Was für eine Gnade! Der Todestag von Papst Benedikt XVI.! An Silvester zu sterben heißt in unserer schnelllebigen Medienwelt: Die Jahresrückblicke sind längst geschrieben und versendet. Und für die des Jahres 2023 spielt er keine Rolle mehr. Die linke Häme bleibt ihm erspart. Man kann sich nicht mehr an ihm abarbeiten in einem Atemzug mit Ströbele, Wedel, Merseburger oder Hardy Krüger. Ja, Gott sitzt im Regimente. Und man lese die Geschichte von Papst Silvester, dem Namenspatron seines Todestages.
Dennoch: Der Spiegel brauchte natürlich die Doppeldeutigkeit. Kaum hatte Benedikt die Augen für immer geschlossen, trumpfte das von überführten Lügnern gespickte Blatt mit der Eilmeldung auf: „Das theologische Wunderkind vor seinem endgültigen Richter“. Recht haben die Hamburger Hetzer. Beides stimmt. Obwohl natürlich anders gemeint. Dieser Mann war einer der größten Theologen des 20. Jahrhunderts. Und er steht nun vor dem ewigen Richter.
„Tichys Einblick“ – so kommt das gedruckte Magazin zu Ihnen
Ratzingers Wunsch war es, wie Kardinal Meisner einmal öffentlich sagte, mich doch eines Tages in die katholische Kirche aufnehmen zu können. So wie Christa Meves oder meinen Nachfolger im ZDF, den späteren Regierungssprecher Steffen Seibert. Unvergessen, wie mir Erzbischof Georg Gänswein laut und vor Zeugen zurief, als er mir in den Weiten der vatikanischen Flure entgegenkam. „Herr Hahne, sind Sie etwa immer noch evangelisch?“ Ja, ich bin Bekenntnis-ökumenisch, so wie es Josef Ratzinger zeit seines Lebens war: Er sammelte auch lutherische Evangelikale um sich, hatte keine Berührungsängste. Bei ihm zählten theologische Schärfe und Christus-Treue.
Daher auch seine Verachtung der Göring-Eckardt- und Bedford-Strohm-EKD. Als er dem Protestantismus das Kirche-Sein absprach, dachte er an seine Heimat. Er lachte nur darüber, wie sich deutsche evangelische Ober-Klerikale mit gemeinsamen Fotos nach ihrem Vatikan-Besuch dicke taten. Ich erzählte ihm zur Belustigung, wie einer seiner schärfsten Kritiker im Rat der EKD dort sogar ein Fotoalbum herumgehen ließ. Für ihn war es der größte Schmerz, dass der deutsche Katholizismus den suizidalen Weg der EKD eingeschlagen hat.
Als er in die Herrlichkeit Gottes einging, schaute ich gerade völlig „zufällig“ die Weihnachtsfeier der theologischen Universität Heiligenkreuz, die er, wie ich von ihm selbst weiß, mit seinem Privatvermögen (Bücher in hoher Auflage) unterstützte. Ein reines Jesus-Zeugnis, so wie auch Ratzingers Jesus-Bücher „lutherischer“ sind als fast alles, was aus diesem dem Zeitgeist ergebenen Kreis heute erscheint.
Nie verließ Ratzinger der Mut, sich gegen das „man“ zu stellen
Papst Benedikt, dem ich auch privat begegnet bin, war nicht nur über Jahrzehnte mein Zuschauer (übrigens auch der polnische Papst Johannes Paul II. sah die „heute“-Nachrichten), er war auch mein Leser. „Der intelligenteste Leser, den ich habe,“ sage ich immer gern. Und eben jener Spiegel meinte einmal fassungslos über die Verkaufszahlen meiner Bücher verlautbaren zu müssen (jetzt wieder Platz 5 der am meisten verbreiteten deutschsprachigen Bücher 2022): „Die Leute lesen Hahne, weil sie Ratzinger nicht verstehen.“
Womit bleibt er mir in Erinnerung? Die drei Reden während seines unvergessenen Deutschland-Besuches 2011 waren politisch und kirchenhistorisch reinster Sprengstoff. Seine Gegner rieben sich verzweifelt daran. Bewusste Missdeutungen aus den eigenen Reihen. Und die geistig-geistlich unterbelichtete „Elite“ unter unseren Theologen und Politikern lief Amok. Das beste Zeichen, dass er Volltreffer gelandet hat.
Im Bundestag sprach er über die Weisheit Salomos. Ich hörte auf der Pressetribüne atemlos zu. Unvergessen der Seitenhieb auf die „Grünen“, die den Plenarsaal größten Teils verlassen hatten, zu dumm für solches Niveau: „Schade, dass ausgerechnet Sie das jetzt nicht hören können.“ Es war die Passage über den Schutz der Schöpfung Gottes, von Atheisten Umwelt genannt. Er zitierte Augustinus: „Nimm das (von Gott gesetzte) Recht weg – was ist dann ein Staat noch anderes als eine große Räuberbande?“ Was für ein prophetisches Wort! Es brauchte nur wenige Jahre…
Dann die Regensburger Rede über die Gefahr des Islams. Heute wissen wir aus Erfahrungen im eigenen Land: Er hat untertrieben. Und dann Freiburg! Die Meute heulte auf und die verhinderten Zeitgeist-Politiker auf den Bischofsstühlen verbreiteten: Er will die Kirche in ein frommes Eckchen verbannen. Das Gegenteil war der Fall. „Entweltlichung“ meinte er wie Bonhoeffer: keine Verschmelzung mit der Welt (Jesus und Paulus lassen grüßen), immer unabhängig bleiben vom herrschenden Zeitgeist, sich nie blenden lassen vom Beifall der Welt.
Und vor allem: finanziell unabhängig bleiben als „arme Kirche“. Wie man weiß, war er ein entschiedener Gegner der Kirchensteuer. In einem spektakulären Interview mit der „Schwäbischen Zeitung“ sagte sein Privatsekretär Gänswein, und aus ihm sprach O-Ton Benedikt, wie ich weiß: „Geld erstickt den Glauben und behindert die Evangelisation und die alleinige Abhängigkeit von Jesus.“
Seine Predigten waren theologisch bestechend und biblisch eindeutig. Und sie waren geradezu schlicht in seinem geradezu kindlichen Vertrauen auf Jesus Christus. Er verband Einfachheit und Tiefe wie kaum ein Papst oder Gelehrter zuvor. Seine Jesus-Trilogie kann jeder lutherische Pietist unterschreiben. Wer sie „anonym“ liest, glaubt die alten Glaubensväter zu hören. Großartig und Christus-zentral. Ohne jede Anbiederung oder Anleihen an die herrschende Mode. Er gab dem ganzen Zeitgeist-Allotria sogenannter Theologen auf Kanzeln und Lehrstühlen auf bestechende, feine, hoch intellektuelle und unpolemische Art schärfstes Kontra. So wie ich ihn bei Vorlesungen in Tübingen erlebt habe.
Die Disputation Ratzingers mit dem Kopf der 68er-Philosophie Jürgen Habermas 2004 ist ein intellektuelles Highlight. „Religion und Vernunft“ war das Thema, nicht Queer und Regenbogen, nicht Klima oder Corona. Was für ein Niveau! Die beiden Hoch-Intellektuellen schenkten sich nichts. Am Ende war es der Marxist, der klein beigeben musste: „Sie als Christen verfügen über Ressourcen, die sonst niemand zu bieten hat.“
Benedikt: Der letzte seiner Art
Beschämend, wie man auf seinem Deutschlandbesuch 2011 mit ihm umging. Ja, Jesus Christus hatte Recht: Der Prophet gilt nichts im eigenen Land. Die Herrschenden in der Staatsspitze behelligten ihn öffentlich(!) mit ihren Privatproblemen. Peinlich! Er solle Geschiedene doch bitte anders behandeln, konfessionsverschiedene Ehen und den „Nazi“-Bischof Williams. Alles CDU-Leute! Man konnte sich nur noch schämen. Und wetten, dass eine CDU/CSU-geführte Regierung ihm (auch) die letzte Ehre einer würdigen Feier im Bundestag verwehrt hätte…? Dort darf man nur noch auftreten mit olivgrüner Kriegs-Mode oder als bunte Dragqueen.
Unvergessen auch, wie sich CSU-Chef Söder werbewirksam an ihn ranwanzte, als er privat und von Krankheit gezeichnet seinen Bruder Georg am Sterbebett in Regensburg besuchte. Aber es gab auch echte Fans. Als ich kurz nach der Ernennung Ratzingers zum Papst in Altötting eine Rede vor Jungunternehmern aus ganz Bayern hielt, fragte man mich: „Mit was können wir Ihnen denn eine Freude machen in der Zeit zwischen Landung in München und dem Vortrag?“ Meine Antwort: „Einen Besuch im nahen Marktl am Inn ins Geburtshaus dieses großen frommen Intellektuellen.“ Da war ich schon vor meiner Ansprache der „Redner der Herzen“ beim Publikum.
Die Zeiten ändern sich in Lichtgeschwindigkeit. Nach Königin Elisabeth II. im politischen Bereich ist nun auch das allerletzte Stück Beständigkeit und Konservatismus verstorben: Benedikt XVI. Er ist nicht (nur) aus gesundheitlichen Gründen zurückgetreten, wie ich weiß. Es darf also weiter spekuliert werden. Was soll’s! Er steht nun vor seinem „endgültigen Richter“ (Spiegel). Wie einst wir alle, Leser und Autor. Und dann kann man nur wünschen: Gnade uns Gott!
Peter Hahne (70), Ex-ZDF-Moderator, Bestsellerautor und 18 Jahre Mitglied des Rates der EKD
Der Mensch, der als Krone der Schöpfung trotz seiner Artenvielfalt immer mehr zur Dornenkrone mutiert, wird es auch trotz vielfältiger Glaubensbekenntnisse leider nicht schaffen, das zu beherzigen, was die Mahner und Bewahrer im Dienst ihres Glaubens in Bezug auf Frieden, Freiheit und Nächstenliebe vermitteln wollen. Das war in Vergangenheit so und wird auch leider in der Gegenwart und in Zukunft so bleiben. Ruhe in Frieden, Papst Benedikt XVI.
In einem Punkt hat Herr Hahne Unrecht: „Die Kirche denkt in Jahrhunderten. Glauben Sie, Ihre Zeitung hat die Ressourcen dafür?“ ist ein Filmzitat aus Spotlight. Rein technisch war das von Habermas also eine unverblümte Beleidigung am Ende, kein Geschlagengeben.
Mir ist bewusst, daß die Diskussion vor dem Film war, die rhetorische Figur bleibt dennoch die selbe: Die Kirche ist stinkreich, kann also jederzeit Probleme aussitzen und dann mit dem längeren Atem in ihrem Sinne schönfärben.
Lieber Herr Hahne, mit Ihrem Beitrag zum verstorbenen deutschen Papst Benedikt wird wieder mehr als deutlich, welche trostlosen und üblen Gestalten in Deutschland die Meinung bilden und leider auch das Land regieren. Die aktuelle Meinungsbildung oder Meinungsdiktatur, zusammen mit der Ideologiediktatur der aktuell Herrschenden kann und wird nur im Untergang enden können. Alle, die das Verhängnis erkannt haben, es benennen und stoppen wollen, werden wie zu Inquisitionszeiten verfolgt und eliminiert. Mit den Mitteln nicht mehr wie anno dazumal, aber die Lebensgrundlagen zu entziehen oder einzuschränken ist nicht minder verwerflich.
….ist es ein gerücht, wenn behauptet wird einer der gründe für den rücktritt benedikts sei eine strafanzeige beim strafgerichtshof des intern. gerichtshof in den haag gewesen, wegen seiner kenntnis und seinem verschweigen in der kath. vergewaltigungs-szene???
Großartige Würdigung eines unbestechlichen bibeltreuen Geistes, lieber Herr Hahne! Danke! Vor allem auch für den Verweis auf die wichtigen Vorträge des Papstes in Deutschland. In diesen finsteren gottesfernen Zeiten sind Menschen wie Sie Grund zu einem Rest Zuversicht.
Es tut weh, die unzähligen bösartigen und oft dümmlichen Kommentare der woken Blase im Mainstream zum Tod unseres deutschen Papstes zu lesen.
Papst Benedikt war mit seiner Klarheit und Jesus-Treue für den Zeitgeist, auch den innerkirchlichen Geist, der Stachel im Fleisch der Moderne geworden, der zu Ablehnung und bei vielen zu Hass führte.
Doch eine Kirche, die sich im Lauf der 2000jährigen Kirchengeschichte an die Wünsche und das Denken der jeweiligen Generationen angepasst hätte, wäre längst untergegangen.
Man kann zu den Positionen Ratzingers stehen wie man will, aber er hatte Charakter, Persönlichkeit und hat seine Standpunkte klar und eindeutig vertreten. Wenn ich mir den aktuellen „Waschlappen“ Papst Franziskus anschaue, der in der Coronakrise ein Komplettversagen gezeigt hat und sein Fähnchen auch aktuell bei den ganzen Queer, LGBMTQ und was weiß ich was für einen Quatsch in den Wind hängt, dann war mir ein Ratzinger doch wesentlich lieber, an dem konnte man sich wenigstens konstruktiv „reiben“.
Ich sehe den Herrn Ratzinger durchaus kritischer. Abstoßend fand ich, wie er die Exkommunizierung von Hans Küng aus leitender Position im Vatikan betrieben hat, ein Mann mit dem er befreundet war und der seine Karriere durch einen Ruf nach Tübingen maßgeblich gefördert hat. Richtig widerwärtig fand ich seine relativierenden Behauptungen zu den Hexenverbrennungen während der großen Inquisition. Dort sei eben „etwas schiefgelaufen“. Trotz aller Irrwege könne man aber nicht bestreiten, dass sich die Großinquisitoren „stets um Gerechtigkeit bemüht“ hätten. So redet und handelt ein perfider Machtopportunist, der sich in jedwedem Terrorregime durch geschicktes Taktieren und Schönschwätzerei – nichts anderes heißt Benedikt wörtlich – rücksichtslos nach oben buckelt.
Ein „perfider Machtopportunist“ (ich nehme jetzt mal Söder als Beispiel) spricht nicht Unangenehmes aus, sondern versucht stets, auf einer Welle der Zustimmung angenehm dahinzuplätschern. Wie man das ausgerechnet Papst Benedikt zuschreiben mag, bleibt mir verschlossen…
Wunderbarer Artikel. Ich hätte mir die Jesusbücher auch in meinem Studium schon gewünscht. Da gab es noch nichts anderes als das historisch kritische Nichts. Insofern habe auch ich die Trilogie als eine wunderbare Arbeit eines großen Theologen wahrgenommen, durch die er mir ans Herz gewachsen ist. Man kann sagen, er hat seinen Glauben gelebt.
„Die Leute lesen Hahne, weil sie Ratzinger nicht verstehen.“
Werter Herr Hahne, damit wissen Sie, daß sie von den Spiegelautoren (den bekanntesten Märchenerzählern neben den Gebrüdern Grimm) gelesen werden. Ist doch toll!
R.I.P..unserem“ PAPST Benedikt XVI.
Ich habe ihn gemocht und er war für mich stets glaubwürdig…
Ich hatte seinerzeit seine Rede 2011 im Bundestag am Fernsehen verfolgt und ein Satz blieb bei mir lebenslang,sprich bis heute haften,der aktueller als je ist:
„Nimm das Recht weg und was ist dann der Staat noch anderes,als eine große Räuberbande“
Fazit:die Diener Gottes in Deutschland sind überwiegend auf einem bunten Weg..Und wenn jemand,wie Kardinal Woelki ale Werte nicht über Brd wirft,wird er von seinen eigenen Amtskollegen gemobbt und dies auffälligerweise mit Unterstützung gewisser Leitmedien,wie der Spiegel,der nach Relotius wieder gezeigt hat,die Menschen mit Lügen illegale Migration endlich zu akzeptieren und zu fördern..
.(siehe Lügengeschichte mit kleinem Mädchen aus 07/2022,welches es nie gab)
Lieber Josef Ratzinger–Achte ein wenig vom Himmel noch auf uns normale Menschen,die noch den Mut haben zu bestreiten,dass es 70 Geschlechter gibt und dafür angefeindet werden..
Gut, über die Toten nichts als Gutes, aber nun sollte der Theologe Ratzinger auch nicht allzusehr überhöht werden. Er war auch ein misstrauischer, ängstlicher und überforderter Gottesmann. Mit seinem „Geheimerlass“ zu den vielen Tausend Missbrauchsfällen hat er der Glaubwürdigkeit der Kirche keinen Dienst erwiesen, und auch die zahlreichen Lehr- und Amtsverbote, wie zum Beispiel gegen Leonardo Boff, Eugen Drewermann, Hans Küng, Willigis Jäger usw. als Präfekt der Glaubenskongregation haben großen Schaden angerichtet und atmeten den Geist Jesu nicht.
Mit Verlaub, er hat versucht, salopp formuliert, den Laden zusammen zu halten. Die gefährlichsten Gegner sind jene, welche aus dem Inneren kommen. ?????????
Ein sehr schöner, sehr gerechter, würdiger Artikel mit gutem Witz, lieber Herr Hahne. Benedikt XVI. wird das zu würdigen wissen.
Ein wunderbarer Einblick „ins Nähkästchen“ und eine klare Beschreibung dessen, was (am Ende) wirklich zählt – „Evangelisation“ eines Journalisten bei TE – grandios! Hier redet einer, der weiß, was und wovon er redet! Vielen Dank, Peter Hahne und vielen Dank, TE! Ein gesegnetes Neues Jahr Ihnen allen! Hoffen wir, dass manche Zeitgeistgeleiteten noch merken, was wir alle an diesem Past, Benedikt XVI., wirklich gehabt haben und zu dem Glauben zurückfinden, den er verkündet und bezeugt hat!
Guter Mann, der alte Papst. Ich mochte ihn.
Mit dem Christentum kann ich nichts anfangen. Blinder Glaube und selbstgerechte Schwurbelei.
Aber: Es war eben seine Religion, und er vertrat sie redegewandt, gradlinig und authentisch. Dafür gibts Respääkt, wie die Jugend sagt.
Sie können mit dem Christentum nichts anfangen, so so.
Andere können mit Deutschland nichts anfangen, bekleiden aber hohen Ministerämter.
So eint Sie beide ein recht unschönes Verhältnis zu dem woraus Sie den größten Nutzen ziehen. Beim einen ist es das Land, beim anderen die christliche Gesellschaft in der er lebt.
Gott, und dabei ist es egal, ob es sich um einen Christen, Juden, Hindu oder um einen Muselmann handelt, steht immer noch über der Kirche. Die Kirche, das sind wir bis hin zum Papst. Und wir sind alle Menschen und daher fehlbar. Einen Gott anzubeten bedeutet letztlich nur, dass man Respekt und Achtung erweist vor einem „Höhergestellten“, was heute gerade ja im Zwischenmenschlichen häufig abhanden gekommen ist. Die Respektbezeugung an sich ist jedoch lediglich egoistisch, und hat daher weniger Bedeutung als das Gebot der Nächstenliebe, das es zu leben gilt unter Beachtung von Respekt und Achtung. Das entspricht dem Sinn und Wirken Jesu auf Erden. Daher finde ich mit Ihre Kritik an Alexis Tocqueville fehl am Platze.
Sie sollten nicht versuchen Ihren Glaubensrelativismus mit Jesus Christus zu begründen, denn dies widerspricht sich selbst. Im übrigen schließt die Aussage mit dem Christentum nichts anfangen zu können, typischerweise auch das christliche Gebot der Nächstenliebe mit ein. Allein damit schon begründet sich meine Kritik an der, wie ich finde, recht dummen Aussage des betreffenden Foristen.
Im Matthäus-Evangelium wird unter anderem verkündet, richtet nicht denn ihr werdet gerichtet werden und wenn man den einzelnen Religionen glauben darf, dann dürfte das jüngste Gericht ja existent sein und sich außerhalb unserer drei bekannten Dimensionen befinden, was aber nicht heißen soll, daß unser Geist oder andere sagen Seele, sich nicht diesem Prozedere aussetzen muß, nur weil wir keine Verständnis dafür aufbringen können, weil wir vermutlich zu schmalspurig denken und das ganze Wunder dieses Universums mehrheitlich nicht begreifen können.
Das ist auch erlaubt, weil wir einen Verstand beim Eintritt in das Leben bekommen haben und wer davon Gebrauch macht, der könnte sich und den anderen was Gutes tun, wer nicht, der beschädigt sich im Laufe der Zeit selbst und das hat Folgen, nämlich beim Jüngsten Gericht, wenn er sich egal auf welche Weise gegen Gottes Gebote versündigt hat.
Nun kann man alles kritisieren, denn die menschlichen Verirrungen sind ja der Anstoß für solche Überlegungen, aber es gibt auch Ausnahmeerscheinungen bei der Betrachtungsweise und da zählen solche durchdrungenen Geistesgrößen sicherlich dazu, wenn man ihren Lebenswandel und den Geistesgehalt zum Maßstab nimmt und dann vergleichend feststellen muß, daß er seit vielen Jahrzehnten eine Ausnahme darstellt, wie sie nur selten vorkommt und ihn damit auszeichnet, im Gegensatz zu vielen, die in ihren Positionen ähnliche Geisteshaltungen einnehmen müßten wenn auch mehr weltlicher Art, aber dabei versagen und das ist der qualitative Unterschied, wenn man es überhaupt vergleichen kann.
Das allen Linken dieser Welt die katholische Kirche, einschließlich ihres Gottesglaubens und dessen Verkündigung, was ihnen ja übertragen wurde und sie auch über die Glaubenkongregation darüber gewacht haben, daß nicht vom göttlichen Pfad der Tugend abgewichen wird und es ihnen nicht gefällt ist ja schon seit einigen hundert Jahren bekannt und im Prinzip nichts neues, neu ist nur die Maßlosigkeit der Atheisten, alles religiöse zu zerstören um dabei mit ähnlichen Mitteln, die sie der katholischen Kirche vorwerfen ihren neuen Glauben an das Universelle und anscheinend Erklärbare errichten wollen, woran sie selbst nicht glauben, aber ein schönes Mittel für den eigenen Zweck darstellt.
Da war ihnen gerade der verstorbene Papst als ehemaliger Leiter der Glaubenskongregation ein Dorn im Auge, weil der Gottesglaube für ihn Maßstab aller Dinge ist und nicht die Irrlehre von Abtrünnigen, die erst einmal beweisen sollten, daß es Gott nicht gibt und dann könnte man darüber sinnieren, was man als Ersatz einleiten könnte und im übrigen allen Annahmen früherer Denker wiederspricht, solange sie salopp gesagt noch alle Tassen im Schrank hatten, einen Urgeist generell aufgrund mangelnder Sachlage abzulehnen.
Um Benedikts willen wäre ich – auch „lutherischer Pietist“ – beinahe katholisch geworden. Ich habe seine Bücher gebraucht, vor allem als Medizin gegen das seichte und diabolische Zeitgeisttheologengeschwätz a la Küng et.al. Und ich denke, er hat in der Stille seines Alterssitzes noch immer unsichtbar gewirkt, vornehmlich in der Fürbitte. Nun ist da eine Lücke im Widerstand. Aber es gibt sie noch, die tief gläubigen Kardinäle und Bischöfe, die in die Bresche treten können. Wenige zwar, aber bei Gott zählt nicht die Menge, sondern die Kraft, auch nicht die Konfession, sondern die Verwurzlung in Jesus Christus. Und wer weiß, was die Stunde wirklich geschlagen hat. Der Spiegel weiß es, wie immer, gewiss nicht.
Herzlichen Glückwunsch zu dem bewegten und bewegenden Nachruf auf Papa Ratzinger, wie er bei Italienern vielfach genannt wurde. Es ist zu vermuten, dass er nicht nur eine Bedford-Strohm/Göring-Eckart-EKD und andere Wischi-Waschi-Christen wenig schätzte – ob er sie verachtetete kann ich nicht wissen. Er dürfte aber auch eine sehr dezidiert kritische Distanz zu politisch konservativen Ideologien gehabt haben, die z,B. seit 1920 geschichtsmächtig wurden. Die Prohibitionsideologie gegen Alkohol zuerst, und nach dem 2. Weltkrieg die in einer UN-Konvention manifestierte Prohibitionsideologie gegen Drogen, und was daraus politisch, wirtschaftlich und sozial in den Amerikas wurde. Dann die machtpolitische Kriegsideologie, nicht nur der Weltkriege, sondern auch alles seit 9/11. Ich bin mir auch sehr sicher, dass Papa Ratzinger keine Sympathien für Sozialdarwinismus hatte, der einer der ideologischen Hauptstränge des US-amerikanischen anarcho-libertären Kapitalismus und Konservativismus seit mehr als 100 Jahren war und ist. Papst Franziskus, und natürlich die gesamte katholische Soziallehre seit Rerum Novarum gilt den schlichteren Gemütern als blanker Kommunismus. MAGA-Save-America-with-God-Guns-and-Guts. Wer an das Jüngste Gericht glaubt, der sollte vielleicht nicht vergessen, dass Hochmut als die schlimmste aller Todsünden gilt.
Herr Hahne, danke fuer Ihren Bericht. Papst Benedikt war einer der groessten Theologen unserer Zeit. Er war nie Seelsorger,wie ich weiss.
Lieber Herr Hahne, Ihnen ist ein ebenso bewegender wie würdiger Nachruf auf Joseph Ratzinger, den emeritierten Papst Benedikt XVI, aus der Feder geflossen, der sich himmelhoch heraushebt aus dem Geschreibsel und Gerede der meisten bisherigen „Nachworte“. Allein der einleitende Absatz ist mit soviel Feingefühl geschrieben, daß man zum Weiterlesen geradezu gedrängt wird, so ging es jedenfalls mir. Vielen Dank auch für Ihre klare, unverstellte Sprache, die trotz des traurigen Anlasses nicht versäumt, die Pietätlosigkeit, der sich dieser hochgebildete und empfindsame Theologe und Seelsorger nicht nur zeitlebens, sondern sogar nach seinem Heimgang, ausgesetzt sah, zutreffend anzuprangern.
Man muss nicht unbedingt ein Freund von Ratzinger sein, aber bezogen auf das Christsein liegen zwischen ihm und dem derzeit sozialistisch angehauchten Herrn in Rom Welten. Die weltliche Kirche hat nach meinem Dafürhalten aktuell keinerlei Anziehungspunkte – eher das Gegenteil.
Zum „Er ist nicht (nur) aus gesundheitlichen Gründen zurückgetreten, wie ich weiß.“ hätte ich selbstverständlich gern nähere Info, aber sei’s drum.
Selbst hatte ich leider nie die Ehre, dem Mann mal leibhaftig begegnen zu dürfen, kann sein Denken mangels eigener Kenntnis auch gar nicht beurteilen, aber für einen Großen hielt ich ihn immer. Bauchgefühl eben.
Mit Selbsterlebtem beeindruckt Peter Hahne hier. Wie gut, dass Hahne die EKD-Heuchler entlarvt: Wie sie Benedikt fürs Selfie beknieten, dann aber mit ihrer rot-grünen Ideologie diesen deutschen Jahrhunderttheologen fertig machen wollten und den eigenen Religionsladen in den Abgrund stürzten.
Bin gespannt wann auch die katholische Kirche durch den von so vielen Medien bejubelten „suizidalen Weg“ (O-Ton Hahne) endgültig kaputt ist. Lange wird es nicht mehr dauern…
Lieber Herr Hahne,
schon lange habe ich die Hoffnung aufgegeben, daß von der EKD irgendwas sinnvolles oder intelligentes kommt. Das Erschreckende ist die Tatsache, daß so viele Akademiker die dort sitzen, so viel Unsinn produzieren. Offensichtlich kommen manche trotz Bildung nicht zu Einsicht. Aber das hatten wir schon zweimal im letzten Jahrhundert.
Dennoch gebe ich die Hoffnung nicht auf, daß auf diesem Erdenkloß eines Tages Weisheit einkehrt.
Wow, ein Journalist, der auf das Jüngste Gericht hinweist! Hätte nicht gedacht, dass sich das jemand traut. Danke, Herr Hahne. Und Gottes Segen für 2023!
Berührend, wohltuend, schön und wahr. Danke Peter Hahne, vielen Dank.
Die aufrichtige Würdigung eines Christen für einen Christen. Danke, Herr Hahne.