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Wo endet die Meinungsfreiheit?

Die Totengräber der Meinungsfreiheit

28.04.2021

| Lesedauer: 20 Minuten
Die sich selbst als zivilisiert betrachtende Menschheit bewegt sich in Riesenschritten in ein Zeitalter des verkrampften Meinungsdiktats der Intoleranz jener selbsternannten Wahrheitswisser gegenüber allem, was nicht in ihr eigenes, nicht selten selbst faktenbefreites Weltbild passt.

Die Totenglocken werden längst geläutet. Das sogenannte Netzwerkdurchsetzungsgesetz vollendete den Anfang des Geläuts – und jener Mensch, der es einst verabschieden ließ, agitiert vehement, ähnliches und noch verschärftes „Recht“ auf der Ebene der Europäischen Gemeinschaft und am besten auf dem gesamten Planeten zu schaffen. Seine Verbündeten in diesem Kampf sind jene, denen Freiheit schon immer ein Dorn im Auge ist, und es steht zu erwarten, dass die konzertierte Aktion jener, die sich im Besitz einer einzigen Wahrheit wähnen, das berühmt-berüchtigte „Alles“ daran setzen werden, mit der Freiheit des Internets auch der Meinungsfreiheit ein Ende zu setzen.

Die sich selbst als zivilisiert betrachtende Menschheit bewegt sich in Riesenschritten in ein Zeitalter des verkrampften Meinungsdiktats der Intoleranz jener selbsternannten Wahrheitswisser gegenüber allem, was nicht in ihr eigenes, nicht selten selbst faktenbefreites Weltbild passt. Dabei bewegen sie sich selbst nicht selten in den Fesseln des Nonfaktischen, welches nur allzu oft wider die Wahrheit bestimmt, was als Wahrheit zu gelten hat und was sie als vorgebliche „Lüge“ den von ihr als solche behaupteten „Leugnern“ anzulasten willens sind.

Die europäische Hochkultur des Geistes und der Durchdringung der Erkenntnis, aus der die Zivilisationen der Moderne werden sollte, beerdigt die Werte, die ihre eigentliche Grundlage gewesen sind. Weil sie es nicht mehr aushält, die Dummheit und Ignoranz des Anderen zu tolerieren, macht sie ihre eigene Dummheit und Ignoranz zum Maß aller Dinge. Jene Maßstäbe, die einst denkende Europäer setzten, vergehen im Kleingeist der Kleingeister, die eine sich selbst minimierende Erkenntnisgesellschaft an ihre Stelle gespült hat.

Teil 1 – Von Toleranz und Meinungsfreiheit

Die Irrationalität der Welterklärungsmodelle physischer und metaphysischer Kollektivisten, (pseudo)politischer und (pseudo)religiöser Welterklärer sowie die beiden gemeinsame Orientierung auf einen determinierten Endzustand des menschlichen Seins ist ohne Zweifel ein nicht zu unterschätzendes Element bei der Erklärung der Entwicklung von Staat und Gesellschaft im ersten Jahrhundert des dritten nachchristlichen Jahrtausends.

Das eine – das, was als Religion daherkommt – ist vermutlich so alt wie die Menschheit. Es diente seit eh nicht nur dem Zweck, für das Gegenwärtige des Unerklärlichen Erklärungen zu finden, sondern auch und maßgeblich dem Ziel, durch die Herbeirufung höherer Mächte die Masse Mensch, den lenkbaren Sklaven und Untertan ebenso wie den selbstbewussten Bürger, gefügig zu machen zur Unterwerfung unter die gesellschaftlichen und politischen Vorstellungen der Herrschenden. Im Biblikon-Projekt hatte ich maßgeblich anhand der Figuren des jahudaischen Herrschers Josia (JéAshéjah, der das Feuer von Jah ist) und des vermeintlichen Propheten Jeremia (Jéréméjah – der der von Jah Erhobene ist und der in der realen Welt ein Agent Babylons war) aufgezeigt, wie die Fixierung auf eine einzige Figur der göttlichen Macht, inkarniert im Herrscher von Babylon, in der Lage gewesen ist, die Basis zu einer Glaubensphilosophie zu legen, welche vielfältig bis in die Gegenwart wirken sollte.

Das andere – das, was als politische Ideologie daherkommt – ist zumeist jünger und angesichts des fehlenden Auftrages einer höheren Macht weniger langlebig. Es ersetzte, wie es Karl Marx in perfekter Vollendung tat, unter der Prämisse der Aufklärung als Überwindung eines göttlichen Auftrages diesen durch eine vorgebliche Wissenschaftlichkeit, die die gesellschaftlich-politische Entwicklung als Zwangsläufigkeit der Geschichte definiert und das Heil nicht in einer fiktiven Vision des himmlischen Paradieses sucht, sondern in einer nicht minder fiktiven, gesellschaftlichen Idealvorstellung.

Letztlich sind beide Wege nichts anderes als die beiden Seiten derselben Medaille. Die Fiktion, der Glaube als Wahrheitsannahme einer unbewiesenen und unbeweisbaren Wahrheitsvermutung, ersetzt den vernunftbedingten Pragmatismus der Kant‘schen Prämisse des sapere aude: Gebrauche Deinen Verstand! Gebrauche ihn, um die Welt zu verstehen – missbrauche ihn hingegen nicht, um die Vorstellungen des Irrealen gegen das Reale durchzusetzen.

Das Grundprinzip menschlicher Ethik

Darauf – und ausschließlich darauf – basiert der Kategorische Imperativ als Grundprinzip menschlicher Ethik: „Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“ Denn Gesetz, diese Regel, die eine Gesellschaft sich selbst gibt, um als solche funktionsfähig zu sein, war für Kant nur dann Gesetz, wenn es der Prämisse des Verstandes, der Vernunft, entsprach. Irrationale Zielerwartungen, Wunschgebilde von etwas, das nicht ist und niemals sein wird, waren nie etwas, das Kant als Regel des gesellschaftlichen Zusammenlebens hätte akzeptieren können. Und doch erlebt das Zeitalter der Postaufklärung, das irgendwann im 20. Jahrhundert begann, die Renaissance des Nonfaktischen, dabei vorgeblich Alternativlosen. Die Begründung findet diese Wiedergeburt des Irrationalen auch darin, dass die Vernunft es scheinbar nicht nur zugelassen, sondern verursacht habe, dass in vergangenen Jahrhundert die Menschen sich in zwei sogenannten Weltkriegen massenhaft abschlachteten und ihre Zivilisationen an den Rand der Vernichtung brachten.

Die Protagonisten des Nonfaktischen, des Alternativlosen, finden zurück zu den vor-aufklärerischen Dogmen des Irrationalen, dessen, was als „Glauben“ eben nicht Faktum sein kann. Aus der Erfahrung der geplanten Selbstvernichtung schöpfen sie das Argument, die Visionen des Irrealen erneut zum unvermeidbaren Abschluss menschlicher Entwicklung zu erheben – und sie verkennen, dass der Weg in die Selbstvernichtung, den vor allen anderen die europäische Hochkultur 1914 und 1939 gegangen ist, in sich selbst bereits der Prämisse der Kant‘schen Vernunft widersprach auch dann, wenn scheinbar pragmatische und deshalb „vernünftige“ Abwägungen den Weg in den Völkerkrieg von 1914 unumgänglich zu machen schienen. Doch bereits der erbarmungslos geführte Krieg ab 1939, verknüpft mit dem größten bekannten Genozid der Menschheitsgeschichte, war ein Krieg der Überwindung der Kant’schen Vernunft. Es war der tribalistische Rückfall in die Geisteswelt der irrealen Weltfiktionen, bei denen es am Ende unbedeutend ist, ob wir sie als Religion oder Pseudoreligion, als Philosophie oder Ideologie bezeichnen.

Die Symbiose des Irrealen

In der Folge rangen scheinbar noch der atheistische Weg zum menschengemachten Paradies und der theologische zum himmlischen jeweils um die Vorherrschaft über die Vernunft – bis beide in der ersten Dekade des 21. Jahrhunderts, ohne sich dessen bewusst zu werden, eine Symbiose eingingen. Denn sie einte die Vorstellung des Zwangsläufigen, ihre philosophische Nähe in der Vorstellung eines unvermeidlichen Automatismus‘, der am Ende der Zeit zwangsläufig zu dem führen werde, was sie jeweils als Paradies bezeichnen.

Doch reicht diese philosophische Nähe in den Zielerwartungen des Irrealen aus, um aus einer menschlichen Gemeinschaft Aldous Huxleys „Brave New World“ zu formen? Reicht der Anspruch beider, ihre jeweilige Heilsperspektive als unabänderlich autoritär durchzusetzen, um jene totalitären Modelle zu schaffen, wie sie George Orwell in seiner „Animal Farm“ und noch deutlicher in „1984“ beschrieb? Möglicherweise finden sich noch weitere Impulse, andere Motivationen, die jene kollektivistischen Autokraten des Irrealen bewegen, die Errungenschaften der europäischen Zivilisation Stück um Stück abzubauen und einer Re-Klerikalisierung der Gesellschaft durch Denk- und Diskussionsverbot näher zu kommen.

Das Ende des Freiheitsdogmas

Ist diese Entwicklung darauf zurück zu führen, dass ideologisch geprägte, mangelhaft gebildete Vertreter des postbürgerlichen Proletarismus als entbildete Elite die gesellschaftliche Führung übernahmen?

Können wir dafür vielleicht sogar „übergeordnete“ Faktoren ausmachen, die im Sinne tatsächlicher oder gefühlter Befehlsketten die Exekution der Vernichtung der Zivilisation unumgänglich, ja sogar wünschenswert erscheinen lassen?
Oder handelt es sich, wenn wir den Blick konkret auf Deutschland richten, in dem diese Entwicklung in besonderem Maße prägnant ist, vielleicht nur um das letzte Aufbäumen einer traumatisierten Generation, die in ihrer reflexartigen „Anti-Hitler-Reaktion“ den 1949 gegründeten, demokratischen Staat mit einer Anti-Hitler-Republik verwechselt und damit eine weltweit einzigartige Vergewaltigung der zivilisatorischen Werte des aufgeklärten Europas zu verantworten hat?

Die Antworten auf diese Fragen werden wir schuldig bleiben müssen. Nicht aber jene auf Fragen, die gegenwärtig kaum noch schleichend und dennoch zumeist ungestellt im Raum stehen:

Gilt Voltaires Freiheitsdogma nicht mehr, niedergeschrieben in „Questions sur les miracles“?

Der Franzose der Aufklärung postulierte:
„Le droit de dire et d’imprimer ce que nous pensons est le droit de tout homme libre, dont on ne saurait le priver sans exercer la tyrannie la plus odieuse. Ce privilège nous est … essentiel … ; et il serait déplaisant que ceux en qui réside la souveraineté ne pussent pas dire leur avis par écrit.“
(„Das Recht zu sagen und zu drucken, was wir denken, ist eines jeden freien Menschen Recht, welches man ihm nicht nehmen könnte, ohne die widerwärtigste Tyrannei auszuüben. Dieses Vorrecht ist essentiell; und es wäre abscheulich, dass jene, bei denen die Souveränität liegt, ihre Meinung nicht schriftlich sagen dürften.“)
Ist Voltaire alias François-Marie Arouet gestorben, weil die Bereitschaft fehlte, Karl Poppers „Paradoxon der Toleranz“ zu begreifen – oder man es begriff, stellte es aber in den Dienst der eigenen Intoleranz?

In „The Open Society and Its Enemies“ formulierte der Wiener:
„Less well known is the paradox of tolerance: Unlimited tolerance must lead to the disappearance of tolerance. If we extend unlimited tolerance even to those who are intolerant, if we are not prepared to defend a tolerant society against the onslaught of the intolerant, then the tolerant will be destroyed, and tolerance with them. — In this formulation, I do not imply, for instance, that we should always suppress the utterance of intolerant philosophies; as long as we can counter them by rational argument and keep them in check by public opinion, suppression would certainly be unwise. But we should claim the right to suppress them if necessary even by force; for it may easily turn out that they are not prepared to meet us on the level of rational argument, but begin by denouncing all argument; they may forbid their followers to listen to rational argument, because it is deceptive, and teach them to answer arguments by the use of their fists or pistols. We should therefore claim, in the name of tolerance, the right not to tolerate the intolerant.“
(„Weniger bekannt ist das Paradoxon der Toleranz: Uneingeschränkte Toleranz führt notwendig zum Verschwinden der Toleranz. Wenn wir uneingeschränkte Toleranz selbst auf die Intoleranten ausdehnen, wenn wir nicht vorbereitet sind, eine tolerante Gesellschaftsordnung gegen die Angriffe der Intoleranz zu verteidigen, dann werden die Toleranten vernichtet werden und die Toleranz mit ihnen. – Mit dieser Formulierung will ich nicht implizieren, dass beispielsweise wir grundsätzlich die Äußerungen intoleranter Philosophien unterdrücken müssen; so lange wir ihnen mit rationalen Argumenten begegnen können und sie durch die öffentliche Meinung im Zaum halten können, wäre Unterdrückung sicherlich unklug. Aber wir sollten das Recht beanspruchen, sie, wenn notwendig, selbst mit Gewalt zu unterdrücken; sollte sich herausstellen, dass sie nicht bereit sind, uns auf der Ebene rationaler Argumentation zu begegnen, jedoch beginnen, jedem Argument durch Brandmarkung zu begegnen; sie ihren Anhängern verbieten mögen, auf rationale Argumente zu hören, weil diese betrügerisch seien, und sie ihnen lehren, auf Argumente durch den Gebrauch von Fäusten und Pistolen zu antworten. Daher sollten wir im Namen der Toleranz das Recht beanspruchen, die Intoleranz nicht zu tolerieren.“)

Der Konflikt zwischen Voltaire und Popper

Bereits dem Unterschied zwischen Voltaire und Popper wohnt eine Gefahr inne, welche vermutlich dem einen wie dem anderen nicht bewusst gewesen ist.
Voltaire vertritt die Position der absoluten, uneingeschränkten Liberalität in der Meinungsäußerung. Zwangsläufig beinhaltet dieses das Recht eines jeden, auch die Abschaffung derselben durchsetzen zu wollen – und es beinhaltet die Möglichkeit, dass in einer demokratisch organisierten, freien Gesellschaft jene, die dem Argument oder der Behauptung des Gegners der Meinungsfreiheit folgen, eine Mehrheit bilden, womit die Meinungsfreiheit – und damit die freie Gesellschaft – sich um ihrer selbst willen abschafft. Das ist es, was Popper meinte, als er letztlich die Intoleranz der Toleranten den Intoleranten gegenüber beschrieb: Das Paradoxon der Toleranz.
Was nun aber, wenn der Intolerante unter Bezug auf das Popper‘sche Paradoxon die Toleranz im Namen der Toleranz als Intoleranz einfordert? Wenn also beispielsweise die Anhänger jener oben beschriebenen Philosophien des Irrationalen den nonfaktischen Ansatz ihres Weltanschauungsmodells im Namen der Toleranz gegen die vorgebliche Intoleranz der Toleranten erfolgreich zu verteidigen und durchzusetzen meinen müssen?

Die Merkmale des Heuchlers

Der frühere Muslimbruder und Islamkritiker Hamed abdel-Samad postulierte am 8. November 2018 in einem Beitrag bei Facebook diese Situation beispielhaft unter Bezug auf fundamentalistische Anhänger Mohammeds, jenes frühmittelalterlichen Schöpfers einer klerikalpolitischen Weltanschauung:
„Zehn Zeichen, woran man einen skrupellosen Heuchler erkennen kann:

1. Er bejubelt die Wahl einer muslimischen Frau zum US-Kongress, protestiert aber, dass ein Christ Bürgermeister in Ägypten oder ein Jude Tourismusminister in Tunesien wird.

2. Er will im Westen Moscheen bauen und missionieren, lehnt aber die Errichtung von Kirchen und Bahai Tempeln in seiner muslimischen Heimat.

3. Er will eine Christin im Westen heiraten und will, dass sie zum Islam konvertiert, lehnt aber die Ehe zwischen einer Muslimin und einem Christen strikt ab

4. Er will, dass eine muslimische Frau mit Kopftuch in Österreich und Deutschland Richterin wird, akzeptiert aber ihre Zeugenaussage vor einem islamischen Gericht nicht und lehnt ihre Gleichberechtigung in der Erbschaft ab.

5. Er betrachtet das Nichttragen vom Kopftuch und Homosexualität als schwere Sünde, Atheismus als Verbrechen, aber das Tragen von Niqab und Burka als persönliche Freiheit.

6. Er wählt rechtsextreme Islamisten in seiner Heimat, die für Unfreiheit, Schließung und moralische Kontrollen werben, aber im Westen votiert er für linksliberale Parteien, die für mehr Öffnung und Vielfalt sind.

7. Er beschreibt Andersdenkende und Andersgläubige als ungläubig, unmoralisch und unrein, flippt aber selbst aus, wenn man ihn [als] radikal bezeichnet, und nennt das Rassismus. Und an Ende besteht er darauf, dass seine Religion die Religion des Friedens und der Toleranz sei.

8. Er kritisiert, was Buddhisten mit Muslimen in Burma oder Israelis mit Palästinensern in den besetzten Gebieten machen, drückt aber ein Auge zu, wenn Muslime ihre christlichen Nachbarn angreifen und töten. Nicht einmal um Muslime im Jemen kümmert er sich. Denn für ihn sind die Täter wichtiger als die Opfer.

9. Er will, dass der Westen sich nicht in die Angelegenheit der islamischen Länder einmischt, macht aber im Westen Politik und Lobbyarbeit zu Gunsten von Erdogan, Katar und dem Iran, und versucht die hiesige Bildungspolitik und Justizwesen zu unterwandern.

10. Kurzum: Er will im Namen der Toleranz für ihn maßgeschneiderte Menschenrechte und Privilegien, die er den anderen verweigert. Seine Intoleranz versteht er aber als kulturelle Besonderheiten, die den Westen bereichern!“
Das Paradoxon des Paradoxons der Toleranz

Dieses Paradoxon des Paradoxons der Toleranz findet sich auch, wenn beispielsweise der Justizminister einer Bundesrepublik Deutschland, die in ihrem staatlichen Manifest die Meinungsfreiheit als absolut definiert, die Internetzensur einführt und gleichzeitig den folgenden Satz veröffentlicht:
„Meinungsfreiheit kann nur in einem gesellschaftlichen Klima bestehen, in dem niemand wegen seiner Haltung und seiner Meinung bedroht wird oder gar um Leib und Leben fürchten muss – weder um das eigene noch um das seiner Familie.“

Einmal abgesehen davon, dass mit dem Begriff „Haltung“ etwas in die Diskussion eingeführt wird, das per se irrational ist, impliziert dieser Satz den Anspruch, im Namen der hier definierten Meinungsfreiheit eben genau diese dort nicht gelten zu lassen, wo daraus eine Bedrohung zu werden scheint. Beachtet werden muss hierbei, dass der Autor Heiko Maas mit dem „oder gar“ die Bedrohung für Leib und Leben als die eine Situation beschreibt, somit jedoch eine Bedrohung „wegen seiner Haltung und seiner Meinung“ als ein anderes, für sich allein stehendes Bedrohungsszenario versteht. Es geht folglich nicht nur darum, dass der Drohende, der Intolerante, die unmittelbare Bereitschaft erkennen lässt, den Bedrohten, den Toleranten, in Leib oder gar Leben zu schädigen. Die Bedrohung im Sinne des nicht Zulässigen beginnt bereits in dem Moment, wo die „Haltung und Meinung“ des vorgeblich Toleranten sich bedroht fühlt – also ein subjektives anstelle eines realen Bedrohungsgefühls vorliegt.

Dabei zeichnet sich die Aussage des Ministers – und damit dessen Wollen selbst – bereits durch etwas aus, was wir in Anlehnung an Popper als das Paradoxon der Bedrohung bezeichnen könnten. Denn die Abwehr einer realen oder fiktiven Bedrohung erfordert eben diese Bedrohung gegen jenen, der als Ziel der Abwehr erkannt wird. Wenn es das Ziel ist, dass niemand „wegen seiner Haltung und Meinung“ bedroht wird, dann darf auch derjenige, dessen Haltung und Meinung als Bedrohung der Meinung und Haltung eines anderen empfunden wird, nicht wegen seiner Haltung und Meinung bedroht werden. Doch der vermeintlich Abwehrende greift notwendig genau zu dem, was abzuwehren er als Intention vorgibt.

Teil 2 – Gesetze als Mittel gegen die Meinung

Das Bedrohungsgefühl der „Haltung“

Gesetze, die im Namen der Meinungsfreiheit die Meinungsfreiheit beschränken, werden von ihren Schöpfern begründet mit der Abwehr von Bedrohungen „gegen die Haltung und Meinung“ der Bedrohten. Aber: Unterscheiden sich „Haltungen und Meinungen“ in ihrem Schutzanspruch – und wenn ja, wodurch? Und wo beginnen diese Bedrohungen, wenn die Bedrohung bereits durch die Meinungsäußerung eines anderen erfolgen kann?

Die „Haltung“ des Irrationalen kann sich bereits bedroht fühlen, wenn sie durch die Ratio in Frage gestellt wird. Der sich selbst als religiös definierende Eiferer erkennt die Bedrohung bereits, wenn sein Philosophiemodell kritisiert, vielleicht gar abgelehnt wird; wenn, wie es der Koran formuliert, ein „Ungläubiger“ sich anmaßt, über den Koran nachdenken zu wollen. Nicht viel anders verhält es bei den Ideologen der politischen Irrationalität. Die ministerielle Differenzierung zwischen rationaler Bedrohung für „Leib und Leben“, die in strafrechtlicher Relevanz durch ein Strafgesetzbuch definiert wird, und irrationaler Bedrohung für „Haltung und Meinung“, die rational eben nicht durch ein solches definiert werden kann, offenbart hier jenen, der scheinbar in Kenntnis des Paradoxons der Toleranz die Intoleranz propagiert. Doch wenn bereits die Bedrohung im dargelegten Sinne als widersprechendes oder gegen die Haltung eines Anderen gerichtetes Wort zur Bedrohung der „Haltung“ als etwas Irrealem wird und deshalb nicht zu tolerieren ist, dann wird die Intoleranz des Toleranten zwangsläufig zur Intoleranz des Intoleranten. Poppers Intoleranzgebot des Toleranten gegenüber dem Intoleranten wird zum Instrument des Intoleranten gegen die Toleranz. Womit die von Voltaire propagierte Freiheit der Meinung durch jene, die im Sinne Kants als Irrationalisten des Ideologischen nicht bereit sind, den Argumenten des Rationalisten auf der Ebene des Rationalen zu begegnen, faktisch bereits abgeschafft ist.

Das „Recht“ als Instrument gegen die Meinungsfreiheit

Wie diese Intoleranz des Intoleranten im Namen der Toleranz konkret wirkt, erklärte besagter Minister mit einem anderen Satz, dessen Kernaussage auch aus dem Munde seiner Nachfolgerin zu hören war:

„Die Meinungsfreiheit schützt auch abstoßende und hässliche Äußerungen – sogar Lügen können von der Meinungsfreiheit gedeckt sein. Aber: Die Meinungsfreiheit endet da, wo das Strafrecht beginnt.“.

Strafrecht nicht nur in der Weise, wie der zitierte Minister, damals der Justiz, es verstehen sollte, hat jedoch mit Meinungsfreiheit nichts zu tun. Recht greift in einer freien Gesellschaft erst dann, wenn fundamentale Rechte anderer berührt werden – beispielsweise dann, wenn über fälschlich erhobene Tatsachenbehauptungen deren Ansehen geschädigt wird. Oder wenn konkrete Bedrohungen ausgesprochen, konkrete Beleidigungen und Diffamierungen verbreitet werden.

Derartige Straftatbestände sind in einem republikanischen Recht jedoch generell zu ahnden – und sie haben mit Meinungsfreiheit nicht das Geringste zu tun, nicht einmal mit dem Missbrauch derselben. Wenn ein Minister der Justiz gleichwohl meint, in einem solchen Zusammenhang den Begriff der Meinungsfreiheit einführen zu müssen, so offenbart er damit, dass nicht der vorgeblich notwendige Schutz vor Bedrohung, sondern die Meinungsfreiheit selbst das Objekt seines Handelns ist.

Meinungsfreiheit endet in einem freiheitlich-demokratischen Staat nicht dort, wo das Strafrecht beginnt – weil dieses Strafrecht notwendig nur erfassbare Strafrechtbestände des Rationalen erfassen darf, nicht aber Meinungen des Irrationalen. Das genau aber sind „Meinungen“ und „Haltungen“ notwendig immer: Auffassungen, die selbst dann, wenn sie sich auf Fakten und Tatsachen beziehen mögen, aus der persönlichen Betrachtung und Überlegung des Individuums entstehen. „Meinungen“ selbst sind keine Fakten – es sind Ansichten. Und Ansichten sind keine Wahrheiten – weshalb Meinungen auch niemals Gegenstand sogenannter „Faktenchecks“ sein können, die den Versuch unternehmen, sich auf „Wahrheiten“ zu berufen, dabei jedoch nur allzu häufig ihre eigenen Ansichten und Interpretation mit Wahrheit verwechseln.

Die Meinungsfreiheit endet nirgendwo

Wenn die Meinungsfreiheit dort „endet, wo das Strafrecht beginnt“, dann beschreibt dieses nichts anderes als die Diktatur und in einer parlamentarischen Demokratie nichts anderes als die Diktatur einer parlamentarischen Mehrheit. Denn nur diese kann in einem demokratisch verfassten Staat mit einfacher Mehrheit Strafgesetze verabschieden. Damit kann sie, so sie jener falschen Behauptung aus der Exekutive folgt, jede in ihrer Begriffswelt nicht zutreffen sollende, also aus politischen Erwägungen unzulässige Aussage unter Strafe stellen.

Behauptet beispielsweise ein Mensch, der Mond bestünde aus Schweizer Käse, so ist dieses eine Behauptung, deren Richtigkeitswert durch rational-wissenschaftliche Erkenntnis unschwer als Unwahrheit zu erkennen ist. Sollte diese Aussage in dem konkreten Wissen aufgestellt worden sein, dass der Mond nicht aus Schweizer Käse besteht, so erfüllt diese Aussage als Tatsachenbehauptung die Definition einer Lüge – also einer Aussage, die laut Bundesminister der Justiz „sogar von der Meinungsfreiheit gedeckt sein kann“. Sollte eine Parlamentsmehrheit nun auf die Idee kommen, beispielsweise Lügen grundsätzlich nicht im Rahmen der Meinungsfreiheit unbestraft zuzulassen, wäre jener, der diese Behauptung aufstellt, automatisch anzuklagen.

Nun sieht es derzeit noch so aus, dass die Behauptung, der Mond bestehe aus Schweizer Käse, auch dann, wenn sie wider besseres Wissen erfolgt, kaum eine Strafverfolgung nach sich zöge. Deutlich anders aber sieht dieses dann aus, wenn jemand entgegen rational-wissenschaftlicher Erkenntnis beispielsweise die Behauptung aufstellt, es habe im Deutschen Reich zwischen 1933 und 1945 keine Vernichtungslager gegeben. Diese seien, so die als persönliche Überzeugung des Behauptenden vorgetragene Auffassung, nichts anderes als eine vorsätzlich von den Siegermächten verbreitete Lüge. Eine solche Behauptung zieht als strafrechtlich bewehrte „Holocaust-Lüge“ zwangsläufig die Strafverfolgung nach sich – und wir können davon ausgehen, dass eine Mehrheit der Bevölkerung diese Strafverfolgung durchaus als angemessen empfindet.

Eine Lüge ist eine Lüge – aber ist es die Unwahrheit auch?

Und doch sind es keine Äpfel, die hier mit Birnen verglichen werden. So sehr sich die Mond-Lüge von der Holocaust-Lüge in ihrer politischen und humanistischen Dimension unterscheidet, so scheinen doch beide in der sachlich-juristischen Betrachtung als Lüge identisch. Denn ihr Kerninhalt ist in beiden Fällen die Behauptung einer irrationalen Auffassung wider die rational-wissenschaftliche Erkenntnis. Wobei hinsichtlich der Beurteilung sogar die Einschränkung zu machen sein könnte, dass der Behauptende möglicherweise überhaupt nicht bewusst eine Lüge als Unwahrheit verbreitet, sondern aus welchen Gründen auch immer fest davon überzeugt ist, dass die von ihm vertretene Auffassung der Wirklichkeit, die er als Wahrheit fehlinterpretiert, entspricht.

Eine solche Situation begegnet uns selbst in der modernen, scheinbar aufgeklärten Gesellschaft tagtäglich, ohne dass wir darüber Gedanken verschwenden. Ich beziehe mich hierbei auf jenes, was gemeinhin als Religion bezeichnet wird.
In „Wahrheit – Religion – Wirklichkeit“ hatte ich dargelegt, dass Glaube die Wahrheitsannahme einer unbeweisbaren Wahrheitsvermutung und Religion der Wahrheitsanspruch dieser Wahrheitsannahme ist. Das bedeutet: Der Glaubende ist davon überzeugt, dass seine Gottesvorstellung eine unabänderliche Wahrheit ist. Tatsächlich aber kann er für diesen Glauben keinerlei rationalen Beweis erbringen – und irrationale Beweise sind solche nicht. Vielmehr weisen die Erkenntnisse des wissenschaftlichen Rationalismus darauf hin, dass jene Gottesvorstellungen, wie sie in diesen Religionen behauptet werden, mit einer definitiven Wahrheit nicht das Geringste zu tun haben, sondern lediglich eine gefühlte Wirklichkeit definieren.

Die Toleranz gegenüber unbeweisbaren Wahrheitsbehauptungen

Behauptet der Gläubige nun eine Lüge, die im Sinne eines Lügen-Verbots strafrechtlich zu verfolgen wäre? Nein, sicherlich nicht. Denn in seiner individuellen Wirklichkeit kann seine Gottesvorstellung der Realität entsprechen, selbst wenn sie irreal ist. Tatsächlich behauptet er keine Tatsache, sondern eine persönliche Auffassung, die gemeinhin als Weltanschauung bezeichnet wird. Diese muss in einer freien Gesellschaft als solche grundsätzlich und immer durch die Meinungsfreiheit gedeckt sein auch dann, wenn der Behauptende den Nachweis der Richtigkeit seiner Behauptung als „Wahrheit“ nicht erbringen kann. Folgerichtig schreibt eine freie Gesellschaft die Freiheit des Glaubens und der Weltanschauung fest – sie toleriert im Sinne der Meinungsfreiheit die ständige Verbreitung von Wahrheitsbehauptungen, die solche jedoch nicht sein können, weil sie als faktenbasierte Tatsache niemals zu beweisen sind.

Dieses gilt im Bezugsrahmen des Religiösen ebenso für überzeugte Atheisten: Sie gehen davon aus, dass durch die Erkenntnis der Wissenschaften gleichsam der Anti-Gottes-Beweis erbracht sei – will sagen: Da jede rational-wissenschaftliche Erkenntnis gegen die von Religionen vertretenen Gottesvorstellungen spricht, ist die Behauptung einer Gottesexistenz zwangsläufig eine Unwahrheit. Doch auch das ist nichts anderes als eine Unwahrheit und daher eine Lüge. Denn ebenso wenig, wie der Theist die Existenz seines Gottes rational beweisen kann, kann der Atheist das Gegenteil beweisen. Beide Positionen basieren auf individuellen Annahmen und Schlussfolgerungen – und sind damit, die eine wie die andere, Meinungen ohne tatsächlichen Wahrheitsgehalt. Womit sie gleichwohl keine Lügen sind, denn der Behauptende stellt seine Behauptung nicht vorsätzlich wider besseres Wissen auf, sondern in der festen Überzeugung, es sei so, wie er es behauptet.

Die Ratio der Wahrheit

Was aber hat das nun wiederum mit Mond- und Holocaust-Lüge zu tun? Auf den ersten Blick scheinbar nichts bis gar nichts. Denn sowohl die Mondlüge als auch die Holocaustlüge scheinen in ihrer Falsch-Einordnung rational-wissenschaftlich belegbar – und somit das Vorhandensein einer vorsätzlichen Falschbehauptung und damit einer Lüge zu belegen. Doch ist das tatsächlich so?

Angenommen, der Mond-Lügner verteidigt sich damit, dass er als „Wahrheit“ nur akzeptiere, was er persönlich habe überprüfen können. Alles andere möge vielleicht so sein, wie es von anderen behauptet wird, und vielleicht sei es sogar so, dass der Mond nicht aus Schweizer Käse bestehe – er jedoch fühle sich verpflichtet, nicht etwas als zutreffend zu erkennen, was er nicht persönlich in Augenschein habe nehmen können. Dieser Augenschein jedoch – soweit er ihm möglich sei – ließe ihm persönlich nur die Annahme, dass der Mond aus dem entsprechenden Käse bestehe. Zwar räume er ein, dass seine Behauptung, der Mond bestünde aus Schweizer Käse, letztlich eben nur eine schlussgefolgerte Annahme und damit seine Meinung sei – doch die für ihn nicht überprüfbare Behauptung, der Mond bestünde aus etwas anderem, sei aus seiner rationalen Sicht auch nichts anderes als eine Annahme, wenn der andere mangels Möglichkeit nicht selbst den Wahrheitsgehalt seiner Aussage habe prüfen können. Wenn also nun jemand, der ebenso wenig wie er selbst in der Lage gewesen ist, die tatsächliche Substanz des Mondes zu überprüfen und sich lediglich auf die Behauptungen und behauptete Erkenntnisse Dritter beruft, welche er ungeprüft übernehme, dann unterscheide sich diese Behauptung von der seinen sogar noch dadurch, dass seine eigene auf dem ihm zwar eingeschränkten, doch bewusst vorgenommenen persönlichen Augenschein beruhe, während die des Anderen nicht einmal die persönliche Inaugenscheinnahme voraussetze, sondern lediglich die ungeprüfte Übernahme von Behauptungen Dritter sei. Insofern sei die Qualität seiner eigenen Aussage letztlich sogar substantieller, denn sie sei unmittelbar und nicht mittelbar.

Hat der Mann des Käsemonds nun recht oder unrecht? In seiner Logik verbreitet er keine vorsätzliche Unwahrheit, keine Lüge. Seine Behauptung beruht insofern zwar nicht auf Tatsachen rational-wissenschaftlicher Erkenntnis und ist nichts anderes als eine persönliche Annahme, von deren Zutreffen er aus für ihn logischen und nachvollziehbaren Gründen jedoch überzeugt ist. Insofern – und damit schließt sich der Kreis – ist auch seine Behauptung nichts anderes als die Gottesbehauptung eines „Gläubigen“. Beide nehmen aus für sie nachvollziehbaren Gründen etwas als zutreffend an, was sie nicht beweisen können und für das sie einen Gegenbeweis, wenn überhaupt, nur dann zulassen, wenn sie ihn persönlich und unmittelbar nachvollziehen können. Besagter Käsemondlügner ist daher in seiner Substanz nichts anderes als der Gottesgläubige: Beide vertreten eine Auffassung, welche sie nicht beweisen können und für die sie einen von Dritten behaupteten Gegenbeweis nicht gelten lassen, die sie für sich jedoch als Tatsache für „wahr“ nehmen.
Gleiches gilt letztlich auch – trotz der nicht vergleichbaren Dimension – für die Holocaust-Lüge: Kaum jemand ist achtzig Jahre nach diesem Menschheitsverbrechen noch in der Lage, die damalige Wirklichkeit aus eigener Anschauung zu wissen. Das Wissen über die Verbrechen beruht auf Berichten Betroffener und rational-wissenschaftlicher Erkenntnis. Wer diesen Berichten und Erkenntnissen keinen Glauben schenkt, wer sich auf den Standpunkt stellt, nur Wissen und damit als Wahrheit behaupten zu können, was er persönlich unwiderlegbar verifiziert hat, der kann die Position vertreten, solchen Berichten und Erkenntnissen nicht glauben zu wollen. In einer Gesellschaft der Meinungsfreiheit muss er folglich das Recht haben, dieses als seine Meinung – nicht als verbürgtes Wissen – zu formulieren auch dann, wenn eine breite Mehrheit der Gesellschaft diese Meinung für falsch, für irrig und für abwegig hält und eine tatsächliche Wahrheitserkenntnis die Unwahrheit des Behaupteten belegt.

Teil 3 – Das Ende der toleranten Gesellschaft

Wo endet die Meinungsfreiheit?

Wenn, wie dargelegt, alles als persönliche Meinung behauptet werden kann, dann kommen wir nun zur Schlüsselfrage der Meinungsfreiheit: Hat das Individuum das Recht, jede noch so irrige oder irrig erscheinende Behauptung aufzustellen, solange er damit lediglich seine persönliche Auffassung, seine „Meinung“ kundtut und seine „Haltung“ dokumentiert?

Folgen wir Voltaire, so muss er dieses Recht haben. Für Voltaire ist das Recht, selbst den größten Unsinn zu behaupten, absolut. Für Voltaire ist das Verbot der Äußerung dieses Unsinns „Tyrannei“.

Doch er muss es auch dann haben, wenn wir Popper folgen. Für Popper hat ein Verbot so lange zu unterbleiben, wie die in Frage stehende Äußerung nicht anstrebt, sich gewaltsam oder durch Unterdrückung anderslautender Auffassungen als Diktat durchzusetzen. Das Paradoxon der Toleranz besagt, jegliche Meinungsäußerung zu tolerieren, solange sie die Toleranz selbst nicht in Frage stellt. Die Holocaust-Lüge als bereits unter Strafrecht gestellte Unwahrheit mag zwar wider die rationale Erkenntnis, wider die Vernunft und wider die ethische Selbstgewissheit stehen – doch solange sie nur eine individuelle Meinungsäußerung ist, hat eine freie Gesellschaft sie zu ertragen. Gesetze, die eine solche Aussage, eine solche Meinung verbieten, dokumentieren somit einen staatlichen Verstoß gegen die Meinungsfreiheit und das Ende einer freien Gesellschaft.

Damit sind wir wieder bei der Aussage des für die Justiz zuständigen Ministers. „Die Meinungsfreiheit endet da, wo das Strafrecht beginnt.“, postulierte er. Dabei ist ihm im Sinne des Rechtspositivismus durchaus zuzustimmen dann, wenn das Gesetz das Recht auf partielle Aussetzung der Meinungsfreiheit definiert. Gleichzeitig aber beschreibt diese Aussage eben auch das Ende der freien Gesellschaft selbst. Denn es entscheiden mit dem Gesetz jene, die die Macht haben, dieses zu tun – in der Parlamentarischen Demokratie die einfache Mehrheit der Abgeordneten, in der Diktatur der Diktator und im postdemokratischen Parteienstaat die Exekutive-, darüber, dass die Meinungsfreiheit endet, indem sie bestimmen, wo die Meinungsfreiheit endet. Die Strafbewehrung von Äußerungen auch dann, wenn sie in ihrem Inhalt einer Mehrheit unerträglich erscheinen mögen, setzt der Meinungsfreiheit eine Grenze, die die Meinungsfreiheit selbst abschafft in dem Moment, zu dem sie beginnt, statt juristisch fassbarer Nicht-Meinungsäußerungen meinungsgeäußerte Glaubenssätze unter Strafe zu stellen.

Behauptete „Wahrheit“ ist zumeist nichts anderes eine Beschreibung von Wirklichkeit
Zutreffend wird islamischen Staaten wie Saudi-Arabien oder Pakistan der Vorwurf gemacht, mit der Strafbewehrung von Äußerungen, die die Glaubenssätze des Koran in Frage stellen, gegen das vorgebliche Menschenrecht auf freie Meinungsäußerung zu verstoßen. So, wie vor der Aufklärung in Europa Äußerungen, welche gegen die Glaubenssätze der christlichen Kirche verstießen, Strafverfolgung bis hin zum „Ketzertod“ nach sich ziehen konnten und nach sich zogen.

Wenn eine vorgeblich freiheitliche Demokratie ebenso verfährt gegenüber Meinungsäußerungen, die sie als „abstoßend oder häßlich“ empfindet oder denen sie unterstellt, eine historische oder sonstwie definierte „Wahrheit“ zu leugnen, so unterscheidet sie sich letztlich nicht von jenen Gesellschaften, die Gleiches tun, weil damit vorgeblich ein „Prophet“ oder ein „Gott“ beleidigt werde.

In „Wahrheit – Religion – Wirklichkeit“ hatte ich mich ausgiebig mit der Problematik eben dieser „Wahrheiten“ auseinandergesetzt. Ich kam seinerzeit zu dem Ergebnis, dass fast alles, was als „Wahrheit“ behauptet wird, letztlich nichts anderes als eine Beschreibung von gefühlten Wirklichkeiten ist. Wirklichkeiten aber sind subjektive Wahrnehmungen, Auffassungen. Sie unterscheiden sich von Individuum zu Individuum – und eine Wahrheit kann – wenn überhaupt – nur eine wissenschaftlich und absolut bewiesene Sacherkenntnis sein. Nicht einmal eine Statistik oder eine empirische Erkenntnis kann „Wahrheit“ schaffen – denn die aus ihr gezogene Schlussfolgerung beruht immer nur auf der Interpretation desjenigen, der sie als vorgeblichen Wahrheitsbeweis anführt.

Die Tyrannei der Mehrheit

Meinungsfreiheit bedeutet deshalb notwendig, jede individuelle Wirklichkeit zu tolerieren – nicht jedoch, sie sich selbst zu eigen machen zu müssen. Ein Staat, der solche Wirklichkeiten jenseits einer tatsächlichen und nicht nur „gefühlten“ Bedrohung für Leib und Leben und damit behauptete Bedrohungen von „Gefühlen“ oder Einbildungen verbietet, ist im Sinne Voltaires tatsächlich eine Tyrannei. Ein solcher Staat ist, so dieses Verbot als „Gesetz“ von einer wie auch immer definierten Obrigkeit beschlossen wird, eine Diktatur. Ist diese Obrigkeit ein Parlament, so wird der freiheitliche Staat zu einer parlamentarischen Tyrannei der Mehrheit.

Dieses und nichts anderes besagt in seiner Konsequenz jener zitierte Satz eines Bundesministers der Justiz, der die Freiheit der Meinung an den „Grenzen des Strafrechts“ enden lassen will und durch konkrete Gesetzgebung enden lässt. Dabei geht das, was als „Gesetz“ das Zusammenleben der Menschen in einer Gesellschaft regeln soll, gleichzeitig den Weg der Entsachlichung des Rechts, wenn das Gesetz die Behauptung des Irrealen unter Strafe stellt. Umso mehr gilt dieses, wenn eine Ideologie des Irrealen die Behauptung des Realen und/oder wider diese Ideologie des Irrealen streitende, andere Irrealismen per Gesetz zum strafbewehrten Gegenstand der Rechtsprechung macht.

Auch entsteht so ein Effekt, der das Gegenteil von dem bewirkt, was das Gesetz vorgeblich bewirken soll. Durch die Strafbewehrung einer vorgeblich abweichenden, unzulässigen Meinung manifestiert sich diese Meinung im Bewusstsein ihrer Gesellschaft. Die Strafbewehrung wertet die strafbewehrte Meinung auf, indem sie ihr eine Bedeutung zukommen lässt, die sie als bloße Meinung eines Einzelnen oder einer Gruppe niemals erfahren hätte. Ein Staat, der Meinungen verbietet, schafft sich somit einen Sockel von verbotenen Meinungen, deren Behauptung er benötigt, um wiederum sein Verbot der Meinungsfreiheit zu begründen. Auch das ein Paradoxon.
Die Sicht des Intoleranten

„Wehret den Anfängen“, lautet die gängige Begründung eines solchen Tuns. Doch den Anfängen von was? Davon, dass jenseits des Popper‘schen Anspruchs, die Position des Intoleranten so lange zu tolerieren, wie sie nicht zur Gefahr für die tolerante Gesellschaft wird, eine Realität geschaffen wird, in der bereit der bloße Vortrag der Position des Intoleranten genügt, um eine tolerante Gesellschaft zur intoleranten zu wandeln? Oder den Anfängen davon, dass die Meinung bereits deshalb als strafbewehrte Gefahr definiert wird, wenn sie jenseits des Rationalen als Mindermeinung des tatsächlichen oder vermeintlichen Irrationalen gegen eine Mehrheitsmeinung des vermeintlichen oder tatsächlichen Irrationalen steht?

Es ist die Sicht und die Vorgehensweise des Intoleranten, nicht die des Toleranten, die sich in solchen Aussagen und Vorgehensweisen wie denen des früheren Justizministers ebenso wie in den gleichlautenden seiner Nachfolgerin beweist. Beide instrumentalisieren das, was als „Recht“ gelten soll, über die Entsachlichung eben dieses Rechts als Wirkmittel der eigenen Irrationalität gegen die Irrationalität des Anderen. Damit verlassen sie und mit ihnen das Recht die Idee der Aufklärung – die Vorstellung, dass ein jeder das denken, glauben und formulieren darf, wonach ihm der Sinn steht, auch dann, wenn dieses abweicht von dem Denken, Glauben und Formulieren einer Mehrheit – oder schlimmer noch: Vom Denken, Glauben und Formulieren der Herrschenden.

Die Gefahr für die Meinungsfreiheit besteht nicht in der geäußerten Meinung, die sich wider die Erkenntnis von Wissenschaft und menschlicher Vernunft artikuliert. Die Gefahr für die Meinungsfreiheit besteht darin, solche Meinungen verbieten zu wollen. Denn es ist das Verbot von Meinung die eigentliche Manifestation der Vernichtung von Meinungsfreiheit auch dann, wenn sie sich hinter der Camouflage einer vermeintlichen Wahrheit zu verstecken sucht.

Die Hippies der Anti-Vietnam-Bewegung prägten in der zweiten Hälfte des Zwanzigsten Jahrhunderts den Satz „Fighting for peace is like fucking for virginity“. Er trifft uneingeschränkt zu auch auf jene, die den Kampf für eine von ihnen definierte Vorstellung von Meinungsfreiheit mit dem Verbot einer missliebigen Meinung austragen zu müssen meinen. Sie tragen genau das zu Grabe, was sie vorgeben, mit ihrem Totengesang retten zu wollen.

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47 Kommentare

  1. ……aus dem altgriechischen oder lateinischen habe ich früher einmal übersetzt: glückliche sklaven sind die erbittersten feinde der freiheit…..- doch wenn die zustände unerträglich werden, machen unglückliche sklaven aufstände! –

  2. Es ist wie bei den Schafen:“Wer sich nicht wehrt wird gschert“

    Auch der Nazionale Sozialismus und der Holocaust wurden erst durch politische Buckler und Vorteilshascher und die bequeme Masse möglich.

  3. Wie immer brillant seziert, Herr Spahn.

    Das Kernproblem ist folgendes:

    Zitat:“In „Wahrheit – Religion – Wirklichkeit“ hatte ich mich ausgiebig mit der Problematik eben dieser „Wahrheiten“ auseinandergesetzt. Ich kam seinerzeit zu dem Ergebnis, dass fast alles, was als „Wahrheit“ behauptet wird, letztlich nichts anderes als eine Beschreibung von gefühlten Wirklichkeiten ist. Wirklichkeiten aber sind subjektive Wahrnehmungen, Auffassungen. Sie unterscheiden sich von Individuum zu Individuum – und eine Wahrheit kann – wenn überhaupt – nur eine wissenschaftlich und absolut bewiesene Sacherkenntnis sein. Nicht einmal eine Statistik oder eine empirische Erkenntnis kann „Wahrheit“ schaffen – denn die aus ihr gezogene Schlussfolgerung beruht immer nur auf der Interpretation desjenigen, der sie als vorgeblichen Wahrheitsbeweis anführt.“

    Alles, was der Mensch mit seinen Sinnen wahrnimmt, geistig aufnimmt und verwertet, ist subjektiv. Woran liegt das?
    Die menschliche Sensorik (Sehen, Hören, Fühlen, Riechen und Schmecken) ist überaus verlustbehaftet gegenüber der vollumfänglichen echten Realität.
    Sehen können wir z.B. nur an einem Ort, direkt nach vorne in einem begrenzten Teil des Lichtspektrums und nehmen letztlich auch nur das wahr, was wir ganz subjektiv(!) in einem bestimmten Moment für wichtig erachten.
    Alles andere wird nicht(!) im Kopf abgespeichert und damit auch nicht zur weiteren Beurteilung einer Situation oder eines Sachverhaltes herangezogen.
    Was je nach Situation und Sachverhalt und einer bereits vorhandenen subjektiven Vorerfahrung auch noch immer etwas ganz anderes sein kann, da hier der Fokus der Wahrnehmung ebenso subjektiv auf etwas anderes gelenkt wird.
    Die große Ausnahme von dieser Regel sind Autisten bzw. Savants, deren Wahrnehmung üblicherweise weit weniger stark im Kopf gefiltert wird und die deshalb meist viel mehr Details auffangen, mit dieser Unmenge an Details aber nur selten zielgerichtet umgehen können. Es fehlt eben der Fokus.

    Beim Durchschnittsmenschen ist dieses Phänomen der subjektiven Wahrnehmung und Beurteilung aber überaus ausgeprägt:
    Man Frage z.B. 10 unterschiedliche Kinogänger nach einem Kinobesuch, welche Szene ihnen im Film am besten gefallen hat und welche Details sie davon benennen können. Man bekommt 10 verschiedene Antworten.
    Das gleiche Problem zeigt sich bei 10 Zeugen einer Straftat und der Beschreibung des Täters. Man bekommt 10 verschieden Beschreibungen.
    Und wenn man 10 verschiedene Menschen darum bittet, einen Kuchen zu backen, dann bekommt man 10 verschiedene Kuchen.

    Alles ist subjektiv. Und das gilt leider auch für die schnelle Interpretation „aus der Hüfte“ von Poppers Ausführungen zum Toleranzparadoxon, unter der gerade in Deutschland sehr viele leiden:
    Welche Meinungen man tolerieren kann oder nicht, darüber hat Popper gar nicht gesprochen. Popper hat mit dem Toleranzparadoxon klar definiert, dass eine subjektive Meinung immer(!) zu tolerieren ist, einzig die allgemeingültige(!) Definition einer subjektiven Meinung als „Wahrheit“ für alle, in gleichzeitiger Verbindung mit der gewaltsamen Durchsetzung eben dieser zur Wahrheit umdefinierten Meinung, ist intolerant und damit zu bekämpfen.

    Jetzt haben wir aber folgendes systemisches Problem:
    In einer Demokratie werden Meinungen in politische Mehrheiten kanalisiert.
    Wenn jetzt eine Mehrheit der wahlberechtigten Bevölkerung der subjektiven Meinung ist, dass die eigene Meinung eine allgemeingültige „Wahrheit“ und die Meinung der anderen intolerant sei, so kann sie diese Meinung der anderen mit staatlicher Gewalt unterdrücken.
    Et voila: Die Demokratie hat sich durch die Intoleranz einer subjektiven Mehrheitsmeinung die zur allgemeingültigen „Wahrheit“ umdefiniert worden ist, abgeschafft und fällt damit genau unter das, was Popper mit dem Toleranzparadoxon eigentlich meinte. Also genau das, was derzeit in Deutschland passiert.
    Eine irgendwie geartete „Haltung“ oder „Gesinnung“ von jemandem einzufordern, ist bereits hochgradig intolerant und damit ein durch den menschlichen Herdentrieb verursachter Totalitarismus, der subjektive Meinungen anderer bereits als unwahr oder intolerant brandmarkt und als verbotswürdig darstellt.
    Wenn diese Forderung nach einer bestimmten „Haltung“ oder „Gesinnung“ dann auch noch mehrheitsfähig wird, und eine oder mehrere Parteien diese Forderung mittels staatlicher Regierungsgewalt durchsetzen können, dann hat die Mehrheit des Volk die Demokratie selbst abgeschafft.
    Und zwar ohne es selbst zu merken.

    Man muss in diesem Zusammenhang eins verstehen:
    Menschen die freiwillig Dinge tun, sind immer(!) der Meinung, das richtige zu tun. Kein Mensch auf diesem Planeten tut freiwillig Dinge, die er oder sie für falsch hält. Was richtig und was falsch ist, ist subjektiv und wechselt je nach Betrachtungswinkel, selektiver Wahrnehmung in Verbindung mit persönlicher Erfahrung.
    Hitler und seine Anhänger waren davon überzeugt, das richtige zu tun.
    Die Opfer des Nationalsozialismus natürlich nicht.
    Auch Stalin und seine Anhänger waren davon überzeugt, das richtige zu tun.
    Die Opfer des Kommunismus natürlich nicht.
    Und genau da setzt Popper mit seinem Toleranzparadoxon ein:
    Eine Überzeugung bzw. eine subjektive Meinung allein ist zu tolerieren, die rücksichtslose und allgemeingültige Umsetzung derselbigen in eine faktische Wahrheit jedoch nicht.
    Jetzt stellt sich die Frage, wie man diese rücksichtslose und allgemeingültige Umsetzung einer subjektiven Meinung in eine allgemeingültige Wahrheit verhindert und da sind ein zentralisierter Macht- bzw. Regierungsapparat in Verbindung mit einem die Gesellschaft systemisch bereits spaltenden Parteienapparat hochproblematisch, weil auf diesem Wege Meinungen nicht nur zur allgemeingültigen Wahrheit definiert werden, sondern auch noch mit Gewalt gegen alle anderen durchgesetzt werden können.

    Jetzt Frage man sich mal, warum wir in Deutschland innerhalb von hundert Jahren zwei Diktaturen hatten und die Schweiz bis heute keine einzige.
    Ganz einfach: Die Schweiz ist von vornherein mit ihren Kantonen sehr dezentral ausgelegt, hat viele basisdemokratische Elemente, die am Parteienapparat vorbeigehen und zudem eine Milizarmee, bei der die physische Macht auf das gesamte Volk aufgeteilt wird.
    Eine derartige Machtkonzentration, die wie bei uns in Deutschland eine Meinung zu einer allgemeingültigen Wahrheit umdefiniert und diese dann auch noch mit physischer Macht durchsetzen kann, ist in der Schweiz systemisch nicht(!) möglich. Es geht faktisch nicht, weil Meinung und Macht bis auf das einzelne Individuum hinunter nahezu vollkommen dezentralisiert sind.
    In Deutschland ist das umgekehrt. Unsere gesamtes System ist darauf ausgelegt, Meinung und Macht zu zentralisieren:
    Bewaffnet ist nahezu nur der Staatsapparat und zudem nur die Regierung in voller Befugnis, da das Volk sein Mitbestimmungsrecht in der Wahlkabine alle 5 Jahre an die Regierung vollends abtritt.
    Und innerhalb von 5 Jahren kann man jedes Land auf diesem Planeten zu Grunde richten. Und zwar dann, wenn die falschen Leute mit der falschen Meinung ans Ruder gelangen und ihre Meinung für die allgemeingültige Wahrheit halten. Dummerweise ist diese Sorte Mensch auf diesem Planeten überall in der Mehrzahl. Und wenn dann auch noch der Herdentrieb dazu kommt, bei dem sich gegenseitig alle in ihrer falschen Meinung bestätigen und ihre falsche Meinung zur Wahrheit erklären, dann hat sich die Demokratie selbst abgeschafft und der Totalitarismus bricht sich Bahn.

    Man muss also Meinung und Macht soweit dezentralisieren, dass Menschen, die ihre eigene Meinung für allgemeingültig halten, niemals die uneingeschränkte Macht über alle anderen erhalten können.
    Und das geht nur mit dezentralen Strukturen, bei denen individuelle Meinung und individuelle Macht auch systemisch individualisiert sind und nicht kanalisiert und damit konzentriert werden können.

  4. Ich bin auch entschieden der Meinung, dass „Beleidigung“ kein Straftatbestand in einem zivilisierten Land sein kann, weil jeder meint, sich wegen allen möglichen Sachen beleidigt fühlen zu können. Anders als falsche Tatsachenbehauptungen (Diffamierung) ist die Beleidigung immer subjektiv. Ein solcher Straftatsbestand kann immer als Eingangstor für Willkürherrschaft missbraucht werden.
    Aber manche, und ich würde so weit gehen fast alle Deutsche dabei zu sehen, finden halt ein Wort wie „Arschloch“ so superschlimm, dass sie für dessen Ahndung alles in Kauf nehmen. Sie hocken sich heulend und Daumen lutschend in die Ecke, während sie auf die Polizei warten; kaum besser als Erdogan.

  5. ANBEI

    Rechtsstaat UND Meinungsfreiheit nun entgültig Ade!?

    Ich hatte grad folgende RTL Teletext-Meldung gelesen…..:

    „Beobachtung der Querdenker“

    „Das Bundesamt für Verfassungsschutz beobavhtet Personen und Hruppen innerhalb der Querdenker-Bewegung. n…….) Dit darf der VS nun Daten zu Personen aus der Szene beobavhten.

    Da die Bewegung keinem der bishet bekannten Phänomenbereiche wie etwa Rechtsextremismus, Linksextremismus oder Islamismus zuzuordnen isei, sei eine (AVHTUNG) neue Kategorie “ Verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates“ geschaffen worden, hieß es weiter.“

    > UNGLAUBLICH was in diesem Land mittlerweile abgeht. Jeder und Alles wer nicht mit der linksgrünen Regierung im Gleichschritt mitmaschiert und anderer Meinung ist, ist heute, im Jahre 6 nach 2015, EIN STAATSFEIND und der GESELLSCHAFTLICHE ABSCHAUM

    Pfui-Deibel diesen Politverbrechern. Das ist ja wirklich schon schlimmer als „DDR 2.0″.

  6. Zitat:
    „Die Tyrannei der Mehrheit“
    Da fällt mir doch gleich der schon alte, leicht defätistische Kalauer ein:
    „Millionen Schmeißfliegen können nicht irren! Freßt die Schei*e!

    Gleichwohl alle Achtung und herzlichen Dank für die tiefgehende, außergewöhnliche Abhandlung!

  7. Idi Amin (Diktator von Uganda von 1971 -1979 (der mehr als 300 000 Menschen brutal ermorden ließ) zur Meinungsfreiheit:.
    “There is freedom of speech, but I cannot guarantee freedom after speech.”
    Deutschland nach 16 Jahren Merkel-Herrschaft:
    Hier kann jeder frei seine Meinung äußern, aber ohne Garantie, dass er danach nicht sozial, beruflich und/oder wirtschaftlich ruiniert ist

  8. Sehr gute Analyse, die leider nicht massenweise gelesen und verstanden wird.
    Doch: „Weil sie es nicht mehr aushält, die Dummheit und Ignoranz des Anderen zu tolerieren, macht sie ihre eigene Dummheit und Ignoranz zum Maß aller Dinge.“ Das ist natürlich richtig, aber nicht ganz, denn so ausgedrückt fehlt etwas, denn es sind ja nicht alle dumm! Es werden heute Behauptungen verbreitet, die die Nichtdummen als Dumme ausgeben, auch wenn die Nichtdummen lediglich, wie es richtig ist, jede Forschung nur als Zwischenstand darstellen und eben darauf hinweisen, dass dies und jenes noch völlig unklar ist, was natürlich wiederum das angebliche Verbrechen bedeutet. Davon ist die veröffentlichte Wissenschaft durchdrungen, und wehe, es verstößt jemand gegen das Gebot zugunsten der vorgeblichen Wahrheit. Das ist so in allen von der Politik besetzten Wissenschaftsbereichen, u. a. auch gegenüber allem, was mit dem Virus zusammenhängt. Hier greift generell das, was Sie später schreiben, dass auf Argumente mit Brandmarkungen und Existenzvernichtung geantwortet wird, und die Gefahr ist sehr groß, dass die Strafbarkeit bald eingeführt wird, vermutlich mit der scheinheiligen Begründung, damit die Übergriffe der Intoleranten zu verhindern.
    Wie es aus Ihrem Text auch herauskommt, ist der Zug zurück zur Vernunft und Toleranz abgefahren. Es sind Leute in der Politik, wie Maaß, Baerbock etc., die solche Gedanken niemals zuwege bringen, und die Bürger sind mehrheitlich schlicht derart emotionalisiert – aber auch zu uninteressiert und auch zu wenig gebildet -, dass sie der Irrationalität Glauben schenken und im falschen Bewusstsein ihrer Wahrheitserkenntnis alles mühsam Aufgebaute freudig und stolz auf ihre angeblich guten Tat auf den Scheiterhaufen werfen.

  9. Wie schon öfter: Respekt und Dank für den lehrreichen Text. Die intellektuelle Spannweite und die Tiefe sind schwere Kost, aber spannend. Den ersten Absatz, das NetzDG, kann ich nicht in Beziehung zu den weiteren 14 Seiten bringen. Die digitalen Plattformen, und um die geht es, nicht ums “ Internet „, sind kommerzielle Einrichtungen die mit Freiheit sehr wenig zu tun haben. Es geht um clicks/likes/re-tweets aus Geschäftsinteresse. Sie sind keine Agora. Das NetDG ist mangelhaft, weil es leicht missbräuchlich angewandt werden kann, aber es ist ein Schritt in die richtige Richtung die digitale Jauchengrube von Twitter/Facebook & Co. trocken zu legen. Weder Voltaire, noch Kant oder Popper, niemand von einigem intellektuellem Standing, würde einem verantwortungslosen Gebrauch von Freiheiten, aus niedrigen, egoistischen Motiven, das Wort reden, Popper mit dem Toleranz-Paradox hat es angesprochen. Die millionenfach gesteigerte Nutzung von Medien/Plattformen, technischen Möglichkeiten, zur Verbreitung von Lügen, Verdächtigungen, Beleidigung, Demütigungen – das ganze digitale Mobbing, sind nicht per se ein Raum von Meinungsfreiheit.

    • Ihr letzter Satz:“…Die millionenfach gesteigerte Nutzung von Medien/Plattformen, technischen Möglichkeiten, zur Verbreitung von Lügen, Verdächtigungen, Beleidigung, Demütigungen – das ganze digitale Mobbing, sind nicht per se ein Raum von Meinungsfreiheit.“
      …sicher nicht und auch richtig!
      …aber wer darf/soll denn nach welchen Kriterien entscheiden duerfen, was da alles dazu gehoert und wer entscheidet dann, wie Medien/Plattformen genutzt werden
      …dann folge ich doch lieber Voltaire
      … so komme ich um die strafbewehrten „Meinungen und Haltungen“ der Herrschenden herum von denen wir zurzeit ja wieder kaum vorstellbare und vermeintlich laengst ueberwundene totalitäre Tendenzen erleben und ertragen mussten
      …also bleiben wir doch lieber eine offene Gesellschaft, auch wenn Einiges an psydo-intelekutellem Duennsch…im Netz auftaucht.
      … Man muss es ja nicht lesen!

      • Voltaire, Kant, sogar Popper haben sich nicht mit Massenkommunikation unserer Zeit befassen können. Das ist unser Problem. Die alten Weisheiten sind wichtig, wir müssen aber für heute und morgen entscheiden welche Massenkommunikation wir wie regeln können und wollen. Niemand sagt dass es einfach ist. Freiheit ist nie absolut. Auch Voltaire meinte wahrscheinlich nicht, dass jeder Quacksalber, wegen Meinungs- und Redefreiheit, mit Lügen und falschen Narrativen betrügen kann was das Zeug hält.

  10. ……well done, herr spahn! meinunggsfreiheit ist wohl die wichtigste errungenschaft – kann ich noch schreiben?- unserer westlichen zivilisation. sie wurde in der europäischen aufklärung zum recht erhoben! verfolgen lassen sich bestrebungen nach meinunhsfreiheit allerdings bis zum stoiker epiktet! lassen wir sie uns zu erhalten suchen mit allen mitteln!

  11. Ein sehr anspruchsvoller Text, Herr Spahn. Vielen Dank. Sie dokumentieren, dass die Bundesrepublik bei allem Bekenntnis zum Grundgesetz nie eine wirklich vollständige freiheitliche Verfassung besaß und auch bei der Rechtsstaatlichkeit im Sinne einer liberalen Demokratie erhebliche Mängel festzustellen sind. Das Holocaust-Leugner-Verbot – so widersinnig diese Leugnung auch sein mag – aber auch die Gesetzgebung zur Volksverhetzung gehören dazu und schränken die Meinungsfreiheit ein. In letzter Zeit ist noch das Netzdurchsetzungsgesetz hinzugekommen, das auch deshalb besonders perfide ist, weil deren Durchsetzung u.a. an linksradikale Stiftungen oder US Tech Konzerne ausgelagert wurde.

    Die Liste der Verfassungsmängel lässt sich noch erweitern, z.B. die fehlende direkte Demokratie; die sozialistische Einhegung des Eigentums durch das so genannte „Allgemeinwohlgebot“ – das Scheunentor für Verstaatlichungsfantasien; die aktive Rolle des Staats, die Gleichberechtigung der Geschlechter durchzusetzen als Rechtfertigung für illiberalen Quotenregelungen. Dass die Staatsanwälte der Exekutive unterstellt sind, ist ein fataler Mangel der Gewaltenteilung, der aktuell in Weimar zu übergriffigen Exzessen gegen die richterliche Unabhängigkeit führte. 

  12. Dekadenz „Jubelnd in den Untergang“ von Imad Karim. Der absurde Zustand in dem sich die EU und besonders Deutschland befinden. Diese Dokumentation ist eine historische Zusammenfassung der Links/Grünen zerstörerischen Ideologie. Sie erzählt vom langen Marsch der Sozialisten durch die Institutionen. Am 25.04. konnte man sich diese empfehlenswerte Doku das erste Mal bei JouToube anschauen.

    • Ich möchte auch auf diesen kleinen Film hinweisen. Es ist erschütternd, wie klar Herr Karim (Zuwanderer aus dem Libanon) die Lage in Deutschland analysiert, während die große Mehrheit der deutschen Journalisten offenbar nicht in der Lage bzw. willens ist, die Realität zu erkennen.
      Hätten wir nur m e h r Karims in Deutschland !
      Dann wäre unsere Kultur nicht gefährdet.

    • Er charakterisiert auch sehr gut die Anspruchshaltung von leistungsloser Spaßgesellschaft auf Kosten anderer. Inklusive der hier ankommenden Migranten, die noch die „Freundlichkeit“ haben die Deutschen verbal mit Dreck zu bewerfen. Dankbarkeit geht nun wahrlich anders.
      Man könnte das Ganze auch als „Partyszene“ und ihre Gallerensklaven betiteln.

    • Trifft den Nagel auf den Kopf. Er macht auch deutlich, dass der Zug erst gewaltsam durch den Crash oder wie auch immer gestoppt werden kann. Die krankhafte Verbohrtheit der Linken ist mir von früher bekannt. Sie sind nicht im Geringsten Argumenten und sichtbaren Wirklichkeiten zugänglich.

  13. Die Links-Grünen haben ein Problem. Sie wollen nicht mit der Erkenntnis Vorlieb nehmen, das es wesentlichen einfacher ist, die Dummen dumm sterben zu lassen als die selbständig Denkenden gefügig zu machen. Deshalb haben sie auch arge Schwierigkeiten damit, die Realität zu akzeptieren und flüchten sich deshalb in primitive Hetzerei.

  14. Meinungsfreiheit….was nicht in ihr eigenes Weltbild passt….also das erlebe ich auch hier bei Tichys kommentaren…von mir sind schon einige kommentare NICHT durch die zensur gekommen….nein sie haben NICHT gegen die richtlinien verstoßen…

    • ….geht mir auch so: zuletzt einer über völkermord! eigentlich für hier, doch gerichtet an die damen und herren richter! einzelheiten dazu habe ich noch extra mit meiner tochter – us high court judge – erörtet und mit meinem deutschen freund, einem olg – präsidenten besprochen!

  15. Mir scheint die abnehmende „gute Erziehung“ das Problem. Ich kann annehmen, was ich will. Aber ich darf meine Mitmenschen nicht mit obscuren Ansichten belästigen. Normativ ist die Situation nicht zu lösen. Vorsicht auch mit dem Argument des „Wissenschaftlichen Beweises“. Auch die Wissenschaften unterwerfen sich Meinungsströmen. Newtons Mechanik mag als Beweis gelten, die „Klima-“ und „Genderforschung“ ist jedoch meinungsgetrieben.

  16. Ein spannender, aufschlussreicher Beitrag!
    Für die „Fesseln des Nonfaktischen“ gibt es in jüngster Vergangenheit ein (für mich) beeindruckendes Beispiel.
    Mit der Anhängerschaft Trumps entstand auch die Q-Anon-Bewegung. Sie verstanden es durch kryptische Botschaften den Präsidenten in eine ritterliche Lichtgestalt zu verwandeln. Ihr Glaubensmantra: Trust the plan! Mr. Trump höchst selbst würde die Gläubigen aus der Gefangenschaft führen und tausende versklavter Kinder aus unterirdischen Bunkern befreien. Der Deep-State würde in Folge final vernichtet. Eine fesselnde Botschaft, da sie so frappierend an das Jüngste Gericht erinnert.
    Eine Sekte mit festen Überzeugungen, wenn auch faktenbefreit. Mit dem Präsidenten verschwand auch die Bewegung und ihre Anhänger verstreuten sich.
    Der od. die Erfinder von Q-Anon müssen alles andere als Trump-Anhänger gewesen sein. Inzwischen bin ich zu der Auffassung gelangt, es war eine Geheimdienstaktion, mit dem Ziel, Trump-Anhänger zu diskreditieren. Man hat sie buchstäblich „gefesselt“ und anschließend lächerlich gemacht. Man war immerhin so tolerant sie gewähren zu lassen. Mission accomplished.

    • Solche diskreditierenden Aktionen gibt es immer und überall , und es finden sich immer genug Deppen , die sich vor den Karren spannen lassen ohne zu merken ,daß sie die transportierte Gülle vor die eigene Haustüre kippen

  17. Ausgezeichneter Artikel, den aber Viele nicht verstehen werden. Es empfiehlt sich, verschiedene Menschen zu fragen, inwieweit sie das Zitat des Ex-Justizministers für angemessen halten. Ich fürchte, dass eine große Mehrheit kein Problem mit diesem Satz haben wird.

  18. Herr Spahn, ich habe Ihre Beiträge wg. der geradlinigen, unverschwurbelten und auch bei komplexen Themen nachvollziehbaren Gedankengänge auf sprachlich stets hohem Niveau (incl. der Prise feinen Humors) immer schon genossen. Mit diesem Beitrag haben Sie sich wieder selbst übertroffen. Das Geflecht aus Philosophie, Religion, Meinungsfreiheit, (In-)Toleranz, Staatsräson, Strafrecht anhand konkreter Beispiele so meisterhaft auf ein paar Seiten mit unerbittlicher, messerscharfer Logik zu entwirren und die darauf beruhenden Folgerungen unvoreingenommen zu erkennen und zu benennen, das ist einfach ganz große Klasse! In meiner Sammlung ist ein Ehrenplatz fällig.

  19. Ein hervorragender Artikel, wie immer von Herrn Spahn. An ihm wird deutlich, wie „entbildet“ der größte Teil der Herrschenden und ihrer Steigbügelhalter aus den MSM ist.

  20. selbst die facettenreiche und detailverliebte deutsche sprache hat keine vokabel, die das massaker der gesinnungskeule(n) hinreichend ausdrücken kann….

  21. Eine Frage an den scheinbar so rational argumentierenden Autor: Was ist die „rational-wissenschaftliche Erkenntnis“ über den „Holocaust?“. Was ist in diesem Zusammenhang „tatsächliche Wahrheitserkenntnis?“ Was ist „offenkundig?“ Warum steht die Holocaust-Lüge als bereits unter Strafrecht gestellte Unwahrheit wider die rationale Erkenntnis, wider die Vernunft und wider die ethische Selbstgewissheit? Was ist ethische Selbstgewißheit?
    Wenn man ein Beispiel wie den „Holocaust“ demjenigen eines „Käsemondes“ gegenüberstellt, dann sollte man es nicht versäumen, die wahren Unterschiede besser herauszustellen. Einfach Behauptungen ohne Belege aufzustellen, ist leider nicht ausreichend.

    • Haben Sie das Gedankenexperiment nicht verstanden?

    • Zwischen Holocaust und Käsewmond gibt es in der Tat einen kleinen Unterschied.

      Mord ist niemals legitim. Das ist also ein Verstoß gegen eine Freiheit (das Leben). Mord geschieht gegen den Willen, ist also eine verbotene Handlung. Es ist ein Beispiel aus der Sozialwissenschaft.

      Der Käsemond ist ein Beispiel aus der Naturwissenschaft. Bei beiden Beispielen würde ich fragen: Wer trägt die Beweislast? In der Naturwissenschaft würde ich behaupten, dass derjeinige, der den Status Quo anzweifelt (also der Käsemondgläubige) es beweisen muss.
      Genauso müßte der Staatsgläubige beweisen, dass der Staat legitim ist und einen Gesellschaftsvertrag vorzeigen, d.h. nur weil der Staat real ist, heißt das nicht, dass der Staat legitim ist. Menschen werden frei geboren, und überall liegt er in Ketten. (Eingangszitat bei Rousseau „Der Gesellschaftsvertrag“)

      Popper war übrigens ein Sozialdemokrat!

      • Tatsächlich? Gibt es dabei wirklich einen Unterschied? Wer hätte das gedacht!
        Zu Ihrer Information: Jedes Experiment muß, um wissenschaftlichen Anforderungen zu genügen, verifizierbar sein und es muß einen Falsifikationstest bestehen. Das gilt sowohl für naturwissenschaftliche als auch für Gedankenexperimente wie im vorliegenden Fall. Verifizierbar sein schließt dabei ausdrücklich ein, daß die Ausgangsbedingungen, d.h. die Versuchsanordnung und die gedanklichen Voraussetzungen stimmen. Beim „Käsemond“ ist das alles kein Problem. Das sieht jeder ein. Beim „Holocaust“ dagegen wird es schwierig, wenn solche Fragen wie die von mir gestellten, nicht beantwortet werden oder gar nicht beantwortet werden können: Was ist nämlich z.B. eine „rational-wissenschaftliche Erkenntnis“ über den „Holocaust?“ Oder wie soll man es verstehen wenn der Autor davon schwafelt, daß die „Holocaust-Lüge“ als bereits unter Strafrecht gestellte Unwahrheit wider die rationale Erkenntnis, wider die Vernunft und wider die ethische Selbstgewissheit steht? Diese sinnentleerten Worte haben mit Verifizierbarkeit nichts zu tun und entwerten das beabsichtigte Gedankenexperiment.

      • Dazu vielleicht auch noch die Anmerkung eines bemerkenswerten Präzisionsdefizits: Was, bitteschön, ist denn eine „Holocaust-Lüge?“ Das kann doch per definitionem nur bedeuten, daß der „Holocaust“ erlogen sei, nicht wahr? Allerdings hat der Autor dies ganz sicher nicht so gemeint. Er dachte wohl eher an das Leugnen des „Holocaust“. Also, wie schon oben bemerkt: Mehr Genauigkeit bitte!

  22. Dazu passt auch:
    Laschet warnt Maaßen: “Mit der AfD wird nicht einmal gesprochen”
    Laschet wörtlich: „Mit der AfD wird nicht koaliert, nicht kooperiert, nicht verhandelt, nicht einmal gesprochen.“ Das sei die “glasklare Regel” seiner Partei.

    Ich würde es ja noch verstehen, wenn er dasselbe auch über die Linken gesagt hätte.

  23. Was war denn die unmittelbare Konsequenz der ach so aufgeklärten Revolution des de Sade? Der Wohlfahrtsausschuss (Comité de salut public) und der Völkermord in der Vendée. Leider hat die Revolution ihre Kinder nicht zuerst, ausschließlich und vollständig gefressen. „Ein kleiner Fehler im Anfang am Ende ein großer wird“, wusste noch Aristoteles, wir scheinen es vergessen zu haben.

  24. In Frankreich haben 20 Ex-(Wer sonst traut sich sowas im vergifteten Klima der bereits eingeschränkten Meinungsfreiheit?) Generäle vor einem Bürgerkrieg gewarnt: Sie sehen im Islamismus und im Linksextremismus eine akute Gefahr für die Demokratie mit ihren Alleinstellungsmerkmalen Meinungsfreiheit und Toleranz.
    Sofort werden sie von den Betroffenen als Intolerante (Kampfbegriff: Rassisten) gebrandmarkt, für die die Meinungsfreiheit nicht gilt.
    Über den Inhalt des Brandbriefs „darf“ im „toleranten“ Europa nur hinter vorgehaltener Hand diskutiert werden.
    Passt hervorragend zu Ihren Ausführungen, finde ich.
    Wer in der Demokratie schläft, könnte im Marxismus oder unter einer Burka aufwachen.

    • ES….ist zu spät denn der kapitalismus/konservatismus/liberalismus hat UNS verkauft….ja man sagte UNS das genau das passieren wird nach der großen wende als der kapitalismus über den kommunismus gesiegt hat und die kapitalisten/konservativen/liberalen freie bahn hatten….ES ist nicht der Linksextremismus der die demokratie kaputt macht ES ist das geld…die gier nach immer mehr!

      • Ich kann Sie beruhigen. Das Geld ist bald alle…bzw. bei jemand anderem. Dann können wir Ihre Theorie nochmal prüfen, weil dann haben 99% keinen Kapitalismus mehr, sondern Sozialismus.

  25. Man muss nur ein einziges Mal verstehen wie der Zusammenhang ist. Das Gegenteil von Freiheit ist NICHT Unfreiheit. Sondern das Gegenteil von Freiheit IST Gleichheit. Andersherum ebenso. Das Gegenteil von Gleichheit ist Freiheit. Absolute Gleichheit heißt KEINE Freiheit. Absolute Freiheit heißt KEINE Gleichheit. Wer das einmal verstanden hat, kann sich selbst aussuchen wo innerhalb dieses Spektrums er sich am wohlsten fühlt.
    Ich wähle die Freiheit. Auch weil ich ohne Freiheit diese Wahl gar nicht mehr hätte. Und wenn die Freiheit dieses Mal untergeht – im Internationalsozialismus – haben wir sie für immer verloren. Das ist sicher.

    • Die Politiker, die das wissen, versuchen uns die Freiheit als „Gerechtigkeit“ zu verkaufen.

  26. „Sie tragen genau das zu Grabe, was sie vorgeben, mit ihrem Totengesang retten zu wollen.“
    Die augenblicklichen Machthaber wollen gar nichts retten, vor allem nicht selbstständig denkende, der Vernunft zugeneigte Bürger mit eigenen Denkresultaten.
    Alles wohlklingende Alibi Geschichten um die Masse an Desinteressierten weiterhin in ihrem geistigen Komazustand zu halten, während die Gesellschaft wieder in ein Feudalsystem/ Tyrannei transformiert wird. Nur keine schlafenden Hunde wecken. Es ähnelt ein wenig einem Einschlaflied.
    Säusel, säusel, „Demokratie“, „Menschenrechte“, „Flüchtlinge“, „Weltenrettung“ bla, bla, bla während der Bürger systematisch belogen und mit der Holzhammer Dauerpropaganda der Medien auf Kurs gehalten wird.

  27. Den islamischen Staaten genügt es ja nicht, die Meinungsfreiheit im eigenen Land zu beschneiden. Da soll schon die ganze Welt den Maulkorb kriegen.

    Imran Khan, der Premierminister von Pakistan (früherer Cricketspieler und Playboy) hat gerade alle muslimisch beherrschten Länder aufgerufen, den Westen mittels Androhung von Handelsboykotten zur Aufgabe der Meinungsfreiheits-Gesetze zu erpressen. Der Westen müsse „Beleidigungen des Propheten Mohammed“ mit Blasphemie-Gesetzen unter Strafe stellen und aufhören, mit seiner Redefreiheit „die Gefühle von Muslimen auf der ganzen Welt zu verletzen“. Europa, die EU und die UN tolerierten die Kränkungen von 1,25 Milliarden Muslimen, während sie die Juden schützten (!).

    Wenn die Freiheit von innen wie von aussen unter Beschuss gerät und deren Feinde sich dann noch verbünden wie bei den Islamo-Linken, wird die Luft für sie extrem dünn.

  28. Lauert hinter all den ideologischen Wendungen nicht ausschließlich die uralte menschliche Gier und Hybris Einzelner?

  29. Hat das Individuum das Recht, jede noch so irrige oder irrig erscheinende Behauptung aufzustellen, solange er damit lediglich seine persönliche Auffassung, seine „Meinung“ kundtut und seine „Haltung“ dokumentiert?……………JA…..denn wer bestimmt denn sonst was irrige Behauptungen sind….zb den klima wandel gibt es nicht…eine irrige behauptung und zack verbieten….nicht den klimawandel sondern die meinung!

  30. Die Intoleranz der Toleranten. Ideologen sehen nie den Balken im eigenen Auge, aber immer den Splitter im Auge der Anderen. Sie glauben die Wahrheit zu besitzen, reiten jedoch nur eine Ideologie, von der sie glauben, dass sie allen das Heil bringen wird. Ob Scientology oder Nazi, völlig egal. Natürlich nicht in den Dimensionen. Diesen Verblendeten hat die Demokratie westlicher Prägung, die bestimmt nicht perfekt ist, mit der Meinungsfreiheit und der Unabhängigkeit der Gerichte einen Riegel vorgeschoben. Wer wie Merkel diese beiden Säulen des Rechtsstaates und der Demokratie angreift, ist ein Feind der Freiheit und der Demokratie. Sie hat es nicht besser gelernt. Und sie glaubt als Narzistin, dass sie es besser weiß. So jemand darf nicht sechzehn Jahre ein Land führen. Wer das aus parteitaktischen Motiven zulässt, oder diejenige als Wähler immer wieder wählt, zeigt, dass er nichts begriffen hat. Und muss mit den Konsequenzen leben. P.S.: Frage an einen Schüler: Was hast Du in der Schule gelernt? Antwort: Nichts.

  31. „Haltung“ ist der Todfeind jeder Form von Demokratie. Denn „Haltung“ bedeutet nicht nur, dass ich mir selbst ein Brett vor den Kopf nagele. Sondern auch und ganz besonders, dass alle anderen sich ebenfalls ein Brett vor den Kopf zu nageln haben. Diesen totalitären Schwachsinn propagieren in Deutschland nicht nur extremistische Parteien, sondern auch die Bundesregierung. Das wiederum ist nur möglich, weil an deren Spitze eine Person steht, die intellektuell nie über „Haltung“ hinausgekommen ist.

  32. „Die europäische Hochkultur des Geistes und der Durchdringung der Erkenntnis, aus der die Zivilisationen der Moderne werden sollte, beerdigt die Werte, die ihre eigentliche Grundlage gewesen sind.“ – So auch die Grammatik, wie es aussieht. Den klaren und bestimmten Stil auch – ist langsam alles beerdigt und steht auch TE nicht mehr vollumfänglich zu Gebote. Aua. -Noch was: Voltaire war Rassist und Antisemit. Geistig quasi Hitler, nedwahr, und muss deshalb automatisch abgeschafft und aus allen Schulbüchern getilgt werden als – Höchststrafe: – Alter, reicher, weißer Mann. Er hatte zudem einen ökologischen Fußabdruck wie King-Kong, mit seinen ganzen Schlössern und Landsitzen und ewigen Kutschfahrten durch ddie halbe Welt. – Voltaire ist erledigt, den müssen wir vergessen. Heiko Maas lässt das bereits von der Unesco abklären, bin ich mir sicher. Merken! – Setzen.
    Ansonsten, Thomas Spahn, haben Sie natürlich recht.
    Dürfte ich Ihren Punkt etwas schlichter ausdrücken, bitte: Die freie Rede ist das Fundament des modernen Europa.

  33. Zur Meinungsfreiheit bzw. „Recht“ auf Meinungsfreiheit würde ich zuerst einmal darlegen, was Freiheit und was Recht ist.
    Anthony de Jasay unterscheidet zwischen Freiheiten und Rechten. Beide Prototypen drücken Beziehungen zwischen Personen und Handlungen aus. Im Falle einer Freiheit kann eine Person wählen, eine bestimmte für sie realisierbare Handlung auszuführen, es sei denn, sie wird durch eine entgegenstehende Konvention (ein Gesetz ist keine Konvention, weil es auf Zwang beruht) unzulässig gemacht. Im Fall eines Rechts kann eine Person wählen, von einer anderen Person eine bestimmte Handlung zu verlangen, woraufhin die andere Person zur Ausführung der Handlung verpflichtet ist. Verträge führen Rechte und Verpflichtungen herbei.
    Freiheit kann nur eine Handlungsfreiheit und man kann sie tatsächlich mit Popper überprüfen.
    Tatsachen sind entweder wahr oder unwahr. Aussagen ohne „Wahrheitswert“ sind Meinungen. Auch die Zukunft betreffende Aussagen über menschliche Handlungen besitzen keinen „Wahrheitswert“. „Menschen können nicht festgelegt und vorhergesagt werden wie Objekte ohne Verstand und ohne die Fähigkeit zu lernen und zu wählen“ (Murray N. Rothbard). Die Aussage „Da steht ein Pferd auf dem Flur“ besitzt einen „Wahrheitswert“ und lässt sich relativ leicht widerlegen (falsifizieren) beziehungsweise überprüfen (verifizieren). Auch Aussagen über Fragen der Freiheit oder der Gerechtigkeit sind letztendlich feststellbare Tatsachenfragen.
    Das logische Argument des strikten Liberalismus ist die Freiheitsvermutung. Sie funktioniert wie die Eigentumsvermutung oder die Unschuldsvermutung, das heißt, der Einsprechende gegen eine Handlung muss einen Beweis dafür zeigen, dass der Handelnde die Freiheit zu einer Handlung nicht besitzt. Wenn eine Person A eine Handlung ausführen möchte, kann es unendlich viele Gründe unendlich vieler Einsprechenden geben, die gegen die Handlung sprechen. Das Argument funktioniert nach der Regel Sollen-impliziert-Können. A könnte niemals beweisen, dass es keine weiteren Gründe gegen die Handlung mehr gibt, denn es ist für A logisch unmöglich, eine unendliche Anzahl von Gründen zu widerlegen. Deswegen kann A die Beweislast für die Legitimität der geplanten Handlung nicht tragen. Im Gegensatz dazu ist jeder konkrete Grund, den Einsprechende gegen die fragliche Handlung vorbringen können, beweisbar. Ihre Liste konkreter Gründe ist abzählbar endlich. Wenn Einsprechende solche Gründe haben, tragen sie die Beweislast. Sie können zeigen, ob zumindest einer dieser Gründe tatsächlich hinreichend für einen gerechtfertigten Eingriff in die Handlung ist.
    Vgl.
    https://www.achgut.com/artikel/wer_die_freiheit_einschraenken_will_braucht_beweise

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