiers und EU-Ratspräsidenten Donald Tusk. Der Wyborcza-Herausgeber Michnik, damals längst schon ein enger Freund des postkommunistischen Staatschefs Aleksander Kwaśniewski, fauchte die konservativen „Ruhestörer“ an: „Pfoten weg vom General!“ Er meinte damit Jaruzelski.

In den frühen Neunzigern hat in Polen also etwas stattgefunden, was wir heute mit dem Begriff „Cancel Culture“ versehen würden. Hier wurden bestimmte Exklusionsverfahren in Gang gesetzt, mit dem Argument: „Lasst die Kommunisten in Ruhe, der Krieg ist doch schon vorbei.“ Was Michnik und seine medialen Gefolgsleute offenkundig nicht begriffen (bzw. absichtlich verschleierten), war die Tatsache, dass man keinen Krieg mehr führen musste, um einige PZPR-Bonzen zu entmachten.

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Wie auch immer: Die notwendigen Reformversuche blieben jedenfalls aus. Manche dubiosen Personen, die gegenwärtig in den westlichen Tageszeitungen als engagierte PiS-Kritiker auftreten, haben in den dunkelsten Jahren Solidarność-Anhänger verurteilt und Täter aus der polnischen Milicja entlastet. Es ist freilich eine traurige Ironie der Geschichte: Als Premier Morawiecki zuletzt das polnische „Nein“ zum EuGH-Urteil verteidigte, wurde die Situation im EU-Parlament immer wirscher. In Erscheinung traten ebenfalls einige polnische linke Parlamentarier, darunter die ehemaligen Regierungschefs aus dem sogenannten „Linksbündnis“: Włodzimierz Cimoszewicz, Leszek Miller und Marek Belka. Alle drei haben das totalitäre System gleichsam mit der Muttermilch aufgesogen und wagten es dennoch, in Straßburg den antikommunistischen Widerstandskämpfer und Vertreter einer frei gewählten polnischen Regierung über rechtsstaatliche Angelegenheiten zu belehren.

Es gibt aber noch ganz tagesaktuelle, prosaische Gründe für die gesellschaftliche Befürwortung der Justizreform, wie beispielsweise die im Richterstand verbreitete, ungeahndete Korruption. Es wird oft vergessen, dass sich 70 bis 80 Prozent der polnischen Bürger einschneidende Veränderungen in der polnischen Gerichtsbarkeit wünschen. Die Gerichtsverfahren verlaufen schleppend, die Urteile seien intransparent. Vor 2015 gab es in diesem Bereich einen drastischen Rückgang demokratischer Standards, die erst jetzt mühsam wiederhergestellt werden. Zudem wurde die aktuelle Regierung mehrfach in demokratischen Wahlen im Amt bestätigt. Die Justizreform wurde im Wahlprogramm angekündigt, gleichfalls bei der zweiten siegreichen Wahl im Jahr 2019. Indessen versuchen die regierungskritischen Medien den Eindruck zu erwecken, die PiS verfüge über keine Mehrheiten. Das Koalitionsgefüge sei „brüchig“ geworden und es wird ja ohnehin jeden Monat eine neue Regierungskrise ausgemacht.

Dabei ist die Partei von Jarosław Kaczyński nach rund sechs Jahren immer noch sattelfest beim Ritt über die zu beherrschenden Politikfelder. Seit 2015 behauptet Donald Tusk, der ein Bündnis mit der postkommunistischen Linken eingegangen ist, dass sein Widersacher dem Untergang geweiht sei. Auf der letzten PO-Kundgebung in Warschau waren einige Tausend Menschen zugegen. Vermutlich haben die restlichen Millionen Polen ihre Züge verpasst.

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In einem Interview mit der „Financial Times“ hat Premier Morawiecki zuletzt vor einem „Dritten Weltkrieg“ gewarnt, den die EU vom Zaun breche. Es war ein sehr publizistischer Begriff, aber kein intellektueller Lapsus. Der polnische Regierungschef hatte ihn bewusst gewählt, um hervorzuheben, dass die polnische Justizreform vor allem auch in Deutschland widerrechtlich angegriffen wird. In der britischen Tageszeitung weist er nicht unzutreffend auf bestimmte Konstruktionsfehler der EU hin. Der PiS-Politiker betont zurecht, dass im Hinblick auf Polen mit zweierlei Maß gemessen wird.

Die polnischen Richter werden von einem Landesjustizrat gewählt, deren Auslese wird von Juristen getroffen, die keiner politischen Partei angehören, während einige Bundesverfassungsrichter in Karlsruhe bis heute ihre Parteiausweise nicht abgegeben haben. In Polen wäre so etwas undenkbar. Über die Unbefangenheit deutscher Richter wird hierzulande in diesen Tagen viel diskutiert. Auch deutsche Publizisten verweisen darauf, dass die personellen Auswahlverfahren im Gerichtswesen alles andere als unpolitisch sind.

Das letzte Urteil des polnischen Verfassungsgerichts ist in der EU kein Präzedenzfall. Die Richter in Warschau stellten lediglich fest, dass nationales Recht über dem europäischen stünde, nicht zuletzt und vor allem im Justizwesen. Die Richter in Karlsruhe haben im Mai 2020 festgestellt, dass die Europäische Zentralbank mit ihren milliardenschweren Anleiheankäufen den Bogen überspannt hätte. Nun behaupten einige Kritiker, diese Urteile dürfe man nicht miteinander vergleichen. Wieso eigentlich nicht? Die Urteile unterscheiden sich allenfalls an der Oberfläche. Beide verweisen auf die Überschreitung der EuGH-Kompetenzen. Der entscheidende Unterschied ist, dass in Polen Empfehlungen der judikativen Gewalt nicht lediglich in der symbolischen Sphäre verbleiben bzw. nicht von politischen Entscheidungsträgern ignoriert werden.

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Diese Nuancen werden in den deutschen Medien aber viel zu selten akzentuiert, denn auch die Interviews mit Mateusz Morawiecki oder dem polnischen Außenminister Zbigniew Rau können nicht zum deutschen Leser durchdringen, wenn bereits im Titel oder Kommentar vom „Polexit“ sowie einer „nationalistisch-populistischen“, „fundamental-katholischen“ und „radikal-rechtsverorteten“ Regierung gesprochen wird. Offenbar wird im Westen auch das Epitheton „katholisch“ pejorativ gebraucht, was sich manchen Polen nicht ganz erschließen will. Jedenfalls wird häufig schon in der Einleitung des Artikels eine sachliche und konstruktive Auseinandersetzung mit der polnischen Justizreform zunichte gemacht.

Und was denken die Polen darüber? Nicht alle sind von einer solchen Berichterstattung angetan. Nach fast 50 Jahren kommunistischer Herrschaft sehen wir im Westen plötzlich junge Menschen in roten Kleidern, die nichts an der marxistisch-leninistischen Symbolik auszusetzen haben. Wenn obendrein ehemalige „Handelsblatt“-Chefredakteure öffentlich fordern, man müsse Polen „umerziehen“, dann haben wir es entweder mit einem traurigen Witz oder eklatantem Unwissen zu tun (beides ist verwerflich).

Doch auch ein Gabor Steingart lässt sich überbieten. Wenn nämlich der EU-Abgeordnete und frühere belgische Premier Guy Verhofstadt allen Ernstes behauptet, die PiS spiele mit ihrer Justizreform Putin in die Hände, dann werden wir zu Zeugen einer ungewollten Slapstick-Einlage. Denn unter uns: Der an die polnische Regierung adressierte Vorwurf, sie sei „russlandfreundlich“, während sie sich seit Jahren mit zahllosen energiepolitischen Projekten vom einstigen Okkupanten zu lösen sucht, beweist einmal mehr, dass wir es in Straßburg nicht nur mit einem politischen Zirkus zu tun haben, sondern auch mit einem semantischen.

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Dennoch hält Polen weiterhin an der EU fest. Ende Oktober hat Morawiecki in einem Gastbeitrag für die Welt betont, dass Polen nicht aus der Gemeinschaft austreten wolle. Allerdings meint er damit eine, die ihre Heterogenität anerkennt und nicht dem trügerischen Zauber Altiero Spinellis erliegt. Der polnische Premier schreibt, dass sich die EU mit „imaginären Problemen“ befasse. Tatsächlich sehen wir einen Machtapparat mit vielen überbezahlten Funktionären, die sich eher auf vegane Kultur und vermeintliche Homophobien konzentrieren, statt einer weiteren Migrationskrise vor der eigenen Haustür entgegenzuwirken. Viele Polen fragen sich zurecht, weshalb das EU-Parlament überhaupt noch existiert. Die EU-Kommission und der Europäische Rat verfügen zumindest noch über einige Aufgabenfelder, während Straßburg offensichtlich lediglich als Bühne für zweitrangige Politiker dient. Wir sehen dort Hunderte ausländische EU-Abgeordnete, die nichts mit den polnischen Wählern zu tun haben und es sich nichtsdestotrotz erdreisten, über sie herzuziehen.

Ebenso die These, Polen sei nur wegen den zu vergebenden Mitteln an einem EU-Verbleib interessiert, stößt in Warschau auf Unverständnis. Wir haben im Zuge des EU-Beitritts einen intellektuellen Aderlass erlebt, wie vielleicht nie zuvor. Millionen junge Polen sind in den Westen ausgewandert, noch bevor die wirtschaftliche Erholung spürbar wurde. Sie zahlen dort ihre Steuern. Dem EU-Aufbaufonds hat die polnische Regierung zwar zugestimmt, doch auch in diesem Kontext ist man sich nicht ganz sicher, ob dies langfristig ausschließlich mit einem positiven Ertrag verbunden ist oder ob wir nicht eher auf eine Schuldenunion zusteuern, in der Polen für die Schulden reicherer Mitgliedstaaten mitbezahlen muss. Vermutlich ist auch der Westen nicht sonderlich daran interessiert, dass Polen von dem sinkenden Schiff springt. Das osteuropäische Land ist keine „verlängerte“ Werkbank mehr, sondern der fünftgrößte Handelspartner Deutschlands.

Die meisten Polen haben jedoch derweil vernommen, dass sich hinter den an zahlreichen Spielplätzen angebrachten EU-Hinweisschildern extrem politisierte Institutionen verbergen, in den Kanäle für bestimmte Ideologien entstehen. Dies mag zwar deutsche Leser in Erstaunen versetzen, aber auch Donald Tusk hat diese Entwicklung einst mit Sorge betrachtet. Vor den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen 2005 hat der PO-Vorsitzende seine Wählerschaft dazu aufgerufen, sich gegen den „Verlust christlicher Werte“ in der EU aufzulehnen. Nebenbei hat er noch schnell kirchlich geheiratet. Als er dann allerdings zu einem integralen Bestandteil dieses Systems wurde und bemerkte, dass die politischen „big points“ woanders zu holen sind, hatte er am Antiklerikalismus plötzlich nichts mehr auszusetzen.

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Die Realität sieht jedoch anders aus: Der schmerzhafte Prozess des Brexit und das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu den Staatsanleihekäufen sind auch in Deutschland deutliche Warnsignale, die es wahrzunehmen gilt. Die europäische Integration ist an einem Wendepunkt, wobei deren zentralistisches Vertiefen sich nicht mehr als eine erfolgreiche Strategie behauptet. Dennoch wird die neue Bundesregierung die Idee eines föderalistischen europäischen „Superstaats“ weiterhin forcieren. Die Pandemie hat sich hierbei als ein „Momentum“ erwiesen, um dieses Konzept auszubauen und beiläufig einige „Gegner“ zu kreieren, die nicht „mitspielen“ wollen.

Und trotzdem: Es gibt Hoffnung. Sogar in Frankreich (wenn auch nicht im Élysée-Palast) stellt man plötzlich hier und da betroffen fest, dass ein „Hamilton-Moment“ keineswegs auf Europa übertragbar ist. Die EU-Mitgliedstaaten können mit ihren höchst unterschiedlichen Kulturen und Geschichten nicht einfach einem Zentralorgan unterworfen werden. Das wäre nicht nur unklug, sondern verrückt. Die Konsequenzen einer solchen „Balkanisierung“ Europas mag man sich gar nicht vorstellen.

In unseren Medien wurde bereits viel Tinte über die vermeintliche Unwissenheit von manchen EU-Abgeordneten über die Lage in Polen und Ungarn vergossen. Dieser Umstand ist zwar in der Tat nicht besonders erbaulich, aber vielleicht liegt darin auch eine Chance. Wenn nämlich der CSU-Politiker Manfred Weber apodiktisch anführt, die Mehrheit der polnischen Gesellschaft stünde eigentlich hinter Donald Tusk, dann ist er offenbar desinformiert worden. Vielleicht sollten einige Herrschaften in Brüssel und Straßburg einfach mal neue „östliche“ Horizonte erschließen.


Wojciech Osiński ist Deutschland-Korrespondent des Polnischen Hörfunks

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22 Kommentare

  1. Der Widerstand wächst. Die EU ist noch lange nicht dort wo die Bürokraten in Brüssel sie haben wollen. Polen und Ungarn könnten aus dem Verein austreten wie GB. Frankreich könnte mit einem neuen Präsidenten einen National.Konservativen Weg einschlagen. Damit wäre das “ Zentralgestirn” der EU zerstört. Der Club Med wird den Zerfall der EU nicht aufhalten. Allenfalls eine Allianz einiger Nordstaaten würde noch eine Rest EU bilden. Der Euro wäre damit auch tot. Es gibt keine europäisch Nationale Identität. Es gibt nur die Identitäten der Nationen.

  2. Ich kann mich als Deutscher nur bei meinen tschechischen und polnischen Nachbarn entschuldigen. Die EU ist ein faschistisches Projekt. Wehrt Euch ! So wie damals. Ihr macht alles richtig ! Frieden, Freiheit, keine Diktatur.

  3. Diese ganze Farce wird noch absurder, wenn man sich die Hintergründe anschaut, die der Artikel leider nur anschneidet.

    Ein Rasenhersteller (Xero Flor) verklagte den polnischen Staat, weil dieser wohl mittels eines Zuchtprogramms für die Jagd Wildtiere züchten ließ, die sich dummerweise auch auf dem Boden dieser Firma ernährten, wo Rasen gezüchtet wurde.

    Wie dem auch sei: Bereits auf regionaler Ebene wurde ihm das Recht zugebilligt, allerdings nur ein Teil der geforderten Entschädigung zugesprochen. Das Ganze ging dann in Berufung bis zum obersten Gericht. Daneben wollte diese Firma noch drei Fragen wegen der Verfassungsmäßigkeit der Involvierung des Umweltministeriums und dem Jagdrecht an den Verfassungsgerichtshof stellen. Keine der Instanzen sah darin eine Notwendigkeit, weil in der ganzen Zeit nicht einmal begründet wurde, inwieweit denn die verfassungsrechtlich verbrieften Rechte genau eingeschränkt wurden. Selbst der oberste Gerichtshof in Warschau hatte zwar die vorigen Urteile bzgl. der Entschädigung bestätigt, aber keine Instanz hat die Entschädigung erhöht, sondern jede Instanz hatte sich einfach darauf berufen – und das ist nun mal so – das man eine gewisse gesetzliche Höchstgrenze für solche Entschädigungen hat.

    Es kam also, wie es kommen musste: Nachdem dieser Fall bereits überregionale Bekanntheit in Polen erreicht hatte, und die PR der Firma ihren Tiefpunkt unterschritten hatte, hatte diese nichts Besseres zu tun, als eine Verfassungsbeschwerde an das Verfassungsgericht einzusenden – mit genau diesen Fragen. Und der Verfassungsgerichtshof tat, was er tun musste – der Fall wurde aufgenommen, und es wurde darüber entschieden, ob der Fall angenommen werden soll. Und auch hier stellte der Verfassungsgerichtshof bereits fest, dass Xero Flor nirgendwo gescheit begründen konnte, wieso davon verfassungsmäßige Rechte betroffen sein sollten. Es gab hierüber eine knappe Entscheidung (3:2). All das war zu lesen und öffentlich, denn im Gegensatz zum deutschen BverfG muss der polnische Verfassungsgerichtshof solche Entscheidungen auch begründen.

    Xero Flor hatte diese Entscheidung wieder nicht akzeptiert und ist zu dem EGMR gerannt. Dieser hatte dann entschieden, dass die Wahl einer der Richter nicht verfassungskonform gewesen sei, und hier der Artikel 6 der EMRK verletzt worden sei, weswegen diese Entscheidung nichtig sei, und Xero Flor eine Entschädigung eingestanden, die weitaus höher war. Dazu sollte man noch Folgendes wissen: Unter der vorher herrschenden PO gab es fast 20 Jahre lang keine Reformen, das Verfassungsgericht war hoffnungslos überlastet, es war auch unter den herrschenden Altkommunisten wohl kaum ein Hüter der Verfassung. Und die PO hatte ja am Ende sogar noch das Wahlergebnis versucht als illegitim darzustellen. Als alles nicht geholfen hat, hat die PO dann Richter in den vorzeitigen Ruhestand versetzt, um noch mehr eigene Richter vor der Amtsübernahme durch die PiS einzusetzen, obwohl die Wahlen schon längst gelaufen waren.

    Man muss wirklich nicht mit der PiS einer Meinung sein: Die PiS ist für mich ein erzkonservativer, nationalistischer Haufen, der wohl nur sein eigenes Wohl im Sinne hat, und kaum altruistisch gehandelt hat, als man im Winter 2015 die Regeln über Bord geworfen hat. Aber – und das sollte man auch dazu sagen – hat die pro-europäische PO sich vorher jahrelang einen fetten Bauch angesammelt, und die Korruption gedeihen lassen, auf der sie dann gesegelt sind. Und zweitens: Die Polen hatten die Schnauze voll von diesem Verein, was wohl auch kaum unverständlich ist. Die PO hat übrigens seit ihrer letzten gewonnenen Wahl 2011 nur Stimmen verloren und ist heute von über 200 Sitzen ursprünglich auf 134 in der Sejm abgestürzt, und abgesehen von westpolnischen Regionen hat sie überall auch sonst massiv eingebüßt.

    Noch dümmer finde ich da den Konfrontationskurs der EU. Es gab erst vor etwas mehr als 30 Jahren die Sowjetunion, und jetzt kommt man auf den tollen Gedanken, den Polen erzählen zu wollen, was richtig und falsch ist, und das im Sinne eines supranationalen Gerichtes, das auch in Europa sonst ziemlich viel Gegenwind von den jeweiligen Verfassungsgerichten bekommen hat? Was hätte der polnische Gerichtshof denn sonst urteilen können? Alles super, ihr habt recht, wir haben Mist gebaut, EU-Recht > polnisches Recht?

  4. Tiefgründig und mit sehr wichtigen Informationen für mich.
    Das , was man uns hier über Polen oder Ungarn versucht unter die „Weste“ zu schieben, denn von klaren Informationen aus unseren Medien zur Lage in Polen kann man nicht reden, das ist gelinde gesagt für mich schon fast Rufmord an Polen, oder Ungarn.
    Was bitte schön würde passieren wenn Polen nicht EU Recht durchsetzen würde, in dem es die Außengrenze schützt?.
    Ich möchte mir das Geschrei aus Brüssel von der gescheiterten von der Leyen oder unseren Politstrategen des Irrsinnes nicht vorstellen.
    Ich bin ein Freund des europäischen Gedankens, der Verbindung freier Völker, aber kein Freund dieser Fehlkonstruktion EU.
    Hätte ich die Möglichkeit, ich würde diese EU neu gründen, denn das was man von diesem Haufen zu erwarten hat ist alles, aber bestimmt nichts gutes.

  5. Ja, ja, Frau Jourová hatte unter Kommunisten sehr gelitten…
    „Überraschende Verbindung: Kommunist Kováčik führte Jourová in den Pionier!
    Im Parlament trafen sich alte Bekannte, die sich seit über zwanzig Jahren kennen. Der derzeitige Chef der kommunistischen Abgeordneten, Pavel Kováčik, leitete vor 1989 eine Pioniereinheit in Třebíč, die auch von Věra Špaková besucht wurde. Ihr Name ist jetzt Jourová und sie ist ein prominentes Mitglied der ANO-Bewegung. Die beiden treffen sich nun regelmäßig im Haus und erinnern sich an die alten Zeiten. „Er war O.K. Wir haben viele Dinge gemacht, wir haben Sport getrieben und wir haben etwas gelernt. Ich erinnere mich gerne an ihn aus dieser Zeit. Und natürlich erinnere ich mich gerne an meine Kindheit als Ganzes“, sagte Věra Jourová gegenüber iDnes .cz Server.“
    Zdroj: https://www.lidovky.cz/domov/prekvapiva-souvislost-komunista-kovacik-vedl-v-pionyru-jourovou.
    Warum fängt ihr Curriculum Vitae auf Wikipedia erst im Jahre 1991? Meisten Tschechen hassen sie…

  6. Sehr Guter Bericht und Analyse. Was Donald Tusk angeht, ist dieser einer der größten Verräter der jemals aus Polen hervorgekommen ist. Er war Merkels rechte Hand für den Zentralstaat EU unter marxistischen Verhältnissen.

  7. Es ist schon grotesk: Während man sich über das Oberste Polnische Gericht mokiert, werden die deutschen Verfassungsrichter zu Merkel befohlen, man speist zusammen und empfängt die Anweisungen der Kanzlerin. Jede, aber auch wirklich jede Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes unter Harbarth diente allein dem Zweck Regierungspolitik abzusegnen und sie mit dem Fake-Siegel „rechtsstaatlich in Ordnung“ zu legitimieren. Die obersten Richter Deutschlands werden nach Parteiproporz von den Parteien via Bundestag und Bundesrat „gewählt“. So sind sie denn auch Diener der regierenden Parteien in Bund und Ländern. Aber man schwadroniert über die fehlende Unabhängigkeit der polnischen Richter.

  8. Gerade in Deutschland kann man sehen, was dabei herauskommt, wenn man die Kommunisten in Ruhe lässt. Dieses in Ruhe lassen war der Kardinalfehler bei der deutschen Vereinigung, der aus heutiger Sicht nicht zum Ende der sozialistischen/kommunistischen DDR führte, sondern die Zerstörung der freiheitlichen und demokratischen BRD ermöglichte. Nach nur 30 Jahren sitzen die Sozialisten/Kommunisten hier an allen Schaltstellen der Macht, weil man sie in Ruhe machen ließ. Nebenbei haben sie dieses einst so wohlhabende und freie Land in einem rasanten Tempo vollkommen ruiniert und ihr totalitäres System etabliert. Deutschland sollte heute den Polen als warnendes Beispiel dienen, was geschieht, wenn man die Kommunisten in Ruhe lässt. Als Demokrat kann man den Polen nicht genügend dafür danken, dass sie sich weiterhin gegen die Kommunisten auflehnen, und sie dafür natürlich von den Kommunisten der EU beschimpft und diskriminiert werden. Auch die immer wiederkehrende Unterstellung, dass Polen nur an den EU-Geldern interessiert ist, finde ich äußerst befremdlich. Mit den EU-Geldern der letzten 16 Jahre hat man in Polen enorme Fortschritte gemacht, ganz im Gegensatz zu manch anderen EU-Ländern, die in den letzten 30 Jahren, auch mit noch so viel EU-Geldern ihre wirtschaftliche Situation nicht verbessert haben. Wie Herr Osinski richtig feststellte, hat gerade Deutschland von den jungen Arbeitskräften aus Polen am meisten profitiert! Wer hat denn in den letzten Jahren für niedrige Entlohnung auf unseren Feldern oder Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen gearbeitet? Oder auf dem Bau und an den Fließbändern? Die Polen haben sich nicht vor den schwersten oder dreckigsten Arbeiten gedrückt, so wie mancher Deutscher oder andere Einwanderer.

  9. „EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat sich dafür ausgesprochen, eine allgemeine Corona-Impfpflicht in der Europäischen Union zu prüfen. „Wir sollten möglicherweise über eine verpflichtende Impfung in der EU nachdenken“, sagte von der Leyen am Mittwoch in Brüssel. Sie begründete dies mit der Ausbreitung der neuen Omikron-Variante und der Tatsache, dass ein Drittel der EU-Bürger bisher nicht gegen das Coronavirus geimpft ist.“ https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/von-der-leyen-will-corona-impfpflicht-pruefen-17661633.html
    Das gibt mächtig Zoff in der EU. Merkels Spaltpilzableger ist emsig.

  10. Danke für diese Darstellung. Vielleicht lohnt es sich bald nach Polen auszuwandern.

  11. In diesem grauenvollen Novemberdeutschland leuchtet mir jeden Morgen ein neues „ex oriente lux“. Ich bin dankbar, dass es die Polen und die Ungarn und auch noch andere Vernünftige in dieser Himmelsrichtung gibt. Wenn ich nur daran denke, gehts mir schon gleich besser. Wollten die Polen ihren Einfluss nicht immer schon ganz gerne nach Westen ausdehnen? Nur zu. Da würde ich zum Willkommenskulturisten.

  12. Polen und Ungarn brauchen kein Sonderrecht, sondern die EU braucht entweder für ihre Einmischungspolitik bei jedem und allen eine andere Rechtsgrundlage oder jemanden,der ihr genau erklärt wie sich das mit der Souveränität der Mitgliedsstaaten verhält. Die Ausnahme ist in der Frage der Souveränität die BRD, die seit dem 8. Mai 1945 fremgesteuert war und ist. Jemand, der schon von Geburt an keine Souveränität hat, dem fällt das nicht schwer einer größeren Macht zu folgen, wenn es im Getriebe knirscht. Nur die Anderen, die die wirkliche Freiheit haben und nicht den Mühlstein der Geschichte am Hals, der sie stets versucht zu zweitklassigen Menschen zu reduzieren, die sind nicht bereit ihre Freiheit am Wechselschalter des Geldes abzugeben.

  13. Übrigens ist zu Beginn dieses Artikels die ungarische Fahne dargestellt. In diesem Artikel geht es aber um Polen.
    „Es ist inzwischen kein Geheimnis mehr, dass im polnischen Justizwesen eigentlich erst jetzt – 32 Jahre nach dem politischen Umbruch – einschneidende Veränderungen vorgenommen werden, die bereits 1989 notwendig gewesen wären.“
    Ich füge hinzu:
    Nicht viel anders ist es in Ungarn. Orbán tat genau des Richtige. Was die Leute, welche ihre geistigen Wurzeln in Kommunismus hatten, so anrichten können, kann man an Klára Dobrev und ihrem Mann, dem ehemaligen linken Ministerpräsidenten Ungarns Ferenc Gyurcsány sehen. Zwischen 2002 und 2010 hatte er bzw seien Partei Ungarn gegen die Wand gefahren, beinahe Staatsbankrott 2010, und zuvor 2006 eine „geheime“ in die Öffentlichkeit lancierte Rede, in der er zugab, dass sein Wahlkampf auf Lügen aufgebaut war. Die Folge waren wochenlange Straßenkämpfe in Budapest mit Schwerverletzten durch die Schergen Gyurcsánys. Ich war damals vor Ort. Frau Jurova hat sich offenbar nicht ausreichend mit Rechtsstaatlichkeit befasst.

    • Vielen Dank, Dominik, Sie kennen die ungarischen Verhältnisse sehr gut! Die Parallele zu Ungarn ist zutreffend beschrieben.
      Die Vorgehensweise des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán seit seinem Amtsantritt 2010 ist vollkommen schlüssig. Es gilt, das Land von kommunistischen Altlasten v. a. in staatlichen Institutionen, wie im Justizwesen, zu befreien und das nach wie vor dreist agierende linke Netzwerk (welches das Wohlwollen und die Unterstützung aus Brüssel erfährt) in die Schranken zu weisen.
      Die Verfassungsreform von 2011, die deutsche Merkmale hat (beratend tätig war der Staatsrechtler Rupert Scholz (CDU)), darf als mustergültig angesehen werden.
      Dass die konservative Fidesz/KDNP-Regierung das Land dauerhaft auf die Erfolgsspur gebracht hat, was sich an wesentlichen Indikatoren festmachen lässt, müssen selbst erbitterte Gegner zähneknirschend einräumen. Intelligenz, Weitblick und politische Begabung Viktor Orbáns lassen sich ebenfalls über die Parteigrenzen nicht bestreiten. Mein Eindruck ist, dass die Ungarn die o. g. Ereignisse von 2006 nicht vergessen haben. Das wird (hoffentlich) bei den Parlamentswahlen im Frühjahr 2022 zum Ausdruck kommen. Soha többé – Nie wieder – Gyurcsány und seine Spießgesellen!

  14. Wir brauchen sehr breite und sachliche Debatten, mit Staatsrechtlern und Europapolitkern, über die Souveränitätsproblematik in EU-27, denn nur solche Debatten können zumindest in Teilen der Eliten die Einsicht voranbringen, dass die EU tatsächlich eine Fehlkonstruktion ist, die dringend korrigiert werden müßte. Diejenigen, die die Bundesstaatsphilosophie mit unerbittlicher Machtanstrengung vorantreiben, und neuerdings viel Geld zur Verfügung haben um Widerstände zu biegen oder zu brechen, produzieren nur Dauerkonflikte, die ihrerseits zu Stagnation, Erosion und Zerfall der EU-Staatengemeinschaft führen müssen. Wir sollten nicht vergessen, dass selbst ein Wolfgang Schäuble zu den Bundesstaatsideologen zählt, der, entgegen dem BVerfG-Urteil zum Lissabon-Vertrag, das sogennannte EU-Parlament als legitime Vertretung der europäischen Völker ansieht. Deshalb meinte er ja irgendwie, dass Corona vielleicht ein Segen dafür war, um europapolistisch Dinge voranzubringen, die man sonst nicht so vorangebracht hätte. Die Aushungern-Barley wäre dabei eine nur zu willige Gehilfin für Schäuble. Wenn es zutrifft, dass Olaf Scholz den “ Hamilton-Moment“ erfunden hat, den v.d.Leyen mit Begeisterung aufgenommen hat, dann kann man nur vermuten, dass er von der US-Gründungsgeschichte nichts versteht. Erfreulich zu lesen, dass man auch in Paris öffentlich vernehmbar dazu auf Distanz geht.

  15. Noch ist Polen nicht verloren! Die Aussagen zur EU im Koalitionsvertrag sind für mich verfassungswidrig, da sie gegen das GG stehen.

  16. Erst einmal herzlichen Dank an Herrn Osiński für diesen Bericht aus Polen. Viel öfter sollten sich Stimmen aus Polen, Ungarn und allen anderen europ. Staaten bei uns zu Word melden. – Es sieht so aus, als ob die unabhängigen, demokratischen Nationalstaaten Europas, ohne Abstimmungen der Völker, in einem europäischen Zentralstaat zusammengefasst werden sollten. Was die Migrationskrise angeht, fürchte ich, dass gerade die Organisatoren dieser Migrationswellen von Afghanistan über den Nahen Osten bis Afrika die massenhafte Migration als Chance sehen, das nationalstaatliche, freie und demokratische Europa auf zu lösen. Ich hoffe, dass Polen und Ungarn standhaft ihre und unsere demokratischen Nationalstaaten verteidigen werden und sich auch in allen anderen europäischen Demokratien Widerstand gegen die drohende zentralistische Planwirtschaft formiert.

  17. Nicht zu vergessen, wie sich Habarth über Polen und deren umstrittenes Gesetz zum Rechtsstaat geäussert hat. Die im Glashaus sitzen, sollten nicht mit Steinen werfen, aber die Selbstgefälligkeit der Deutschen ist eine Plage.

  18. Danke, liebe polnische Nachbarn für euren unerschütterlichen Freiheits- und Unabhängigkeitsdrang. Jetzt, wo die Briten aus der EU ausgetreten sind, hängt die Freiheit in Europa an wenigen Völkern in Osteuropa, allen voran Polen und Ungarn. Aus Deutschland ist wenig bis nichts für die Sache der Freiheit zu erwarten. Hier zeigten die letzten Jahre unter Merkel, dass sich am dümmlichen Untertanen- und Mitläufergeist von uns Deutschen in den vergangenen hundert Jahren nahezu nichts geändert hat. Deutschland war und bleibt kein Vorbild für Europa oder die Welt, sondern wie seit eh und je ein abschreckendes Beispiel.

  19. In der heutigen Zeit ist nicht das Wissen entscheidend, sondern die Haltung. Deswegen werden auch die hier gegebenen Informationen nichts ändern, denn die Ideologen beherrschen das Feld, und Vernunft ist unerwünscht.

  20. Diese Debatte ist m.E. reines Kabuki-Theater für das jeweils heimische Publikum. Warum reitet Polen nicht darauf herum, dass ein kaum für das Amt qualifizierter Duzfreund Merkels jetzt Präsident des deutschen Verfassungsgerichts ist und über seine eignen Gesetze abstimmt? So viel auch zu dem angesprochenen BVerfG-Urteil: Diese Institution wurde komplett lahmgelegt.

  21. Was wollen die Polen was in Deutschland nicht schon lange Usus ist.

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