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Codewort des Jahres 2020: Unterwerfung

Was uns das Corona-Jahr lehrt

von Gastautor

03.01.2021

| Lesedauer: 9 Minuten
Nicht Ausrottung des Virus, Impfung und Immunität, nur der geistige Sprung aus der Sackgasse psychodramatischer Selbstverhexung vermag das Freiheitsbewußtsein wieder zu erwecken, das mit der Negativität des Seins auch umzugehen vermag. Von Rudolf Brandner

Maria Muldaur hat in ihrem Album «Waitress in a donut shop» (1974) ein altes Gospellied, das tief ins christliche Bewusstsein von Tod und Vergänglichkeit langt, brilliant re-inszeniert. Es handelt sich um den Song «Travelin’shoes» mit dem Leitmotiv: «Death comes knocking on the door». Also: der Tod geht um und klopft an verschiedenen Türen mit der Frage an: «Bist Du bereit mitzugehen»?- Zuerst an der Türe des Sünders, dann der des Lügners und des Spielers, und jedesmal wird er panisch abgewehrt mit den Worten: «Nein, nein, ich habe meine Reiseschuhe (travellin’shoes) nicht an»! Zuletzt kommt er an die Türe des Christen, der ihm nun ganz begeistert zuruft: «Ja, ja, ich bin bereit mitzugehen, denn ich habe gerade meine Reiseschuhe an»!- Der Christ ist immer und in jedem Augenblick seines Lebens breit, mit dem Tod mitzugehen; seine «Reiseschuhe» sind sein Glaube an die Ewigkeit und sein Vertrauen in Gott; und sobald Gott ihn heim ins wahre, ewige Leben ruft, ist er voller Freude, alles Irdische, Vergängliche und Nichtige rückhaltlos zu lassen: Die christliche Offenheit für den Tod schöpft aus einem transzendierenden Ewigkeitsbewusstsein göttlichen Lebens, das allzeit bereit ist, das große Tor zum Unnahbaren aufzustoßen. Nichts ist ihm fremder, als am Leben zu kleben, sich ein möglichst langes Leben oder gar seine unendliche Verlängerung zu wünschen: Er existiert aus der Vertikalen.

Dem modernen Menschen ist all das zutiefst fremd, wenn nicht gar widerwärtig. Selbst unter jenen, die sich ganz aus dem Christentum verstehen, dürfte es nur noch wenige geben, die allzeit freudig bereit «mit angezogenen Reiseschuhen» dem Gottesruf des Todes entgegenwarten. Längst ist das Christentum, seines metaphysischen Kerngehalts beraubt, zu einem moralischen Gefühlsunternehmen verkommen, das alles Schicksalhafte menschlichen Lebens mit emotionalen Besänftigungsriten wie Mitleid, Barmherzigkeit usf. zudeckt.

Die Zeit des «postheroischen» Menschen …

Die Todesangst, so der Freiburger Philosoph und Mystiker Wolfgang Struve, sei im Kern auch immer «Versäumnisangst»: die Angst, etwas im Leben – das Wesentliche – versäumt zu haben und es nicht einholen zu können. Das Leben wird zum Aufschub, zur Erwartung eines transzendierenden Ereignisses, darin es vollendet von sich selbst, seiner horizontalen Verbissenheit, Abschied nehmen und sich frei entlassen könnte. «Einmal lebt ich wie Götter, und mehr bedarfs nicht!» – heißt es bei Hölderlin (An die Parzen). Wo die Vertikale fehlt, kann die Horizontale keinen Ersatz bieten – sie erschöpft das Lebensverlangen des Einzelnen in immer wieder neuen Erfüllungen, die alsbald verblasst das Begehren nur umso mehr in seine unendlichen Wiederholungen entfachen – die auf ewig unbefriedete Welt erotischen «Konsums» (von lat. «consumare»: verbrennen), also der Welt als einer ewig ungesättigten Verbrennungsanlage.

ZEIT ZUM LESEN
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Es ist die Zeit des «postheroischen» Menschen – wie sich die Moderne auch gern selbst bezeichnet. Denn wo die Vertikale fehlt, fehlt auch der Held als Emblem todesüberwindenden und -verachtenden Daseins, der etwas höher achtet als das auf sein biologisches Anwesen reduzierte Leben. Es gibt nichts, wofür es sich zu sterben lohnte, nichts, worumwillen das bloße Leben dranzugeben wäre. Die Behütung des Lebens als rein biologischer Substanz wird zur verdinglichten Maßgabe allen Wertes; was aber damit anzufangen und welcher Gehalt ihm zu verleihen sei, um dem transzendierenden Erkenntniswesen «Mensch» auch zu entsprechen, bleibt verabsäumt jene Leerstelle im modernen Bewußtsein, die es mit seinen Erregungen anfüllen und mit seinen moralischen Gefühlen allumfassender Güte überwuchern lässt.

Der Mensch ohne Vertikale ist der schwache Mensch; es fehlt das Rückgrat eines Freiheitsbewusstseins, das sein lebendiges Fleisch in die Transzendenz von Leben und Tod aufrichtet, wie es auch abseits vom Christentum, letztlich in allen Religionen, in Kunst und Philosophie, ausgebildet wird. Achill, Emblem griechischen Heldentums, entscheidet die Alternative, ob er sich ein langes und ruhmloses oder kurzes und ruhmvolles Leben wünsche: Nicht die leere Extension, nur das Verlangen göttlicher Intensität ist Sache des starken Menschen – es heiligt das menschliche Leben über sich und seinen Tod hinaus. Deshalb heißt es bei Schiller: «Das Leben ist der Güter höchstes nicht». Aber wo dieses Wissen dahinschwindet, bleibt nur die Hysterie der Todesangst, in Wahrheit: die Angst vor dem Leben als Aufgabe der Selbsttranszendenz. Es ist die Zeit des schwachen Menschen.

… die Zeit des schwachen Menschen

Zwar schmückt sich die Zeit des schwachen Menschen gerne mit dem Prinzip: «no risk no fun». Aber der schicksalhaften Wirklichkeit lebendigen Daseins entfremdet bleibt nur der Lebenskitzel, der sich auf das technologisch verfügbare Fangnetz verlässt, das ihn in letzter Instanz doch vor dem schallenden Aufprall bewahren soll. Es darf mit dem Lebensbedrohenden, mit dem man gerne spielt, letztlich doch nicht so ernst werden, dass der Spieler daran zerschellt. Man hat sein Handy dabei und seinen Airbag um, wenn man sich in den Lawinenhang stürzt; mit der technikgläubigen Versicherung in der Tasche, dass man doch immer gerettet werde, wird das Risiko zum Spaß, sich an seinen Grenzen kitzeln zu lassen, um der Leere und Langeweile verfügten Daseins zu entkommen. Die technologische Gesellschaft institutionalisiert sich als umfassendes Versicherungsunternehmen gegen allen Unbill geschickhafter Verstrickungen und überantwortet dem Staat die Aufgabe, den menschlichen Lebensspaß vor seinen eigenen Risiken zu schützen.

HELDS AUSBLICK – 16-2020
Sicherheit gegen Freiheit? – Das ist ein schlechter Tausch
Das hat die Corona-Krise im Jahre 2020 eindrucksvoll zutage gefördert. Vor dem Geschick des Virus geht die Welt des schwachen Menschen in die Knie. Es ist seine Todes- qua Lebensangst, die dem Staat die Letztgarantie seiner ganzen Freiheit überantwortet, um in seiner rein biologischen Subsistenz qua geistigen Inhaltsleere «geschützt» zu werden. Politisch institutionalisiert und medial verbreitet wird die Todesangst damit zu einem Katalysator gesellschaftlicher Prozesse, deren Wucht kollektiver Selbstzerstörung die Lebensgrundlagen der Moderne aufs Spiel setzt – einem Spiel, das absehbar Vielen, Allzuvielen jeden erdenklichen «fun» verderben wird.

Krankheiten sind Vergegenwärtigungsinstanzen der Verletzlichkeit und Hinfälligkeit menschlichen Lebens; je schwerer die zu erwartenden klinischen Verläufe, desto inniger vermitteln sie auch die Gegenwart des Todes. Eine Krebsdiagnose gilt Vielen schon als Todesurteil; aber ein Virus, dessen «infection-letality-rate» bei geringfügigen ca. 0,4% liegt und vordringlich die Altersgruppe Ü-80 betrifft, kann nur über politisch-mediale Inszenierungen jene Massenpanik erzeugen, die als Legitimationsbasis einer weitgehenden Einschränkung von Freiheitsrechten dient. Dabei sind die politischen Entscheidungsträger und ihre medialen Propagandisten nicht anders als die allgemeine Bevölkerung Subjekte der modernen Befindlichkeit – vertikal erodierte, in der Horizontalität bloßen biologischen Lebens zentrierte «schwache Menschen», denen die technologische Beseitigung allen Übels die einzig verbliebene Form ist, mit der geschickhaften Negativität des Seins umzugehen.

Ausrottung des Negativen (Virus) und Herstellung der Unverletzlichkeit (Impfung) sind ihnen der einzige Weg, die Präsenz imaginierter Todesgefahr zu bannen. Die Freiheit des Einzelnen wird der technologischen Verdinglichung menschlichen Lebens geopfert. Aber das Verhältnis des Menschen zu Krankheit und Tod ist ein zutiefst persönliches, in der Innigkeit seines personalen Selbstseins gebildetes, das aus seiner geistigen Bildung in Religion, Kunst und Philosophie schöpft und ihn in den mehr oder minder freien Umgang mit dem Negativen des Seins freisetzt. Es ist auf jeden Fall keine Sache des Staates und seiner Gesetzgebung, in diese innere Wissens- und Gewissensfreiheit des Einzelnen einzugreifen, etwa zu bestimmen, wie er mit Infektionsgefahren umzugehen hat. Denn auch dies gehört zur inneren Gewissensbildung des Menschen, deren Freiheit durch das Neutralitätsgebot des Staates zu achten ist. Aber ist dies auch der Fall?

Das Neutralitätsgebot definiert zwar das staatliche Handeln, nicht aber seinen Gegenstand: den Bürger – als weltanschaulich-religiös neutral, im Gegenteil: Es dient gerade der Achtung seiner Gewissensfreiheit, die genau dann aufgehoben wird, wenn der Mensch selbst zum Neutrum einer rein biomorphen Masse herabgestuft wird, die durch den Staat um jeden Preis zu schützen sei. Die Corona-Politik erhebt die Schutzanmaßung des Staates zum Dogma eines rein biomorphen Lebensschutzes, das den Einzelnen jedes freie, selbstbestimmte Verhältnis zu seinen Gefährdungen untersagt. Sie verstößt damit gegen die Wissens-, Gewissens- und Religionsfreiheit, die der autonomen Selbstbestimmung des Einzelnen angehört.

Freie Selbstbestimmung gilt immer …

Denn die Freiheit des Einzelnen besteht darin, dass sich jeder, der das Infektionsrisiko und die damit eventuell einhergehende Todesgefahr eingehen will, auch jederzeit mit all denen, die ebenso denken, zu einer Gruppe gemeinsam fortgeführter «normaler» Lebenspraxis vereinigen kann (Gruppe A); alle anderen (Gruppe B) aber können sich ebensosehr in freier Selbstbestimmung davon fernhalten und durch ihr eigenes Sozialverhalten vor der Infektionsgefahr schützen.

CORONA IST NICHT DER EINZIGE ERREGER
Todesgefahr Impfchaos
Es ist auf keinen Fall ersichtlich, wie und warum der Staat hier ein Eingriffsrecht in die freie Selbstbestimmung, die innere Gewissens- und Religionsfreiheit der Einzelnen legitimieren könnte, wenn das standardmäßig vorgebrachte, moralische qua pseudo-altruistische Argument einmal als Blendwerk entlarvt ist, man müsse die Anderen vor sich schützen. Denn diese gehören ja einer anderen, sich bewusst selbst abgrenzenden Gruppe an, und nichts verpflichtet oder zwingt sie, sich miteinander zu vermengen.

Eben so verhält es sich auch in anderen Lebensbereichen; überall gibt es besonders ängstliche Menschen, die bei jedem Windstoß befürchten, dass ihnen die Seele nicht davonfliege, und andere tolldreiste, die sich sehenden Auges in den Abgrund stürzen; aber auch ein breit gestreutes Mittelfeld, das nach Augenmaß die Verhältnismäßigkeiten abschätzt. Dem Staat bleibt dabei zu Recht nur das Zusehen. Denn vom «Schutz der Allgemeinheit» oder der «Gefährdung öffentlicher Sicherheit», wie etwa im Kriegsfalle oder bei der Verbrechensbekämpfung, kann hier gar nicht die Rede sein, da der Schutz ganz der ethischen Autonomie des Einzelnen angehört und von ihr – bei allen personalen Differenzen – auch in Eigenverantwortung geleistet werden kann (Subsidiaritätsprinzip).

Aber die Angst ist erfinderisch in der Imagination von Bedrohungsmöglichkeiten und Hypothesenbildungen. So mag man dann hypothetisch auch noch die mögliche Überlastung des Gesundheitssystems beschwören, verkehrt aber damit, was zum Aufgabenbereich staatlicher Verantwortung gehört, zu der des Bürgers: als müsste er durch Nichterkrankung eine defizitäre Gesundheitspolitik vor ihrem Offenbarungseid schützen. Ebensogut könnte man Führerscheinprüfung und KfZ-Zulassung verbieten, weil die Straßen überfüllt sind und es zu wenige Parkplätze gibt. Wie immer man die Ausflüchte wendet: Ein vom Staat kollektiv verhängter moralischer Altruismus, der über die Aufhebung allen wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Lebens zur kollektiven Selbstzerstörung führt, führt sich selbst ad absurdum und offenbart an seinem Widersinn die Hilf- und Ratlosigkeit einer schwachen Zeit, die in ihren technologischen Verdinglichungen menschlichen Lebens jedes Maß verloren hat.

… nicht nur, wo das BVerfG will

Der staatliche Übergriff auf die unantastbare Freiheit der Person erscheint umso widersinniger, als das Bundesverfassungsgericht (BVG) im Februar 2020 die freie Selbstbestimmung auch als Recht auf ein selbstbestimmtes Sterben bestätigt hat. Denn dies schließt per se auch das Recht auf freie Selbstgefährdung ein, wie es der allgemeinen Lebenspraxis ohnehin schon immer als Prinzip der Selbst- und Eigenverantwortung zugrunde lag. Dazu gehört auch der selbstbestimmte Umgang mit Infektionsgefahren, so dass die in der Corona-Politik verhängten kollektiven Grundrechtseinschränkungen weder rechtliche noch sittlich-moralische Geltung beanspruchen können. Wie empfindlich das autonome Freiheitsbewusstsein solche staatliche Anmaßungen zurückweist, zeigte sich besonders eindrucksvoll an der – im Anschluss an das im Fernsehen übertragene Kammerspiel «Gott» von Ferdinand von Schirach – erfolgten Umfrage, bei der mehr als 70% der Zuschauer das Recht auf selbstbestimmtes Sterben auch ohne jede medizinische Notlage befürworteten.

NUR EIN ARTIKEL, DAFüR ABER EIN INDIZ:
Wer schützt die Demokratie vor Corona?
Das Resultat dürfte in der Frage des Rechts auf infektiöse Selbstgefährdung noch um einiges höher liegen und der gesamten Corona-Politik eine massive Verletzung des staatlichen Neutralitätsgebotes und der unantastbaren Gewissensfreiheit attestieren. Denn in ihr – und nicht der biomorphen Lebendigkeit – liegt die ganze «Würde» des Menschen. So betraf die staatliche Entwürdigung des Menschseins gerade ganz besonders die Risikogruppe alternder Menschen, die mangels selbsteigener Kraft und familiären Rückhalts sozial ausgegrenzt und vereinsamt in Heimen und Pflegeeinrichtungen dahindarben oder gar im Hospiz unter palliativ medizinischer Betreuung dem Tod entgegenwarten. Indem ihnen das Recht auf infektiöse Selbstgefährdung genommen wird, werden sie auch noch um alle sozialen Kontakte und ihre geistig-kulturellen Anregungen gebracht, die oft das Einzige sind, was dem physischen Zerfall lebendiger Freiheit noch als bereichernder Inhalt bleibt.

Der Mensch wird zur passiven Masse biomorphen Lebens entwürdigt, das umwillen des fragwürdigen Ideals seiner indefiniten Verlängerung zu schützen sei – auch gegen seinen Willen. Das für viele Menschen Entwürdigende des Alterns, das im Verlust freien Selbstseins, der Scham der Pflegebedürftigkeit oder gar des dementen Persönlichkeitsverlustes geschickhaft hereinbricht – und genau dies liegt auch meist dem Wunsch nach einem selbstbestimmten Sterben zugrunde, wird durch die politische Schutzanmaßung und ihre bedingungslose Fetischisierung rein biomorphen Lebens zur Mißachtung der Person gesteigert. Und wieviele sind trotzdem oder gerade deshalb unter menschenunwürdigen Bedingungen gestorben?

Bedrohung der freiheitlichen Grundordnung

Das elementare Freiheitsrecht auf eigenverantwortliche Selbstgefährdung betrifft andererseits auch gerade die Auflagen für und Verbote von Anti-Corona-Demonstrationen. Das vom BVG am 5.12. bestätigte Verbot der Bremer Querdenker-Demonstration widerspricht damit seiner eigenen Rechtssprechung, indem es das Recht der Teilnehmer auf selbstbestimmte Infektionsgefährdung unter dem Vorwand allgemeinen Gesundheitsschutzes kassiert, der aber einzig und allein die Teilnehmenden selbst betrifft. Diese aber weisen einen solchen Schutz mit dem übergeordneten Recht auf freie Selbstgefährdung zurück, die sie gerade nicht für partikuläre Interessen eingehen, sondern im gemeinschaftlichen Interesse der Wiederherstellung der grundrechtlichen Ordnung und damit des Gemeinwohls. Die Selbstwidersprüche einer politisierten Justiz zur Legitimation einer die demokratischen Grundrechte aufhebenden Corona-Politik wird damit zur Bedrohung der freiheitlichen Grundordnung selbst.

WIEDERGELESEN, ALTE UND NEUE ANTWORTEN
Das Ende der aufgeklärten Gesellschaft – nicht nur in der islamischen Welt
Was das Jahr 2020 im Banne von Corona zeigt, ist die geistige und mentalpsychologische Verfassung einer im Machbarkeitswahn technologischer Negativitätsbewältigung befangenen und dem Geschickhaften menschlicher Lebenswirklichkeit entfremdeten, schwachen Menschheit, die ihre Schwäche als Schutzbedürftigkeit an den Staat überantwortet und ihn durch diese Übertragung ihrer Freiheit zur Übermacht anschwellen läßt. Aber die Übermacht ist trügerisch, die Überantwortung von Alter, Krankheit und Tod an den Staat illusorisch: «Niemand ist über sein Können hinaus zu verpflichten» (nemo ultra posse obligatur).

Der Staat aber vermag nichts gegen das Geschickhafte des Daseins, das immer nur vom Freiheitsbewusstsein des Einzelnen ausgetragen wird. Die Schutzanmaßung des Staates überschreitet, was er wesenhaft zu leisten vermag; aber nicht Kompetenzanmaßung ist am Werk, sondern die Ideologie der Moderne, der die Verdrängung des Geschickhaften des Daseins, von Alter, Krankheit und Tod, in fatale Selbstzerstörung umschlagen muss, wo sie es ihrer Ratlosigkeit anzueignen und technologisch auszurotten sucht.

Unter diesen Bedingungen trifft die Lebenswirklichkeit auf die in ihrer Ratlosigkeit verschreckten politischen Subjekte und löst eine staatliche Zwangsneurose aus, die sich in mimetischen Angleichungsprozessen über die Staatenwelt ausbreitet und dadurch den Schein einer objektiven, unumstößlichen Wahrheit erzeugt, die in ihrer eigenen Besessenheit befangen von Lockdown zu Lockdown fortstolpert und ebenso widersinnig wie ineffizient nur den Untergang der eigenen Lebensgrundlagen befördert. Nicht Ausrottung des Virus, Impfung und Immunität, nur der geistige Sprung aus der Sackgasse psychodramatischer Selbstverhexung vermag das Freiheitsbewußtsein wieder zu erwecken, das mit der Negativität des Seins auch umzugehen vermag.

Gegen die staatliche Schutzanmaßung durch Freiheitsberaubung

Massenpsychologisch aber lautet das Codewort des Jahres 2020: Unterwerfung. Es ist die neue Lust an Strenge, Autorität, Ordnung und Befehl, die sich als Sehnsucht nach maßgeblicher Orientierung in infantiler Regression ergeht. In kindlich-braver Unterwürfigkeit lässt man sich alle Schikanen auch wider alle Evidenz und Vernunft gefallen, ja, heißt sie auch noch gut. Wo ganze Bevölkerungen sich durch leicht durchschaubare Desinformation der Medien hysterisieren und in Panik versetzen lassen, ist die Firnis rationaler Abwehrkräfte schon so dünn geworden, dass der Ausbruch des Irrationalen fast schon von selbst geschieht.

ZEITGEIST-WECHSEL
Rot und schwarz, das war einmal, heute ist blass Rotgrün
Es ist kein Ruhmesblatt für Politik und Medien, das 2020 geschrieben wurde, sondern das Zeugnis eines mentalpsychologisch erodierten, schwachen und darum grenzenlos manipulierbaren Menschseins, das sich in allen gesellschaftlichen Bereichen als moralhysterische Verletzlichkeit einer «political correctness» kundgibt und im Diffamierungskult von «shitstorms» und «cancel culture» austobt. So wird auch jedwede Opposition gegen die Corona-Politik mit an Absurdität nicht zu überbietenden Verfemungen überzogen, die bis in die infamsten Unterstellungen NS assozierten Antisemitismus reichen. Soweit die politisch-mediale Welt die Verfassung des Zeitgeistes repräsentiert, bezeugt sie den Kollaps jeglicher Rationalität – einer Rationalität, die ihre Kraft freien Selbstbewusstseins aus dem Durchgang durch die Gegensätze erzeugt und an ihrer Auseinandersetzung ihr Lebenselixier gewinnt.

Ob das Jahr 2020 als ein weiteres Kapitel im Selbstzerstörungsprozess europäischen Selbst- und Freiheitsbewusstseins in die Geschichte eingehen wird, bleibt unabsehbar; unabsehbar auch, ob das Jahr 2021 nicht durch den wachsenden Widerstand des Freiheitsbewusstseins wieder die «travellin’ shoes» anzieht – nicht, um einem Todesruf Gottes zu folgen, sondern als die Bereitschaft, sich das Geschickhafte menschlichen Daseins produktiv anzuverwandeln. Es könnte wider Erwarten doch sein, dass mehr und mehr Menschen ihre «Reiseschuhe» neu entdecken, um den staatlichen Schutzanmaßungen durch Freiheitsberaubung – «die Schuhe zu zeigen»!


Rudolf Brandner

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52 Kommentare

  1. Da ist es ja nun doch noch, das Feuerwerk zum Jahresbeginn. Was für ein Auftakt! Jeder Satz ein absoluter Hochgenuss!

  2. Könnte ich doch meinen Gedanken auch so wunderbar Ausdruck verleihen! Welch ein Schatz!

  3. Danke für diesen guten Text, Herr Brandner. Ich bin entsetzt über die Angst, die in den Köpfen der Menschen inzwischen überhand genommen hat und ebenso über die perfide Kaltschnäuzigkeit der politischen Kaste, diese auszunutzen. Sie liefern die plausiblen Gründe dafür!

  4. Sehr geehrter Herr Brandner, fast volle Zustimmung! Dass Diversity die Idee der Person verrät, wurde schon vor Corona deutlich. Wenn ein Stuttgarter OB seine Bürger nicht mehr als Damen und Herren, sondern als „Menschen“ anspricht, dann spricht er nicht mehr zu Bürgern in einem Ideenrahmen von „sapere aude“, Freiheit und Eigenverantwortlichkeit, sondern zu einem Gattungsbegriff. Von dort ist es tatsächlich nicht weit zur „Biomasse“. Der freie Bürger ging aber schon früher verloren, als Bürgerrechte zu „Menschenrechten“ aufgebläht wurden: universell nicht mehr verstanden als Idee im Sinne des Pythagorassatzes, sondern als für jeden Erdenbürger am Ort Deutschland einklagbar und realisierbar mit den bekannten Folgen für die verfassten Rechte der schon länger hier lebenden. Nur eines müssen Sie mir noch verraten, wo bitteschön soll der Gottlose seine Reiseschuhe finden?

    • Es bedarf keines Gottes, sondern nur der Nutzung seines eigenen Verstandes, um zu begreifen, dass das menschliche Leben endlich ist – und dadurch auch seinen Reiz gewinnt. Als Atheistin Mitte 50 habe ich mein Leben sinnvoll (aus meiner Sicht) gelebt und genossen. Sicher würde ich das gern noch ein paar Jahre so beibehalten und die Entwicklung meiner Kinder beobachten, aber wenn ich morgen sterben müsste, würde ich sicher nicht um mein Leben betteln – höchstens um Schmerzmedikamente.

  5. Was für ein genialer Text Hier wird deutlich um was es tatsächlich geht. Echt der Hammer. Ich hoffe er findet weite Verbreitung. Ich wurde ihn jedenfalls fleißig verteilen.

  6. Die SED-Linke ist die Nachfolgeorganisation der SED. Die SED ist eine kriminelle Vereinigung, gegründet zum Zwecke der Begehung schwerster Straftaten im Sinne des § 129 StGB:
    Strafgesetzbuch (StGB)§ 129 Bildung krimineller Vereinigungen
    (1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet oder sich an einer Vereinigung als Mitglied beteiligt, deren Zweck oder Tätigkeit auf die Begehung von Straftaten gerichtet ist, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren bedroht sind. Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine solche Vereinigung unterstützt oder für sie um Mitglieder oder Unterstützer wirbt.
    (2) Eine Vereinigung ist ein auf längere Dauer angelegter, von einer Festlegung von Rollen der Mitglieder, der Kontinuität der Mitgliedschaft und der Ausprägung der Struktur unabhängiger organisierter Zusammenschluss von mehr als zwei Personen zur Verfolgung eines übergeordneten gemeinsamen Interesses.
    (3) Absatz 1 ist nicht anzuwenden,
    1.
    wenn die Vereinigung eine politische Partei ist, die das Bundesverfassungsgericht nicht für verfassungswidrig erklärt hat,
    2.
    wenn die Begehung von Straftaten nur ein Zweck oder eine Tätigkeit von untergeordneter Bedeutung ist oder ….

    Ist die SED nun verfassungswidrig laut BVerfg oder doch nicht? Wer weiß das?

  7. Dieser Text macht süchtig nach Bildung und Verstand. Aber wie kriegen wir die Vertikale wieder in unser Leben? „entfremdeten, schwachen Menschheit“ … Es ist eben nicht die „Menschheit“, sondern eher der westliche Mensch in der Tradition der Aufklärung. Was für ein Dilemma uns die Aufklärung doch beschert hat? Wir haben Vertrauen verloren und durch „Wissen“ ersetzt, mit den beschriebenen Folgen. Der Ausbruch aus er selbstverschuldeten Unmündigkeit hat uns wohin geführt…. Es gibt wohl kaum etwas schwierigeres, als verlorenes Vertrauen wieder zu gewinnen.

  8. Biomorph – lebensgestaltlich, lebensgestaltig – also nichts, als was das nackte Leben, sehr schön. „In der Welt habt ihr Angst, ich aber habe die Welt überwunden“, so Jesus Christus, ein Rebbe vor 2000 Jahren. Und Leben heißt, was verbrennen, wohl wahr. Zumindest für heterotrophe Lebewesen wie Mensch und Tier. Die autotrophen Lebewesen, also die Pflanzen machen es möglich. Und die Pilze? Nicht Tier, nicht Pflanz – ermöglichen den autotrophen Pflanzen, in den Himmel zu wachsen, dabei jede Menge Sauerstoff zu produzieren – und CO2 zu verbrauchen: Perfekt, es ist alles auf’s Feinste gerichtet nach Hans Küng, katholischer Theologe, Weggefährte von Kardinal Ratzinger, dement seit einigen Jahren, also nur noch „biomorph“ existierend. In vollstem Gottvertrauen. Und die Angst vor dem (eigenen!) Tod kam mit jenem Apfel vom Baum der Erkenntnuss, eine veritable Kopfnuss, im Hirn. Daraus hat sich dann der älteste Beruf der Welt etabliert, der der Schamanen, der Druiden, der Rebbes, Priester, Pfarrer*. Ein gigantisches Geschäft seit je und in saecula saeculorum. Jedenfalls die Hürchen sind es nicht. Die haben es eher mit der Lust am Leben. * Imame nicht, die sind nur Sachwalter einer kriminellen Vereinigung, gegründet zur Begehung schwerster Straftaten im Sinne des § 129 StGB. TE zu „Was uns Corona ….“ vom 3-1-21
     

  9. Der Menschheitshistoriker Noah Harari sagte, dass das Jahr 2020 aus der Sicht des Jahres 2050 eine eher unbedeutende Epidemie mit Namen Corona hatte, die medizinisch kein besondere Rolle gespielt habe. Allerdings sei das Jahr 2020 der Einstieg in die große allumfassende staatliche Überwachung gewesen.

  10. Zitat: „Es ist auf jeden Fall keine Sache des Staates und seiner Gesetzgebung, in diese innere Wissens- und Gewissensfreiheit des Einzelnen einzugreifen, etwa zu bestimmen, wie er mit Infektionsgefahren umzugehen hat.“

    Völlig zurecht betont der Autor, dass jeder Mensch die Freiheit haben muss zu entscheiden, welchen gesundheitlichen Risiken er sich aussetzt – vorausgesetzt, dass er (1) niemand anderen gefährden darf und (2) vom Staat nicht erwartet, dass dieser sich um seine „Heilung“ kümmert!! Letzteres ist dann problematisch, wenn es staatliche Verpflichtungen diesbezüglich gibt/gäbe. Sofern mir bekannt, gibt es zumindest keine Pflicht des freien Bürgers, bei Krankheit einen Arzt aufzusuchen und sich behandeln zu lassen. Man kann eine Krebserkrankung usw. für sich akzeptieren und mit ihr in den Tod gehen. Man kann sich auch mit einer viralen Infektion ins Bett legen und z.B. mittels Selbstmedikation die Symptome der körpereigenen Immunabwehr zu lindern versuchen. Geht man nicht zum Arzt, so nimmt man das Risiko in Kauf, eventuell daran zu versterben. Das sind die Rechte eines freien Bürgers in einer freiheitlichen Gesellschaft!

    Worum es bei „Infektionsgeschehnissen von nationaler Tragweite“ staatlicherseits gehen muss, das ist (1) der Schutz von (und die Fürsorge für) Personen, die Hilfe erwarten und sich selbst nicht helfen können, und es ist (2) die Schaffung und Bereitstellung von medizinischen Einrichtungen, welche in umfassender und zufriedenstellender Weise diese Fürsorgepflicht sicherstellen! Was aber absolut nicht geht, das ist die massive Einschränkung fundamentaler Freiheiten infolge grober Versäumnisse und schwerer Pflichtverletzungen staatlicher und politischer Aufgaben!!! Besonders desaströs und katastrophal ist diese „Verantwortungsverweigerung“ dann, wenn man das Staatsversagen mit irrationaler Panikmache zu kaschieren sucht und unschuldige Bürger auf übelste Weise diffamiert und schikaniert!!

  11. Jeffrey A. Tucker untersucht unten für das American Institute of Economic Research (AIER) die Frage, wieviele Todesopfer CO-19 wohl fordern wird. Er kommt dabei zu dem Schluss, dass die Überlebensrate der mit CO-19-Infizierten bei 99,99 % liegt. Insofern ist Rudolf Brandner oben viel zu pessimistisch. Denn er nimmt an, dass die Zahl der Todesopfer viermal höher liegt, nämlich bei 0,4% der Infizierten. Der Vorteil von Jefffrey A. Tucker – er stützt sich auf Zahlen von Jeffrey Ioannidis, einem erstrangigen Sozialmediziner.

    • – –

    https://www.aier.org/article/the-decimal-point-that-blew-up-the-world/

    • – – .

    Tucker’s gut geschriebener Artikel braucht ein bisschen Zeit, aber er lohnt sich. Zumal Tucker rekonstruiert, dass Anthony Fauci einer derer war, die das Informations- und Statistik-Chaos mit verursacht haben – zusammen mit Neil Ferguson vom Imperial College in London und – – – – nun, da würden einem auch deutsche Namen einfallen, nedwahr.

  12. Schweden
    in Schweden gibt es nur Empfehlungen, und das funktioniert.

    • Waren die Leute eigentlich schon mal in Schweden? Da hat jeder seine eigene Insel, seinen eigenen See, die meisten Leute sind Eigenbrötler und Vollalkoholker, im Sommer machen die seit jeher den Megalockdown, alle verschwinden in den riesigen Wäldern. Zudem werden die in ihrem Leben von so vielen Mücken gestochen, die sind von vorneherein schon resilient.

  13. „Codewort des Jahres 2020: Unterwerfung“.
    Das scheint aber nicht nur einem tiefen Bedürfnis der Deutschen zu entsprechen, denn in den meisten anderen (west)europäischen Ländern werden Lockdown, Ausgangsverbote und Polizeiüberwachung je auch exekutiert.
    „Der Westen“ insgesamt ist in eienr Phase der Unterwerfung und Selbstkasteiung. Der Autor des Wortes Unterwerfung: Michel Houellebecq.
    Er ist DER Autor dieser Zeit.

    NB
    Wie schön, dass jemand Maria Muldaur kennt.-

  14. Einer der tiefsten und beeindruckendsten Texte, die bisher zu dem Thema geschrieben wurden. Wichtiger als alle Diskussionen um irgendwelche Zahlen, Sinn oder Unsinn von Massnahmen etc., denn die entscheidenden Fragen sind letztlich philosophisch-weltanschaulicher Art und nur auf dieser Ebene zu beantworten.

  15. Versuchen Sie mal diese erleuchtende Beschreibung des deutschen Ist – Zustandes einer, nicht nur nach ihrer Rhetorik ( und dem davon abgeleiteten geistigen Niveaus ) ausgerichteten Kanzlerin nahe zu bringen.

  16. Hach, Maria Muldaur! Daß die überhaupt noch jemand kennt…

    „You couldn’t call it soul, you had to call it heart…“ (Work Song, 1973)

    Aber mal so ganz nebenher, neben der Spur und negativ am Sinn des Artikels, dessen grandioses Wort von der „Selbstverhexung“ der Zauberlehrlinge ich mir ganz bestimmt merken werde, völlig vorbei gefragt:

    Wir reden viel über Home Office, virtuellen Zoom- und Skype- (et al) Meetings – gibt es schon ernsthafte Bemühungen, die ja vielleicht noch Jahre andauernden Freiheits- und Besuchsbeschränkungen mit der Einrichtung von Zoom- und Skype- (et al) Meetings auf den Bildschirmen von „smart“ Fernsehern in den Zimmern der Pflegeheim- Insassen wenigstens virtuell zu kompensieren (oder gar zu unterlaufen…), statt wie berichtet von draußen bibbernd den Eingeschlossenen durch das Fenster zuzuwinken?

    (Und zu meiner Schande muß ich gestehen, daß mir das auch jetzt erst nach einem Jahr El Corunja auf Grund eines auftretenden Bedarfs einfällt)

    • Ja, über die Erwähnung von MM habe ich mich auch gefreut. Irgendwo auf den alten Tonbändern …

  17. Man kann das vielleicht auch so ausdrücken: Der Staat, genauer der Gedanke Staat, begreift sich als ewig, den Bürger als zeitlich, also untergeordnet, ohne zu bedenken: er besteht aus seinen Bürgern. Auch seine Institutionen sind nicht ewig, siehe Gebietsreformen. Im Staatswesen hat sich aber das angeblich preußische Obrigkeitsdenken festgefressen, der Absolutismus, und der verlangt nach Unterwerfung. Im Absolutismus und später der Restauration war die Presse der verlängerte Arm der Obrigkeit. Wer aufmuckte, verfiel der Zensur. Staat und Kirche waren verwoben, höchstes Ziel des Lehrers war, hochgestellter Seelsorger zu werden. Seuchen kamen und rafften dahin, wurden beklagt, aber als zum Leben gehörig akzeptiert. Sehr alte Leute waren weniger häufig, aber nachweislich über Neunzigjährige durchaus vorhanden. Man ist eben nicht quasi zu Tode, ob nun seelisch oder körperlich, geschützt worden. Viele unserer Vorfahren sind als Handwerker auf der pflichtgemäßen Wanderschaft zu Fuß sonstwohin gekommen, sogar bis auf den Balkan. Krankheiten jedoch brachten gern die oft zügellosen Landsknechte in den vielen Kriegen. Unsere Vorfahren bezahlten die türkensteuer, um die Osmanen aus Europa zu werfen, und sie waren, weil sie Freiheiten nicht kannten, mehr oder weniger brave Untertanen, vielleicht abgesehen von den freien Reichsstädten. Alle lebten mit dem Tod, ohne seine Existenz beenden zu wollen oder gar können. Und viele sind an der jeweiligen Hauptkrankheit gestorben, mal Pestzeiten, mal Ruhr, mal andere Seuchen . Aber der Staat kam nie auf die Idee, seine Untertanen mit brachialen Mitteln vor einer bestimmten Krankheit schützen zu wollen !

  18. Danke für diesen ganz ausgezeichneten Essay! Ob die aktuell grassierende „Selbstverhexung“ allerdings ausschließlich der „Moderne“ geschuldet ist, wage ich zu bezweifeln. Ähnliche Massenhysterien hat es wohl schon immer gegeben (Inquisition, Hexenverbrennung, Rassenwahn, Imperialismus, usw. usw.).

  19. Du meine Güte, was für ein larmoyantes, neoheroisches Geschwurbel. Dem Autor sei es unbenommen so wild und gefährlich zu leben, wie ihm eben der Sinn danach stehen mag. Aber bitte doch unter Einhaltung der Abstandsregeln und Vermeidung der Gefährdung Anderer. Ansonsten, darf er gerne auch mit dem Fallschirm über dem Himalaja abspringen und dort mit dem Yeti tanzen oder diesem wenigsten Nietzsches Zarathustra vorlesen.
    Ärgerlich schon die Einleitung: ja der gläubige Christ zeigt insofern eine besondere Sterbensbereitschaft, als dass er sich vielleicht eher in der Lage sieht, das Unvermeidliche anzunehmen, was aber in keinster Weise bedeutet, den Tod mutwillig oder sogar fahrlässig heraus zu fordern und das nur deshalb, weil man schlicht keine Lust hat, so etwas wie allereinfachste Sicherheitsregeln einzuhalten.
    Inwiefern aber ein durchgedrehter antiker Heroe, der seinen längst erledigten Gegner noch an seinem Streitwagen um Troia schleifen muss, uns heutzutage noch irgend etwas vorbildliches mitzuteilen hat erschließt sich nun wirklich nicht mehr, außer dass damit vielleicht eben dem Recht des Stärkeren voll Genüge getan werden soll oder nennt man das heutzutage vornehmer: Wahrnehmung autonomer Selbstständigkeit?

    • Mein Lieber, Sie haben wohl vollkommen vergessen (oder verdrängt?), dass das Leben voller Risiken ist. Ebenso das Zusammenleben. Sie fahren Auto – Sie sind damit ein potentielles Risiko für andre. Sie stellen Lebensmittel her – damit ein Risiko für andre. Sie gehen unachtsam die Strasse hinab – ein Risiko für andre. Selbst wenn man das Risiko für andre derart (staatlich) einschränkt, dass es nur wenige soziale Kontaktmöglichkeiten gibt, dann erhöht man das Risiko, zu Vereinsamen u. in Depression zu steigen. Man kann es drehen u. wenden wie man will – jede Ursache bringt eine Wirkung. Jedes Tun birgt ein gewisses Risiko. Das Problem aber ist, dass man wirklich nur dann eine „Antenne“ für das Risiko bekommt, wenn man selbst die Verantwortung übernimmt. Und genau darum geht es hier, bei aller Nutzenabschätzung – man muss das Risiko eigenverantwortlich tragen. Und besonders wenn man nun weiss, dass die Mehrheit der Menschen Corona genauso wegstecken kann, wie einen Schnupfen oder eine Grippe. Corona ist kein HIV! Es ist aber dumm so zu handeln, als wäre es HIV. Es ist dumm, alles kaputt zu machen, nur weil eine bestimmte Gruppe anfälliger ist, als andre. Und mittlerweile man sogar feststellen muss, dass das Wegsperren nichts nutzt – es kommt so oder so.
      Aber in einem Punkt gebe ich Ihnen Recht – es ist nicht OK, sich bewusst in extreme Risikosituationen zu begeben u. dann darauf zu hoffen, dass die Allgemeinheit dafür aufkommt. Also ich meine sowas wie einem Yeti das Kommunistische Manifest vorzulesen …

      • Allerdings wird mit der Corana-Pandemie völlig anders umgegangen als mit HIV, sowohl was schützende Verhaltensweisen und Maßnahmen angeht wie auch bei der Behandlung- also ein mehr als hinkender Vergleich.
        Das sichere Autofahren kann man in Fahrschulen erlernen, ohne jetzt dahinter zwanghaft linke Indoktrination vermuten zu müssen. Wenn man es danach verantwortungsbewußt praktiziert, so ist das wohl etwas anderes als, durch Unachtsamkeit vorsätzlich Risiken zu provozieren.
        Ja, das Leben ist risikobehaftet usw. Das ist so ein abgedroschener Allgemeinplatz, der aber hier zum wiederholten Male für eine listig daherkommende Argumentation genutzt wird:
        Da man ja letztendlich kein Risiko gänzlich vermeiden kann, soll geschlussfolgert werden, man könne es gerade alles so belassen, wie es eben gerade ist und es im übrigen einfach beim sogenannten Gesetz des Stärkeren belassen oder hier: wer früher stirbt ist selber schuld, denn wer nicht einmal in der Lage ist eigenverantwortlich das eigene Immunsystem selbstoptimierend, was ja wirklich nicht zu viel verlangt ist, auf der Höhe zu halten, ist dann halt selber schuld wenn es ihn (oder sie) erwischt.

      • Ein Linkskatholik ist eh schon das größte Risiko. Wenn er Gott und den Staat nicht hätte, müsste er ja mit sich selbst auskommen. Bis zum Tod. Das wäre die Hölle mit Kapitalismus!

      • „[…] mit sich selbst auskommen“ und das wäre der Kapitalismus? Tut mit leid, ich verstehe leider kein Wort.

      • Ihr letzter Satz sagt alles …

    • Sagen Sie das dem/der von Kullmann (siehe oben). Wenn dieser Mensch tatsächlich nochmal über dem Himalaya Fallschirm springen wollte, so könnte er das gerade eben nicht. Aber viel Zeit hat er auch nicht mehr. Vor was wird dieser Mensch geschützt und mit welchem Nutzen, auch und gerade für diesen Menschen? Was dürfen andere verlangen zum Schutze ihrer selbst? Was ist das für eine Solidarität, die jemandem, der nur noch einige Monate in Aussicht hat abfordert, „jetzt mal zu Hause zu bleiben“?

      • Personen, welche nur noch wenig Zeit zu leben haben sind ja wohl wirklich Grenzfälle, bei denen es sehr schwierig wird. Die hatte unser tapferer Verfasser aber gewiss nicht im Blick wenn er so vehement für das Recht der Starken auf Stärke eintritt.

    • Gegenfrage: warum muss ich meine Bewegungsfreiheit massiv einschränken, um den Infektionsbefürchtungen eines Teils der Bevölkerung Genüge zu tun? Mit welchem Recht geschieht das? Und warum darf ich von den Aengstlichen nicht umgekehrt verlangen, dass diese sich staerker einschränken, damit die Unbesorgten weniger Freiheit einbüßen? Was hier zum Ausdruck kommt, ist nichts weiter als der grenzenlose Egoismus eines Teil der Gesellschaft, der seine Sorgen und Ängste zur unumstößlichen Grundlage des Zusammenlebens aller anderen erhebt.

      • Mit dem Egoismusvorwurf wäre ich in Ihrer Stelle lieber nicht so laut!

      • Keine Sorge: An meiner Stelle bin immer nur ich.

      • Das fürchte ich auch.

      • Man kann es auch so sagen: Warum soll ich mich einschränken wenn andere hysterisch sind und Panikattacken haben?
        Das ist doch deren Problem!
        Tatsächlich wird deren Problem aber unfairerweise zu meinem gemacht.

      • Den mit „Corona ist nur eine harmlose Erkältung“ kenne ich schon. Die Steigerung ist offenbar: reine Hysterie auf Einbildung beruhend. Bleiben Sie gesund in Ihrer Blase!

    •  Dem Autor sei es unbenommen so wild und gefährlich zu leben, wie ihm eben der Sinn danach stehen mag. Aber bitte doch unter Einhaltung der Abstandsregeln und Vermeidung der Gefährdung Anderer. “
      Lesen Sie das „Geschwurbel“ doch noch einmal. Nirgends steht da zu lesen, dass man andere gefährden soll. Gefährde ich Sie, wenn ich zum Einkaufen gehe, wenn ich meine Familie besuche, wenn ich mich mit Freunden treffe?
      Meine Tochter und meine Enkelin waren beide positiv getestet und hatten leichte Symptome (kein Fieber); nach einer Woche war der Spuk vorbei. Mein Schwiegersohn und die zweite Tochter waren negativ getestet, obwohl sie im selben Haushalt leben und nie Maske trugen. Ich ging sie auch mehrmals besuchen, ohne Maske, aber mit Abstand.
      Aber Sie können sich ganz einfach selbst schützen: halten Sie Abstand, wenn Sie glauben, das sei notwendig. Dazu brauchen nicht 80 Million, die nicht krank sind und denen Sie nie begegnen, in Sicherheitshaft genommen zu werden …

      • Offenbar mussten Sie schon selber Erfahrungen mit Corona machen, wissen aber auch damit umzugehen- „[…] aber mit Abstand“. Erstaunlicherweise aber scheint sogar das manchen hier schon zu stark in seinen Grundrechten einzuschränken. Bleiben Sie weiterhin gesund.

    • Unter einem Linkskatholiken ist wohl einer zu verstehen, der die Vertikale für die Horizontale vertauscht hat! Und sich dann darüber beschwert, daß andere noch aufrecht stehen …

  20. Was für ein Monstersatz unter der Überschrift! Abschreckung pur. Da frage ich mich, ob der Artikel so weitergeht und ich ihn lesen will.

  21. Die wenige Zeit, die mir als Krebskranker noch selbst bestimmt verbleibt, werde ich von Staats wegen meiner Freiheit beraubt. Als Söders und Merkels Gefängnisinsasse kann ich trotz Selbstschutz die letzten Monate meines Lebens nicht verreisen, nicht gut essen, Konzerte und Freunde besuchen. Merkel und Söder, ich scheiße deshalb auf eine Beatmung in einem Eurer Intensivbetten zugunsten eines schönen Lebensfinales. Wenn ich Euch wegen Freiheitsberaubung anzeigen könnte oder Euch die letzten Monate Eures Lebens einsperren lassen könnte, würde ich das tun.

    • Mein Mitgefühl für Sie. An eine Situation wie die Ihre, habe ich noch gar nicht gedacht. Sie haben womöglich Ihre letzten Monate hier auf Erden und dürfen nichts machen, damit Sie nicht auf der Intensivstation landen oder im Hospiz, was Ihnen allerdings vermutlich ohnehin geschehen wird. Mir fehlen ehrlich gesagt die Worte, wie absurd ich das finde.
      Ich hoffe, Sie schaffen es trotzdem irgendwie, noch etwas für ein schönes Lebensfinale zu machen.

      • Vielen Dank. Ich denke nur an das Leben und Erleben, sonst wünscht man sich nur noch eine Coronaimpfung als größtes Erlebnis unter medialer Begleitung. Und sonst ja keinen mit Krebs anstecken!

  22. Herr Brandner ich kann Ihnen nur zustimmen und tue das auch. Meine „Reiseschuhe“ habe ich das ganze Jahr über nicht ausgezogen.

  23. Mich lehrt das Coronajahr nur eines: Dass diese Regierung samt ihrer „Experten“ völlig unfähig ist, auch nur halbwegs sinnvolle Maßnahmen zu treffen.

    Im Gegenteil: Wie die Infektionszahlen beweisen, ist der Lockdown absolut wirkungslos. Er bewirkt sogar, dass man echte Seuchenherde erst schafft, indem man viele Läden schließt und die Leute sich deshalb in den wenigen geöffneten stärker konzentrieren.

    Und nun wird wenig überraschend dieser katastrophale Lockdown trotzdem noch verlängert, offenbar erstmal auf unbestimmte Zeit. Und wozu? Es geht nur noch darum, dass man massive politische Fehler eingestehen müsste, wenn man jetzt die Strategie wechseln würde. Also weiter wie bisher. Lieber das Land kaputt machen, lieber zehntausende Einzelhändler ruinieren und ihre Mitarbeiter arbeitslos machen, als zugeben, dass man etwas falsch gemacht hat und dann eben auch korrigiert oder besser seinen Hut nimmt.

    Kriminell verantwortungslos! Ich hoffe, dass sie allesamt teuer bezahlen werden!

    Diese Regierung samt den Landes-MPs verursacht den mit Abstand größten wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Schaden in der Geschichte der BRD. Ein beispielloser Kahlschlag, ein rücksichtsloser Raubbau an den Resourcen unseres Volkes, alles nur zugunsten egoistischer Interessen der politischen „Elite“

  24. Großer Gott Herr Brandner, wenn Sie recht hätten mit der Infektionstodesrate (Infection Fatality Rate) von 0,4% wäre das ja in der Tat ein oberschreckliches Ding, dieses CO-19. Aber, Gott sei Dank, nedwahr, Sie haben nicht recht. Ich kenne die Werte für – festschnallen – Schweden 2020 ziemlich genau, und da gibt es 0,03% CO-19 Tote diesjahr – also nicht IFR, sondern CFR (Casdde Fatality Rate), bitte. Kann man nachgucken bei hailtoyouPunktwordpressPUNKTcom.
    Sie liegen mit Ihrer vermeintlichen IFR von 0,4% um (mindestens!) 100 daneben. Und nein, nicht hundert Prozent, das wäre ja auch schon was, sondern um den Faktor hundert. Ach – trösten Sie sich: Sie wiederholen einen Fehler, mit dem schon Anthony Fauci Donald Trump in die irre geführt hat.

    • Die Case Fatality Rate und die Infection Fatality Rate sind im Fall Corona dasselbe, weil eben nicht wie bisher zwischen Case und Infection unterschieden wird. Einen Case hat man, wenn man positiv getestet wird. Was eigentlich nicht automatisch heißt, dass man infiziert, gleich krank, ist. In der Corona-Berichterstattung wird beides zusammen geworfen: Wer positiv getestet wird (Case), gilt als infiziert, gleich krank (Infection). Und die Infection Fatality Rate (IFR) bewegt sich laut Swiss Policy Research zwischen 0,1 und 0,5 Prozent. Schöne Grüße!

      • Ja, man unterscheidet CFR und IFR nicht hinreichend, Dozoern, und schürt so Panik. Das ist aber ein erheblicher (!) Fehler, hier ist das mit Blick auf Anthony Faucis Trump-Irreführung von einem US-Thinktank-Mann haarfein aufgedröselt:

        https://www.aier.org/article/the-decimal-point-that-blew-up-the-world/

        Die CO-19-Sterblichkeit als Resultat evidenzbasierter Daten liegt in Schweden derzeit bei 0, 03 Prozent, und das entspricht aufs hundertstel Prozent genau der Übersterblichkeit bei einer Grippewelle, wie Schweden sie alle sechs Jahre ca. sieht.
        Die Excess Deaths (Übersterblichkeit) in Zentraleuropa sind durch Artefakte verdorben. So kostet der Lockdown eine erhebliche Anzahl von Leben, nicht zuletzt durch nicht durchgeführte oder verschobene OPs.
        Grüße zurück!

  25. Verbot von Querdenker-Demonstrationen, alternativ werden Gegendemonstrationen der Antifa (das sind jene die in total vermüllten Löchern hausen) zugelassen um als Schlägertruppen der Regierung zu agieren. COVID/Klima/Flüchtlingshilfe/EU Rettungen/Energiewende sind gut geplante Teile um die große Transformation umzusetzen an deren Ende unser Land den Rang eines shithole Staates erreicht. Jene die es steuern werden unermesslich viel Macht und Geld besitzen, die Mehrheit wird in Bescheidenheit und Schutzlosigkeit darben. Bürger der südlichen Länder werden kaum etwas verlieren da sie im Schnitt besser aufgestellt sind was der Median deutlich zeigt.

  26. Aktuelles Beispiel…sind die Ausflugsbilder in Taunus und Harz die von den Medien gegeißelt werden. Obwohl in jedem Nahverkehrszug die Virenlast in den Stoßzeiten, trotz Maske, höher sein dürfte als in der freien Natur auf der verschneiten Rodelpiste, wird das Bild des ungehorsamen, rechtsbrüchigen Bürgers aufgebaut. Leere Straßen des Nachts, leere Wälder wegen Betretungsverbot, Haus nur noch verlassen im Notfall…so liebt der Staat seine Bürger…Wahlen fallen aus wegen Corona….Amtszeit wird auf unbestimmte Zeit verlängert….Verschwörungstheorie?….nein….mal Karl Lauterbach zuhören und mal zwischen den Zeilen der MSM lesen….nichts wird wieder so sein wie vor der Pandemie (ein gängiger Satz dieser Tage)….erinnert irgendwie an die Masseneinwanderung 2015/16….danach war auch nichts mehr so wie es mal war….und laut Frau KGE war dies ja auch gut so.

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