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Standards systematisch verletzt

BBC-Reportage zeigt Schlendrian in Corona-Testlabor

01.04.2021

| Lesedauer: 2 Minuten
Die BBC hat mit versteckter Kamera in Testlaboren gefilmt – und wiederholtes Fehlverhalten dokumentiert. Die frappierenden Zustände können potentiell zu etlichen Fehldiagnosen geführt haben.

Ein BBC-Film offenbart erschreckende Zustände in einem von Großbritanniens größten Corona-Testlabors. Aufnahmen einer Untercover-Reporterin zeigen Pfusch und Achtlosigkeit beim Umgang mit Proben – viele der dort ausgewerteten Tests könnten so falsche Ergebnisse geliefert haben.

Das Labor in der britischen Stadt Milton Keynes gilt als ein Herzstück des britischen Testsystems. Bis zu 70.000 Coronatests können dort täglich ausgewertet werden – nun erhebt ein Investigativformat der BBC schwere Vorwürfe. Von Januar bis Februar gemachte Filmaufnahmen einer verdeckten Reporterin zeigen, dass wichtige Kontrollen, einschließlich derjenigen für undichte Probenröhrchen, übereilt durchgeführt wurden, um die Zielvorgaben zu erfüllen. Dies führte dazu, dass einige Röhrchen, aus denen Abstrichproben ausliefen, nicht erkannt wurden, was zu einer möglichen Kontamination führte. Auch Kontrollen, die sicherstellen, dass die Proben im Labor identifiziert und zurückverfolgt werden können, wurden manchmal versäumt.

[inner_post 1] Doch damit nicht genug: Aufnahmen zeigen, wie dickflüssiger Schleim an einem Roboter hängen bleibt, der eigentlich Probenflüssigkeit aus einer Phiole zum Test transportieren soll. So wird er über andere Testproben gezogen – mit dem Risiko, diese zu kontaminieren. Mehrmals beobachtete die Reporterin einen solchen Vorgang. In einem Clip stößt ein Mitarbeiter ein Wattestäbchen einfach zurück ins Röhrchen. Millionen Partikel könnten so in alle Richtungen verspritzt werden und andere Tests kontaminieren. In einem Fall wischt ein Mitarbeiter eine Probe einfach mit einem Taschentuch weg – auch das bedeutet nicht nur einen krassen Protokollverstoß, sondern auch ein Kontaminationsrisiko.

Die Folge: Tests könnten falsche oder gar keine Ergebnisse produzieren. Manchmal wurden Röhrchen, die das Personal nach Formfehlern nicht mehr identifizieren konnte, auch einfach weggeworfen – Betroffene müssten sich dann nochmal testen lassen. Ein frustrierter Mitarbeiter erklärte der Untercover-Reporterin, dass die Ergebnisse im Laufe des Tages immer schlechter und ungenauer würden – in der letzten halben Stunde des Tages seien sie in der Regel „absoluter Müll“.
Chris Denning, Direktor des „Biodiscovery Institute“ an der Universität Nottingham, nannte die Zustände „komplett wahnsinnig“.

Bereits im Oktober 2020 hatte die BBC über das Labor in Milton Keynes berichtet. Der Virologe Julian Harris, der vor Ort arbeitete, nannte die Zustände dort „chaotisch und gefährlich“. Doch Verbesserungen, die der Betreiber damals versprach, folgten offensichtlich nicht.

Die Non-Profit-Organisation „UK Biocentre“, die unter anderem das fragliche Labor betreibt, nannte den BBC-Bericht „unvollständig und selektiv“ und erklärte, die „Positiv-Rate“ des Labors passe zum Landesdurchschnitt. Die Regierung kündigte eine Ermittlung an. Sollten solche Vorgänge jedoch signifikanten Einfluss auf Positiv-Raten gehabt haben, könnte das auch die viel beschworene Gefährlichkeit der britischen Corona-Mutation in neuem Licht erscheinen lassen – immerhin waren es die im Winter hohen Infektionszahlen im Vereinigten Königreich, die hier immer wieder als Menetekel der drohenden Super-Mutantenwelle herhalten mussten.

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